energie - Deutschland
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investieren. Die neuen Verhaltensweisen der europäischen Bürger<br />
müssen sich auf alle Bereiche ihres Lebens auswirken. Sie benutzen<br />
öffentliche Verkehrsmittel und umweltfreundliche Fahrzeuge, sie<br />
renovieren und bauen nach umweltverträglichen Vorgaben, sie geben<br />
jederzeit sparsamen Methoden den Vorrang. Es besteht ein<br />
Bedarf nach umfassender Information und einer öffentlichen Debatte<br />
sowie nach öffentlichen Massnahmen, bestehend aus einer Mischung<br />
von Beschränkungen und Anreizen. Das ist ein exzellentes<br />
Tummelfeld für die direkte Demokratie.<br />
Es wäre unrealistisch anzunehmen, dass die entwickelten Länder<br />
ihre Wachstumsziele und das Ziel der Vollbeschäftigung zu Gunsten<br />
rein umweltpolitischer Überlegungen aufgeben. Das Wachstum steht<br />
mehr oder weniger in Korrelation mit der von der Gesellschaft und<br />
ihren Produktionssystemen verbrauchten Energie. Deshalb wird mit<br />
weniger Treibhausgasausstoss mehr Energie produziert werden müssen.<br />
Der Atom<strong>energie</strong>sektor kann all das bieten und ist so ein unverzichtbarer<br />
Bestandteil im europäischen Energie-Mix, weshalb seine<br />
Revitalisierung unerlässlich ist. Die Innovationen spielen in der Kern<strong>energie</strong><br />
von morgen eine grosse Rolle. China und Indien, die Grossmächte<br />
der Zukunft, haben den Weg in Richtung Atom<strong>energie</strong> bereits<br />
eingeschlagen. Die Vorteile tiefer Treibhausgasemissionen sind unbestritten,<br />
aber die Medaille hat auch eine Kehrseite, nämlich die<br />
Risiken im Zusammenhang mit der technischen Beherrschbarkeit der<br />
gesamten nuklearen Produktionskette: bereits bestehende Risiken<br />
wie der Zustand gewisser Atomkraftwerke in Osteuropa und zukunftsbezogene<br />
Risiken hinsichtlich des Atommülls. Diese Risiken<br />
sind nicht unüberwindbar. Den Sicherheitsansprüchen der Europäer<br />
kann gemäss den Prinzipien der Aarhus-Konvention und der französischen<br />
Umweltcharta genügt werden.<br />
Anteil erneuerbarer Energien muss erhöht werden<br />
2020 wird die europäische Stromversorgung immer noch auf einem<br />
riesigen Netz beruhen, dessen Aufgabe es ist, die Produktion zwischen<br />
den grossen Elektrizitätskraftwerken auszugleichen. Bis dahin<br />
befinden sich einige dieser Kraftwerke möglicherweise im Meer und<br />
erzeugen Energie aus den Wellen, den Gezeiten oder dem Wind,<br />
andere sind vielleicht auf festem Grund, mit Windfarmen, Biomasseheizkessel,<br />
lokaler Abfallverwertung, oder werden mit anderen<br />
erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder Erdwärme betrieben.<br />
Markt und Technologie müssen in der Lage sein, Produktionsunregelmässigkeiten<br />
mit Speicherkapazitäten aufzufangen. Um das zu<br />
ermöglichen, bedingt diese Politik ebenfalls eine zentrale Verwaltung<br />
des europäischen Stromnetzes.<br />
Desgleichen wird die Mikro-Stromerzeugung verbreiteter sein,<br />
beispielsweise aus paralleler Energieerzeugung, aus Brennstoff-<br />
oder Solarzellen in Gebäuden. Brennstoffzellen dürften eine Schlüsselrolle<br />
spielen, anfänglich in statischer Form in Gebäuden und in<br />
der Industrie, später als Energiespeichermedium zur Überbrückung<br />
von Unregelmässigkeiten bei der Erzeugung erneuerbarer Energien<br />
und auch in mobiler Ausführung, mittels derer der Transportsektor<br />
revolutioniert wird. Für Letzteren werden fossile Kraftstoffe leider<br />
weiterhin von Bedeutung bleiben, aber mit Biokraftstoffen und «sauberen»<br />
Fahrzeugen werden die negativen Auswirkungen auf die<br />
Umwelt begrenzt sein.<br />
Was nun den Wasserstoff anbelangt, ist es wichtig, sich mittelfristig<br />
keine falschen Hoffnungen zu machen. Es wird gewiss bis<br />
in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts dauern, bis sich die<br />
GLOBAL INVESTOR FOCUS Energie—21<br />
grossen Erwartungen, die durch das Projekt International Thermonuclear<br />
Experimental Reactor (ITER) aufgebaut werden, konkretisieren.<br />
Die Zukunft beginnt heute<br />
Wer die absolute Notwendigkeit für die Erhöhung des Beitrags<br />
erneuerbarer Energien anzweifelt, dürfte Folgendes interessant<br />
finden: In Frankreich wird der Energieverbrauch bis 2010 jährlich<br />
um 60 Mrd kWh ansteigen; die Tendenz des Marktes könnte dabei<br />
sein, diese Energie mittels Gasturbinen zu erzeugen, die Kohlendioxid<br />
freisetzen!<br />
Die Erhöhung des Prozentsatzes erneuerbarer Energien beschränkt<br />
sich nicht auf die Nutzung der Wind<strong>energie</strong>, genauso wie<br />
diese Energien nicht nur zur Gewinnung von Elektrizität genutzt<br />
werden können. Sie können ebenfalls zur Wärme- und zur Kraftstoffgewinnung<br />
dienen. Deshalb werden alle erneuerbaren Energien<br />
benötigt, um ihren Anteil an der Energieproduktion über die in der<br />
europäischen Richtlinie veranschlagten 21%, idealerweise sogar bis<br />
zu 30%, zu erhöhen.<br />
Um dieser Herausforderung zu begegnen, müssen wir akzeptieren,<br />
dass die Marktgesetze allein nicht ausreichen, um die erneuerbaren<br />
Energien zu fördern. Das einzige Mittel hierzu ist, ihre<br />
Ausbreitung massgeblich voranzutreiben, um so von Grössenvorteilen<br />
zu profitieren. Ebenfalls gestellt werden muss die Frage nach<br />
den Rückkaufpreisen. So können Instrumente geschaffen werden,<br />
die Marktzugang und Industrialisierung der erneuerbaren Energien<br />
erleichtern, wenn wir auch anerkennen müssen, dass es keinen<br />
leistungsfähigen Anreiz für die Wärmeerzeugung gibt.<br />
Die Öffentlichkeit muss mit einbezogen werden, indem dafür<br />
gesorgt wird, dass die Auswirkungen dieser Energieformen auf die<br />
Umwelt weder ignoriert noch übertrieben werden. Zugleich müssen<br />
Lösungen zum Ausgleich von Produktionsunregelmässigkeiten gefunden<br />
werden, und zwar indem Kosten minimiert und neue Speicherformen<br />
gefunden werden. Dazu sollten angemessene Steuer-<br />
und Finanzinstrumente eingesetzt werden.<br />
Die erneuerbaren Energien werden auch in den kommenden<br />
Jahren noch viele Überraschungen für uns bereit halten. Sich auf<br />
die Zukunft vorbereiten heisst, Investitionen tätigen, um technologische<br />
Innovationen zu ermöglichen, die sowohl für die europäischen<br />
Bürger als auch für die europäischen Industrien unzählige Möglichkeiten<br />
eröffnen. Europa besitzt die richtige Grösse, um dieses Ziel<br />
Wirklichkeit werden zu lassen. Die erneuerbaren Energien sind die<br />
Grossbaustelle der nachhaltigen Entwicklung für das beginnende<br />
Jahrhundert. æ<br />
Die hier geäusserten Ansichten müssen nicht unbedingt den Ansichten der Credit Suisse entsprechen.<br />
«Es wäre unrealistisch anzunehmen,<br />
dass die entwickelten Länder ihre<br />
Wachstumsziele und das Ziel der<br />
Vollbeschäftigung zu Gunsten rein<br />
umweltpolitischer Überlegungen<br />
aufgeben.» Roselyne Bachelot-Narquin