Frankenstein (1910) - Das Dokument des Grauens
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<strong>Das</strong> <strong>Dokument</strong> <strong>des</strong> <strong>Grauens</strong><br />
Farbe. Hierdurch waren die Aufwände bei der Herstellung wesentlich geringer als bei<br />
einer vollständigen Kolorierung, und bei der Vorführung eines Filmes wurden keine<br />
bunten Folien benötigt. In den USA war dieses Verfahren bis <strong>1910</strong> dann schon ein<br />
Standardverfahren, welches <strong>des</strong> Öfteren eingesetzt wurde. Für Nachtszenen wählte<br />
man in der Regel blau, in Innenräumen gelb oder braun, in der freien Natur wurden<br />
die Szenen vornehmlich grün gefärbt und wenn Gefahr drohte wurde die Szene rot.<br />
Abbildung 23.5: <strong>Frankenstein</strong> kurz vor Beginn<br />
seines Experiments<br />
Dieses dritte Verfahren wurde auch<br />
bei <strong>Frankenstein</strong> (<strong>1910</strong>) eingesetzt. Der<br />
Film ist allerdings nicht durchgängig viragiert,<br />
sondern nur an den signifikanten<br />
Stellen.<br />
<strong>Frankenstein</strong> schreibt einen Brief an<br />
seine Verlobte. Der Zweck dieses Briefes<br />
ist die Straffung der Handlung, denn dadurch,<br />
dass Dawley das Schreiben dem<br />
Zuschauer zeigt, spart er die Filmlaufzeit<br />
und Inszenierungsarbeit ein, welche<br />
erforderlich gewesen wäre, um den in<br />
Worte gefassten Inhalt über Bilder und<br />
Schauspiel zu transportieren. Im Rahmen<br />
der Handlung selbst spielt dieser Brief<br />
keine weitere Rolle mehr; <strong>Frankenstein</strong>s Verlobte ist daher nur ein Vorwand zur Wahrung<br />
der Kontinuität, denn eigentlich ist das Publikum der Nickelodeons der wahre<br />
Adressat.<br />
Abbildung 23.6:<br />
seine Verlobte<br />
<strong>Frankenstein</strong>s Brief an<br />
Wir erfahren aus dem Brief, dass<br />
<strong>Frankenstein</strong> das Geheimnis <strong>des</strong> Lebens<br />
und <strong>des</strong> To<strong>des</strong> entdeckt hat. Noch heute<br />
würde er den perfektesten Menschen<br />
erschaffen, welchen die Welt je kannte.<br />
Nachdem dieses wundervolle Werk<br />
vollendet ist, werde er zu seiner Verlobten<br />
zurückeilen, um sie zu heiraten.<br />
Frohen Mutes schreitet <strong>Frankenstein</strong><br />
nun zur Tat. doch die nächste Titelkarte<br />
belehrt uns, dass das Böse in <strong>Frankenstein</strong><br />
anstelle eines perfekten menschlichen<br />
Wesens ein Monster schaffen wird.<br />
<strong>Das</strong> „Böse in <strong>Frankenstein</strong>“ erschafft<br />
ein Monster ... also nicht <strong>Frankenstein</strong><br />
selbst<br />
Jetzt wird es interessant, denn in der Tat beginnen nun Eingriffe in die Geschichte,<br />
welche zum Teil dem selbst auferlegten Moralkodex geschuldet sind, aber auch die<br />
kommerziellen Interessen Edisons reflektieren.<br />
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