BUSINESS - TextilWirtschaft
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<strong>BUSINESS</strong><br />
Esprit-Chef Heinz Krogner (links) und Gerry Weber-Vorstandschef Gerhard<br />
Weber (rechts) diskutierten mit TW-Chefredakteur Michael Werner.<br />
20 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008
Photocreditangaben hier bitte<br />
Wolfgang Clement, früherer Bundeswirtschaftsminister: „Es<br />
kennzeichnet die Modebranche, schwere Zeiten zu überstehen.“<br />
Kaufhof-Chef Lovro Mandac hielt ein engagiertes Plädoyer für<br />
den Standort Innenstadt.<br />
Peter Paul Polte, Herausgeber der <strong>TextilWirtschaft</strong>, moderierte<br />
den Modehandels-Kongress in Düsseldorf.<br />
SCHLECHTE<br />
ZEITEN,<br />
GUTE ZEITEN<br />
Die Zeiten sind schlecht. Und sie drohen noch<br />
schlechter zu werden. Daran ließen auch die Referenten<br />
beim Modehandels-Kongress keinen Zweifel.<br />
Doch sie machten auch deutlich: Schlechte Zeiten sind<br />
gute Zeiten für engagierte Unternehmer.<br />
Wir gehen wirklich schwierigen Zeiten entgegen.“<br />
Wolfgang Clement redete Klartext. Der ehemalige<br />
Bundeswirtschaftsminister ließ als Keynote-Speaker<br />
zum Auftakt des von der <strong>TextilWirtschaft</strong> und dem BTE<br />
veranstalteten Modehandels-Kongresses keinen Zweifel<br />
daran, dass die wirtschaftliche Lage derzeit äußerst<br />
prekär ist. Doch er machte den rund 500 Gästen, die<br />
zum Kongress nach Düsseldorf gekommen waren,<br />
auch Mut. Clement: „Es kennzeichnet die Modebranche,<br />
schwere Zeiten zu überstehen.“<br />
Überhaupt war bei allen Referenten eine Art „Jetzt-erstrecht-Haltung“<br />
zu erkennen. Besonders großes Interesse<br />
– und viel Beifall – fand vor allem die kurzfristig<br />
aus aktuellem Anlass eingeschobene Podiumsdiskussion<br />
zwischen Gerhard Weber und Esprit-Chef Heinz<br />
Krogner. Beide vermittelten überzeugend den Eindruck,<br />
dass gute Unternehmen letztlich gestärkt aus<br />
der Krise hervorgehen werden. Freilich müsse dafür<br />
engagiert gearbeitet werden. Krogner: „Die Zeit der<br />
Sonnenschein-Manager ist vorbei. Man muss sich wieder<br />
mehr anstrengen.“<br />
Keine Angst vor der Krise haben, sondern auf die eigenen<br />
Stärken vertrauen. Das vermittelten auch Holy-<br />
CEO Reiner Pichler und Tom Tailor-Vorstandschef Dieter<br />
Holzer in ihren Vorträgen. „Krise kann ein produktiver<br />
Zustand sein, man muss ihm nur den Beigeschmack<br />
der Katastrophe nehmen“, zitierte Pichler<br />
den Schriftsteller Max Frisch. Und Holzer mag nichts<br />
davon hören, dass die Mitte verschwindet. „Nur die<br />
mittelmäßige Mitte verschwindet. Die qualitative Mitte<br />
wird gewinnen.“<br />
Wie entscheidend der Faktor Standort ist, zeigten zwei<br />
ganz unterschiedliche Programmpunkte. Kaufhof-<br />
Chef Lovro Mandac hielt ein engagiertes Plädoyer für<br />
den Standort City. Die Jungunternehmer Insa Mönkemeier-Held<br />
von Silomon in Aurich, Lars Messerich von<br />
Messerich in Bitburg und Oliver Fischer von Fischer in<br />
Singen zeigten, wie mit viel Engagement auch an<br />
schwierigen Standorten gute Geschäfte gemacht werden<br />
können. � MO<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008 21
<strong>BUSINESS</strong><br />
„Wir brauchen mehr Bewegung“<br />
Wolfgang Clement über die aktuelle Lage in Deutschland<br />
Ich habe größten Respekt vor der Textilbranche,<br />
die schon durch mehrere Krisen<br />
gegangen ist. Es kennzeichnet die Modebranche,<br />
schwere Zeiten gut zu überstehen“,<br />
sagt der ehemalige Bundeswirtschaftsminister<br />
Wolfgang Clement. Zum<br />
Auftakt des Modehandels-Kongresses am<br />
Mittwoch der vergangenen Woche war der<br />
SPD-Politiker nach Düsseldorf gereist, um<br />
einen Überblick über die Lage in Deutschland<br />
zu geben.<br />
Die aktuelle Situation ist bekanntlich alles<br />
andere als berauschend. Deutschland<br />
steckt in der größten Finanzkrise seit dem<br />
Jahr 1929. Damals habe die Krise eine lange<br />
Zeit der ökonomischen Schwäche mit<br />
katastrophalen Folgen verursacht.<br />
Die heutige Finanzkrise bezeichnet Clement<br />
als „Vertrauenskrise ungeahnter Dimension“.<br />
Um aus diesem Desaster wieder<br />
herauszukommen, müsse mehr Transparenz<br />
geschaffen werden. Er fordert eine<br />
neue Weltfinanzordnung, Ratingsysteme<br />
mit Verlass und mehr unternehmerische<br />
Verantwortung.<br />
Die Verstaatlichung der Banken beobachtet<br />
er sehr kritisch. „Wer hätte gedacht, dass die<br />
Bannken in den USA verstaatlicht werden?<br />
Karl Marx hätte seine wahre Freude gehabt.<br />
Doch wie viel Staat brauchen wir in<br />
Deutschland?“, fragt Clement. „Es war<br />
richtig, dass der Staat zum Schutz der Bürger<br />
eingestiegen ist. Aber Sie glauben doch<br />
nicht im Ernst, dass der Staat besser wirtschaftet<br />
als die Banker“, sagt er weiter. Ne-<br />
Photocreditangaben hier bitte<br />
Wolfgang Clement: „Wir gehen wirklich schwierigen Zeiten entgegen.“<br />
22 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008<br />
gative Folgen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft<br />
seien unausweichlich. „Wir gehen<br />
wirklich schwierigen Zeiten entgegen“,<br />
sagt Clement.<br />
In den USA, Japan und Europa herrsche<br />
Stagnation oder Rezession. Dies sei eine<br />
globale Herausforderung, auf die man global<br />
reagieren müsse. Clement appelliert an<br />
den Zusammenhalt der EU, die mit ihren<br />
27 Staaten die stärkste Wirtschaftsmacht<br />
der Welt sei und 31% des globalen Sozialprodukts<br />
erwirtschafte. Die USA 26%,<br />
China gerade mal 6%, Russland 2,5% und<br />
Indien 2% – das müsse man sich vor Augen<br />
halten.<br />
In den USA sieht Clement einen wichtigen<br />
und verlässlichen Partner. „Wir müssen alles<br />
tun, damit das so bleibt“, fordert er. „Yes<br />
we can“ – Barack Obama mache andere<br />
Wege möglich. Seine Wahl bringe „eine gewaltige<br />
Veränderung für die ganze Welt“.<br />
Für Deutschland fordert Clement Reformen<br />
in diversen Bereichen. „Wir müssen in<br />
Deutschland einiges ändern: das Rentenund<br />
das Sozialsystem, das Bildungssystem<br />
und die Zuwanderungspolitik.“ Wenn<br />
Deutschland an diesen, wenn auch schwierigen<br />
Punkten arbeite, gebe es durchaus<br />
Potenzial und Chancen.<br />
Clement: „Wir brauchen in Deutschland<br />
mehr Bewegung.“ Diesen Aufruf richtet er<br />
nicht nur an die Politik, sondern auch ausdrücklich<br />
an die Wirtschaft. Denn die nehme<br />
in Deutschland viel zu wenig Einfluss<br />
nehmen. �JK<br />
Guido Tepasse (Gardeur) und Michael Lorenz (Gardeur)<br />
Jürgen Dax (BTE) und Steffen Jost (BTE)<br />
Dorothee Weiß (C & A), Henry Schmidt (La Perla Deutschland)<br />
und Frank Walter Seidensticker (Seidensticker)<br />
Andreas Kohrs (Tom Tailor) und Dietmar Axt (Tom Tailor)<br />
Claudia Ulpts (Mummert Career), Dr. Andreas Stockert<br />
(Kühne + Nagel Management) und Frank Pietersen (Payback)
Susanne Pabst (Bonaveri) und Oliver Bloch (Penther)<br />
Michael Simon (Gardeur), Jürgen Müller (TW) und Dr. Rolf<br />
Grisebach (Deutscher Fachverlag)<br />
Achim Peltz (Falke) und Paul Falke (Falke)<br />
Franz Fürst (Fürst Developments) und Anja Voss-Hogestraat<br />
(Fashion Mall Management)<br />
TW<br />
�� �<br />
Die TW-TV-Berichte zum Modehandels-<br />
Kongress finden Sie unter www-TWnetwork.de/video<br />
�<br />
Photocreditangaben hier bitte<br />
„Wir sind mit einem zweistelligen Wachstum zufrieden.“ Esprit-Gründer Heinz Krogner mit TW-Chefredakteur<br />
Michael Werner und Gerry Weber-Vorstandschef Gerhard Weber (v.l.) auf dem Podium in Düsseldorf.<br />
„Ab ins Trainingscamp!“<br />
Heinz Krogner und Gerhard Weber diskutieren die Folgen der Finanzkrise<br />
Finanzkrise? Heinz Krogner und Gerhard<br />
Weber sehen ihre Unternehmen in guter<br />
Verfassung. Gerry Weber habe mit 53%<br />
eine hohe Eigenkapital-Quote und habe<br />
konsequent darauf hingearbeitet, noch<br />
schneller zu werden, sagt Gerhard Weber.<br />
Esprit habe keine Schulden und halte an<br />
seiner langfristigen Strategie, etwa an der<br />
Expansion im Ausland, unverändert fest,<br />
ergänzt Heinz Krogner. So schnell wie in<br />
der Vergangenheit werde Esprit in diesem<br />
Jahr allerdings nicht zulegen. „Ich weiß,<br />
dass wir keine 20% wachsen, wir sind mit<br />
einem zweistelligen Zuwachs zufrieden.“<br />
Ausruhen will sich Heinz Krogner darauf<br />
nicht. Vor knapp zwei Wochen ist der Firmengründer<br />
wieder ins operative Geschäft<br />
eingestiegen und hat die Verantwortung<br />
für interne Aufgaben wie Kollektionsentwicklung<br />
und Preisgestaltung übernommen.<br />
„Das hilft“, sagt Krogner, „die Sonnenschein-Mentalität<br />
zu verändern. Man<br />
muss sich wieder mehr anstrengen.“<br />
Möglichkeiten zur Verbesserung sehen die<br />
Firmenchefs auch in der Zusammenarbeit<br />
mit den Kunden. Beide bekräftigen ihr Interesse,<br />
mehr Verantwortung für die Bestückung<br />
der Flächen im Handel zu übernehmen.<br />
Den Shop-Partnern von Esprit stellt<br />
Krogner höhere Kalkulationen in Aussicht:<br />
„Ich bin bereit, bei Flächenkunden, die uns<br />
beim Einkauf entgegenkommen, darüber<br />
nachzudenken.“ Krogner räumt ein, dass<br />
es bei Esprit selbst Verbesserungsbedarf<br />
gibt, was die Einsteuerung der Ware auf<br />
den Flächen betrifft. Zu viel NOS-Ware habe<br />
man aufs Lager gelegt. „Wir müssen die<br />
Läden nicht mit Ware volldrücken.“<br />
Gerhard Weber sieht in diesem Zusammenhang<br />
allerdings auch Handlungsbedarf<br />
auch auf Seiten der Kunden: Zu viele<br />
Händler arbeiten mit zu vielen Lieferanten,<br />
sagt der Gerry Weber-Chef. Und 70% der<br />
Händler seien nicht in der Lage, „die richtige<br />
Wareneinsteuerung zu machen“, was zu<br />
hohen Abschriften und niedrigen LUGs<br />
führe.<br />
Veränderungen der Verkaufspreislagen<br />
sind offenbar nicht zu erwarten: „Ein Gerry<br />
Weber-Blazer muss 149 Euro kosten. Wenn<br />
er 159 oder 169 Euro kostet, dreht er sich<br />
langsamer“, sagt Gerhard Weber. An der<br />
Preis-Politik zeige sich der Unterschied<br />
zwischen guten und schlechten Firmen, ist<br />
Heinz Krogner überzeugt: „Die schlechten<br />
machen ein Produkt billiger. Die guten Firmen<br />
verbessern es, um einen bestimmten<br />
Preis zu erzielen.“ Niedrige Preise – und<br />
hohe Lagerbestände – seien für den Handel<br />
wie Drogen, meint der Esprit-Chef. Sein<br />
Rat: „Nehmt keine Drogen, geht ins Trainingscamp!“<br />
� BM<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008 23
<strong>BUSINESS</strong><br />
Fünf Aspekte einer Marke<br />
Holy-CEO Reiner Pichler über Markenführung in der Krise<br />
Krise kann ein produktiver Zustand sein,<br />
man muss ihm nur den Beigeschmack<br />
der Katastrophe nehmen“, das hat schon<br />
Max Frisch gesagt. Wie die Holy Group der<br />
Krise begegnen will, stellte CEO Reiner<br />
Pichler vor. Dabei will das Kreuzlinger Unternehmen<br />
die Werte seiner Modemarken<br />
– Strellson, Joop!, Windsor und Tommy<br />
Hilfiger Tailored – weiter stärken.<br />
„Bei einem Anzug geht es nicht nur darum,<br />
bekleidet zu sein, sondern darum, dass<br />
man sich gut angezogen fühlt“, sagt Pichler.<br />
Marken müssten Bekleidung begehrlich<br />
machen und Kaufimpulse auslösen.<br />
Für eine erfolgreiche Markenbildung sind<br />
für Pichler fünf Aspekte wichtig.<br />
Den Kunden müsste etwas Neues, Innovatives<br />
geboten werden. Ein Beispiel aus der<br />
Holy-Welt: das Travel Jacket von Windsor,<br />
das sich knitterfrei in einer Tasche verpacken<br />
lässt, die aus demselben Stoff wie das<br />
Jacket hergestellt wurde. Ein weiterer<br />
Aspekt sei die Vertrauensbildung. „Das<br />
Vertrauen in eine Marke wird durch Qualität<br />
und Sicherheit vermittelt“, sagt Pichler.<br />
Dazu kämen Preissicherheit und Einzig-<br />
Billig macht Spaß<br />
24 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008<br />
Markenführung umfasst Innovation, Vertrauensbil-<br />
dung, Differenzierung, Preissicherung und Einzigartig-<br />
keit. Ein Problem: „Die Kopiermaschinen in China lau-<br />
fen schneller als die Nähmaschinen in Süditalien.“<br />
artigkeit der Marke, die sich von anderen<br />
Anbietern abheben muss. Das sei gerade in<br />
der Modebranche nicht immer einfach.<br />
Denn Vertikale hätten oft schon das im Geschäft,<br />
was gerade erst auf den Schauen<br />
gezeigt wurde. „Die Kopiermaschinen in<br />
China laufen schneller als die Nähmaschinen<br />
in Süditalien“, so Pichler. �AF<br />
Beratungshaus KPMG untersucht Einkaufsverhalten der Kunden<br />
Wenn man nur wüsste, was die Kunden<br />
wirklich glücklich macht. Das würde<br />
das Geschäft deutlich vereinfachen, sicher<br />
aber auch langweiliger machen. Die Berater<br />
von dem Wirtschaftsprüfer- und Beratungshaus<br />
KPMG haben sich die Frage gestellt,<br />
wo die Deutschen am liebsten einkaufen<br />
und was sie an ihren Einkaufsstätten<br />
besonders schätzen (s. auch Seite 12).<br />
Nicole Stollenwerk von der Kölner Dependence<br />
des Beratungsunternehmens hat die<br />
wichtigsten Ergebnisse einer Studie präsentiert<br />
und den Vortrag „Mit begeisterten<br />
Kunden zur eigenen Konjunktur – Erfolgsfaktoren<br />
des Textileinzelhandels aus Verbrauchersicht“<br />
betitelt.<br />
„Die Kunden haben Geld. Nur wo und warum<br />
wird es ausgegeben?“ Am ernüchterndsten<br />
dürfte die Erkenntnis sein, dass<br />
Einkaufen dort am meisten Spaß macht,<br />
wo es billig ist. Nicht das besondere Einkaufserlebnis<br />
macht glücklich, sondern<br />
das Einkaufen, bei dem man am wenigsten<br />
Nicole Stollenwerk: „Die Kunden haben Geld. Nur wo<br />
und warum wird es ausgegeben?“<br />
von seinem hart verdienten oder angesparten<br />
Geld ausgeben muss, um mit vollen<br />
Einkaufstüten den Laden zu verlassen. So<br />
einfach – oder eben auch so schwer kann es<br />
sein, Kunden glücklich zu machen. �CL<br />
Patrick Croonen (Flughafen Düsseldorf) und Michaela Moll<br />
(Flughafen Düsseldorf)<br />
Alexandra Mohr (Ebel Moden), Stefan Kurz (Toni Dress) und<br />
Jochen Ruths (Peter Ruths)<br />
Karin Genrich und Frank Hartmann (Igedo)<br />
Oliver Berger (Luisa Cerano) und Matthias Klein (FR2 Capital)<br />
Peter Paul Polte (TW) und Gerd Müller-Thomkins (Deutsches<br />
Mode-Institut)
Jan Gizyn (Erdmann Kleidung), Michael Werner (TW) und<br />
Ulrike Gizyn (Erdmann Kleidung)<br />
Sonja Suleck (Modehaus Messerich) und Lars Messerich<br />
(Modehaus Messerich)<br />
Dr. Marcus Cremer (Fashionovation) und Axel Fischer<br />
(Modehaus Fischer, Taucha)<br />
Insa Mönkemeier-Held (Modehaus Silomon) und Antje<br />
Kaletta-Bahr (Retail 360)<br />
Kai Timpe (Brax), Thomas Wulff (TW) und Bernd Meister<br />
(Anthos Personalberatung)<br />
Happy in der Todeszone<br />
Tom Tailor-Vorstandschef Dieter Holzer fühlt sich in der Mitte pudelwohl<br />
Jetzt erst recht“, war das Motto von Dieter<br />
Holzer, der die Wachstumsstrategie von<br />
Tom Tailor vorstellte. Der CEO des Hamburger<br />
Mode-Anbieters hat sein Rezept für<br />
das Wachstum im Modemarkt gefunden:<br />
Act Premium – Sell Volume. Und er widerspricht<br />
allen, die sagen, Kleidung müsse<br />
entweder ganz teuer oder spottbillig sein.<br />
„Die Mitte lebt.“ Daran glaubt der Vorstandschef<br />
ganz fest. Es sei lediglich die<br />
mittelmäßige Mitte, die verschwinden werde.<br />
„Die qualitative Mitte wird gewinnen“,<br />
sagt Holzer. Der Kunde wolle zwar Premium,<br />
aber zu vernünftigen Preisen.<br />
Mit seiner Strategie verfolgt er ehrgeizige<br />
Ziele: „Wir wollen nächstes Jahr 300 Mill.<br />
Euro Umsatz schaffen.“ Rund 200 Shopin-Shops<br />
habe Tom Tailor in diesem Jahr<br />
eröffnet. Insgesamt seien es jetzt etwa<br />
1000. Weltweit sind die Hamburger in 40<br />
Ländern aktiv. Neu gestartet ist Tom Tailor<br />
in diesem Jahr in Frankreich. Innerhalb der<br />
kommenden beiden Jahre seien 60 Shops<br />
in Kooperation mit Galeries Lafayette geplant,<br />
so der Vorstandschef. Eine wichtige<br />
Voraussetzung der Expansion sei auch die<br />
Dieter Holzer glaubt nicht, dass Kleidung entweder<br />
teuer oder spottbillig sein muss, um im Handel erfolg-<br />
reich zu sein. Seine Devise: „Die qualitative Mitte wird<br />
gewinnen.“<br />
Im Zentrum Hand in Hand<br />
Personalpolitik bei Tom Tailor. „Wir haben<br />
die tollste Truppe der Welt“, sagte Holzer.<br />
Gemeinsam vertreten sie die Mitte. Man sei<br />
mit Marken wie VW, Esprit und Nivea außerordentlich<br />
„happy in der Todeszone“.<br />
Dieter Holzer ist sich sicher, dass er die<br />
richtige Formel gefunden hat – trotz der<br />
Krise. �AB<br />
Kaufhof-Vorstandschef Lovro Mandac gibt Handlungsempfehlungen<br />
Fachmärkte auf der Grünen Wiese, Factory<br />
Outlets, uneinheitliche Öffnungszeiten,<br />
gesetzliche Auflagen – es gibt eine Vielzahl<br />
von Faktoren, die den Handel beeinträchtigen.<br />
Kaufhof-Vorstandschef Lovro<br />
Mandac brachte nicht nur die kritischen<br />
Punkte zur Sprache, sondern präsentierte<br />
gleichzeitig einen Forderungskatalog und<br />
Maßnahmen zur Stärkung des Handels in<br />
den Innenstädten.<br />
Wichtig seien etwa ein attraktiver Branchen-Mix<br />
und die Erhöhung der Aufenthalts-Qualität.<br />
Es gelte, den Flächenzuwachs<br />
jenseits der Zentren zu begrenzen<br />
und Verbindungen zwischen der City und<br />
peripheren Standorten zu schaffen. Nicht<br />
zu vergessen: kundenfreundliche Öffnungszeiten.<br />
Mandac rät den Händlern zur<br />
Eigeninitiative. Es komme darauf an, Mut<br />
zu innovativen Konzepten zu haben. Großes<br />
Potenzial sieht er in den Zielgruppen<br />
der Senioren und Best-Ager. Und im Shopping-Tourismus.<br />
Deutschland ist preiswer-<br />
Lovro Mandac (Kaufhof): „Wir reden zu wenig mit den<br />
Städten, und die Städte reden zu wenig mit uns.“<br />
ter als jedes andere Land um uns herum.“<br />
Gleichzeitig plädiert er für Zusammenhalt:<br />
„Wir alle müssen dafür sorgen, dass mehr<br />
Frequenz in die Stadt kommt. Der kleine<br />
Händler ist so wichtig wie der große.“ �BM<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008 25
<strong>BUSINESS</strong><br />
„Der Standort sind wir“<br />
Drei Unternehmen, drei Standorte, drei Erfolgsgeschichten<br />
Insa Mönkemeier-Held (Silomon), Lars Messerich (Modehaus Messerich) und Oliver Fischer (Modehaus Carl Fischer,<br />
v.r.) diskutierten zum Thema „Erfolgsfaktor Standort“. TW-Chefredakteur Jürgen Müller (l.) moderierte die Talkrunde.<br />
S ilomon in Aurich, Messerich in Bitburg<br />
und Fischer in Singen. Dahinter stehen<br />
die drei Jungunternehmer Insa Mönkemeier-Held,<br />
Lars Messerich und Oliver Fischer.<br />
Jeder von ihnen hat an seinem Standort<br />
mit ganz unterschiedlichen Problemen<br />
zu kämpfen – sei es die Konkurrenz auf der<br />
Grünen Wiese, die Wettbewerbssituation<br />
in der City, der Kaufkraftabfluss oder die<br />
schlechte Erreichbarkeit.<br />
Doch trotz des zum Teil schwierigen Umfelds<br />
haben sich alle drei Traditionsunternehmen<br />
eine starke Marktposition erkämpft.<br />
Ihr Engagement und Verantwortungsgefühl<br />
für den Standort sind u.a.<br />
Gründe für ihren Erfolg. „Der Standort<br />
sind wir. Wir fühlen uns in Norden und<br />
Aurich stark verantwortlich und sind in der<br />
Werbegemeinschaft sehr aktiv“, sagt Insa<br />
Mönkemeier-Held. Sie ist seit Ende vergangenen<br />
Jahres Geschäftsführerin von Silomon.<br />
Die Tradition des Unternehmens<br />
reicht bis in das Jahr 1844 zurück. Heute<br />
erwirtschaftet Silomon mit zwei Geschäften<br />
in Aurich (3500m²) und Norden<br />
(1500m²) einen Umsatz von 8,5 Mill. Euro.<br />
Auch Lars Messerich von Messerich macht<br />
sich stark für seinen Standort. Bitburg habe<br />
einen der größten Gewerbevereine Nordrhein-Westfalens.<br />
In der 13000-Einwohner-Stadt<br />
gebe es dadurch einen starken<br />
Zusammenhalt. „Wir sind vor Ort ein starker<br />
Befürworter und Treiber gemeinsamer<br />
26 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008<br />
Aktivitäten.“ Das ist wichtig, denn im Jahr<br />
1994 hat die Stadt durch den Wegzug von<br />
12000 Amerikanern einen starken Kaufkraftrückgang<br />
verkraften müssen.<br />
Messerich hat sich erfolgreich behauptet.<br />
Der Umsatz steigt seit vier Jahren zwischen<br />
5 und 7% jährlich und lag im vergangenen<br />
Jahr bei 5,7 Mill. Euro. Neben dem Haupthaus<br />
(2300m²) führt Messerich einen Store<br />
von Esprit (160m²). Messerich: „Partner-<br />
Stores sind für uns eine gute Möglichkeit<br />
zu wachsen.“<br />
Oliver Fischer hingegen konzentriert sich<br />
auf das Multilabel-Geschäft. „Gerade in der<br />
Krise muss man die Begeisterung für das<br />
Produkt stärken. Im Multi-Label-Bereich<br />
ist das besser möglich“, sagt er. Fischer<br />
führt in Singen einen 620m² großen DOBund<br />
einen HAKA-Laden (160m²) sowie<br />
drei Geschäfte in Konstanz (zwischen<br />
150m² und 500m²). Zwei davon wurden in<br />
diesem Jahr neu eröffnet. Fischer richtet<br />
sich an eine gehobene Klientel. Durch die<br />
Grenznähe kommen viele Kunden aus der<br />
Schweiz. Insbesondere die Industriestadt<br />
Singen sei kein einfacher Standort. „So viele<br />
Kunden wie dort innerhalb eines Jahres<br />
vorbeikommen, sind in Stuttgart in einer<br />
Stunde unterwegs“, sagt Fischer. Da hilft<br />
nur eins: An seinen Standort glauben, die<br />
Kunden begeistern und in gute Mitarbeiter<br />
investieren. Punkte, an denen alle drei Unternehmer<br />
täglich arbeiten. �JK<br />
Tom Mayer (Atlas Design), Alexander Leon-Diaz (Atlas<br />
Design) und Angelika Grammozi (Igedo)<br />
Julian Kossmann (iMedia) und Patrick Schneck (iMedia)<br />
Ralf Pütmann (Kaufhof) und Claus Schuster (defacto)<br />
Kai Timpe (Brax) und Frank Walter Seidensticker<br />
(Seidensticker)<br />
Norbert Pfarr (Assima Verbund) und Horst-Fritz Siller (Siller)
Petra Bielesch (Igedo) und und Dieter Lauf (Igedo)<br />
Werner Speda (Mandarina Duck) und Jens Winterbauer<br />
(Mandarina Duck)<br />
Klaus Harnack (Hachmeister + Partner) und Dirk Bodem<br />
(Enzo Lorenzo)<br />
Axel Fischer (Modehaus Fischer, Taucha), Rolf Spieker<br />
(Spiekerteam Communication) und Hans-Klaus Veit<br />
Mehr Fotos vom Modehandels-Kongress<br />
sehen Sie auf www.TWnetwork.de/szene<br />
„Erlebnisse für die Einkaufstüte“<br />
Jochen Schweizer verkauft flächenfähig Emotionen B2B und B2C<br />
Selbst die härtesten Kerle, die sich vor<br />
nichts fürchten und Abenteurer mit<br />
Leib und Seele sind, sind nicht davor gefeit,<br />
von gewöhnlichen Grippe-Viren umgehauen<br />
zu werden. Jochen Schweizer, der Mann<br />
der das Bungee-Jumping nach Deutschland<br />
brachte und sich todesmutig mit seinem<br />
Kanu ins wildeste Wasser stürzt, ist so<br />
ein Kerl.<br />
Nicht in der Lage, das Referat zum Thema<br />
„Erlebnisse für die Einkaufstüte“ selbst<br />
vorzutragen, schickte er seinen Kollegen<br />
Dirk Handel, der ihn würdig vertrat und<br />
das Geschäftsmodell detailliert vorstellte.<br />
„Bei uns geht es schlicht um Emotionen“,<br />
sagte er. Das Unternehmen, das den Namen<br />
des Chefs trägt, verkauft Erlebnisse.<br />
„Die Nachhaltigkeit von Erlebnissen ist viel<br />
stärker als von Sachgeschenken“, erläuterte<br />
er. Das Unternehmen veranstaltet Events<br />
wie Vertical Catwalks. Marken-Inszenierung<br />
ist das Stichwort. Aber auch die Erlebnisse<br />
für die Einkaufstüte hat Jochen<br />
Schweizer zu einem Geschäftsmodell entwickelt.<br />
Auf einer Fläche von 10 bis 15m²<br />
lassen sich „Adrenalin“-Shops bei Partnern<br />
Dirk Handel: „Die Nachhaltigkeit von Erlebnissen ist<br />
viel stärker als von Sachgeschenken.“<br />
realisieren, sagte Handel, „mit traumhaften<br />
Quadratmeter-Umsätzen“.<br />
Ein drittes Standbein ist der Verkauf von<br />
Erlebnissen an Unternehmen, die ihren<br />
Mitarbeitern als Incentive etwas Besonderes<br />
bieten wollen. „Vom gemeinsamen Fallschirmsprung-Erlebniss<br />
werden Ihre Leute<br />
noch viele Jahre erzählen.“ �CL<br />
Effiziente Lösungen für den Handel<br />
Beim Effizientag Mode präsentierten sich Dienstleister und IT-Anbieter<br />
Wie hebt man das Potenzial in der Supply<br />
Chain? Wie kann die Verweildauer<br />
vor den Schaufenstern gemessen werden?<br />
Und wie lässt sich Visual Merchandising<br />
mit Hilfe von Computerprogrammen planen?<br />
Antworten auf diese und weitere Fragen<br />
gab es beim Effizientag Mode. Insgesamt<br />
rund 320 Teilnehmer informierten<br />
sich dort, am Vortag des Modehandels-<br />
Kongresses, über neue Entwicklungen aus<br />
den Bereichen IT und Logistik sowie POS<br />
und Merchandising.<br />
Erstmals fanden bei der Session IT und<br />
Logistik ausschließlich Gesprächsrunden<br />
statt. In den vier Runden mit Vertretern von<br />
IT- und Logistik-Anbietern wurden Themen<br />
wie das Management von gesammelten<br />
Daten sowie die Optimierung der Logistik<br />
bis zum POS behandelt. In der zeitgleich<br />
stattfindenden Session POS und<br />
Merchandising gab es elf Referate, in denen<br />
die neuesten Trends präsentiert wurden.<br />
Während den Pausen konnten sich die rund<br />
320 Teilnehmer direkt bei den Ausstellern informieren<br />
und austauschen. Insgesamt präsentierten sich<br />
zahlreiche Dienstleister und IT-Anbieter.<br />
Zusätzlich zu den zwei Sessions konnten<br />
sich die Teilnehmer an den Ständen der<br />
Aussteller über die neuesten Entwicklungen<br />
informieren und einige Anwendungen<br />
live erleben. �AF<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _ 2008 27
Sponsoren:<br />
Aussteller:<br />
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