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Internet-Geschicklichkeitsspiele - Zulassungsfrei, durch den RStV ...

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I<br />

Von Dr. Stefan Bolay, München<br />

AUFsÄTZE<br />

I<br />

schon am Vorhan<strong>den</strong>sein eines „Marktesc'. Wird überdies die 3. Die Tatsache, dass der Glücksspielstaatsvertrag private<br />

Dienstleistungsfreiheit zulässigerweise beschränkt, kann sie Minderheitsgesellschafter an staatlich beherrschten Lotto- und<br />

- nicht Grundlage von Ausschreibungspflichten sein. Nichts Tottogesellschaften zulässt, führt nicht zu einem Anspruch<br />

anderes ergibt sich aus Art. 18 der Vergaberichtlinie 2004/ 18/ auf Wettbewerb um die Gesellschafterstellung. Einen derar-<br />

EG, der eine Bereichsausnahme für Dienstleistungsauf- tigen Anspruch kennt das europäische Recht nicht. Sowohl<br />

träge zwischen öffentlichen Auftraggebern enthält, die die Dienstleistungsfreiheit wie die Vergaberichtlinie 2004/ 18/<br />

auf Grund von mit dem Vertrag übereinstimmen<strong>den</strong> EG verlangen nur für „öffentliche Aufträge", nicht für andere<br />

Ausschließlichkeitsrechten vergeben wer<strong>den</strong>. staatliche Tätigkeiten ein Vergabeverfahren.<br />

<strong>Internet</strong>-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> -<br />

<strong>Zulassungsfrei</strong>, <strong>durch</strong> <strong>den</strong> <strong>RStV</strong> beschränkt oder nach der GewO<br />

genehmigungspflichtig?<br />

Von RA Dr. Stefan Bolay, München<br />

Mit diesem Beitrag soll die Frage geklärt wer<strong>den</strong>, ob und unter sind) gilt 5 8a entsprechend."<br />

welchen Voraussetzungen die Veranstaltung eines entgeltlichen<br />

Geschicklichkeitsspiels mit Gewinnmöglichkeit im <strong>Internet</strong> Hieraus folgt, dass Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> in <strong>den</strong><br />

zulässig ist. Die Frage ist seit langem ungeklärt und genießt der- Anwendungsbereich des <strong>RStV</strong> fallen können, wenn es sich<br />

zeit insbesondere im Zusammenhang mit Quizveranstaltungen um „Gewinnspiele" nach 5 8a Abs. 1 S. 1 <strong>RStV</strong> handelt, die<br />

im <strong>Internet</strong> hohe Aktualität, bei <strong>den</strong>en <strong>den</strong> Spielgewinnern in ,,Telemedien" irn Sinne von 5 58 Abs. 3 <strong>RStV</strong> angeboten<br />

Immobilien versprochen wer<strong>den</strong>1. wer<strong>den</strong>.<br />

Jenseits des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) bzw.<br />

Strafgesetzbuchs (StGB), die nur Glücksspiele regeln, kommt<br />

insbesondere eine Regulierung nach dem Rundfunkstaatsvertrag<br />

(<strong>RStV</strong>) in Frage, der in 5 8a <strong>RStV</strong> „Gewinnspiele" mit einem<br />

„Entgelt bis zu 0,50 Euro" als „zulässig1' definiert, oder eine<br />

Genehmigungspflichtigkeit nach der Gewerbeordnung (GewO),<br />

die in <strong>den</strong> $5 33c ff. GewO Regelungen zur Veranstaltung von<br />

„Spielen mit Gewinnmöghchkeit" enthält.<br />

I. Sind ,,Gewinnspiele" im Sinne des fj 8a <strong>RStV</strong> auch<br />

Online-Geschicküchkeitsspiele und statuiert fj 8a<br />

<strong>RStV</strong> für diese eine Einsatzobergrenze von maximal<br />

EUR 0,50?<br />

Zunächst stellt sich die Frage, ob der 2008 in <strong>den</strong><br />

Rundfunkstaatsvertrag eingeführte 5 8a <strong>RStV</strong> auch für<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> im <strong>Internet</strong> gilt und diesen möglicher-<br />

weise eine verbindliche Einsatz-Obergrenze von EUR 0,50<br />

auferlegt.<br />

1. Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> als ,,Gewinnspiele in<br />

Telemedien" nach <strong>den</strong> 88 8a, 58 Abs. 3 <strong>RStV</strong>?<br />

In 5 8a Abs. 1 <strong>RStV</strong> heißt es: „Gewinnspielsendungen und<br />

Gewinnspiele sind zulässig. Sie unterliegen dem Gebot der<br />

Tränsparenz und des Teilnehmerschutzes. Sie dürfen nicht<br />

irreführen und <strong>den</strong> Interessen der Teilnehmer nicht scha<strong>den</strong>.<br />

Insbesondere ist im Programm über die Kosten der Teilnahme,<br />

die Teilnahmeberechtigung, die Spielgestaltung sowie über die<br />

Auflösung der gestellten Aufgabe zu informieren. Die Belange<br />

des Jugendschutzes sind zu wahren. Für die Teilnahme darf nur<br />

ein Entgelt bis zu 0,50 Euro verlangt wer<strong>den</strong>".<br />

5 58 Abs. 3 <strong>RStV</strong> lautet: „Für Gewinnspiele in vergleichbaren<br />

Telemedien (Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet<br />

U) Beg@ der , Gewinnspiele"<br />

aa) Die rechtliche Einordnung<br />

Der Begriff der „Gewinnspiele" ist im Rundfunkstaatsvertrag<br />

nicht legaldefiniert. Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt<br />

sich nicht, ob unter <strong>den</strong> Begriff zufalls- und / oder geschicklich-<br />

keitsabhängige Spiele fallen sollen.<br />

Mithin ist der Begriff der „Gewinnspiele" <strong>durch</strong> Auslegung zu<br />

ermitteln:<br />

Anlass der Einfügung des 5 8a <strong>RStV</strong> waren in erster Linie die<br />

sog. Call-in-Gewinnspiele im Rundfunk, die nach inzwischen<br />

herrschender Meinung regelmäßig als zufallsabhängige Spiele<br />

eingeordnet wer<strong>den</strong>, weil der Zufall das Spielgeschehen in der<br />

Gesamtbetrachtung <strong>durch</strong> ein telefonisches Auswahlverfahren<br />

der Teilnehmer dominiert2. So ist wohl davon auszugehen, dass<br />

je<strong>den</strong>falls zufallsabhängige Spiele für EUR 0,50 „Gewinnspiele"<br />

im Sinne von 5 8a <strong>RStV</strong> sind.<br />

Ob unter <strong>den</strong> Begriff der ,,Gewinnspiele1' im Sinne von 5 8a<br />

Abs. 1 S. 1 <strong>RStV</strong> darüber hinaus auch geschicklichkeitsabhän-<br />

gige Spiele fallen, ist nicht ganz klar. Aus der Tatsache, dass<br />

der Begriff des Gewinnspiels in Rechtsprechung und Literatur<br />

regelmäßig als Oberbegriff für zufalls- oder geschicklichkeits-<br />

abhängige Spiele verwendet wird3, ist aber zu schließen, dass<br />

„Gewinnspiele1' im Sinne von 5 8a <strong>RStV</strong> auch geschicklich-<br />

2 Bahr, WRP 2002, 501, 506; Berberich, Das <strong>Internet</strong>-Glücksspiel, Bern 2004;<br />

S. 41; Bolay, Mehrwertgebührenpflichtige Gewinnspee, Karlsruhe 2008,<br />

S. 101 ff; Eichrnann/Sörup, MMR 2002, 142, 143; Gabr;el/Barth, VuR 2006,<br />

301; HeckerIRultig, GRUR 2005, 393, 397; Kleinschrnidt, MMR 2004, 654,<br />

656; O<strong>den</strong>thal, GewArch 2002, 315, 316; Schulz, CR 2006, 164, 166. A.A.:<br />

AlbeNMuller, MMR aktuell, 12/2004, V, V f; Ernst, MMR 2005, 735, 739.<br />

3 Vgl. etwa RGSt, 40, 21, 32 f, OVG LSA, GewArch 2002, 199, Koch, Gewinn-<br />

spiele im Steuerrecht. Harnburg 2006, S. 18 f; Bruhn, in: Harte-Bavendamrn,<br />

Henning-Bodewig, Gesetz gegen <strong>den</strong> unlauteren Wettbewerb (UWG) - Kom-<br />

1 Vgl. etwa die aktuellen Angebote unter www.winyourhome.de, www.hausquiz. rnentar, 2. Auflage, München 2009, 5 4 UWG, Vor Nr. 5, Rn. 4 ff; Bolay,<br />

net oder ww.quizon1ine-net,de. Mehrwertgebührenpflichtge Gewinnspiele, Karsruhe 2008, S. 10 f.<br />

88 ZfWG AUSGABE 02.1 0


Von Dr. Stefan Bolay, München<br />

keitsabhängige Spiele sein können. Hätte der Gesetzgeber nur<br />

Zufallsspiele (,,Glücksspiele") regeln wollen, hätte er sich wohl<br />

dieser Terminologie bedient.<br />

bb) Konsequenzen für Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong><br />

Will sich der Anbieter eines Online-Geschicklichkeitsspiels<br />

auf die (Ausnahme-)Regelung des 4 8a <strong>RStV</strong> beru-<br />

fen, wonach entgeltliche ,,Gewinnspieleu (in Form von<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n) unabhängig von spielrechtlichen<br />

Normen und deren Genehmigungsvoraussetzungen (insbeson-<br />

dere nach dem GlüStV und der GewO) zulässig sind, so geht<br />

dies nur, solange maximal ein Entgelt von EUR 0,50 verlangt<br />

wird. Aus einem aktuellen Urteil des VmaltungsgwichtshofS<br />

München kann man lesen, dass ein Spiel auch dann nach<br />

5 8a <strong>RStV</strong> zulässig ist und bleibt, wenn <strong>den</strong> Teilnehmern die<br />

Möglichkeit geboten wird, mehrfach für EUR 0,50 mitzuspie-<br />

1en4 .<br />

Aus 5 8a <strong>RStV</strong> folgt jedoch nicht etwa im Urnkehrschluss,<br />

dass Gewinnspiele (und damit auch <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>),<br />

bei <strong>den</strong>en ein höheres Entgelt als EUR 0,50 pro Spiel verlangt<br />

wird, im Rundfunk und in Telemedien generell verboten seien.<br />

Die Norm des 5 8a <strong>RStV</strong> kann konstitutiv nur feststellen, dass<br />

Gewinnspiele für bis zu 0,50 EUR pro Spiel im Rundfunk und<br />

in Telemedien je<strong>den</strong>falls unabhängig von anderen (spielrecht-<br />

lichen) Regelungen (insbesondere nach dem GlüStV und der<br />

GewO) grundsätzlich erlaubt sind5.<br />

Will ein Online-Geschicklichkeitsanbieter also höhere Beträge<br />

verlangen, so stellt sich die Frage, ob für die Veranstaltung von<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n überhaupt eine Genehmigung erfor-<br />

derlich ist (insb. nach der GewO) oder solche Spiele generell<br />

genehmigungsfrei angeboten wer<strong>den</strong> können (hierzu sogleich<br />

unter 11.).<br />

b) Beg@ dw , Telemedien "<br />

Der Rundfunkstaatsvertrag und die Regelung zu ,, Gewinnspielen"<br />

in § 8a <strong>RStV</strong> findet allein Anwendung auf die Veranstaltung von<br />

Rundfunk - und über 5 58 Abs. 3 <strong>RStV</strong> auf das Angebot in<br />

,,Telemedienl'.<br />

Unter <strong>den</strong> Begriff der „Telemedien" fallen nach der<br />

Legaldefinition in 5 1 Abs. 1 S. 1 Telemediengesetz (TMG)<br />

„alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste,<br />

soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach 5<br />

3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der<br />

Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze<br />

bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach 5 3<br />

Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach 5<br />

4 VGH München, Urteil vom 28.10.2009, Az.: 7 N 09.1377, Rz. 88 ff. „Dem<br />

Staatsvertrag, der auch private ~undfunk~ewinns~iele erlaubnsfrel zulässt (5 8<br />

a Abs. 1 Satz 1 <strong>RStV</strong>), [kann] nicht die Absicht entnommen wer<strong>den</strong>, potentielle<br />

Nytzer selbst nach Erreichen der Voluährigkeit von einer (wiederholten) Teilnah-<br />

me generell abzuhalten."<br />

5 So auch VGH München, Urteil vom 28.10.2009, Az.: 7 N 09.1377, Rz. 31:<br />

„Die in 5 8 a Abs. 1 Sätze 2 bis 6, Abc. 2 <strong>RStV</strong> niedergelegten Anforderun-<br />

gen an eine ,ordnungsgemäße Durchführung' von Gewinnspleisendungen<br />

und Gewinnspielen sind aus grundrechtssysternatischer Sicht (...) nicht als<br />

Eingriffsgesetze (...) anzusehen. Sie normieren keine rechtlich eigenständigen,<br />

programmunabhängigen Verhaltenspflichten der Veranstalter''<br />

2 des Rundfunkstaatsvertrages sind"<br />

Nach der Gesetzesbegründung zum TMG sind Online-Dienste<br />

und Online-Angebote von Waren oder Dienstleistungen regel-<br />

mäßig als Telemediendienste zu verstehen6 .<br />

Allerdings schränkt 5 58 Abs. 3 <strong>RStV</strong> weiter ein und nimmt<br />

Bezug auf ,,vergleichbare1' Telemedien, die erläutert wer<strong>den</strong> als<br />

„Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind".<br />

Telemedien kann man in zwei Gruppen einteilen: einerseits sog.<br />

,,Mediendienste", die an die Allgemeinheit gerichtet sind und<br />

andererseits ,,Telediensteu, die der individuellen Kommunikation<br />

dienen. 5 58 Abs. 3 <strong>RStV</strong> will lediglich Mediendienste erfassen,<br />

die an die Allgemeinheit gerichtet sind, nicht aber sämtliche<br />

Telemedien.<br />

Unter ,,Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind"<br />

können beispielsweise Online-Portale wie elektronische Presse<br />

oder andere an die Allgemeinheit gerichtete Informations-<br />

und Unterhaltungsangebote subsumiert wer<strong>den</strong>7. Auch müs-<br />

sen Telemedien im Sinne des <strong>RStV</strong> wohl ein Mindestmaß an<br />

redaktionellen Inhalten bieten, da ansonsten die Abgrenzungs-<br />

Regelungen zu ,,Werbung, Sponsoring und Gewinnspielen"<br />

im Zusammenhang mit Telemedien gemäß 5 58 <strong>RStV</strong> ins<br />

Leere liefen. Schließlich benötigte man sonst wohl keine<br />

eindeutige Trennung zwischen Werbung und dem in 5 58<br />

Abs. 1 <strong>RStV</strong> erwähnten ,,übrigen Inhalt der Angebote".<br />

Allerdings ist der konkrete Anwendungsbereich des 5 58<br />

Abs. 3 <strong>RStV</strong> bis heute in Rechtsprechung und Literatur unge-<br />

klärt.<br />

2. Ergebnis<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>, die auf <strong>Internet</strong>plattformen angebo-<br />

ten wer<strong>den</strong>, stellen ,,Gewinnspiele in Telemedien" gemäß<br />

<strong>den</strong> §§ 8a, 58 Abs. 3 <strong>RStV</strong> dar, je<strong>den</strong>falls dann, wenn auf<br />

<strong>den</strong> <strong>Internet</strong>portalen auch ein Mindestmaß an redaktionellen<br />

Inhalten geboten wird. Demnach könnten solche Spiele zulas-<br />

sungsfrei veranstaltet wer<strong>den</strong>, wenn der Einzeleinsatz gemäß<br />

8 8a Abs. 1 S. 6 <strong>RStV</strong> auf maximal EUR 0,50 beschränkt ist.<br />

Will ein Online-Geschicklichkeitsanbieter dagegen höhere<br />

Beträge verlangen, so muss er entweder eine Genehmigung<br />

nach anderen Normen besitzen (insb. nach der GewO) oder<br />

man muss zu dem Ergebnis kommen, dass das Angebot<br />

von Geschic~chkeitsspielen im Gegensatz zum Angebot von<br />

Glücksspielen ohnehin und generell keiner Genehmigung<br />

bedarf und zwar unabhängig davon, ob es nun im Rundfunk, in<br />

Telemedien oder an einem sonstigen Ort veranstaltet wird. Dies<br />

soll im Folgen<strong>den</strong> geklärt wer<strong>den</strong>.<br />

8 BT-Drucks. 16/3078, S. 13.<br />

7 So Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze 1999, 5 2 MDStV Rn.<br />

6 zur Definition des Medlendlenstes (iSd damaligen MDStV) als Dienst, der an<br />

die Allgemeinheit gerichtet ist.<br />

AUSGABE 02.10 ZfWG 89


11. Sind <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> irn <strong>Internet</strong><br />

als genehmigungspflichtige ,,andere Spiele mit<br />

Gewinnmöglichkeit" irn Sinne des 8 33d GewO<br />

einzuordnen?<br />

1. Grundsätzliche Anwendbarkeit der Gewerbeordnung?<br />

Die Gewerbeordnung findet grundsätzlich auf jedes „gewerbsmä-<br />

ßige" Handeln Anwendung. Gewerbsmäßig ist jede erlaubte, auf<br />

Gewinnerzielung gerichtete und auf gewisse Dauer angelegte,<br />

selbständige Tätigkeit, ausgenommen der Urproduktion, der frei-<br />

en Berufe und der bloßen Verwaltung eigenen Vermögens8. Die<br />

Formel dient der Bestimmung des wirtschaftlichen Bereichs, der<br />

einer Aufsicht der Behör<strong>den</strong>bedarf. Die betreffende Tätigkeit muss<br />

nach ihrem gesamten Erscheinungsbild als gewerberechtlich rege-<br />

lungsbedürftig angesehen wer<strong>den</strong> (sog. ,,Gesamtbildthe~rie")~.<br />

Nach der Gesamtbildtheorie sollen wirtschaftlich belanglose<br />

Betätigungen im Meinen Rahmen von <strong>den</strong> gewerberechtlichen<br />

Regelungen ausgenommen sein1 O.<br />

Die Veranstaltung von <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n mit Einsatz und<br />

Gewinn im <strong>Internet</strong> stellt grundsätzlich eine gewerbsmäßige<br />

Tätigkeit im Sinne der obigen Definition dar.<br />

2. Konkrete Anwendbarkeit des 8 33d GewO und der<br />

Spielverordnung (SpielV)?<br />

U) J 33d GewO und J 4 SpielV machen Vorgaben allein zur ortsgebun<strong>den</strong>en<br />

„stationären '' Veranstaltung von geschicklichkeitsabhängigen<br />

Spielen<br />

Nach der Gewerbeordnung sind ,,andere Spiele" (5 33d<br />

GewO) genehmigungspflichtig und genehmigungsfähig.<br />

Darunter fallen nach der herrschen<strong>den</strong> Meinung insbeson-<br />

dere GeschicMichkeitsspielel I. Die Genehmigung für solche<br />

GeschicMichkeitsspiele wird vom Gewerbeaufsichtsamt<br />

nur erteilt, wenn gemäß 5 33d Abs. 2 GewO eine<br />

Unbe<strong>den</strong>klichkeitsbescheinigung vorliegt, die zuvor vom<br />

Bundesknminalamt eingeholt wer<strong>den</strong> muss. Voraussetzung ist<br />

dafür insbesondere die Einhaltung bestimmter Pro-Stun<strong>den</strong>-<br />

Höchstverlustgrenzen.<br />

Die Gewerbeordnung geht grundsätzlich von einer sta-<br />

tionären, ortsgebun<strong>den</strong>en Spielveranstaltung aus. So<br />

wer<strong>den</strong> ,,andere Spiele" gemäß 5 33d Abs. 1 GewO auf<br />

einem ,,Betriebsgrundstück veranstaltet und nach 5 4 der<br />

Spielverordnung, die die Bestimmungen der Gewerbeordnung<br />

ausführt, darf die Erlaubnis für ein anderes Spiel im Sinne<br />

von 5 33d GewO nur erteilt wer<strong>den</strong>, wenn das Spiel „in<br />

Spieihallen oder ähnlichen Unternehmen" veranstaltet wird12.<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> im <strong>Internet</strong>, bei <strong>den</strong>en keine stationäre<br />

Veranstaltung vorliegt, sondern eine „virtuelle", bei der die<br />

Teilnahme grundsätzlich von jedem Ort aus möglich ist, wer<strong>den</strong><br />

dagegen nicht erwähnt.<br />

8 BVerwG, GewArch 1976, 293; BVerwG, GewArch 1993, 196.<br />

9 BVerwG, GewArch 1976,293; Kahl, in: LandrnannIRohmer, Gewerbeordnung,<br />

Stand: 55. EL, 2009, Einl. GewO, Rn. 52.<br />

10 Sprenger-Richter, in: Robinski, Gewerberecht, 2. Auflage 2002, S. 20.<br />

11 Marcks, In: LandrnannIRohrner, Gewerbeordnung, Stand: 55. EL, 2009, 5 33<br />

d, Rn. 3.<br />

12 Gleiches gilt für klass~sche Geldspielautornaten, die als ,,Spielgerate mit<br />

Gewinnmöglichkeit" nach 5 33c Abs. 1 GewO ,,aufgestellt" wer<strong>den</strong>, wobei der<br />

„Aufstellungsort" nach Abs. 3 geeignet sein muss.<br />

90 ZfWG AUSGABE 02.1 0<br />

Von Dr. Stefan Bolay, München<br />

Entschei<strong>den</strong>de Frage ist also, ob die Gewerbeordnung auch auf<br />

andere, „nicht stationäre" gewerbsmäßige Spielveranstaltungen<br />

Anwendung findet, d.h. auch solche Spielangebote eine<br />

Genehmigung nach der Gewerbeordnung benötigen und erhal-<br />

ten können.<br />

b) (Entsprechende) Anwendung des J 33d GewO auf Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> mit der Folge der Genehmigungspflichtigkeit<br />

und Genehmigungsfah&keit?<br />

aa) Der Meinungsstand<br />

(1) VG Bulin: Ein Geschicklichkeitsspiel im Intunet bedarf einev<br />

Erlaubnis nach J 33d GewO, die jedoch nicht uteilt wu<strong>den</strong> kann<br />

Nach Auffassung des V~altungsgevichts Bulin liegt die gewerbsmäfiige<br />

Veranstaltung eines „Spiels mit Gewinnmöglichkeit" im<br />

Sinne der Gewerbeordnung vor, wenn als Preis für die zeitlich<br />

schnellste Lösung von Rechenaufgaben im <strong>Internet</strong> gegen eine<br />

Teilnahmegebühr von EUR 9,99 ein Pachtvertrag über ein<br />

Cafkhaus sowie die Übereignung des gesamten Inventars im<br />

Gesamtwert von Ca. EUR 200.000,OO ausgelobt wirdJ3.<br />

Eine grundsätzlich erforderliche Erlaubnis für ein solches<br />

gewerbsmäfiiges Gewinnspiel mit einem Warengewinn<br />

dürfe aber nur erteilt wer<strong>den</strong>, wenn das Spiel gemäß 5 5<br />

der SpielV „auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen<br />

Veranstaltungen, auf Jahrmärkten, Spezialmärkten oder in<br />

Schank- und Speisewirtschaften oder Beherbergungsbetrieben"<br />

veranstaltet werde. Da das Spiel des Veranstalters ,,nicht in seinem<br />

Betrieb, sondern im <strong>Internet</strong> ausgespielt wird, sei es nicht<br />

genehmigungsfähigl 4.<br />

(2) VG Wiesba<strong>den</strong>: Für Spielangebote im Intmet wird keine Erlaubnis<br />

nach J 33d G m0 &eilt<br />

Das Verwaltungsgericht Wiesba<strong>den</strong> hat in einem Urteil<br />

vom 20.03.2007 die Klage auf Erteilung einer<br />

Unbe<strong>den</strong>klichkeitsbescheinigung auf Grundlage von<br />

5 33d GewO für ein Online-Gewinnspiel abgewiesen. Der<br />

„Veranstaltungsort <strong>Internet</strong>" sei „kein erlaubter" gemäß 5 4<br />

SpielV. Die Spielverordnung sei „auf dem aktuellen Stand" und<br />

habe „gerade auch in Ansehung der Möglichkeiten, die das<br />

<strong>Internet</strong> bietet - die Spielorte für andere Spiele nach 5 33d GewO<br />

auf Spieihallen und ähnliche Unternehmen beschränkt, um die<br />

Kontrollierbarkeit zu gewährleisten. Diese Voraussetzungen gel-<br />

ten auch für die Erteilung einer Unbe<strong>den</strong>klichkeitsbescheinigung<br />

(. . .) für andere Spiele i.S.d. 5 33d GewO. Namentlich aus<br />

Grün<strong>den</strong> des Jugendschutzes sollen auch virtuelle Spielangebote<br />

nicht von der Anwendung der GewO und der SpielV ausge-<br />

schlossen wer<strong>den</strong>'" 5.<br />

Eine Genehmigung für das Angebot eines Online-<br />

Geschicklichkeitsspiels wäre nach diesem Urteil grundsätzlich<br />

nach 5 33d GewO erforderlich, könnte aber niemals erteilt<br />

wer<strong>den</strong>, da die Spielveranstaltung nicht in Spielhallen oder ähn-<br />

13 VG Berlin, ZfWG 2009, 380, 381.<br />

14 VG Berlin, ZfWG 2009, 380, 381<br />

15 VG Wiesba<strong>den</strong>, GewArch 2007, 490


Von Dr. Stefan Bolay, München<br />

lichen Unternehmungen stattfindet16.<br />

(3) Exkurs: OVG Magdeburg: Online-Gewinnspiele, die sich an zufallsabhängip<br />

Gelakpielgwäten i.S.v § 33c Gm0 ovientiwen, whalten<br />

keine gwbwechtliche Erlaubnis<br />

Das Obmaltungsgwicht Magdeburg bestätigte eine polizei-behördliche<br />

Untersagungsverfügung gegen ein virtuelles Spielangebot<br />

im <strong>Internet</strong>, das sich in Gestaltung und Ablauf an Spielgeräten<br />

im Sinne von 5 33c GewO orientierte, also als stationäres<br />

Spielangebot zulassungsfähig gewesen wäre1 '.<br />

Eine Genehmigung in entsprechender Anwendung der<br />

$5 33c ff. GewO sei nicht möglich, da der Gesetzgeber <strong>den</strong><br />

Anwendungsbereich offensichtlich nur für stationäre Spiele<br />

habe eröffnen wolien. Dies ergebe sich aus <strong>den</strong> gesetzlichen<br />

Regelungen und der Tatsache, dass der Verordnungsgeber trotz<br />

Kenntnis von Gewinnspielen im <strong>Internet</strong> von einer Regelung<br />

für virtuelle Geldspielgeräte in der Spielverordnung abgesehen<br />

habe18.<br />

(4) Postel: Genehmigungspjlichtigkeit, aber keine Genehmigungs-<br />

fähigkeit nach § 33c odw § 33d GewOJUr Online-Spiele<br />

Postel argumentiert wie das Obewmaltungsgwicht Magdeburg<br />

und kommt so zu einer Bejahung der Genehmigungspflichtig-<br />

keit nach 5 33c oder 5 33d GewO für Online-Zufallsspiele und<br />

Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> bei gleichzeitiger Verneinung<br />

jeglicher Genehmigungsfähgkeit: Der Gesetzgeber habe trotz<br />

Kenntnis des <strong>Internet</strong>s keine Modifikation der GewO bzw.<br />

SpielV vorgenommen, woraus zu schließen sei, dass keine<br />

Erlaubnis für <strong>Internet</strong>-Gewinnspiele erteilt wer<strong>den</strong> sollelg.<br />

(5) Brehm/Pauly: Anwendbarkeit des § 33d Gm0 auf <strong>Internet</strong>-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> zweifelhaj7<br />

Nach Brehm/Pauly besteht auf Bund-Länder-Ebene im<br />

Zusammenhang mit der Vollziehung der Gewerbeordnung<br />

Unklarheit, inwieweit die Gewerbeordnung und insbesondere<br />

der 5 33d GewO auf Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> überhaupt<br />

Anwendung fm<strong>den</strong> kann, da die gewerberechtlichen Vorschriften<br />

erkennbar nicht auf solche Spiele „zugeschnitten" seien. Fraglich<br />

seiausBehör<strong>den</strong>sichtdaher, obfürhternet-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong><br />

überhaupt eine Unbe<strong>den</strong>klichkeitsbescheinigung erforderlich<br />

seiz0.<br />

(6) Stadt Hamburg<br />

Die Stadt Hamburg erachtet die Veranstaltung eines<br />

„Quizspiels" im <strong>Internet</strong>, bei dem die Teilnehmer an einem<br />

Geschicklichkeitsspiel mit einem Einsatz von EUR 25,OO ein<br />

16 Zu beachten ist jedoch, dass das VG Wiesba<strong>den</strong> primär darauf abstellte, dass<br />

das Spielangebot in Form einer Sportwette nach Auffassung des Gerichts als<br />

Glücksspiei einzuordnen sei und deshalb ohnehin nicht nach der GewO hätte<br />

genehmigt wer<strong>den</strong> können.<br />

17 OVG Magdeburg, Beschluss vom 29.09.2005, M.: 1 M 297/04, GewArch<br />

2006, 163.<br />

18 OVG Magdeburg, GewArch 2006, 163 f.: Zu beachten ist hier jedoch, dass<br />

das OVG Magdeburg primär darauf abstellte, dass das Spielangebot ent-<br />

geltlich und zufallsabhängig sei und damit nach Auffassung des Gerichts alle<br />

Merkmale eines Glücksspiels auf sich vereinte, welches nach der GewO ohne-<br />

hin nicht hätte genehmigt wer<strong>den</strong> können, sondern vielmehr generell verboten<br />

sei.<br />

19 Poste/, ZfWG 2009, 246, 250.<br />

20 Brehm/Pau/y, GewArch 2003, 57 ff., Ziffer 4 („Vollzug der 55 33c ff. GewO auf<br />

Onlinespiele").<br />

bb) Stellungnahme und eigene Einordnung<br />

Im Folgen<strong>den</strong> wird unter (1) und (2) dargestellt, dass die vom<br />

Verwaltungsgericht Darmstadt und Verwaltungsgericht Berlin<br />

vorgenommene Bejahung der Genehmigungspflichtigkeit von<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n im <strong>Internet</strong> nach der GewO unter<br />

gleichzeitiger Verneinung jeglicher Genehmigungsfahigkeit unter<br />

Verweis auf die in der SpielV manifestierte Ortsgebun<strong>den</strong>heit der<br />

Spielveranstaltung und unter Ablehnung einer entsprechen-<br />

<strong>den</strong> Anwendung der gesetzlichen Regelungen auf virtuelle<br />

Spiele (verfassungs-) rechtlich nicht haltbar ist. Im Anschluss<br />

wird unter (3) eine rechtlich saubere Lösung aufgezeigt, die<br />

sowohl die Sicherheits- und Schutzinteressen des Staates<br />

berücksichtigt, als auch die wirtschaftlichen Interessen der<br />

Geschickiichkeitsspielveranstalter.<br />

(1) Rechtstaatsprinz@, Gewerbejeiheit und Bestimmtheitsgebot:<br />

33d GewO ist keine bzw. keine ,,bestimmteo Vwbotsnorm fir Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong><br />

Aus dem Umstand, dass 5 33d GewO offensicht-<br />

lich nur die Genehmigungspflichtigkeit stationä-<br />

rer Geschicklichkeitsspielangebote regelt, kann man<br />

nicht einfach schließen, dass damit „nicht stationäre"<br />

Geschicklichkeitsspielangebote per se unzulässig sind.<br />

Diese Betrachtungsweise folgt unmittelbar aus dem in der<br />

Gewerbeordnung verankerten Grundsatz der Gewerbefreiheit<br />

nach 1 Abs. 1 GewO. Danach ist „der Betrieb eines Gewerbes<br />

(. . .) jedermann gestattet, soweit nicht <strong>durch</strong> dieses Gesetz<br />

Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zuge-<br />

lassen sind". Ferner folgt diese Betrachtungsweise aus der im<br />

Rechtsstaatsprinzip verankerten Lehre vom Gesetzesvorbehalt,<br />

nach der die Exekutive für jedes nach außen gerichtete Vorgehen<br />

einer gesetzlichen Ermächtigung bedarP2. Danach kann ein<br />

Tun, das nicht ausdrücklich gesetzlich verboten ist, regelmäßig<br />

auch nicht verboten wer<strong>den</strong>, sondern ist vielmehr erlaubt. Der<br />

umgekehrte Fall, wonach alles verboten ist, was nicht explizit<br />

erlaubt ist, entspricht dagegen nicht dem Verständnis eines<br />

demokratischen Rechtsstaats.<br />

Da 5 33d GewO keine ,,Ausnahmen oder Beschränkungen"<br />

im Sinne von 5 1 Abs. 1 GewO für Online-Geschicklichkeits-<br />

spiele vorsieht, sondern diese schlichtweg nicht regelt und<br />

Geschickiichkeitsspiele (im Gegensatz zu Glücksspielen) weder<br />

einem staatlichen Monopol unterliegen, noch einem generellen<br />

Verbot, können sie mithin nicht einfach unter Verweis auf eine<br />

„Genehmigungsunfahigkeit nach 5 33d GewO" behördlich<br />

untersagt wer<strong>den</strong>.<br />

Als generelle Verbotsnorm für Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong><br />

würde 5 33d GewO irn Übrigen am Bestimmtheitsgebot<br />

21 Vgl. h.itp://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article1238334/Haus-<br />

zu-gewinnen-Behoerde-erlaubt-Qulz-im-internethtml hinsichtlich des Ange-<br />

bots unter w.hausquiz.net,<br />

22 Vgl. hierzu etwa Grzeszick, in: MaundDürig, Grundgesetz, 56. Ergänzungslie-<br />

ferung 2009; Art. 20 GG Rn. 26 und Maunz, in: MaundDurig, Grundgesetz,<br />

56. Ergänzungslieferung 2009, Art. 60 GG Rn. 4.<br />

AUSGABE 02.1 0 ZfWG 91


I scheitern.<br />

Dieses verlangt eine klare gesetzliche Regelung<br />

für strafbewehrte Sanktionen. Ein Verstoß gegen <strong>den</strong><br />

5 33d GewO sieht in 5 144 Abs. 1 Nr. 1 d, Abs. 2 Nr. 3 und<br />

Abs. 4 GewO solche Sanktionen vor. Für <strong>den</strong> Adressaten<br />

der vermeintlichen Verbotsnorm und der Sanktionen ist<br />

aber nicht erkennbar, dass 5 33d GewO, der von ,,ande-<br />

ren Spielen" auf ,,Betriebsgrundstücken" spricht, ein Verbot<br />

von „<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n" im „<strong>Internet</strong>" enthalten<br />

soll. Mithin wäre 5 33d GewO als Verbotsnorm für Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> - soweit vom Gesetzgeber überhaupt als<br />

solche intendiert - zu unbestimmtz3.<br />

(2) Grundrechtsschutz würde generelle Verbotsnorm fir Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> im Übvigen vwbieten<br />

Bei einem generellen Verbot von „virtuellen" Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n bei gleichzeitiger Zulassung von „sta-<br />

tionären" Offline-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n würde wesentlich<br />

Gleiches ohne verfassungsrechtliche Rechtfertigung ungleich<br />

behandelt.<br />

Ein TotaIverbot für Online-Spielangebote lässt sich nämlich<br />

nicht allein <strong>durch</strong> <strong>den</strong> Verweis auf <strong>den</strong> Jugendschutz rechtferti-<br />

gen, da es mildere Mittel gibt, um Minderjährige effektiv an der<br />

Teilnahme an entgeltlichen <strong>Internet</strong>-Geschick!ichkeitsspielen zu<br />

hindern, beispielsweise Altersvenfikationsverfahren.<br />

Und auch die Vermeidung unangemessen hoher Verluste der<br />

Spieler, wesentlicher Schutzzweck der $5 33 C ff. GewO und<br />

gemäi3 5 33 e Abs. 1 S. 1 GewO Voraussetzung für die Erteilung<br />

einer Unbe<strong>den</strong>klichkeitsbescheinigung, kann im <strong>Internet</strong> <strong>durch</strong><br />

die Begrenzung der Teilnahmeentgelte pro Zeiteinheit oder <strong>durch</strong><br />

die Beschränkung der Verfügbarkeit des Online-Spielangebots<br />

auf eine bestimmte Anzahl von Stun<strong>den</strong> pro Tag genauso wirk-<br />

sam gewährleistet wer<strong>den</strong> wie in einer Spielhalle.<br />

Mithin würde ein generelles Verbot von Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n eine Verletzung des Gleichheitssatzes<br />

bedeuten und wäre aus <strong>den</strong> genannten Grün<strong>den</strong> auch nicht<br />

mit <strong>den</strong> Artikeln 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 des Grundsgesetzes<br />

vereinbarz4.<br />

(3) Vwfassungskonfowne Auslegung des 33d Gm0 und entspre-<br />

chende Anwendung dw Genehm&ungspflicht&keit, aber auch dw<br />

Genehm~ungsfdhigkeit<br />

Fraglich sind die Konsequenzen aus <strong>den</strong> unter (1) und (2) gefunde-<br />

nenErgebnissen: Eine generelle Genehmigungsfreiheit für Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> mangels gesetzlicher Regelung oder eine<br />

entsprechende Anwendung der Genehmigungspflichtigkeit, aber<br />

auch der Genehmigungsfahigkeit nach 5 33d GewO?<br />

Gegen eine generelle Genehmigungsfreiheit und<br />

Gestaltungsfreiheit von Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n könn-<br />

te man mit einem Erst-Recht-Schluss argumentieren: Wenn<br />

das gewerbliche Geschicklichkeitsspiel in der Spielhalle<br />

oder Gaststätte einer behördlichen Genehmigung inklusive<br />

23 Vgl. Hambach, NJW-aktuell 2009, Heft 32, S. Vii unter Verweis auf Spindier,<br />

„Kurzgutachten vom 6.10.2007 zur Frage der Anwendbarkeit der 55 33c, 33d<br />

GewO auf straffreie Online-Geschickiichkeitsspiele [...Ir'.<br />

24 So auch Liesching, MMR 2009, 795, 796.<br />

92 ZfWG AUSGABE 02.1 0<br />

Von Dr. Stefan Bolay, München<br />

Unbe<strong>den</strong>klichkeitsbescheinigung bedarf, so ist schwer nachvoll-<br />

ziehbar, dass dies nicht auch für nicht ortsgebun<strong>den</strong>e („virtuel-<br />

le") Spielveranstaltungen über das <strong>Internet</strong> gelten soll, bei <strong>den</strong>en<br />

auf einfacherem („Vertriebs1'-)Weg ein viel breiteres Publikum<br />

erreicht wer<strong>den</strong> kann. Schließlich greift der Zweck der $5<br />

33c ff. GewO (,,Eindämmung der übermäßigen gewerblichen<br />

Ausnutzung des menschlichen Spieltriebes" und ,,Vermeidung<br />

unangemessen hoher Verluste der Spieler"25) auch im <strong>Internet</strong>-<br />

Spiel.<br />

Insofern stellt sich die Frage einer entsprechen<strong>den</strong> (analogen)<br />

Anwendung der Rechtsnorm des 5 33d GewO auf einen<br />

nicht geregelten Fall. Ein solcher Analogieschluss hat zwei<br />

Voraussetzungen: Erstens eine „planwidrige Regelungslücke", als<br />

einen vom Gesetzgeber unbewusst nicht geregelten Sachverhalt.<br />

Und zweitens eine „vergleichbare Interessenlage" wie beim<br />

normierten Fall.<br />

Von einer „planwidrigen Regelungslücke" und einer „ver-<br />

gleichbaren Interessenlage" kann man ausgehen, da einerseits<br />

die Veranstaltung von <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n nicht <strong>durch</strong><br />

Verbotsnorm genereliuntersagt ist (wie etwa die Veranstaltungvon<br />

Glücksspielen), andererseits der Gesetzgeber die Veranstaltung<br />

von <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n aber auch nicht generell genehmi-<br />

gungsfrei stellen wollte, wie sich aus 5 33d GewO ergibt. Da 5<br />

33d GewO jedoch nur die Genehmigungspflichtigkeit und die<br />

Genehmigungsvoraussetzungen für die Veranstaltung von stationären<br />

„Offline1' - <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n statuiert, ist die Norm<br />

entsprechend auf virtuelle „Online" - GeschicMichkeitsspiele<br />

anzuwen<strong>den</strong>.<br />

Diese analoge Anwendung gilt dann jedoch selbstverständlich<br />

nicht nur bezüglich der Genehmigungspflichtigkeit, sondern<br />

auch bezüglich der Genehmigungsfähigkeit. Denn der Verweis<br />

der oben zitierten Rechtsprechung, der Gesetzgeber kenne<br />

das <strong>Internet</strong> und habe nicht gehandelt, kann - wie unter (1)<br />

dargelegt - nicht zu einer Genehmigungspflichtigkeit ohne<br />

Genehmigungsfahgkeit führen, da es schon an einem ausdrück-<br />

lichen gesetzlichen Verbot von <strong>Internet</strong>-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n<br />

fehlt.<br />

Hiernach wäre eine Genehmigung in analoger Anwendung der<br />

Gewerbeordnung erforderlich, müsste dann aber auch erteilt<br />

wer<strong>den</strong>, insbesondere wenn die entschei<strong>den</strong>de Vorgabe für die<br />

Genehmigung, nämlich die „Vermeidung unangemessen hoher<br />

Verluste der Spieler in kurzer Zeit" im Sinne von 5 33e Abs. 1<br />

S. 1 GewO <strong>durch</strong> das <strong>Internet</strong>-GeschicMichkeitsspielangebot<br />

erfüllt würde.<br />

Dieses Kriterium wird beurteilt nach der Art des Spielverlaufs,<br />

<strong>den</strong> Spielregeln und dem Gewinnplan. Konkretisiert wer<strong>den</strong> die<br />

unbestimmten Rechtsbegae <strong>durch</strong> die Rechtsprechung. Das<br />

Bundesvenualtungsgm'cht hat im Jahr 2001 eine Verlustgefahr von<br />

100,OO DM pro Stunde als nicht in einem gänzlich unbe<strong>den</strong>k-<br />

lichen Bereich, aber gegenwärtig nicht unangemessen hoch,<br />

25 Vgi. Jettinger, in: Tettingermank, Gewerbeordnung, 7. Auflage 2004, Vor<br />

55 33c ff., Rn. 9; Marcks, in: Rob~nski, Gewerberecht, 2. Auflage 2002,<br />

S. 49.


Von Dr. Stefan Bolay, München<br />

eingeordnetz6. Mit diesem Urteil wurde auch die unterschied-<br />

liche Bewertung der Unangemessenheit der Verlustgefahren bei<br />

Spielgeräten (nach 5 33c GewO) einerseits und anderen Spielen<br />

(nach 5 33d GewO, insbesondere <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n)<br />

andererseits ausdrücklich aufgehoben. Da derzeit nach 5 13<br />

Abs. 1 Nr. 3 SpielV die Summe der Verluste (Einsätze abzüghch<br />

Gewinne) bei Spielgeräten (nach 5 33c GewO) im Verlauf einer<br />

Stunde maximal EUR 80,00 betragen darf, wird dieser Betrag<br />

aktuell auch für <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> (nach 5 33d GewO)<br />

maßgeblich sein.<br />

3. Ergebnis<br />

Die Frage, ob <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>, die im <strong>Internet</strong> angeboten<br />

wer<strong>den</strong>, unter die Gewerbeordnung fallen und einer entspre-<br />

chen<strong>den</strong> Erlaubnis bedürfen, ist rechtlich nicht abschließend<br />

geklärt.<br />

Nicht zu folgen ist je<strong>den</strong>falls <strong>den</strong> zwei dargestellten erstin-stanz-<br />

lichen Gerichtsentscheidungen, wonach geschicklichkeitsabhän-<br />

gige Spielangebote (im <strong>Internet</strong>) nach 5 33d GewO genehmi-<br />

gungspflichtig, aber mangels stationärer Spielveranstaltung nicht<br />

genehmigungsfähg sein sollen.<br />

Stattdessen ist entweder von einer genehmigungsfreien<br />

Spielveranstaltung auszugehen oder 8 33d GewO entsprechend<br />

auf virtuelle <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> anzuwen<strong>den</strong>, wobei man<br />

dann konsequenterweise auch zu einem Anspruch auf Erteilung<br />

einer Genehmigung (inklusive Unbe<strong>den</strong>klichkeitsbescheinigung)<br />

kommen muss, wenn die anderen Voraussetzungen der $5 33d ff.<br />

GewO -jenseits der ortsgebun<strong>den</strong>en Spielveranstaltung - erfüllt<br />

sind.<br />

III. Der praktische Weg aus der nationalen<br />

Unkiarheit: Das Online-Geschicklichkeitsspiel wird<br />

aus dem EU-Ausland gegenüber dem deutschen<br />

Publikum angeboten<br />

Mithilfe des Rechts der Europäischen Gemeinschaft bietet<br />

sich für Veranstalter von Online-GeschicMichkeitsspielen auch<br />

die Möghchkeit, sich das Online-Geschicklichkeitsspiel <strong>durch</strong><br />

einen anderen EU-Staat genehmigen zu lassen, in welchem<br />

klare und eindeutige Regelungen für die Zulassung solcher<br />

Angebote existieren. Voraussetzung wäre jedoch die Verlegung<br />

des Sitzes in diesen EU-Staat, um dann von dort aus <strong>den</strong><br />

deutschen Markt zu bedienen. Dabei kann sich der Anbieter<br />

von <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n (nicht aber der Anbieter von<br />

Glücksspielen) dem Vorteil des auf EU-Recht basieren<strong>den</strong> sog.<br />

,,HerkunftslandprinzipsU bedienen.<br />

Nach dem Herkunftslandprinzip gemäß § 3 TMG wird näm-<br />

lich der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die in<br />

der Bundesrepublik Deutschland geschäftsmäßig angeboten<br />

oder erbracht wer<strong>den</strong>, nicht eingeschränkt, auch wenn die<br />

Anbieter der Dienste in einem anderen Staat innerhalb des<br />

Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG niedergelassen<br />

sind (vgl. § 3 Abs. 2 TMG).<br />

Ein im (aus deutscher Sicht) EU-Ausland niedergelassener<br />

26 BVerwG, GewArch 2002, 76/77 („Good Luck ll [neu]")<br />

Anbieter eines Online-Geschicklichkeitsspiels unterliegt damit<br />

grundsätzlich nur dem Recht des Landes seiner Niederlassung.<br />

Selbst wenn er sich mit seinem Angebot an <strong>den</strong> deutschen Markt<br />

richtet, gilt für ihn regelmäßig nicht das deutsche Recht.<br />

Sog. „BereichsausnahmenU regelt aber § 3 Abs. 4 TMG.<br />

Danach wird in Nr. 4 des C$ 3 Abs. 4 TMG klargestellt, dass<br />

für ,,Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellen<strong>den</strong><br />

Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten",<br />

das Herkunftslandprinzip nicht gilt. Dies bedeutet, dass mit-<br />

ghedsstaatliche Verbote oder Genehmigungserfordernisse für<br />

Glücksspiele im Empfangsstaat (als jedem Land, in welchem die<br />

Spielangebote empfangen wer<strong>den</strong>) Anwendung fm<strong>den</strong>. Diese<br />

Ausnahme vom Herkunftslandprinzip erstreckt sich jedoch nicht<br />

auf solche Online-Spiele, die keine Glücksspiele nach obiger<br />

Definition sind, da die Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip<br />

abschließend geregelt und restriktiv auszulegen sind" .<br />

Hieraus folgt, dass für <strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>, die über das<br />

<strong>Internet</strong> aus dem EU-Ausland in Deutschland angeboten<br />

wer<strong>den</strong>, gemäß 5 3 Abs. 2 TMG das Herkunftslandprinzip<br />

gilt, wo<strong>durch</strong> deutsche Genehmigungserfordernisse nicht<br />

greifen, also in keinem Fall eine Erlaubnis nach 5 33d<br />

Abs. 1 GewO erforderlich wäre, sondern allein die entsprechen-<br />

de Genehmigung des jeweiligen EU-Staatesz8.<br />

IV. Fazit<br />

Entgegen zweier Entscheidungen erstinstanzlicher Gerichte<br />

ist die Veranstaltung von Online-<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n in<br />

Deutschland nicht generell verboten, sondern muss entweder<br />

mangels Verbotsnorm als genehmigungsfrei zulässig angesehen<br />

wer<strong>den</strong> oder je<strong>den</strong>falls unter entsprechender Anwendung des 5<br />

33d GewO genehmigt wer<strong>den</strong>, wenn der Anbieter die gewerbe-<br />

rechtlich vorgesehenen Höchstverlustgrenzen berücksichtigt.<br />

Solange hier keine Klarstellung von Legislative (in Bezug<br />

auf 5 33d GewO) oder Exekutive (in Bezug auf die<br />

$5 1 ff. SpielV) erfolgt, unter welchen Voraussetzungen<br />

das Online-Geschicklichkeitsspiel genehmigungsfä-<br />

hig ist und auch die Judikative kein Grundsatzurteil<br />

über die entsprechende Anwendung der gewerberecht-<br />

lichen Genehmigungsvoraussetzungen auf Online-<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong> trifft, besteht für deutsche Anbieter von<br />

<strong>Geschicklichkeitsspiele</strong>n im <strong>Internet</strong> weiterhin eine unbefiiedi-<br />

gende Rechtsunsicherheitzg. Wenn die zuständigen Behör<strong>den</strong><br />

nicht kooperieren, kann diese nur <strong>durch</strong> eine ,,Flucht1' ins<br />

EU-Ausland beseitigt wer<strong>den</strong>, was möglicherweise noch einen<br />

Lösungsansatz für <strong>den</strong> einzelnen Anbieter darstellen kann, aber<br />

sicher nicht im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland<br />

liegt.<br />

27 So zutreffend Grutzmacher/Lindhorst, iTRB 2005, 34, 36 und Backu/Karger,<br />

TRB 2007, 13, 17.<br />

28 SO zutreffend auch: Raiiz von FrenWMasch, ZUM 2006, 189, 197.<br />

29 Vgl. auch Hambach, NJW-aktuell 2009, Heit 32, S. Vll, der entweder ein<br />

gesetzgeberisches Tätigwer<strong>den</strong> oder <strong>den</strong> Erlass klarer behordiicher Richtlinien<br />

anregt.<br />

AUSGABE 02.1 0 ZfWG 93

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