hintergrund w<strong>ich</strong>tiges Identifikationsmerkmal. Sie müssten s<strong>ich</strong> darin wohl fühlen, ansonsten der Spass schon vor dem Aufbruch in die Natur aufhöre. Solange es n<strong>ich</strong>t gefährl<strong>ich</strong> wird, muss es also n<strong>ich</strong>t <strong>Outdoor</strong>-Kleidung sein. Aber auch so, ist Daniel Anker überzeugt, sei es ganz schwierig bei den eigenen Kindern einen «<strong>Outdoor</strong>-Keim» zu legen. In der Pubertät, so zumindest seine Erfahrung mit der 17-jährigen Tochter, werde es schwierig sie zu motivieren. Beim Klettern, sagt er, sei das wohl anders. «Da kommen schnell die ersten Erfolgserlebnisse. Und damit beginnt ein Feuer zu brennen, das n<strong>ich</strong>t mehr erlischt.» Die Kinder n<strong>ich</strong>t überfordern Der Einfluss von <strong>Sport</strong> und Bewegung auf das Sozialver halten, das psychische Wohlbefinden und die kognitiven Fähigkeiten der Kinder ist wenig erforscht. Das Bundesamt für <strong>Sport</strong> BASPO beherbergt seit August 2008 in Magglingen die so genannte Modellklasse. Idee des vier Jahre dauernden Kindergarten und Schulprojekts ist, die 22 Kinder bereits im frühen Alter für die Bewegung zu sensibilisieren. Das Projekt wird mit einer Dissertation von Ophélia Jeanneret, Assistentin an der Eidgenössischen Hochschule für <strong>Sport</strong> Magglingen EHSM, wissenschaftl<strong>ich</strong> begleitet: «Untersucht wird der Einfluss von zusätzl<strong>ich</strong>er Bewegung auf die kognitive Entwicklung eines Kindes, also der Einfluss auf Konzentration und Intelligenz sowie Kreativität und Selbständigkeit.» Im Fokus sind die 4 bis 8Jährigen. «In diesem Alter liegt eine hohe motorische Lernfähigkeit vor, insbesondere im Bere<strong>ich</strong> Koordination», so Jeanneret. Eine Förderung in dem Alter wirke s<strong>ich</strong> direkt und positiv auf die künftigen motorischen Fähigkeiten aus. «Zudem ist es das Alter des Entdeckens, die Kinder sind neugierig auf ihre Umwelt.» Bei Kindern ist Bewegung also n<strong>ich</strong>t in erster Linie geplant, sie geschieht spielerisch. Der Zugang von Erwachsenen zur sportl<strong>ich</strong>en Betätigung unterscheidet s<strong>ich</strong> davon deutl<strong>ich</strong>. «Erwachsene planen bewusst und haben meist auch ein sportl<strong>ich</strong>es Ziel», bemerkt die <strong>Sport</strong>wissenschaftlerin. Das Überfordern der Kinder bei gemeinsamen sportl<strong>ich</strong>en Aktivitäten müsse verhindert werden, um ihnen n<strong>ich</strong>t die Freude an der Bewegung zu <strong>nehme</strong>n. «Kinder sind keine Erwachsenen im Kleinformat.» www.baspo.ch 54 |outdoor guide|sommer|09 Thomas Ulr<strong>ich</strong>: «Den Ehrgeiz müssen sie selber entwickeln.» Vom Klettern mit Kindern hält derweil einer n<strong>ich</strong>t viel, der selber ein zieml<strong>ich</strong> Wilder ist: Thomas Ulr<strong>ich</strong>, 41, Bergführer, Fotograf und Abenteurer aus dem Berner Oberland. Als er zum ersten Mal mit seinen drei Töchtern (8, 13, 14) im Klettergarten war, fiel einer von ihnen ein Stein auf den Arm. «Ein solches Erlebnis kann tiefe Spuren hinterlassen und vieles zerstören. Davor habe <strong>ich</strong> grössten Respekt.» Viel lieber fährt er mit ihnen in die Berge mit Zelt und Kochausrüstung und verbringt dort eine Nacht im Freien. Zelt aufbauen, Feuer machen, kochen: Als Erwachsener müsse man s<strong>ich</strong> in solchen Momenten zurück<strong>nehme</strong>n, den Kindern zwar Tipps geben, sie aber die Arbeit selber erledigen lassen. «Das gibt ihnen Selbstvertrauen. Und macht Lust auf mehr.» Neben solchen Camping-Ausflügen («besonders schöne Orte gibt es dafür am Hardergrat im Berner Oberland») ist Familie Ulr<strong>ich</strong> sehr oft mit den Skis unterwegs. Das haben die Töchter früh gelernt, aber n<strong>ich</strong>t so, wie es in der Schweiz gebräuchl<strong>ich</strong> ist. In Norwegen, dem Heimatland seiner Frau, stehen die Kleinen erst mal auf Langlaufskis, laufen mit ihnen, bewältigen kurze Abfahrten, <strong>nehme</strong>n kleine Schanzen – und haben mit dem Halten des Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>ts überhaupt keine Probleme mehr, wenn es auf die alpinen Latten geht. Die jungen Damen bringen für das Skifahren entsprechendes Talent mit, so dass es an Schülerrennen auch schon mal gute Resultate gibt. Aber der Vater hat n<strong>ich</strong>t im Sinn, sie mit seinem Ehrgeiz anzutreiben. Sein Anspruch ist ein anderer: «Ich will ihnen viele <strong>Sport</strong>- und <strong>Outdoor</strong>- Erlebnisse bescheren, dann merken sie von selber, für was sie Talent haben. Aber den Ehrgeiz müssen sie selber entwickeln. Das musste <strong>ich</strong> auch.» Dabei gibt es für die Töchter des Abenteurers natürl<strong>ich</strong> auch aussergewönl<strong>ich</strong>e Erlebnisse. Er, der während langer Zeit ein Unter<strong>nehme</strong>n betrieb, das Gleitschirmpassagierflüge anbot, nahm sie mit in die Lüfte – die jüngste sogar noch mit dem «Nuggi» im Mund. Aus ihr ist inzwischen «die Wildeste» der drei geworden. Wenn Thomas Ulr<strong>ich</strong> sie heute auf einen Gleitschirmflug mitnimmt, muss er eine Spirale fliegen, s<strong>ich</strong> mit der Thermik wieder nach oben treiben lassen, um die nächste Spirale zu fliegen. «Es kann n<strong>ich</strong>t wild genug sein.» Literatur und Links «Bergfloh 1, Glarnerland und Zentralschweiz, Bergwandern mit Kindern», Remo Kundert und Werner Hochrein. Mit Farbfotos und Routenskizzen, erschienen im Rotpunktverlag, ISBN 9783858693846, CHF 42.–. «Bergfloh 2, Ostschweiz und Graubünden, Bergwandern mit Kindern», Remo Kundert und Werner Hochrein. Mit Farbfotos und Routenskizzen, erschienen im Rotpunkt verlag, ISBN 9783858693471, CHF 42.–. Wahre Abenteuer. Auf die ganz grossen Abenteuerreisen hat er seine Töchter allerdings noch nie mitgenommen. Einmal wollte er mit der ganzen Familie im Outback von Kanada eine Blockhütte bauen und dort während einem Jahr leben. Sie liessen es schliessl<strong>ich</strong> sein. So bleibt ihm ein grosser Traum: «Einmal möchte <strong>ich</strong> mit <strong>meine</strong>n Töchtern auf Abenteuerreise mit Hundeschlitten gehen.» Silvia Fürst: «Das Ausdauertraining kann warten.» Dass Kinder mögl<strong>ich</strong>st viele verschiedene <strong>Sport</strong>arten kennen lernen sollen, davon ist auch die ehemalige Mountainbike-Spitzenfahrerin Silvia Fürst überzeugt (Gold, Silber und zwei Mal Bronze an Weltmeisterschaften im Cross Country). «Die Kinder», sagt sie, «sollen vieles ausprobieren. Wir dürfen sie n<strong>ich</strong>t in eine R<strong>ich</strong>tung drängen. Sie sollen am Schluss selber entscheiden, was ihnen am besten gefällt.» Sie, die selber keine Kinder hat, gibt von April bis September als J+S-Leiterin einmal in der Woche Mountainbike-Kurse für Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e ab acht Jahren. Und dort stehen Spass und Spiel im Vordergrund: Bike-Polo, Fussball spielen mit dem Fahrrad, Hindernisfahrten über Stock und Stein. So machen die Kids, insbe- hintergrund «Bergfloh3, Berner Oberland und Wallis, Bergwandern mit Kindern», Remo Kundert und Werner Hochrein. Mit Farbfotos und Routenskizzen, erscheint im April 2009 im Rotpunktverlag, ISBN 9783858693945, ca. CHF 42.–. «Erlebniswanderungen mit Kindern, Höhlentouren, Wasserwege und Gipfelspass in den Schweizer Bergen», Jochen Ihle. Zahlre<strong>ich</strong>e Karten und farbige Abbildungen, erschienen im WerdVerlag, ISBN 978385932537I, CHF 34.90. «Erlebniswanderungen mit Jugendl<strong>ich</strong>en, Fun und Faszination für die ganze Familie», Jochen Ihle. Zahlre<strong>ich</strong>e Karten und farbige Abbildungen, erscheint im April 2009 im WerdVerlag, ISBN 9783859326125, CHF 32.90. «Kanuland Schweiz, Aare Kanu und Highlights», Mattias Rohrer und Roman Steger, Offizieller Führer der Stiftung SchweizMobil, erschienen im AT Verlag, ISBN 9783038004035, CHF 29.90. «Wildnis erleben – Praktische Anleitungen für <strong>Outdoor</strong>Aktivitäten mit Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en», Fiona Danks und Jo Schofield. Mit zahlre<strong>ich</strong>en Farbfotos, erschienen im AT Verlag, ISBN 9783038004554, CHF 34.90. www.jochenihle.ch – Bücher und Tourentipps, www.ppb.ch – Bücherwerkstatt und Angebote, www.sac.ch – Jugend, www.jugendundsport.ch – Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e, www.alpenverein.de – Broschüren, www.myswitzerland.com – Erlebnisse und Familien. sondere was Technik und Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t betrifft, schnelle Fortschritte. Kondition, ist sie überzeugt, können die Kinder auch später noch trainieren. Denn die sollen mit der <strong>Sport</strong>art «Spass und n<strong>ich</strong>t Leiden und hartes Ausdauertraining verbinden.» «Wurzeln und Flügel für die Kinder» «Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel – dieses Goethe-Zitat trifft den Nagel auf den Kopf», sagt derweil Matthias Rohrer, Vater von zwei Kindern, Kanuexperte und vielseitiger <strong>Outdoor</strong>-<strong>Sport</strong>ler. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist er mit seinen beiden Kindern (6, 8) viel in der Natur unterwegs. «Wir leben in der Stadt und deshalb ist es uns w<strong>ich</strong>tig, dass die Kinder rauskommen, s<strong>ich</strong> bewegen und ihre Energie loswerden können», so Rohrer. Die vielfältigen Erlebnisse und Eindrücke seien indes n<strong>ich</strong>t nur gut für den Körper, sondern auch für den Geist. «Nach einem Nachmittag oder einem Tag draussen im Wald sind die Kinder abends meist in aufgeräumter und zufriedener Stimmung.» Matthias outdoor guide|sommer|09|55
� hintergrund Rohrer nimmt seine Kinder auch mit zum Klettern. Und hat – im Gegensatz zu Thomas Ullr<strong>ich</strong> – dabei nur gute Erfahrungen gemacht. Es sei erstaunl<strong>ich</strong> wie le<strong>ich</strong>tfüssig bereits kleine Kinder an einer Kletterwand «hochkraxeln» – angeseilt natürl<strong>ich</strong>. «Im Gegensatz zu Erwachsenen folgen Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e beim Klettern vielmehr ihrer Intuition», so Rohrers Beobachtung. Schön zu sehen sei auch die Freude und der Stolz in den Augen der Kinder nach Erfolgserlebnissen. Auch Paddeln gehört natürl<strong>ich</strong> zum <strong>Sport</strong>programm: Im letzten Frühling war Familie Rohrer zwei Wochen in der Ardèche (F) in den Kanuferien. Das Kanu ist Matthias Rohrer’s grosse Leidenschaft. Mit seiner Firma «Globepaddler» bietet er Kanu-Touren und -Kurse für Kinder Nach einem Tag im Wald sind die Kinder meist in aufgeräumter und zufriedener Stimmung. 56 |outdoor guide|sommer|09 und Erwachsene an. «Kajak for Kids» beinhaltet mehrtägige Kurse oder Lager für Kinder ab zehn Jahren. Motivieren müsse man Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Damit die Motivation auch erhalten bleibt, sei es w<strong>ich</strong>tig auf spielerische Art ans Paddeln heran zu gehen. Ballspiele auf dem Wasser eignen s<strong>ich</strong> dazu ideal. «Im Gegensatz zu Erwachsenen geht es mit Kindern n<strong>ich</strong>t in erster Linie darum, mögl<strong>ich</strong>st viele Kilometer zu bewältigen», so Rohrer. Grössere Distanzen werden nur in bewegtem Wasser zurückgelegt. Erlebnis und «Action» sind dabei w<strong>ich</strong>tig. Gle<strong>ich</strong>wohl ist zu bedenken, dass Kajak- und Kanufahren anspruchsvoll ist und koordinative Fähigkeiten von zentraler Bedeutung sind. Das, sagt Rohrer, komme Kindern entgegen: «Weil sie auch hier in erster Linie ihrer Intuition und weniger ihrem Verstand folgen.» ] �������������������������������� ������ hintergrund ����� �� <strong>Wie</strong>senstrasse 1, Postfach, CH-9327 Tübach, Phone +41(0)71 841 28 28, Fax +41(0)71 841 28 16 outdoor guide|sommer|09|57 info@rukka.ch, bestellungen@rukka.ch, www.rukka.ch, Showroom TMC 370