predigt zu eg 324 (psalm 98) - johannesgemeinde.org.za
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PREDIGT ZU EG <strong>324</strong> (PSALM <strong>98</strong>)<br />
- KANTATE [6.MAI 2007]-<br />
„Die Gnade unseres Herrn Jesus<br />
Christus und die Liebe Gottes und die<br />
Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit<br />
euch allen. Amen.“<br />
Liebe Gemeinde,<br />
man kann nur mit dem Herzen singen.<br />
Wenn ich fröhlich bin und mir ein Lied auf<br />
dem Herzen sitzt; wenn ich traurig bin und<br />
die Trübsal sich in ein Lied flüchtet – wenn<br />
ich dann aber gerade mit fremden Leuten<br />
im Auto sitze oder im vollbesetzten<br />
Flugzeug, dann ist es nicht immer<br />
empfehlenswert, lauthals los<strong>zu</strong>singen. Zu<br />
verwundert wären dann wohl die Blicke der<br />
anderen und auf ihrer Stirn zeichnete sich<br />
dann wohl ein mehr oder weniger<br />
deutliches Fragezeichen ab: Was ist das<br />
denn für einer In der Öffentlichkeit alleine<br />
<strong>zu</strong> singen gilt in unserer Kultur ja eher als<br />
verschroben, wenn man nicht gerade dafür<br />
be<strong>za</strong>hlt wird. Da muß man dann manchmal<br />
halt nur mit dem Herzen singen oder leise<br />
summen.<br />
Man kann auch nur mit dem Mund<br />
singen. Wenn der Militärkaplan auf dem<br />
Exerzierplatz ein Lied anstimmt und die<br />
Mannschaft einfällt; wenn der Schulpfarrer<br />
die Andacht mit einem Lied beschließt,<br />
dann bew<strong>eg</strong>en sich wohl gehorsam die<br />
Münder der Untergebenen, aber mit dem<br />
Herzen sind wohl nicht alle dabei.<br />
Am schönsten aber ist es, wenn Herz<br />
und Mund <strong>zu</strong>sammen singen, wenn sie sich<br />
im Gleichtakt bew<strong>eg</strong>en und im Gleichklang<br />
tönen. „Ich singe dir mit Herz und Mund“ –<br />
das ist so<strong>zu</strong>sagen das Ideal des<br />
gelungenen Liedes, nicht nur des<br />
christlichen, aber da doch ganz besonders.<br />
„Ich singe dir mit Herz und Mund“ – da<br />
singe ich nicht für mich, da summt es nicht<br />
nur im Herzen, da bew<strong>eg</strong>en sich nicht nur<br />
die Lippen mehr oder weniger gefügig: Da<br />
hat mein Lied einen Zuhörer, da sperrt Gott<br />
die Ohren auf, wenn wir so singen: Mit Herz<br />
und Mund, mit Lust und Freude – oder<br />
auch aus den tiefsten tiefen meiner Seele:<br />
Hauptsache, sie sind beide dabei: Herz und<br />
Mund, Kopf und Bauch; was schön klingt<br />
und schön gesagt ist, das erfreut den<br />
himmlischen Zuhörer und bew<strong>eg</strong>t nicht<br />
<strong>zu</strong>letzt auch sein Herz.<br />
1. Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr,<br />
meines Herzens Lust; ich sing und mach auf<br />
Erden kund, was mir von dir bewußt.<br />
So wird mir selbst bewußt, was ich da<br />
eigentlich singe, wenn sich Herz und Mund<br />
langsam aufeinander einstimmen. 18<br />
Strophen haben sie diesmal dafür Zeit; 18<br />
Strophen, in denen uns das wohl gelingen<br />
wird: Herz und Mund <strong>zu</strong> öffnen und klingen<br />
<strong>zu</strong> lassen: Zum Lob Gottes und <strong>zu</strong>r eigenen<br />
Erbauung; <strong>zu</strong>m Lob Gottes in der Welt mit<br />
ihren hellen und dunklen Seiten, mit ihrem<br />
Schönen und Schrecklichen; mit ihrem<br />
Licht und Schatten. Nicht, als ob Gott das<br />
nicht alles längst wüßte, was wir da im Lied<br />
vor ihn bringen – aber uns tut es gut <strong>zu</strong><br />
singen und ihm das <strong>zu</strong> bekennen: „Herr,<br />
meines Herzens Lust“. Laßt uns die<br />
Strophen 1-3 singen!<br />
Strophen 1-3 (Gemeinde)<br />
Was singe ich da Was rede ich da<br />
eigentlich<br />
2 . Ich weiß, daß du der Brunn der Gnad und<br />
ewge Quelle bist, daraus uns allen früh und spat<br />
viel Heil und Gutes fließt.<br />
Weiß ich das Glaube ich es auch Sind<br />
es wirklich Herz und Mund, die das so<br />
bekennen können Manchmal eilt ja das<br />
Herz dem Mund voraus. Dann fehlen mir<br />
die richtigen Worte, obwohl ich es ganz<br />
genau fühle; dann will ich singen oder<br />
sprechen, bekennen oder loben, oder auch:<br />
klagen und weinen, aber noch ist die Kehle<br />
<strong>zu</strong>geschnürt und die Worte wollen sich<br />
nicht einstellen.<br />
Manchmal eilt auch der Mund dem Herz<br />
voraus: Dann singe ich schon, aber kann<br />
1
es doch noch nicht recht fassen, was da<br />
aus meinem Mund kommt: „Ich weiß, das<br />
du der Brunn der Gnad und ewge Quelle<br />
bist“. Ja, irgendwie weiß ich es, aber<br />
glauben und wirklich darauf vertrauen – das<br />
fällt mir im Moment noch <strong>zu</strong> schwer, das<br />
will mir nicht so leicht gelingen, so auf<br />
Knopfdruck so<strong>zu</strong>sagen. Wie geht es dir<br />
heute m<strong>org</strong>en Was gibt bei dir heute den<br />
Ton an Das Herz – und dir fehlen noch die<br />
Worte Oder der Mund - aber das Herz<br />
hinkt noch einwenig hinterher Dann nimm<br />
dir die Zeit, die du brauchst. Dann laß<br />
entweder deinem Mund Zeit, bis die Worte<br />
dieses Liedes auch deine Worte werden –<br />
oder laß deinem Herzen Zeit, bis diese<br />
Verse von Lippen bis in die Seele dringen<br />
können. Da<strong>zu</strong> braucht es oft nichts anderes<br />
als das: Einfach mitsingen, einfach<br />
weitersingen, auch wenn mir anfangs noch<br />
ein Kloß im Hals steckt. Dann aber, nach<br />
und nach, Strophe für Strophe, wird aus<br />
dem Lied, das Paul Gerhardt vor über 350<br />
Jahren schrieb und das der Pastor nun<br />
gerade für heute m<strong>org</strong>en ausgesucht hat,<br />
dann wird daraus mein Lied, mein Gesang<br />
– für heute m<strong>org</strong>en und, wer weiß, für die<br />
nächsten Tage. Wenn mir das wieder<br />
bewußt wird, wenn ich das erst singe und<br />
dann auch langsam wieder glauben kann:<br />
„Was sind wir doch Was haben wir auf<br />
dieser ganzen Erd, das uns, o Vater, nicht<br />
von dir allein g<strong>eg</strong>eben werd“<br />
Der Chor nimmt uns weiter mit auf den<br />
W<strong>eg</strong> und singt für uns die Strophen 4-6!<br />
Strophen 4-6 (Chor)<br />
Wer liebt, dem reicht das einfache Wort<br />
nicht. Der Geliebte b<strong>eg</strong>nügt sich damit,<br />
seiner Geliebten <strong>zu</strong> sagen „du bist schön“.<br />
Wer liebt, malt aus, umspielt, verziert das<br />
Bild des Geliebten in allen Einzelheiten: „<br />
Was haben wir auf dieser ganzen Erd, das<br />
uns, o Vater, nicht von dir allein g<strong>eg</strong>eben<br />
werd“ Das sagt alles. Und doch sagt es<br />
nicht genug! Das muß man sich immer<br />
wieder ausmalen und vor Augen stellen<br />
und, natürlich, mit Leid und Seele singen,<br />
was das heißt: alles.<br />
Predigt <strong>zu</strong> EG <strong>324</strong> – Psalm <strong>98</strong><br />
2<br />
4. Wer hat das schöne Himmelszelt hoch<br />
über uns gesetzt Wer ist es, der uns unser Feld<br />
mit Tau und R<strong>eg</strong>en netzt<br />
Als könnte er gar nicht genug bekommen<br />
von der Beschreibung der Wohltaten<br />
Gottes, greift der Dichter wieder und wieder<br />
<strong>zu</strong> einem neuen Blickwinkel, wiederholt und<br />
variiert das Gesagte und läßt es uns so<br />
selbst immer wieder neu erblicken.<br />
5 . Wer wärmet uns in Kält und Frost Wer<br />
schützt uns vor dem Wind Wer macht es, daß<br />
man Öl und Most <strong>zu</strong> seinen Zeiten find't<br />
Das kleinste und unbedeutendste – „wer<br />
schützt uns vor dem Wind“ – wird ihm <strong>zu</strong>m<br />
Zeichen der väterlichen, der göttlichen<br />
Liebe und Fürs<strong>org</strong>e – wie auch das große<br />
und weltbew<strong>eg</strong>ende:<br />
6. Wer gibt uns Leben und Geblüt Wer hält<br />
mit seiner Hand den güldnen, werten, edlen<br />
Fried in unserm Vaterland<br />
Das alles kann man so oder auch anders<br />
sehen. Das kann man der Natur oder der<br />
Politik, dem menschlichen Fleiß oder<br />
seinem Erfindungsreichtum <strong>zu</strong>schreiben –<br />
oder eben der Liebe und Treue Gottes, der<br />
seine Kinder nicht aus den Augen und nicht<br />
aus den Händen läßt: Es geht durch unsre<br />
Hände, kommt aber her von Gott – das<br />
heißt, das eine nicht g<strong>eg</strong>en das andere<br />
ausspielen, das heißt dankbar empfangen<br />
ohne die Hände in den Schoß <strong>zu</strong> l<strong>eg</strong>en,<br />
das heißt Gott loben und sich dabei sehr<br />
wohl am Werk der eigenen Hände <strong>zu</strong><br />
freuen. Wir singen weiter:<br />
Strophen 7-9 (Gemeinde)<br />
7. Ach Herr, mein Gott, das kommt von dir,<br />
du, du mußt alles tun, du hältst die Wach an<br />
unsrer Tür und läßt uns sicher ruhn.<br />
Ob man im Deutschland des 17.<br />
Jahrhunderts besser und ruhiger<br />
geschlafen hat als in Pretoria 2007 Ich<br />
bezweifle es. Nach 30 Jahren Kri<strong>eg</strong> und<br />
Verwüstung, nach einer Generation<br />
wildester und ungezähmtester Schlachterei<br />
sagt sich das gar nicht so einfach: „du<br />
hältst die Wach an unsrer Tür und läßt uns
sicher ruhn.“ Und doch: War es damals<br />
weniger wahr als heute Oder umgekehrt:<br />
Sollte das plötzlich heute nicht mehr<br />
stimmen Nur weil wir Gott hier und heute<br />
mit hohen Mauern und Elektrozäunen ein<br />
wenig nachhelfen Schläft es sich dabei<br />
und dadurch schon besser Oder nicht<br />
eben doch durch das Vertrauen und das<br />
Bekenntnis: „Es kann mir nichts<br />
geschehen, als was er hat ersehen und<br />
was mir nützlich ist“ Das war schon immer<br />
ein Glaubenssatz und nicht unbedingt als<br />
Alternative <strong>zu</strong> ADT gedacht. Aber erst recht<br />
ist ADT keine Alternative <strong>zu</strong> diesem tiefen<br />
Vertrauen, von dem unser Mund gerade<br />
gesungen hat und das auf diesem W<strong>eg</strong> ja<br />
vielleicht, hoffentlich auch langsam wieder<br />
Wurzeln in unserem Herzen schlagen kann.<br />
Wer sich daranmacht, das <strong>zu</strong> glauben und<br />
darauf <strong>zu</strong> vertrauen, der weiß sich nicht aus<br />
der Gefahr genommen, aber gerade dort, in<br />
der Gefahr, behütet und getragen, was viel<br />
mehr ist als ein frommer Wunsch, sondern<br />
schon von <strong>za</strong>hllosen Menschen genau so<br />
erfahren wurde:<br />
Predigt <strong>zu</strong> EG <strong>324</strong> – Psalm <strong>98</strong><br />
als wir es ‚verdient’ hätten Gerhardt hält<br />
sich, wohl sehr bewußt, nicht lange bei<br />
dieser Frage auf. Er weiß, was auch Gott<br />
weiß: Strafen, auch milde, machen den<br />
Menschen nicht wirklich, nicht auf Dauer,<br />
nicht im Herzen gut; sie verhüten allenfalls<br />
das Schlimmste. Und eben darum hat Gott<br />
den anderen W<strong>eg</strong> gewählt, den W<strong>eg</strong> der<br />
Vergebung, der bedingungslosen Gnade:<br />
„ja endlich nimmst du unsre Schuld und<br />
wirfst sie in das Meer“.<br />
Wer es bisher noch nicht gemerkt hat;<br />
spätestens in dieser Strophe wird deutlich,<br />
daß das Lied eigentlich ein Gebet ist. Es ist<br />
an das ‚Du’ Gottes gerichtet, dem Herz und<br />
Mund singen und sich auf diesem W<strong>eg</strong> erst<br />
recht bewußt werden, wer Gott ist und wie<br />
er ist: Ein Gott der Gnade und der Güte,<br />
der Liebe und der Fürs<strong>org</strong>e; ein Gebet im<br />
‚dennoch’, das die Augen nicht verschließt<br />
vor der Wirklichkeit von Welt und Leben,<br />
das aber in und hinter all dem Gottes<br />
väterliches Halten und Tragen <strong>zu</strong><br />
entdecken vermag.<br />
8. Du nährest uns von Jahr <strong>zu</strong> Jahr, bleibst<br />
immer fromm und treu und stehst uns, wenn wir<br />
in Gefahr geraten, treulich bei.<br />
Und dann nimmt das Lied, nehmen die<br />
Verse plötzlich eine ganz neue Wendung.<br />
Über alle Erntedankfröhlichkeit, über die<br />
Freude am Wachsen, Gedeihen, Leben<br />
und Schutz l<strong>eg</strong>t sich nun das unendlich<br />
wichtigere:<br />
9. Du strafst uns Sünder mit Geduld und<br />
schlägst nicht all<strong>zu</strong>sehr, ja endlich nimmst du<br />
unsre Schuld und wirfst sie in das Meer.<br />
Nun kann man ja fragen, ob es mit dem<br />
Gott, der „uns Sünder straft“, so seine<br />
Richtigkeit hat. Aber kann man nicht auch<br />
umgekehrt fragen, ob wir Menschen<br />
eigentlich einen Anspruch darauf haben,<br />
daß uns immer und überall gut geht Und<br />
ob wir nicht – mit allem was wir tun und<br />
getan und angerichtet haben – völlig <strong>zu</strong><br />
Recht von einem gnädigen Gott <strong>zu</strong><br />
sprechen haben, der uns trotz und in allem<br />
noch immer sehr viel mehr Erbarmen<br />
<strong>zu</strong>kommen läßt und uns milder behandelt,<br />
3<br />
Von der hohen Theologie der<br />
Rechtfertigungslehre, von Gottes Gnade im<br />
allgemeinen, geht es nun ganz tief hinab in<br />
das Leben, den Alltag, die Wirklichkeit des<br />
Einzelnen:<br />
10. Wenn unser Herze seufzt und schreit,<br />
wirst du gar leicht erweicht und gibst uns, was<br />
uns hoch erfreut und dir <strong>zu</strong>r Ehr gereicht.<br />
Solch ein Gott ist das, solch einen Gott<br />
haben wir, der nicht nur die Sperlinge am<br />
Himmel im Blick hat, sondern viel mehr<br />
noch seine Kinder, uns, die sich „auf dieser<br />
ganzen Erd“ befinden und dort mitunter und<br />
manchmal gar nicht so selten mit ihrem<br />
Leben mehr quälen als daran ergötzen:<br />
11. Du zählst, wie oft ein Christe wein und<br />
was sein Kummer sei; kein Zähr- und Tränlein<br />
ist so klein, du hebst und l<strong>eg</strong>st es bei.<br />
Das Erstaunliche daran, man muß das ja<br />
mal so deutlich sagen: Christen weinen,<br />
und sie weinen, folgt man Gerhardt, gar<br />
nicht so selten. Sei es über eigenes Leid,<br />
sei es im Mitleid für andere – und keine
dieser Tränen, die über Christenwangen<br />
kullern ist vor Gott, dem himmlischen Vater<br />
vergessen. Was für ein Bild! „Du zählst, wie<br />
oft ein Christe weint“. Und mehr noch: Du,<br />
Gott, zählst nicht nur die Tränen und<br />
notierst das dann irgendwo, vielleicht bis<br />
<strong>zu</strong>r großen Endabrechnung, sondern „du<br />
hebst und l<strong>eg</strong>st es bei“. Schon jetzt erfahre<br />
ich das, wo ich mich Gott anvertraue:<br />
Meine Tränen werden nicht erst am Ende<br />
abgewischt, sondern schon jetzt trägt und<br />
hilft Gott mit unendlicher Güte und<br />
Fürs<strong>org</strong>e. So dichtet und singt einer, der<br />
das erfahren hat, am eigenen Leid, und<br />
zwar schmerzlich genug. Und, unfaßbar,<br />
von solchem Bekenntnis angerührt können<br />
es auch andere wieder glauben und darauf<br />
vertrauen, daß ich mit meinem Kummer<br />
nicht alleine bin, sondern Gott vor Augen<br />
stehe. Wer das für sein Leben glaubt, dem<br />
wird auch vor dem Ende nicht bange sein<br />
müssen:<br />
12. Du füllst des Lebens Mangel aus mit<br />
dem, was ewig steht, und führst uns in des<br />
Himmels Haus, wenn uns die Erd entgeht.<br />
Und umgekehrt ist es genauso wahr:<br />
Wer von diesem guten Ende her denkt, der<br />
entdeckt auch in diesem Leben bereits<br />
Gottes Treue und Nähe auf Schritt und<br />
Tritt. Der kann sich aufraffen; der kann sich<br />
selbst <strong>zu</strong>singen, was wir uns nun wieder<br />
von Chor <strong>zu</strong>singen lassen:<br />
13. Wohlauf, mein Herze, sing und spring<br />
und habe guten Mut! Dein Gott, der Ursprung<br />
aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.<br />
Strophen 13-15 (Chor)<br />
Zum Selbstgespräch wird nun das Lied,<br />
<strong>zu</strong>r Aufforderung, <strong>zu</strong>m Wunsch, daß Herz<br />
und Mund doch nun tatsächlich<br />
<strong>zu</strong>sammenfinden und <strong>zu</strong>sammenklingen<br />
mögen. Wie in den Psalmen betet sich der<br />
Dichter so<strong>zu</strong>sagen selbst <strong>zu</strong>, fordert sich<br />
auf, doch ja nicht <strong>zu</strong> vergessen die großen<br />
und – oft noch viel wichtiger! – die kleinen,<br />
unscheinbaren Taten Gottes, die doch so<br />
bedeutsam sind in meinem Leben:<br />
Predigt <strong>zu</strong> EG <strong>324</strong> – Psalm <strong>98</strong><br />
4<br />
14. Er ist dein Schatz, dein Erb und Teil,<br />
dein Glanz und Freudenlicht, dein Schirm und<br />
Schild, dein Hilf und Heil, schafft Rat und läßt<br />
dich nicht.<br />
Spuren der Gnade Gottes <strong>zu</strong> entdecken,<br />
lautet die Aufforderung; die Augen <strong>zu</strong><br />
öffnen, indem ich mit Herz und Mund singe,<br />
alle Sinne, nach und nach, ein<strong>zu</strong>holen und<br />
<strong>zu</strong> beteiligen, bis der ganze Mensch ein<br />
Loblied ist. Nicht als blinder Optimismus,<br />
nicht durch die rosa Brille wird hier<br />
gesungen und geschaut – nein, immer<br />
wieder klingt das auf bei Gerhardt: Das ist<br />
Leben ist schwer, ja, manchmal gerade<strong>zu</strong><br />
unerträglich. Aber wird es besser durch<br />
„S<strong>org</strong>en und mit Grämen und mit<br />
selbsteigner Pein“ Die Antwort kann bei<br />
ihm nicht anders lauten:<br />
15. Was kränkst du dich in deinem Sinn und<br />
grämst dich Tag und Nacht Nimm deine S<strong>org</strong><br />
und wirf sie hin auf den, der dich gemacht.<br />
Dort sind meine S<strong>org</strong>en am besten<br />
aufgehoben, dort muß ich sie aber auch gar<br />
nicht verschweigen und mir oder anderen<br />
etwas vorlügen oder vorspielen. Dort, im<br />
G<strong>eg</strong>enüber Gottes, kann ich sie<br />
aussprechen, beim Namen nennen, und<br />
dann aber auch abgeben, weil ich weiß,<br />
daß sie an keinem Platz der Welt besser<br />
aufgehoben sind. Und, wenn ich es recht<br />
bedenke, war das nicht schon immer so<br />
Habe ich das nicht oft und wieder und<br />
wieder erfahren Kann, ja muß ich das<br />
nicht mir selbst immer wieder sagen<br />
16. Hat er dich nicht von Jugend auf<br />
vers<strong>org</strong>et und ernährt Wie manches schweren<br />
Unglücks Lauf hat er <strong>zu</strong>rückgekehrt!<br />
Die Spuren der Gnade Gottes – sie<br />
werden oft erst im Rückblick sichtbar. Und<br />
der Gesang, besonders auch der<br />
gemeinsame, hilft, daß wir das nicht<br />
vergessen; daß wir – und auch das können<br />
wir mit unseren Lieder! – einander tragen,<br />
wenn’s dem einem schlecht geht. Dann<br />
wird das gemeinsame Lied <strong>zu</strong>m stützenden<br />
Arm, <strong>zu</strong>r helfenden Hand, <strong>zu</strong>r<br />
Ermutigenden W<strong>eg</strong>weisung und<br />
Erinnerung:
17. Er hat noch niemals was versehn in<br />
seinem R<strong>eg</strong>iment, nein, was er tut und läßt<br />
geschehn, das nimmt ein gutes End.<br />
Damit das auch alles seine Richtigkeit<br />
hat, singen wir nun auch noch die letzten<br />
drei Strophen: Strophen 16-18<br />
(Gemeinde)<br />
Manchmal reicht schon eine Strophe, um<br />
den Himmel wieder auf<strong>zu</strong>hellen, manchmal<br />
sind selbst 18 Strophen nicht genug. Dann<br />
mußt du weitersingen – mit Herz oder<br />
Mund und am besten nach und nach mit<br />
beiden. Einmal muß Schluß sein, mit der<br />
Predigt sowieso, aber auch mit dem Lied.<br />
Mit diesem Lied jedenfalls. Aber keinesfalls<br />
mit dem Singen, damit soll es kein Ende<br />
haben, auf daß der W<strong>eg</strong> in die Zukunft ein<br />
wenig getroster, ein wenig vertrauensvoller,<br />
ein wenig geb<strong>org</strong>ener wird. „Kantate -<br />
singt“! Jeden Tag ein bißchen mehr: 18. Ei<br />
nun, so laß ihn ferner tun und red ihm nicht<br />
darein, so wirst du hier im Frieden ruhn und<br />
ewig fröhlich sein.<br />
„Und der Friede Gottes, der höher ist als<br />
alle unsere Vernunft, bewahre unsere<br />
Herzen und Sinne in Christus Jesus.<br />
Amen.“<br />
Predigt <strong>zu</strong> EG <strong>324</strong> – Psalm <strong>98</strong><br />
5