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„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und dieLiebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistessei mit euch allen. Amen.“Liebe Gemeinde,„was ist das Leben ohne Wein?“, fragte sichschon der weise Jesus Sirach in seiner Besinnungüber das gute Leben und die Bedeutung der Gottesfurcht.Beides geht also offenbar durchaus gutzusammen: Frömmigkeit und Genuß, Glaube anden Schöpfer und dankbares Empfangen seinerguten Gaben.Wein, wie er hier so verlockendim Glas glänzt, istmehr als nur ein Getränk, istmehr als Durstlöscher. Wein– das ist die krönende Abrundungeines gelungenenEssens, ist Festlichkeit, istGemeinschaft, ist Freudeam Genuß. Wein kippt mannicht so runter; den mußman genießen: mit Auge,Nase und Mund. Wein istPoesie: Den muß man besingen.Dichten und feiernmuß man ihn. Und so haben es die Menschen zuallen Zeiten getan: Den Wein gelobt und gepriesen,verehrt und bewundert. Und mit ihm dieviele Arbeit, die darin steckt, bis so ein guterTropfen in der Flasche, im Glas auf dem Tischangekommen ist. Kein Gewächs, das so viel Arbeitund Mühe erfordert; keine Frucht, die sovielKenntnis und Kunstfertigkeit, soviel Scheiß undKnochenarbeit verlangt wie der Wein. Aber wemerzähle ich das, hier, in einem Land, dessen Weineweltberühmt sind?Der Wein ist zu feiern. Und so waren sie wohlauch in ziemlich feierlicher Stimmung, damals inJerusalem, bei der Weinernte, als die Trauben derWeinberge gelesen und der nächste Jahrgang eingebrachtwar. Und dann, auf dem Höhepunkt desFestes, steht plötzlich einer auf. Kein Weinbauer,kein Gastwirt, nein ein Prophet: Jesaja. Ein Liedstimmt auch er an, ein Lied auf den Weinberg –aber was für eins: Zunächst hören die Feierndenfröhlich zu, nicken, klatschen; dann aber bleibtPREDIGT ZU JESAJA 5, 1-7- Pretoria, 4. März 2012 (Remiszere) -ihnen der Mund offen stehen und der letzteSchluck Wein in der Kehle stecken. Hört das Liedüber den Weinberg, wie es im 5. Kapitel bei Jesajaaufbewahrt worden ist:„Ich will ein Lied singen von meinem geliebten Freund,ein Lied vom Weinberg meines Liebsten. Mein Freundhatte einen Weinberg auf einer fruchtbaren Höhe. 2 Ergrub ihn um und entfernte die Steine und bepflanzte ihnmit den edelsten Reben. Er baute mitten darin einen Turmund hieb eine Kelter darin aus. Dann hoffte er, daß derWeinberg süße Trauben brächte, doch er brachte nur saureBeeren.3 Nun sprecht das Urteil, Jerusalems Bürger und ihrMänner von Juda, im Streitzwischen mir und demWeinberg! 4 Was konnte ichnoch für meinen Weinbergtun, das ich nicht für ihntat? Warum hoffte ich dennauf süße Trauben? Warumbrachte er nur saure Beeren?5 Jetzt aber will ich euchkundtun, was ich mit meinemWeinberg mache: Ichentferne seine schützendeHecke; so wird er zur Weide.Seine Mauer reiße ich ein; dann wird er zertrampelt.6 Zu Ödland will ich ihn machen. Man soll seine Rebennicht schneiden und soll ihn nicht hacken; Dornen undDisteln werden dort wuchern. Ich verbiete den Wolken,ihm Regen zu spenden.7 Ja, der Weinberg des Herrn der Heere ist das HausIsrael, und die Männer von Juda sind die Reben, die er zuseiner Freude gepflanzt hat. Er hoffte auf Rechtsspruch -doch siehe da: Rechtsbruch, und auf Gerechtigkeit - dochsiehe da: Der Rechtlose schreit.“Noch klingt Gelächter an den Tischen, nochwerden die Gläser aufgefüllt, noch feiert man sichund seine Erfolge – bei der Ernte und überhaupt– da tönt mitten in die Festversammlung dieschneidende Stimme des Propheten: Aus, aus undvorbei ist es mit Jerusalem, zuende ist es mit Juda,der von Gott geliebten. Noch während manmeint, sich an einem weiteren Trinkliedchen erfreuenzu können, fällt es den Zuhörern wieSchuppen von den Augen: Der Weinberg – das


seid ihr. Der Weinberg Gottes: Ein nichtsnutziges,fruchtloses Stück Land, auf dem nur stinkendeTrauben und faule Beeren wachsen.Dabei hatte doch alles so gut angefangen. DerBesitzer des Weinbergs – oh, ja: die Feierndenwissen ganz genau, wer damit gemeint ist – Gottselbst, der Besitzer des Weinbergs hat doch allesgetan, damit Frucht wachsen kann, daß guter,edler Wein reife in seinem Weinberg Israel. Hatkeine Mühe gescheut, hat geackert und sich geplagtum sein geliebtes Volk, hat gegraben undSteine weggetragen, hat gepflanzt und bewacht,damit wachsen kann, was wachsen soll, hat gehofftund wieder gehofft – und dann die Enttäuschung:Nichts, aber auch gar nichts hat dieserWeinberg herv<strong>org</strong>ebracht, nicht, was all die Müheund Arbeit auch nur im Geringsten rechtfertigenwürde. Recht und Gerechtigkeit – das waren dieTrauben, auf die er gehofft, für die er gearbeitetund sich geplagt hat – und was ist da zu sehen, imLand jenseits des Festbanketts? Schlechtigkeit,und Rechtsbruch, Ausbeutung und Unterdrückungder Ärmsten und Schwächsten, damit dieReichen und Großen weiter feiern und ihr Gewissenmit Wein betäuben können.Gott – ein enttäuschter Liebhaber. Enttäuschtvon dem, was in seinem Land, in seinem Volkgeschieht, unter seinen Augen verspotten sie seinGebote, in seinem Angesicht haben sie ihn undseine Weisungen vergessen. Wer so handelt, werso lebt, der hat sich selbst längst das Urteil gesprochen.Und so hören die Obersten von Jerusalemund die ganze feiernde Gemeinde den endgültigen,den unumkehrbaren Urteilsspruch: Vorbeiist es mit meinem Weinberg, einreißen will ichdie schützende Mauer, öde und unfruchtbar soller werden, Dornen und Disteln werden die Weinrankenüberwuchern, und bald schon wird niemandmehr sich erinnern, daß hier einmal GottesWeinberg stand, daß hier Gottes Augapfel war,daß hier einmal seine Geliebte lebte – und ihn,den Herrn und Liebhaber, verspottete und vergaß.Aus, aus und vorbei ist es mit Jerusalem,zuende ist es mit Juda, der einst von Gott geliebten.Kann das sein? Kann das sein, daß Gott vergeblicharbeitet, sich vergeblich müht, vergeblichliebt und leidet und hofft und nachläuft? Ja, ihrLieben, das ist eine der erschreckenden Einsichtender Heiligen Schrift: Das kann sein, daß Gottvergeblich arbeitet, sich vergeblich müht, vergeblichliebt und leidet und hofft und nachläuft. Israelselbst hat es erlebt. Als es am Boden zerstörtwar, kurz nachdem Jesaja sein bitteres Lied vonden bitteren Trauben gesungen hatte, als Juda imExil saß und an den Wassern Babylons bittereTränen vergoß, da dämmerte es ihnen: Wir habenes verspielt. Haben Gottes Liebe und Fürs<strong>org</strong>emißachtet, verspottet, verspielt. Und darum sitzenwir jetzt hier. Und darum müssen wir jetzt weinen,weil wir vorher den Hals nicht voll bekamenvon Genuß und Wohlstand und den ganz vergessenhatten, dem wir all das zu verdanken hatten.Eingetroffen war, was Jesaja besungen und mitseinem Lied angekündigt hatte: Aus, aus und vorbeiist es mit Jerusalem, zuende ist es mit Juda,der einst von Gott geliebten. Da war es zu spätfür Umkehr, da war es zu spät für Besinnung undEinsicht; der Untergang war beschlossen, undnun ist er da. Und wer ist schuld daran? Gottetwa, der sich nicht genug Mühe gegeben hätte?Gott, der nicht alles getan hätte, damit in seinemWeinberg schöne und reife, wohlschmeckendeund edle Trauben wüchsen? Nein, nicht Gott,sondern wir, Israel, wir selbst, sein Weinberg,seine Frucht, wir haben enttäuscht, waren ungehorsam,unfruchtbar, nutzlos und haben unserenUntergang verdient.Aber eben das ist nun die entscheidende Frage:Wieso können wir heute m<strong>org</strong>en überhaupt diesesLied eines enttäuschten Liebhabers hören, wiesokann ich heute überhaupt darüber predigen, wenndoch alle aus und vorbei war und die Klänge desLiedes in ferner Vergangenheit verklungen undverweht sind, zwischen umgestoßenen Tischenund zerbrochen Weingläsern? Eben deshalb: WeilIsrael am tiefsten Punkt seiner Erniedrigung diesesLied aufbewahrt und festgehalten hat, weil daszerstörte Volk aus der Anklage und dem Urteilsspruchein Geständnis und ein Schuldbekenntnisgemacht hat: Ja, wir haben Gottes Liebe verspielt,haben seine Liebe und Fürs<strong>org</strong>e gedankenlosvergeudet, haben uns seiner Mühe und Arbeitunwürdig erwiesen. Und so wurde aus der bitterenAnklage, aus dem Lied von den bitterenTrauben, das bittere Bekenntnis zur eigenenSchuld, zum eigenen Versagen. Und deshalb hatGott später, viel später seinem Volk einen neuenAnfang geschenkt und hat sich wieder und wiedermit Mühe und Plage daran gemacht, aufzubauen,was zerstört war, umzupflügen und umzugraben,was wüst und öde war, damit neues Leben möglichwürde. Gott hat seinem Volk einen neuenAnfang geschenkt, durch Strafe und Sühne hin-


durch, Jahrzehnte nach Jesaja – und auch das hatuns die Bibel in den späteren Büchern ja aufbewahrtin dankbarer Erinnerung.So ist Gott! Der enttäuschte Liebhaber kanndoch gar nicht aufhören zu lieben, sein Volk zulieben. So wie es schon uns Menschen schwerfällt,eigentlich unmöglich ist, einfach nicht mehr zulieben, trotz aller Enttäuschung, trotz aller unerwidertenLiebe, so erst recht Gott: er hört nichtauf zu lieben: Sein Volk, seine Menschen, liebt erweiter und immer wieder mit letzter Hingabe, mitMühe und Arbeit, trotz aller Enttäuschung undAblehnung. So sehr liebt er, daß er schließlich inJesus Christus selbst auf den Plan und an die Seiteseiner geliebten Menschheit tritt, wie es – nocheinmal drastisch und hart – der Lesungstext vonden bösen Winzern in Gottes geliebtem Weinberggeschildert hat. Und wieder wird der Wein zumZeichen der Versöhnung und der Liebe, aberdiesmal nicht menschlicher Wein und billigeTrunkenheit, sondern der Wein des Abendmahls,in dem Gott die Frucht der Liebe bringt undspendet: Als Zeichen seiner Liebe, seiner Hingabeund Fürs<strong>org</strong>e, als Kelch des Heils.Und so wird schließlich und jetzt für uns dasLied vom enttäuschten Liebhaber, das Lied, dasUnheil und Urteil verkündet, zur Mahnung undWarnung, daß Gottes Liebe doch nicht nocheinmal vergeblich sein möge. Eigentlich die unmöglicheMöglichkeit: Daß wir uns noch einmalunwürdig erweisen sollten, nach allem, was Gottgetan, für uns getan hat. Daß wir noch einmalkeine Frucht bringen sollten, nach allem, wasGott uns an Liebe und Fürs<strong>org</strong>e erwiesen hat.Das soll, das darf, das kann doch nicht noch einmalgeschehen: Daß Gott seinen Weinberg anschautund noch einmal feststellen muß: Nurfaule, stinkende Trauben, nur Egoismus undRechtsbruch, nur Feiern und Gelage und keinHerz für die Armen und Elenden, für die, dienicht am Tisch sitzen, die nicht mitfeiern können.Und genau da kommen wir ins Lied hinein:Wir als Kirche Gottes, wir als sein Weinberg, wirals Gemeinde, als Mitarbeiter Gottes. Sollte esmöglich, sollte es überhaupt denkbar sein, daß wirkeine Frucht bringen, Frucht, die Gott sichwünscht, nachdem er alles für uns getan hat,nachdem er sich gemüht und geplagt hat, hingegebenund aufgeopfert in Liebe und Fürs<strong>org</strong>e?Sollte das möglich, sollte das denkbar sein? Nein,ausgeschlossen, undenkbar, unmöglich, das kanndoch gar nicht sein.Nicht noch einmal darf das, nicht noch einmalkann das geschehen, daß Gott auf seinen Weinbergblicken muß und enttäuscht feststellen muß:Was ich getan habe, für sie getan habe, das istverschwendet, das ist vergeudet, das ist allesfruchtlos geblieben. Fruchtlose Christen, fruchtloseNachfolger Christi, das ist die unmöglicheMöglichkeit, das ist das ganz und gar Ausgeschlossene,das Undenkbare.Der enttäuschte Liebhaber kann nicht aufhörenzu lieben. Und so hat Gott sein ‚Ja’ ein fürallemal gesprochen; jetzt können nur noch wirselbst ‚nein’ sagen. Gottes ‚Ja’ aber bleibt bestehen,unwandelbar und unveränderlich; sein ‚Ja’ zustörrischen, zur lieblosen, zur ach so oft fruchtlosenWelt.So wird uns das bittere Lied von der enttäuschtenLiebe Gottes, das Lied von den bitterenTrauben zur Erinnerung daran, daß das nichtnoch einmal geschehen darf, nicht noch einmalgeschehen kann: Daß Gottes Liebe und Fürs<strong>org</strong>everschwendet, daß seine Mühe an uns vergeudetwäre. Wir können ja gar nicht anders als Fruchtbringen. Was auch sonst, nach allem, was Gottfür uns getan hat?Was das heißt? Nun, wo Gott Liebe und Fürs<strong>org</strong>esät, da will er auch Liebe und Fürs<strong>org</strong>e ernten.Liebe zu den Menschen, so wie er sich seineLiebe etwas, nein: alles hat kosten lassen. So kannes doch gar nicht anders sein, als daß diese Liebeauch bei uns Früchte trägt: Liebe zu denen, dieuns im Weinberg Gottes begegnen: Schwesternund Brüder, angefangen in Gottes Kirche undLiebe zu den von Gott geliebten Menschen draußen,außerhalb der Kirche und Gemeinde, Liebetrotz aller Enttäuschung, Liebe trotz aller Ablehnung:Liebe und Fürs<strong>org</strong>e für den, der sie nötighat; Liebe und Fürs<strong>org</strong>e an Leib und Seele. Fürs<strong>org</strong>eauch für den Leib, weil die Bibel alleinedem nicht viel nützt, der nichts auf dem Tellerhat.Werke der Liebe und der Fürs<strong>org</strong>e – Früchteder Liebe und der Fürs<strong>org</strong>e, der Liebe und Fürs<strong>org</strong>eGottes: Das heißt, sich umeinander mühen,das heißt, einander pflegen, stärken, düngen,wachsen helfen. Damit Menschen den Wein derFreundlichkeit Gottes genießen können, daß sie


schmecken und sehen, wie freundlich er ist, derHerr des Weinbergs, der Herr der Welt, derhimmlische Liebhaber.Und es heißt, immer wieder Gottes Barmherzigkeitanrufen, wie es uns das Thema des heutigenSonntags (Reminiscere) nahelegt: Weil wir allevon der Barmherzigkeit leben, darum können wirdoch gar nicht anders, als Früchte der Barmherzigkeitbringen: Als Einzelne, in unseren Familien,in Gemeinde, in Kirche und Welt. Auf daß derWein der Freundlichkeit Gottes, der Wein derLiebe und Fürs<strong>org</strong>e Gottes uns nicht auf derZunge bitter wird, sondern alle einlädt zur großenFeier an seinem Tisch, zur Feier seiner Güte undBarmherzigkeit.Im Geist dieser Einsicht wünsche ich uns heuteeine gesegnete Gemeindeversammlung!„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsereVernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in ChristusJesus. Amen.“

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