konfirmationspredigt zu markus 9, 14-27 - Johannesgemeinde ...
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KONFIRMATIONSPREDIGT ZU MARKUS 9, <strong>14</strong>-<strong>27</strong><br />
- Pretoria, 16. Oktober 2011 (17. Sonntag nach Trinitatis) -<br />
„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die<br />
Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes<br />
sei mit euch allen. Amen.“<br />
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden;<br />
liebe Gemeinde,<br />
um den Glauben geht es heute morgen, und<br />
das ist ja nun zweifellos ein passendes Thema für<br />
einen Konfirmationsgottesdienst! Ihr habt am<br />
vergangenen Sonntag vor der Gemeinde gestanden<br />
und formuliert, was euch die Konfirmation<br />
bedeutet, und mit verschiedenen Worten habt ihr<br />
da unter anderem immer wieder gesagt: Ich<br />
möchte nun den Weg des Glaubens, den meine<br />
Eltern mit mir begonnen haben, selbständig weitergehen.<br />
Das ist schön, und das ist in der Tat der<br />
Sinn der Konfirmation, keine Frage. Nur: Was<br />
heißt das eigentlich: Ich glaube? Ich will den Weg<br />
des Glaubens gehen? Denken wir <strong>zu</strong>sammen ein<br />
bißchen darüber nach, indem wir uns den Predigttext<br />
ein wenig genauer anschauen, den wir<br />
eben schon gehrt haben, diese etwas merkwürdige<br />
Geschichte aus dem 9. Kapitel des Markusevangeliums<br />
(und wenn ihr euch einen Moment erinnert,<br />
dann fällt euch vielleicht wieder ein, daß wir<br />
auch im Unterricht schon mal über diesen Text<br />
gesprochen haben, nämlich eben als es um das<br />
Thema ‚Glauben / Glaubensbekenntnis’ ging).<br />
Was also war da los, in Galiläa?<br />
„Und sie kamen <strong>zu</strong> den Jüngern und sahen eine große<br />
Menge um sie herum und Schriftgelehrte, die mit ihnen<br />
stritten. Und sobald die Menge ihn sah, entsetzten sich<br />
alle, liefen herbei und grüßten ihn. Und er fragte sie: Was<br />
streitet ihr mit ihnen? Einer aber aus der Menge antwortete:<br />
Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht <strong>zu</strong> dir, der<br />
hat einen sprachlosen Geist. Und wo er ihn erwischt, reißt<br />
er ihn; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht<br />
mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen<br />
Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollen, und sie<br />
konnten's nicht.<br />
Na super: Kaum läßt Jesus seine Jünger mal<br />
einen Moment alleine, gibt es Streit. Noch bevor<br />
wir erfahren, worum es eigentlich geht, erfahren<br />
wir schon mal das: Ohne Jesus geht gleich alles<br />
drunter und drüber. Die Jünger, die doch schon<br />
so viel mit Jesus erlebt haben, die ihn begleitet<br />
haben und von ihm so viel gelernt haben sollten –<br />
sie stehen da wie kleine Kinder, als es ernst wird<br />
und man sie braucht, als man sie um Hilfe bittet.<br />
Ich weiß nicht, was sie versucht haben, um dem<br />
Vater und seinem schwerkranken Sohn <strong>zu</strong> helfen.<br />
Vielleicht haben sie versucht, Jesus nach<strong>zu</strong>machen,<br />
seine Worte, seine Gebete, seine Gesten; sie<br />
wollten so heilen, wie er es konnte – und mußten<br />
feststellen: Es geht nicht, wir können’s nicht. Es<br />
ist beinahe, als wollte Jesus seine Nachfolger testen,<br />
indem er sie von Zeit <strong>zu</strong> Zeit alleine läßt,<br />
indem er ihnen freie Hand gibt und sagt: Versucht<br />
ihr es doch einmal! Wie damals am See, als<br />
die Leute hungrig und müde waren und er <strong>zu</strong><br />
seinen Jüngern sagt: Gebt ihr ihnen <strong>zu</strong> essen! Und<br />
sie schauen einander an, schauen ihn an, <strong>zu</strong>cken<br />
mit den Schultern und müssen <strong>zu</strong>geben: Wie<br />
denn? Wir können’s doch nicht. Das kannst nur<br />
du!<br />
Es wäre beinahe witzig, wenn es nicht so traurig<br />
wäre: Da kommt der arme Vater mit seinem<br />
kranken Kind <strong>zu</strong> den Jüngern, weil er Hilfe sucht,<br />
und dann entwickelt sich daraus ein regelrechtes<br />
Streitgespräch unter den Theologen, so daß der<br />
Vater, um den es doch eigentlich geht, ganz in die<br />
Menge <strong>zu</strong>rückgedrängt wird und sich erst wieder<br />
mühsam <strong>zu</strong> Jesus vorkämpfen muß. Das scheint<br />
mir ein trauriges Bild dafür <strong>zu</strong> sein, wie es<br />
manchmal in der Kirche <strong>zu</strong>geht: Vor lauter Streit<br />
über die richtigen Worte oder Handlungen gerät<br />
nicht nur Jesus aus dem Blickfeld, sondern –<br />
schlimmer noch – die Menschen, denen wir doch<br />
eigentlich helfen wollen und sollen. Manchmal,<br />
scheint mir, brauchen wir diese unangenehme<br />
Erinnerung: Ohne ihn, ohne Jesus, bricht sofort<br />
alles <strong>zu</strong>sammen, da werden unsere großen Worte<br />
hohl und leer und unsere gutgemeinten Bemühungen<br />
enden im Streit. Und so muß Jesus uns<br />
immer wieder <strong>zu</strong>rechtweisen, wenn wir es mal<br />
wieder ohne ihn versucht haben, wenn wir gerade<br />
dachten, jetzt schaffen wir es doch auch schon<br />
ganz gut alleine. Was das mit der Konfirmation <strong>zu</strong><br />
tun hat? Nun, vielleicht dies: Wie immer ihr euch<br />
den Weg des Glaubens für die Zukunft vorstellt,<br />
verwechselt das bitte nicht: Konfirmation heißt<br />
nicht: Jetzt habe ich das Wesentliche verstanden,<br />
ab jetzt komme ich auch ganz gut alleine <strong>zu</strong>recht.<br />
Sondern – hoffentlich: Mir ist klargeworden, daß<br />
der Weg des Glaubens immer mehr ein Weg mit<br />
Jesus wird, weil ich immer deutlicher spüre: Ohne
ihn, ohne meine Verbindung <strong>zu</strong> Jesus, kann ich<br />
diesen Weg gar nicht gehen!<br />
Er, Jesus, aber antwortete ihnen und sprach: O du<br />
ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein?<br />
Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her <strong>zu</strong> mir!<br />
Und sie brachten ihn <strong>zu</strong> ihm. Und sogleich, als ihn der<br />
Geist sah, riss er ihn. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich<br />
und hatte Schaum vor dem Mund. Und Jesus fragte seinen<br />
Vater: Wie lange ist's, dass ihm das widerfährt? Er<br />
sprach: Von Kind auf. Und oft hat er ihn ins Feuer und<br />
ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte.<br />
Um was ging es da eigentlich? Ein verängstigter<br />
und verzweifelter Vater bittet für seinen kranken<br />
Sohn. Ein ‚sprachloser Geist’ hält das arme<br />
Kind gefangen; Besessenheit nennt man das wohl.<br />
Besessenheit, die den jungen Menschen taub und<br />
stumm macht. Besessenheit, die dem Jungen nach<br />
dem Leben trachtet. Keinen Moment kann man<br />
ihn aus dem Auge lassen, jederzeit kann der böse<br />
Geist wieder <strong>zu</strong>schlagen und den Jungen ins Verderben<br />
stürzen. Was ist das für eine Besessenheit?<br />
Die Mediziner unter uns würden vermutlich sofort<br />
auf Epilepsie tippen, alles spricht dafür: Unerklärliche<br />
Anfälle, Schaum vor dem Mund, unbeherrschte<br />
Körperreaktionen, Selbstgefährdung<br />
bis hin <strong>zu</strong> lebensgefährlichen Aktionen. Sich und<br />
andere bedroht dieser Junge oder besser: der<br />
Geist, der ihn besessen hält. Aber was ist damit<br />
eigentlich erklärt, wenn ich die Diagnose stelle:<br />
Epilepsie? Meine ich damit, daß alles eine natürliche<br />
Erklärung hat und böse Geister heut<strong>zu</strong>tage<br />
mit Medikamenten in den Griff <strong>zu</strong> bekommen<br />
sind? Ich denke doch, hier geht es um weitaus<br />
Tieferes: Was hier zwischen Jesus und dem<br />
sprachlosen Geist passiert, ist ein regelrechter<br />
Kampf: Als der Geist Jesus sieht, geht er sofort<br />
<strong>zu</strong>m Angriff über, fällt über den Jungen her, gibt<br />
noch einmal eine Kostprobe seiner dämonischen<br />
Künste und schleudert den Knaben <strong>zu</strong> Boden.<br />
Das kann er. Mehr kann er allerdings auch nicht.<br />
Reden kann er nicht, hören kann er auch nicht.<br />
Sprachloser Geist, nennt Jesus ihn und sagt ihm<br />
damit den Kampf an. Denn darum geht es, auf<br />
diesem Kampfplatz, der die Welt ist: Daß Menschen<br />
gefangen gehalten werden von Mächten,<br />
die sie <strong>zu</strong> Unmenschen machen wollen. Mächte,<br />
die einem Reden und Hören nehmen, die einen<br />
unmenschlich machen, <strong>zu</strong> Ausgestoßenen und<br />
Verzweifelten. Daß nämlich ist das Unmenschliche<br />
an diesem Geist: Reden und Hören nimmt er<br />
dem Menschen und damit das, was uns mit anderen<br />
Menschen verbindet, was uns erst wahrhaft<br />
menschlich sein läßt. Genau das also, was Gott<br />
uns <strong>zu</strong>m Menschsein gegeben hat: Sprache und<br />
Austausch, Reden und Hören. Und eben das,<br />
woran wir im Miteinander immer wieder scheitern:<br />
Unsere unerklärliche Sprachlosigkeit, unsere<br />
Unfähigkeit, einander wirklich <strong>zu</strong> verstehen, das<br />
Ergebnis unserer zerbrochenen Verständigung:<br />
Haß und Gewalt statt Zuhören und Verstehen.<br />
Davon sind wir alle immer wieder bedroht.<br />
Ihr seht: Das geht weit über das Körperliche<br />
hinaus. Denn ich will ja nun gerade nicht sagen,<br />
daß Taube und Stumme besessen oder unmenschlich<br />
sind, sondern gerade umgekehrt: Daß<br />
alles, was uns Menschen voneinander abschneidet,<br />
was uns das Reden miteinander und das Hören<br />
aufeinander verwehrt, daß das uns alle unmenschlich<br />
macht, daß uns das besessen hält.<br />
Und so entstehen all die Kämpfe und Streitigkeiten<br />
in der Welt: Mensch gegen Mensch, Mensch<br />
gegen sich selbst, Mensch gegen Gott. Und weil<br />
wir uns nicht gerne daran erinnern lassen, weil wir<br />
eigentlich <strong>zu</strong>tiefst leiden unter diesem Zustand,<br />
darum schlagen wir um uns, wenn uns jemand<br />
darauf anspricht. Wir leiden darunter und wissen<br />
doch nicht, wie wir aus diesem Zwiespalt herauskommen<br />
können. Aus eigener Kraft jedenfalls<br />
nicht – das hat der Vater des armen Knaben sehr<br />
wohl begriffen. Und so bestürmt er Jesus, fleht<br />
ihn um seine Hilfe an:<br />
Wenn du aber etwas kannst, rief der Vater, so erbarme<br />
dich unser und hilf uns! Jesus aber sprach <strong>zu</strong> ihm: Du<br />
sagst: Wenn du kannst - alle Dinge sind möglich dem, der<br />
da glaubt. Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube;<br />
hilf meinem Unglauben!<br />
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Kaum ein<br />
anderer Vers im Neuen Testament bewegt mich<br />
so wie dieser, kein anderes Wort deckt besser die<br />
Unfähigkeit des Menschen auf, sich an den eigenen<br />
Haaren aus dem Sumpf <strong>zu</strong> ziehen. „Ich glaube,<br />
hilf meinem Unglauben!“ – das heißt doch:<br />
Ich weiß, daß ich mir nicht selber helfen kann.<br />
Ich weiß doch, daß ich dich brauche. Und ich<br />
weiß, daß ich nicht mehr tun kann, als dir meine<br />
Hilflosigkeit vor die Füße <strong>zu</strong> legen, <strong>zu</strong> mehr bin<br />
ich doch gar nicht fähig. „Ich glaube, hilf meinem<br />
Unglauben!“ Nicht mal glauben kann ich aus eigener<br />
Kraft! Wer noch nie an dem Punkt war, an<br />
dem ihm / ihr das schmerzlich bewußt geworden<br />
ist: Selbst mein Glaube ist nicht mein Werk, selbst<br />
glauben kann ich nicht aus eigener Kraft ... wer<br />
noch nie an diesem Punkt angekommen ist, am
Ende seiner oder ihrer ‚Glaubenskräfte’, der hat<br />
noch nicht wirklich verstanden, was Glauben ist.<br />
Wer noch nie an dem Punkt war, daß er Jesus nur<br />
noch die eigene Schwäche, den Unglauben, den<br />
Zweifel vor die Füße legen konnte, der ist immer<br />
noch in der Gefahr, auf seinen Glauben <strong>zu</strong> bauen,<br />
auf seinen Glauben <strong>zu</strong> setzen – und damit doch<br />
wieder auf die eigenen Fähigkeiten und Kräfte.<br />
Das klingt vielleicht nicht besonders nett, gerade<br />
heute, wo ihr doch vor der Gemeinde euren<br />
Glauben bekennt und es damit auch sicher – daran<br />
zweifle ich gar nicht – ernst meint. Aber, ganz<br />
ehrlich: Wer von uns wäre sich seines Glaubens<br />
denn immer und überall sicher?<br />
Es bleibt in meinem Beruf nicht aus, daß man<br />
ab und <strong>zu</strong> mit Menschen <strong>zu</strong> tun hat, denen der<br />
eigene Glaube fragwürdig geworden ist. Und die<br />
dann ein schlechtes Gewissen haben, weil sie<br />
meinen, ein Christ müsse doch einen immer stärkeren<br />
Glauben, ein ständig wachsendes Gottvertrauen<br />
haben. Soll ich euch was sagen? Ich habe<br />
sogar noch niemanden getroffen, der ehrlich mit<br />
sich selbst ist und diese Zweifel noch nicht hatte.<br />
Irgendwann kommt der Punkt, da trägst du deinen<br />
Glauben nicht mehr als stolzen Besitz vor dir<br />
her trägt, da kannst du nur noch beschämt feststellen:<br />
Und ich dachte immer, ich glaube. Und<br />
jetzt stehe ich neben diesem zerknirschten Vater<br />
und kann nur mit ihm stammeln: Hilf meinem<br />
Unglauben! Und soll ich euch noch was sagen?<br />
Gott sei Dank für jeden, der an diesem Punkt<br />
erkennt: Ohne dich, Jesus, kann ich nicht mal<br />
glauben! Denn ohne diese Einsicht machen wir<br />
uns nur etwas vor. Letztlich hauen wir uns damit<br />
selbst übers Ohr, wir glauben dann gar nicht an<br />
Gott oder an Jesus, sondern wir glauben – an<br />
unseren Glauben. Das aber ist ein schwerer Fehler,<br />
denn , damit landen wir doch immer nur wieder<br />
bei uns selbst statt bei dem, der alleine helfen<br />
kann: Jesus.<br />
Dann muß ich aber auch gleich hin<strong>zu</strong>fügen:<br />
Ich habe auch noch niemanden erlebt, der nicht<br />
die große Befreiung erfahren hat, die in diesen<br />
Worten liegt, in diesem ehrlichen Bekenntnis <strong>zu</strong>m<br />
Zweifel, <strong>zu</strong>m eigenen Unglauben. Und darin, daß<br />
Jesus dieses verknotete Bündel von Unglauben<br />
und Zweifel und Unsicherheit und Beschämung<br />
in seine Hände nimmt und sagt: Gib her, du mußt<br />
nicht mehr als das. Tu nur das eine: Gib mir deinen<br />
Unglauben und deinen Zweifel; das reicht. Ja:<br />
Nur so kann ich dir wirklich helfen:<br />
Und Jesus bedrohte den unreinen Geist und sprach <strong>zu</strong><br />
ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir:<br />
Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein!<br />
Da schrie er und riss ihn sehr und fuhr aus. Und der<br />
Knabe lag da wie tot, sodass die Menge sagte: Er ist tot.<br />
Jesus aber ergriff ihn bei der Hand und richtete ihn auf,<br />
und er stand auf.<br />
So heilt Jesus, daß er unseren Unglauben<br />
nimmt und unseren Zweifel und es gut sein läßt.<br />
Keine Glaubensprüfung, kein: Das reicht mir aber<br />
noch nicht, komm nächsten Monat noch mal<br />
wieder, kein: Da mußt du aber wohl noch dran<br />
arbeiten. Sondern nur dies: Gib mir deinen<br />
schwachen, angefochtenen Glauben, deine Zweifel<br />
und deine Unsicherheit. Du mußt dich nicht<br />
dafür schämen.<br />
Die Jünger brauchen noch einen Moment länger<br />
bis sie das einsehen: Und als er heimkam, fragten<br />
ihn seine Jünger für sich allein: Warum konnten wir ihn<br />
nicht austreiben? Und er sprach: Diese Art kann durch<br />
nichts ausfahren als durch Beten.“<br />
Ein seltsamer Schluß? Nur wenn man das<br />
falsch versteht. Jesus meint damit ja nicht bestimmte<br />
Gebete, geheime Formeln, die man kennen<br />
muß, um Wunder <strong>zu</strong> wirken. Auch das Wort Jesu:<br />
„Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“,<br />
heißt ja nicht: Wer glaubt, kann die tollsten Zaubertricks<br />
vorführen. Sondern beides meint dasselbe:<br />
Ohne mich, ohne Jesus könnt ihr nichts<br />
tun. Und das entdecke ich eben im Gebet, wenn<br />
ich alle meine Sorge, meine Unsicherheit, auch<br />
meine Fragen im Glauben und meinen Zweifel <strong>zu</strong><br />
Gott bringe, wenn ich gerade nichts mehr von<br />
mir selbst, sondern alles von ihm erwarte. In dieser<br />
Haltung kann ich etwas tun – nein, Quatsch:<br />
Nicht ich! In dieser Haltung des Gebets kann er<br />
etwas tun, ja: in dieser Haltung kann er alles durch<br />
mich tun, alles das nämlich, was er tun will, was er<br />
durch mich tun will. In der Haltung des Gebets,<br />
die nichts anderes ist als die Haltung des Glaubens,<br />
der wiederum nichts anderes ist als die Einsicht:<br />
Ohne dich, Herr, kann ich nichts tun.<br />
Das, liebe Konfirmanden, ist vielleicht alles<br />
etwas ernüchternd und wenig erbaulich an eurem<br />
großen, feierlichen Tag. Aber es ist doch wichtig<br />
und wahr: Wir feiern eben nicht euren Glauben<br />
(so wenig wie irgend jemand von uns älteren<br />
Grund hat, seinen eigenen Glauben <strong>zu</strong> feiern). Ihr<br />
bekommt heute nicht ein fein geschnürtes Päckchen<br />
mit, in dem alles drinnen ist, was ihr in Zu-
kunft braucht. Euer Glaube ist mit diesem Tag<br />
nicht etwa fertig und abgeschlossen – im Gegenteil:<br />
Heute beginnt für euch die spannende Reise<br />
des Glaubens noch einmal neu, und wenn ihr im<br />
Laufe der Jahre feststellen werdet, daß dieser Weg<br />
nicht schnurgerade verläuft, daß es immer wieder<br />
Veränderungen geben wird, ja, daß euer Glaube<br />
selbst sich immer wieder verwandeln und verändern<br />
wird; wenn ihr all das erlebt, dann erschreckt<br />
nicht und seid nicht verwundert, sondern denkt<br />
daran, daß Glaube immer wieder anfängt mit diesem<br />
zaghaften, leisen aber ehrlichen Bekenntnis:<br />
Ich vertraue dir, lieber Herr, hilf mir in all meinen<br />
Fragen und Zweifeln und mit meiner Unsicherheit<br />
und meinem Unglauben.<br />
Keiner von uns kann euch sagen, wie euer weiterer<br />
Weg aussehen wird, auch ich nicht. Vielleicht<br />
werdet ihr auch öfter mal enttäuscht sein<br />
von der Kirche und ihren Vertretern, so wie der<br />
Vater des kranken Jungen enttäuscht war von den<br />
Jüngern und ihrer Dummheit. Aber das kann ich<br />
euch versprechen: Wann immer ihr mit euren<br />
Fragen und Zweifeln, mit eurem kleinen und<br />
schwachen Glauben <strong>zu</strong> Gott kommt, wird er euch<br />
nicht enttäuschen. Vielleicht anders als ihr es euch<br />
wünscht, anders als andere es euch erzählen oder<br />
weismachen wollen, aber immer so, daß ihr erfahrt:<br />
Bei diesem Herrn bin ich mit meinem Leben<br />
am besten aufgehoben, diesem Herrn lohnt<br />
es sich <strong>zu</strong> vertrauen, unbedingt, komme was wolle.<br />
Da<strong>zu</strong> wünsche ich euch Gottes Segen, da<strong>zu</strong><br />
verspreche ich euch als Pastor und wir als Gemeinde<br />
euch unsere guten Wünsche, unsere Gebete<br />
und unsere Unterstüt<strong>zu</strong>ng!<br />
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere<br />
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus<br />
Jesus. Amen.“