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16<br />
GesUnDHeit<br />
Das Gedächtnis lässt nach –<br />
was ist zu tun?<br />
„Sie können Ihre Mutter hier abholen. Sie fin<strong>de</strong>t nicht<br />
mehr alleine <strong>de</strong>n Weg zurück in ihre Wohnung“. Der<br />
Anruf um 16:40 Uhr markierte <strong>de</strong>n Beginn umfangreicher<br />
Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Familie. Die Mutter,<br />
67 Jahre, rüstig, noch letztes Jahr auf einer Kreuzfahrt<br />
unterwegs, lei<strong>de</strong>t unter Gedächtnisverlust. Die<br />
Vergesslichkeit bei <strong>de</strong>r Mutter dauert an und wird im<br />
Verlauf von Monaten sogar stetig schlimmer – eher<br />
ein Hinweis auf eine Demenzentwicklung. Der Beginn<br />
<strong>de</strong>r Symptome im Alter von über 60 Jahren spricht<br />
eher für eine gutartige Altersvergesslichkeit, aber<br />
eine an<strong>de</strong>re Ursache ist damit nicht ausgeschlossen.<br />
Was tun? Als erstes <strong>de</strong>r Gang zum Hausarzt. Stoffwechsel,<br />
Kreislauf, Herz und Lungen, Nieren, Schilddrüse,<br />
Entzündungswerte, Blutbild und Vitamin B12<br />
und Folsäure überprüft: alles normal, keine Hinweise<br />
auf eine Depression. Das Fazit: „Ich empfehle Ihnen,<br />
noch ergänzend eine neurologische Abklärung bei<br />
Ihrer Mutter durchführen zu lassen.“<br />
Die Untersuchung <strong>de</strong>r Gefäßversorgung <strong>de</strong>s Gehirns<br />
war dort unauffällig, die Gedächtnis-Tests bestätigten<br />
eine Einschränkung <strong>de</strong>r Merkfähigkeit. Der Neurologe<br />
veranlasste die Computertomographie <strong>de</strong>s<br />
Gehirns. Ein Tumor, eine Erweiterung <strong>de</strong>r Flüssigkeitsräume<br />
im Gehirn und eine Entzündung waren<br />
ausgeschlossen – aber eine Verschmälerung <strong>de</strong>r<br />
Hirnrin<strong>de</strong> fiel auf.<br />
Die Vermutung wur<strong>de</strong> bestätigt, die „Alzheimer’sche<br />
Krankheit“ hatte begonnen. Was jetzt? „Die Medikamente,<br />
die uns zur Verfügung stehen, können die<br />
Krankheit nicht heilen, aber <strong>de</strong>n Krankheitsverlauf<br />
hinauszögern.“ Die Medikamentenbehandlung mit<br />
Donepezil, Rivastigmin o<strong>de</strong>r Galantamin verhin<strong>de</strong>rt,<br />
dass <strong>de</strong>r Nerven-Botenstoff Acetylcholin im Gehirn<br />
wie<strong>de</strong>r abgebaut wird. Diese sogenannten Acetylcholinesterase-Hemmer<br />
sorgen also dafür, dass dieser<br />
Botenstoff länger zur Verfügung steht. Damit kann<br />
dieser auch die Verarbeitung von Informationen im<br />
Gehirn verbessern. Ein an<strong>de</strong>rer Wirkstoff, Memantine,<br />
verän<strong>de</strong>rt die schädlichen Auswirkungen von Glutamat,<br />
einem an<strong>de</strong>ren Botenstoff, an <strong>de</strong>n Rezeptoren.<br />
Auf diese Weise können Lernsignale wie<strong>de</strong>r erkannt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Aber auch körperliche Bewegung verhin<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n<br />
Abbau geistiger Leistung, wie in einer wissenschaftlichen<br />
Studie nachgewiesen wer<strong>de</strong>n konnte. Zwei bis<br />
drei Stun<strong>de</strong>n körperliche Aktivität sind gleich wirksam<br />
wie eine medikamentöse Behandlung.<br />
Der Verlauf bei Demenzpatienten schreitet <strong>de</strong>nnoch<br />
– wenn auch verlangsamt – weiter voran. Geduldig<br />
sein und Zeit geben (Minuten, nicht Sekun<strong>de</strong>n) sind<br />
angesagt. Das Leben wird schwieriger, frem<strong>de</strong> Hilfen<br />
wer<strong>de</strong>n nötig. An dieser Stelle wird es schwierig,<br />
einen Überblick zu behalten, welche Hilfen es gibt,<br />
wer sie anbietet und wie die Hilfe zum Patienten<br />
kommt. In <strong>Mannheim</strong> und Umgebung wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb<br />
eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die <strong>de</strong>n Hilfebedarf<br />
ermittelt und die entsprechen<strong>de</strong>n Hilfen<br />
vermittelt. „Der Direkte Draht“, so heißt die Koordinierungsstelle,<br />
arbeitet ehrenamtlich. In seiner Arbeit<br />
will <strong>de</strong>r gemeinnützige Verein die Versorgung von<br />
Demenzkranken und die Situation pflegen<strong>de</strong>r Ange -<br />
höriger verbessern. Ziel ist, die persönliche Um ge -<br />
bung, die Lebensgewohnheiten, die Mobilität und die<br />
menschlichen Beziehungen zu erhalten. Für die<br />
Zukunft eine Herausfor<strong>de</strong>rung, <strong>de</strong>nkt man an die<br />
<strong>de</strong>mographische Entwicklung <strong>de</strong>r Bevölkerung. Die<br />
Zahl <strong>de</strong>r Demenzpatienten wird zunehmen, ein Versorgungsengpass<br />
wird bereits jetzt erkennbar. Hier<br />
sind sinnvolle Maßnahmen und <strong>de</strong>r Aufbau neuer<br />
Strukturen gefor<strong>de</strong>rt.<br />
Dr. Manfred Mayer, <strong>Mannheim</strong>