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abo - Sailing Journal

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034 | WWW.SAILING–JOURNAL.DE | AUSGABE 04/2009 | AUGUST/SEPTEMBER | D 5,80 € | A 5,80 € | CH 10,- SFR | Benelux/E/I 6,50 € | WWW.SAILING–JOURNAL.DE |


Mehr über BMW<br />

www.bmw.de Freude am Fahren<br />

IN BETWEEN<br />

editorial<br />

03<br />

In between<br />

Let me apologize to begin with<br />

Let me apologize for what I’m <strong>abo</strong>ut to say<br />

The things I wanna say to you get lost before they come<br />

The only thing that’s worse than one is none.<br />

Ja, spricht der Mensch denn nicht seine Muttersprache? Bietet das<br />

Deutsche ihm keine adäquate Ausdrucksmöglichkeit? – Screw it!<br />

Was wäre, wenn mir die Worte fehlten?? Was wäre, wenn die Din-<br />

BENDIX HÜGELMANN, REDAKTEUR<br />

DES SAILING JOURNAL<br />

ge, die ich sagen möchte, verloren gingen, bevor sie ausgesprochen<br />

würden? Was wäre, wenn … Was wäre, wenn … Was wäre, wenn es Momente gäbe, wo einen<br />

diese Frage nicht weiterbringt. Würde man ihn erkennen, diesen Moment. Diese Situation, in der<br />

egal was man sagt, jedes gesprochene, geschriebene Wort ein Wort zu viel zu sein scheint. Ich<br />

habe keine Antwort auf diese Frage.<br />

Ein solcher Moment trifft einen immer unvorbereitet. Wie sollte man sich auch auf etwas vorbereiten,<br />

was man nicht kommen sieht, was einem den Boden unter den Füßen wegzieht, sich anfühlt,<br />

als würde man im Schlaf aus dem Bett fallen – nur ohne vor Schreck aufzuwachen. Was ist nur zu<br />

tun? Die Antworten auf meine Fragen gingen auf dem Weg in meine Fingerspitzen verloren.<br />

Am Montag, dem 20. Juli 2009, ging Sabine Jüttner-Storp im Rahmen des zweiten Legs der Baltic<br />

Sprint Cup Regatta vor Bornholm über Bord. Die Suche nach der erfahrenen, respektierten und<br />

geschätzten Seglerin wurde am nächsten Tag um 10 Uhr erfolglos eingestellt.<br />

Ich habe Sabine als erfahrene, kompetente, vorsichtige und zu guter Letzt freundliche und stets<br />

hilfsbereite Seglerin im Rahmen des letzten Baltic Sprint Cups kennengelernt. Gemeinsam mit ihrer<br />

Damen-Crew bewies sie auf vielen Offshoreregatten eindrucksvoll, dass der Segelsport schon<br />

lange keine reine Männerdomäne mehr ist. Die Nachricht ihres tragischen Unfalls erwischte mich<br />

trotzdem eiskalt kurz vor dem Schlafengehen. Fassungslos saß ich am Schreibtisch. So etwas passiert<br />

doch einfach nicht! Bohrende Fragen im Kopf, am darauf folgenden Tag ein nicht ruhen wollendes<br />

Telefon. „Hast du schon gehört, wie furchtbar.“ Es war überraschend, wie eng die Szene in<br />

dieser dunklen Stunde zusammenrückte, um Mitgefühl zu äußern.<br />

Auch wenn die faktische Aufarbeitung des Unfalls noch nicht abgeschlossen ist und der Schock<br />

noch tief in den Knien der Segelgemeinde steckt, hoffe ich, dass ein jeder sich Zeit nimmt, in sich<br />

zu gehen, damit so ein schrecklicher Unfall nie wieder passiert.<br />

Unser aller Mitgefühl gilt in diesem schweren Moment und darüber hinaus der hinterbliebenen<br />

Familie. Ich bin mir an dieser Stelle sicher, dass man sich mit Freude an Sabine erinnern wird.<br />

Let me apologize to begin with<br />

Let me apologize for what I’m <strong>abo</strong>ut to say<br />

And I cannot explain to you<br />

In anything I say or do<br />

I hope the actions speak the words they can.<br />

SONGTEXT: LINKIN PARK


04<br />

EINBLICK!<br />

BACKE, BACKE, KUCHEN<br />

DER BÄCKER HAT GERUFEN!<br />

WER WILL GUTEN KUCHEN BACKEN<br />

DER MUSS HABEN SIEBEN SACHEN:<br />

EIER UND SCHMALZ<br />

BUTTER UND SALZ<br />

MILCH UND MEHL<br />

SAFRAN MACHT DEN KUCHEN GEHL!<br />

SCHIEB, SCHIEB IN´N OFEN ´NEIN.<br />

© Foto Matt. Müncheberg Melodie Volkslied 19. Jh (ca. 1895)<br />

DISTANZ<br />

MATHIAS BRÜCKERT, OFFSHORESEGLER, JUGENDOBMANN SVS.H.<br />

Vielleicht braucht man einfach ab und zu<br />

ein bisschen Distanz zum Wasser, um einen<br />

anderen Blick auf unseren Sport zu bekommen.<br />

Distanz zum Wasser habe ich studienbedingt<br />

leider genug, aber umso mehr<br />

segle ich mit offenen Augen, und umso<br />

mehr Zeit bleibt zum Nachdenken über die<br />

Entwicklung des Segelsports. Unser Sport<br />

pendelt zwischen zwei Extremen wie kaum<br />

ein anderer, zwischen der glitzernden Welt<br />

der Medien, der großen Sponsoren und<br />

auf der anderen Seite der schnöden Realität,<br />

die wir vor unserer Haustür finden.<br />

Wir bejubeln, dem Zeitgeist gehorchend und gebannt von den spektakulären Bildern, die<br />

Seehelden, die den Open60 ihres Sponsors allein um die Welt jagen. Wissend, dass sie gute<br />

Chancen haben, dass ihnen Ruder, Mast, Kiel oder alle drei die Gefolgschaft versagen. Wissend,<br />

dass nicht wenige von ihnen schon im Schlaf mit Fischern oder Frachtern kollidiert sind,<br />

während ihr Boot allein segelte. Und fest einplanend, dass Küstenwache und Marine bei Rettungsaktionen<br />

ihr Leben riskieren, wenn die Designer im Kampf um die Kilos wieder einmal<br />

zu hoch gepokert haben. Wir auf der anderen Seite jubeln, wissend, dass es nicht richtig<br />

sein kann, wenn die Hälfte einer Regattafl otte nicht am Ziel ankommt, wenn Sechzigfüßer mit<br />

schlafenden Skippern durch Treibeis oder Küstengewässer segeln und wenn Crews ihre Boote<br />

kaum noch im Griff haben. Aber wir hinterfragen nicht. Wir sind gebannt von den Bildern.<br />

Das andere Extrem ist die nicht zu ignorierende Realität an Deutschlands Küsten. Völlig vertrimmte<br />

Segel, Vierblattfestpropeller und Boote, die man mit viel gutem Willen als Raumwunder<br />

bezeichnen kann, sind schon lange eher Regel als Ausnahme. Die übliche Besegelung<br />

beschränkt sich auf die ausgerollte Genua. Seemannschaft beschränkt sich auf das Zitieren<br />

von Magazinartikeln im Stile von „Keine Angst vorm Spinnaker“. Im Bootskauf ist Geiz schon<br />

lange geil. Der ehemals mündige Segler vertraut blind den Lobeshymnen der einschlägigen<br />

Gazetten, unfähig, sich ein eigenes Bild zu machen. Auch hier wird nicht hinterfragt, sondern<br />

nachgesprochen, was die Presse präsentiert.<br />

Der vielfach beschworene Wegfall der Mittelklasse – im Segelsport ist er schon in vollem<br />

Gange. Zwischen den mit Sponsorengeldern überhäuften Profi seglern und Kadersportlern<br />

und den Ahnungslosen, die den selbstverschuldeten Gang in die seglerische Unmündigkeit<br />

in vollen Zügen genießen, sinkt die Zahl derer, die Segeln ernsthaft als Sport betreiben und<br />

trotzdem als Freizeit genießen. Es sinkt die Zahl derer, die sportlich segeln, ohne gleich ihr<br />

Leben und das anderer zu riskieren. Und es sinkt die Zahl derer, die ihr Wissen weitergeben<br />

können und wollen, an die nächste Generation guter Segler.<br />

In welche Richtung der von Medien, Werften und Zulieferern umworbene Segelsport geht,<br />

weiß wohl noch keiner. Aber ein bisschen Nachdenken, auch um den Preis der Distanz zum<br />

Wasser, mag da nicht schaden.<br />

vorwort


06 INHALT<br />

24<br />

V E N E D I G , G E N U A , L I S S A B O N<br />

38<br />

N I L<br />

56<br />

R O L E X B A L T I C W E E K<br />

72<br />

A N T I B E S & M O O N B E A M I V<br />

90<br />

U S A F L U S S R E I S E<br />

98<br />

R A N G E R<br />

E D I T O R I A L 0 0 3 E I N B L I C K 0 0 4 V O R W O R T 0 0 5 I N H A L T 0 0 6<br />

S E G E L S Z E N E 0 0 8 T E S T T E C H N I K 0 1 6 R E G E L N T E C H N I K 0 1 8<br />

O N B O A R D T E C H N I K 0 2 0 S H O R T T R A C K S 0 3 4 / 0 6 6 P R O D U K T E<br />

0 5 4 S A I L S T Y L E 0 8 8 H Ö R E N & L E S E N 9 6 A B O N N E M E N T 1 0 8<br />

R A C E T R A C K S 1 1 0 H E R S T E L L E R 1 1 1 K O L U M N E 1 1 2<br />

A U S B L I C K / I M P R E S S U M 1 1 3<br />

COVERSHOT © TOM KÖRBER


WORLD MATCH RACING TOUR<br />

Die Goldmedaillengewinner im 49er von Beijing, die beiden Dänen Jonas<br />

Warrer und Martin Kirketerp, tauschen ihr Skiff gegen den DS Matcher<br />

37, um im August beim Stop-over der World Match Racing Tour im Rahmen<br />

der Danish Open vor Arhus anzutreten. Seitdem die Teilnahme durch<br />

das Erlangen einer der beiden offenen Wild-Card-Plätze gesichert ist, besteht<br />

der Alltag der beiden Segler und ihrer Crew nur noch aus Training,<br />

Training, Training. Bei der World Match Racing Tour handelt es sich um<br />

eine der hochkarätigsten Profi serien im Regattasport. Jährlich besucht<br />

die Tour zehn Events auf dem Globus, der Gesamtsieger der sportlichen<br />

Rundreise darf sich am Jahresende Match-Race-Weltmeister betiteln und<br />

kassiert darüber hinaus einen ordentlichen Anteil der insgesamt 1,5 Millionen<br />

Dollar Preisgeld, die im Rahmen der WMRT vergeben werden.<br />

INFO WWW.WORLDMATCHRACINGTOUR.COM<br />

PIMP MY RIDE<br />

Der Greifswalder Yachtausrüster Wendel & Rados bietet ein hochwertiges<br />

Multimediapaket an, das individuell auf die Yacht und die Wünsche<br />

des entsprechenden Eigners abgestimmt werden kann. Das Kernstück ist<br />

eine leistungsfähige Home-Entertainment-Anlage aus dem Hause Bose,<br />

kombiniert mit hochwertigen LCD-Flachbildschirmen, die auf Wunsch<br />

auch ausfahrbar eingebaut werden können. Eine selbstnachführende<br />

Antenne der Firma Raymarine sorgt auf ihrem Heckmast auch auf dem<br />

Wasser für digitalen Fernsehempfang via Satellit. Optional ist ebenfalls<br />

der Einbau eines DVD- bzw. Blue-Ray-Players möglich. Bild und Ton<br />

können auf mehrere Kojen verteilt werden – selbst den Kartenplotter im<br />

Cockpit machen die Spezialisten mithilfe wasserdichter Speziallautsprecher<br />

im Cockpit zum HiFi-Fernsehgerät. „Geht nicht“ gibt’s nicht – das<br />

war die Devise bei der Entwicklung und so haben die Spezialisten sogar<br />

ein W-Lan mit High-Speed-Internetverbindung via UMTS integriert. Bei<br />

Interesse steht eine eigens zu diesem Zweck umgebaute Hanse 470 zu<br />

Besichtigungszwecken zur Verfügung.<br />

INFO WWW.YACHTAUSRUESTER.DE<br />

MATCH-RACE-WM<br />

Silke Hahlbrock und ihr Team vom Hamburger Segel-Club (HSC) haben<br />

bei der Match-Race-Weltmeisterschaft für Frauen Platz elf belegt.<br />

Die Weltranglisten-Sechsten kamen im Feld der zwölf Teilnehmerinnen<br />

aus sieben Nationen auf der Ostsee vor Lysekil in der Vorrunde nur auf<br />

zwei Siege in elf Duellen. Damit hatte das einzige deutsche Team in<br />

Schweden bereits den Sprung ins Viertelfi nale der besten sechs Crews<br />

verpasst. Kurios in Schweden: Aufgrund stürmischer Winde musste<br />

die Wettfahrtleitung die Viertelfi nalrunde komplett absagen und<br />

schickte anstelle der besten sechs Steuerfrauen die besten vier direkt<br />

in die Halbfi nal-Begegnungen, in denen sich die Australierin Nicole<br />

Souter und – nach zweijähriger Wettkampfpause – die Schwedin Marie<br />

Björling durchsetzen konnten. Neue Match-Race-Weltmeisterinnen<br />

wurden die Australierin Nicole Souter und ihr Team aus Down Under.<br />

Souter besiegte im packenden Finale Lokalmatadorin Marie Björling.<br />

8<br />

ALINGHI I<br />

ALINGHI, der Verteidiger des 33. America‘s Cup, kann für diese Kampagne einen der weltweit bekanntesten Mehrrumpfsegler an<br />

Bord begrüßen: Loïck Peyron. Der 50-jährige Franzose hat den Atlantik 43-mal überquert, 18-mal davon einhändig. Er ist zweimal<br />

um die Welt gesegelt und hat drei Transat-Titel sowie zwei Transat-Jacques-Vabre-Trophäen auf seinem Konto. „In den Gedanken<br />

jedes Seglers spielt der America‘s Cup eine wichtige Rolle. Ich habe ihn während vieler Jahre verfolgt und es macht mich stolz, dass<br />

ich nun für ein Team wie ALINGHI segeln darf”, sagt Peyron.<br />

INFO WWW.ALINGHI.COM<br />

ALINGHI II<br />

Am Nachmittag des 08. Juli um 16 Uhr wurde ALINGHI 5, der neue Katamaran des America‘s-Cup-Titelverteidigers, von<br />

einem russischen Mi-26-Helikopter aus dem Zelt im schweizerischen Villeneuve gehoben, wo das Boot gebaut worden war.<br />

Der größte und stärkste Helikopter der Welt fl og den Kat zur Wasserung auf dem Genfersee. ALINGHI 5 ist der erste Schritt<br />

im Entwicklungsprozess im Hinblick auf den 33. America‘s Cup. Das Team konzentriert sich nun darauf, das Boot in den<br />

nächsten Wochen fürs Segeln klar zu machen.<br />

INFO WWW.ALINGHI.COM<br />

ALINGHI III<br />

Nachdem der im Zuge des Rechtsstreits zwischen BMW ORACLE und ALINGHI gebaute Trimaran BOR90 bereits seit einiger<br />

Zeit in der Bucht von San Diego getestet wird, hat nun auch ALINGHI am 20.07.2009 die Jungfernfahrt mit dem frisch getauften<br />

Monster-Kat ALINGHI 5 auf dem Genfersee bestritten. Der 90-Fuß-Mehrrümpfer wurde gegen Mittag von mehreren<br />

Hundert Zuschauern mit Applaus vom Dock in Le Bouveret zur Jungfernfahrt verabschiedet. Murray Jones, der die anfänglichen<br />

Trials auf dem riesigen Mehrrümpfer durchführt, der einen ersten Schritt im Entwicklungsprozess hinsichtlich des 33.<br />

America‘s Cup bedeutet, gab seinen Kommentar zu einem guten ersten Tag auf dem Wasser ab: „Wir sind heute Vormittag<br />

mit einer Liste von Zielen losgefahren, durch die wir uns hindurcharbeiten wollten: Wir wollten das Boot testen, die Struktur<br />

beobachten, einige Manöver durchführen und schauen, ob alle Segel funktionieren, und alles ging ziemlich gut; wir konnten<br />

praktisch alles abstreichen. Es gibt auf dem Boot viele Systeme, die kompliziert und neu sind, aber es war fantastisch. Das<br />

Boot ist ein Tribut an die Designer und Bootsbauer. Ein Boot von dieser Komplexität abzuliefern, das am ersten Tag schon so<br />

gut funktioniert, ist beeindruckend, sehr beeindruckend.” Grant Simmer, der Koordinator des Designteams, fügte am Ende<br />

dieses bedeutungsvollen Segeltags hinzu: „Es war aufregend, das Boot das erste Mal beim Segeln zu sehen, nach all dieser<br />

Zeit mit Design, Bootsbau und Segelmacherei; dass wir gesehen haben, wie alle diese Teile zusammenkommen und dass<br />

die Maschine funktioniert, ist großartig! Wir freuen uns schon auf morgen.” Bleibt für den Rest der Segelwelt nur zu hoffen,<br />

dass die beiden Streithähne endlich aufhören, sich vor Gericht mit Sand zu bewerfen, und den America’s Cup dorthin zurückbringen,<br />

wo er hingehört – aufs Wasser!<br />

ROLEX ILHABELA SAILING WEEK<br />

Die Rolex Ilhabela <strong>Sailing</strong> Week begann mit einer 55-Seemeilen-<br />

Langstrecke und dem dazugehörigen Massenstart, bei dem sich<br />

205 Yachten aus den Klassen S40, ORCi und ORC Club unter blauem<br />

Himmel bei 22 Knoten an der Startlinie aufreihten. Namhafte<br />

Segler aus dem südamerikanischen Raum waren angereist, um<br />

sich gemeinsam mit der Konkurrenz den starken, drehenden Winden,<br />

den allzeit großen Wellen und komplizierten Strömungen zu<br />

stellen. Gelten karibische Regatten als besonders unterhaltsam<br />

und europäische als besonders anspruchsvoll – so ist man sich auf<br />

Ilhabela sicher – bietet die ansässige Segelwoche den besten Mix aus beidem. In der neuen, brasilianischen S40-Klasse, einer Yacht,<br />

entwickelt für maximalen offshoretauglichen Segelspaß, stand nach sechs Rennen das argentinische Team der CUSI 5 von Skipper<br />

Jose Esteves ganz oben auf dem Treppchen, jedoch punktgleich mit dem zweiten Sieger, TEAM MITSUBISHI aus Brasilien. Mit zwei<br />

neu bestellten Booten befi ndet sich die Klasse der S40 auf einem guten Weg.<br />

QUATER TON CUP<br />

Der Yachtausrüster Wendel & Rados hat zwei neue Optimisten an die Jugendabteilung der Greifswalder Segelvereine gestiftet<br />

und unterstützt somit den aktiven Segelsport. In der gemeinsamen Jugendabteilung bündeln die vier Greifswalder Segelvereine<br />

seit Langem ihre Jugendarbeit. So lernen und trainieren die Jugendlichen gemeinsam das Segeln, obwohl sie in unterschiedlichen<br />

Vereinen Mitglied sind – ein Projekt, das bislang einmalig ist in Mecklenburg-Vorpommern. 40 Jugendliche trainieren<br />

hier regelmäßig, betreut von erfahrenen Übungsleitern – und das äußerst erfolgreich, was sich regelmäßig auf den Landesmeisterschaften<br />

der Segel-Junioren mit sehr guten Platzierungen zeigt. So wurden am 16. Mai 2009 um 16 Uhr die neuen Optimistenjollen<br />

auf dem Gelände des Greifswalder Yachtclubs in Greifswald-Wieck an die Jugendlichen übergeben und getauft.<br />

INFO WWW.YACHTAUSRÜSTER.DE<br />

HLL DRAGON GRAND PRIX<br />

Vom 13. bis 18. Juli wurde in der Strander Bucht in Form des HLL Dragon Grand Prix die deutsche Meisterschaft der Drachenklasse<br />

ausgesegelt. Erstmalig engagierte sich die Schweizer Traditionsuhrenmarke Edox als Sponsor und offi zieller Zeitnehmer. Im Rahmen<br />

des Dragon Grand Prix 2009 wurden zudem die Internationale Deutsche Meisterschaft in der Drachenklasse sowie das Childhood<br />

Golf & Race zugunsten der Kinderhilfsstiftung von Königin Silvia von Schweden ausgetragen. 67 Boote aus 13 Nationen waren<br />

angereist, um in sechs spannenden Wettfahrten den neuen Deutschen Meister zu ermitteln. Sieger des HLL Drachen Grand Prix<br />

wurde der für die Ukraine startende Marcus Wieser. Platz zwei und drei gingen ebenfalls an Schiffe aus der Ukraine, bester Deutscher<br />

wurde Jan Seekamp auf Platz vier, der in seiner ersten Saison im Drachen eine großartige Performance ablieferte. Hinter dem<br />

Namen Childhood Golf & Race verbirgt sich eine wohltätige Sportveranstaltung, bestehend aus einem Golfturnier und einer Regatta.<br />

Nach gelungenem Kanonenstart durch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen kämpften 60 Golfer auf der herrlichen Anlage<br />

von Gut Uhlenhorst um den Sieg. Um 14 Uhr stand mit Markus Diesing aus Bad Pyrmont der Sieger fest und er konnte den Preis aus<br />

den Händen von I.M. Königin Silvia von Schweden entgegennehmen. Danach ging es zur Regatta nach Strande, wo das deutsche<br />

Drachengeschwader und der Kieler Yachtclub den Teilnehmern ermöglichten, bei einer Fuchsjagd auf dem Wasser ihr seglerisches<br />

Können unter Beweis zu stellen. Während der Siegerehrung in der eigens eingerichteten „Dragon Lounge“ im Kieler Yachtclub<br />

konnte Königin Silvia auch selbst Spenden für ihre Stiftung World Childhood Foundation entgegennehmen. Insgesamt belaufen<br />

sich die im Zuge des Childhood Golf & Race generierten Spenden auf über 207.000 Euro. Königin Silvia zeigte sich glücklich angesichts<br />

dieser enormen Summe, die nun Projekten zugunsten Not leidender Kinder zur Verfügung gestellt werden konnte.<br />

INFO WWW.HLL-DRAGON.DE<br />

WARNEMÜNDER WOCHE<br />

Die 72. Warnemünder Woche hatte alles zu bieten, von<br />

Schwachwind bis Sturm, von Tragödie bis Triumph.<br />

Maks Wojcik aus Polen konnte am Sonnabend die WM<br />

der Raceboards gewinnen und im olympischen Finn<br />

legte Jan Kurfeld aus Rostock eine beeindruckende<br />

Siegesserie hin. Insgesamt wurden bei der 72. Warnemünder<br />

Woche Titel in 24 Wertungsklassen vergeben.<br />

Gut 1.700 Segler aus 31 Nationen lieferten sich in mehr als 750 Booten und Boards harte Kämpfe. An Land zählten der „Niege<br />

Ümgang“ zum Auftakt, das Rostocker Pilsener Waschzuberrennen und die Drachenbootrennen zu den Highlights. Insgesamt<br />

besuchten rund 700.000 Gäste die Veranstaltung – so viele wie nie zuvor. Das zweite Wochenende der Warnemünder Woche<br />

bot Extreme: Viel Wind kostete die Segler am Sonnabend alle Kraftreserven, am Sonntag hieß es dann, sich bei Schwachwind in<br />

Geduld zu üben. Jan Kurfeld ließ dabei die Konkurrenz in der olympischen Finn-Dinghy-Klasse fast durchgängig im Heckwasser<br />

und legte mit sechs Siegen in sieben Rennen eine beeindruckende Serie vor. Bei den OK-Jollen holte sich der Neuseeländer<br />

Greg Wilcox in einem spannenden Finale den Sieg in Warnemünde. Dabei verwies er den mehrfachen Weltmeister Karsten<br />

Hitz nach sieben Rennen auf Rang zwei. Der Kieler wurde wegen Pumpens im letzten Lauf disqualifi ziert und verschenkte damit<br />

die Chance auf den Sieg. Günther Tzeschlock aus Eigeltingen am Bodensee fuhr bei den Melges 24 auf Platz eins und holte sich<br />

damit den Gesamtsieg vor dem am Vortag noch Führenden Jörn Petri aus Flensburg. Lars Bähr aus Werneuchen und sein Team<br />

zeigten in der Platu-25-Klasse bei den wechselhaften Bedingungen die beste Konstanz und holten sich den Sieg vor Reinhard<br />

Hübner aus Berlin. Und die Wertung der J/24 Klasse gewann Jan Hössermann und seine Hamburger Crew.


BLAUES BAND<br />

Das Blaue Band des Chiemsees brachte 2009 würdige Sieger hervor.<br />

Die Gruppen waren gut gefüllt mit erfahrenen, kampfbereiten Seglern<br />

und aufgerüsteten Booten aus ganz Süddeutschland und Österreich.<br />

Schnellstes Boot und damit Sieger über alles wurde Friedl Liese mit seinem<br />

eigens für Langstreckenwettfahrten konzipierten Katamaran. Auf<br />

einem Vorwindschenkel ging es nach Feldwies, dann halbwind quer<br />

über den See nach Seebruck und von dort zurück zum Ziel nach Prien.<br />

Achim Salcher war nach mehreren Jahren wieder mit einer Libera und<br />

dementsprechend großen Mannschaft am Start. Mit dem größten Schiff<br />

im Feld profi tierte er davon, dass er noch mit der letzten vernünftigen<br />

Brise ins Ziel kam. Er gewann das Blaue Band nach berechneter Zeit<br />

(Yardstick). Doch gleich nach der ersten Bahnmarke in Felden übernahm<br />

Liese mit einem cleveren Raumschotschlag die Führung, baute sie auf<br />

einem langen Bein nach Seebruck aus und kam mit achteinhalb Minuten<br />

Vorsprung ins Ziel, nur sechs Minuten über dem bestehenden Rekord.<br />

RUND UM<br />

Die 59. RUND UM den Bodensee wurde bei Flaute gestartet und ging 24<br />

Stunden später bei Flaute zu Ende. Der Ungar Zsolt Kiraly vom Plattensee hat<br />

mit der Libera RAFFICA den besten Riecher für den wenigen Wind gehabt.<br />

Durch die Dauerfl aute in der Nacht brauchte die Libera 12:02:41 Stunden<br />

für die 100 Kilometer lange Strecke von Lindau über Romanshorn, Konstanz,<br />

Überlingen und wieder zurück nach Lindau. Den zweiten Platz in der Zieleinlaufl<br />

iste belegte der Katamaran HOLY SMOKE mit Albert Schiess vom Yachtclub<br />

Arbon, Dritte wurde die Libera LILLO mit Markus Ficht vom Windclub<br />

Chiemsee. Als erstes Schiff der langsameren Startgruppe 1 lief die BALLY-<br />

HOO von Andreas Künzli vom Yachtclub Kreuzlingen ein. Das kleine Blaue<br />

Band bekommt Bernhard Kraus mit der CHAOS vom Segelclub Brunnen<br />

Forggensee. 122 der 408 gestarteten Schiffe sind ins Ziel gekommen, die anderen<br />

haben aufgegeben oder mussten wegen Überschreitens des Zeitlimits<br />

disqualifi ziert werden. Die 60. Ausgabe wird am 4. Juni 2010 gestartet.<br />

INFO WWW.LSC.DE<br />

KIELER JUGENDKUTTER<br />

Am 20. Juli verabschiedeten Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig und LSV-<br />

Vizepräsident Wolfgang Beer im Germaniahafen an der Hörn eine Gruppe<br />

von jungen Seglern des Vereins Kieler Jugendkutterprojekts e.V. Im April<br />

2001 von Jürgen Pautke gegründet, ermöglicht der Verein Kieler Jugendkutterprojekt<br />

e.V. sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen unvergessliche<br />

Segelerlebnisse auf der Kieler Förde und darüber hinaus. Das Projekt ist<br />

überwiegend spendenfi nanziert und wird unter anderem vom Landessportverband<br />

Schleswig-Holstein (LSV) gefördert. In diesem Jahr unterstützt die<br />

Landeshauptstadt Kiel das Projekt zusätzlich einmalig mit Mitteln aus dem<br />

städtischen Förderfonds Soziales, Kultur und Sport. Um sein Angebot auch<br />

in den kommenden Jahren aufrechterhalten zu können, sucht der Verein<br />

jetzt dringend Spender und weitere Mitglieder, die entweder als passive Fördermitglieder<br />

oder mit praktischer Arbeit seine Ziele unterstützen.<br />

INFO WWW.KUTTERPROJEKT.DE<br />

10<br />

UCA<br />

Ein Schiff wie ein Designerstück – formschön und präzise, rassig und doch dezent, eine hochmoderne wie zeitlose Eleganz.<br />

Das sind die ersten Eindrücke der silbernen Hightech-Yacht von Knierim Yachtbau, die jüngst die Werfthalle am Nordostseekanal<br />

in Kiel verließ. Die Brenta 60 ist für Tagestörns konzipiert und trotz ihrer Länge von 18,62 Meter bei einer Breite<br />

von 4,28 Meter auch mit einer kleinen Crew von zwei Personen oder sogar allein zu manövrieren. Klaus Murmann, Kieler<br />

Hochseesegler und Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens Knierim zeigte sich hellauf begeistert: „Ein schlichtweg<br />

grandioses Boot!“ Dass die Brenta 60 auch deutlich ungemütlichere Bedingungen nicht nur wegstecken wird, sondern sich<br />

darin sogar wohlfühlen kann, macht allein das Verhältnis von acht Tonnen Kielballast zu 13,5 Tonnen Gesamtgewicht deutlich.<br />

Das hohe aufrichtende Moment genügt einem Regattaracer. An Bord geht die meiste Arbeit mithilfe von Hydraulik<br />

und Elektroantrieb vollautomatisch. Neben dem 130 Quadratmeter messenden Großsegel ist auch das 73 Quadratmeter<br />

große Vorsegel als Rollfock aus dem Cockpit zu bedienen. Der hochwertige Navigationsbereich protzt nicht vor unnötigem<br />

Technik-Schnickschnack, sondern unterliegt strikter Funktionalität. Äußerlich hat die Brenta 60 scheinbar gar keine Fenster.<br />

Die dunkelglasigen Ausstellluken, die für gedämpften Lichteinfall und Frischluft sorgen, befi nden sich quasi im zweiten,<br />

inneren Kajütdach, das unter einer Art Außenhaube verborgen ist.<br />

BALTIC SPRINT CUP<br />

Nach dem Start in Warnemünde lief der 930 Seemeilen lange Kurs über Rønne (Dänemark/Bornholm) nach Västervik (Schweden),<br />

weiter nach Liebau (Lettland) und Swinemünde (Polen) und endete zur großen Preisverleihung am 1. August 2009 in<br />

Travemünde zum Ende der 120. Travemünder Woche. Der Baltic Sprint Cup wurde im zweiten Abschnitt (Rønne – Västervik)<br />

von einem tragischen Unfall überschattet, als die Skipperin der Frauencrew der DHH CROSS MATCH, Sabine Jüttner-Storp,<br />

während eines schwierigen Manövers bewusstlos aus dem Mast über Bord stürzte und trotz sofortiger Hilfeleistung vor den<br />

Augen der Crew in der Ostsee versank. Die Hälfte der Flotte beteiligte sich umgehend an einer groß angelegten Suchaktion<br />

– leider vergebens. Ein Gedenkgottesdienst in der St. Petrikirche zu Västervik wurde drei Tage später von Probst Clas Göran<br />

Thorell gehalten. Sowohl Göran Petersson, Präsident der International <strong>Sailing</strong> Federation (ISAF), als auch Henning Rocholl,<br />

Event Director, hielten eine emotionale Gedenkrede für Sabine. Aus Pietätsgründen wurde die zweite Etappe abgebrochen. Auf<br />

Wunsch von Sabines Familie und Freunden wurde die Serie am folgenden Tag wieder aufgenommen und die Flaggen wieder<br />

gesetzt. Champion in der IRC-Division auf der letzten 155 Seemeilen langen Regatta von Swinemünde nach Travemünde wurde<br />

die DAIKIN AICRO von dem Niederländer Frans van der Heijden und in der ORC-Club Division die IMAGINE von Holger Strekkenbach.<br />

Das Segeln war während der kompletten Regatta nie langweilig und meistens bei moderaten bis frischen westlichen<br />

Winden. Das letzte Teilstück von Swinemünde nach Travemünde bescherte nahezu alles: Harte Kreuz bis 32 Knoten, Blitze und<br />

anschließendem schnellen Wetterwechsel, der nahezu in Windstille endete. Durch dieses Wetterextrem wurde die Flotte sehr<br />

weit auseinandergezogen. Es war Samstagmorgen um 2.14 Uhr, als die OLINE als letztes Boot über die Ziellinie ging – nahezu<br />

13 Stunden nach der SCHO-KA-KOLA von Dr. Uwe Lebens, der sich ein drittes Mal die „Fastest Yacht Flag“ holte und somit auch<br />

den „Speed Award“ gewann. Der„Youth Award“, der von der Stiftung Hochseesegeln Hamburg gestiftete Jugendpreis, wurde<br />

sich von der LUV (Daniel Rüter und Crew) in der ORC-Club Division und der UTSIDER Jan Brügge und Crew in der IRC Division)<br />

geteilt. Den Team Award in der ORC-Club Division sicherte sich das Team EAST/WEST mit KÖNIG & XIE und IMAGINE.<br />

Den Baltic Sprint Cup Award, gestiftet vom Gründungskomitee, Alan Green, Sven Herlyn, Henning Rocholl und Michael Steen<br />

Jensen, für die beste Yacht nach IRC im Jahr 2008 und 2009, ging ebenfalls an die SCHO-KA-KOLA. Für viele Segler hat sich der<br />

Baltic Sprint Cup in den vergangenen fünf Jahren zu einem Klassiker entwickelt und gehört zu den Top-Events auf der Ostsee.<br />

BANQUE POPULAIRE<br />

Wie angekündigt (s. <strong>Sailing</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 2/09)<br />

machen die Jungs auf dem Tri BANQUE POPULAIRE<br />

ernst mit ihrer Ansage, alle bestehenden Rekorde<br />

zu brechen. Den Anfang machte die Crew mit einer<br />

Überquerung des Nordatlantiks von New York nach<br />

Point Lizard in drei Tagen, 15 Stunden, 25 Minuten<br />

und 48 Sekunden. Damit stellten sie den von Frank<br />

Gammas im Jahr 2007 aufgestellten Rekord ein.<br />

FLENS SUPER SAIL TOUR KELLENHUSEN<br />

Der zwölffache Europameister und frischgebackene Kieler-Woche-Sieger 2009 Detlef Mohr gewinnt mit Karen Wichardt knapp,<br />

mit nur einem Punkt Vorsprung vor dem Deutschen Meister Knud Jansen/Tina Eschle, die Flens Super Sail am vergangenen<br />

Wochenende. Bei starken Winden aus Südwest konnten die Wettfahrten 1 und 2 für Mohr nicht besser beginnen. Gleich zwei<br />

Tagessiege standen auf seinem Konto, bevor ihm dann die dritte Wettfahrt zum Verhängnis wurde. Ein großer Winddreher in<br />

der Startphase versetzte den Routinier ans Ende des Feldes, von wo er sich nicht mehr nach vorn segeln konnte. Am Sonntag<br />

plante Wettfahrtleiter Bodo von Schrader noch bis zu vier weitere Wettfahrten. Jedoch schon nach dem zweiten Zieldurchgang<br />

musste er das große Feld der Hobie 14, Hobie 16 und Hobie Tiger wieder zurück an den Strand schicken. Der Wind ließ einfach<br />

immer mehr nach und ein weiterer Start machte keinen Sinn. Mohr konnte durch einen zweiten und einen vierten Platz seinen<br />

Ausrutscher vom Samstag streichen und gewann die auch mit einem schwedischen und einem Boot aus den Niederlanden<br />

sportlich hochkarätig besetzte Serie. Eine Wiederauferstehung feierte in Kellenhusen die Klasse der Hobie 14. Unglaubliche 22<br />

Boote dieser kleinsten Katamaranklasse hatten gemeldet und waren vor allem mit jungen Nachwuchsseglern besetzt.<br />

SEA CLOUD II<br />

segelszene<br />

Nostalgische Segelromantik erleben Gäste der luxuriösen Dreimastbark<br />

SEA CLOUD II im Spätherbst 2009 auf einer Transatlantikreise.<br />

Von Gran Canaria aus führt die Route quer über den Ozean zum karibischen<br />

Inseljuwel Barbados. Eine Fahrt mit dem luxuriösen Windjammer<br />

über den Atlantik bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit für<br />

alle, die auf hoher See Stress und Hektik des 21. Jahrhunderts hinter<br />

sich lassen wollen – eine ideale Reise für Segelenthusiasten. Am 18.<br />

November sticht die SEA CLOUD II in Las Palmas/Gran Canaria in<br />

See und gleitet 17 Tage lang unter dem Passat über den Atlantik.<br />

Am 4. Dezember macht der Großsegler in Bridgetown auf Barbados<br />

fest. Buchbar ist die 17-tägige Segelkreuzfahrt ab 4.395 Euro (ab/bis<br />

Hafen pro Person in einer Zweibett-Außenkabine; Vollpension und<br />

ausgesuchte Tischweine sind im Preis inbegriffen).<br />

INFO WWW.SEACLOUD.COM oder unter 040 3095920<br />

ROBBE & BERKING CLASSICS KALENDER<br />

Der neue „Robbe & Berking Classics“-Kalender wird ab Ende September<br />

lieferbar sein. Zum Preis von 29 Euro liefert er zwei Bildseiten<br />

pro Monat, alle mit Motiven des diesjährigen Robbe & Berking Sterling<br />

Cups. Zu bestellen ist er unter:info@robbeberking.de.


OLYMPISCHES SEGELN I<br />

Als einzige deutsche Starterin bei der RS:X-Europameisterschaft der<br />

Windsurfer vor Tel Aviv (Israel) hat Amelie Lux mit 137 Punkten nach elf<br />

Wettfahrten Platz 13 belegt. Damit verfehlte die gebürtige Oldenburgerin<br />

vom Segel-Club Bad Zwischenahn ihr selbst gestecktes Ziel, unter die<br />

Top 12 und damit in den Kader des Deutschen Segler-Verbandes (DSV)<br />

zu surfen, nur knapp. Neue Europameisterin wurde die Spanierin Marina<br />

Alabau vor ihrer Landsfrau Blanca Manchon und der Britin Bryony Shaw<br />

Bei den Herren siegte Lokalmatador Shahar Zubari vor Julien Bontemps<br />

und seinem Teamkameraden Samuel Launay.<br />

OLYMPISCHES SEGELN II<br />

Des einen Freud war an diesem Segelwochenende des anderen Leid:<br />

Während Laser-radial-Steuerfrau Franziska Goltz aus Kiel bei der offenen<br />

Europameisterschaft die Kriterien zur Aufnahme in den B-Kader<br />

des Deutschen Segler-Verbandes (DSV) für 2010 erfüllte, segelte die<br />

deutsche 49er-Flotte unglücklich an der Norm vorbei. Franziska Goltz<br />

hat vor Charlottenburg in Dänemark Platz 14 in der geschlossenen europäischen<br />

Wertung belegt. Weil die für den Schweriner Segler-Verein<br />

(SSV) startende Athletin in diesem Jahr bereits im Vorwege gemeinsam<br />

mit ihrer Trainingsgruppe auf die Teilnahme an der Weltmeisterschaft<br />

in Japan verzichtet hatte, reichte ihr das gute Ergebnis bei der Europameisterschaft,<br />

um im kommenden Jahr in den B-Kader aufzusteigen.<br />

Enttäuschung dagegen machte sich am Sonntag bei den Herren im italienischen<br />

Riva del Garda breit. Die so hoffnungsfroh und mit starken<br />

Resultaten in die Weltmeisterschaft gestarteten Flensburger 49er-Segler<br />

Lennart Briesenick-Pudenz und Morten Massmann konnten ihr selbst<br />

gestecktes Minimalziel auf dem Gardasee nicht erreichen. Das Duo fi el<br />

am letzten Tag auf Platz 18 zurück und verpasste dadurch die Erfüllung<br />

der Kriterien zur Aufnahme in den B-Kader des Deutschen Segler-Verbandes<br />

(DSV) für 2010 um zwei Plätze.<br />

O-JOLLE<br />

Neuer und alter Internationaler Meister der O-Jollen-Klasse wurde vor<br />

Glücksburg der Niederländer Stefan de Vries. Der erfahrene ehemalige<br />

Finn-Segler und niederländische Trainer der Starboote und Laser hat im<br />

Finn selbst an zwei Olympischen Spielen in Athen und in Peking teilgenommen.<br />

Zweiter und bester Deutscher wurde Wolfgang Hoefener von<br />

der Segler-Vereinigung Hüde (Dümmer See), Europameister 2006 und<br />

Internationaler Deutscher Meister der Jahre 2004 und 2005. Dritter wurde<br />

Donald Lippert aus Berlin. Nachdem am ersten Wettfahrttag wegen<br />

durchgängig starker Winde nicht gesegelt werden konnte, herrschten<br />

am Dienstag gute Bedingungen, mit Wind bis zu fünf Beaufort aus westlichen<br />

Richtungen, sodass drei Wettfahrten gesegelt werden konnten.<br />

Am dritten Tag musste man bis in den Nachmittag hinein auf den Wind<br />

warten. Aufgrund einer Gewitterwarnung wurde die Bahn näher an<br />

den Hafen heran verlegt. Zu einer besonderen Herausforderung wurde<br />

schließlich der heutige letzte Wettfahrttag, der mit vielen Winddrehern<br />

eine Bahnverlegung nach der ersten Wettfahrt erforderlich machte.<br />

12<br />

29ER-WM<br />

Deutschland war mit 33 Teams überaus gut vertreten, mit Justus Schmidt und Max Boehme vom Kieler Yacht Club schaffte<br />

es sogar eine deutsche Mannschaft in die von Australien, Großbritannien und Argentinien dominierte Goldfl eet. Letztendlich<br />

mussten sich die amtierenden Deutschen Meister im Kampf um den Weltmeistertitel mit Platz 23 zufriedengeben, was jedoch<br />

angesichts der staken Konkurrenz höchst beeindruckend ist. So waren auf den Plätzen zwei und drei die frischgebackenen<br />

49er-Weltmeister Nathan Outteridge und Iain Jensen (Australien) mit ihren jeweiligen Steuerfrauen Lauren Jeffries sowie<br />

Haylee Outteridge vertreten, die sich jedoch den Vorjahresweltmeistern im 29er, Steven Thomas mit Vorschoter Blair Tuke<br />

(ebenfalls Australien) geschlagen geben mussten. Diese gewannen mit einem sensationellen Vorsprung und konnten sich<br />

somit die letzten beiden Wettfahrten sparen. Erfreulicherweise schafften es sieben deutsche Teams in die Silberfl eet, in der<br />

sie sich gut platzieren konnten. So erreichten Philipp und Thilo Kramer vom Starnberger See den vierten Platz in dieser Fleet,<br />

Philipp Müller und Moritz Janich vom Ammersee Platz sieben, Jens Thoma und Simon Woop aus Nürnberg Platz elf (alle<br />

U20). In die Bronzefl eet schafften es acht deutsche Teams, hier beeindruckte der erst 14-jährige Stefan Gieser mit Vorschoter<br />

Felix Meggendorfer auf Platz drei.<br />

TRAVEMÜNDER WOCHE<br />

Am Montag ging der erste Teil der Travemünder Woche stürmisch zu Ende. Nach drei wechselreichen Tagen standen auf den<br />

meisten Bahnen am letzten Wettfahrtstag noch keine endgültigen Sieger fest. „Gegen 13 Uhr spitzte sich die Lage zu“, berichtete<br />

der oberste Wettfahrtleiter Walter Mielke, „da drohte auf der Seebahn noch ein schweres Gewitter.“ Die laufende neunte<br />

Wettfahrt der J/24 wurde genauso abgebrochen wie die Rennen der Dyas und Trias. Kurz vor halb zwei herrschte auf der<br />

Bahn Delta bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft der 505er in den Regenböen nur noch 100 Meter Sicht. Mielke:<br />

„Dort haben wir das sechste Rennen auch mittendrin abgebrochen, weil es einfach zu gefährlich wurde.“ Zu dem Zeitpunkt<br />

war die Ziellinie für die Kieler Boris Herrmann und Julien Kleiner schon wieder zum Greifen nahe. Der Weltumsegler und der<br />

amtierende Europameister hatten zuvor bereits die erste Wettfahrt gewonnen. „Aber hinter uns zog es komplett zu, sodass wir<br />

die Entscheidung der Regattaleitung voll und ganz mittragen“, sagte der 28-jährige Herrmann, der auf der BELUGA RACER mit<br />

Felix Oehme vom Lübecker Yacht-Club das Portimão Global Ocean Race gewonnen hatte. Die IDM-Führung eroberten der<br />

Hamburger Dietrich Scheder-Bieschin und Holger Jess aus Eckernförde trotz eines siebten Tagesrangs zurück, weil sie ihren<br />

Ausrutscher (22.) vom Vortag nun streichen durften. Auf der J/24 PANTHA RHEI, was Altgriechisch ist und so viel wie „alles<br />

fl ießt“ bedeutet, fl oss wenig später Bier und Schampus. Denn die junge Mannschaft von Jan Hössermann (24) mit Bruder Sören<br />

(21), Lars Krivohlavek (22) sowie Johan Wilckens (19) und Ole Harde (21) feierte ihren ersten Triumph bei einer Meisterschaft.<br />

Platz zwei am Schlusstag unterstrich noch einmal die großartige Serie der Hamburger. „Wir haben für diese Saison mehr als<br />

sonst trainiert und ernten jetzt die Früchte“, freute sich der Skipper. Trotz eines Tagessiegs in der fi nalen Wettfahrt mussten sich<br />

die Topfavoriten der ROTOMAN um den Kieler Steuermann Kai Mares mit „Bronze“ knapp hinter Manfred Königs Quintett der<br />

VITESSE aus Hamburg begnügen.<br />

INFO WWW.TRAVEMUENDER-WOCHE.NET<br />

S40 ONE-DESIGN-KLASSE<br />

Bei der S40 handelt es sich um einen modernen One-<br />

Design-Racer aus Argentinien. Das Konzept hinter der<br />

Konstruktion von Javier Soto liegt darin, die Kosten für die<br />

Eigner bei maximalem Segelspaß so gering wie möglich zu<br />

halten. So ist das Boot bereits bei Auslieferung in einem<br />

ausgereiften OD-Zustand. Strenge Klassenregeln vermeiden<br />

zudem, dass eine durch Materialschlacht hervorgerufene<br />

Kostenbarriere den Einstieg in die Klasse behindert.<br />

Das 12,3 Meter lange Schiff verfügt über einen festen 1,4<br />

Meter langen Bowsprit, misst an der breitesten Stelle 3,75 Meter und wiegt im segelfertigen Zustand 4,2 Tonnen. Für aufrichtendes<br />

Moment sorgt eine in 2,6 Meter hängende Bombe an einem modernen T-Kiel. Dem gegenüber befi ndet sich ein typisches<br />

IRC-Rigg aus Karbon mit zwei leicht gefeilten Salingspaaren, nicht überlappenden Vorsegeln und einem Square-Top Mainsail.<br />

INFO WWW.S40OD.COM.AR<br />

Unser Beitrag zum Thema Innovation.<br />

In Summe.<br />

Der neue Panamera kommt.<br />

Summiert sich ganz schön, die Sportwagentechnik in der Premiumklasse.<br />

Beispiel Panamera 4S: 7-Gang Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK)<br />

für Gangwechsel ohne Zugkraftunterbrechung. Optionale adaptive Luft-<br />

federung von komfortabel bis sehr sportlich. Optionale Porsche Ceramic<br />

Composite Brake (PCCB) für Verzögerungswerte wie im Rennsport. Plus<br />

serienmäßige Benzindirekteinspritzung (DFI) und Auto-Start-Stop-Funktion.<br />

Ergebnis: mehr Effizienz, bessere Umweltbilanz.<br />

Porsche empfiehlt<br />

Hier erfahren Sie mehr – www.porsche.de oder Telefon 01805 356 - 911, Fax - 912 (EUR 0,14/min).<br />

Kraftstoffverbrauch l/100 km: innerstädtisch 16,4 · außerstädtisch 8,1 · insgesamt 11,1 · CO 2 -Emission: 260 g/km


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Gaastra Office Germany - Mittelweg 118 - 20148 Hamburg<br />

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16<br />

TBS ÖLZEUG – JACKE MIGVES UND HOSE MIGSAL<br />

Text Michael Walther<br />

Michael Walther ist langjähriger Formula-18-Regattasegler und mehrfacher deutscher Meister im Hobie Tiger. Er nahm als jüngster Teilnehmer und<br />

als einziger Deutscher an der wohl härtesten Formula-18-Nonstop-Regatta, dem Archipelago Raid, bisher dreimal teil. Erfahrungen mit größeren<br />

Booten hat Michael 2007 und 2008 auf Törns mit einem Seacart 30 im Dezember von Plymouth nach Kiel, rund um die Ostsee oder bei einem<br />

neuen Rekord im Februar Rund Gotland gesammelt.<br />

T BS bewirbt sein Ölzeug damit, dass Michel<br />

Desjoyeaux, einer der besten Skipper der Welt,<br />

mit dieser Bekleidung rund um den Globus<br />

segelt. Ich würde mich nie mit diesem Ausnahmeskipper<br />

vergleichen und habe es deshalb auf einem normalen<br />

Ostseetörn selbst getestet.<br />

Bei Ankunft und dem ersten Auspacken des Ölzeugs<br />

war ich mir zunächst nicht sicher. Es wirkte zwar gut<br />

verarbeitet, dennoch war ich über den sehr weichen<br />

Stoff verwundert. Atmungsaktives Ölzeug kenne ich<br />

bisher meist als sehr fest und etwas steif. Pünktlich zur<br />

Kieler Woche bot sich jedoch die ideale Testmöglichkeit.<br />

Eines der spannendsten Regatt<strong>abo</strong>ote Norddeutschlands,<br />

die OUTSIDER, sollte von Kiel nach Sandhamn und ich<br />

war mitsamt des TBS-Ölzeugs an Bord. Der Start bei 35<br />

Knoten Wind und strömendem Regen war ebenso eine<br />

Herausforderung wie die brütende Hitze und Flaute vor<br />

den schwedischen Schären. Der Start in Kiel war äußerst<br />

ungemütlich, gerade nachts verkrieche ich mich<br />

gern hinter einen hohen Kragen und freue mich, wenn<br />

die äußeren Wettereinfl üsse mich möglichst wenig stören.<br />

Dieser Kragen wirkt für mich wie ein Kompromiss<br />

zwischen Inshore- und Offshore-Ölzeug. Zwar lässt sich<br />

wie bei Musto per Klettverschluss ein weiterer Schutz<br />

hochklappen, dieser ist jedoch bei Nichtgebrauch<br />

schwierig wieder zu entfernen. TBS scheint davon<br />

ausgegangen zu sein, dass man die Kragenkonstruktion<br />

erst wieder im sicheren Hafen bei aufgehängtem<br />

Ölzeug verstaut. Dass man dies jedoch mal einhändig<br />

in tiefster Nacht schnell nebenbei hinter sich bringen<br />

möchte, scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Da<br />

kann man nicht lange einen kleinen Klettverschluss suchen,<br />

an dem man den Kragen wieder befestigen kann.<br />

Dieser muss mit einem Griff zu erreichen sein!<br />

technik test<br />

Anders verhält es sich mit der bereits angesprochenen<br />

Festigkeit des Stoffes. Der zwiespältige Eindruck<br />

beim Auspacken bestätigt sich absolut nicht.<br />

Im Gegenteil – der Tragekomfort übertrifft das Ölzeug<br />

anderer Hersteller gerade wegen des weichen<br />

und flexiblen Stoffs. Bereits nach einer Stunde habe<br />

ich angefangen, den anderen Crewmitgliedern von<br />

dem Ölzeug und dem Tragekomfort vorzuschwärmen.<br />

Dass ein weicher und flexibler Stoff auch ansonsten<br />

nicht schlechter sein muss, zeigte sich bereits<br />

in der ersten Nacht. Die OUTSIDER segelt sich<br />

bei 35 Knoten Wind auf der Kreuz alles andere als<br />

trocken. Dennoch blieb der darunter liegende Midlayer<br />

trocken und lediglich am Kragen sickerten ein<br />

paar Tropfen durch. Und auch die brütende Hitze<br />

40 Seemeilen vor Sandhamn ließ sich in der Ölzeug-<br />

Hose Migsal gut aushalten, ohne dass der Midlayer<br />

hinterher schweißnass gewesen wäre.<br />

Die weiteren Features des Ölzeugs sind nahezu identisch<br />

mit anderen Herstellern. Taschen auf Brusthöhe,<br />

in denen man die Hände nachts wärmen kann, weitere<br />

Taschen für Kleinteile, wie sie einem an Bord<br />

immer in die Hände fallen, sowie eine weitere Tasche<br />

auf dem Oberschenkel, zum Beispiel für eine Taschenlampe,<br />

die auf einem Vollkarbonschiff unabdingbar ist.<br />

Die Reißverschlüsse der Jacke und der Ölzeughose<br />

sind in beide Richtungen zu öffnen, was gerade für<br />

männliche Segler von Vorteil ist.<br />

Abschließend kann ich TBS zu dem hervorragenden<br />

Ölzeug nur gratulieren. Es wirkt durchdacht und zeigt<br />

auch, dass der erste Eindruck manchmal sehr täuschen<br />

kann. So lässt es sich angenehmer tragen als entsprechende<br />

Produkte anderer Hersteller, was insbesondere<br />

dem zunächst einfach wirkenden Stoff zu verdanken ist.


18<br />

RICHTIGER KURS – RICHTIGES LUVEN<br />

Text Willi Gohl<br />

I mmer wieder gibt es bei Regatten Diskussionen um die Frage des richtigen<br />

Kurses! Welches Boot muss seinen richtigen Kurs segeln, wann muss es dies tun,<br />

wann darf es luven? An zwei Situationen wollen wir in dieser und in der nächsten<br />

Ausgabe die Frage untersuchen und uns die betreffenden Defi nitionen und Regeln<br />

genauer ansehen. Bild 1 zeigt auszugsweise folgende Situation: Das Backbordende (Pin-<br />

End) einer Startlinie ist so stark bevorteilt, dass bei einem Winddreher nach links die<br />

Boote kaum eine Chance haben, die Linie mit Wind von Steuerbord zu queren. (Die<br />

Leistung des Wettfahrtleiters bei einer solchen Linie wollen wir hier nicht untersuchen.)<br />

Mit dem Startsignal haben alle Boote bis auf BLAU und GELB gewendet und sind mit<br />

Wind von Backbord auf die Kreuz gegangen. Um das Bild übersichtlich zu halten, haben<br />

wir auf die Darstellung der übrigen Boote verzichtet. Nach dem Startsignal segelt<br />

BLAU klar voraus von GELB, kann aber nicht luven und wenden, ohne die Regel 16.1<br />

(„Raum zum Freihalten geben“) zu verletzen. GELB luvt seinerseits nicht über die Startlinie,<br />

sondern segelt auf die Startlinienboje zu, um BLAU nicht über die Linie zu lassen.<br />

BLAU verlangt durch Zuruf „Segeln Sie Ihren richtigen Kurs!“ GELB ignoriert diese Aufforderung<br />

und BLAU muss an der Boje abfallen, während GELB kurz vor der Boje startet.<br />

BLAU – überzeugt, dass GELB absichtlich keinen richtigen Kurs segelte – protestiert<br />

in dem Moment, da es abfallen muss. Um diesen Protest richtig entscheiden zu können,<br />

müssen wir uns nun zunächst mit dem „richtigen Kurs“ auseinandersetzen. Übrigens:<br />

Vor seinem Startsignal hat kein Boot einen „richtigen Kurs“.<br />

Nach der Defi nition ist der „richtige Kurs“ der Kurs, den ein Boot nach seinem Startsignal<br />

in Abwesenheit des anderen Bootes (hier des blauen) segeln würde, um so schnell wie<br />

möglich ins Ziel zu gelangen. In den Regeln erscheint dieser Begriff an drei Stellen: in der<br />

Defi nition „Bahnmarken-Raum“, in Regel 17, und in Regel 18.4! Aber keine dieser Regeln<br />

POWERED BY:<br />

•Willi Gohl ist langjähriger Wettfahrtleiter und Schiedsrichter im internationalen Einsatz. Inzwischen wurde er von der ISAF, dem Weltverband der Segler,<br />

zum „International Judge“ berufen und gehört damit zu einer Gruppe von weltweit nur ca. 300 Seglern, die die Berechtigung haben, als Schiedsrichter bei<br />

den wichtigsten Großereignissen des Segelsportes, wie Weltmeisterschaften und olympischen Spielen, über die Einhaltung der Regattaregeln zu wachen.<br />

verlangt, dass ein Boot seinen richtigen Kurs segeln muss.<br />

Regel 17 verlangt, dass bestimmte Leeboote nicht höher<br />

als ihren richtigen Kurs segeln dürfen, während nach<br />

Regel 18.4 innen überlappende Wegerechtsboote nicht<br />

weiter an der Leebahnmarke vorbei segeln, als dies für<br />

ihren richtigen Kurs notwendig ist. Die Defi nition „Bahnmarken-Raum“<br />

gewährt das Recht, den richtigen Kurs<br />

segeln zu dürfen. Keine der genannten Regeln verlangt<br />

also, den richtigen Kurs segeln zu müssen. Sie untersagen<br />

nur, höher oder weiter als den richtigen Kurs zu segeln.<br />

Welche Regeln gelten nun für BLAU und GELB in der<br />

gezeigten Situation? Beide Boote haben den Wind<br />

von der gleichen Seite und BLAU ist immer klar voraus.<br />

Dadurch hat es Wegerecht nach Regel 12 und<br />

GELB muss sich von ihm freihalten, was dieses auch<br />

tut. Entschließt sich BLAU zu luven, darf es das nur<br />

so tun, dass GELB weiterhin die Möglichkeit hat, sich<br />

freizuhalten. In dem Moment, da BLAU mit dem Bug<br />

durch den Wind gehen würde, unterläge es der Regel<br />

13 und müsste sich von allen anderen Booten solange<br />

freihalten, bis es auf einen neuen Amwindkurs abgefallen<br />

wäre. Keines der Boote unterliegt der Regel 17,<br />

da keine Überlappung hergestellt wurde. Zwar segelt<br />

GELB möglicherweise voller als seinen richtigen Kurs,<br />

aber auf einem Schlag nach Luv darf es das. Auch auf<br />

die Regeln 18, 19 oder 20 kann sich BLAU bei einem<br />

Protest nicht berufen, denn die Boje am Ende der<br />

Startlinie ist von schiffbarem Wasser umgeben und die<br />

Boote nähern sich ihr, um zu starten. Deshalb gelten<br />

diese drei Regeln nicht. Keine Regel zwingt GELB also<br />

seinen richtigen Kurs zu segeln und es kann so lange<br />

weitersegeln, wie es will, und somit die Tür für BLAU<br />

am Ende der Startlinie schließen. Das Schiedsgericht<br />

wird also den Protest mit dem Hinweis abweisen, dass<br />

keine Regel verletzt wurde.<br />

In der nächsten Ausgabe werden wir uns mit dem richtigen<br />

Kurs und richtigem Luven auf dem Raumschotskurs<br />

beschäftigen.<br />

technik regeln


20<br />

AUF EINEN TÖRN MIT BORIS HERRMANN<br />

Text Jan-Eike Andresen © Fotos Beluga Racer & Boris Herrmann<br />

Jan-Eike Andresen, geboren 1981, segelt für den NRV und gehört zu den besten deutschen Matchrace-Seglern. Zu seinem Lorbeerkranz gehören u.a. der neunte Platz bei der<br />

Mumm30-WM (2003) auf Elba auf der Schweizer BIENNE VOILE, ein X-99-WM-Titel (2004) in Bregenz (Bodensee) mit Christian Soyka, ein Deutscher Vizemeistertitel beim<br />

Matchrace Berlin (2004), eine Teammitgliedschaft bei der deutschen America’s-Cup-Kampagne FRESH 17/UITG (2004-2005). Aktuell steht er in der deutschen Rangliste im<br />

Matchrace an Platz Nummer 1, und er ist bester Deutscher (Platz 33) in der internationalen Weltrangliste im Matchrace. Wenn er mal nicht auf irgendwelchen Booten segelt,<br />

schreibt er an seiner Promotion am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg über – und jetzt kommt’s – Haftungsfragen bei Öltankerunglücken.<br />

In unregelmäßigen Abständen segelt JEA für das <strong>Sailing</strong> <strong>Journal</strong> auf Schiffen, Rennyachten und allem, was segelt, außer U-Booten. Den Anfang machte er in<br />

der Ausgabe 5/2008, als er auf einem Extreme 40 die Kieler Förde unsicher machte. Dieses Mal war er auf der BELUGA RACER und lernte Boris Herrmann näher kennen.<br />

A ls wir in Strande (Kiel) mit der BELUGA RACER anlegen, steht ein strammer<br />

Ostwind an diesem grauen Julimittag auf die Bordwand. Weil die Yacht den<br />

typischen schlanken T-Kiel hat, ist ein langsames Fahren, ohne die Kontrolle<br />

über das Schiff zu verlieren, nicht möglich. Aufstoppen und rückwärts die Situation entschärfen<br />

ohnehin nicht. Ziemlich ungünstige Bedingungen, um in einen kleinen Hafen<br />

einzulaufen. Vor allem wenn man noch nicht weiß, wo überhaupt ein freier Liegeplatz<br />

zu fi nden sein wird. Doch Boris Herrmann fi cht das nicht an. Über 44.000 Seemeilen<br />

hat er im letzten Jahr mit seiner Class 40 gesegelt. Das Hafenmanöver kann ihn da nicht<br />

mehr aus der Ruhe bringen. Mit einem „Mal sehen …“ auf den Lippen kommt er um die<br />

Mole gefahren, nebenbei klariert er Fender und Festmacher im Cockpit. Das Schiff fährt<br />

von allein, der Weg zum Gashebel für ein Notstoppmanöver erscheint mir vom Vorschiff<br />

aus vernichtend lang. Dann ist die schmale Boxengasse zu Ende. Was nun? Herrmann<br />

gibt noch einmal Gas, das Ruder hart Steuerbord und schon dreht das Schiff. Doch es<br />

ist eines von diesen Manövern, die keine Fehler verzeihen. Diese typischen Hafenmanöver,<br />

bei denen allen Umstehenden schon lange vor dem Einschlag klar ist, das kann ja<br />

nur schief gehen. Denn dreht das Schiff erst unter Vollgas, ist es nicht mehr einzufangen.<br />

Ich sehe mindestens unseren Bugsprit beim Nachbarn die Reling abrasieren, vom<br />

hämischen Gelächter der Hafengemeinde ganz zu schweigen. Doch siehe da, es passt.<br />

Mal sehen! Knapp und ohne Reserven. Wenn sich ein roter Faden durch die Kam pagne<br />

der BELUGA RACER zieht, dann dieser: Immer im letzten Moment, aber immer erfolgreich.<br />

Das, was nach schlechter Planung und einer Aneinanderreihung glücklicher Zufälle<br />

aussieht, ist jedoch mehr das Ergebnis widriger Umstände als mangelhafter Ausführung.<br />

Schon lange träumt Herrmann davon, das Meer zu bezwingen. Er will nicht<br />

nur auf heimischen Regattakursen, wie mit seinem Deutschen Meistertitel im 505er, eine<br />

gute Figur machen, sondern neue Wege gehen. Doch der bürgerliche Lebensentwurf<br />

des BWL-Studenten hält ihn noch in seinen Fängen. Abitur, Studium – Junge, mach was<br />

aus dir! Der Entwurf gerät allerdings arg ins Wanken, als Herrmann im Rahmen eines<br />

Trainingslagers mit dem begeisterten 505er-Segler und SAP-Gründer Hasso Plattner auf<br />

den Bermudas dessen amerikanischen Vorschoter kennenlernt. Der war das, was man<br />

als Segelprofi bezeichnen könnte. Aber keinesfalls einer von jenen Kleingeistern, die<br />

aus Verträumtheit und mangelhaften Alternativen als bessere Hausmeister irgendwelche<br />

Dickschiffe in Schuss halten und nebenbei ein paar Regatten segeln dürfen. Der<br />

Typ war vielmehr ziemlich smart, hatte studiert und früher an Land einen gut bezahl-<br />

ten Job. Doch weil er zufälligerweise auch im Segeln<br />

über unerreichtes Fachwissen verfügte, konnte er auch<br />

damit seine Brötchen verdienen. Herrmann erkannte:<br />

Nur weil man viel segelt, muss man nicht zwangsweise<br />

sein Lebensabend als Charterskipper verbringen. Und<br />

der Amerikaner gab dem frischgebackenen Diplom-<br />

Ökonom Herrmann noch einen Tipp mit auf den Weg:<br />

Mach, was du willst, anstatt das, was andere gerne<br />

wollten, dass du tätest.<br />

Mit dieser geistigen Neuausrichtung fl og Boris Herrmann<br />

zurück nach Deutschland. Doch es sollten noch viele<br />

Monate vergehen, ehe er mit seiner BELUGA RACER<br />

zum Segelstar werden würde. Zuerst war da die Frage<br />

mit dem Geld. Es war ihm gleich klar, dass er ohne<br />

Schiff, nur mit einer Sponsorenmappe bewaffnet, allein<br />

bei einem erfolgreichen und entscheidungsfreudigen<br />

Mittelständler ohne lange und verängstigte Entscheidungswege<br />

was werden würde. Als Gegenleistung bot<br />

Herrmann Incentive-Segeln an. Daran, dass ein mit<br />

Sponsorennamen beklebtes Schiff eines Tages zur Berühmtheit<br />

gelangen sollte, glaubte nicht einmal mehr<br />

Herrmann selbst. Doch der Start des Artemis Transat,<br />

der ersten anvisierten Atlantikregatta, rückte unaufhaltsam<br />

näher, ohne dass ein auskömmlicher Geldgeber<br />

in Sicht kam. Als Herrmann Zweifel aufkamen, nahm<br />

ihn eine gute Freundin an die Hand und fuhr mit ihm<br />

per Wohnmobil nach Frankreich, dem Mutterland der<br />

Class-40-Szene, um wenigstens ein Schiff zu kaufen.<br />

„Boris, du musst das machen!“, sagte sie. Das Geld für<br />

den Schiffskauf borgte sich Herrmann vorerst bei Verwandten<br />

und Bekannten. Doch in Frankreich mussten<br />

die beiden zunächst feststellen, dass niemand wirklich<br />

gewillt war, sein Schiff abzugeben. Erst über einen<br />

Tipp des Hafenmeisters vor Ort erfuhren sie von einem Schiff, das stets unbenutzt an<br />

einer Boje vor sich hin dümpelte. Während Herrmann versuchte, den Eigner ausfi ndig<br />

zu machen und die Konditionen für einen Verkauf auszuloten, prüfte seine Weggefährtin<br />

das Schiff auf Herz und Nieren. Sogar ein Gutachter wurde einbestellt. Die Sponsorensuche<br />

hingegen kam nicht wirklich zu Erfolgen. Zwar gab es immer wieder Leute,<br />

die dem eloquenten und stets mit einem Lächeln bewaffneten Herrmann das Beste für<br />

die Zukunft wünschten. Doch insgeheim dachte wohl keines der angesprochenen Unternehmen<br />

daran, die Welt per Segel zu erobern.<br />

Der Start des Transat rückte unaufhaltsam näher. Seine letzte Chance sah Herrmann<br />

dann in Niels Stolberg. Der erfolgreiche Unternehmer war das, was man heute gemeinhin<br />

als Selfmademan bezeichnet. Stolberg hatte Mitte der Neunziger mit nichts<br />

angefangen und es keine Dekade später mit der Beluga-Reederei aus dem Nichts zum<br />

Weltmarktführer im Schwerguttransport zur See gebracht. Als Sponsor und Aufsichtsratsmitglied<br />

von Werder Bremen war Stolberg weit über seine Heimat Bremen bekannt.<br />

Durchaus visionäre Schaffenskraft zeigte Stolberg mit seinem Engagement für die Firma<br />

Skysails, die sich der Herstellung und Entwicklung für Segelanlagen für die Frachtschifffahrt<br />

engagierte. Eine Privatadresse von Stolberg für die Zustellung der mittlerweile<br />

ausgefeilten Sponsoringmappe fand Herrmann über das Telefonbuch, hoffend, dass dies<br />

auch die richtige sei. Während Herrmann noch in Frankreich erfolglos nach Schiffen fahndete,<br />

meldete sich wider Erwarten Beluga. „Herr Herrmann, wir machen das!“, hieß es<br />

knapp aus Bremen, anscheinend ohne dass es nähere Vorgespräche gegeben hätte. Doch<br />

der Eindruck täuschte. Wie es der Zufall wollte, hatte Stolberg einen Nachbarn, der auch<br />

Herrmann ganz gut kannte und der ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte. Das folgende<br />

Gespräch zwischen Stolberg und Herrmann in Bremen war dann gleichsam kurz und bündig.<br />

Stolberg wollte kein mediales Brimborium mit dem Projekt veranstalten. Ihm ging es<br />

um die Sache und er wollte herausfi nden, ob Herrmann wirklich dem Idealtypus des kompromisslosen<br />

und vom Erfolg gefesselten Sportlers entsprach, für den er sich ausgab. In<br />

hanseatischer Manier wurde der Deal per Handschlag besiegelt: Herrmann sollte zeigen,<br />

was er kann, und Stolberg schaffte die Voraussetzungen dafür.<br />

Doch die Freude über die Zusage Stolbergs mündete bald in unermesslichen Druck. Denn<br />

Stolberg hatte ihn mit einem unvergleichbaren Vertrauensvorschuss ausgestattet, dessen<br />

Rückzahlung alsbald unmöglich schien. Denn was nützt alle Unterstützung ohne ein Schiff?<br />

technik onboard


Das besichtigte Schiff jedenfalls wurde in der Nacht vor dem geplanten Kauf von einer<br />

Fähre überlaufen. Als sich am nächsten Morgen das Ausmaß der Schäden offenbarte,<br />

machte sich Niedergeschlagenheit breit. Mittlerweile waren es nur noch wenige Tage<br />

zum Start der Qualifi kation für das Transat, die Herrmann unbedingt als Startzulassung<br />

segeln musste. Doch als das gesamte Projekt schon so gut wie gescheitert aussah,<br />

machte der Tipp eines französischen Yachtmaklers neue Hoffnung. Ein Belgier, der sein<br />

Schiff ebenfalls am Atlantik liegen hatte, wäre vielleicht zum Verkauf bereit. Das sah<br />

der Belgier freilich ganz anders. Wieder folgte ein Geschacher wie auf einem türkischen<br />

Basar. Der Belgier wusste von dem Druck Herrmanns und dem nur noch kleinen Zeitfenster,<br />

das geblieben war. Herrmann stand mit dem Rücken zur Wand und sein Verhandlungspartner<br />

schien erkennbaren Gefallen daran zu fi nden. Schließlich erklärte der<br />

Belgier kurz vor dem Start der Qualifi kationsregatta die Verhandlungen für gescheitert.<br />

Das schien das Aus zu sein. Doch Herrmann gab nicht auf, rief nachts um eins wieder in<br />

Belgien an – und fand schließlich Gehör. Der Belgier war zum Verkauf bereit. Aber nur,<br />

wenn im Laufe des nächsten Tages der gesamte Kaufpreis bei ihm einging. Zwar hatte<br />

Herrmann sich etwas Geld geliehen und er hatte die Zusage von Stolberg. Doch darüber<br />

hinaus hatte er nichts, schon gar keinen größeren Bargeldbetrag, der ungenutzt auf<br />

irgendeinem Girokonto herumlag. In einer Nacht- und Nebelaktion half ihm die Sparkasse<br />

Kiel aus der Patsche und machte das Unmögliche möglich. Der Belgier bekam sein<br />

Geld und Herrmann konnte am gleichen Tag an den Start gehen. An eine vernünftige<br />

Proviantierung der gerade erworbenen Open 40 der Werft Akilaria war schon gar nicht<br />

mehr zu denken. Doch Herrmann schaffte den mehrtägigen Qualifi kationstrip durch<br />

den Atlantik und konnte endlich zum Transat antreten. Es war knapp, aber es passte.<br />

Das Transat ist bis heute eine der bedeutendsten Hochseeregatten überhaupt, bei der<br />

der Atlantik einhand überquert wird. Einen fünften Platz hatte Herrmann seinem Förderer<br />

Stolberg vor der Abreise „bestenfalls“ zugesagt. Er kam als Zweiter nach Hause.<br />

Beeindruckt von den Fähigkeiten des frischgebackenen Uniabsolventen sagte Beluga<br />

die Unterstützung für ein weiteres Projekt zu: das Portimão Global Ocean Race, bei<br />

dem die Welt in fünf Etappen, den berüchtigten Southern Ocean mit seinen Roaring<br />

Forties eingeschlossen, umrundet wird. Auf einer 40-Fuß-Yacht. Zu zweit. Das erschien<br />

einer Reihe von Fachleuten indes zu extrem. Im Vorfeld der Regatta brachen auf internationaler<br />

Ebene wilde Diskussionen aus, ob es nicht unverantwortlich wäre, Zwei-<br />

Mann-Mannschaften auf 40 Füßen um zwei Kaps in das Reich der nicht endenden<br />

22<br />

onboard technik<br />

Stürme zu entsenden. Die Rennorganisation dachte über die Absage des Rennens<br />

nach. Außerdem waren gerade einmal vier Mannschaften bereit, zu dem Höllentrip<br />

anzutreten. Als Boris Herrmann mit seinem Mitsegler Felix Oehme zum Überführungstörn<br />

zum Start nach Portimão/Portugal aufbrach, wussten sie nicht, ob das Rennen<br />

überhaupt stattfinden würde. Doch das berührte weder sie noch Beluga. Man hatte<br />

sich zu etwas entschlossen und das galt es durchzuziehen. Komme, was da wolle. Am<br />

Ende siegte die Neugierde über die Angst vor dem Scheitern. Das Rennen wurde angeschossen.<br />

Wieder war es knapp, doch es passte.<br />

Das Portimão Global Ocean Race haben Boris Herrmann und Felix Oehme dominiert.<br />

Drei der fünf Etappen konnten sie für sich entscheiden. Doch wie es der Lauf der Kampagne<br />

wollte, es musste noch einmal knapp werden: Der Bruch der ersten Saling hätte<br />

bei der letzten Etappe fast zum Mastbruch geführt, wenn die Jungs nicht geistesgegenwärtig<br />

die Segelfl äche mitten auf dem Atlantik auf ein Minimum reduziert hätten. Mit<br />

der Segelfl äche eines Teppichs dümpelten sie schwer angeschlagen dem Ziel Portugal<br />

entgegen. Doch wieder passte alles. Knapp, aber erfolgreich. Boris Herrmann ist der<br />

„neue deutsche Supersegler“ (Focus), er ist der Herminator zur See. Das bekomme ich<br />

auf unserem Überführungstörn durch den Nordostseekanal zu spüren. Die uns entgegenkommenden<br />

Schiffe tuten, was das Zeug hält. In Rendsburg bleiben die Spaziergänger<br />

am Ufer stehen, pfeifen zu uns herüber und klatschen. Die Zeitschrift Bunte ist am<br />

Bordtelefon und möchte aus Herrmann eine Lovestory basteln. Aber von Nervosität ist<br />

bei Herrmann keine Spur. Ihm ist der ganze Rummel keineswegs unangenehm. Doch es<br />

geht ihm nicht darum, sich zu profi lieren. Vielmehr scheint es, als wollte er dem Segeln,<br />

dem er so viel zu verdanken hat, etwas zurückgeben. Getreu dem Motto „geteilte Freude<br />

ist doppelte Freude“ steht er geduldig überall Rede und Antwort, lädt jeden auf sein<br />

Schiff ein, lässt die Leute unter Deck alles inspizieren.<br />

Doch ist all dies erst der Anfang. Herrmann will zur Vendée Globe. Das berühmte<br />

Einhandrennen um den Globus hat bis jetzt kein Deutscher gesegelt. 60 Leuten weltweit<br />

ist es überhaupt nur gelungen, die Welt einhand und nonstop zu umrunden.<br />

Den Mount Everest hingegen haben über 4.000 Leute bestiegen. Die Querelen seines<br />

Open-40-Projekts haben gezeigt: Wenn es jemanden gibt im Land der Denker und<br />

Dichter, der die Nummer 61 werden kann, dann ist es Boris Herrmann. Knapp und<br />

ohne Reserve. Aber immer erfolgreich.


24<br />

HEIMAT DES<br />

fe rnwehs<br />

Mit ihrer Abenteuerlust sprengten sie die Grenzen ihrer Zeit: Ohne Marco Polo,<br />

Kolumbus und Magellan wäre unsere Erde noch immer eine Scheibe. Die Wiegen<br />

ihres Fernwehs standen in Venedig, Genua und Liss<strong>abo</strong>n. Noch heute atmet der<br />

Besucher dort die Sehnsucht der Seefahrer nach der Endlosigkeit der Welt.<br />

Text & © Fotos Enrico Montanar & Winfried Schumacher<br />

travel venedig genua liss<strong>abo</strong>n<br />

© Foto Enrico Montanar/Liss<strong>abo</strong>n


Der Himmel ist von einem matten Grau, als<br />

der Reisende sich in den Gassen Venedigs<br />

verirrt, zum ersten Mal über seine Brücken<br />

geht und das Salz seiner Kanäle atmet. Wie die Venen<br />

einer alternden Signora durchzieht das dunkle Wasser<br />

die Stadt, wie schwarze Adern einer bleichen, trostlosen<br />

Greisin. Wie schön könnten ihre reichen Fassaden<br />

sein! Wie prächtig ihre Kapitelle, Säulen und Balustraden!<br />

Doch der Glanz Venedigs wird im grellen<br />

Blitzlicht der Touristen aus Fernost entstellt.<br />

Einst war es Venedig, das auszog, um den fernen Osten<br />

zu entdecken und auszukundschaften. Hier wurde<br />

um 1250 der Kaufmann und Abenteurer Marco Polo<br />

geboren, der über die Seidenstraße bis China vordrang.<br />

Seine Reisebeschreibungen, Il Milione, inspirierten<br />

Generationen von Entdeckern. Der Stoff ihrer<br />

Träume war aus syrischem Damast und Brokat, den<br />

Gewürzen Indiens und des Orients, aus dem geheimnisvollen<br />

Duft Arabiens und den Edelhölzern Afrikas.<br />

Über verwunschene Brücken und durch enge Gassen<br />

schlendert der heutige Besucher, überquert den<br />

Campo Sant’Angelo auf der Suche nach dem rekonstruierten<br />

Teatro La Fenice, bewundert das verästelte<br />

Zierwerk über den Fensterkolonnaden der Universität<br />

Ca’Foscari, die feinen Bögen des Palazzo Fortuny. Er<br />

taucht ein in die ruhmreiche Vergangenheit einer Stadt,<br />

26<br />

© Foto Winfried Schumacher/Liss<strong>abo</strong>n<br />

die heute nur noch Kulisse zu sein scheint. „Einmal im<br />

Leben von der Rialtobrücke auf die Gondeln des Canal<br />

Grande blicken!“, sagen Chinesen, Japaner, Inder, Araber,<br />

Brasilianer, Amerikaner, Russen und Franzosen in<br />

seltener und sehnsüchtiger Einstimmigkeit. Il Ponte<br />

di Rialto ist unser universaler Inbegriff einer Brücke.<br />

Marco Polo hat die schöne Brücke nie überquert. In<br />

seinem Venedig gab es nur eine hölzerne Klappbrücke,<br />

die sich für die großen Handels- und Kriegsschiffe<br />

öffnen ließ. Venedig, die Seemacht der tausend<br />

Schlachten, rüstete ihre Kriegsfl otte im Arsenal, ihrer<br />

berühmten Schiffswerft, um sie in den Kampf gegen<br />

die Türken in die Ägäis zu schicken oder die Meeresrouten<br />

nach Nordeuropa zu erobern. Noch heute<br />

glaubt man hier die Echos der Siegesrufe widerhallen<br />

zu hören, triumphierende Kanonenschläge, das Rufen<br />

der Seemänner auf den Galeeren. Doch das Venedig<br />

der Gegenwart fährt nur noch auf seinen Gondeln<br />

durch die Kanäle und unter den Brücken.<br />

Venedig la Serenissima, Wiege der Weltentdecker,<br />

Drehkreuz von Handelsstraßen und Seewegen, Brücke<br />

zwischen Land und Meer, zwischen Kontinenten<br />

und Kulturen. Einst lebten hier Menschen von allen<br />

Enden der Erde, einst verstanden ihre Bewohner fremde<br />

Sprachen und Dialekte, die heute längst vergessen<br />

sind. Venedig sammelte auf seinen Plätzen Juden und<br />

Araber, Perser und Byzantiner, Flamen und Kastilier.<br />

© Foto Enrico Montanar/Altstadt Genua<br />

GENUA, DIE STADT DER FARBEN, TAUCHTE IHRE PALÄSTE IN ROT, GRÜN UND<br />

GELB, SODASS DIE SEGLER UND FISCHER DRAUSSEN AUF DEM MEER VON<br />

WEITEM IHRE HÄUSER SEHEN KONNTEN UND IHRE FRAUEN IN DEN FENSTERN.


© Foto Winfried Schumacher/Liss<strong>abo</strong>n<br />

© Foto Winfried Schumacher/Venezia<br />

Heute aber dominiert auf der Piazza San Marco Englisch<br />

und Chinesisch, Japanisch und Deutsch. Es bleibt<br />

das Geräusch der Schritte auf dem Straßenpfl aster,<br />

der Flügelschlag der Tauben, das Weinen der Kinder<br />

an den Händen von Müttern mit übergroßen Sonnenbrillen,<br />

übertönt von den Sirenen der Vaporetti, jener<br />

Dampfboote, die die Touristen durch den Canal Grande<br />

und zum Lido bringen. Venedig allein hätte einen<br />

Weltentdecker hervorbringen können, der auf einem<br />

Maultierrücken, auf Kamelen und edlen Segelschiffen<br />

gleichermaßen in die entferntesten Regionen der<br />

Erde vorstößt. Fern der Heimat gewinnt Marco Polo<br />

die Gunst des Kublai Khan, mongolischer Herrscher,<br />

Kaiser von China und Begründer der mächtigen Yuan-<br />

Dynastie. Der Venezianer wird sein Präfekt.<br />

Venedig, die Weltoffene, ist eine Stadt voll Verlangen,<br />

die Erde zu ergründen, die Weisheit der Völker<br />

zu sammeln, ihre Sternenkunde und Wissenschaft zu<br />

rauben – mehr noch als ihre Reichtümer. Sie will Menschen<br />

und Sprachen aller Erdteile für sich gewinnen<br />

– mehr noch als ihr Geld. Mit den Beinen ihrer Kaufleute<br />

und Eroberer erschließt sie sich die Welt. Nun<br />

wartet sie darauf, ihre wertvollsten Schätze zu zeigen.<br />

Und heute ist es der Tourist, bewaffnet mit der Fotokamera,<br />

der die Lagunenstadt ihrer Schönheit beraubt,<br />

um Bilder dieser verschwundenen Welt einzufangen<br />

und sie mit sich zu nehmen, von den zerbrechlichen<br />

Glaskunstwerken Muranos und prächtigen Gobelins,<br />

vom Karneval und von versteckten Kirchen. Orientalische<br />

Musik schwappt in die barocken Arien Vivaldis<br />

und fl ießt durch die Cafés der Piazza San Marco. Im<br />

Schatten des Markusdoms mit Blick auf den Horizont<br />

träumt der Venezianer immer noch davon, die Welt da<br />

draußen mit der seinen zu vereinen.<br />

Ausgerechnet Genua, der große Gegenspieler Venedigs,<br />

entführt Marco Polo nach einer gewaltigen Seeschlacht<br />

und legt den größten Sohn der Lagunenstadt<br />

in Ketten. Der Erzrivale triumphiert und Venedig seufzt.<br />

Und es ist Genua, das mit einem neuen Zeitalter Venedig<br />

seine teuersten Schätze raubt: Gewürze und<br />

Gold, bald auch die Vorherrschaft über die Meere<br />

und Siege über die Osmanen, den Handel mit fernen<br />

Ländern und – für mehr als zwei Jahrhunderte<br />

– die Vorhut als Zentrum der Weltentdecker. Die<br />

Seerepublik am Ligurischen Meer steigt im 15. Jahrhundert<br />

zum Mittelpunkt des Mittelmeerhandels auf.<br />

© Foto Winfried Schumacher/Venezia<br />

travel venedig genua liss<strong>abo</strong>n


30<br />

© Foto Enrico Montanar<br />

Mit Genugtuung überfl ügeln die Dogen von Genua die<br />

Machthaber der Venezianer. Um 1450, zwei Jahrhunderte<br />

nach Marco Polo, wird in Genua Kolumbus geboren,<br />

für viele der größte Entdecker aller Zeiten. Dem<br />

einen öffnete Venedig die Türen nach Osten, dem anderen<br />

impfte Genua die Sehnsucht nach den Weiten<br />

des Westens ein. Der Traum des Kolumbus, über den<br />

Westen einen Seeweg nach Indien zu fi nden, war das<br />

kühnste Unterfangen, das je ein Mensch erdachte.<br />

Genua la Superba, eine Stadt, deren ruhmreichste<br />

Zeiten noch in der Zukunft lagen, verstand es nicht,<br />

Kolumbus in ihren Armen zu halten. Ihr größter Sohn<br />

reiste schon als Zwanzigjähriger entlang ferner Küsten<br />

und bald auch nach Großbritannien und Island. Noch<br />

vor seinem 30. Lebensjahr zog er nach Liss<strong>abo</strong>n. Ihre<br />

Entdeckerlust und der Drang, Handelsrouten bis zu<br />

den entferntesten Ländern zu erforschen, gehörten immer<br />

schon zu den Eigenschaften der Genuesen, dieses<br />

stolzen Volks von Seefahrern und Admirälen. Genua<br />

war immer schon Hafen, Stadt und Tor zur Welt in<br />

einem. Nur in Genua, wo die Kartografi e zur Wissenschaft<br />

erhoben wurde, wo jedes Kind ein Seemann<br />

werden wollte und die Namen fremder Meere kannte,<br />

konnte die Wiege eines Kolumbus stehen.<br />

Genua, die Stadt der Farben, tauchte ihre Paläste in Rot,<br />

Grün und Gelb, sodass die Segler und Fischer draußen<br />

auf dem Meer von Weitem ihre Häuser sehen konnten<br />

und ihre Frauen in den Fenstern. Im alten Hafen setzte<br />

der Star-Architekt Renzo Piano mit der Glaskugel Sfera<br />

dem Genueser Weltenbürgertum und Erfi ndungsgeist<br />

ein Denkmal. Genuas Wahrzeichen aber, La Lanterna,<br />

war zu Kolumbus‘ Zeiten noch kein hochgereckter<br />

Leuchtturm wie heute und das Signal, das seine Schiffe<br />

in den Hafen lotste, nur eine einfache Öllaterne. Auch<br />

das Stadtpanorama mit den prunkvollen Palazzi dei Rolli,<br />

den Renaissance- und Barockkirchen würde der Seefahrer<br />

heute wohl kaum wiedererkennen. Die Gassen der<br />

Altstadt aber sind seit jeher ein Labyrinth geblieben, in<br />

dem sich der Fremde schnell verirrt. Und die erhabenen<br />

Fassaden der Patrizierhäuser beeindrucken den Reisenden<br />

der Gegenwart wie den zu Kolumbus‘ Zeiten.<br />

Wenn Venedig heute überlaufen ist von Touristen aus<br />

aller Welt, Station jeder Europareise wie London, Rom<br />

und Paris, so ist das zu Unrecht gemiedene Genua keine<br />

Durchgangsstation, sondern Heimat von Menschen<br />

aus allen Mittelmeerländern, aus China, Afrika und Lateinamerika.<br />

Kolumbus, der Genuese, entdeckte einst<br />

Amerika. Und heute entdeckt Amerika Genua. Doch<br />

wie Genua den Venezianern Marco Polo raubte, in seinen<br />

Kerkern festhielt und ihn dort sein großes Werk<br />

Il Milione schreiben ließ, so verloren die Genuesen<br />

später Kolumbus an Liss<strong>abo</strong>n, wo dieser seinen großen<br />

Traum träumte, den von der Überquerung des Ozeans.<br />

Für die Seefahrer von damals wie heute bedeutete<br />

der Name Liss<strong>abo</strong>n nicht Meer, sondern Ozean.<br />

LISSABONS TREPPEN HINABSTEIGEN, HEISST EINTAUCHEN IN EINE<br />

WELT, IN DER MENSCHEN AUS ALLEN EHEMALIGEN KOLONIEN<br />

PORTUGALS AUF ENGSTEM RAUM ZUSAMMENLEBEN.<br />

© Fotos Winfried Schumacher/Liss<strong>abo</strong>n<br />

© Foto Enrico Montanar/Renzo Piano


© Foto Enrico Montanar/Liss<strong>abo</strong>n © Foto Enrico Montanar/Genua<br />

32<br />

Liss<strong>abo</strong>n blickt auf die Welt und in die Abgründe der<br />

See, sucht das Unbekannte und Unendliche darin, um<br />

alte Grenzen zu überwinden und neue zu sprengen.<br />

Liss<strong>abo</strong>n, die Sehnsuchtsvolle, Stadt des Saudade, des<br />

portugiesischen Fernwehs und Weltschmerzes, gehört<br />

zu keinem Kontinent. Sie liegt weit außerhalb des umschlossenen<br />

Meeres. Liss<strong>abo</strong>n – das ist nicht das Mittelmeer,<br />

es ist noch nicht einmal Europa. Diese Stadt<br />

liegt jenseits der Herkulessäulen, weit hinter der Straße<br />

von Gibraltar. Sie ist eine ozeanische Schöpfung, die<br />

vor der Erde hinaus auf das Wasser fl oh. Vom Atlantik<br />

her streicht ein kühler Wind über die Terrassen der Alfama<br />

und reißt die Papierservietten von den Tischen. Im<br />

Castelo und auf der Praça de Comércio breitet sich am<br />

Nachmittag das Sprachgewirr der Touristen aus. Die Liss<strong>abo</strong>nner<br />

nippen am Galão-Café und blicken hinüber zur<br />

Hängebrücke des 25. April, die den Ozean überspannt.<br />

Von himmelhohen Balkonen fl üstern Unsichtbare. Oder<br />

klingt so der Gruß einer alten Frau in einer unbekannten<br />

Sprache? Das Trillieren eines Harzer Rollers im Sonnenlicht.<br />

Ferne Kinderrufe, Taubengurren, von Weitem das<br />

Läuten einer Glocke. Aus einem Fenster tönt arabische<br />

Musik, aus einem anderen antwortet Rap. Nur eine<br />

Straßenecke weiter schallt Samba durch die mit graffi -<br />

ti versehene Gasse. Liss<strong>abo</strong>ns Treppen hinabsteigen,<br />

heißt eintauchen in eine Welt, in der Menschen aus<br />

allen ehemaligen Kolonien Portugals auf engstem<br />

Raum zusammenleben. Macao und Mosambik Tür an<br />

Tür. Rio und Goa trennen nur ein paar Stufen. Nur in<br />

ein paar Straßenzeilen lebt der portugiesische Traum<br />

vom endlosen Weltreich fort. Liss<strong>abo</strong>n zieht seit jeher<br />

Menschen an, die fern der Heimat neue Horizonte<br />

suchen. Und in eben dem Jahr, als Kolumbus seinen<br />

Fuß auf Amerika setzt, nimmt die Stadt ein Waisenkind<br />

auf mit dem Namen Fernão de Magalhães. Die neue<br />

Hauptstadt der Weltensegler lehrt den zwölfjährigen<br />

Jungen aus den Hügeln des Nordens die Gesetze des<br />

Ozeans und der Sterne. Der große Magellan wird als<br />

Erster die Weltmeere allesamt durchqueren, der Sonne<br />

von Osten nach Westen folgen, besessen von der<br />

Idee, einen Seeweg um die gerade entdeckte Neue<br />

Welt zu fi nden – Kolumbus‘ Westroute nach Indien.<br />

Ausgerechnet Liss<strong>abo</strong>n, die Stadt am Ozean, will die<br />

Visionen eines Magellan nicht hören. Sie verliert ihren<br />

Traumfahrer an das aufstrebende Spanien. Bis zu seinem<br />

Tod auf den Philippinen durchquert der Weltensegler<br />

rastlos die Ozeane. Und während Marco Polo<br />

einst einen Weg nach Osten fand und Kolumbus eine<br />

Seeroute nach Westen, vereint Magellan die Träume<br />

der beiden in einem einzigen Abenteuer: die erste<br />

Weltumseglung der Menschheitsgeschichte.<br />

© Foto Enrico Montanar/Genua


34<br />

volvo ocean race<br />

Text Bendix Hügelmann © Fotos Rick Tomlinson/Volvo Ocean Race<br />

Am 17. Mai fi el in Boston der Startschuss für die letzte große Ozeanetappe des Volvo<br />

Ocean Race. Bei dickem Nebel führte TELEFONICA BLUE die sieben Boote starke Flotte<br />

hinaus auf den Nordatlantik. Kurs: Galway/Irland. Bereits nach wenigen Tagen im Rennen<br />

forderte der Nordatlantik seinen ersten Tribut. An Bord von Pumas IL MOSTRO<br />

hielt das Lee-Ruderblatt seinen Belastungen nicht mehr stand und zerbarst unter dem<br />

Druck der Steuerkräfte bei 20 Knoten Downhillsurfen. Für PUMA hieß dies: Segel runter,<br />

beidrehen, reparieren. Bereits am 24. Mai gegen drei Uhr in der Nacht überquerte<br />

Torben Grael auf ERICSSON 4 zum vierten Mal als Sieger die Ziellinie. Schon 85 Minuten<br />

später reihten sich Ken Read und Team auf PUMA ein, nach der enttäuschenden<br />

Etappe von Rio nach Boston sicher ein wichtiger Moment für die Crew des fl iegenden<br />

Turnschuhs. Nur weitere zwölf Minuten später konnten Ian Walker und seine chinesisch-irische<br />

Crew ihr Glück kaum in Worte fassen. Auf dem Weg in den Heimathafen<br />

der GREEN DRAGON mit einer bis dato überragenden Leistung als drittes Team einzulaufen,<br />

sorgte trotz der frühen Morgenstunde für begeisterte Jubelrufe im Hafen und<br />

ausgelassene Stimmung bis in die späten Morgenstunden. Auf Platz vier, fünf, sechs<br />

und sieben folgten innerhalb kürzester Abstände TELEFONICA BLUE, DELTA LLOYD,<br />

TELEFONICA BLACK und ERICSSON 3.<br />

Die achte Etappe des Volvo Ocean Race führte die Yachten von Galway durch den englischen<br />

Kanal und die Nordsee vorbei an Skagen bis nach Marstrand. Auf dem Weg<br />

durch die Irische See sorgten viel Wind und Welle von achtern für ein schnelles Vorankommen<br />

der Flotte – GREEN DRAGON scheinbar befl ügelt durch den Heimaturlaub<br />

vorne weg. Starke Böen und anspruchsvoller Seegang<br />

sorgten für spektakuläre Szenen in der aufgewühlten<br />

Irischen See. ERICSSON 4 zerstörte in einer Patenthalse<br />

eines der beiden Steuerräder, Torben Grael griff<br />

fl ux zur Notpinne und steuerte den 70-Fuß-Canting-<br />

Kieler erstmal per Hand weiter. Auch PUMA zerlegte<br />

es einige Male, jedoch glücklicherweise ohne ernsthafte<br />

Schäden. Überraschend zu dem Zeitpunkt jedoch<br />

das Leaderboard: TELEFONICA BLACK in knapper<br />

Führung vor GREEN DRAGON und ERICSSON 3.<br />

ERICSSON 4 und PUMA hingegen fand man in jenem<br />

Moment auf den Plätzen sechs und sieben. Nach der<br />

Sprintwertung vor Rotterdam übernahm ERICSSON 4<br />

überraschend die Spitze des Feldes und konnte nach<br />

einem spannenden Finish im Skagerrak den Heimathafen<br />

Marstrand siegreich anlaufen. Die segelbegeisterten<br />

Schweden sorgten nicht nur für einen gebührenden<br />

Empfang der Yachten, sondern begleiteten die Flotte<br />

auch nach dem Start in die neunte, innerschwedische<br />

Etappe von Marstrand nach Stockholm lang genug, um<br />

live und hautnah mitzuerleben, wie TELEFONICA BLUE<br />

mit groben 15 Knoten Boatspeed auf einen kartierten<br />

Stein fuhr. Rumms. Erste Bergungsversuche schlugen<br />

fehl und es bedurfte schließlich mehrerer Anläufe mit<br />

einem PS-starken Lotsenboot, um den Karbonrenner<br />

vom Stein runterzuzerren. Als die Shore-Crew von<br />

TELEFONICA BLUE mit den gröbsten Reparaturen begann,<br />

war soeben eines der spannendsten Duelle im<br />

bisherigen VOR zu Ende gegangen. ERICSSON 3 und<br />

PUMA hatten sich bis zum Schluss kurz vor Stockholm<br />

nichts geschenkt. So war es eine verpatzte Wende (die<br />

Genua verhakte sich in der Radarschüssel am Mast),<br />

die ERICSSON 3 den Sieg kostete. Ken Read freute<br />

sich, Magnus Olsson nahm’s überraschend gelassen<br />

sportlich. Auf PUMA war die Freude über den ersten<br />

Etappensieg bei der diesjährigen Aufl age des Volvo<br />

Ocean Race sehr groß. Ein sichtlich gerührter Ken Read<br />

merkte in einem Interview an, dass es für ihn und sein<br />

Team scheinbar eben nur auf die harte Tour gut läuft<br />

und er überaus stolz ist, mit so einem starken Team<br />

segeln zu dürfen. Die letzte Etappe von Stockholm<br />

nach St. Petersburg hätte noch ein Mal für Spannung<br />

im Duell PUMA – TELEFONICA BLUE sorgen können.<br />

Nachdem Bouwe Bekking TELEFONICA BLUE jedoch<br />

shorttrack<br />

auf die Rocks gelegt hatte, gingen Ken Read und seine Truppe in klassischer Verteidigungsposition<br />

gegenüber TELEFONICA BLUE ins Rennen und mussten sich nur um<br />

diesen einen Gegner Gedanken machen. ERICSSON 4 war bereits nach der Etappe von<br />

Marstrand nach Stockholm der Sieg nicht mehr zu nehmen. TELEFONICA BLACK gab<br />

hingegen auf dem Schlussspurt noch mal Gas und siegte überraschend auf der letzten<br />

Etappe. Mit dem Zieleinlauf in St. Petersburg ging das Volvo Ocean Race 2008/2009<br />

zu Ende, nachdem es die Segelwelt über neun Monate mit spektakulären Bildern und<br />

Geschichten entzückt hatte. TELEFONICA BLUE erhielt bei der Siegerehrung verdient<br />

den Pokal für den Gesamtsieg, PUMA beendete das Rennen auf Rang zwei und TELE-<br />

FONICA BLUE demnach auf Platz drei.<br />

Die in Andenken an den bei der letzten Aufl age tödlich verunglückten Niederländer gestiftete<br />

Hans Horrevoets Rookie Trophy für den besten Nachwuchssegler wurde dem<br />

deutschen Michi Müller, der auf PUMA teilnahm, vergeben. Herzlichen Glückwunsch!<br />

Was nach dem Volvo Ocean Race bleibt, ist zum einen die Vorfreude auf die kommende<br />

Ausgabe. Zum anderen jedoch lässt die plötzliche Ruhe auch Raum für Fragen. Wo<br />

liegt die Zukunft einer Hochseeregatta, die ohne beachtliches Sponsorenengagement<br />

nicht möglich ist? Das Volvo Ocean Race hat beeindruckend verdeutlicht hat, dass Segeln<br />

eine Attraktion darstellt. Segeln möchte gesehen werden und bei keiner Aufl age<br />

bisher war dies so gut möglich wie bei der diesjährigen. Für die Süchtigen unter uns:<br />

Love it – or leave it! INFO WWW.VOLVOOCEANRACE.TV.<br />

© Foto Dave Kneale/Volvo Ocean Race


olex farr 40 worlds<br />

Text Denis Grau © Fotos ROLEX/Kurt Arrigo<br />

Vom 24. bis 27. Juni 2009 ermittelte die Farr-40-Klasse<br />

vor Porto Cervo/Sardinien ihren Weltmeister. 25<br />

Boote aus zehn Nationen waren angereist, um sich<br />

mit der Weltspitze des internationalen Yachtsports zu<br />

messen, darunter auch der Deutsche Wolfgang Schäfer<br />

mit seiner STRUNTJE LIGHT. Die Farr-40-Klasse<br />

ist für ihr hohes Niveau bekannt. Während die sogenannte<br />

„Owner Driver Rule“ ambitionierte Eigner bei<br />

der Stange hält, finden sich an Bord der von Bruce<br />

Farr gezeichneten One-Design-Racer ansonsten nur<br />

wirklich gute Leute. Segler aus dem olympischen Bereich,<br />

Match-Racer, Offshoresegler, ein buntes Allerlei,<br />

das die Klasse interessant macht.<br />

Bereits Tag eins der Rolex Farr 40 Worlds sorgte bei<br />

Sonnenschein über azurblauem Wasser für spannende<br />

Rennen. Der Wind wehte konstant mit 20 Knoten, als<br />

sich die Yachten um elf Uhr Ortszeit zum ersten Mal<br />

an der Startlinie versammelten. Nach einem sauberen<br />

Start ohne Rückrufe konnte die amerikanische BAR-<br />

KING MAD, gesteuert von Eigner Jim Richardson, das<br />

36<br />

erste Rennen der Serie für sich entscheiden. Die Rennen zwei und drei gewannen die<br />

italienische NERONE sowie die aus Australien angereiste Crew der TRANSFUSION. Als<br />

am Abend die Dämmerung über Sardinien hereinbricht, führt BARKING MAD knapp vor<br />

dem amtierenden Weltmeister MASCALZONE LATINO und der ebenfalls italienischen<br />

JOE FLY. Geoff Stagg vom Farr-40-Organisationskomitee fasst den Tag passend zusammen:<br />

„Die Punktunterschiede sind sehr gering, viele Boote liegen noch klar in Schlagweite<br />

auf den Titel. Ab morgen wird es spannend, wenn die Teams versuchen werden,<br />

sich neu zu positionieren.“<br />

Und Stagg behielt recht. Keiner der beiden Starts des zweiten Tages der Rolex Farr 40<br />

Worlds blieb ohne Frühstarter und Rückrufe. Obgleich die Wettfahrtleitung agil an der<br />

Zeitstrafe bringenden Flagge Z war, segelten im ersten Rennen zwei und im darauf folgenden<br />

Rennen sogar elf Yachten unter dem Schatten der Flagge Z. Diejenigen, die am<br />

Start einen kühlen Kopf bewiesen hatten, verlebten demnach einen verhältnismäßig entspannten<br />

Tag auf der Bahn. Am Ende des zweiten Tages konnte BARKING MAD ihre<br />

Führung halten, JOE FLY verbesserte sich um einen Platz und auf Platz drei konnte Massimo<br />

Mezzaroma mit NERONE vorfahren.<br />

Am Tag drei der Rolex Farr 40 Worlds hatte der Wind im Vergleich zum Vortag<br />

deutlich zugelegt. Gepaart mir einem angenehmen Schwell fanden sich die 25 Yachten<br />

in Top-Rennbedingungen wieder. Die sich anbahnende Nervosität innerhalb der<br />

Klasse am vorletzten Renntag war nun schon deutlich spürbar. Die drei gesegelten<br />

Tagesrennen brachten drei verschiedene Sieger hervor. Im ersten Rennen fuhr JOE<br />

FLY einen Frühstart und konnte das Rennen nur als 19. beenden. NERONE hingegen<br />

ersegelte sich einen zweiten Platz und verkleinerte den Abstand zur führenden BAR-<br />

KING MAD auf gerade mal sechs Punkte. NERONE patzte zwar beim dritten Start<br />

des Tages, konnte sich jedoch von einem 19. Platz am ersten Luv-Fass bis auf einen<br />

achten Rang vorfahren. Einen Tag vor Ende der Weltmeisterschaft stand damit BAR-<br />

KING MAD, die bisher eine konservative und fehlerfreie Serie gefahren hatte, vor<br />

der aggressiv segelnden NERONE und einer bereits abgeschlagenen JOE FLY. Zwei<br />

Rennen galt es zu diesem Zeitpunkt noch zu segeln, sechs Punkte trennten den Ersten<br />

vom Zweiten. Alles konnte passieren.<br />

Am fi nalen Tag der Rolex Farr 40 Worlds bot Porto Cervo noch ein Mal perfekte Segelbedingungen.<br />

Wind mit Böen in den guten 20ern, holprige See – Bedingungen, die<br />

die erschöpften Crews noch ein Mal fordern würden. NERONE legte einen sauberen<br />

Pin-End-Start hin, eroberte die linke Seite und konnte das erste Rennen des Tages gewinnen.<br />

Von nun an war klar: BARKING MAD oder NERONE – der Bessere des letzten<br />

Rennens würde den Titel mit nach Hause nehmen. „Vor dem Start“, so berichtet<br />

BARKIND MAD-Eigner Jim Richardson nach dem Rennen, „drohten Selbstzweifel den<br />

Kampfgeist zu schwächen. Ich habe keine Zweifel an der Fähigkeiten meines Teams,<br />

aber besondere Situationen erfordern besonderen Einsatz und nach neun von zehn<br />

shorttrack<br />

Rennen mit nur einem Punkt Vorsprung in die fi nale<br />

Wettfahrt zu starten, ist eine solche Situation. Wir haben<br />

uns angeschaut und uns gefragt: Wofür sind wir<br />

hier? Nicht um jetzt den Mut zu verlieren!“<br />

NERONE fuhr nach dem Start erneut auf die linke Seite,<br />

BARKING MAD hingegen entschied sich gegen das direkte<br />

Duell und fuhr ihr eigenes Rennen – mit Erfolg. Als<br />

BARKING MAD als Zweite die Luvtonne runden kann,<br />

wird deutlich, dass der Linksdreher nicht gekommen zu<br />

sein schien. Mit einem zweiten Platz im letzten Rennen sicherte<br />

sich BARKING MAD somit den WM-Titel vor Porto<br />

Cervo. NERONE blieb auf Platz zwei, JOE FLY auf drei.<br />

BARKING MAD-Eigner Jim Richardson: „Wir sind wirklich<br />

sehr sehr glücklich. Nach Italien zu kommen und die WM<br />

zu gewinnen, hier in Porto Cervo, ist wirklich ein überwältigendes<br />

Gefühl für meine Crew und mich. So viele<br />

gute Teams sind angetreten, vor allem die Italiener. In der<br />

Lage zu sein, in ihren Heimatgewässern zu gewinnen, das<br />

macht uns schon Spaß!“ Wolfgang Schäfer mit STRUNTJE<br />

LIGHT beendete die Weltmeisterschaft auf Platz 18.


38<br />

nil<br />

TAUBEN ÜBER DEM


Beginnt gegenüber der Al-Azhar-Moschee am Midan Husein: Das<br />

Kairoer Basarviertel Khan al-Khalili ist abends am reizvollsten.<br />

40<br />

Text & Fotos © Matt. Müncheberg. Matt. wohnt in Berlin-Friedrichshagen und bereist als <strong>Journal</strong>ist und Fotograf mit dem<br />

Schwerpunkt Wassersport die Welt. Aktuell erhältlich ist sein neues Bordbuch Berlin 2009. Internet: www.muencheberg-media.com.<br />

„Die Sonne kündigte den nahenden Abend an, und<br />

die Midaq-Gasse hüllte sich in den bräunlichen<br />

Schleier der Dämmerung. Wie in einer Falle gefangen,<br />

war das Abendlicht von drei Wänden umschlossen,<br />

was die Brauntöne noch stärker hervortreten ließ. […]<br />

Die Midaq-Gasse wäre in völligem Dunkel versunken,<br />

wenn da nicht Kirschas Kaffeehaus gewesen wäre.<br />

Die Schnüre der elektrischen Lampen waren voll von<br />

Fliegen. Der Raum war quadratisch und ein wenig<br />

verkommen. Aber noch waren ja die Arabesken an<br />

den Wänden. Nur noch ihr Alter und mehrere Sofas<br />

längs der Wände erinnerten an die großen Zeiten. [...]<br />

Einige wenige Leute saßen herum, rauchten Wasserpfeifen<br />

und tranken Tee.“<br />

Auf ein Abenteuer sollte sich einrichten, wer zum ersten<br />

Mal das Tor zum Orient durchschreitet. Und sich nicht<br />

abschrecken lassen von Müll, Lärm, Smog und brütender<br />

Hitze, die die Glieder lähmt und Kopfschmerz verursachen<br />

kann. Oder davon, sich unter Umständen den Fluch<br />

des Pharao, einen der hartnäckigen Magen-Darm-Viren,<br />

einfangen zu können. Als Lohn winkt das Eintauchen in<br />

eine zunächst fremde, geheimnisvoll erscheinende Welt<br />

wie der des Basarviertels Khan El Khalili gleich westlich<br />

der Saijidna-el-Hussein-Moschee. Und wer von den Offerten<br />

der zahlreichen Händler genug hat, fi ndet Zufl ucht im<br />

Nagib Machfus Café. Dort kann er in Ruhe mit den Einheimischen<br />

rauchen. Oder in einem der hinteren Räume,<br />

dem Khan El Khalili Restaurant, traditionell speisen. Fünfmal<br />

am Tag erschallen allerorten laut und blechern von<br />

den Lautsprechern der Minarett-Spitzen die Gebetsaufrufe<br />

des Muezzin. Schnell ist man fasziniert vom morbiden<br />

Charme der Stadt, die von den Arabern ehrfürchtig Umm<br />

al Dunya, Mutter der Welt, genannt wird.<br />

Bekannt für seine liegende<br />

Kolossalstatue von Ramses II:<br />

Straßenhändlerin in Memphis,<br />

einst Reichskapitale und eine der<br />

bedeutendsten Städte Ägyptens.


Feiner Staub bedeckt die Häuserwände und<br />

lässt sie schmutzig aussehen. Er kriecht auf die<br />

Wege, die Autos, ja sogar auf Blüten und Blätter.<br />

Die elfte der ägyptischen Plagen heißt: Sand. Alles<br />

erscheint wie von einem ockerfarbenen Schleier überzogen.<br />

Vier Tonnen sind es täglich, die sich auf die<br />

Stadt legen. Außer ein paar Straßenfeger scheint das<br />

niemanden zu kümmern. Abfall allerorten. Biologisch<br />

Verwertbares wird sofort von Ratten, Katzen und Hunden<br />

entsorgt, bevor ein Müllwagen kommt. Den Rest<br />

holen sich die Zabbalin, die Müllmenschen. Keinen<br />

kümmert’s. Scheinbares Chaos regiert den Straßenverkehr.<br />

Uralte Peugeots und Fiats, zum Klassiker mutierte<br />

Mercedesmodelle und klapprige VW-Busse konkurrieren<br />

auf Straßen ohne Markierungen mit Maultier-Karren<br />

und Leichtmotorrädern. Auf ihnen seitlich sitzende<br />

Sozias, die überdies auch noch ein schlafendes Kind in<br />

den Armen tragen. Auf die Busse kann man lange warten,<br />

fi ndet man einen, sind sie oft hoffnungslos überfüllt.<br />

Egal wie alt das Auto – Hauptsache, die Hupe<br />

funktioniert. Fußgänger queren oft nur unter Lebensgefahr<br />

die Straßen. Wen kümmert das? Gassen wie<br />

die gleich schräg hinter dem World Trade Center, die<br />

man als Tourist lieber nicht quert. Ungebremster Bau-<br />

42<br />

Wildwuchs allerorten. Arme und Ärmste, die um ein<br />

Bakschisch bitten. So erleben wir das ruhelose, pulsierende<br />

Kairo, die über tausendjährige Stadt aller Städte.<br />

Auf dem bleiernen Nilwasser lag das Hausboot,<br />

vertraut wie ein Gesicht, rechts ein leerer Platz, an<br />

dem ein Menschenleben lang ein anderes Hausboot<br />

gelegen hatte, bevor es eines Tages vom Strom<br />

fortgerissen worden war […]<br />

Einst soll der Pharaonengott Seth seinen Bruder Osiris<br />

durch eine List in einen Marmorsarkophag gelockt haben,<br />

diesen alsdann mit einem schweren Deckel verschlossen<br />

und in den Nil geworfen haben. Als Isis, die<br />

Frau von Osiris und Mutter von Horus, das Verschwinden<br />

ihres Mannes bemerkte, begab sie sich mit Horus<br />

zusammen auf die Suche. Dabei verlor Horus ein<br />

Auge. „Man sagt, dass derjenige, welcher dieses Auge<br />

fi nden würde, geschützt wird vor Neid und bösen Blicken“,<br />

erklärt Mahmut. Der 42-Jährige ist Kapitän einer<br />

der zahlreichen Feluken von Luxor, einer schnell<br />

wachsenden Vierhunderttausend-Einwohner-Stadt an<br />

der östlichen Seite des Unterlaufs des Nils. Seit er denken<br />

kann, befährt der Nubier den Leben spendenden<br />

Ausgangspunkt von Feluken-Törns: Luxor mit seinem 3.400 Jahre alten<br />

Tempel dient auch als Anlegestelle für zahlreiche Kreuzfahrtschiffe.<br />

Nur ein paar Autominuten vom neuen Kreuzfahrt-Pier entfernt: Schöne Aussicht von einer Anhöhe am Ostufer<br />

südlich Assuans auf die Insel Elephantine und das am anderen Flussufer stehende Aga Khan-Mausoleum.


Stadt der Gegensätzte:<br />

Blick auf Kairo mit seiner<br />

Skyline von Elendsquartieren,<br />

Minaretten und modernen<br />

Bettenburgen von Süden.<br />

Strom im Norden Ägyptens. Und natürlich trägt auch<br />

sein stolzes Segelboot das Horus-Auge: Kaum eines<br />

der fl achgehenden, meist weiß lackierten Segelboote,<br />

welches das schwarz aufgemalte Symbol als eine Art<br />

Glück bringendes Amulett nicht am Bug trägt.<br />

Der Nil ist mit 6.738 Kilometern der längste Fluss der<br />

Welt. Den Oberlauf speisen die in Ruanda und Burundi<br />

entspringenden Quellfl üsse Rukaraya, Mwogo und Nyawarongo,<br />

der Nil durchfl ießt den Victoria- und den Albertsee,<br />

bahnt sich als Bahr al Djebel seinen weiteren<br />

Wasserweg, nimmt mehrere andere Flüsse auf, trifft bei<br />

Khartum auf den Blauen Nil und mündet schließlich bei<br />

Alexandria im Mittelmeer. So weit, so gut. Doch wie<br />

nähert man sich der Mutter aller Ströme? Am besten<br />

befährt man ihn mit einer Feluke. Das ist ein traditionell<br />

hölzernes, heute oft aus Metall grob zusammengeschweißtes<br />

Segelboot mit einem hoch ausgestellten<br />

Tuch, dem sogenannten Lateinsegel, einem dreieckigen<br />

Stück genähter Baumwolle, das an einer langen, durch<br />

den Wind gebogenen Spiere gefahren wird. Die auch<br />

als Lateinrah bezeichnete Rute ist arabischen Ursprungs<br />

und das Rigg der frühen Kulturen im Roten Meer, am<br />

Persischen Golf und im östlichen Teil des Mittelmeers.<br />

Charakteristisch für eine Lateinbesegelung ist, dass das<br />

aus grob gehauenen, schlanken Baumstämmen bestehende<br />

und sich zum oberen Ende hin verjüngende<br />

Holz in einem Winkel von 45 Grad vom Bug nach achtern<br />

reicht und auf etwa einem Drittel seiner Länge am<br />

relativ kurzen Mast gesetzt wird.<br />

Er überließ sich dem Sonnenuntergang, sein Körper<br />

war erfrischt von einem kühlen Bad. Schläfrigkeit<br />

und Stille breiteten sich aus. Taubenschwärme<br />

zeichneten über dem Nil einen weißen Horizont.<br />

Einst waren die kleinen, früher oft zweimastigen Küstenfahrzeuge<br />

mit den charakteristischen Schratsegeln im<br />

gesamten Mittelmeerraum anzutreffen. Heute gibt es die<br />

meisten noch verbliebenen Yachten auf dem Nil. Ehedem<br />

wurden sie auch als Zoll- und vor allem als Schmuggler-<br />

und Piratenboote benutzt. In Luxor bieten Feluken-<br />

Skipper ihre Dienste an. Vor allem aber am Fuße des<br />

mächtigen schleusenlosen Assuan-Staudammes. Dieser<br />

von den Russen von 1960 bis 1971 erbaute Betonklotz<br />

trennt den Strom unwiderrufl ich in zwei Teile. Der Hochdamm<br />

staut den 510 Kilometer langen, 5.300 Quadratkilometer<br />

großen Nassersee auf. 451 Menschen kamen<br />

beim Bau der Barriere ums Leben. Nach dem Karibasee<br />

des Sambesi ist der Nassersee damit das größte künstlich<br />

geschaffene Gewässer der Welt. Wissenschaftler<br />

raten seit einiger Zeit dazu, den Damm wieder abzutragen.<br />

Zu groß seien die Nachteile, sagen sie. In früheren<br />

Zeiten schwemmte die jährliche Nilfl ut den angewehten<br />

Sand fort. Und hinterließ den fruchtbaren Nilschlamm.<br />

700.000 Hektar Land wurden so bisher im Wortsinne<br />

verwüstet. Wer will, besteigt ein Stück vor dem Fuße<br />

des Stauwerkes eines der ausladenden, offenen Boote.<br />

Und begibt sich für ein paar ägyptische Pfund auf eine<br />

Zeitreise in die Geschichte Ägyptens – und zu den Anfängen<br />

des Segelns: Alles an Bord ist praktisch eingerichtet<br />

und aus Materialien hergestellt, die leicht zu beschaffen<br />

sind. Winschen? Blöcke? Fehlanzeige. Alles ist<br />

einfach zu bedienen – und meist ohne den Einsatz von<br />

Geldmitteln schnell zu ersetzen. Nur so ist in dem weitgehend<br />

durch Armut geprägten Revier am Nil die ständige<br />

Einsatzbereitschaft der Boote gewährleistet.<br />

travel nil


Machen: An der Corniche von Assuan werden Feluken-Törns<br />

ins 40 Kilometer entfernte Kom Ombo angeboten. Südlich<br />

der Stadt lädt ein Tempel zu einem Besuch ein. Die ptolemäische<br />

Gründung aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr. wurde<br />

dem Krokodilgott Sobeck und dem falkenköpfigen Haroeris<br />

(Horus als Sohn des Re) gewidmet. Der Preis ist Verhandlungssache.<br />

Übernachtet wird auf dem Boot.


48<br />

DOCH WIE NÄHERT MAN SICH<br />

DER MUTTER ALLER STRÖME?<br />

AM BESTEN BEFÄHRT MAN<br />

IHN MIT EINER FELUKE.<br />

Auch Mahmut wird nicht reich mit seinen bezahlten<br />

Segelfahrten. Trotzdem reichen die Einnahmen gerade<br />

so aus, um damit den Lebensunterhalt für sich und seine<br />

Familie notdürftig bestreiten zu können. Dafür fährt<br />

der erfahrene Bootsführer alles, was anfällt: Oft sind<br />

es Eier, Reifen oder Wasser. Am liebsten sind ihm als<br />

Fracht jedoch Fremde von den 300 auf dem Nil fahrenden<br />

Flusskreuzfahrtschiffen. Die schätzen es durchaus,<br />

fernab des Tourismus-Wulings einmal ruhig und sanft<br />

auf dem Wasser dahingleiten zu können. Für Mahmut<br />

bringt dies das meiste Geld. Seit mehreren Jahren steuert<br />

er ab Luxor für Kapitän Hamada Hashim dessen<br />

stolzen Nilsegler, wie lange genau, weiß er nicht. Oft<br />

mit dabei, wenn Skipper Mahmut auf Fahrt geht, ist<br />

sein zwölfjähriger Neffe. Der heißt ebenfalls Mahmut.<br />

Mahmut der Jüngere ist Bootsmann, Koch und, wenn<br />

es sein muss, auch Steuermann in einem. Nur wenn<br />

die kindlichen Kräfte einmal nicht ausreichen, lascht<br />

Mahmut der Ältere kurz die beindicke Pinne fest und<br />

geht dem Kleinen zur Hand.<br />

Anis zog sich um und setzte sich mit seiner Galabya<br />

auf die Schwelle zur Veranda, die auf den Nil ging.<br />

[…] Seine Augen glitten über das stille Wasser, das<br />

bewegungslos und glanzlos dalag, nur die Stimmen<br />

der Bewohner der Hausboote unter den Bäumen am<br />

anderen Ufer wurden hell herüber getragen.<br />

Zusammen bringen sie mit ein paar Handgriffen die gut<br />

zehn Meter lange, gertenschlank auslaufende Spiere in<br />

die gewünschte Position, fi eren den unteren, kurzen<br />

Baum, der Bootsmann gibt dem Bug einen letzten Stoß<br />

und springt beherzt, mit der Leine in der Hand, an<br />

Deck. Der Skipper legt das Ruder, holt die Schot dicht,<br />

das riesige Baumwolltuch füllt sich erst widerstrebend,<br />

dann willig mit dem staubigen, alles bestimmenden<br />

Wüstenwind, und die stolze Gehan nimmt Fahrt auf,<br />

dem Sonnenuntergang entgegen, der den ruhig dahin<br />

fl ießenden Strom in ein goldenes Licht taucht. Mahmut<br />

der Jüngere kocht derweil auf einer kleinen Feuerstelle<br />

an Bord Wasser und bereitet den wohlschmeckenden<br />

schwarzen ägyptischen Tee mit frischer Minze, der mit<br />

viel Zucker in kleinen Gläsern gereicht wird. So muss<br />

es gewesen sein, zur Zeit der Pharaonen, segelnd auf<br />

dem Nil. Vom Ufer winken die Bewohner der teilweise<br />

noch mit Nilschlamm errichteten Hütten. Hausboote<br />

säumen unseren Wasserweg. Generationen leben zusammen<br />

auf dem Nil. Oder feiern und geben sich dem<br />

Genuss der Haschischpfeife hin, wie von Nagib Machfus<br />

beschrieben: „Nichts ist unserem Hausboot vergleichbar.<br />

Die Liebe ist ein überholtes, verbrauchtes Spiel, aber in<br />

unserem Hausboot ist sie Sport. Das Laster ist anderswo<br />

ein Laster, aber hier in unserem Boot Freiheit. In den<br />

Häusern sind die Frauen traditionelle Reliquien, aber in<br />

unserem Hausboot sind sie voll jugendlicher Erotik und<br />

betörend. Der Mond ist ein lebloser, sich drehender<br />

Planet, aber hier bei uns Poesie. Der Wahnsinn ist überall<br />

eine Krankheit, aber bei uns eine Philosophie. Jeder<br />

Gegenstand hat seinen Wert, woher er auch sein mag,<br />

aber in unserem Hausboot ist er ein Nichts.“


50<br />

Gehan, eigentlich ein persischer Mädchenname, steht<br />

für die Welt. Oder das Leben. Das läuft an Bord einer<br />

Feluke langsam, sehr langsam ab. Träge schiebt sich der<br />

acht Meter lange Schiffskörper durch das mal dunkelgrün,<br />

mal gelblich trüb schimmernde Nilwasser vor der<br />

lang gestreckten Skyline von Luxor Richtung Affeninsel<br />

und weiter ins etwa zweihundert Kilometer entfernte Assuan.<br />

Andere Lateinsegel gesellen sich in stiller Eintracht<br />

dazu. Nur wenn eines der großen Fluss-Passagierschiffe<br />

den Kurs der Gehan kreuzt, kommt Bewegung ins Boot.<br />

Dann zeigt sich, wie elastisch die langen Spieren der<br />

traditionellen Nilsegler, die das Segel am oberen Ende<br />

des Tuches tragen, wirklich sind. Wie Peitschen schlagen<br />

sie plötzlich aus, wenn die großen Bugwellen der<br />

Passagierdampfer durchgehen und die kleinen Boote<br />

auf einmal wild schaukeln lässt. Dass die Belastungen<br />

fürs Rigg auch zu groß werden können, zeigen zwei<br />

Felukenbesitzer auf einem wackligen Steg direkt vor<br />

dem Luxor-Museum, die am Wasser eine der langen<br />

Spieren reparieren, die zu Bruch gegangen war. Sie tun<br />

das auf ihre ganz spezielle Art: mittels eines dünnen Eisenbandes,<br />

welches um die angeschäftete Verlängerung<br />

und das intakte Restholz geschlagen und mit Nägeln befestigt<br />

wird. Ganz einfach. Bis zum nächsten Malheur.<br />

Dann wird eben erneut repariert. Nebenan streicht ein<br />

Bootsjunge einen Riemen. Die gibt es auf jeder Feluke<br />

gleich doppelt. Denn Motoren haben die Nilsegler allesamt<br />

nicht. Bei Windstille wird gepullt. So wie man das<br />

etwa von Marinekuttern kennt. Doch was dort lediglich<br />

Ausbildungszwecken dient, ist hier Alltag. Segeln in<br />

seiner ursprünglichsten Form. Wer es etwas bequemer<br />

mag, bucht eine Flusskreuzfahrt. Die führt zumeist von<br />

Luxor über die Schleuse von Esna, Edfu und Kom Ombo<br />

zum Assuan-Staudamm. Das wird heute gemeinhin auch<br />

als die klassische Nilreise bezeichnet.<br />

Um die Neonlampe surrte ein Schwarm Mücken.<br />

Draußen nistete sich Dunkelheit ein, der Nil versank<br />

zu regelmäßigen und unregelmäßigen geometrischen<br />

Formen, die die Straßenlampen auf der anderen<br />

Seite des Ufers und die erleuchteten Fenster der<br />

Hausboote erzeugten.<br />

Die beginnt zumeist mit dem Einschiffen in Luxor:<br />

Entschleunigung heißt ab jetzt das Zauberwort. Das<br />

Kontrastprogramm zum chaotisch-quirligen Kairo beginnt<br />

mit dem Betreten eines Flusskreuzfahrers, denn<br />

die Strecke von Luxor bis nach Assuan ist kein Feluken-Kapitän<br />

bereit zu segeln, auch nicht für ein gutes<br />

Bakschisch. Wir fühlen uns sofort zurückversetzt in<br />

eine Zeit fernab vom hektischen Trubel, als es noch<br />

als etwas Besonderes galt, eine Kreuzfahrt auf dem<br />

längsten Strom der Erde zu unternehmen, und als<br />

sich nur wenige dieses Vergnügen leisten konnten.<br />

Auch wenn die modernen Schiffe etwas anders aussehen<br />

als die zu Zeiten der auch heute noch sehenswerten<br />

Verfilmung von Agatha Christies „Death on the<br />

Nile“ aus dem Jahre 1978. Und sich die Nilreisenden<br />

auch nicht mehr so schick kleiden wie Sir Peter Ustinow,<br />

Jane Birkin, Mia Farrow, Bette Davis und David<br />

Niven in dem englischen Mordsspektakel vor Pyramiden-<br />

und Sphinx-Kulisse. Bereits ein Jahr vorher kam<br />

der damals zehnte Bond mit Roger Moore, Curd Jürgens<br />

und Bond-Girl Barbara Bach in die deutschen Kinos:<br />

Auch „Der Spion, der mich liebte“ setzte auf die<br />

atemberaubenden Pharaonen-Kulissen, Wüstensand<br />

und den Nil. Nicht zuletzt wegen des spektakulären<br />

Sets gilt er den Fans bis heute als einer der besten<br />

Bonds mit Moore als 007-Darsteller.<br />

Stille. Wie in Zeitlupe ziehen sattgrüne Felder, Palmen<br />

und die ockerfarbenen Ziegelbauten der Fellachen nun<br />

vorbei. Baumwollene Lateinersegel in Weiß bis Dunkelrot<br />

begleiten den Weg nach Assuan. Ungewohnt<br />

für einen Bildreporter: Hier finden die Motive den<br />

Weg zum Fotografen und nicht umgekehrt. Freundliche<br />

Menschen winken vom Ufer. Wir winken zurück.<br />

Und atmen durch. Die 18 Kilometer pro Stunde, auf<br />

die die drei Caterpillar-Diesel mit jeweils 470 Pferdestärken<br />

unsere von Viking River Cruises gecharterte<br />

MÖVENPICK M/S ROYAL LILY bringen, erscheinen<br />

uns Großstadtbewohnern als ungewohnt langsam. Die<br />

Hitze tut ein Übriges. Relax. Erst jetzt sind wir wirklich<br />

in Ägypten angekommen. Tagsüber und manchmal<br />

auch des Nachts ist die LILY unterwegs. Deutsche haben<br />

zumeist keine Vorstellung davon, wie es auf der<br />

Brücke eines ägyptischen Flusskreuzfahrers aussieht.<br />

Wie sollten sie auch. Ein Besuch beim Steuerstand ist<br />

interessant und unbedingt zu empfehlen: Konzentriert,<br />

dabei aber völlig entspannt, sitzt Kapitän Nubi am<br />

Steuer seines Schiffes. Falsch: Er sitzt nicht. Vielmehr<br />

hockt er im Schneidersitz, die Füße sorgsam über den<br />

jeweils anderen Oberschenkel gefaltet, auf dem Steuerstand.<br />

Auch das Wort Steuer ist relativ und weicht von<br />

den Vorstellungen ab, die einem ein wagenradgroßes,<br />

rundes Lenkrad, womöglich aus messingbeschlagenem<br />

Mahagoni, vorgaukeln. Das Steuer von Nubi sind drei<br />

schwarze, einfache Kunststoffgriffe von Rolls Royce.<br />

Jeder regelt für eine der – seitlich schwenkbaren –<br />

Schrauben Geschwindigkeit (Hebel nach vorn) und<br />

Richtung (Hebel zur Seite). Eigentlich brauche er für<br />

dieses Schiff drei Hände, lacht Nubi und richtet seinen<br />

Blick nach vorn, wo sich der bis zu einem Kilometer<br />

breite Nil vor seinem erfahrenen Auge weitet.<br />

Wasser-Rast: Auf der Schiffsreise den Nil hinauf muss die Schleuse in Esna passiert werden. Händler<br />

werfen ihre Waren auf die Decks der Kreuzfahrtschiffe. In der Pharaonen-Zeit war Esna ein bedeutender<br />

Handelsort, der den Namen Tesnet trug. Heute ist dort eine große koptische Gemeinde beheimatet.<br />

VOM UFER WINKEN DIE BEWOHNER DER TEILWEISE NOCH MIT<br />

NILSCHLAMM ERRICHTETEN HÜTTEN. HAUSBOOTE SÄUMEN UNSEREN<br />

WASSERWEG. GENERATIONEN LEBEN ZUSAMMEN AUF DEM NIL.<br />

travel nil


52<br />

Abheben über Theben-West: Wer in Luxor eine Ausfahrt mit einem Heißluftballon plant, muss früh<br />

aufstehen. Gegen vier Uhr geht´s los, die eigentliche Fahrt dauert etwa eine gute halbe Stunde.<br />

Ich bin das Hausboot, wie ich auch Taue und<br />

Tonnen bin. Vernachlässigte ich es nur einen<br />

Augenblick, so sänke es oder würde vom Strom<br />

fortgerissen …<br />

Seit vierzig Jahren steuert der alte Kapitän Flusskreuzfahrtschiffe<br />

über den Nil. Zweimal in der Woche heißt<br />

es für ihn, die Strecke Luxor–Assuan–Luxor zu bewältigen.<br />

Er kennt den Strom wie seine Westentasche. Noch<br />

nie ist etwas passiert. Radar? Gibt es zwar an Bord.<br />

Dieses und die anderen Navigationsgeräte sind jedoch<br />

ausgeschaltet. Kapitän Nubi braucht keinen technischen<br />

Schnickschnack. Er umschifft Untiefen, wo andere diese<br />

noch nicht einmal ahnen. Auch nachts. Nur aufgrund<br />

seiner jahrelangen Erfahrung. Er saugt den Fluss in sich<br />

auf, man meint, er atmete ihn. Schifffahrtszeichen gibt<br />

es so gut wie nicht auf dem Fluss, dessen Einzugsgebiet<br />

2,8 Millionen Quadratkilometer umfasst. Wie es<br />

aussieht, wenn ein Passagierschiff aufl äuft und ausbrennt,<br />

kann man am Westufer des Nils gleich südlich<br />

von Luxor sehen: Mahnend schiebt dort ein rostig-zerknautschtes<br />

Monsterwrack Lage an Land. Das Malheur<br />

sei jedoch nicht auf einen Navigationsfehler zurückzuführen,<br />

hören wir. Brandstiftung wird vermutet, einen<br />

gewollten Fall für die Versicherung. Die M/S LILY zieht<br />

weiter. Nubi hat die schwarzen Plastikgriffe fest in der<br />

Hand. Prüfend wandert sein Blick über den vor ihm<br />

liegenden Strom, der keine Überschwemmungen mehr<br />

kennt, seit im Jahre 1971 der Sadd al Ali, der Assuan-<br />

Hochdamm, eingeweiht wurde. Wenn der Nassersee<br />

überzulaufen droht und der Druck auf den Beton zu<br />

stark werden könnte, wird Wasser abgelassen. Das lässt<br />

den Strom dann bis zu drei Metern anschwellen. Der<br />

60-jährige Nubi muss dann, damit sein dreistöckiges<br />

schwimmendes Hotel noch unbeschadet die Brücken<br />

unterqueren kann, das Sonnendach herunterklappen.<br />

Es ist sogar schon vorgekommen, dass die Decksstühle<br />

und die Reling entfernt werden mussten.<br />

Das wär mal was: Dem Nil von den Quellen bis zum<br />

Assuan-Staudamm folgen. Und von dort bis hinunter<br />

zum Mittelmeer bei Alexandria. Und zwar stilecht – an<br />

Bord einer Feluke. An Bord kochen, wohnen – und segeln.<br />

Drei Monate würde die Fahrt allein für das zweite<br />

Teilstück dauern, bei stets gutem Wind, sagt Mahmut<br />

der Ältere. Darauf lasse sich jedoch kein Felukensegler<br />

ein. Eine Frage des Preises? Fast alles ist verhandelbar<br />

am Unterlauf des Nils, so scheint es. Der Grund ist ein<br />

anderer: Es gebe strenge Behördenaufl agen für Reisende<br />

im Lande Mubaraks, erklärt Muhamed aus Kairo.<br />

Zwar sei Rucksacktourismus möglich, aber viel Geduld<br />

und Zeit müsse dabei investiert werden, um die nötigen<br />

Visa zu erlangen und die Transfers in den jeweils zu befahrenden<br />

Revieren anzumelden. Sicherheit wird groß<br />

geschrieben, sagt der 57-jährige studierte Archäologe,<br />

der sein Geld mit dem Führen von Touristengruppen an<br />

historischen Orten verdient. Zu groß, um problemlos allein<br />

von A nach B zu gelangen? Doch vielleicht würde<br />

gerade dies den Reiz aus- und eine Nilfahrt zu etwas<br />

Besonderem machen? Eines steht jedoch fest: Wer diese<br />

Art eines Törns entlang des längsten Stromes der Welt<br />

plant, sollte neben einer ausreichenden Menge an Bakschisch<br />

vor allem Geduld mitbringen. Und viel, viel Zeit.<br />

INFO NIL-TÖRN Informationen über die „klassische Nilreise“ im<br />

Internet: www.vikingfl usskreuzfahrten.de. Teil einer jeden Reise<br />

ist ein – zumindest kurzer – Feluken-Segeltörn um Elephantine<br />

in Assuan. Vom Boot hat man einen guten Blick auf das legendäre<br />

Old Cataract Hotel, in dem teilweise Agatha Christies<br />

„Tod auf dem Nil“ spielt und von dessen Fuße das Filmschiff<br />

KARNAK ablegt. Neu: Flusskreuzfahrten auf dem Nassersee.<br />

Literatur für einen guten ersten Überblick: „Ägypten – Die<br />

klassische Nilreise“ von Hans-Günter Semsek, DuMont. Empfehlenswert:<br />

Bücher des arabischen Schriftstellers Nagib Machfus.<br />

1988 erhielt er den Literaturnobelpreis. Da war der Vater<br />

des ägyptischen Romans bereits 77 Jahre alt. Das bekannteste<br />

Werk des kleinen, dunkelhäutigen Mannes mit den dicken<br />

Brillengläsern ist „Die Midaq-Gasse“, aus dem auch das eingangs<br />

angeführte Zitat stammt (Zürich: Unionsverlag, 1985).<br />

Auch die weiteren, im Text enthaltenen und farbig gekennzeichneten<br />

Zitate stammen von Machfus, aus: „Das Hausboot<br />

am Nil“ (Kairo/Berlin: Edition Orient, 1982).


54<br />

FINN FLYER 36 yacht<br />

Die skandinavische Werft Finnyachts bietet mit der Finn Flyer 36<br />

eine sportliche Yacht an. Erhältlich sowohl in einer Cruising- als auch<br />

in einer Racing-Version, umgeht die Werft dabei geschickt den oft<br />

misslungenen Spagat zwischen Touren- und Regattaschiff. Anders<br />

als bei großen Massenwerften entstehen die Boote bei Finnyachts in<br />

reiner Handarbeit. Dies sorgt nicht nur für eine hohe Fertigungsqualität,<br />

sondern auch dafür, dass den Wünschen zukünftiger Eigner im<br />

besonderen Maße nachgekommen werden kann. Preis auf Anfrage.<br />

INFO WWW.FINNYACHTS.FI<br />

LÄNSMAN Lenzpumpe<br />

Die Lenzpumpe Länsman macht sich die natürlichen<br />

Bewegungen durch Wind, Schwell und den Zug an den<br />

Festmachern zunutze und pumpt im Boot vorhandenes<br />

Wasser mit einer Leistung von circa 2500 Liter pro Tag heraus.<br />

Die Materialien ermöglichen eine Zugfestigkeit von<br />

bis zu 1000 Kilonewton. Installation und Handhabung sind<br />

einfach. Länsman arbeitet rund um die Uhr umweltfreundlich<br />

und leistungsstark. Die Pumpe hat auf jeder Seite<br />

eine Schlaufe, die unter Zug die Pumpwirkung in Gang<br />

setzt. Länsman wird zwischen Festmacherleine und Boot<br />

montiert. Dabei sollte auf den Einsatz von Ruckdämpfern<br />

verzichtet werden. Der Preis liegt bei 58,95 Euro.<br />

INFO WWW.WATSKI.DE<br />

SELDÉN Schnappschäkel<br />

Für die Ausrüstung seiner Blöcke mit einem Schnappschäkel statt eines D-Schäkels hat<br />

Seldén eine einfache Lösung. Für die Blockserien 50, 60 und 80 Millimeter sind ab sofort<br />

Schnappschäkel lieferbar, die nachträglich statt der einfachen Schäkel an die Köpfe der<br />

Blöcke montiert werden können. Das ist besonders sinnvoll für Taljen, die abnehmbar<br />

sein sollen. Das Material aus hochfestem, nicht-rostendem Stahl hat selbstverständlich<br />

die gleichen hohen Arbeitslasten wie die Blöcke von Seldén. Preise ab 28,40 Euro.<br />

INFO WWW.GOTTHARDT-YACHT.DE<br />

SAILTEX High-End-Rigging<br />

EasyRigging und SmartRigging der Firma Sailtex sind Produkte für modernes Hightech-Kunstfaser-Rigging. igging.<br />

Gegenüber bekannter und herkömmlicher Takelage aus Draht oder Rod bietet es extreme Leistungs- eistungsund<br />

Gewichtsvorteile. EasyRigging ist die kostengünstigere und einfachere Lösung für Boote oote von<br />

circa zehn Fuß (Regattajollen) bis circa 45 Fuß Länge. Die extremen Gewichtsvorteile eile schon<br />

bei kurzen Kabellängen sind immens. EasyRigging ist mit Aramid- und PBO-Fasern<br />

BO-Fasern<br />

lieferbar und wurde speziell für das stehende Gut – Wanten, Vorstagen, en, Backstagen,<br />

Achterstagen usw. – von Segelbooten entwickelt. SmartRigging igging ist für<br />

Boote von circa 36 Fuß bis circa 210 Fuß Länge verfügbar. ar. Es wird mit<br />

Aramid- und mit PBO-Fasern geliefert. Auf diesem m Weg lassen<br />

sich Gewichtsersparnisse von 70 bis 90 Prozent zent erzielen.<br />

produkte<br />

HENRI LLOYD Hoodies<br />

Beste Wärme bei niedrigstem Gewicht – neu im Programm von Henri Lloyd 2009 sind<br />

die sportlich-modisch geschnittenen Kapuzenjacken für Herren und die attraktiven<br />

Kapuzenpullover für Damen. Die Trendfarben Lichtgrau und Carbon sind Hingucker<br />

auf jeder Yacht, in jedem Hafen und auf allen Promenaden. Das weiche und wärmende<br />

Polartec Thermal Pro ist angenehm zu tragen, leicht am Körper und transportiert<br />

überschüssige Feuchtigkeit von der Haut nach außen ab. Das Fleecematerial der<br />

Kapuzenpullover und -jacken ist extrem atmungsaktiv, trocknet schnell und schützt<br />

den Träger somit vor unnötigem Wärmeverlust. Der Preis liegt bei 169 Euro.<br />

INFO WWW.HENRILLOYD.DE


56<br />

STARS &<br />

stare<br />

Text Andreas Kling © Fotos ROLEX/Tom Körber<br />

Vor dem EM-Finaltag schienen die Medaillen bereits vergeben zu sein. 20 Punkte<br />

Vorsprung der Drittplatzierten Lööf/Tillander vor dem US-Duo Mark Mendelblatt und<br />

Mark Strub sprechen eine deutliche Sprache. „Unsere Ausgangsposition ist nicht so<br />

schlecht, obwohl die direkten Gegner besser waren“, meinte Steuermann Lööf.<br />

rbw regatta


„Vielleicht bekämpfen die beiden Spitzenmannschaften<br />

sich gegenseitig und wir werden lachende Dritte.“<br />

Auch mit dem Verlauf des sechsten Rennens am vorletzten<br />

Tag, das wegen stürmischer Böen erst nach<br />

dreistündiger Startverschiebung begann, war der<br />

Bronzemedaillengewinner von China 2008 zufrieden:<br />

„Wer als 29. die erste Luvtonne rundet und danach<br />

mehr als 150 Meter auf die Olympiasieger Percy/<br />

Simp son aufholt, sollte sich nicht grämen.“ Die Goldmedaillengewinner<br />

von China 2008 haderten allerdings<br />

mit ihrer Leistung. „Wir haben am letzten Tor einen<br />

großen Fehler gemacht, indem wir die linke statt der<br />

rechten Tonne rundeten.“ Die Brasilianer Scheidt und<br />

Prada (Führende in der Gesamtwertung) wählten die<br />

andere Bahnmarke. Das Finale könnte zum Matchrace<br />

der beiden Führenden werden. „Wir werden natürlich<br />

ein Auge auf die Briten haben“, meinte Scheidt,<br />

doch der AC-erfahrene und momentan zweitplatzierte<br />

Percy entgegnete: „Vor Zweikämpfen haben wir überhaupt<br />

keine Angst.“ Trotzdem gewannen die beiden<br />

Brasilianer Robert Scheidt und Bruno Prada die Rolex<br />

Baltic Week und sind somit neue Europameister der<br />

olympischen Starbootklasse. Die Silbermedaillengewinner<br />

von Qingdao 2008 drehten den Spieß diesmal<br />

um und verwiesen die Olympiasieger Iain Percy und<br />

Andrew Simpson aus Großbritannien auf Rang zwei.<br />

Bronze ging an die punktgleichen Schweden Fredrik<br />

Lööf und Johan Tillander. „Das war Hochspannung<br />

pur auch noch auf den letzten Meter“, meinte der<br />

58<br />

siegreiche Steuermann Robert Scheidt. „Wir hatten im<br />

letzten Rennen schon scheinbar sicher geführt, als der<br />

Wind abnahm und die Gegner von hinten aufkamen.“<br />

Letztlich musste er seinen Gegner nur nach hinten abdecken.<br />

„Wir haben zum Schluss taktische Fehler gemacht<br />

und hätten es auch nicht verdient gehabt, hier<br />

zu gewinnen“, resümierte Iain Percy eine Regatta, in<br />

der er nach einer langen Trainingspause konstant unter<br />

den besten drei der Gesamtwertung stand.<br />

Dabei startete die EM mit Melderekord (89 gemeldet<br />

– 86 Boote am Start) und einer Überraschung aus Japan,<br />

als Kunio Suzuki und Wada Daichi die erste Wettfahrt<br />

auf dem dritten Platz beendeten. Danach ging es<br />

Schlag auf Schlag: Alle aktuellen Olympiamedaillengewinner<br />

im Starboot führten nach dem zweiten Wettfahrttag<br />

auch die Zwischenwertung an. Das Spitzentrio<br />

mit Iain Percy und Andrew Simpson, den Schweden<br />

Fredrik Lööf und Johan Tillander sowie Robert Scheidt<br />

und Bruno Prada zudem noch punktgleich. Dahinter<br />

folgten mit Johannes Babendererde und Timo Jacobs<br />

aus Lübeck bereits die deutschen Shootingstars, zwölf<br />

Zähler zurück. „Wir sind hochzufrieden, schon mal<br />

bei den weltbesten Starbootcrews anklopfen zu können“,<br />

so Steuermann Babendererde. „Auch wenn die<br />

drei Teams vorne schon noch eine Welt für sich sind“,<br />

ergänzte Vorschoter Jacobs. Dennoch gelang es den<br />

Youngstern bei erneut frischen und stark böigen sowie<br />

drehenden Winden, in die ersehnte Welt einzutreten.<br />

ROBERT STANJEK, MARKUS KOY<br />

rbw regatta<br />

ALLE AKTUELLEN OLYMPIAMEDAILLENGEWINNER IM STARBOOT FÜHRTEN<br />

NACH DEM ZWEITEN WETTFAHRTTAG AUCH DIE ZWISCHENWERTUNG AN.


PHILIP CARLSON, BENJAMIN PETERSON


„ES WAR EINE GROSSARTIGE REGATTA MIT DEN HÄRTESTEN RENNEN<br />

SEIT AUGUST 2008“, SO ROBERT SCHEIDT, „VIEL WIND UND STARKE<br />

GEGNER VERLANGTEN UNS AUF DEM WASSER ALLES AB.<br />

62<br />

Im ersten Rennen des Tages lag der Star mit der Segelnummer<br />

GER 8378 an der ersten Luvtonne ganz<br />

vorne, verschwand dann aber im „Dickicht“ des hochkarätigen<br />

Felds, in dem elf der Top Zwölf der aktuellen<br />

Weltrangliste dabei sind. Jacobs: „Wir haben vor dem<br />

Wind taktisch daneben gehauen und mussten fast 20<br />

Gegner passieren lassen.“Umso höher ist die Moral<br />

der Lübecker einzuschätzen, die danach wieder konstant<br />

nach vorne kreuzten, zunächst unter die Top Ten<br />

und im Ziel bis auf Platz sieben.<br />

Babendererde und Jacobs haben mit dem fünften<br />

Gesamtplatz nicht nur den Kontakt zur Weltspitze<br />

aufgenommen, sondern nicht zuletzt durch ihren Tagessieg<br />

am letzten Wettkampftag auch gezeigt, dass<br />

sie zu den größten Hoffnungsträgern des DSV in den<br />

kommenden Jahren gehören, obwohl sie auf der EM<br />

den A-Kader nur um einen halben Punkt verpassten.<br />

„Natürlich hätten wir gern schon in Kiel den A-Kader<br />

klargemacht“, meinte Johannes Babendererde, „aber<br />

wir sind mit unserem Abschneiden mehr als zufrieden.“<br />

Ärgerlich für die Youngster: Den vor ihnen platzierten<br />

Schweizern drohte noch eine Disqualifikation<br />

wegen Vorfahrtsverletzung, doch die benachteiligten<br />

Portugiesen Afonso Domingos und Rocca Leone verzichteten<br />

an Land letztlich darauf, den angekündigten<br />

Protest einzureichen. Somit blieben die Titelverteidiger<br />

Robert Stanjek und Markus Koy aus Berlin<br />

und Hamburg am Ende auf Platz sechs hängen, zwei<br />

JOHANNES BABENDERERDE, TIMO JACOBS<br />

Zähler hinter ihrer nationalen Konkurrenz. Vor dem<br />

Schlusstag waren die Vorjahressieger noch drittbeste<br />

Europäer gewesen, hatten jedoch mit Platz 31 im vorletzten<br />

Rennen entscheidende Punkte verloren.<br />

„Es war eine großartige Regatta mit den härtesten<br />

Rennen seit August 2008“, so Robert Scheidt, „viel<br />

Wind und starke Gegner verlangten uns auf dem<br />

Wasser alles ab.“ Die Überlegenheit der Crews auf<br />

den Podiumsplätzen beeindruckte auch die Verfolger.<br />

„Ab Platz vier beginnt bereits die Silberflotte“, meinte<br />

Johannes Babendererde. Mehr als 40 Punkte separierten<br />

das unglaubliche Trio vom „Rest der Welt“.<br />

„Wir drei pushten uns gegenseitig bis ans Limit“, versuchte<br />

Fredrik Lööf eine Erklärung für die Zwei-Klassen-Gesellschaft<br />

der Stare zu finden, „das stachelt alle<br />

regelrecht an.“ Obwohl er sich wieder „nur mit Bronze“<br />

zufriedengeben musste, weil er in der detaillierten<br />

Endabrechnung einen vierten Platz weniger als Percy/<br />

Simpson zu Buche stehen hatte, war der Steuermann<br />

zufrieden. Lööf: „Mit einem neuen Vorschoter sofort<br />

wieder in der absoluten Weltspitze mitzumischen, verblüfft<br />

mich selbst.“<br />

Fotofi nish, gebrochene Masten, Gewitterfronten, Schauerböen,<br />

drehende Winde, schwache Winde – alles Zutaten<br />

für eine spannende Europameisterschaft. Prominentestes<br />

Opfer diverser Mastbrüche war die designierte<br />

Sportdirektorin des Deutschen Segler-Verbands (DSV),


(BRA) ROBERT SCHEIDT, BRUNO PRADA (SWE) FREDRIK LÖÖF, JOHAN TILLANDER<br />

Nadine Stegenwalner aus Hamburg. „Auf der letzten<br />

Vorwindstrecke brach in einer Halse das Unterwant und<br />

der Mast kam von oben“, berichtete die Steuerfrau. Probleme<br />

ganz anderer Art hatte Ex-Tornado-As Johannes<br />

Polgar aus Kiel, der mit dem Hamburger Weltumsegler<br />

und AC-Profi Tim Kröger an der Vorschot zwei Runden<br />

unter den Top Ten lag, er bekam auf seinem Heimatrevier<br />

gegen Ende seine Gewichtsnachteile zu spüren.<br />

„Auf der letzten Kreuz ins Ziel hat der Wind so zugelegt,<br />

dass wir einige Gegner durchwinken mussten“. Bei<br />

leichten Winden sah die Sache freilich anders aus.<br />

64<br />

RANKING<br />

01. Robert Scheidt/Bruno Prade (BRA)<br />

02. Iain Percy/Andrew Simpson (UK)<br />

03. Fredrik Lööf/Johan Tillander (SWE)<br />

05. Johannes Babendererde/Timo Jacobs (GER)<br />

06. Robert Stanjek/Markus Koy (GER)<br />

23. Johannes Polgar/Tim Kröger (GER)<br />

28. Alexander Schlonski/Fritjof Kleen (GER)<br />

29. Alexander Hagen/Kai Falkenthal (GER)


66<br />

portimão global ocean race rund bornholm<br />

Text Bendix Hügelmann<br />

Text Bendix Hügelmann © Foto Pepe Hartmann<br />

Boris Herrmann und Felix Oehme sind wieder zu Hause.<br />

Deutschlands neue Shootingstars der Segelszene<br />

kehrten am Mittwoch (15. Juli) nach neun Monaten<br />

Weltumseglung erstmals wieder in die Heimat zurück.<br />

Und Hamburg zeigte sich zum Empfang der Hochseeyacht<br />

BELUGA RACER und ihrer Crew von seiner<br />

besten Seite. Staatsrat Dr. Manfred Jäger, Segelvereinsvorstände,<br />

Honoratioren, Familienangehörige und<br />

Freunde sowie mehrere Hundert Fans machten der<br />

Mannschaft, die die Regatta Portimão Global Ocean<br />

Race gewonnen hat, beim Anlegen im Sandtorhafen<br />

ihre Aufwartung. Als das Feuerlöschboot BRANDDI-<br />

REKTOR KRÜGER auf der Elbe den Befehl „Wasser<br />

marsch!“ gab und seine Fontänen in weiten Bögen<br />

über die Elbe sprühte, segelte die BELUGA RACER<br />

auf den letzten Metern einer langen Reise. Rund<br />

30.000 Seemeilen haben Herrmann und Oehme auf<br />

ihr gelebt und gelitten, gefiebert und gefeiert.<br />

Start und Ziel der neunmonatigen Hochseeregatta lag<br />

in Portugal und dazwischen alle Ozeane dieser Erde.<br />

Das Kap der Guten Hoffnung rundeten die 28-jährigen<br />

Norddeutschen schon als Gesamtführende, das legendäre<br />

Kap Hoorn, den Mount Everest der Seefahrer,<br />

meisterten sie ebenso wie zermürbende Flauten und<br />

schwere Stürme. Da wirkte es fast gnädig, als Rasmus<br />

in Höhe Hamburgs Schokoladenseite bei Oevelgönne<br />

eine leichte Brise bereithielt, in der die BELUGA RA-<br />

CER noch einmal ihr volles Segelkleid zeigte. Der Autopilot<br />

steuerte, und die Besatzung stand Arm in Arm<br />

auf dem Großbaum, in der anderen Hand eine Leuchtfackel<br />

zur Begrüßung der Mitreisenden. Die Großfamilien<br />

hatten eine Hafenbarkasse gechartert, die der<br />

Rennyacht mit zahlreichen Motorbooten elbabwärts<br />

entgegengefahren war. Der Kurs führte sie vorbei am<br />

Fischmarkt und den Landungsbrücken mit der grünen<br />

RICKMER RICKMERS und dem ehemaligen Bananenfrachter<br />

CAP SAN DIEGO im Hintergrund. Als<br />

die Brücke zum neuen Sandtorhafen geöffnet wurde,<br />

waren viele den Freudentränen nahe. Neun Fernsehkameras<br />

und ungezählte Fotoapparate richteten sich<br />

auf das Deck der zwölf Meter langen BELUGA RACER, als es den Müttern Heide Härtel-Herrmann<br />

und Birgit Stamp-Oehme vorbehalten war, ihre stolzen Söhne als Erste<br />

willkommen zu heißen und ganz fest in die Arme zu schließen. Staatsrat Jäger von<br />

der Hamburger Behörde für Medien, Sport und Kultur zeichnete die Sieger mit einem<br />

Lorbeerbusch – anstelle eines Lorbeerkranzes – aus und wünschte in der kommenden<br />

Zeit ein wenig Muße für einen Becher Kaffee aus einer gebrandeten Tasse der Olympia-<br />

und Sportstadt Hamburg.<br />

Martin Muth, Projektleiter der Bootsausstellung hanseboot, die im Oktober ihren Messehafen<br />

erstmals an gleicher Stelle öffnen wird und bei der Organisation des Coming-<br />

Home-Events half, hielt zwei große Blumensträuße und Glaskaraffen in Form von Segelbooten<br />

mit Sherry parat. Daraufhin versprach Co-Skipper Felix Oehme spontan:<br />

„Wenn Boris im Herbst schon wieder nach Mexiko segelt, werde ich ihn persönlich<br />

auf der hanseboot live über Skypevideo interviewen.“ Auch die Mitgliedsvereine der<br />

beiden, für Boris Herrmann der Kieler Yacht-Club mit seinem Vorsitzenden Henning<br />

Winter sowie für Felix Oehme der Lübecker Yacht-Club mit dem stellvertretenden<br />

Vorsitzenden Udo Ott, und Gero Brugmann als zweiter Vorsitzender des Norddeutschen<br />

Regatta Vereins, der extra drei Begleitboote für den Empfang organisiert hatte,<br />

zeigten Flagge. „Versuche, deinen Traum zu verwirklichen!“ Diese Maxime stand am<br />

Anfang von zwei Segelkarrieren, die wie ein Zufall und doch eine Notwendigkeit zueinandergefunden<br />

haben. „Wir waren einst Gegner auf dem Wasser, das Leistungsniveau<br />

auf Augenhöhe“, erinnerten Herrmann und Oehme an den Ausgangspunkt ihres<br />

Abenteuers, das sie zu den ersten deutschen Hochseeseglern überhaupt gemacht hat,<br />

die zu zweit eine Regatta für nur 40 Fuß lange Schiffe rund um den Globus gewannen.<br />

Sie harmonierten wie ein Schweizer Uhrwerk. Streit an Bord? Fehlanzeige.<br />

Zurück in Hamburg ließen sich die sympathischen, von der Meeressonne gebrannten<br />

Kerle mit Schampus duschen und immer wieder innig herzen. Der Glückwunschparcours<br />

schien nicht abreißen zu wollen, als es Zeit war, nach vorn zu blicken. Noch<br />

ein paar Tage tourt die BELUGA RACER, übrigens eine Serienyacht vom Typ Akilaria<br />

Class 40, mit Boris Herrmann und Felix Oehme durch Deutschland; am Donnerstagabend<br />

wird sie in der Kieler Innenförde beim KYC erwartet und zum Wochenende auf<br />

der 120. Travemünder Woche. Danach trennen sich die Wege eines eingeschweißten<br />

Duos, das für die Tausende virtuellen Regattabegleiter im Internet schon unzertrennlich<br />

schien. Felix Oehme wird bei „Airbus“ Doktorand im Maschinenbau und Boris<br />

Herrmann setzt wieder die Segel: „Dank meines Sponsors, der Bremer Projekt- und<br />

Schwergutreederei Beluga Shipping, und seines geschäftsführenden Gesellschafters<br />

Niels Stolberg kann ich mit einer anderen, noch schnelleren Class-40-Yacht, die<br />

wieder BELUGA RACER heißen wird, am Rolex Fastnet Race teilnehmen und bereite<br />

mich danach auf die Solidaire du Chocolat von Frankreich nach Mexiko vor.“<br />

INFO WWW.BELUGA-RACER.COM<br />

Zum Abschluss der Seeregatten der Warnemünder<br />

Woche wurden am Morgen des 07. Juli 2009 insgesamt<br />

69 seegehende Yachten in neun Startgruppen<br />

auf die traditionsreiche Langstreckenregatta Rund<br />

Bornholm geschickt. Wie jedes Jahr geisterten diverse<br />

Wettertheorien bezüglich der Rundungsrichtung Bornholms<br />

bereits auf der Farewell-Party bei Wurst und<br />

Bier am Abend vorher durch das Teilnehmerfeld: Die<br />

Besonderheit der Rund Borholm Regatta liegt darin,<br />

dass exklusive Start- und Ziellinie im alten Strom in<br />

Warnemünde nur eine weitere Bahnmarke zu runden<br />

ist – die Insel Bornholm selbst. In welcher Richtung<br />

diese gerundet wird, steht den Teilnehmern dabei<br />

frei. Ob am Morgen des Starts ein letzter Blick auf<br />

die Wettertafel geworfen wurde oder die Bordrechner<br />

aktuellste Wetterprognosen ein vorerst letztes<br />

Mal durchrechneten – es nützte nichts. Mit Wind von<br />

achtern ging die Flotte in ein taktisch anspruchsvolles<br />

Rennen über eine Distanz von 270 bis 300 Seemeilen,<br />

ohne abschätzen zu können, in welcher Richtung<br />

Bornholm zu runden sein würde. Schnell zogen die<br />

zuletzt gestarteten Yachten der neu ins Leben gerufenen<br />

hanseboot Open Offshore IRC-Meisterschaft an<br />

den Booten der anderen Startgruppen vorbei. Allen<br />

voran die Reichel/Pugh 56 SCHO-KA-KOLA von Uwe<br />

Lebens und das Jugendboot des WSC, die UTSIDER,<br />

geskippert von Jan Brügge. Der Wind hatte über den<br />

Tag abgeflaut, schwül war es geworden, sodass gegen<br />

Abend die ersten lokalen Gewitterzellen über Rügen<br />

aufzogen. Regenschauer und starke Böen zogen<br />

das Feld weiter auseinander, als die Nacht über die<br />

Flotte hereinbrach, waren die Yachten untereinander<br />

kaum noch in Sichtweite.<br />

Gemäß dem letzten Wetterbericht, der für Mitt wochnachmittag<br />

stark rechtsdrehende Winde im Raum<br />

Bornholm vorhergesagt hatte, rundeten die meisten<br />

Yachten die Insel von Süden nach Norden und begaben<br />

sich auf ein langes Kreuzbein bis vor die Küste<br />

von Møn, um nach Möglichkeit mit dem vorhergesagten<br />

Dreher auf einem ebenso langen, hohen Bein<br />

shorttrack<br />

bis vor die Warnowmündung und somit ins Ziel zu schlagen. Als die zweite Nacht<br />

über die weit verteilte Flotte hereinbrach, hatte der Wind im Mittel auf 25 Knoten<br />

zugelegt, Tendenz: zunehmend. In Ergänzung zum mittlerweile frisch wehenden Wind<br />

hatte sich eine beachtliche Welle aufgebaut, mit der vor allem die kleineren Yachten<br />

im Feld zu kämpfen hatten. Als in der Nacht zum Donnerstag nach 36 Stunden und 51<br />

Minuten Uwe Lebens’ SCHO-KA-KOLA als erste Yacht die Ziellinie überquerte, hatten<br />

sich bereits mehrere Teilnehmer aus dem Rennen abgemeldet, um Schutz zu suchen.<br />

Schlussendlich erreichten von 69 gestarteten Yachten 40 das Ziel in Warnemünde.<br />

Den begehrten hanseboot-Pokal für die schnellste Yacht nach gesegelter Zeit gewann<br />

Uwe Lebens mit seiner SCHO-KA-KOLA. In der Klasse hanseboot Open Offshore<br />

gewann die ILVITELLO, eine Comet 45 von Christoph Avenarius. Sieger der Klasse<br />

Yardstick 1 wurde die Luffe 43 NORDER von Robert Beck und TZIGANE, eine Cayenne<br />

International, von Hannes Nissen gewann die Gruppenwertung Yardstick 1b.In<br />

der Klasse Yardstick 2 hatte Ulrich Groß mit seiner CB 33 VIVA die Nase vorne. Die<br />

KEA, ein Vierteltonner Typ Hiddensee, von Andreas Wenndorf ging als einziger Teilnehmer<br />

der Gruppe Yardstick 3+4 ins Ziel und gewann somit diese Wertung. Bei den<br />

ORC-Klassen gewann die IMX 40 IMAGINE von Heiko Steinbrückner die Klasse ORC<br />

1, ebenso wie den Kyria Pokal für die schnellste Yacht nach berechneter Zeit. In ORC-<br />

Klasse 2 siegte die BELLA (Grand Soleil 40c) von Jörn Schlanert. Falk Einecke gewann<br />

mit GERONIMO (Vision 32) die Klasse ORC 3+4. Den Wettstreit zwischen den beiden<br />

VOR-Yachten konnte die SEB II mit Steuermann Martin Kringel für sich entscheiden.


kieler woche<br />

Text Denis Grau © Foto Christian Beek www.segel-bilder.de<br />

Im nacholympischen Jahr sind die deutschen Segler<br />

zur Kieler Woche bestens in Form. Ganz cool mit<br />

einem zweiten Platz im Finale fuhren die Flensburger<br />

49er-Akteure Lennart Briesenick-Pudenz/Morten<br />

Massmann zu ihrem bisher größten Erfolg. Gar ganz<br />

ohne Makel war die Serie von Surferin Moana Delle<br />

(Kiel), die in allen sechs Rennen ihr Brett als Erste<br />

über die Linie steuerte. Und gegen die Routine des<br />

Paralympics-Siegers von 2000, Heiko Kröger (Kiel),<br />

war die Konkurrenz in der 2.4 mR machtlos. Die drei<br />

Siege bescherten den deutschen Seglern einen grandiosen<br />

Abschluss der olympischen Regatten im 127.<br />

Jahr der Kieler Woche. Mit drei Siegen in elf Disziplinen<br />

setzten sie sich an die Spitze der Nationenwertung,<br />

sorgten damit für ein gelungenes Debüt beim<br />

ersten <strong>Sailing</strong> World Cup vor Kiel. Jeweils zwei Siege<br />

verbuchten die USA und Polen.<br />

Allem Erwartungsdruck zum Trotz segelten die deutschen<br />

49er im doppelt gewerteten Medalrace auf<br />

Platz zwei, verteidigten damit die am Vortag erkämpfte<br />

Führung. „Wir haben auf niemanden groß<br />

geschielt, sind einfach unser Rennen gefahren“, verriet<br />

Steuermann Briesenick-Pudenz das Erfolgsrezept.<br />

Sein Vorschoter gestand allerdings, „zu Beginn ganz<br />

schön nervös“ gewesen zu sein. „Als wir gemerkt<br />

haben, dass die Grundgeschwindigkeit stimmt, sind<br />

wir ruhiger geworden. Nach dem Zieldurchgang war<br />

das schon ein gutes Gefühl. Es gab auch gleich einen<br />

Schluck Sekt“, so Massmann. Im vergangenen Herbst<br />

noch ohne Boot und klare Olympia-Kampagne können<br />

Briesenick-Pudenz/Massmann nun zuversichtlich<br />

in Richtung 2012 blicken. Mit Top-Ten-Platzierungen<br />

bei den Weltcups auf Mallorca und in Hyères und<br />

der Krönung nun vor Schilksee sind sie in der Weltspitze<br />

angekommen. Der Kurs in Richtung Weymouth<br />

scheint eingeschlagen, die Zielsetzung für dieses Jahr<br />

wollen die Flensburger aber nicht nach oben korrigie-<br />

68<br />

ren. „Bei der WM auf dem Gardasee wollen wir unter die Top 16, um die B-Kader-<br />

Kriterien zu erfüllen. Davon weichen wir nicht ab“, so der 21-jährige Steuermann.<br />

Erschöpft, aber glücklich passierte Moana Delle die Ziellinie. Der sechste Sieg im<br />

sechsten Rennen war eine Demonstration ihrer Überlegenheit in diesem Feld. Als die<br />

20-Jährige bereits ihren ersten Kieler-Woche-Erfolg feiern durfte, hatte die gesamte<br />

Konkurrenz noch zwei Rundungstonnen vor sich. Die ehemalige Schülerin des Kieler<br />

Sportinternats gab sich aber bescheiden: „Ich hätte nicht erwartet, dass es so gut<br />

läuft. Es waren zwar viele Top-Surferinnen wegen der Terminüberschneidung mit der<br />

Europameisterschaft nicht dabei. Aber einige Olympiateilnehmerinnen waren schon am<br />

Start.“ Den starken Auftritt vor Kiel führt sie vor allem auf das intensive Training in<br />

den vergangenen Jahren zurück. „Der Umzug ins Internat war die richtige Entscheidung.<br />

Jetzt ernte ich die Früchte für die harte Arbeit.“ Mit ihrer makellosen Bilanz gewann<br />

Moana Delle ebenso wie der Brite Paul Goodison im Laser den Roosevelt-Pokal<br />

für die punktbesten Kieler-Woche-Sieger über alle Klassen.<br />

Nur vermeintliche Routine ist ein Sieg auf dem Heimatrevier für Heiko Kröger. Zum<br />

vierten Mal gewann er in der 2.4 mR. „Aber jeder Sieg ist anders und jeder Sieg<br />

ist schön“, so der Behinderten-Segler, der in der dieses Mal offen ausgeschriebenen<br />

Mini-Zwölfer-Klasse siegte. Grundstein für den Erfolg war Krögers Konstanz. „Alle<br />

anderen haben auch mal einen schlechten Tag erwischt.“ Starke Ergebnisse für den<br />

Deutschen Seglerverband (DSV) verbuchten zudem Toni Wilhelm als Zweiter bei den<br />

Surfern, die fünftplatzierten Starboot-Segler Alexander Schlonski/Frithjof Kleen (Rostock),<br />

die 470er-Frauen Wibke Wriggers/Geeske Genrich (Hannover) auf Platz fünf<br />

und ihre Klassenkollegen Jan-Jasper Wagner/Lennart Scheufl er (Berlin) als Sechs te<br />

bei den Männern.<br />

Angesichts dieser deutschen Bilanz fiel das Fazit der designierten Sportdirektorin des<br />

DSV, Nadine Stegenwalner, sehr zufrieden aus: „Das ist ein schöner Start in die Olympiade.<br />

Aber bis 2012 gibt es noch viel zu tun. In Weymouth wollen wir besser abschneiden<br />

als in Qingdao.“ Die sonst so erfolgsverwöhnten Briten mussten sich vor<br />

Kiel mit dem Laser-Erfolg von Olympiasieger Paul Goodison begnügen. Die Konkurrenz<br />

der Laser-radial-Frauen gewann Paige Railey, die damit neben dem Starboot-Erfolg<br />

von Mark Mendelblatt den zweiten amerikanischen Sieg einfuhr. Für australisches<br />

Gold sorgte Katie Spithill mit ihrer Damen-Matchrace-Crew, Lorbeeren für die Niederlande<br />

fuhr Lisa Westerhof im 470er ein, während Europameister Semi Fantela (Kroatien)<br />

bei den 470er-Männern dominierte. Den polnischen Doppelsieg machten Surfer<br />

Przemyslaw Miarczynski und Finn-Segler Rafal Szukiel perfekt.<br />

shorttrack


iShares Cup<br />

Text Denis Grau © Fotos Tom Körber<br />

Sie ist spektakulär, ein Zuschauermagnet und bietet Segelsport<br />

pur und zum Anfassen – die iShares Cup Extreme<br />

40 <strong>Sailing</strong> Series gastiert vom 28. bis 30. August<br />

zum zweiten Mal in KIEL SAILING CITY. Insgesamt zehn<br />

Teams haben vor der Saison für die sechs europäische<br />

Stationen umfassende Segelserie gemeldet – eine illustre<br />

Reihe, in der sich 40 Segler befi nden, die Medaillen<br />

bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und<br />

kontinentalen Wettkämpfen in Serie gesammelt haben.<br />

America`s-Cup-Teilnehmer und Weltumsegler sind dabei<br />

und mit den Franzosen Franck Cammas und Loïck Peyron<br />

zudem zwei Legenden des Katamaransegelns. In diesem<br />

Jahr geht erstmals eine deutsche Crew im Boot vom<br />

WIRSOL TEAM GERMANY KIEL.SAILING CITY an den<br />

Start. Am Montag, 20. Juli, stellte Kiels Oberbürgermeister<br />

Torsten Albig gemeinsam mit Stefan Riel, Vorstand<br />

des Hauptsponsors WIRSOL Solar AG, das deutsche<br />

Team vor. Der Solardienstleister aus dem Südwesten<br />

Deutschlands möchte mit seinem Engagement den Startschuss<br />

für eine kommunale Klimaschutzinitiative im Nor-<br />

70<br />

den Deutschlands geben. Noch wichtiger als ein gutes Abschneiden ist den Veranstaltern<br />

WIRSOL und Kiel-Marketing GmbH – KIEL.SAILING CITY, dass mit der Teilnahme eines<br />

deutschen Teams in Kiel ein klares Zeichen zur Nachwuchsförderung im Hochleistungssegelsport<br />

gesetzt wird. Für das WIRSOL TEAM GERMANY KIEL.SAILING CITY wurde<br />

eine junge Allstar-Mannschaft mit den besten Multihullseglern Deutschlands verpfl ichtet.<br />

Skipper ist Roland Gäbler, der auf zahlreiche Erfolge bei Olympischen Spielen, Welt- und<br />

Europameisterschaften zurückblickt. Das Steuer übernimmt der 24 Jahre junge Tino Mittelmeier,<br />

der bereits Junioren-Welt- und Junioren- Europameister-Titel erkämpfte und der<br />

jüngste Steuermann der iShares-Serie ist. Nico Mittelmeier (27 Jahre) und Gunnar Struckmann<br />

(27 Jahre) komplettieren das junge deutsche Team. Alle vier Segler sind erfolgreich<br />

im einst olympischen Tornado gesegelt und kennen sich bestens mit zwei Kufen aus. Das<br />

Eventgelände des iShares Cup liegt zwischen dem Kieler IFM-Geomar und der Reventlouwiese,<br />

birgt eine Ausstellung in Pagodenzelten, vor allem aber Platz für „Sehleute“,<br />

die die Kurzregatten auf der Förde verfolgen möchten. Wie im Vorjahr auch werden die<br />

einzelnen Rennen kommentiert und begleitet. Zuschauen, staunen und Spaß haben gibt<br />

es im Übrigen ganz ohne Eintrittskarten, allerdings hat die Kieler Premiere 2008 gezeigt,<br />

dass frühes Kommen gute Aussichtsplätze sichert. Der iShares Cup erlebt seine insgesamt<br />

dritte Saison und die führt erneut über die einzige deutsche Etappe in Kiel. Mit<br />

insgesamt rund 80.000 Zuschauern setzte KIEL SAILING CITY 2008 eine Rekordmarke.<br />

INFO WWW.KIEL-SAILING-CITY.DE | WWW.WIRSOL.DE<br />

shorttrack


travel antibes<br />

73<br />

Text & Fotos © Matt. Müncheberg. Matt. wohnt in Berlin-Friedrichshagen und bereist als <strong>Journal</strong>ist und Fotograf mit dem Schwer-<br />

punkt Wassersport die Welt. Aktuell erhältlich ist sein neues Bordbuch Berlin 2009. Internet: www.muencheberg-media.com.<br />

Zunächst lief alles wie geschmiert auf ein anderes dieser Zeit das Geschwin-<br />

der stolzen Segelyacht MOONBEAM IV. digkeitspotenzial eines Racers mit dem<br />

Der 1914 von William Five junior für Komfort eines Cruisers kombiniert,<br />

den Briten Charles Plumtree Johnson die Wendemarke der Regatta vor den<br />

gezeichnete, 35 Meter über alles lange Stränden von Juan-les-Pins auf der<br />

Gaffelkutter hat Klüver, Vorsegel und anderen Seite des Caps mit mehreren<br />

Groß gesetzt und befindet sich bereits Schiffslängen Abstand vor dem erbit-<br />

auf der Rückfahrt zur Ziellinie. Die terten – und einzigen – Gegner dieses<br />

schwimmt, gekennzeichnet durch ein Rennens, dem Schwesterschiff MOONvor<br />

Anker liegendes Schiff und eine BEAM OF FIFE III, passiert. Die Sonne<br />

gelbe Tonne in der Form eines Te- brennt über einem fast wolkenlosen,<br />

traeders, in Sichtweite vor dem Fort dunkelblauen Himmel, der Wind bläst<br />

Carré, einem der Wahrzeichen des mäßig aus Nordwest, die Stimmung an<br />

Côte-d`Azur-Städtchens Antibes an der Bord ist gut und die MOONBEAM IV fährt<br />

moo nbe<br />

südfranzösischen Mittelmeerküste.<br />

am<br />

Kurz mit schöner Rauschefahrt auf Halb-<br />

zuvor hat das Segelschiff, das wie kaum windkurs Richtung Ziel.<br />

IV<br />

WEISST DU, WER ICH BIN?


„WEISST DU, WER ICH BIN? DER MONDSTRAHL. WEISST DU, WOHER<br />

ICH KOMME? SCHAU NACH OBEN!“, SCHRIEB DER FÜR SEGELSCHIFFE<br />

SCHWÄRMENDE FRANZÖSISCHE SCHRIFTSTELLER GUY DE MAUPASSANT.<br />

Dann kam der Mistral. Wie aus dem Nichts<br />

fällt der berüchtigte, kalte Mittelmeerwind,<br />

den die Einheimischen auch Aurassos nennen,<br />

wenn er sehr stark bläst, oder Cisampo, wenn<br />

er außergewöhnlich kalt weht, über die berühmte Big<br />

Class der 20er-Jahre her. Er rüttelt am Rigg und zerrt<br />

an Schoten und Tuch. Das 84 Tonnen verdrängende,<br />

Teak auf Eisen geplankte Schiff schüttelt sich kurz,<br />

und beginnt, stark zu krängen. Mikael Créac´h wirft<br />

einen kurzen, prüfenden Blick in die Segel. Dann gibt<br />

der Skipper kurz und knapp das Kommando, die Vorsegel<br />

zu bergen. Jeremie Le Floc`h, sein 31-jähriger<br />

Bootsmann, und die Vorschiffscrew um die 30-jährige<br />

Géraldine Gomez, den erst 24-jährigen Tristan Rouff<br />

und die 27 Jahre alte Emmanuelle Bily handeln sofort.<br />

Nur Minuten später ist das weiße, im Wind schlagende<br />

Tuch gebändigt und an Klüverbaum und Deck<br />

gesichert. Nur mehr mit dem gesetzten Gaffel-Groß<br />

gischtet das weiße Schiff kurze Zeit später als endgültiger<br />

Match-Race-Sieger durchs Ziel.<br />

Das Duell der beiden klassischen Schwestern anlässlich<br />

der Les Voiles d`Antibes ist der stilvolle Paukenschlag,<br />

mit dem die diesjährige Regattaserie für<br />

klassische und die sogenannten Vintage-Yachten am<br />

Mittelmeer eröffnet wurde. Noch nie hatten sich die<br />

so ähnlichen, nur in Länge und Segelfläche sich auf<br />

den ersten Blick unterscheidenden Yachten dort im<br />

direkten Wettkampf Boot gegen Boot ihre Kräfte gemessen.<br />

Doch weitere Wettfahrten im Rahmen der<br />

renommierten Panerai Classic Yachts Challenge mit<br />

ähnlich spannenden Rennen folgen: etwa die Vele<br />

d´epoca a Porto Rotondo in Italien vom 9. bis zum 13.<br />

September. Oder die vor dem französischen Cannes<br />

nur eine Woche später, vom 21.bis zum 26. September,<br />

laufenden Régates Royales. Hier geben sich<br />

schon traditionell die Yachten, welche in der Klassi-<br />

74<br />

kerszene des Mittelmeerraumes Rang und Namen haben,<br />

ein Stelldichein. Darunter finden sich regelmäßig<br />

so wohlklingende Namen wie IONA, TIGRIS, BONA<br />

FIDE, WAYWARD oder LULU. All diese Yachten haben<br />

eines mit der MOONBEAM OF FIFE III, der kleinen<br />

Schwester der „IV“, gemeinsam: Sie sind älter als<br />

100 Jahre, und dabei doch noch – oder besser: wieder<br />

– bestens in Form.<br />

Tatsächlich ist auch die MOONBEAM IV heute in<br />

einem wesentlich besseren Zustand als noch vor wenigen<br />

Jahren. Nachdem Charles Johnson 1926 seine<br />

Yacht an Henry „Nipper“ Cecil Suton krankheitsbedingt<br />

abgegeben hatte, wechselte sie fortan mehrmals<br />

ihre Eigentümer: 1937 hießen die Reginald B.<br />

Asley, John P. T. Boscawen und J. E. Cowie. Neun<br />

Jahre später wurde das Boot von Colin C. McNiel<br />

erworben. 1947 folgte M. E. Binet, und schließlich<br />

wurde die MOONBEAM IV sogar von Prinz Rainier<br />

von Monaco aufgekauft, der sein neues Spielzeug<br />

sogleich in DEO JUVANTE (Mit Gottes Hilfe), das<br />

offizielle Familienmotto, umtaufte. Das war im Jahr<br />

1950. Über den Grund, warum der Prinz seine Yacht<br />

nur fünf Jahre später schon wieder weiterveräußerte,<br />

kann nur spekuliert werden. Es wird behauptet, dass<br />

Grace Kelly, die Frau des blaublütigen Seglers, sich<br />

am Hochzeitsabend auf die Ex-MOONBEAM zurückgezogen<br />

hatte … 1959 gelang das Schiff dann unter<br />

dem Namen DULSOL in den Besitz der Société Civile<br />

de Plaisance et de Croisière von Monaco. Seitdem<br />

durfte die Yacht wieder ihren ursprünglichen Namen<br />

führen. Nahezu jeder der Eigner, durch dessen Hände<br />

das Schiff im Laufe der Jahrzehnte gegangen war,<br />

hatte hier und dort mehr oder weniger gravierende<br />

Veränderungen an Rumpf, Motorisierung, Innenausbau<br />

oder Rigg vorgenommen – nicht immer zum Vorteil<br />

des edlen Fife-Risses.<br />

Ganz in seinem Element: Bootsmann<br />

Jeremie Le Floc`h beim Segellatten-<br />

Wechsel. Währenddessen rauscht die<br />

MOONBEAM IV durch die aufgewühlte<br />

See bei den Regatten der Panerai<br />

Classic Challenge vor Antibes.


Führte die MOONBEAM IV beim Duell der Schwestern souverän zum Sieg: „So we have won the<br />

challenge with MOONBEAM III three to one“, freute sich Skipper Mikael Créac`h nach den Rennen.<br />

76<br />

Ihren absoluten Tiefpunkt erlebte die MOONBEAM jedoch,<br />

als das Schiff nach 1970 jahrelang für ein griechisches<br />

Unternehmen in Charter lief. „Der Rumpf ist<br />

marode, die Yacht ein Wrack“, lautete das Urteil des<br />

„Fairlie Restorations“-Chefs Duncan Walker im Jahr<br />

1995. Umso mutiger erscheint heute der damalige Entschluss<br />

von Francoise und John Murray, den neuen Eigentümern,<br />

die MOONBEAM zu restaurieren und mit ihr<br />

die Welt zu umsegeln. Gesagt, getan: 2002 erfolgte der<br />

zweite Stapellauf der MOONBEAM. Seitdem zeigt sich<br />

das Schiff wieder bei Wettfahrten vor allem in mediterranen<br />

Gefi lden und ist gern gesehener – und in den Hä-<br />

fen stets dichtumdrängter – Gast auf den Traditionsveranstaltungen<br />

an der Côte. Und es ist unter dem jetzigen<br />

Eigner Xavier Tancoqune mit dem Duo Mikael Creac`h<br />

und Jeremie Le Floc`h an Deck wieder ein sehr ernst zu<br />

nehmender Gegner auf den Klassiker-Regattabahnen.<br />

Sehen und gesehen werden und sich vor allem im sportlich-fairen<br />

Wettkampf unter weißem Baumwolltuch miteinander<br />

zu messen, um im Anschluss daran den Sieg – oder<br />

die Niederlage – gemeinsam zu feiern, lautet das Motto<br />

der bunten Klassikerfestivals an der französischen und<br />

der monegassischen Süd- sowie Italiens Nordwestküste.<br />

„DER RUMPF IST MARODE, DIE YACHT EIN WRACK“,<br />

LAUTETE DAS URTEIL DES „FAIRLIE RESTORATIONS“-<br />

CHEFS DUNCAN WALKER IM JAHR 1995.<br />

travel antibes<br />

Kein Mangel an helfenden Händen: 25 bis 30 Crewmitglieder werden auf der MOONBEAM IV<br />

bei Wind benötigt. Die Ruhepausen an Bord sind rar, eine Wende ist Knochenarbeit.


Im Kielwasser der MOONBEAM IV: Die kleinere Schwester MOONBEAM OF FIVE III folgt - und fällt zurück. Beide Segler<br />

mit- und gegeneinander regattieren zu sehen, war für viele das Highlight bei der diesjährigen Les Voiles d`Antibes.


Man kennt und man schätzt sich. So wie die Kapitäne<br />

der beiden legendären MOONBEAMs. Auch wenn das<br />

Fazit der Rennserie („strong but great sailing days“) vor<br />

dem Chateau Grimaldi aus dem Munde von Skipper<br />

Creac`h eindeutig ausfällt („So we have won the Challenge<br />

with MOONBEAM III three to one.“), wird am<br />

Abend nach den Rennen doch ausgelassen zusammen<br />

gefeiert. Man gönnt den Jungs und Mädels mit der Acht<br />

auf dem Rücken den Sieg – jedenfalls für dieses Mal.<br />

Das nächste Mal werden die Karten neu gemischt. Bis<br />

dahin wird im Segler-Village am Ende des Quai Henri<br />

Rombaud auf dem Gelände des Chantier Naval getanzt,<br />

80<br />

Schräge Sache: Zeit für eine kurze Zigarettenpause auf der hohen Kante beim Amwind-Kurs Richtung Ziel.<br />

man trinkt ein Bier im Café de Porte an der Ecke Boulevard<br />

d´Aguillon/Rue Aubernon am Ancienne Porte<br />

Marine oder relaxt am nahen Plage de la Gravette.<br />

Überhaupt lässt es treffl ich genießen, das Dolcefarniente<br />

in der drittgrößten Stadt an der Côte d`Azur: Die historische<br />

Altstadt ist groß genug, um den touristischen<br />

Rummel zu schlucken, und dabei doch kleinteilig und<br />

intim, sodass man ab und an bekannte Gesichter treffen<br />

oder neue kennenlernen kann. Wie etwa am Fuße des<br />

Schlosses in der eisernen Jugendstil-Markthalle, in der,<br />

gut beschattet von einer verspielten Metallkonstruktion<br />

Funktioniert glänzend: Kompass auf der MOONBEAM IV.<br />

Einheitskleidung: Für jedes Crewmitglied gibt es an Bord der MOONBEAM IV<br />

Segelshirt und -hose mit der obligatorischen schwarzen Acht auf dem Rückenteil.


aus der Zeit um die Jahrhundertwende, feinste provenzalische<br />

Leckereien feilgeboten werden. Hier treffen<br />

wir auch Antonia Kotterer. Zusammen mit ihrem Mann<br />

Cornelius steuert sie ihren stolzen A&R-Riss ADRIA aus<br />

dem Jahr 1934 über die Regattabahnen vor der Küste.<br />

Wenn Zeit bleibt, etwa weil die Abeking&Rasmussen-<br />

Baunummer 2817 wie am gestrigen Sonnabend in<br />

einen Crash verwickelt wurde, gibt es statt salziger<br />

Gischt auf der Haut eben Austern satt mit Schampus<br />

am Vormittag, frisch geordert von der Markthalle und<br />

goutiert gleich nebenan im Straßencafé … Wer es etwas<br />

preiswerter mag, hat beste Sicht auf die vorbeidefi<br />

lierenden Einheimischen und ihre Gäste etwa im Straßencafé<br />

an der Ecke Rue de la République/Rue Thuret<br />

am nordöstlichen Ende des Place Nationale. Hier hat<br />

man bei einem frischen, wohlschmeckenden Roséwein<br />

für 2,50 Euro das Glas beste Unterhaltung – und steckt<br />

mittendrin im Trubel des sympathischen Küstenortes,<br />

der schon im fünften oder vierten vorchristlichen Jahr-<br />

© Foto Tom Körber<br />

hundert von Griechen aus Marseille als eine Handelsstation<br />

gegründet wurde, die den Namen Antipolis (die<br />

„Gegenstadt“ zu Nizza) gegründet wurde.<br />

Beide MOONBEAM-Yachten verdanken ihre Namen<br />

übrigens einem Gedicht: „Weißt du, wer ich bin? Der<br />

Mondstrahl. Weißt du, woher ich komme? Schau nach<br />

oben!“, schrieb der für Segelschiffe schwärmende<br />

französische Schriftsteller Guy de Maupassant. Beide<br />

Schiffe eint neben dem romantischen Namen vor<br />

allem jedoch eines: ihre edle Herkunft. Beide Ausnahmeyachten<br />

stammen aus der für harmonisch strakende<br />

Linien und schnelle Schiffe berühmten Werft William<br />

Fife & Son in Fairlie. Allein beim Aussprechen des Namens<br />

einer der kurz nach der Jahrhundertwende vom<br />

Stapel gelaufenen Yachten bekommen Klassikerfreunde<br />

glänzende Augen. So ergeht es auch Angelo Bonati.<br />

Der Panerai-Chef unterstützt nicht nur die hochkarätig<br />

besetzte Wettfahrtserie auf dem Mittelmeer,<br />

© Foto Tom Körber<br />

Feinkost-Spezialitäten unter freiem<br />

Himmel: In der gusseisernen Jugendstil-<br />

Markthalle aus der Jahrhundertwende<br />

bleiben keine Wünsche offen. Wer will,<br />

ordert frische Austern an einen der<br />

benachbarten Caféhaus-Tische.<br />

© Foto Tom Körber<br />

travel antibes<br />

Beliebter Treffpunkt: Platz an der Rue Clémenceau / Ecke Rue Thuret in der Nähe des Place Nationale.<br />

DIE HISTORISCHE ALTSTADT IST GROSS GENUG, UM DEN TOURISTISCHEN RUMMEL<br />

ZU SCHLUCKEN, UND DABEI DOCH KLEINTEILIG UND INTIM, SODASS MAN AB UND<br />

AN BEKANNTE GESICHTER TREFFEN ODER NEUE KENNENLERNEN KANN.


84<br />

in diesem Jahr unter anderem mit der auf 500 Exemplare<br />

limitierten Herausgabe des Yachtchronografen<br />

„Luminor 1950 Regatta Rattrapante 44 mm DLC“; seine<br />

Firma restauriert zurzeit auch einen weiteren Fife-Riss,<br />

die legendäre EILEAN, die der passionierte Segler bei<br />

Antigua als Wrack entdeckt hatte.<br />

Immer mehr Menschen bekommen diesen eigenartigen,<br />

schwärmerischen Ausdruck im Gesicht, wenn<br />

es um klassische Yachten geht. Keine Frage, segelnde<br />

Oldtimer sind in. Doch woher rührt die Begeisterung,<br />

die so viele Fans, Segler wie Nichtsegler<br />

gleichermaßen, eint? Nun, der Virus überträgt sich<br />

schnell, eine Inkubationszeit gibt es quasi nicht: Wer<br />

zum ersten Mal auf einem Klassiker vom Schlage der<br />

MOONBEAM IV segelt, ist schnell eingefangen vom<br />

besonderen, die Jahrzehnte überdauernden Charme<br />

der alten Ladys. Dabei fängt alles meist ganz harmlos<br />

an: Der erste Kontakt mit der großen Dame des traditionellen<br />

Yachtsportes erfolgt zumeist mit den nackten<br />

Füßen auf dem sonnig-warmen Teakdeck. Denn: Die<br />

Schuhe bleiben auf dem Steg; sie werden in stilvollen<br />

Körben aus geflochtener Weide aufbewahrt. Dann<br />

kommen die Hände an die Reihe. Schnell erliegen die<br />

Fingerspitzen der Haptik klar lackierten Mahagonis<br />

von Steuerrad und Deckshaus sowie der zartgrün angelaufenen<br />

Beschläge aus massiver Bronze. Vollends<br />

zurückversetzt in die Zeit der legendären Big-Boat-<br />

Rennen der 20er-Jahre fühlt man sich jedoch, wenn<br />

(obligatorisch an Bord des Fife-Risses von 1914) Jeans<br />

und T-Shirt gegen die bordeigene Crewkleidung eingetauscht<br />

werden. Das ausgewaschene, steife Leinen<br />

mit der großen, schwarzen Acht auf dem Rückenteil<br />

– der Segelnummer der MOONBEAM IV – reduziert<br />

den Menschen an Bord auf das Wesentliche. Denn alles,<br />

was an Bord einer klassischen Yacht wirklich zählt,<br />

ist neben der Beherrschung der guten Seemannschaft<br />

– seine Muskelkraft. Und die wird dringend gebraucht<br />

auf dem schwimmenden Mondstrahl: „Winschen,<br />

gar elektrisch angetriebene, gibt es nicht an Bord“,<br />

sagt Kapitän Mikael Creac`h, der seit drei Jahren das<br />

Kommando über das Schiff hat. Für eine Regatta be-<br />

nötige die mit sechs Gästeschlafplätzen ausgestattete<br />

MOONBEAM IV, die auch komplett gechartert werden<br />

könne, deshalb 25 bis 30 Crewmitglieder, die fest mit<br />

anpacken müssten, erzählt der 41-jährige, braun gebrannte<br />

Segler weiter.<br />

Trotzdem – oder gerade deshalb – gibt es keinen Mangel<br />

an helfenden Händen auf der 91-jährigen Big Lady<br />

MOONBEAM IV, die von 1998 bis 2002 bei Myanmar<br />

Shipyards on Yangon aufwendig restauriert wurde und<br />

– so in den Originalzustand zurückversetzt – seitdem<br />

wieder einer der großen Stars beim alljährlichen Klassikerzirkus<br />

ist, der in diesem Jahr im Mittelmeerraum<br />

in Antibes mit 400 Crewmitgliedern der teilnehmenden<br />

42 Traditionsyachten und Tausenden von Zuschauern<br />

begann, bei den Klassikerwettfahrten vor Porto Rotondo<br />

fortgesetzt wird und mit dem Seglerfest vor<br />

Cannes seinen Höhepunkt und Abschluss finden wird.<br />

Wer von dem maritimen Trubel rund um das Segler-<br />

Village im südöstlichen Teil des Port Vauban, vom<br />

Schiffe-Gucken und Fotos-Schießen noch nicht genug<br />

hat, unternimmt einen Abstecher in das auf der<br />

gegenüberliegenden Seite des Caps gelegene Städtchen<br />

Juan-les-Pins. „Man könnte sagen, dass es eine<br />

ungefähre Mischung aus Cannes und St. Tropez ist;<br />

anspruchsloser, lustiger, harmloser als das andere;<br />

weniger Bohème, eleganter als das andere. Ausgesprochener<br />

Sommerort, der es ist, spielt hier Strand<br />

eine größere Rolle als die Promenade oder das Kasino;<br />

das Badekostüm ist wichtiger als Teekleid und<br />

Abendtoilette“, befanden Klaus und Erika Mann.<br />

Wer am seeseitigen Rand des Parks in der Nähe des<br />

Boulevard Edouard Baudoin entlangschlendert, entdeckt<br />

in den Boden eingelassene Steinplatten mit<br />

Handabdrücken nahezu aller bekannten Jazzgrößen<br />

der letzten Zeit: Ray Charles, Miles Davis, Dizzy<br />

Gillespie, Louis Armstrong, Keith Jarrett und Count<br />

Basie machten das immer im Juli laufende Festival<br />

international de Jazz d`Antibes-Juan-les-Pins zu dem,<br />

was es heute ist: zu einer der größten Nummern im<br />

Jazzgeschäft der Welt.<br />

Handarbeit: Die 27-jährige Emmanuelle Bily ist eine von insgesamt fünf festen Crewmitgliedern auf der MOONBEAM IV.<br />

„WINSCHEN, GAR ELEKTRISCH<br />

ANGETRIEBENE, GIBT ES<br />

NICHT AN BORD“, SAGT<br />

KAPITÄN MIKAEL CREAC`H.


86<br />

© Foto Tom Körber<br />

Oder man erkundet die ehemalige Grimaldialtstadt von<br />

Antibes auf den Spuren ihrer berühmten Besucher aus<br />

Kunst, Literatur und Musik, denn schon in den 20er-<br />

Jahren wurde das Cap d`Antibes von reichen Amerikanern<br />

„entdeckt“. Neben Scott F. Fitzgerald fanden<br />

etwa auch Hemingway, Dos Passos, Gertrude Stein,<br />

Alice Toklas sowie weitere Schriftsteller der sogenannten<br />

Lost Generation den Weg nach Antibes. Auch der<br />

deutsche Maler Hans Hartung lebte hier. Dem wohl<br />

berühmtesten Künstlerkind der Stadt wurde im ehemaligen<br />

Château der Grimaldifamilie sogar eine eigene<br />

Dauerausstellung gewidmet: Vom 1946 im oberen<br />

Stockwerk des Schlosses arbeitenden Picasso sind im<br />

nun eigens eingerichteten Museum auf dem Felsen<br />

über dem Meer 252 Arbeiten zu sehen, darunter Gemälde,<br />

Zeichnungen, Plastiken, Teppiche und sogar<br />

77 Töpferarbeiten. Hier kann man auch an einer etwa<br />

DIN-A5-großen Grafik durch die sichtbare Führung<br />

des Tuschepinsels nachempfinden, wie ein Stierkopf<br />

auf muskulösem Nacken in nur zwölf Strichen entstehen<br />

kann. Einen guten Rundumblick – auch auf das<br />

Regattageschehen der Panerai Classic Yacht Challenge<br />

vor Antibes – erhält, wer die Seeterrasse vor dem<br />

Museum betritt: Zwischen den eindrucksvollen Bronzeskulpturen<br />

des Künstlers Germaine Richier blaut<br />

das Meer, der Blick schweift in die Ferne, und mit ein<br />

wenig Fantasie kann man sich gut in die Zeit zurückversetzt<br />

fühlen, da Picasso („Meine glücklichste Zeit<br />

an der Côte“), als ihm das Material knapp wurde, kurzerhand<br />

Segeltuch und Schiffsfarben kaufte, um damit<br />

weitermalen zu können …<br />

INFO Mitsegelgelegenheiten werden angeboten. Infos unter:<br />

www.moonbeam4.com. Die Ergebnisse der Les Voiles d`Antibes<br />

im Netz: www.voilesdantibes.com. Informationen über die im<br />

September laufende Vele d`Epoca a Porto Rotondo und die Regates<br />

Royales in Cannes: www.ycpr.it, www.regatesroyales.com.<br />

Antibes im Netz: www.antibesjuanlepins.com. Das Offi ce de Tourisme<br />

befi ndet sich am Boulevard Guillamont 51 in Juan-les-Pins.<br />

Der MOONBEAM IV ist im Bildband Mythos Klassische Yachten<br />

von Francois Chevalier und Gilles Martin-Raget (Delius Klasing)<br />

ein eigenes, informatives Kapitel gewidmet.<br />

Schöne Aussicht: Typisches<br />

Haus an der Promenade<br />

Amiral de Grasse zwischen<br />

dem Chateau Grimaldi und<br />

der Caserne Gazan - natürlich<br />

mit Meeresblick ...


88<br />

MATCH RACE Schuh<br />

Die Funktionsreihe von Murphy & Nye ist um den Schuh Match Race erweitert<br />

worden. Dieser stylishe Schuh ist atmungsaktiv, außerdem lässt sich<br />

die Inneneinlage herausnehmen, um den Schuh schnell zu trocknen. Neben<br />

anständigem Grip bietet die perforierte Sohle die Möglichkeit, eingedrungenes<br />

Wasser schnell nach draußen zu befördern. Match Race ist in den<br />

Farben Weiß, Anthrazit und Dunkelblau erhältlich. Preis auf Anfrage.<br />

INFO WWW.MURPHYNYE.COM<br />

LEICA D-Lux 4 Safari Kamera<br />

Mit der neuen kompakten Digitalkamera Leica D-Lux 4 Safari sind Großstadtjäger<br />

und Trophäensammler für die nächste Fotoexpedition bestens<br />

ausgerüstet. Denn dank leistungsstarker Optik, einem durchdachten<br />

Bedienkonzept und einer blitzschnellen Bildverarbeitung geht einem mit<br />

der Leica D-Lux 4 Safari kein fotografi sches Highlight mehr durch die<br />

Lappen. Der Preis liegt bei 900 Euro.<br />

INFO WWW.LEICA-CAMERA.COM<br />

NORTH FACE - Animagi Jacke<br />

Der Brust- und Rückenbereich sind aus einer reißfesten Quantum Pertex Nylonhülle<br />

gefertigt und mit einer speziellen Beschichtung versehen. Für die Ärmel<br />

und seitlichen Einsätze der Hybrid Konstruktion wurde ein Kohlefaser-Strech-<br />

Mischgewebe verwendet, das atmungsaktiv, schnell trocknend und antibakteriell<br />

ist. Die Jacke stellt damit eine perfekte Lage für Ausdauersportarten bei<br />

kalten Temperaturen dar. Der Preis liegt bei Preis: 140 Euro<br />

UNDER SAIL 2010 Kalender<br />

Die Sonne scheint und eine frische Brise weht – da gibt<br />

es nur eines: Rauf aufs Boot! Die Lust am Segeln kommt<br />

in Heinrich Hechts Fotos ebenso zum Ausdruck wie die<br />

dynamische Power moderner Hochseeyachten. Der Preis<br />

für den Kalender liegt bei 26,95 Euro.<br />

INFO WWW.WEINGARTEN-KALENDER.DE<br />

WELTENBUMMLER Laptoptasche<br />

Immer mehr Segler und Wassersportler wollen auch im Urlaub nicht<br />

mehr auf den Laptop verzichten. Für diese Zeitgenossen gibt es<br />

jetzt die ultimative Laptoptasche im Landkartenlook. Die stylishe<br />

Schutzbehausung besteht aus strapazierfähigem abwischbaren Nylon<br />

und ist nahezu unverwüstlich. In zwei Größen erhältlich, für 31,20<br />

bzw. 36,50 Euro.<br />

INFO WWW.SAIL-TEAM.DE<br />

MUSTO LPX-Stoff<br />

LPX ist ein ganz neuer Stoff, welcher in Zusammenarbeit von Musto mit Gore-Tex<br />

entwickelt wurde. Der LPX-Stoff ist radikal auf Leichtigkeit und Flexibilität sowie<br />

auf höchstmögliche Atmungsaktivität ausgerichtet. LPX ist nicht als Schwerwetterkleidung<br />

gedacht. Konzipiert ist das Gewebe für sehr sportliche Segler, die volle<br />

Mobilität brauchen und dementsprechend am liebsten gar kein „Ölzeug“ tragen<br />

würden, aber dennoch auf Schutz angewiesen sind. Hier abgebildet: LPX-Jacke.<br />

Erhältlich in Grau und Schwarz. Der Preis liegt bei 329 Euro.<br />

INFO WWW.FRISCH.DE<br />

60 JAHRE 60 WERKE Buch<br />

Deutsche Geschichte aus dem Blickwinkel der Kunst. Renommierte Experten haben die wichtigsten Künstler<br />

und deren Werke ausgesucht, welche die deutsche Kunst international berühmt gemacht haben. 130 bewegende<br />

Fotos dokumentieren gleichzeitig die wichtigsten Ereignisse aus Politik und Gesellschaft. So werden<br />

Kunst und Geschichte auch für den Laien lebendig und verständlich! Der Preis liegt bei 29,80 Euro.<br />

INFO WWW.WIENAND-KOELN.DE<br />

AQUAPAC Kamerahülle<br />

Pünktlich zum Badesommer bietet die Firma Aquapac-Aquaman<br />

eine wasserdichte Schutzhülle für alle gängigen Spiegelrefl exkameras<br />

an. Bestückt mit einer fotoneutralen Linse passt sich die<br />

Schutzvorrichtung aus weicher, beständiger Folie an die Kamera an<br />

und beschützt diese bis in eine Tiefe von fünf Meter vor eindringendem<br />

Wasser. Der Preis liegt bei 124,90 Euro.<br />

INFO WWW.AUQUAPAC.DE<br />

OLYMPUS Kamera<br />

Die neue Kompakte sieht nicht nur nach Spaß aus, sondern bringt auch alles mit, was<br />

eine Fun-Kamera braucht. Sie ist klein und handlich, kann Videos in HD-Qualität bei<br />

30 Bildern pro Sekunde aufnehmen und ist bis zu zwei Stunden wasserfest und staubdicht.<br />

Mit dem bewährten, innen liegenden Fünfach-Zoom von 35 Millimeter Weitwinkel<br />

bis 175 Millimeter Tele (entspr. KB-Format), einem großen 2,7“-LCD-Monitor mit<br />

besonders heller Anti-Refl exbeschichtung und einem Gewicht von nur 125 Gramm ist<br />

die Kamera ab September im Fachhandel erhältlich. Der Preis liegt bei 259 Euro.<br />

EDOX Grand Ocean Uhr<br />

sailstyle<br />

Der neue Grand Ocean Chronograph Automatic besticht durch ein sportlich-viriles Gehäuse aus handpoliertem<br />

Edelstahl mit drei markanten Bandanstößen. Die in komplexer Handarbeit zusammengesetzte<br />

Uhr verdankt ihre maritime Ausstrahlung nicht zuletzt einem nahezu kratzfesten gewölbten Saphirglas<br />

und ihrer Wasserdichtigkeit bis 10 ATM. Der stattliche Durchmesser von 48 Millimeter lässt dieses<br />

Schmuckstück zum idealen, stets präsenten Begleiter werden. Auch die Gestaltung der Gehäuserückseite<br />

beweist sehr viel Liebe zum Detail: Exakt über der Unruh fi ndet sich ein Bullauge, das den Blick auf das<br />

pochende Herz der mechanischen Uhr freigibt. Der Preis liegt bei 33.980<br />

CHF.<br />

INFO WWW.EDOX.CH


90<br />

WENN EINE<br />

mecklenburgerin<br />

amerikaner Text<br />

MIT EINEM IN SEE STICHT ...<br />

& © Foto katja Böhm<br />

Das Leben schreibt noch immer die spannendsten Geschichten ... In einem USA-Austauschjahr 1992/1993 verliebte ich mich als<br />

17-jähriges Mädchen in den 22-jährigen amerikanischen Musiker Robert Boehm. Zu jung war ich damals, seinem Flehen, doch dort zu<br />

bleiben, nachzugeben. So hatte jeder für die letzten zwölf Jahre sein Leben gelebt, Erfahrungen gesammelt und wir hatten nichts voneinander<br />

gehört. Mich hatte es für neun Jahre nach England verschlagen, in die schöne Hafenstadt Plymouth, wo 1620 die MAYFLOWER<br />

mit den englischen Separatisten (den sogenannten „Pilgrims“) zur 66-tägigen, äußerst strapaziösen Überfahrt in die USA in See stach.<br />

travel usa


AN BORD DER FRANCIS LEE ANGEKOMMEN, BEGANN NUN UNSERE ERSTE<br />

GEMEINSAME REISE – ES SOLLTEN 1.500 MEILEN AUF DEM AMERIKANISCHEN<br />

FLUSSSYSTEM VOM LAKE MICHIGAN ZUM GOLF VON MEXIKO ZURÜCKGELEGT WERDEN.<br />

92<br />

Im Februar 2005 ergab sich dann ein unerwartetes<br />

Ereignis, als mich Bob via E-Mail über das Internet<br />

kontaktierte. Im Mai besuchte er mich in Großbritannien<br />

und es war uns beiden offensichtlich, dass wir<br />

spätestens von da an zusammengehörten. Im August<br />

2005 fand die Hochzeit statt, für die wir uns für Exeter<br />

im Süden Englands entschieden hatten. Nach dem<br />

Standesamt nahmen wir an einer selbst organisierten,<br />

heidnischen „Handfasting“-Zeremonie teil, in der eine<br />

Priesterin uns ganz der alten Tradition entsprechend für<br />

ein Jahr und einen Tag den Bund schließen ließ, indem<br />

uns von meiner Mutter die Hände verbunden wurden.<br />

Die Elemente Feuer, Wasser, Wind und Erde wurden<br />

mit in die Zeremonie eingebunden, als all unsere Gäste<br />

auf dem Lent-Feld in der Nähe von Shaldon in der<br />

Grafschaft Devon mit dem Blick auf den Fluss Teign im<br />

Kreise und geschützt von einer Esche um uns standen.<br />

Der Traum meines Mannes war es schon seit Langem,<br />

mit einem Segelboot auf den Gewässern eine alternative<br />

Lebensweise zu entdecken und zu versuchen. So<br />

sparte er die letzten vier Jahre sein hart verdientes<br />

Geld. 2004 ersteigerte Bob seine 30 Fuß lange FRAN-<br />

CIS LEE, eine S-2, die in Holland/Michigan von denselben<br />

Herstellern wie TIARA und PURSUIT gebaut wurde.<br />

Das für mich unbekannte Territorium und damit die<br />

FRANCIS LEE betrat ich Mitte Oktober 2005, als wir<br />

gemeinsam in die Vereinigten Staaten fl ogen. Nachdem<br />

wir den Bedarf an Konserven, Kaffee und anderen<br />

wichtigen und weniger wichtigen Dingen gedeckt hatten,<br />

musste die FRANCIS LEE in Sister Bay/Wisconsin<br />

im Norden der USA in die kalten Gewässer des Michigansees<br />

gesetzt werden. Der Lake Michigan hat eine<br />

Gesamtfl äche von 57.800 Quadratkilometer und ist bis<br />

zu 281 Meter tief. Die atemberaubenden Farben zu<br />

dieser Jahreszeit waren faszinierend. Die Bäume trugen<br />

rot-gold-gelbe Kleider, welche im Sonnenlicht noch intensiver<br />

schillerten. Wie sehr freute ich mich auf das<br />

erste Glas Wein im Bauche unseres neuen Zuhauses!<br />

An Bord der FRANCIS LEE angekommen, begann nun<br />

unsere erste gemeinsame Reise – es sollten 1.500<br />

Meilen auf dem amerikanischen Flusssystem vom Lake<br />

Michigan zum Golf von Mexiko zurückgelegt werden.<br />

So führte uns die Reise in den nächsten zehn Wochen<br />

durch den Illinois River, Mississippi River, Ohio,<br />

Tennessee und den Tombigbee entlang, bis wir Anfang<br />

Dezember 2005 in Mobile Bay/Alabama im Golf von<br />

Mexiko münden sollten. Unseren ersten Halt machten<br />

wir in Sturgeon Bay, wo wir einige Tage auf besseres<br />

Wetter warteten. Die Marinas waren schon für die Saison<br />

geschlossen, trotzdem konnten wir uns an Strom<br />

und Wasser anschließen. Die Bibliotheken in den größeren<br />

Städten wie Racine und Manitowoc in Wisconsin<br />

nutzten wir dafür, mit unseren Familien und Freunden<br />

über E-Mails in Kontakt zu bleiben. Wir kamen uns zu<br />

diesem Zeitpunkt vor wie Schnecken, die ihr Haus mit<br />

sich herumtragen. Nur dass wir eben auch jede kleine<br />

Bewegung, jede Schwellung des Bootes mitspürten.<br />

Mit dem Wetter spielten wir Hase und Fuchs. Jede<br />

kleine Gelegenheit, weiterzukommen, nutzten wir. Bei<br />

Sturm verstauten wir unser schaukelndes Häuschen<br />

in einem Ankerplatz an der Küste des „oh so“ steinigen<br />

Lake Michigans. Die Dusche an Land schien dann<br />

auch irgendwann zu schwanken, als wir uns dort in einer<br />

Marina das heiße Nass über unsere Körper laufen<br />

ließen – was für ein Genuss!<br />

Städte kann man riechen, bevor man sie sieht! Ganz<br />

deutlich wurde mir dies auf dem Michigansee. So rochen<br />

wir die Skyline der vor uns auftauchenden Städte<br />

Manitowoc, Milwaukee und Racine im Bundesstaat<br />

Wisconsin und später auch Chicago/Illinois, wo wir<br />

nach einem Halloween-Wochenende in einer der interessantesten<br />

Städte der USA den See verließen und<br />

in den Chicago-Fluss einliefen. Von Manitowoc bis<br />

nach Milwaukee hatten wir nachts zwei Meter hohe<br />

Wellen, die an den Bug der FRANCIS LEE knallten –<br />

mein erstes unangenehmes Erlebnis auf dem Wasser.<br />

travel usa


94<br />

Da saß ich bibbernd in der Kajüte; malte Fratzen und<br />

sang Lieder – drei Stunden lang, um mir selbst ein<br />

wenig die Angst zu nehmen. Bob brachte uns trotz<br />

Sturm, Regen und Dunkelheit sicher in den nächsten<br />

Hafen. Am nächsten Tag ließ ich dann vor lauter Freude<br />

einen Drachen steigen, den wir von Freunden zur<br />

Hochzeit geschenkt bekamen – an einer Angel!<br />

Sobald wir dann vom Lake Michigan herunter waren,<br />

brummte unser 15 PS starker Yanmar-Dieselmotor auch<br />

schon in der großen Metropole von Chicago. Wegen<br />

der frischen Brise, die ständig vom Wasser weht, nennt<br />

man Chicago auch „windy city“. Wolkenkratzer und<br />

eine Unmenge von Menschen umgaben uns plötzlich<br />

– ganz ungewohnt. Wäre uns nicht die Kurbelwelle<br />

des Propellers gleich zwischen der berühmten Schleuse,<br />

dem Navy Pier und der ersten Brücke Chicagos aus<br />

dem Getriebe gerutscht, sodass wir für einen Moment<br />

die Kontrolle über das Steuer verloren, wäre das Gefühl,<br />

mit der FRANCIS LEE durch die Großmetropole<br />

Chicagos zu fahren, noch genüsslicher gewesen. Bob<br />

jedoch, der sich als Marineelektriker auf Booten verschiedener<br />

Art auskennt, behob den Schaden vorerst<br />

und half uns so aus der brenzligen Situation. Leider<br />

waren die Reparaturen immer nur provisorisch und so<br />

lange gut genug, dass wir 30 Meilen vorwärtskamen,<br />

bevor der Kolben wieder herausrutschte. Das Metall<br />

war mit den Jahren durchgefressen. Wir brauchten<br />

eine neue Kurbelwelle! Als kritischstes Ereignis ist uns<br />

der Kolben direkt vor einer Schleuse herausgerutscht,<br />

nachdem wir schon den Schleusenwärter angefunkt<br />

und um eine Durchschleusung gebeten hatten. Das Becken<br />

wurde vorbereitet, plötzlich ging gar nichts mehr<br />

– die Steuerung war dahin. Bob warf einen Anker,<br />

damit wir uns nicht in der starken Strömung vor den<br />

stählernen Schleusenwänden noch verfangen sollten.<br />

Dann behob er das Problem wieder auf provisorische<br />

Weise. Das Lichten des Ankers sollte uns noch lange<br />

in Erinnerung bleiben. Dieser hatte sich an irgendetwas<br />

Schwerem am Grund vor der Schleuse verhakt, sodass<br />

wir nach mehreren Versuchen das tun mussten, was als<br />

schlimmste Maßnahme unter Seglern gilt: die Ankerschnur<br />

kappen. Wir retteten uns also an die Schleusenwand,<br />

trotz starken Gegenwindes. Eine schlafl ose Nacht<br />

außerhalb von Lockport auf dem Illinois River an der<br />

Schleusenwand, entfernt vom Durchfahrtsverkehr, wartete<br />

auf uns gegen ein Uhr morgens. In Wilmington/<br />

Illinois machten wir dann als Nächstes halt, tauschten<br />

endlich das bestellte Teil aus und stockten unsere Vorräte<br />

auf. So rüsteten wir uns mit einem Schlauchboot<br />

aus, einem Hochfrequenzradio, einer GPS-Navigationshilfe,<br />

neuen Bootsschuhen, einem Wasserschlauch etc.<br />

Je mehr Schleusen wir durchfuhren, desto besser<br />

wurden wir bei guter Teamarbeit darin, die FRANCIS<br />

LEE so nahe wie möglich an die Schleusenwand zu<br />

bringen, ohne sie dabei zu beschädigen, und dann ein<br />

Seil um den mit dem Heben und Senken des im Becken<br />

befindlichen Wasserspiegels beweglichen Pfosten<br />

zu werfen. 19 Schleusen durchfuhren wir so im<br />

Flusssystem. Dabei beobachteten wir jedes Mal ein<br />

bezauberndes Ereignis: Graureiher, Blaureiher, Weißreiher<br />

und Möwen sind darauf trainiert, in die Schleuse<br />

zu fliegen, sobald das Horn geblasen wird, welches<br />

das Steigen oder Sinken des Wasserspiegels ankündigt.<br />

Dort suchen sie in den einzelnen Fächern der<br />

Eisentore nach stecken gebliebenen Fischen und sind<br />

dabei auch erstaunlich oft erfolgreich.<br />

travel usa<br />

NACH MEHREREN VERSUCHEN MUSSTEN WIR DAS<br />

TUN, WAS ALS SCHLIMMSTE MASSNAHME UNTER<br />

SEGLERN GILT: DIE ANKERSCHNUR KAPPEN.


96<br />

vorstellung<br />

JAN CHRISTOPHERSEN -<br />

SCHNEETAGE<br />

Jahreswechsel 1978/79. Über Norddeutschland<br />

tobt ein Schneesturm, von dem die<br />

Menschen bis heute erzählen. In einem<br />

nordfriesischen Dorf an der deutsch-dänischen<br />

Grenze bricht Paul Tamm, der Wirt<br />

des »Grenzkrugs«, plötzlich zusammen. Es<br />

beginnen ungewisse Tage, in denen Pauls<br />

Ziehsohn Jannis sich an die vergangenen<br />

gemeinsamen Jahrzehnte erinnert. Bei<br />

Pauls Jagd nach den Spuren einer versunkenen<br />

Stadt im Watt begleitet ihn Jannis,<br />

der dabei auf die Geschichte eines englischen<br />

Soldaten stößt. Auf geheimnisvolle<br />

Weise scheint diese mit Jannis’ Herkunft<br />

verknüpft zu sein. In seinem Romandebüt<br />

schafft Jan Christophersen unvergessliche<br />

Figuren und entwirft das beeindruckende<br />

Bild einer rauen Gegend voller Wasser,<br />

Sand und Schnee. Er erzählt von der Suche<br />

nach Identität in einer Familie, in der<br />

das Schweigen den Weg zueinander zu einer<br />

langen Reise werden lässt – atmosphärisch<br />

dicht, mit leisem Witz und in einer<br />

kraftvollen, suggestiven Sprache.<br />

368 Seiten. ISBN 978-3-86648-106-0.<br />

Der Preis liegt bei 22,00 Euro<br />

INFO WWW.MARE.DE<br />

Latin Music ist natürlich immer mehr als sonniges Copacabana-Feeling, nämlich auch generelles<br />

Statement, wie mit den Unwägbarkeiten des Lebens umzugehen ist cool und<br />

gelassen. Und so lautet auch das Programm der Latniova 5. Mit von der Partie sind die<br />

schwedischen Nordlichter von Soular Sound feat. Nils Krogh mit einem cool swingenden<br />

NuJazz-Stück, House-DJ Ian Pooley und Brasil-Sänger Marcos Valle beglücken uns mit<br />

dem loungigen „Sentimento“ und die neue Perle des römischen Schema-Labels Lorenzo<br />

Tucci überzeugt mit der Eleganz eines Latin-Swing-Orchesters. Die Songs der Latinova 5<br />

schillern in den unterschiedlichsten Farben und sind alle für sich ein kleines Kunstwerk.<br />

Gemeinsam verbinden sie sich zu einem sanften Groove perfekt, um jeden Sommertag<br />

zu veredeln und sanfte Gelassenheit zu erzeugen. Der Preis liegt bei 24,90 Euro.<br />

ZU BESTELLEN UNTER WWW.WAVEMUSIC-SHOP.DE<br />

listen to<br />

LATINOVA 5<br />

97


giant<br />

RIDING<br />

Text & © Fotos Heike Schwab<br />

Dan Slater, der neuseeländische<br />

Steuermann der RAN-<br />

GER während der Antigua Classic<br />

Week 2009, übergibt mir, als Fotografi n<br />

heute Gast an Bord, das Rad und fordert mich<br />

auf: „Hier, versuch´s mal.“ Ich kann gerade mal<br />

so über das mannshohe Steuerrad hinwegschauen und<br />

drehe ehrfürchtig und aufgeregt zugleich an demselben. Gefühlt<br />

mindestens eine volle Umdrehung. Aber nichts passiert, die<br />

RANGER fährt, ohne auch nur zu zucken, ganz ruhig weiter geradeaus.


Da musst du schon etwas mehr tun“, lacht Dan und übernimmt wieder. Wenn er<br />

die Rennyacht durch die seichten Wellen des Atlantiks vor Falmouth Harbour<br />

an der Südküste Antiguas lenkt, sieht es kinderleicht aus. Später im Rennen<br />

der Antigua Classic Week muss aber auch Dan, der erfahrene Vollsegler, mit vollem Körpereinsatz<br />

am Rad drehen, um die RANGER schnell auf den richtigen Kurs zu bringen.<br />

In den Händen der professionellen Crew, die 36 Mann zählt – inklusive John Williams,<br />

dem stolzen Eigner – zeigt die Yacht mit der Segelnummer J-5 dann jedoch schnell ihre<br />

beeindruckende und überzeugende Regattaperformance. Auf dem letzten Bahnschenkel<br />

zur Ziellinie liefert sie sich mit der VELSHEDA (K-7), ebenfalls eine Yacht der J-Klasse,<br />

ein Wendenduell, das den Puls von Seglern und Zuschauern gleichermaßen antreibt. Manöver<br />

folgt auf Manöver, die Zurufe werden immer lauter, um gegen das Rauschen der<br />

mächtigen Segel anzukommen. Die Aktivität an Bord reißt jetzt für keine Sekunde mehr<br />

ab, Anspannung und Konzentration sind auf dem Höhepunkt, der Trimm optimal, die Leinen<br />

gerade entwirrt und aufgerollt, da klingt es bereits wieder von der Afterguard:„Klar<br />

zur Wende.“ Hamish Pepper, der Taktiker, lässt den Gegner dicht am Heck nicht mehr<br />

aus den Augen, Dan steuert die J-5 nach Backbord, gleichzeitig wechselt die Mannschaft<br />

zügig und organisiert ihre Positionen, die RANGER legt sich auf die Seite, das Deck berührt<br />

nahezu die Wasserlinie und Wellen schlagen über die relingfreie Bordkante. Elegant<br />

und geschmeidig wie eine Raubkatze schneidet die RANGER durch die Dünung, lässt<br />

VELSHEDA keine Chance und hört verdientermaßen den Siegesschuss an der Ziellinie.<br />

100<br />

Die heutige RANGER, die durch die Karibik und das Mittelmeer segelt, ist die Wiedergeburt<br />

der Segellegende RANGER aus dem Jahr 1937. Eine Rennyacht der J-Klasse,<br />

die Mitte 1929 ins Leben gerufen wurde und eine knappe Dekade die Einheitsklasse<br />

des America´s Cup war. 1929 diskutierte der New York Yacht Club über eine weitere<br />

Herausforderung von Sir Thomas Lipton um die „Auld Mug“. Regatten nach Handicap<br />

verloren in diesen Tagen an Popularität, der direkte Vergleich Boot gegen Boot dagegen<br />

fand immer mehr Anhänger. Während in Europa, überwiegend England, mehr und<br />

mehr Boote nach der International Rule (eine Art Box Rule) gebaut wurden, wollte der<br />

New York Yacht Club seine selbst entwickelte Universal Rule für den America´s Cup<br />

durchsetzen. Die Grundzüge der beiden Regeln waren ähnlich, eine Formel setzte bestimmte<br />

Eckdaten wie Segelfl äche, Länge der Wasserlinie und Verdrängung fest, innerhalb<br />

derer die Designer sich bewegen mussten. Für die Universal Rule des NYYC<br />

mussten allerdings auch die Lloyd´s Scantlings (Maßeinheit für Materialstärke) erfüllt<br />

sein. Dies sollte sicherstellen, dass jeder Herausforderer des AC den Atlantik sicher<br />

überqueren und der Verteidiger keinen Vorteil durch Leichtbauweise in den heimischen<br />

Gewässern erzielen konnte. Die Universal Rule fand 1930 zum ersten Mal Anwendung<br />

und die danach gebauten, reinen Rennyachten, die J-Klasse, hatten ihre Blütezeit in<br />

den 1930er-Jahren. Die Amerikaner bauten zur Verteidigung der Kanne 1930 gleich<br />

vier J-Yachten, um alle Eventualitäten abzudecken: die ENTERPRISE, die WHIRLWIND,<br />

die WEETAMOE und die YANKEE. Die RAINBOW folgte 1934 und die Krönung war<br />

1937 die RANGER. England baute vier J-Class-Yachten (in chronologischer Reihenfolge):<br />

SHAMROCK V, VELSHEDA, ENDEAVOUR und ENDEAVOUR II.


DIE HEUTIGE RANGER, DIE DURCH DIE KARIBIK UND DAS MITTELMEER SEGELT,<br />

IST DIE WIEDERGEBURT DER SEGELLEGENDE RANGER AUS DEM JAHR 1937.<br />

102<br />

Zwar wurden für die Teilnahme am America´s Cup<br />

einige Yachten, z.B. die englische BRITANNIA, zur J-<br />

Klasse modifi ziert; „echte“ J-Class-Yachten nach der<br />

Universal Rule wurden aber nur zehn Exemplare gebaut.<br />

Anfangs waren die Unterschiede der Rennyachten<br />

noch gravierend, während der Weiterentwicklung<br />

bei den America’s Cups 1930, 1932, 1934 und 1937<br />

verschwanden sie jedoch nahezu. So wiesen ENDEA-<br />

VOUR II und RANGER in 1937 sehr ähnliche Spezifi kationen<br />

auf und beide schöpften die maximal erlaubten<br />

Dimensionen der drei relevanten Parameter aus. Der<br />

Bau der historischen RANGER wurde überwiegend von<br />

Harold S. Vanderbuilt fi nanziert, dem es nicht gelungen<br />

war, ein Syndikat für die Kampagne zu gewinnen.<br />

Die Rezession hatte Amerika bereits fest im Griff. Bath<br />

Iron Works, die Werft, arbeitete zum Selbstkostenpreis<br />

und auch die Designer Starling Burgess und Olin Stephens<br />

reduzierten ihre Honorare. 87 Mann arbeiteten<br />

140 Tage, weniger als fünf Monate, am Bau der Verteidigeryacht.<br />

Am 11. Mai 1937 wurde sie, mit einem<br />

Monat Verspätung, zu Wasser gelassen, trotz aller Widrigkeiten<br />

in präzisester Qualität. Und obwohl ENDEA-<br />

VOUR II, der Herausforderer, die vermeintlich größere<br />

Bootsgeschwindigkeit aufwies, verteidigte RANGER im<br />

Juli 1937 den Cup mit 4:0 erfolgreich für die USA.<br />

Weil die schlanke Schönheit auch alle anderen Regatten<br />

des NYYCs gewann, verlieh man der RANGER den Titel<br />

„Super-J“. Ihre steile Karriere war bedauerlicherweise<br />

nur kurz, denn schon im September dieses erfolgreichen<br />

Sommers wurde sie aus dem Verkehr gezogen und segelte<br />

nie wieder. 1941 wurde sie wegen ihres Stahlrumpfes<br />

und anderer Rohstoffe ausgeschlachtet und<br />

teilt dieses Schicksal mit allen anderen amerikanischen<br />

J-Class-Yachten, von denen keine einzige überlebte. Einige<br />

wenige britische J-Yachten wie VELSHEDA, SHAM-<br />

ROCK V oder ENDEAVOUR wurden dagegen liebevoll<br />

restauriert und segeln auch heute wieder in Regatten.<br />

ranger classic


Die ENDEAVOUR wurde beispielsweise 1999 von dem<br />

Amerikaner John Williams gechartert, der für die Antigua<br />

Classic Week eine J-Class-Regatta organisierte.<br />

Und wie der Zufall es wollte, wurde hier die Idee geboren,<br />

die „alte Konkurrentin“ wieder ins Leben zurückzuholen.<br />

Williams starrte im Salon an Bord der EN-<br />

DEAVOUR eine volle Woche auf den Heckspiegel der<br />

originalen RANGER, was sein Interesse für diese Yacht<br />

weckte. Die kurze, aber steile Karriere der RANGER bis<br />

zum Titel Super-J faszinierte ihn so sehr, dass er die Segellegende<br />

rekonstruieren wollte. Das Projekt RANGER<br />

2004 nahm seinen Lauf. Es sollte allerdings nicht nur<br />

eine Kopie der J-Yacht aus 1937 werden, die „neue“<br />

RANGER sollte eine umfassende Weiterentwicklung<br />

sein, einer zeitgemäßen „Super-J“ mindestens ebenbürtig.<br />

Viele Recherchen und weltweite Meetings ab<br />

2000 prägten den mehrjährigen Suchprozess zu einem<br />

langsam wachsenden Spitzenteam, bis der Bau der J-5<br />

endlich in Skagen/Dänemark bei Danish Yacht begann.<br />

Paolo Scanu (Studio Scanu), Jim Pugh (Reichel-Pugh)<br />

und Fred Elliott waren die federführenden nautischen<br />

Architekten. Glade Johnson, London, übernahm das<br />

Innen- und Außenstyling. Und so entstand ein Traumschiff,<br />

das im July 2003 erstmals Wasser berührte<br />

und das Bill Sanderson, Projektmanager der RANGER,<br />

bei den Showboats Awards in Monaco 2004 auf einer<br />

Skala von eins bis zehn mit einer Elf bewertete.<br />

104<br />

Klassisch die Maße der RANGER 2004: 41,57 Meter<br />

Länge über alles, 28,50 Meter Länge der Wasserlinie,<br />

188 Tonnen Verdrängung, 1.922 Quadratmeter Segelfl<br />

äche (507 Großsegel, 411 Genua, 1.004 Spi). Ebenso<br />

originalgetreu der Stahlrumpf. Dem ursprünglichen<br />

Glattdeck wurde jedoch ein kleines Deckshaus aus<br />

Karbon zugefügt, das harmonisch in das Teakdeck integriert<br />

wurde. Die Segelsysteme sind State of the Art,<br />

wofür die RANGER die Auszeichnung „highest technical<br />

achievement in a sailing yacht“ erhielt. Auf Knopfdruck<br />

kann zwischen Manpower und Hydraulik gewechselt<br />

werden oder beides wird kombiniert. Die J-Yacht wird<br />

auch nicht mehr wie das Original mit Begleitbooten<br />

an die Startlinie gezogen, die 425 PS starke Maschine,<br />

eine Lugger, ermöglicht völlig selbständiges Manövrieren.<br />

Und der spartanische Mannschaftsraum<br />

der alten RANGER ist purem Luxus und Komfort gewichen.<br />

Die Inneneinrichtung aus hochwertigem, poliertem<br />

Mahagoni kann mit jeder 50-Meter-Luxusyacht<br />

spielend mithalten. Eine Mastersuite, drei großzügige<br />

Gästekabinen, geflieste Granitbäder und eine Küche<br />

mit allen notwendigen Spielereien inklusive üppigem<br />

Kühlraum lassen den Betrachter unter Deck völlig<br />

vergessen, dass er an Bord einer Segel-Rennyacht<br />

ist. Der von Williams angestrebte Perfektionismus<br />

an und unter Deck der RANGER zieht sich wie eine<br />

allgegenwärtige Philosophie vom Bug bis zum Heck,


DER VON WILLIAMS ANGESTREBTE PERFEKTIONISMUS AN UND UNTER DECK<br />

DER RANGER ZIEHT SICH WIE EINE ALLGEGENWÄRTIGE PHILOSOPHIE VOM<br />

BUG BIS ZUM HECK, VOM KIEL BIS ZUR MASTSPITZE DURCH DIE GANZE YACHT.<br />

106<br />

vom Kiel bis zur Mastspitze durch die ganze Yacht.<br />

Und auch die professionelle Crew lebt diese Philosophie,<br />

was besonders bei den Aktivitäten im Rennen zu<br />

spüren ist. Jeder Handgriff sitzt, das Zusammenspiel<br />

perfekt. Nicht überraschend, denn viele Jahre Erfahrung<br />

bei America´s Cup und Whitbread/Volvo Ocean<br />

Race sind in der Mannschaft gebündelt.<br />

Seit 2004 kreuzt die neue RANGER nun durch die Karibik,<br />

den Atlantik und das Mittelmeer, hat Trophäen<br />

ersegelt und Preise gewonnen, aber vor allem immer<br />

wieder Segler und Segelfans begeistert und in ihren<br />

Bann gezogen. Sie ist eine wahre Schönheit, die Renaissance<br />

einer Regattaklasse, eine gelungene Kombination<br />

von Historie, modernster Technik, Segelperformance<br />

auf höchstem Niveau und feiner Kunst. Auf<br />

ihr segeln zu dürfen, ist ein unvergessliches Erlebnis.<br />

Meine Sorge, über die relingfreie Kante zu gehen<br />

(die einige im Team beschleicht), war schnell verfl ogen.<br />

Was bleibt, sind die intensiven Momente an Bord<br />

dieser Legende, die mir morgen am Horizont sicher<br />

noch atemberaubender vorkommt als gestern. Und<br />

gern werde ich auf den grinsenden Hamish Pepper zu<br />

kommen, der mich an diesem ereignisreichen Tag mit<br />

den Worten verabschiedet: „Wenn du mal wieder Lust<br />

hast, zu gewinnen, komm einfach vorbei!“


108<br />

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Julius Schnapp/Norderstedt<br />

Heinz Wolf/München<br />

Rüdiger Würf/Mönchengladbach<br />

Wolfgang Clarin/Berlin<br />

Benedict Kolmorgen/Trier<br />

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Leif Müller/Hamburg<br />

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Sven Ostertag/Hamburg<br />

Kurt Grainer/Mosbach<br />

Pedro Aystetten/München<br />

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Detlef Baumann/Hannover<br />

Andreas Rauschenbach/Rostock<br />

Till Kreuziger/Osnabrück<br />

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110<br />

august<br />

september<br />

oktober<br />

racetracks sommer<br />

Klassiker Regatten Kiel/GER 20. August – 23. August<br />

Melges 24 EM/FRA 20. August – 22. August<br />

Finn EM/BUL 21. August – 29. August<br />

Duisport Cup/GER 22. August – 23. August<br />

Polish Match Tour Act 10/POL 22. August – 23. August<br />

Nordic Women’s Match Racing Tour/SWE 22. August – 23. August<br />

Vela Classica Menorca/ESP 25. August – 29. August<br />

Knickerbocker Cup/USA 26. August – 30. August<br />

Tornado WM/ITA 27. August – 4. September<br />

RD <strong>Sailing</strong> Cup/GER 28. August – 28. August<br />

iShares Cup Round 4/Kiel 28. August – 30. August<br />

49er EM/CRO 29. August – 9. September<br />

Rolex Swan Cup/ITA 29. August – 5. September<br />

Rendsburg Cup/GER 29. August – 30. August<br />

Dümmertradition/GER 29. August – 30. August<br />

Oldtimer Regatten/SUI 29. August – 30. August<br />

RS:X WM/GBR 30. August – 11. September<br />

GKSS Sunday Cup 3/SWE 30. August – 30. August<br />

Star Junior EM/GER 31. August – 3. September<br />

Musto Performance Skiff EM/ITA 31. August – 4. September<br />

St. Moritz Match Race/SUI 1. September – 6. September<br />

Maxi Yacht Rolex Cup/ITA 6. September – 12. September<br />

ISWC DM Final/GER 5. September – 13. September<br />

Danish Open-World Match Racing Tour/DEN 9. September – 13. September<br />

51st Essen <strong>Sailing</strong> Week/GER 11. September – 13. September<br />

Chronoswiss Classics/GER 11. September – 13. September<br />

Peri Cup/GER 12. September – 13. September<br />

Scandia Sail For Gold Regatta/GBR 14. September – 19. September<br />

X-41 WM/ITA 14. September – 20. September<br />

Monaco <strong>Sailing</strong> Week/MON 16. September – 20. September<br />

Audi Melges 32 WM/ITA 20. September – 27. September<br />

Regattes Royales/FRA 21. September – 26. September<br />

12mR WM/USA 22. September – 27. September<br />

Oktoberfest Regatta/GER 25. September – 27. September<br />

iShares Cup Round 5/NED 25. September – 27. September<br />

Mecklenburg Pomerian Championship/GER 25. September – 27. September<br />

Flensburger Regatta/GER 26. September – 26. September<br />

Les Voiles de St. Tropez/FRA 27. September – 4. Oktober<br />

8mR World Cup/FRA 30. September – 1. Oktober<br />

KSSS Olympic Regatta/SWE 3. Oktober – 4. Oktober<br />

Farr 30 WM/ITA 3. Oktober – 10. Oktober<br />

TP 52 WM/ESP 5. Oktober – 11. Oktober<br />

Rolex Int. Keelboat Championship/USA 7. Oktober – 10. Oktober<br />

iShares Cup Round 6/ESP 10. Oktober – 12. Oktober<br />

Bentley Geneve Match Race/SUI 15. Oktober – 18. Oktober<br />

Rolex Middle Sea Race/MLT 17. Oktober – 28. Oktober<br />

Master Espana Match Race/ESP 20. Oktober – 24. Oktober<br />

Rolex Osprey Cup/USA 21. Oktober – 24. Oktober<br />

Melges 24 WM/USA 23. Oktober – 31. Oktober


o.t. weiß was<br />

112<br />

MACGYVER<br />

Viertes Boot links am Steg! Dort wohnt, lebt<br />

und werkelt MacGyver ... Besser bekannt<br />

als, sagen wir mal, Jill! Sein kongenialer Partner,<br />

mein Skipper, wohnt natürlich am gleichen Steg.<br />

Zusammen sind sie das fast unschlagbare Duo Dzeko<br />

und Grafite vom Bootssteg! Nichts ist ihnen zu<br />

kompliziert. Nichts ist unmöglich. Es gibt keine Probleme,<br />

es gibt nur die simple Frage nach Lösungen.<br />

Hier können Männer noch Männer sein. Kaum betreten<br />

sie den Hafen, unter den neidischen Blicken ihrer<br />

handwerkslegasthenischen Bootsnachbarn, macht<br />

das schlechte Gewissen sofort die Runde. Was wird<br />

wohl dieses Wochenende repariert. Was müsste ich<br />

reparieren? Welche technische Neuerung wird wohl<br />

diesmal im Cockpit montiert? Bin ich noch up to<br />

date mit meinem Cockpit? Pflege und restauriere ich<br />

mein Boot richtig?<br />

Sie sind Tim Taylor und Al Borland des Hafens! Mit<br />

den beiden könnte man „Hör mal, wer da an Bord<br />

hämmert“ drehen. Irgendwie weiß jeder von beiden<br />

es immer ein wenig besser. Dabei wird sich nichts<br />

geschenkt. Echte Männer haben eben alles an Bord.<br />

Super Bohrmaschine, super Stichsäge, super Akkuschrauber,<br />

super Industriestaubsauger, super Spannungsprüfer<br />

und natürlich das Leatherman Wave<br />

Multi-Tool mit 18 Features. Ich persönlich finde zwar<br />

das Freestyle GX Pocket-Size Multi-Tool viel cooler,<br />

aber wie ich mir hab‘ sagen lassen müssen: Es hat<br />

eben nur fünf Features und ist somit klar unterlegen!<br />

Was natürlich in ihrem bühnenreifen Wochenendrepertoire nicht fehlen darf, ist eine gehörige<br />

Portion Ironie und liebevoller Sarkasmus! Ausgestattet mit diesen Waffen ziehen<br />

sie von Freitagnachmittag bis Sonntagabend über ihre Boote her. Was für ein Schauspiel<br />

für die angrenzenden Bootsparzellen. Das Rausfahren aus der Box lohnt nur noch, wenn<br />

sich einer von beiden mal wieder an das Abschleifen seines Teakdeckes macht. Wo die<br />

beiden arbeiten, fallen Staub und Späne. Dagegen sind Spinnen und Pappelpollenplage<br />

nichts! Der Meeresgrund unter ihren Boxen gleicht vermutlich einem Sondermülllager,<br />

was da so alles nebenbei ins Wasser fällt, lässt vermuten, dass die Boxen bei einer Neuvermietung<br />

wohl erst mal ausgeschachtet werden müssten.<br />

Die Sidekicks in dieser Yachthafen-Sitcom sind die Ehefrauen. Ohne deren kleine Spitzen,<br />

Steilpässe und Einwände wäre mancher Vormittag sicher einfallslos verlaufen. Seit<br />

Jahren wartet der gesamte Steg auf einen Showdown zwischen den beiden Bastelfreunden.<br />

Vielleicht so etwas: Um die Wette die Frauen in den Mast ziehen, um sie dann<br />

von unten laut rufend zu instruieren, wie man das Top-Licht wechselt! Da hätte der<br />

ganze Steg garantiert Spaß für einen Vormittag.<br />

Dieses kongeniale Duo kann sich nur selbst schlagen. So geschehen vor ein paar Wochen<br />

beim gemeinsamen Segeln. Fahren die zwei Experten doch raus aufs Meer, um für<br />

Werbeaufnahmen die neuen Segel schön in Szene zu setzen. Anmerkung des Verfassers:<br />

Weder die Frauen noch der Vorschoter waren mit an Bord. Der Vorschoter sollte<br />

vom Land aus die Fotos machen, die Frauen lagen in der Sonne! Das Drama nahm seinen<br />

Lauf ... Leider konnte man am Land nichts hören. Der Spi wollte nicht so, wie er<br />

sollte! Weder beim ersten noch beim zweiten oder dritten Versuch!<br />

Das Ganze wirkte vom Land aus eher unbeholfen und stümperhaft, wenig professionell<br />

und schon gar nicht gab es Zeugnis von guter Seemannschaft! Mann, waren wir Nebenrollenbesitzer<br />

froh, uns dieses Schauspiel aus der Ferne ansehen zu dürfen. Aber wie<br />

gesagt: Schlagen können sie sich halt selbst am besten. Das Schöne ist ... auch Profi s<br />

machen bzw. haben ihre Fehler, und das macht sie so liebenswert, so menschlich.<br />

ot.weiss<br />

ausblick<br />

INSELN, IMMER INSELN ODER HALBINSELN, MEINE GANZE KIND-<br />

HEIT IST VOLL VON IHNEN. WANN IMMER MEINE ELTERN ENDE<br />

DER FÜNFZIGER JAHRE IHREN WEISSEN NSU BEPACKTEN UND<br />

AUSLAUF SUCHTEN, WUSSTEN WIR KINDER: MEERUMSCHLUNGEN<br />

MUSSTE DAS ZIEL SEIN UND DEM FREIGANG EINE NATÜRLICHE<br />

GRENZE SETZEN. MEINEM VOR ALLEM, DENN GERNE HABE ICH<br />

ALS KIND DAS WEITE GESUCHT, BIN ABER NIE WEIT GEKOMMEN.<br />

DAS HEISST, BIS ANS MEER BIN ICH GEKOMMEN, DESHALB RÜHRTE<br />

MICH SPÄTER JENE ZEILE AUS DEM ALTEN SEEMANNSLIED, IN DER<br />

ES HEISST: „UND DES MATROSEN ALLERLIEBSTER SCHATZ MUSS<br />

WEINEND STEH’N AM STRAND.“ IN MEINER KINDHEIT WAR ICH<br />

SEEMANNSBRAUT, JEDENFALLS STAND ICH WEINEND AM STRAND.<br />

AUS „DER KNACKS“ VON ROGER WILLEMSEN, S. FISCHER VERLAG<br />

AUSGABE 35 ERSCHEINT ENDE OKTOBER 2009<br />

IMPRESSUM<br />

HERAUSGEBER Alexander Lehmann<br />

VERLAG/REDAKTION Terra Oceanis Verlag<br />

Barkauer Str. 121 · 24145 Kiel<br />

info@sailing-journal.de<br />

Phone +49 (0) 431 - 996 99 77<br />

Fax +49 (0) 431 - 996 99 86<br />

CHEFREDAKTION Tom Körber<br />

t.koerber@sailing-journal.de<br />

Phone +49 (0) 431 - 996 99 87<br />

REDAKTION Bendix Hügelmann<br />

b.huegelmann@sailing-journal.de<br />

TEST & TECHNIK Michael Walther<br />

m.walther@sailing-journal.de<br />

ART DIRECTION bdrops. werbeagentur, Kiel www.bdrops.de<br />

ANZEIGENLEITUNG Nordstern Media<br />

+ NIELSEN 1, 2, 3a, 5 Eliane Lehmann<br />

+ YACHTWERFTEN/ e.lehmann@nordstern-media.de<br />

ZUBEHÖR Phone +49 (0) 431 - 719 78 88<br />

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GRAFIK/LAYOUT Jan Weisner www.outline-graphix.de<br />

LEKTORAT Kirsa Stoltenburg<br />

VERLAGS- Nielsen 3b, 4 - Österreich und Schweiz<br />

REPRÄSENTANTEN Bruno Marrenbach<br />

Phone +49 (0) 89 - 43 08 85 55<br />

STÄNDIGE MITARBEITER Volker Andreae, O.T. Weiss, Jan-Eike Andresen,<br />

Matthias Müncheberg, Dörte Horn,<br />

Denis Grau, Jens Hannemann, Willi Gohl<br />

AUTOREN<br />

Heike Schwab, Katja Böhm, Winfried<br />

Schumacher, Enrico Montanar<br />

FOTOGRAFEN<br />

PRAKTIKANT Christian Sewening<br />

Heike Schwab, Katja Böhm, Winfried<br />

Schumacher, Enrico Montanar, Tom Körber,<br />

Matthias Müncheberg, Juerg Kaufmann/Audi<br />

Medcup, Boris Herrmann, Pepe Hartmann,<br />

Rick Tomlinson/VOR, Dave Kneale/VOR,<br />

ROLEX/Kurt Arrigo, Beluga Racer,<br />

ROLEX/Tom Körber, Christian Beek<br />

DRUCK impress media GmbH,<br />

Mönchengladbach<br />

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