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034 | WWW.SAILING–JOURNAL.DE | AUSGABE 04/2009 | AUGUST/SEPTEMBER | D 5,80 € | A 5,80 € | CH 10,- SFR | Benelux/E/I 6,50 € | WWW.SAILING–JOURNAL.DE |
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www.bmw.de Freude am Fahren<br />
IN BETWEEN<br />
editorial<br />
03<br />
In between<br />
Let me apologize to begin with<br />
Let me apologize for what I’m <strong>abo</strong>ut to say<br />
The things I wanna say to you get lost before they come<br />
The only thing that’s worse than one is none.<br />
Ja, spricht der Mensch denn nicht seine Muttersprache? Bietet das<br />
Deutsche ihm keine adäquate Ausdrucksmöglichkeit? – Screw it!<br />
Was wäre, wenn mir die Worte fehlten?? Was wäre, wenn die Din-<br />
BENDIX HÜGELMANN, REDAKTEUR<br />
DES SAILING JOURNAL<br />
ge, die ich sagen möchte, verloren gingen, bevor sie ausgesprochen<br />
würden? Was wäre, wenn … Was wäre, wenn … Was wäre, wenn es Momente gäbe, wo einen<br />
diese Frage nicht weiterbringt. Würde man ihn erkennen, diesen Moment. Diese Situation, in der<br />
egal was man sagt, jedes gesprochene, geschriebene Wort ein Wort zu viel zu sein scheint. Ich<br />
habe keine Antwort auf diese Frage.<br />
Ein solcher Moment trifft einen immer unvorbereitet. Wie sollte man sich auch auf etwas vorbereiten,<br />
was man nicht kommen sieht, was einem den Boden unter den Füßen wegzieht, sich anfühlt,<br />
als würde man im Schlaf aus dem Bett fallen – nur ohne vor Schreck aufzuwachen. Was ist nur zu<br />
tun? Die Antworten auf meine Fragen gingen auf dem Weg in meine Fingerspitzen verloren.<br />
Am Montag, dem 20. Juli 2009, ging Sabine Jüttner-Storp im Rahmen des zweiten Legs der Baltic<br />
Sprint Cup Regatta vor Bornholm über Bord. Die Suche nach der erfahrenen, respektierten und<br />
geschätzten Seglerin wurde am nächsten Tag um 10 Uhr erfolglos eingestellt.<br />
Ich habe Sabine als erfahrene, kompetente, vorsichtige und zu guter Letzt freundliche und stets<br />
hilfsbereite Seglerin im Rahmen des letzten Baltic Sprint Cups kennengelernt. Gemeinsam mit ihrer<br />
Damen-Crew bewies sie auf vielen Offshoreregatten eindrucksvoll, dass der Segelsport schon<br />
lange keine reine Männerdomäne mehr ist. Die Nachricht ihres tragischen Unfalls erwischte mich<br />
trotzdem eiskalt kurz vor dem Schlafengehen. Fassungslos saß ich am Schreibtisch. So etwas passiert<br />
doch einfach nicht! Bohrende Fragen im Kopf, am darauf folgenden Tag ein nicht ruhen wollendes<br />
Telefon. „Hast du schon gehört, wie furchtbar.“ Es war überraschend, wie eng die Szene in<br />
dieser dunklen Stunde zusammenrückte, um Mitgefühl zu äußern.<br />
Auch wenn die faktische Aufarbeitung des Unfalls noch nicht abgeschlossen ist und der Schock<br />
noch tief in den Knien der Segelgemeinde steckt, hoffe ich, dass ein jeder sich Zeit nimmt, in sich<br />
zu gehen, damit so ein schrecklicher Unfall nie wieder passiert.<br />
Unser aller Mitgefühl gilt in diesem schweren Moment und darüber hinaus der hinterbliebenen<br />
Familie. Ich bin mir an dieser Stelle sicher, dass man sich mit Freude an Sabine erinnern wird.<br />
Let me apologize to begin with<br />
Let me apologize for what I’m <strong>abo</strong>ut to say<br />
And I cannot explain to you<br />
In anything I say or do<br />
I hope the actions speak the words they can.<br />
SONGTEXT: LINKIN PARK
04<br />
EINBLICK!<br />
BACKE, BACKE, KUCHEN<br />
DER BÄCKER HAT GERUFEN!<br />
WER WILL GUTEN KUCHEN BACKEN<br />
DER MUSS HABEN SIEBEN SACHEN:<br />
EIER UND SCHMALZ<br />
BUTTER UND SALZ<br />
MILCH UND MEHL<br />
SAFRAN MACHT DEN KUCHEN GEHL!<br />
SCHIEB, SCHIEB IN´N OFEN ´NEIN.<br />
© Foto Matt. Müncheberg Melodie Volkslied 19. Jh (ca. 1895)<br />
DISTANZ<br />
MATHIAS BRÜCKERT, OFFSHORESEGLER, JUGENDOBMANN SVS.H.<br />
Vielleicht braucht man einfach ab und zu<br />
ein bisschen Distanz zum Wasser, um einen<br />
anderen Blick auf unseren Sport zu bekommen.<br />
Distanz zum Wasser habe ich studienbedingt<br />
leider genug, aber umso mehr<br />
segle ich mit offenen Augen, und umso<br />
mehr Zeit bleibt zum Nachdenken über die<br />
Entwicklung des Segelsports. Unser Sport<br />
pendelt zwischen zwei Extremen wie kaum<br />
ein anderer, zwischen der glitzernden Welt<br />
der Medien, der großen Sponsoren und<br />
auf der anderen Seite der schnöden Realität,<br />
die wir vor unserer Haustür finden.<br />
Wir bejubeln, dem Zeitgeist gehorchend und gebannt von den spektakulären Bildern, die<br />
Seehelden, die den Open60 ihres Sponsors allein um die Welt jagen. Wissend, dass sie gute<br />
Chancen haben, dass ihnen Ruder, Mast, Kiel oder alle drei die Gefolgschaft versagen. Wissend,<br />
dass nicht wenige von ihnen schon im Schlaf mit Fischern oder Frachtern kollidiert sind,<br />
während ihr Boot allein segelte. Und fest einplanend, dass Küstenwache und Marine bei Rettungsaktionen<br />
ihr Leben riskieren, wenn die Designer im Kampf um die Kilos wieder einmal<br />
zu hoch gepokert haben. Wir auf der anderen Seite jubeln, wissend, dass es nicht richtig<br />
sein kann, wenn die Hälfte einer Regattafl otte nicht am Ziel ankommt, wenn Sechzigfüßer mit<br />
schlafenden Skippern durch Treibeis oder Küstengewässer segeln und wenn Crews ihre Boote<br />
kaum noch im Griff haben. Aber wir hinterfragen nicht. Wir sind gebannt von den Bildern.<br />
Das andere Extrem ist die nicht zu ignorierende Realität an Deutschlands Küsten. Völlig vertrimmte<br />
Segel, Vierblattfestpropeller und Boote, die man mit viel gutem Willen als Raumwunder<br />
bezeichnen kann, sind schon lange eher Regel als Ausnahme. Die übliche Besegelung<br />
beschränkt sich auf die ausgerollte Genua. Seemannschaft beschränkt sich auf das Zitieren<br />
von Magazinartikeln im Stile von „Keine Angst vorm Spinnaker“. Im Bootskauf ist Geiz schon<br />
lange geil. Der ehemals mündige Segler vertraut blind den Lobeshymnen der einschlägigen<br />
Gazetten, unfähig, sich ein eigenes Bild zu machen. Auch hier wird nicht hinterfragt, sondern<br />
nachgesprochen, was die Presse präsentiert.<br />
Der vielfach beschworene Wegfall der Mittelklasse – im Segelsport ist er schon in vollem<br />
Gange. Zwischen den mit Sponsorengeldern überhäuften Profi seglern und Kadersportlern<br />
und den Ahnungslosen, die den selbstverschuldeten Gang in die seglerische Unmündigkeit<br />
in vollen Zügen genießen, sinkt die Zahl derer, die Segeln ernsthaft als Sport betreiben und<br />
trotzdem als Freizeit genießen. Es sinkt die Zahl derer, die sportlich segeln, ohne gleich ihr<br />
Leben und das anderer zu riskieren. Und es sinkt die Zahl derer, die ihr Wissen weitergeben<br />
können und wollen, an die nächste Generation guter Segler.<br />
In welche Richtung der von Medien, Werften und Zulieferern umworbene Segelsport geht,<br />
weiß wohl noch keiner. Aber ein bisschen Nachdenken, auch um den Preis der Distanz zum<br />
Wasser, mag da nicht schaden.<br />
vorwort
06 INHALT<br />
24<br />
V E N E D I G , G E N U A , L I S S A B O N<br />
38<br />
N I L<br />
56<br />
R O L E X B A L T I C W E E K<br />
72<br />
A N T I B E S & M O O N B E A M I V<br />
90<br />
U S A F L U S S R E I S E<br />
98<br />
R A N G E R<br />
E D I T O R I A L 0 0 3 E I N B L I C K 0 0 4 V O R W O R T 0 0 5 I N H A L T 0 0 6<br />
S E G E L S Z E N E 0 0 8 T E S T T E C H N I K 0 1 6 R E G E L N T E C H N I K 0 1 8<br />
O N B O A R D T E C H N I K 0 2 0 S H O R T T R A C K S 0 3 4 / 0 6 6 P R O D U K T E<br />
0 5 4 S A I L S T Y L E 0 8 8 H Ö R E N & L E S E N 9 6 A B O N N E M E N T 1 0 8<br />
R A C E T R A C K S 1 1 0 H E R S T E L L E R 1 1 1 K O L U M N E 1 1 2<br />
A U S B L I C K / I M P R E S S U M 1 1 3<br />
COVERSHOT © TOM KÖRBER
WORLD MATCH RACING TOUR<br />
Die Goldmedaillengewinner im 49er von Beijing, die beiden Dänen Jonas<br />
Warrer und Martin Kirketerp, tauschen ihr Skiff gegen den DS Matcher<br />
37, um im August beim Stop-over der World Match Racing Tour im Rahmen<br />
der Danish Open vor Arhus anzutreten. Seitdem die Teilnahme durch<br />
das Erlangen einer der beiden offenen Wild-Card-Plätze gesichert ist, besteht<br />
der Alltag der beiden Segler und ihrer Crew nur noch aus Training,<br />
Training, Training. Bei der World Match Racing Tour handelt es sich um<br />
eine der hochkarätigsten Profi serien im Regattasport. Jährlich besucht<br />
die Tour zehn Events auf dem Globus, der Gesamtsieger der sportlichen<br />
Rundreise darf sich am Jahresende Match-Race-Weltmeister betiteln und<br />
kassiert darüber hinaus einen ordentlichen Anteil der insgesamt 1,5 Millionen<br />
Dollar Preisgeld, die im Rahmen der WMRT vergeben werden.<br />
INFO WWW.WORLDMATCHRACINGTOUR.COM<br />
PIMP MY RIDE<br />
Der Greifswalder Yachtausrüster Wendel & Rados bietet ein hochwertiges<br />
Multimediapaket an, das individuell auf die Yacht und die Wünsche<br />
des entsprechenden Eigners abgestimmt werden kann. Das Kernstück ist<br />
eine leistungsfähige Home-Entertainment-Anlage aus dem Hause Bose,<br />
kombiniert mit hochwertigen LCD-Flachbildschirmen, die auf Wunsch<br />
auch ausfahrbar eingebaut werden können. Eine selbstnachführende<br />
Antenne der Firma Raymarine sorgt auf ihrem Heckmast auch auf dem<br />
Wasser für digitalen Fernsehempfang via Satellit. Optional ist ebenfalls<br />
der Einbau eines DVD- bzw. Blue-Ray-Players möglich. Bild und Ton<br />
können auf mehrere Kojen verteilt werden – selbst den Kartenplotter im<br />
Cockpit machen die Spezialisten mithilfe wasserdichter Speziallautsprecher<br />
im Cockpit zum HiFi-Fernsehgerät. „Geht nicht“ gibt’s nicht – das<br />
war die Devise bei der Entwicklung und so haben die Spezialisten sogar<br />
ein W-Lan mit High-Speed-Internetverbindung via UMTS integriert. Bei<br />
Interesse steht eine eigens zu diesem Zweck umgebaute Hanse 470 zu<br />
Besichtigungszwecken zur Verfügung.<br />
INFO WWW.YACHTAUSRUESTER.DE<br />
MATCH-RACE-WM<br />
Silke Hahlbrock und ihr Team vom Hamburger Segel-Club (HSC) haben<br />
bei der Match-Race-Weltmeisterschaft für Frauen Platz elf belegt.<br />
Die Weltranglisten-Sechsten kamen im Feld der zwölf Teilnehmerinnen<br />
aus sieben Nationen auf der Ostsee vor Lysekil in der Vorrunde nur auf<br />
zwei Siege in elf Duellen. Damit hatte das einzige deutsche Team in<br />
Schweden bereits den Sprung ins Viertelfi nale der besten sechs Crews<br />
verpasst. Kurios in Schweden: Aufgrund stürmischer Winde musste<br />
die Wettfahrtleitung die Viertelfi nalrunde komplett absagen und<br />
schickte anstelle der besten sechs Steuerfrauen die besten vier direkt<br />
in die Halbfi nal-Begegnungen, in denen sich die Australierin Nicole<br />
Souter und – nach zweijähriger Wettkampfpause – die Schwedin Marie<br />
Björling durchsetzen konnten. Neue Match-Race-Weltmeisterinnen<br />
wurden die Australierin Nicole Souter und ihr Team aus Down Under.<br />
Souter besiegte im packenden Finale Lokalmatadorin Marie Björling.<br />
8<br />
ALINGHI I<br />
ALINGHI, der Verteidiger des 33. America‘s Cup, kann für diese Kampagne einen der weltweit bekanntesten Mehrrumpfsegler an<br />
Bord begrüßen: Loïck Peyron. Der 50-jährige Franzose hat den Atlantik 43-mal überquert, 18-mal davon einhändig. Er ist zweimal<br />
um die Welt gesegelt und hat drei Transat-Titel sowie zwei Transat-Jacques-Vabre-Trophäen auf seinem Konto. „In den Gedanken<br />
jedes Seglers spielt der America‘s Cup eine wichtige Rolle. Ich habe ihn während vieler Jahre verfolgt und es macht mich stolz, dass<br />
ich nun für ein Team wie ALINGHI segeln darf”, sagt Peyron.<br />
INFO WWW.ALINGHI.COM<br />
ALINGHI II<br />
Am Nachmittag des 08. Juli um 16 Uhr wurde ALINGHI 5, der neue Katamaran des America‘s-Cup-Titelverteidigers, von<br />
einem russischen Mi-26-Helikopter aus dem Zelt im schweizerischen Villeneuve gehoben, wo das Boot gebaut worden war.<br />
Der größte und stärkste Helikopter der Welt fl og den Kat zur Wasserung auf dem Genfersee. ALINGHI 5 ist der erste Schritt<br />
im Entwicklungsprozess im Hinblick auf den 33. America‘s Cup. Das Team konzentriert sich nun darauf, das Boot in den<br />
nächsten Wochen fürs Segeln klar zu machen.<br />
INFO WWW.ALINGHI.COM<br />
ALINGHI III<br />
Nachdem der im Zuge des Rechtsstreits zwischen BMW ORACLE und ALINGHI gebaute Trimaran BOR90 bereits seit einiger<br />
Zeit in der Bucht von San Diego getestet wird, hat nun auch ALINGHI am 20.07.2009 die Jungfernfahrt mit dem frisch getauften<br />
Monster-Kat ALINGHI 5 auf dem Genfersee bestritten. Der 90-Fuß-Mehrrümpfer wurde gegen Mittag von mehreren<br />
Hundert Zuschauern mit Applaus vom Dock in Le Bouveret zur Jungfernfahrt verabschiedet. Murray Jones, der die anfänglichen<br />
Trials auf dem riesigen Mehrrümpfer durchführt, der einen ersten Schritt im Entwicklungsprozess hinsichtlich des 33.<br />
America‘s Cup bedeutet, gab seinen Kommentar zu einem guten ersten Tag auf dem Wasser ab: „Wir sind heute Vormittag<br />
mit einer Liste von Zielen losgefahren, durch die wir uns hindurcharbeiten wollten: Wir wollten das Boot testen, die Struktur<br />
beobachten, einige Manöver durchführen und schauen, ob alle Segel funktionieren, und alles ging ziemlich gut; wir konnten<br />
praktisch alles abstreichen. Es gibt auf dem Boot viele Systeme, die kompliziert und neu sind, aber es war fantastisch. Das<br />
Boot ist ein Tribut an die Designer und Bootsbauer. Ein Boot von dieser Komplexität abzuliefern, das am ersten Tag schon so<br />
gut funktioniert, ist beeindruckend, sehr beeindruckend.” Grant Simmer, der Koordinator des Designteams, fügte am Ende<br />
dieses bedeutungsvollen Segeltags hinzu: „Es war aufregend, das Boot das erste Mal beim Segeln zu sehen, nach all dieser<br />
Zeit mit Design, Bootsbau und Segelmacherei; dass wir gesehen haben, wie alle diese Teile zusammenkommen und dass<br />
die Maschine funktioniert, ist großartig! Wir freuen uns schon auf morgen.” Bleibt für den Rest der Segelwelt nur zu hoffen,<br />
dass die beiden Streithähne endlich aufhören, sich vor Gericht mit Sand zu bewerfen, und den America’s Cup dorthin zurückbringen,<br />
wo er hingehört – aufs Wasser!<br />
ROLEX ILHABELA SAILING WEEK<br />
Die Rolex Ilhabela <strong>Sailing</strong> Week begann mit einer 55-Seemeilen-<br />
Langstrecke und dem dazugehörigen Massenstart, bei dem sich<br />
205 Yachten aus den Klassen S40, ORCi und ORC Club unter blauem<br />
Himmel bei 22 Knoten an der Startlinie aufreihten. Namhafte<br />
Segler aus dem südamerikanischen Raum waren angereist, um<br />
sich gemeinsam mit der Konkurrenz den starken, drehenden Winden,<br />
den allzeit großen Wellen und komplizierten Strömungen zu<br />
stellen. Gelten karibische Regatten als besonders unterhaltsam<br />
und europäische als besonders anspruchsvoll – so ist man sich auf<br />
Ilhabela sicher – bietet die ansässige Segelwoche den besten Mix aus beidem. In der neuen, brasilianischen S40-Klasse, einer Yacht,<br />
entwickelt für maximalen offshoretauglichen Segelspaß, stand nach sechs Rennen das argentinische Team der CUSI 5 von Skipper<br />
Jose Esteves ganz oben auf dem Treppchen, jedoch punktgleich mit dem zweiten Sieger, TEAM MITSUBISHI aus Brasilien. Mit zwei<br />
neu bestellten Booten befi ndet sich die Klasse der S40 auf einem guten Weg.<br />
QUATER TON CUP<br />
Der Yachtausrüster Wendel & Rados hat zwei neue Optimisten an die Jugendabteilung der Greifswalder Segelvereine gestiftet<br />
und unterstützt somit den aktiven Segelsport. In der gemeinsamen Jugendabteilung bündeln die vier Greifswalder Segelvereine<br />
seit Langem ihre Jugendarbeit. So lernen und trainieren die Jugendlichen gemeinsam das Segeln, obwohl sie in unterschiedlichen<br />
Vereinen Mitglied sind – ein Projekt, das bislang einmalig ist in Mecklenburg-Vorpommern. 40 Jugendliche trainieren<br />
hier regelmäßig, betreut von erfahrenen Übungsleitern – und das äußerst erfolgreich, was sich regelmäßig auf den Landesmeisterschaften<br />
der Segel-Junioren mit sehr guten Platzierungen zeigt. So wurden am 16. Mai 2009 um 16 Uhr die neuen Optimistenjollen<br />
auf dem Gelände des Greifswalder Yachtclubs in Greifswald-Wieck an die Jugendlichen übergeben und getauft.<br />
INFO WWW.YACHTAUSRÜSTER.DE<br />
HLL DRAGON GRAND PRIX<br />
Vom 13. bis 18. Juli wurde in der Strander Bucht in Form des HLL Dragon Grand Prix die deutsche Meisterschaft der Drachenklasse<br />
ausgesegelt. Erstmalig engagierte sich die Schweizer Traditionsuhrenmarke Edox als Sponsor und offi zieller Zeitnehmer. Im Rahmen<br />
des Dragon Grand Prix 2009 wurden zudem die Internationale Deutsche Meisterschaft in der Drachenklasse sowie das Childhood<br />
Golf & Race zugunsten der Kinderhilfsstiftung von Königin Silvia von Schweden ausgetragen. 67 Boote aus 13 Nationen waren<br />
angereist, um in sechs spannenden Wettfahrten den neuen Deutschen Meister zu ermitteln. Sieger des HLL Drachen Grand Prix<br />
wurde der für die Ukraine startende Marcus Wieser. Platz zwei und drei gingen ebenfalls an Schiffe aus der Ukraine, bester Deutscher<br />
wurde Jan Seekamp auf Platz vier, der in seiner ersten Saison im Drachen eine großartige Performance ablieferte. Hinter dem<br />
Namen Childhood Golf & Race verbirgt sich eine wohltätige Sportveranstaltung, bestehend aus einem Golfturnier und einer Regatta.<br />
Nach gelungenem Kanonenstart durch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen kämpften 60 Golfer auf der herrlichen Anlage<br />
von Gut Uhlenhorst um den Sieg. Um 14 Uhr stand mit Markus Diesing aus Bad Pyrmont der Sieger fest und er konnte den Preis aus<br />
den Händen von I.M. Königin Silvia von Schweden entgegennehmen. Danach ging es zur Regatta nach Strande, wo das deutsche<br />
Drachengeschwader und der Kieler Yachtclub den Teilnehmern ermöglichten, bei einer Fuchsjagd auf dem Wasser ihr seglerisches<br />
Können unter Beweis zu stellen. Während der Siegerehrung in der eigens eingerichteten „Dragon Lounge“ im Kieler Yachtclub<br />
konnte Königin Silvia auch selbst Spenden für ihre Stiftung World Childhood Foundation entgegennehmen. Insgesamt belaufen<br />
sich die im Zuge des Childhood Golf & Race generierten Spenden auf über 207.000 Euro. Königin Silvia zeigte sich glücklich angesichts<br />
dieser enormen Summe, die nun Projekten zugunsten Not leidender Kinder zur Verfügung gestellt werden konnte.<br />
INFO WWW.HLL-DRAGON.DE<br />
WARNEMÜNDER WOCHE<br />
Die 72. Warnemünder Woche hatte alles zu bieten, von<br />
Schwachwind bis Sturm, von Tragödie bis Triumph.<br />
Maks Wojcik aus Polen konnte am Sonnabend die WM<br />
der Raceboards gewinnen und im olympischen Finn<br />
legte Jan Kurfeld aus Rostock eine beeindruckende<br />
Siegesserie hin. Insgesamt wurden bei der 72. Warnemünder<br />
Woche Titel in 24 Wertungsklassen vergeben.<br />
Gut 1.700 Segler aus 31 Nationen lieferten sich in mehr als 750 Booten und Boards harte Kämpfe. An Land zählten der „Niege<br />
Ümgang“ zum Auftakt, das Rostocker Pilsener Waschzuberrennen und die Drachenbootrennen zu den Highlights. Insgesamt<br />
besuchten rund 700.000 Gäste die Veranstaltung – so viele wie nie zuvor. Das zweite Wochenende der Warnemünder Woche<br />
bot Extreme: Viel Wind kostete die Segler am Sonnabend alle Kraftreserven, am Sonntag hieß es dann, sich bei Schwachwind in<br />
Geduld zu üben. Jan Kurfeld ließ dabei die Konkurrenz in der olympischen Finn-Dinghy-Klasse fast durchgängig im Heckwasser<br />
und legte mit sechs Siegen in sieben Rennen eine beeindruckende Serie vor. Bei den OK-Jollen holte sich der Neuseeländer<br />
Greg Wilcox in einem spannenden Finale den Sieg in Warnemünde. Dabei verwies er den mehrfachen Weltmeister Karsten<br />
Hitz nach sieben Rennen auf Rang zwei. Der Kieler wurde wegen Pumpens im letzten Lauf disqualifi ziert und verschenkte damit<br />
die Chance auf den Sieg. Günther Tzeschlock aus Eigeltingen am Bodensee fuhr bei den Melges 24 auf Platz eins und holte sich<br />
damit den Gesamtsieg vor dem am Vortag noch Führenden Jörn Petri aus Flensburg. Lars Bähr aus Werneuchen und sein Team<br />
zeigten in der Platu-25-Klasse bei den wechselhaften Bedingungen die beste Konstanz und holten sich den Sieg vor Reinhard<br />
Hübner aus Berlin. Und die Wertung der J/24 Klasse gewann Jan Hössermann und seine Hamburger Crew.
BLAUES BAND<br />
Das Blaue Band des Chiemsees brachte 2009 würdige Sieger hervor.<br />
Die Gruppen waren gut gefüllt mit erfahrenen, kampfbereiten Seglern<br />
und aufgerüsteten Booten aus ganz Süddeutschland und Österreich.<br />
Schnellstes Boot und damit Sieger über alles wurde Friedl Liese mit seinem<br />
eigens für Langstreckenwettfahrten konzipierten Katamaran. Auf<br />
einem Vorwindschenkel ging es nach Feldwies, dann halbwind quer<br />
über den See nach Seebruck und von dort zurück zum Ziel nach Prien.<br />
Achim Salcher war nach mehreren Jahren wieder mit einer Libera und<br />
dementsprechend großen Mannschaft am Start. Mit dem größten Schiff<br />
im Feld profi tierte er davon, dass er noch mit der letzten vernünftigen<br />
Brise ins Ziel kam. Er gewann das Blaue Band nach berechneter Zeit<br />
(Yardstick). Doch gleich nach der ersten Bahnmarke in Felden übernahm<br />
Liese mit einem cleveren Raumschotschlag die Führung, baute sie auf<br />
einem langen Bein nach Seebruck aus und kam mit achteinhalb Minuten<br />
Vorsprung ins Ziel, nur sechs Minuten über dem bestehenden Rekord.<br />
RUND UM<br />
Die 59. RUND UM den Bodensee wurde bei Flaute gestartet und ging 24<br />
Stunden später bei Flaute zu Ende. Der Ungar Zsolt Kiraly vom Plattensee hat<br />
mit der Libera RAFFICA den besten Riecher für den wenigen Wind gehabt.<br />
Durch die Dauerfl aute in der Nacht brauchte die Libera 12:02:41 Stunden<br />
für die 100 Kilometer lange Strecke von Lindau über Romanshorn, Konstanz,<br />
Überlingen und wieder zurück nach Lindau. Den zweiten Platz in der Zieleinlaufl<br />
iste belegte der Katamaran HOLY SMOKE mit Albert Schiess vom Yachtclub<br />
Arbon, Dritte wurde die Libera LILLO mit Markus Ficht vom Windclub<br />
Chiemsee. Als erstes Schiff der langsameren Startgruppe 1 lief die BALLY-<br />
HOO von Andreas Künzli vom Yachtclub Kreuzlingen ein. Das kleine Blaue<br />
Band bekommt Bernhard Kraus mit der CHAOS vom Segelclub Brunnen<br />
Forggensee. 122 der 408 gestarteten Schiffe sind ins Ziel gekommen, die anderen<br />
haben aufgegeben oder mussten wegen Überschreitens des Zeitlimits<br />
disqualifi ziert werden. Die 60. Ausgabe wird am 4. Juni 2010 gestartet.<br />
INFO WWW.LSC.DE<br />
KIELER JUGENDKUTTER<br />
Am 20. Juli verabschiedeten Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig und LSV-<br />
Vizepräsident Wolfgang Beer im Germaniahafen an der Hörn eine Gruppe<br />
von jungen Seglern des Vereins Kieler Jugendkutterprojekts e.V. Im April<br />
2001 von Jürgen Pautke gegründet, ermöglicht der Verein Kieler Jugendkutterprojekt<br />
e.V. sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen unvergessliche<br />
Segelerlebnisse auf der Kieler Förde und darüber hinaus. Das Projekt ist<br />
überwiegend spendenfi nanziert und wird unter anderem vom Landessportverband<br />
Schleswig-Holstein (LSV) gefördert. In diesem Jahr unterstützt die<br />
Landeshauptstadt Kiel das Projekt zusätzlich einmalig mit Mitteln aus dem<br />
städtischen Förderfonds Soziales, Kultur und Sport. Um sein Angebot auch<br />
in den kommenden Jahren aufrechterhalten zu können, sucht der Verein<br />
jetzt dringend Spender und weitere Mitglieder, die entweder als passive Fördermitglieder<br />
oder mit praktischer Arbeit seine Ziele unterstützen.<br />
INFO WWW.KUTTERPROJEKT.DE<br />
10<br />
UCA<br />
Ein Schiff wie ein Designerstück – formschön und präzise, rassig und doch dezent, eine hochmoderne wie zeitlose Eleganz.<br />
Das sind die ersten Eindrücke der silbernen Hightech-Yacht von Knierim Yachtbau, die jüngst die Werfthalle am Nordostseekanal<br />
in Kiel verließ. Die Brenta 60 ist für Tagestörns konzipiert und trotz ihrer Länge von 18,62 Meter bei einer Breite<br />
von 4,28 Meter auch mit einer kleinen Crew von zwei Personen oder sogar allein zu manövrieren. Klaus Murmann, Kieler<br />
Hochseesegler und Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens Knierim zeigte sich hellauf begeistert: „Ein schlichtweg<br />
grandioses Boot!“ Dass die Brenta 60 auch deutlich ungemütlichere Bedingungen nicht nur wegstecken wird, sondern sich<br />
darin sogar wohlfühlen kann, macht allein das Verhältnis von acht Tonnen Kielballast zu 13,5 Tonnen Gesamtgewicht deutlich.<br />
Das hohe aufrichtende Moment genügt einem Regattaracer. An Bord geht die meiste Arbeit mithilfe von Hydraulik<br />
und Elektroantrieb vollautomatisch. Neben dem 130 Quadratmeter messenden Großsegel ist auch das 73 Quadratmeter<br />
große Vorsegel als Rollfock aus dem Cockpit zu bedienen. Der hochwertige Navigationsbereich protzt nicht vor unnötigem<br />
Technik-Schnickschnack, sondern unterliegt strikter Funktionalität. Äußerlich hat die Brenta 60 scheinbar gar keine Fenster.<br />
Die dunkelglasigen Ausstellluken, die für gedämpften Lichteinfall und Frischluft sorgen, befi nden sich quasi im zweiten,<br />
inneren Kajütdach, das unter einer Art Außenhaube verborgen ist.<br />
BALTIC SPRINT CUP<br />
Nach dem Start in Warnemünde lief der 930 Seemeilen lange Kurs über Rønne (Dänemark/Bornholm) nach Västervik (Schweden),<br />
weiter nach Liebau (Lettland) und Swinemünde (Polen) und endete zur großen Preisverleihung am 1. August 2009 in<br />
Travemünde zum Ende der 120. Travemünder Woche. Der Baltic Sprint Cup wurde im zweiten Abschnitt (Rønne – Västervik)<br />
von einem tragischen Unfall überschattet, als die Skipperin der Frauencrew der DHH CROSS MATCH, Sabine Jüttner-Storp,<br />
während eines schwierigen Manövers bewusstlos aus dem Mast über Bord stürzte und trotz sofortiger Hilfeleistung vor den<br />
Augen der Crew in der Ostsee versank. Die Hälfte der Flotte beteiligte sich umgehend an einer groß angelegten Suchaktion<br />
– leider vergebens. Ein Gedenkgottesdienst in der St. Petrikirche zu Västervik wurde drei Tage später von Probst Clas Göran<br />
Thorell gehalten. Sowohl Göran Petersson, Präsident der International <strong>Sailing</strong> Federation (ISAF), als auch Henning Rocholl,<br />
Event Director, hielten eine emotionale Gedenkrede für Sabine. Aus Pietätsgründen wurde die zweite Etappe abgebrochen. Auf<br />
Wunsch von Sabines Familie und Freunden wurde die Serie am folgenden Tag wieder aufgenommen und die Flaggen wieder<br />
gesetzt. Champion in der IRC-Division auf der letzten 155 Seemeilen langen Regatta von Swinemünde nach Travemünde wurde<br />
die DAIKIN AICRO von dem Niederländer Frans van der Heijden und in der ORC-Club Division die IMAGINE von Holger Strekkenbach.<br />
Das Segeln war während der kompletten Regatta nie langweilig und meistens bei moderaten bis frischen westlichen<br />
Winden. Das letzte Teilstück von Swinemünde nach Travemünde bescherte nahezu alles: Harte Kreuz bis 32 Knoten, Blitze und<br />
anschließendem schnellen Wetterwechsel, der nahezu in Windstille endete. Durch dieses Wetterextrem wurde die Flotte sehr<br />
weit auseinandergezogen. Es war Samstagmorgen um 2.14 Uhr, als die OLINE als letztes Boot über die Ziellinie ging – nahezu<br />
13 Stunden nach der SCHO-KA-KOLA von Dr. Uwe Lebens, der sich ein drittes Mal die „Fastest Yacht Flag“ holte und somit auch<br />
den „Speed Award“ gewann. Der„Youth Award“, der von der Stiftung Hochseesegeln Hamburg gestiftete Jugendpreis, wurde<br />
sich von der LUV (Daniel Rüter und Crew) in der ORC-Club Division und der UTSIDER Jan Brügge und Crew in der IRC Division)<br />
geteilt. Den Team Award in der ORC-Club Division sicherte sich das Team EAST/WEST mit KÖNIG & XIE und IMAGINE.<br />
Den Baltic Sprint Cup Award, gestiftet vom Gründungskomitee, Alan Green, Sven Herlyn, Henning Rocholl und Michael Steen<br />
Jensen, für die beste Yacht nach IRC im Jahr 2008 und 2009, ging ebenfalls an die SCHO-KA-KOLA. Für viele Segler hat sich der<br />
Baltic Sprint Cup in den vergangenen fünf Jahren zu einem Klassiker entwickelt und gehört zu den Top-Events auf der Ostsee.<br />
BANQUE POPULAIRE<br />
Wie angekündigt (s. <strong>Sailing</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 2/09)<br />
machen die Jungs auf dem Tri BANQUE POPULAIRE<br />
ernst mit ihrer Ansage, alle bestehenden Rekorde<br />
zu brechen. Den Anfang machte die Crew mit einer<br />
Überquerung des Nordatlantiks von New York nach<br />
Point Lizard in drei Tagen, 15 Stunden, 25 Minuten<br />
und 48 Sekunden. Damit stellten sie den von Frank<br />
Gammas im Jahr 2007 aufgestellten Rekord ein.<br />
FLENS SUPER SAIL TOUR KELLENHUSEN<br />
Der zwölffache Europameister und frischgebackene Kieler-Woche-Sieger 2009 Detlef Mohr gewinnt mit Karen Wichardt knapp,<br />
mit nur einem Punkt Vorsprung vor dem Deutschen Meister Knud Jansen/Tina Eschle, die Flens Super Sail am vergangenen<br />
Wochenende. Bei starken Winden aus Südwest konnten die Wettfahrten 1 und 2 für Mohr nicht besser beginnen. Gleich zwei<br />
Tagessiege standen auf seinem Konto, bevor ihm dann die dritte Wettfahrt zum Verhängnis wurde. Ein großer Winddreher in<br />
der Startphase versetzte den Routinier ans Ende des Feldes, von wo er sich nicht mehr nach vorn segeln konnte. Am Sonntag<br />
plante Wettfahrtleiter Bodo von Schrader noch bis zu vier weitere Wettfahrten. Jedoch schon nach dem zweiten Zieldurchgang<br />
musste er das große Feld der Hobie 14, Hobie 16 und Hobie Tiger wieder zurück an den Strand schicken. Der Wind ließ einfach<br />
immer mehr nach und ein weiterer Start machte keinen Sinn. Mohr konnte durch einen zweiten und einen vierten Platz seinen<br />
Ausrutscher vom Samstag streichen und gewann die auch mit einem schwedischen und einem Boot aus den Niederlanden<br />
sportlich hochkarätig besetzte Serie. Eine Wiederauferstehung feierte in Kellenhusen die Klasse der Hobie 14. Unglaubliche 22<br />
Boote dieser kleinsten Katamaranklasse hatten gemeldet und waren vor allem mit jungen Nachwuchsseglern besetzt.<br />
SEA CLOUD II<br />
segelszene<br />
Nostalgische Segelromantik erleben Gäste der luxuriösen Dreimastbark<br />
SEA CLOUD II im Spätherbst 2009 auf einer Transatlantikreise.<br />
Von Gran Canaria aus führt die Route quer über den Ozean zum karibischen<br />
Inseljuwel Barbados. Eine Fahrt mit dem luxuriösen Windjammer<br />
über den Atlantik bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit für<br />
alle, die auf hoher See Stress und Hektik des 21. Jahrhunderts hinter<br />
sich lassen wollen – eine ideale Reise für Segelenthusiasten. Am 18.<br />
November sticht die SEA CLOUD II in Las Palmas/Gran Canaria in<br />
See und gleitet 17 Tage lang unter dem Passat über den Atlantik.<br />
Am 4. Dezember macht der Großsegler in Bridgetown auf Barbados<br />
fest. Buchbar ist die 17-tägige Segelkreuzfahrt ab 4.395 Euro (ab/bis<br />
Hafen pro Person in einer Zweibett-Außenkabine; Vollpension und<br />
ausgesuchte Tischweine sind im Preis inbegriffen).<br />
INFO WWW.SEACLOUD.COM oder unter 040 3095920<br />
ROBBE & BERKING CLASSICS KALENDER<br />
Der neue „Robbe & Berking Classics“-Kalender wird ab Ende September<br />
lieferbar sein. Zum Preis von 29 Euro liefert er zwei Bildseiten<br />
pro Monat, alle mit Motiven des diesjährigen Robbe & Berking Sterling<br />
Cups. Zu bestellen ist er unter:info@robbeberking.de.
OLYMPISCHES SEGELN I<br />
Als einzige deutsche Starterin bei der RS:X-Europameisterschaft der<br />
Windsurfer vor Tel Aviv (Israel) hat Amelie Lux mit 137 Punkten nach elf<br />
Wettfahrten Platz 13 belegt. Damit verfehlte die gebürtige Oldenburgerin<br />
vom Segel-Club Bad Zwischenahn ihr selbst gestecktes Ziel, unter die<br />
Top 12 und damit in den Kader des Deutschen Segler-Verbandes (DSV)<br />
zu surfen, nur knapp. Neue Europameisterin wurde die Spanierin Marina<br />
Alabau vor ihrer Landsfrau Blanca Manchon und der Britin Bryony Shaw<br />
Bei den Herren siegte Lokalmatador Shahar Zubari vor Julien Bontemps<br />
und seinem Teamkameraden Samuel Launay.<br />
OLYMPISCHES SEGELN II<br />
Des einen Freud war an diesem Segelwochenende des anderen Leid:<br />
Während Laser-radial-Steuerfrau Franziska Goltz aus Kiel bei der offenen<br />
Europameisterschaft die Kriterien zur Aufnahme in den B-Kader<br />
des Deutschen Segler-Verbandes (DSV) für 2010 erfüllte, segelte die<br />
deutsche 49er-Flotte unglücklich an der Norm vorbei. Franziska Goltz<br />
hat vor Charlottenburg in Dänemark Platz 14 in der geschlossenen europäischen<br />
Wertung belegt. Weil die für den Schweriner Segler-Verein<br />
(SSV) startende Athletin in diesem Jahr bereits im Vorwege gemeinsam<br />
mit ihrer Trainingsgruppe auf die Teilnahme an der Weltmeisterschaft<br />
in Japan verzichtet hatte, reichte ihr das gute Ergebnis bei der Europameisterschaft,<br />
um im kommenden Jahr in den B-Kader aufzusteigen.<br />
Enttäuschung dagegen machte sich am Sonntag bei den Herren im italienischen<br />
Riva del Garda breit. Die so hoffnungsfroh und mit starken<br />
Resultaten in die Weltmeisterschaft gestarteten Flensburger 49er-Segler<br />
Lennart Briesenick-Pudenz und Morten Massmann konnten ihr selbst<br />
gestecktes Minimalziel auf dem Gardasee nicht erreichen. Das Duo fi el<br />
am letzten Tag auf Platz 18 zurück und verpasste dadurch die Erfüllung<br />
der Kriterien zur Aufnahme in den B-Kader des Deutschen Segler-Verbandes<br />
(DSV) für 2010 um zwei Plätze.<br />
O-JOLLE<br />
Neuer und alter Internationaler Meister der O-Jollen-Klasse wurde vor<br />
Glücksburg der Niederländer Stefan de Vries. Der erfahrene ehemalige<br />
Finn-Segler und niederländische Trainer der Starboote und Laser hat im<br />
Finn selbst an zwei Olympischen Spielen in Athen und in Peking teilgenommen.<br />
Zweiter und bester Deutscher wurde Wolfgang Hoefener von<br />
der Segler-Vereinigung Hüde (Dümmer See), Europameister 2006 und<br />
Internationaler Deutscher Meister der Jahre 2004 und 2005. Dritter wurde<br />
Donald Lippert aus Berlin. Nachdem am ersten Wettfahrttag wegen<br />
durchgängig starker Winde nicht gesegelt werden konnte, herrschten<br />
am Dienstag gute Bedingungen, mit Wind bis zu fünf Beaufort aus westlichen<br />
Richtungen, sodass drei Wettfahrten gesegelt werden konnten.<br />
Am dritten Tag musste man bis in den Nachmittag hinein auf den Wind<br />
warten. Aufgrund einer Gewitterwarnung wurde die Bahn näher an<br />
den Hafen heran verlegt. Zu einer besonderen Herausforderung wurde<br />
schließlich der heutige letzte Wettfahrttag, der mit vielen Winddrehern<br />
eine Bahnverlegung nach der ersten Wettfahrt erforderlich machte.<br />
12<br />
29ER-WM<br />
Deutschland war mit 33 Teams überaus gut vertreten, mit Justus Schmidt und Max Boehme vom Kieler Yacht Club schaffte<br />
es sogar eine deutsche Mannschaft in die von Australien, Großbritannien und Argentinien dominierte Goldfl eet. Letztendlich<br />
mussten sich die amtierenden Deutschen Meister im Kampf um den Weltmeistertitel mit Platz 23 zufriedengeben, was jedoch<br />
angesichts der staken Konkurrenz höchst beeindruckend ist. So waren auf den Plätzen zwei und drei die frischgebackenen<br />
49er-Weltmeister Nathan Outteridge und Iain Jensen (Australien) mit ihren jeweiligen Steuerfrauen Lauren Jeffries sowie<br />
Haylee Outteridge vertreten, die sich jedoch den Vorjahresweltmeistern im 29er, Steven Thomas mit Vorschoter Blair Tuke<br />
(ebenfalls Australien) geschlagen geben mussten. Diese gewannen mit einem sensationellen Vorsprung und konnten sich<br />
somit die letzten beiden Wettfahrten sparen. Erfreulicherweise schafften es sieben deutsche Teams in die Silberfl eet, in der<br />
sie sich gut platzieren konnten. So erreichten Philipp und Thilo Kramer vom Starnberger See den vierten Platz in dieser Fleet,<br />
Philipp Müller und Moritz Janich vom Ammersee Platz sieben, Jens Thoma und Simon Woop aus Nürnberg Platz elf (alle<br />
U20). In die Bronzefl eet schafften es acht deutsche Teams, hier beeindruckte der erst 14-jährige Stefan Gieser mit Vorschoter<br />
Felix Meggendorfer auf Platz drei.<br />
TRAVEMÜNDER WOCHE<br />
Am Montag ging der erste Teil der Travemünder Woche stürmisch zu Ende. Nach drei wechselreichen Tagen standen auf den<br />
meisten Bahnen am letzten Wettfahrtstag noch keine endgültigen Sieger fest. „Gegen 13 Uhr spitzte sich die Lage zu“, berichtete<br />
der oberste Wettfahrtleiter Walter Mielke, „da drohte auf der Seebahn noch ein schweres Gewitter.“ Die laufende neunte<br />
Wettfahrt der J/24 wurde genauso abgebrochen wie die Rennen der Dyas und Trias. Kurz vor halb zwei herrschte auf der<br />
Bahn Delta bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft der 505er in den Regenböen nur noch 100 Meter Sicht. Mielke:<br />
„Dort haben wir das sechste Rennen auch mittendrin abgebrochen, weil es einfach zu gefährlich wurde.“ Zu dem Zeitpunkt<br />
war die Ziellinie für die Kieler Boris Herrmann und Julien Kleiner schon wieder zum Greifen nahe. Der Weltumsegler und der<br />
amtierende Europameister hatten zuvor bereits die erste Wettfahrt gewonnen. „Aber hinter uns zog es komplett zu, sodass wir<br />
die Entscheidung der Regattaleitung voll und ganz mittragen“, sagte der 28-jährige Herrmann, der auf der BELUGA RACER mit<br />
Felix Oehme vom Lübecker Yacht-Club das Portimão Global Ocean Race gewonnen hatte. Die IDM-Führung eroberten der<br />
Hamburger Dietrich Scheder-Bieschin und Holger Jess aus Eckernförde trotz eines siebten Tagesrangs zurück, weil sie ihren<br />
Ausrutscher (22.) vom Vortag nun streichen durften. Auf der J/24 PANTHA RHEI, was Altgriechisch ist und so viel wie „alles<br />
fl ießt“ bedeutet, fl oss wenig später Bier und Schampus. Denn die junge Mannschaft von Jan Hössermann (24) mit Bruder Sören<br />
(21), Lars Krivohlavek (22) sowie Johan Wilckens (19) und Ole Harde (21) feierte ihren ersten Triumph bei einer Meisterschaft.<br />
Platz zwei am Schlusstag unterstrich noch einmal die großartige Serie der Hamburger. „Wir haben für diese Saison mehr als<br />
sonst trainiert und ernten jetzt die Früchte“, freute sich der Skipper. Trotz eines Tagessiegs in der fi nalen Wettfahrt mussten sich<br />
die Topfavoriten der ROTOMAN um den Kieler Steuermann Kai Mares mit „Bronze“ knapp hinter Manfred Königs Quintett der<br />
VITESSE aus Hamburg begnügen.<br />
INFO WWW.TRAVEMUENDER-WOCHE.NET<br />
S40 ONE-DESIGN-KLASSE<br />
Bei der S40 handelt es sich um einen modernen One-<br />
Design-Racer aus Argentinien. Das Konzept hinter der<br />
Konstruktion von Javier Soto liegt darin, die Kosten für die<br />
Eigner bei maximalem Segelspaß so gering wie möglich zu<br />
halten. So ist das Boot bereits bei Auslieferung in einem<br />
ausgereiften OD-Zustand. Strenge Klassenregeln vermeiden<br />
zudem, dass eine durch Materialschlacht hervorgerufene<br />
Kostenbarriere den Einstieg in die Klasse behindert.<br />
Das 12,3 Meter lange Schiff verfügt über einen festen 1,4<br />
Meter langen Bowsprit, misst an der breitesten Stelle 3,75 Meter und wiegt im segelfertigen Zustand 4,2 Tonnen. Für aufrichtendes<br />
Moment sorgt eine in 2,6 Meter hängende Bombe an einem modernen T-Kiel. Dem gegenüber befi ndet sich ein typisches<br />
IRC-Rigg aus Karbon mit zwei leicht gefeilten Salingspaaren, nicht überlappenden Vorsegeln und einem Square-Top Mainsail.<br />
INFO WWW.S40OD.COM.AR<br />
Unser Beitrag zum Thema Innovation.<br />
In Summe.<br />
Der neue Panamera kommt.<br />
Summiert sich ganz schön, die Sportwagentechnik in der Premiumklasse.<br />
Beispiel Panamera 4S: 7-Gang Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK)<br />
für Gangwechsel ohne Zugkraftunterbrechung. Optionale adaptive Luft-<br />
federung von komfortabel bis sehr sportlich. Optionale Porsche Ceramic<br />
Composite Brake (PCCB) für Verzögerungswerte wie im Rennsport. Plus<br />
serienmäßige Benzindirekteinspritzung (DFI) und Auto-Start-Stop-Funktion.<br />
Ergebnis: mehr Effizienz, bessere Umweltbilanz.<br />
Porsche empfiehlt<br />
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16<br />
TBS ÖLZEUG – JACKE MIGVES UND HOSE MIGSAL<br />
Text Michael Walther<br />
Michael Walther ist langjähriger Formula-18-Regattasegler und mehrfacher deutscher Meister im Hobie Tiger. Er nahm als jüngster Teilnehmer und<br />
als einziger Deutscher an der wohl härtesten Formula-18-Nonstop-Regatta, dem Archipelago Raid, bisher dreimal teil. Erfahrungen mit größeren<br />
Booten hat Michael 2007 und 2008 auf Törns mit einem Seacart 30 im Dezember von Plymouth nach Kiel, rund um die Ostsee oder bei einem<br />
neuen Rekord im Februar Rund Gotland gesammelt.<br />
T BS bewirbt sein Ölzeug damit, dass Michel<br />
Desjoyeaux, einer der besten Skipper der Welt,<br />
mit dieser Bekleidung rund um den Globus<br />
segelt. Ich würde mich nie mit diesem Ausnahmeskipper<br />
vergleichen und habe es deshalb auf einem normalen<br />
Ostseetörn selbst getestet.<br />
Bei Ankunft und dem ersten Auspacken des Ölzeugs<br />
war ich mir zunächst nicht sicher. Es wirkte zwar gut<br />
verarbeitet, dennoch war ich über den sehr weichen<br />
Stoff verwundert. Atmungsaktives Ölzeug kenne ich<br />
bisher meist als sehr fest und etwas steif. Pünktlich zur<br />
Kieler Woche bot sich jedoch die ideale Testmöglichkeit.<br />
Eines der spannendsten Regatt<strong>abo</strong>ote Norddeutschlands,<br />
die OUTSIDER, sollte von Kiel nach Sandhamn und ich<br />
war mitsamt des TBS-Ölzeugs an Bord. Der Start bei 35<br />
Knoten Wind und strömendem Regen war ebenso eine<br />
Herausforderung wie die brütende Hitze und Flaute vor<br />
den schwedischen Schären. Der Start in Kiel war äußerst<br />
ungemütlich, gerade nachts verkrieche ich mich<br />
gern hinter einen hohen Kragen und freue mich, wenn<br />
die äußeren Wettereinfl üsse mich möglichst wenig stören.<br />
Dieser Kragen wirkt für mich wie ein Kompromiss<br />
zwischen Inshore- und Offshore-Ölzeug. Zwar lässt sich<br />
wie bei Musto per Klettverschluss ein weiterer Schutz<br />
hochklappen, dieser ist jedoch bei Nichtgebrauch<br />
schwierig wieder zu entfernen. TBS scheint davon<br />
ausgegangen zu sein, dass man die Kragenkonstruktion<br />
erst wieder im sicheren Hafen bei aufgehängtem<br />
Ölzeug verstaut. Dass man dies jedoch mal einhändig<br />
in tiefster Nacht schnell nebenbei hinter sich bringen<br />
möchte, scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Da<br />
kann man nicht lange einen kleinen Klettverschluss suchen,<br />
an dem man den Kragen wieder befestigen kann.<br />
Dieser muss mit einem Griff zu erreichen sein!<br />
technik test<br />
Anders verhält es sich mit der bereits angesprochenen<br />
Festigkeit des Stoffes. Der zwiespältige Eindruck<br />
beim Auspacken bestätigt sich absolut nicht.<br />
Im Gegenteil – der Tragekomfort übertrifft das Ölzeug<br />
anderer Hersteller gerade wegen des weichen<br />
und flexiblen Stoffs. Bereits nach einer Stunde habe<br />
ich angefangen, den anderen Crewmitgliedern von<br />
dem Ölzeug und dem Tragekomfort vorzuschwärmen.<br />
Dass ein weicher und flexibler Stoff auch ansonsten<br />
nicht schlechter sein muss, zeigte sich bereits<br />
in der ersten Nacht. Die OUTSIDER segelt sich<br />
bei 35 Knoten Wind auf der Kreuz alles andere als<br />
trocken. Dennoch blieb der darunter liegende Midlayer<br />
trocken und lediglich am Kragen sickerten ein<br />
paar Tropfen durch. Und auch die brütende Hitze<br />
40 Seemeilen vor Sandhamn ließ sich in der Ölzeug-<br />
Hose Migsal gut aushalten, ohne dass der Midlayer<br />
hinterher schweißnass gewesen wäre.<br />
Die weiteren Features des Ölzeugs sind nahezu identisch<br />
mit anderen Herstellern. Taschen auf Brusthöhe,<br />
in denen man die Hände nachts wärmen kann, weitere<br />
Taschen für Kleinteile, wie sie einem an Bord<br />
immer in die Hände fallen, sowie eine weitere Tasche<br />
auf dem Oberschenkel, zum Beispiel für eine Taschenlampe,<br />
die auf einem Vollkarbonschiff unabdingbar ist.<br />
Die Reißverschlüsse der Jacke und der Ölzeughose<br />
sind in beide Richtungen zu öffnen, was gerade für<br />
männliche Segler von Vorteil ist.<br />
Abschließend kann ich TBS zu dem hervorragenden<br />
Ölzeug nur gratulieren. Es wirkt durchdacht und zeigt<br />
auch, dass der erste Eindruck manchmal sehr täuschen<br />
kann. So lässt es sich angenehmer tragen als entsprechende<br />
Produkte anderer Hersteller, was insbesondere<br />
dem zunächst einfach wirkenden Stoff zu verdanken ist.
18<br />
RICHTIGER KURS – RICHTIGES LUVEN<br />
Text Willi Gohl<br />
I mmer wieder gibt es bei Regatten Diskussionen um die Frage des richtigen<br />
Kurses! Welches Boot muss seinen richtigen Kurs segeln, wann muss es dies tun,<br />
wann darf es luven? An zwei Situationen wollen wir in dieser und in der nächsten<br />
Ausgabe die Frage untersuchen und uns die betreffenden Defi nitionen und Regeln<br />
genauer ansehen. Bild 1 zeigt auszugsweise folgende Situation: Das Backbordende (Pin-<br />
End) einer Startlinie ist so stark bevorteilt, dass bei einem Winddreher nach links die<br />
Boote kaum eine Chance haben, die Linie mit Wind von Steuerbord zu queren. (Die<br />
Leistung des Wettfahrtleiters bei einer solchen Linie wollen wir hier nicht untersuchen.)<br />
Mit dem Startsignal haben alle Boote bis auf BLAU und GELB gewendet und sind mit<br />
Wind von Backbord auf die Kreuz gegangen. Um das Bild übersichtlich zu halten, haben<br />
wir auf die Darstellung der übrigen Boote verzichtet. Nach dem Startsignal segelt<br />
BLAU klar voraus von GELB, kann aber nicht luven und wenden, ohne die Regel 16.1<br />
(„Raum zum Freihalten geben“) zu verletzen. GELB luvt seinerseits nicht über die Startlinie,<br />
sondern segelt auf die Startlinienboje zu, um BLAU nicht über die Linie zu lassen.<br />
BLAU verlangt durch Zuruf „Segeln Sie Ihren richtigen Kurs!“ GELB ignoriert diese Aufforderung<br />
und BLAU muss an der Boje abfallen, während GELB kurz vor der Boje startet.<br />
BLAU – überzeugt, dass GELB absichtlich keinen richtigen Kurs segelte – protestiert<br />
in dem Moment, da es abfallen muss. Um diesen Protest richtig entscheiden zu können,<br />
müssen wir uns nun zunächst mit dem „richtigen Kurs“ auseinandersetzen. Übrigens:<br />
Vor seinem Startsignal hat kein Boot einen „richtigen Kurs“.<br />
Nach der Defi nition ist der „richtige Kurs“ der Kurs, den ein Boot nach seinem Startsignal<br />
in Abwesenheit des anderen Bootes (hier des blauen) segeln würde, um so schnell wie<br />
möglich ins Ziel zu gelangen. In den Regeln erscheint dieser Begriff an drei Stellen: in der<br />
Defi nition „Bahnmarken-Raum“, in Regel 17, und in Regel 18.4! Aber keine dieser Regeln<br />
POWERED BY:<br />
•Willi Gohl ist langjähriger Wettfahrtleiter und Schiedsrichter im internationalen Einsatz. Inzwischen wurde er von der ISAF, dem Weltverband der Segler,<br />
zum „International Judge“ berufen und gehört damit zu einer Gruppe von weltweit nur ca. 300 Seglern, die die Berechtigung haben, als Schiedsrichter bei<br />
den wichtigsten Großereignissen des Segelsportes, wie Weltmeisterschaften und olympischen Spielen, über die Einhaltung der Regattaregeln zu wachen.<br />
verlangt, dass ein Boot seinen richtigen Kurs segeln muss.<br />
Regel 17 verlangt, dass bestimmte Leeboote nicht höher<br />
als ihren richtigen Kurs segeln dürfen, während nach<br />
Regel 18.4 innen überlappende Wegerechtsboote nicht<br />
weiter an der Leebahnmarke vorbei segeln, als dies für<br />
ihren richtigen Kurs notwendig ist. Die Defi nition „Bahnmarken-Raum“<br />
gewährt das Recht, den richtigen Kurs<br />
segeln zu dürfen. Keine der genannten Regeln verlangt<br />
also, den richtigen Kurs segeln zu müssen. Sie untersagen<br />
nur, höher oder weiter als den richtigen Kurs zu segeln.<br />
Welche Regeln gelten nun für BLAU und GELB in der<br />
gezeigten Situation? Beide Boote haben den Wind<br />
von der gleichen Seite und BLAU ist immer klar voraus.<br />
Dadurch hat es Wegerecht nach Regel 12 und<br />
GELB muss sich von ihm freihalten, was dieses auch<br />
tut. Entschließt sich BLAU zu luven, darf es das nur<br />
so tun, dass GELB weiterhin die Möglichkeit hat, sich<br />
freizuhalten. In dem Moment, da BLAU mit dem Bug<br />
durch den Wind gehen würde, unterläge es der Regel<br />
13 und müsste sich von allen anderen Booten solange<br />
freihalten, bis es auf einen neuen Amwindkurs abgefallen<br />
wäre. Keines der Boote unterliegt der Regel 17,<br />
da keine Überlappung hergestellt wurde. Zwar segelt<br />
GELB möglicherweise voller als seinen richtigen Kurs,<br />
aber auf einem Schlag nach Luv darf es das. Auch auf<br />
die Regeln 18, 19 oder 20 kann sich BLAU bei einem<br />
Protest nicht berufen, denn die Boje am Ende der<br />
Startlinie ist von schiffbarem Wasser umgeben und die<br />
Boote nähern sich ihr, um zu starten. Deshalb gelten<br />
diese drei Regeln nicht. Keine Regel zwingt GELB also<br />
seinen richtigen Kurs zu segeln und es kann so lange<br />
weitersegeln, wie es will, und somit die Tür für BLAU<br />
am Ende der Startlinie schließen. Das Schiedsgericht<br />
wird also den Protest mit dem Hinweis abweisen, dass<br />
keine Regel verletzt wurde.<br />
In der nächsten Ausgabe werden wir uns mit dem richtigen<br />
Kurs und richtigem Luven auf dem Raumschotskurs<br />
beschäftigen.<br />
technik regeln
20<br />
AUF EINEN TÖRN MIT BORIS HERRMANN<br />
Text Jan-Eike Andresen © Fotos Beluga Racer & Boris Herrmann<br />
Jan-Eike Andresen, geboren 1981, segelt für den NRV und gehört zu den besten deutschen Matchrace-Seglern. Zu seinem Lorbeerkranz gehören u.a. der neunte Platz bei der<br />
Mumm30-WM (2003) auf Elba auf der Schweizer BIENNE VOILE, ein X-99-WM-Titel (2004) in Bregenz (Bodensee) mit Christian Soyka, ein Deutscher Vizemeistertitel beim<br />
Matchrace Berlin (2004), eine Teammitgliedschaft bei der deutschen America’s-Cup-Kampagne FRESH 17/UITG (2004-2005). Aktuell steht er in der deutschen Rangliste im<br />
Matchrace an Platz Nummer 1, und er ist bester Deutscher (Platz 33) in der internationalen Weltrangliste im Matchrace. Wenn er mal nicht auf irgendwelchen Booten segelt,<br />
schreibt er an seiner Promotion am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg über – und jetzt kommt’s – Haftungsfragen bei Öltankerunglücken.<br />
In unregelmäßigen Abständen segelt JEA für das <strong>Sailing</strong> <strong>Journal</strong> auf Schiffen, Rennyachten und allem, was segelt, außer U-Booten. Den Anfang machte er in<br />
der Ausgabe 5/2008, als er auf einem Extreme 40 die Kieler Förde unsicher machte. Dieses Mal war er auf der BELUGA RACER und lernte Boris Herrmann näher kennen.<br />
A ls wir in Strande (Kiel) mit der BELUGA RACER anlegen, steht ein strammer<br />
Ostwind an diesem grauen Julimittag auf die Bordwand. Weil die Yacht den<br />
typischen schlanken T-Kiel hat, ist ein langsames Fahren, ohne die Kontrolle<br />
über das Schiff zu verlieren, nicht möglich. Aufstoppen und rückwärts die Situation entschärfen<br />
ohnehin nicht. Ziemlich ungünstige Bedingungen, um in einen kleinen Hafen<br />
einzulaufen. Vor allem wenn man noch nicht weiß, wo überhaupt ein freier Liegeplatz<br />
zu fi nden sein wird. Doch Boris Herrmann fi cht das nicht an. Über 44.000 Seemeilen<br />
hat er im letzten Jahr mit seiner Class 40 gesegelt. Das Hafenmanöver kann ihn da nicht<br />
mehr aus der Ruhe bringen. Mit einem „Mal sehen …“ auf den Lippen kommt er um die<br />
Mole gefahren, nebenbei klariert er Fender und Festmacher im Cockpit. Das Schiff fährt<br />
von allein, der Weg zum Gashebel für ein Notstoppmanöver erscheint mir vom Vorschiff<br />
aus vernichtend lang. Dann ist die schmale Boxengasse zu Ende. Was nun? Herrmann<br />
gibt noch einmal Gas, das Ruder hart Steuerbord und schon dreht das Schiff. Doch es<br />
ist eines von diesen Manövern, die keine Fehler verzeihen. Diese typischen Hafenmanöver,<br />
bei denen allen Umstehenden schon lange vor dem Einschlag klar ist, das kann ja<br />
nur schief gehen. Denn dreht das Schiff erst unter Vollgas, ist es nicht mehr einzufangen.<br />
Ich sehe mindestens unseren Bugsprit beim Nachbarn die Reling abrasieren, vom<br />
hämischen Gelächter der Hafengemeinde ganz zu schweigen. Doch siehe da, es passt.<br />
Mal sehen! Knapp und ohne Reserven. Wenn sich ein roter Faden durch die Kam pagne<br />
der BELUGA RACER zieht, dann dieser: Immer im letzten Moment, aber immer erfolgreich.<br />
Das, was nach schlechter Planung und einer Aneinanderreihung glücklicher Zufälle<br />
aussieht, ist jedoch mehr das Ergebnis widriger Umstände als mangelhafter Ausführung.<br />
Schon lange träumt Herrmann davon, das Meer zu bezwingen. Er will nicht<br />
nur auf heimischen Regattakursen, wie mit seinem Deutschen Meistertitel im 505er, eine<br />
gute Figur machen, sondern neue Wege gehen. Doch der bürgerliche Lebensentwurf<br />
des BWL-Studenten hält ihn noch in seinen Fängen. Abitur, Studium – Junge, mach was<br />
aus dir! Der Entwurf gerät allerdings arg ins Wanken, als Herrmann im Rahmen eines<br />
Trainingslagers mit dem begeisterten 505er-Segler und SAP-Gründer Hasso Plattner auf<br />
den Bermudas dessen amerikanischen Vorschoter kennenlernt. Der war das, was man<br />
als Segelprofi bezeichnen könnte. Aber keinesfalls einer von jenen Kleingeistern, die<br />
aus Verträumtheit und mangelhaften Alternativen als bessere Hausmeister irgendwelche<br />
Dickschiffe in Schuss halten und nebenbei ein paar Regatten segeln dürfen. Der<br />
Typ war vielmehr ziemlich smart, hatte studiert und früher an Land einen gut bezahl-<br />
ten Job. Doch weil er zufälligerweise auch im Segeln<br />
über unerreichtes Fachwissen verfügte, konnte er auch<br />
damit seine Brötchen verdienen. Herrmann erkannte:<br />
Nur weil man viel segelt, muss man nicht zwangsweise<br />
sein Lebensabend als Charterskipper verbringen. Und<br />
der Amerikaner gab dem frischgebackenen Diplom-<br />
Ökonom Herrmann noch einen Tipp mit auf den Weg:<br />
Mach, was du willst, anstatt das, was andere gerne<br />
wollten, dass du tätest.<br />
Mit dieser geistigen Neuausrichtung fl og Boris Herrmann<br />
zurück nach Deutschland. Doch es sollten noch viele<br />
Monate vergehen, ehe er mit seiner BELUGA RACER<br />
zum Segelstar werden würde. Zuerst war da die Frage<br />
mit dem Geld. Es war ihm gleich klar, dass er ohne<br />
Schiff, nur mit einer Sponsorenmappe bewaffnet, allein<br />
bei einem erfolgreichen und entscheidungsfreudigen<br />
Mittelständler ohne lange und verängstigte Entscheidungswege<br />
was werden würde. Als Gegenleistung bot<br />
Herrmann Incentive-Segeln an. Daran, dass ein mit<br />
Sponsorennamen beklebtes Schiff eines Tages zur Berühmtheit<br />
gelangen sollte, glaubte nicht einmal mehr<br />
Herrmann selbst. Doch der Start des Artemis Transat,<br />
der ersten anvisierten Atlantikregatta, rückte unaufhaltsam<br />
näher, ohne dass ein auskömmlicher Geldgeber<br />
in Sicht kam. Als Herrmann Zweifel aufkamen, nahm<br />
ihn eine gute Freundin an die Hand und fuhr mit ihm<br />
per Wohnmobil nach Frankreich, dem Mutterland der<br />
Class-40-Szene, um wenigstens ein Schiff zu kaufen.<br />
„Boris, du musst das machen!“, sagte sie. Das Geld für<br />
den Schiffskauf borgte sich Herrmann vorerst bei Verwandten<br />
und Bekannten. Doch in Frankreich mussten<br />
die beiden zunächst feststellen, dass niemand wirklich<br />
gewillt war, sein Schiff abzugeben. Erst über einen<br />
Tipp des Hafenmeisters vor Ort erfuhren sie von einem Schiff, das stets unbenutzt an<br />
einer Boje vor sich hin dümpelte. Während Herrmann versuchte, den Eigner ausfi ndig<br />
zu machen und die Konditionen für einen Verkauf auszuloten, prüfte seine Weggefährtin<br />
das Schiff auf Herz und Nieren. Sogar ein Gutachter wurde einbestellt. Die Sponsorensuche<br />
hingegen kam nicht wirklich zu Erfolgen. Zwar gab es immer wieder Leute,<br />
die dem eloquenten und stets mit einem Lächeln bewaffneten Herrmann das Beste für<br />
die Zukunft wünschten. Doch insgeheim dachte wohl keines der angesprochenen Unternehmen<br />
daran, die Welt per Segel zu erobern.<br />
Der Start des Transat rückte unaufhaltsam näher. Seine letzte Chance sah Herrmann<br />
dann in Niels Stolberg. Der erfolgreiche Unternehmer war das, was man heute gemeinhin<br />
als Selfmademan bezeichnet. Stolberg hatte Mitte der Neunziger mit nichts<br />
angefangen und es keine Dekade später mit der Beluga-Reederei aus dem Nichts zum<br />
Weltmarktführer im Schwerguttransport zur See gebracht. Als Sponsor und Aufsichtsratsmitglied<br />
von Werder Bremen war Stolberg weit über seine Heimat Bremen bekannt.<br />
Durchaus visionäre Schaffenskraft zeigte Stolberg mit seinem Engagement für die Firma<br />
Skysails, die sich der Herstellung und Entwicklung für Segelanlagen für die Frachtschifffahrt<br />
engagierte. Eine Privatadresse von Stolberg für die Zustellung der mittlerweile<br />
ausgefeilten Sponsoringmappe fand Herrmann über das Telefonbuch, hoffend, dass dies<br />
auch die richtige sei. Während Herrmann noch in Frankreich erfolglos nach Schiffen fahndete,<br />
meldete sich wider Erwarten Beluga. „Herr Herrmann, wir machen das!“, hieß es<br />
knapp aus Bremen, anscheinend ohne dass es nähere Vorgespräche gegeben hätte. Doch<br />
der Eindruck täuschte. Wie es der Zufall wollte, hatte Stolberg einen Nachbarn, der auch<br />
Herrmann ganz gut kannte und der ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte. Das folgende<br />
Gespräch zwischen Stolberg und Herrmann in Bremen war dann gleichsam kurz und bündig.<br />
Stolberg wollte kein mediales Brimborium mit dem Projekt veranstalten. Ihm ging es<br />
um die Sache und er wollte herausfi nden, ob Herrmann wirklich dem Idealtypus des kompromisslosen<br />
und vom Erfolg gefesselten Sportlers entsprach, für den er sich ausgab. In<br />
hanseatischer Manier wurde der Deal per Handschlag besiegelt: Herrmann sollte zeigen,<br />
was er kann, und Stolberg schaffte die Voraussetzungen dafür.<br />
Doch die Freude über die Zusage Stolbergs mündete bald in unermesslichen Druck. Denn<br />
Stolberg hatte ihn mit einem unvergleichbaren Vertrauensvorschuss ausgestattet, dessen<br />
Rückzahlung alsbald unmöglich schien. Denn was nützt alle Unterstützung ohne ein Schiff?<br />
technik onboard
Das besichtigte Schiff jedenfalls wurde in der Nacht vor dem geplanten Kauf von einer<br />
Fähre überlaufen. Als sich am nächsten Morgen das Ausmaß der Schäden offenbarte,<br />
machte sich Niedergeschlagenheit breit. Mittlerweile waren es nur noch wenige Tage<br />
zum Start der Qualifi kation für das Transat, die Herrmann unbedingt als Startzulassung<br />
segeln musste. Doch als das gesamte Projekt schon so gut wie gescheitert aussah,<br />
machte der Tipp eines französischen Yachtmaklers neue Hoffnung. Ein Belgier, der sein<br />
Schiff ebenfalls am Atlantik liegen hatte, wäre vielleicht zum Verkauf bereit. Das sah<br />
der Belgier freilich ganz anders. Wieder folgte ein Geschacher wie auf einem türkischen<br />
Basar. Der Belgier wusste von dem Druck Herrmanns und dem nur noch kleinen Zeitfenster,<br />
das geblieben war. Herrmann stand mit dem Rücken zur Wand und sein Verhandlungspartner<br />
schien erkennbaren Gefallen daran zu fi nden. Schließlich erklärte der<br />
Belgier kurz vor dem Start der Qualifi kationsregatta die Verhandlungen für gescheitert.<br />
Das schien das Aus zu sein. Doch Herrmann gab nicht auf, rief nachts um eins wieder in<br />
Belgien an – und fand schließlich Gehör. Der Belgier war zum Verkauf bereit. Aber nur,<br />
wenn im Laufe des nächsten Tages der gesamte Kaufpreis bei ihm einging. Zwar hatte<br />
Herrmann sich etwas Geld geliehen und er hatte die Zusage von Stolberg. Doch darüber<br />
hinaus hatte er nichts, schon gar keinen größeren Bargeldbetrag, der ungenutzt auf<br />
irgendeinem Girokonto herumlag. In einer Nacht- und Nebelaktion half ihm die Sparkasse<br />
Kiel aus der Patsche und machte das Unmögliche möglich. Der Belgier bekam sein<br />
Geld und Herrmann konnte am gleichen Tag an den Start gehen. An eine vernünftige<br />
Proviantierung der gerade erworbenen Open 40 der Werft Akilaria war schon gar nicht<br />
mehr zu denken. Doch Herrmann schaffte den mehrtägigen Qualifi kationstrip durch<br />
den Atlantik und konnte endlich zum Transat antreten. Es war knapp, aber es passte.<br />
Das Transat ist bis heute eine der bedeutendsten Hochseeregatten überhaupt, bei der<br />
der Atlantik einhand überquert wird. Einen fünften Platz hatte Herrmann seinem Förderer<br />
Stolberg vor der Abreise „bestenfalls“ zugesagt. Er kam als Zweiter nach Hause.<br />
Beeindruckt von den Fähigkeiten des frischgebackenen Uniabsolventen sagte Beluga<br />
die Unterstützung für ein weiteres Projekt zu: das Portimão Global Ocean Race, bei<br />
dem die Welt in fünf Etappen, den berüchtigten Southern Ocean mit seinen Roaring<br />
Forties eingeschlossen, umrundet wird. Auf einer 40-Fuß-Yacht. Zu zweit. Das erschien<br />
einer Reihe von Fachleuten indes zu extrem. Im Vorfeld der Regatta brachen auf internationaler<br />
Ebene wilde Diskussionen aus, ob es nicht unverantwortlich wäre, Zwei-<br />
Mann-Mannschaften auf 40 Füßen um zwei Kaps in das Reich der nicht endenden<br />
22<br />
onboard technik<br />
Stürme zu entsenden. Die Rennorganisation dachte über die Absage des Rennens<br />
nach. Außerdem waren gerade einmal vier Mannschaften bereit, zu dem Höllentrip<br />
anzutreten. Als Boris Herrmann mit seinem Mitsegler Felix Oehme zum Überführungstörn<br />
zum Start nach Portimão/Portugal aufbrach, wussten sie nicht, ob das Rennen<br />
überhaupt stattfinden würde. Doch das berührte weder sie noch Beluga. Man hatte<br />
sich zu etwas entschlossen und das galt es durchzuziehen. Komme, was da wolle. Am<br />
Ende siegte die Neugierde über die Angst vor dem Scheitern. Das Rennen wurde angeschossen.<br />
Wieder war es knapp, doch es passte.<br />
Das Portimão Global Ocean Race haben Boris Herrmann und Felix Oehme dominiert.<br />
Drei der fünf Etappen konnten sie für sich entscheiden. Doch wie es der Lauf der Kampagne<br />
wollte, es musste noch einmal knapp werden: Der Bruch der ersten Saling hätte<br />
bei der letzten Etappe fast zum Mastbruch geführt, wenn die Jungs nicht geistesgegenwärtig<br />
die Segelfl äche mitten auf dem Atlantik auf ein Minimum reduziert hätten. Mit<br />
der Segelfl äche eines Teppichs dümpelten sie schwer angeschlagen dem Ziel Portugal<br />
entgegen. Doch wieder passte alles. Knapp, aber erfolgreich. Boris Herrmann ist der<br />
„neue deutsche Supersegler“ (Focus), er ist der Herminator zur See. Das bekomme ich<br />
auf unserem Überführungstörn durch den Nordostseekanal zu spüren. Die uns entgegenkommenden<br />
Schiffe tuten, was das Zeug hält. In Rendsburg bleiben die Spaziergänger<br />
am Ufer stehen, pfeifen zu uns herüber und klatschen. Die Zeitschrift Bunte ist am<br />
Bordtelefon und möchte aus Herrmann eine Lovestory basteln. Aber von Nervosität ist<br />
bei Herrmann keine Spur. Ihm ist der ganze Rummel keineswegs unangenehm. Doch es<br />
geht ihm nicht darum, sich zu profi lieren. Vielmehr scheint es, als wollte er dem Segeln,<br />
dem er so viel zu verdanken hat, etwas zurückgeben. Getreu dem Motto „geteilte Freude<br />
ist doppelte Freude“ steht er geduldig überall Rede und Antwort, lädt jeden auf sein<br />
Schiff ein, lässt die Leute unter Deck alles inspizieren.<br />
Doch ist all dies erst der Anfang. Herrmann will zur Vendée Globe. Das berühmte<br />
Einhandrennen um den Globus hat bis jetzt kein Deutscher gesegelt. 60 Leuten weltweit<br />
ist es überhaupt nur gelungen, die Welt einhand und nonstop zu umrunden.<br />
Den Mount Everest hingegen haben über 4.000 Leute bestiegen. Die Querelen seines<br />
Open-40-Projekts haben gezeigt: Wenn es jemanden gibt im Land der Denker und<br />
Dichter, der die Nummer 61 werden kann, dann ist es Boris Herrmann. Knapp und<br />
ohne Reserve. Aber immer erfolgreich.
24<br />
HEIMAT DES<br />
fe rnwehs<br />
Mit ihrer Abenteuerlust sprengten sie die Grenzen ihrer Zeit: Ohne Marco Polo,<br />
Kolumbus und Magellan wäre unsere Erde noch immer eine Scheibe. Die Wiegen<br />
ihres Fernwehs standen in Venedig, Genua und Liss<strong>abo</strong>n. Noch heute atmet der<br />
Besucher dort die Sehnsucht der Seefahrer nach der Endlosigkeit der Welt.<br />
Text & © Fotos Enrico Montanar & Winfried Schumacher<br />
travel venedig genua liss<strong>abo</strong>n<br />
© Foto Enrico Montanar/Liss<strong>abo</strong>n
Der Himmel ist von einem matten Grau, als<br />
der Reisende sich in den Gassen Venedigs<br />
verirrt, zum ersten Mal über seine Brücken<br />
geht und das Salz seiner Kanäle atmet. Wie die Venen<br />
einer alternden Signora durchzieht das dunkle Wasser<br />
die Stadt, wie schwarze Adern einer bleichen, trostlosen<br />
Greisin. Wie schön könnten ihre reichen Fassaden<br />
sein! Wie prächtig ihre Kapitelle, Säulen und Balustraden!<br />
Doch der Glanz Venedigs wird im grellen<br />
Blitzlicht der Touristen aus Fernost entstellt.<br />
Einst war es Venedig, das auszog, um den fernen Osten<br />
zu entdecken und auszukundschaften. Hier wurde<br />
um 1250 der Kaufmann und Abenteurer Marco Polo<br />
geboren, der über die Seidenstraße bis China vordrang.<br />
Seine Reisebeschreibungen, Il Milione, inspirierten<br />
Generationen von Entdeckern. Der Stoff ihrer<br />
Träume war aus syrischem Damast und Brokat, den<br />
Gewürzen Indiens und des Orients, aus dem geheimnisvollen<br />
Duft Arabiens und den Edelhölzern Afrikas.<br />
Über verwunschene Brücken und durch enge Gassen<br />
schlendert der heutige Besucher, überquert den<br />
Campo Sant’Angelo auf der Suche nach dem rekonstruierten<br />
Teatro La Fenice, bewundert das verästelte<br />
Zierwerk über den Fensterkolonnaden der Universität<br />
Ca’Foscari, die feinen Bögen des Palazzo Fortuny. Er<br />
taucht ein in die ruhmreiche Vergangenheit einer Stadt,<br />
26<br />
© Foto Winfried Schumacher/Liss<strong>abo</strong>n<br />
die heute nur noch Kulisse zu sein scheint. „Einmal im<br />
Leben von der Rialtobrücke auf die Gondeln des Canal<br />
Grande blicken!“, sagen Chinesen, Japaner, Inder, Araber,<br />
Brasilianer, Amerikaner, Russen und Franzosen in<br />
seltener und sehnsüchtiger Einstimmigkeit. Il Ponte<br />
di Rialto ist unser universaler Inbegriff einer Brücke.<br />
Marco Polo hat die schöne Brücke nie überquert. In<br />
seinem Venedig gab es nur eine hölzerne Klappbrücke,<br />
die sich für die großen Handels- und Kriegsschiffe<br />
öffnen ließ. Venedig, die Seemacht der tausend<br />
Schlachten, rüstete ihre Kriegsfl otte im Arsenal, ihrer<br />
berühmten Schiffswerft, um sie in den Kampf gegen<br />
die Türken in die Ägäis zu schicken oder die Meeresrouten<br />
nach Nordeuropa zu erobern. Noch heute<br />
glaubt man hier die Echos der Siegesrufe widerhallen<br />
zu hören, triumphierende Kanonenschläge, das Rufen<br />
der Seemänner auf den Galeeren. Doch das Venedig<br />
der Gegenwart fährt nur noch auf seinen Gondeln<br />
durch die Kanäle und unter den Brücken.<br />
Venedig la Serenissima, Wiege der Weltentdecker,<br />
Drehkreuz von Handelsstraßen und Seewegen, Brücke<br />
zwischen Land und Meer, zwischen Kontinenten<br />
und Kulturen. Einst lebten hier Menschen von allen<br />
Enden der Erde, einst verstanden ihre Bewohner fremde<br />
Sprachen und Dialekte, die heute längst vergessen<br />
sind. Venedig sammelte auf seinen Plätzen Juden und<br />
Araber, Perser und Byzantiner, Flamen und Kastilier.<br />
© Foto Enrico Montanar/Altstadt Genua<br />
GENUA, DIE STADT DER FARBEN, TAUCHTE IHRE PALÄSTE IN ROT, GRÜN UND<br />
GELB, SODASS DIE SEGLER UND FISCHER DRAUSSEN AUF DEM MEER VON<br />
WEITEM IHRE HÄUSER SEHEN KONNTEN UND IHRE FRAUEN IN DEN FENSTERN.
© Foto Winfried Schumacher/Liss<strong>abo</strong>n<br />
© Foto Winfried Schumacher/Venezia<br />
Heute aber dominiert auf der Piazza San Marco Englisch<br />
und Chinesisch, Japanisch und Deutsch. Es bleibt<br />
das Geräusch der Schritte auf dem Straßenpfl aster,<br />
der Flügelschlag der Tauben, das Weinen der Kinder<br />
an den Händen von Müttern mit übergroßen Sonnenbrillen,<br />
übertönt von den Sirenen der Vaporetti, jener<br />
Dampfboote, die die Touristen durch den Canal Grande<br />
und zum Lido bringen. Venedig allein hätte einen<br />
Weltentdecker hervorbringen können, der auf einem<br />
Maultierrücken, auf Kamelen und edlen Segelschiffen<br />
gleichermaßen in die entferntesten Regionen der<br />
Erde vorstößt. Fern der Heimat gewinnt Marco Polo<br />
die Gunst des Kublai Khan, mongolischer Herrscher,<br />
Kaiser von China und Begründer der mächtigen Yuan-<br />
Dynastie. Der Venezianer wird sein Präfekt.<br />
Venedig, die Weltoffene, ist eine Stadt voll Verlangen,<br />
die Erde zu ergründen, die Weisheit der Völker<br />
zu sammeln, ihre Sternenkunde und Wissenschaft zu<br />
rauben – mehr noch als ihre Reichtümer. Sie will Menschen<br />
und Sprachen aller Erdteile für sich gewinnen<br />
– mehr noch als ihr Geld. Mit den Beinen ihrer Kaufleute<br />
und Eroberer erschließt sie sich die Welt. Nun<br />
wartet sie darauf, ihre wertvollsten Schätze zu zeigen.<br />
Und heute ist es der Tourist, bewaffnet mit der Fotokamera,<br />
der die Lagunenstadt ihrer Schönheit beraubt,<br />
um Bilder dieser verschwundenen Welt einzufangen<br />
und sie mit sich zu nehmen, von den zerbrechlichen<br />
Glaskunstwerken Muranos und prächtigen Gobelins,<br />
vom Karneval und von versteckten Kirchen. Orientalische<br />
Musik schwappt in die barocken Arien Vivaldis<br />
und fl ießt durch die Cafés der Piazza San Marco. Im<br />
Schatten des Markusdoms mit Blick auf den Horizont<br />
träumt der Venezianer immer noch davon, die Welt da<br />
draußen mit der seinen zu vereinen.<br />
Ausgerechnet Genua, der große Gegenspieler Venedigs,<br />
entführt Marco Polo nach einer gewaltigen Seeschlacht<br />
und legt den größten Sohn der Lagunenstadt<br />
in Ketten. Der Erzrivale triumphiert und Venedig seufzt.<br />
Und es ist Genua, das mit einem neuen Zeitalter Venedig<br />
seine teuersten Schätze raubt: Gewürze und<br />
Gold, bald auch die Vorherrschaft über die Meere<br />
und Siege über die Osmanen, den Handel mit fernen<br />
Ländern und – für mehr als zwei Jahrhunderte<br />
– die Vorhut als Zentrum der Weltentdecker. Die<br />
Seerepublik am Ligurischen Meer steigt im 15. Jahrhundert<br />
zum Mittelpunkt des Mittelmeerhandels auf.<br />
© Foto Winfried Schumacher/Venezia<br />
travel venedig genua liss<strong>abo</strong>n
30<br />
© Foto Enrico Montanar<br />
Mit Genugtuung überfl ügeln die Dogen von Genua die<br />
Machthaber der Venezianer. Um 1450, zwei Jahrhunderte<br />
nach Marco Polo, wird in Genua Kolumbus geboren,<br />
für viele der größte Entdecker aller Zeiten. Dem<br />
einen öffnete Venedig die Türen nach Osten, dem anderen<br />
impfte Genua die Sehnsucht nach den Weiten<br />
des Westens ein. Der Traum des Kolumbus, über den<br />
Westen einen Seeweg nach Indien zu fi nden, war das<br />
kühnste Unterfangen, das je ein Mensch erdachte.<br />
Genua la Superba, eine Stadt, deren ruhmreichste<br />
Zeiten noch in der Zukunft lagen, verstand es nicht,<br />
Kolumbus in ihren Armen zu halten. Ihr größter Sohn<br />
reiste schon als Zwanzigjähriger entlang ferner Küsten<br />
und bald auch nach Großbritannien und Island. Noch<br />
vor seinem 30. Lebensjahr zog er nach Liss<strong>abo</strong>n. Ihre<br />
Entdeckerlust und der Drang, Handelsrouten bis zu<br />
den entferntesten Ländern zu erforschen, gehörten immer<br />
schon zu den Eigenschaften der Genuesen, dieses<br />
stolzen Volks von Seefahrern und Admirälen. Genua<br />
war immer schon Hafen, Stadt und Tor zur Welt in<br />
einem. Nur in Genua, wo die Kartografi e zur Wissenschaft<br />
erhoben wurde, wo jedes Kind ein Seemann<br />
werden wollte und die Namen fremder Meere kannte,<br />
konnte die Wiege eines Kolumbus stehen.<br />
Genua, die Stadt der Farben, tauchte ihre Paläste in Rot,<br />
Grün und Gelb, sodass die Segler und Fischer draußen<br />
auf dem Meer von Weitem ihre Häuser sehen konnten<br />
und ihre Frauen in den Fenstern. Im alten Hafen setzte<br />
der Star-Architekt Renzo Piano mit der Glaskugel Sfera<br />
dem Genueser Weltenbürgertum und Erfi ndungsgeist<br />
ein Denkmal. Genuas Wahrzeichen aber, La Lanterna,<br />
war zu Kolumbus‘ Zeiten noch kein hochgereckter<br />
Leuchtturm wie heute und das Signal, das seine Schiffe<br />
in den Hafen lotste, nur eine einfache Öllaterne. Auch<br />
das Stadtpanorama mit den prunkvollen Palazzi dei Rolli,<br />
den Renaissance- und Barockkirchen würde der Seefahrer<br />
heute wohl kaum wiedererkennen. Die Gassen der<br />
Altstadt aber sind seit jeher ein Labyrinth geblieben, in<br />
dem sich der Fremde schnell verirrt. Und die erhabenen<br />
Fassaden der Patrizierhäuser beeindrucken den Reisenden<br />
der Gegenwart wie den zu Kolumbus‘ Zeiten.<br />
Wenn Venedig heute überlaufen ist von Touristen aus<br />
aller Welt, Station jeder Europareise wie London, Rom<br />
und Paris, so ist das zu Unrecht gemiedene Genua keine<br />
Durchgangsstation, sondern Heimat von Menschen<br />
aus allen Mittelmeerländern, aus China, Afrika und Lateinamerika.<br />
Kolumbus, der Genuese, entdeckte einst<br />
Amerika. Und heute entdeckt Amerika Genua. Doch<br />
wie Genua den Venezianern Marco Polo raubte, in seinen<br />
Kerkern festhielt und ihn dort sein großes Werk<br />
Il Milione schreiben ließ, so verloren die Genuesen<br />
später Kolumbus an Liss<strong>abo</strong>n, wo dieser seinen großen<br />
Traum träumte, den von der Überquerung des Ozeans.<br />
Für die Seefahrer von damals wie heute bedeutete<br />
der Name Liss<strong>abo</strong>n nicht Meer, sondern Ozean.<br />
LISSABONS TREPPEN HINABSTEIGEN, HEISST EINTAUCHEN IN EINE<br />
WELT, IN DER MENSCHEN AUS ALLEN EHEMALIGEN KOLONIEN<br />
PORTUGALS AUF ENGSTEM RAUM ZUSAMMENLEBEN.<br />
© Fotos Winfried Schumacher/Liss<strong>abo</strong>n<br />
© Foto Enrico Montanar/Renzo Piano
© Foto Enrico Montanar/Liss<strong>abo</strong>n © Foto Enrico Montanar/Genua<br />
32<br />
Liss<strong>abo</strong>n blickt auf die Welt und in die Abgründe der<br />
See, sucht das Unbekannte und Unendliche darin, um<br />
alte Grenzen zu überwinden und neue zu sprengen.<br />
Liss<strong>abo</strong>n, die Sehnsuchtsvolle, Stadt des Saudade, des<br />
portugiesischen Fernwehs und Weltschmerzes, gehört<br />
zu keinem Kontinent. Sie liegt weit außerhalb des umschlossenen<br />
Meeres. Liss<strong>abo</strong>n – das ist nicht das Mittelmeer,<br />
es ist noch nicht einmal Europa. Diese Stadt<br />
liegt jenseits der Herkulessäulen, weit hinter der Straße<br />
von Gibraltar. Sie ist eine ozeanische Schöpfung, die<br />
vor der Erde hinaus auf das Wasser fl oh. Vom Atlantik<br />
her streicht ein kühler Wind über die Terrassen der Alfama<br />
und reißt die Papierservietten von den Tischen. Im<br />
Castelo und auf der Praça de Comércio breitet sich am<br />
Nachmittag das Sprachgewirr der Touristen aus. Die Liss<strong>abo</strong>nner<br />
nippen am Galão-Café und blicken hinüber zur<br />
Hängebrücke des 25. April, die den Ozean überspannt.<br />
Von himmelhohen Balkonen fl üstern Unsichtbare. Oder<br />
klingt so der Gruß einer alten Frau in einer unbekannten<br />
Sprache? Das Trillieren eines Harzer Rollers im Sonnenlicht.<br />
Ferne Kinderrufe, Taubengurren, von Weitem das<br />
Läuten einer Glocke. Aus einem Fenster tönt arabische<br />
Musik, aus einem anderen antwortet Rap. Nur eine<br />
Straßenecke weiter schallt Samba durch die mit graffi -<br />
ti versehene Gasse. Liss<strong>abo</strong>ns Treppen hinabsteigen,<br />
heißt eintauchen in eine Welt, in der Menschen aus<br />
allen ehemaligen Kolonien Portugals auf engstem<br />
Raum zusammenleben. Macao und Mosambik Tür an<br />
Tür. Rio und Goa trennen nur ein paar Stufen. Nur in<br />
ein paar Straßenzeilen lebt der portugiesische Traum<br />
vom endlosen Weltreich fort. Liss<strong>abo</strong>n zieht seit jeher<br />
Menschen an, die fern der Heimat neue Horizonte<br />
suchen. Und in eben dem Jahr, als Kolumbus seinen<br />
Fuß auf Amerika setzt, nimmt die Stadt ein Waisenkind<br />
auf mit dem Namen Fernão de Magalhães. Die neue<br />
Hauptstadt der Weltensegler lehrt den zwölfjährigen<br />
Jungen aus den Hügeln des Nordens die Gesetze des<br />
Ozeans und der Sterne. Der große Magellan wird als<br />
Erster die Weltmeere allesamt durchqueren, der Sonne<br />
von Osten nach Westen folgen, besessen von der<br />
Idee, einen Seeweg um die gerade entdeckte Neue<br />
Welt zu fi nden – Kolumbus‘ Westroute nach Indien.<br />
Ausgerechnet Liss<strong>abo</strong>n, die Stadt am Ozean, will die<br />
Visionen eines Magellan nicht hören. Sie verliert ihren<br />
Traumfahrer an das aufstrebende Spanien. Bis zu seinem<br />
Tod auf den Philippinen durchquert der Weltensegler<br />
rastlos die Ozeane. Und während Marco Polo<br />
einst einen Weg nach Osten fand und Kolumbus eine<br />
Seeroute nach Westen, vereint Magellan die Träume<br />
der beiden in einem einzigen Abenteuer: die erste<br />
Weltumseglung der Menschheitsgeschichte.<br />
© Foto Enrico Montanar/Genua
34<br />
volvo ocean race<br />
Text Bendix Hügelmann © Fotos Rick Tomlinson/Volvo Ocean Race<br />
Am 17. Mai fi el in Boston der Startschuss für die letzte große Ozeanetappe des Volvo<br />
Ocean Race. Bei dickem Nebel führte TELEFONICA BLUE die sieben Boote starke Flotte<br />
hinaus auf den Nordatlantik. Kurs: Galway/Irland. Bereits nach wenigen Tagen im Rennen<br />
forderte der Nordatlantik seinen ersten Tribut. An Bord von Pumas IL MOSTRO<br />
hielt das Lee-Ruderblatt seinen Belastungen nicht mehr stand und zerbarst unter dem<br />
Druck der Steuerkräfte bei 20 Knoten Downhillsurfen. Für PUMA hieß dies: Segel runter,<br />
beidrehen, reparieren. Bereits am 24. Mai gegen drei Uhr in der Nacht überquerte<br />
Torben Grael auf ERICSSON 4 zum vierten Mal als Sieger die Ziellinie. Schon 85 Minuten<br />
später reihten sich Ken Read und Team auf PUMA ein, nach der enttäuschenden<br />
Etappe von Rio nach Boston sicher ein wichtiger Moment für die Crew des fl iegenden<br />
Turnschuhs. Nur weitere zwölf Minuten später konnten Ian Walker und seine chinesisch-irische<br />
Crew ihr Glück kaum in Worte fassen. Auf dem Weg in den Heimathafen<br />
der GREEN DRAGON mit einer bis dato überragenden Leistung als drittes Team einzulaufen,<br />
sorgte trotz der frühen Morgenstunde für begeisterte Jubelrufe im Hafen und<br />
ausgelassene Stimmung bis in die späten Morgenstunden. Auf Platz vier, fünf, sechs<br />
und sieben folgten innerhalb kürzester Abstände TELEFONICA BLUE, DELTA LLOYD,<br />
TELEFONICA BLACK und ERICSSON 3.<br />
Die achte Etappe des Volvo Ocean Race führte die Yachten von Galway durch den englischen<br />
Kanal und die Nordsee vorbei an Skagen bis nach Marstrand. Auf dem Weg<br />
durch die Irische See sorgten viel Wind und Welle von achtern für ein schnelles Vorankommen<br />
der Flotte – GREEN DRAGON scheinbar befl ügelt durch den Heimaturlaub<br />
vorne weg. Starke Böen und anspruchsvoller Seegang<br />
sorgten für spektakuläre Szenen in der aufgewühlten<br />
Irischen See. ERICSSON 4 zerstörte in einer Patenthalse<br />
eines der beiden Steuerräder, Torben Grael griff<br />
fl ux zur Notpinne und steuerte den 70-Fuß-Canting-<br />
Kieler erstmal per Hand weiter. Auch PUMA zerlegte<br />
es einige Male, jedoch glücklicherweise ohne ernsthafte<br />
Schäden. Überraschend zu dem Zeitpunkt jedoch<br />
das Leaderboard: TELEFONICA BLACK in knapper<br />
Führung vor GREEN DRAGON und ERICSSON 3.<br />
ERICSSON 4 und PUMA hingegen fand man in jenem<br />
Moment auf den Plätzen sechs und sieben. Nach der<br />
Sprintwertung vor Rotterdam übernahm ERICSSON 4<br />
überraschend die Spitze des Feldes und konnte nach<br />
einem spannenden Finish im Skagerrak den Heimathafen<br />
Marstrand siegreich anlaufen. Die segelbegeisterten<br />
Schweden sorgten nicht nur für einen gebührenden<br />
Empfang der Yachten, sondern begleiteten die Flotte<br />
auch nach dem Start in die neunte, innerschwedische<br />
Etappe von Marstrand nach Stockholm lang genug, um<br />
live und hautnah mitzuerleben, wie TELEFONICA BLUE<br />
mit groben 15 Knoten Boatspeed auf einen kartierten<br />
Stein fuhr. Rumms. Erste Bergungsversuche schlugen<br />
fehl und es bedurfte schließlich mehrerer Anläufe mit<br />
einem PS-starken Lotsenboot, um den Karbonrenner<br />
vom Stein runterzuzerren. Als die Shore-Crew von<br />
TELEFONICA BLUE mit den gröbsten Reparaturen begann,<br />
war soeben eines der spannendsten Duelle im<br />
bisherigen VOR zu Ende gegangen. ERICSSON 3 und<br />
PUMA hatten sich bis zum Schluss kurz vor Stockholm<br />
nichts geschenkt. So war es eine verpatzte Wende (die<br />
Genua verhakte sich in der Radarschüssel am Mast),<br />
die ERICSSON 3 den Sieg kostete. Ken Read freute<br />
sich, Magnus Olsson nahm’s überraschend gelassen<br />
sportlich. Auf PUMA war die Freude über den ersten<br />
Etappensieg bei der diesjährigen Aufl age des Volvo<br />
Ocean Race sehr groß. Ein sichtlich gerührter Ken Read<br />
merkte in einem Interview an, dass es für ihn und sein<br />
Team scheinbar eben nur auf die harte Tour gut läuft<br />
und er überaus stolz ist, mit so einem starken Team<br />
segeln zu dürfen. Die letzte Etappe von Stockholm<br />
nach St. Petersburg hätte noch ein Mal für Spannung<br />
im Duell PUMA – TELEFONICA BLUE sorgen können.<br />
Nachdem Bouwe Bekking TELEFONICA BLUE jedoch<br />
shorttrack<br />
auf die Rocks gelegt hatte, gingen Ken Read und seine Truppe in klassischer Verteidigungsposition<br />
gegenüber TELEFONICA BLUE ins Rennen und mussten sich nur um<br />
diesen einen Gegner Gedanken machen. ERICSSON 4 war bereits nach der Etappe von<br />
Marstrand nach Stockholm der Sieg nicht mehr zu nehmen. TELEFONICA BLACK gab<br />
hingegen auf dem Schlussspurt noch mal Gas und siegte überraschend auf der letzten<br />
Etappe. Mit dem Zieleinlauf in St. Petersburg ging das Volvo Ocean Race 2008/2009<br />
zu Ende, nachdem es die Segelwelt über neun Monate mit spektakulären Bildern und<br />
Geschichten entzückt hatte. TELEFONICA BLUE erhielt bei der Siegerehrung verdient<br />
den Pokal für den Gesamtsieg, PUMA beendete das Rennen auf Rang zwei und TELE-<br />
FONICA BLUE demnach auf Platz drei.<br />
Die in Andenken an den bei der letzten Aufl age tödlich verunglückten Niederländer gestiftete<br />
Hans Horrevoets Rookie Trophy für den besten Nachwuchssegler wurde dem<br />
deutschen Michi Müller, der auf PUMA teilnahm, vergeben. Herzlichen Glückwunsch!<br />
Was nach dem Volvo Ocean Race bleibt, ist zum einen die Vorfreude auf die kommende<br />
Ausgabe. Zum anderen jedoch lässt die plötzliche Ruhe auch Raum für Fragen. Wo<br />
liegt die Zukunft einer Hochseeregatta, die ohne beachtliches Sponsorenengagement<br />
nicht möglich ist? Das Volvo Ocean Race hat beeindruckend verdeutlicht hat, dass Segeln<br />
eine Attraktion darstellt. Segeln möchte gesehen werden und bei keiner Aufl age<br />
bisher war dies so gut möglich wie bei der diesjährigen. Für die Süchtigen unter uns:<br />
Love it – or leave it! INFO WWW.VOLVOOCEANRACE.TV.<br />
© Foto Dave Kneale/Volvo Ocean Race
olex farr 40 worlds<br />
Text Denis Grau © Fotos ROLEX/Kurt Arrigo<br />
Vom 24. bis 27. Juni 2009 ermittelte die Farr-40-Klasse<br />
vor Porto Cervo/Sardinien ihren Weltmeister. 25<br />
Boote aus zehn Nationen waren angereist, um sich<br />
mit der Weltspitze des internationalen Yachtsports zu<br />
messen, darunter auch der Deutsche Wolfgang Schäfer<br />
mit seiner STRUNTJE LIGHT. Die Farr-40-Klasse<br />
ist für ihr hohes Niveau bekannt. Während die sogenannte<br />
„Owner Driver Rule“ ambitionierte Eigner bei<br />
der Stange hält, finden sich an Bord der von Bruce<br />
Farr gezeichneten One-Design-Racer ansonsten nur<br />
wirklich gute Leute. Segler aus dem olympischen Bereich,<br />
Match-Racer, Offshoresegler, ein buntes Allerlei,<br />
das die Klasse interessant macht.<br />
Bereits Tag eins der Rolex Farr 40 Worlds sorgte bei<br />
Sonnenschein über azurblauem Wasser für spannende<br />
Rennen. Der Wind wehte konstant mit 20 Knoten, als<br />
sich die Yachten um elf Uhr Ortszeit zum ersten Mal<br />
an der Startlinie versammelten. Nach einem sauberen<br />
Start ohne Rückrufe konnte die amerikanische BAR-<br />
KING MAD, gesteuert von Eigner Jim Richardson, das<br />
36<br />
erste Rennen der Serie für sich entscheiden. Die Rennen zwei und drei gewannen die<br />
italienische NERONE sowie die aus Australien angereiste Crew der TRANSFUSION. Als<br />
am Abend die Dämmerung über Sardinien hereinbricht, führt BARKING MAD knapp vor<br />
dem amtierenden Weltmeister MASCALZONE LATINO und der ebenfalls italienischen<br />
JOE FLY. Geoff Stagg vom Farr-40-Organisationskomitee fasst den Tag passend zusammen:<br />
„Die Punktunterschiede sind sehr gering, viele Boote liegen noch klar in Schlagweite<br />
auf den Titel. Ab morgen wird es spannend, wenn die Teams versuchen werden,<br />
sich neu zu positionieren.“<br />
Und Stagg behielt recht. Keiner der beiden Starts des zweiten Tages der Rolex Farr 40<br />
Worlds blieb ohne Frühstarter und Rückrufe. Obgleich die Wettfahrtleitung agil an der<br />
Zeitstrafe bringenden Flagge Z war, segelten im ersten Rennen zwei und im darauf folgenden<br />
Rennen sogar elf Yachten unter dem Schatten der Flagge Z. Diejenigen, die am<br />
Start einen kühlen Kopf bewiesen hatten, verlebten demnach einen verhältnismäßig entspannten<br />
Tag auf der Bahn. Am Ende des zweiten Tages konnte BARKING MAD ihre<br />
Führung halten, JOE FLY verbesserte sich um einen Platz und auf Platz drei konnte Massimo<br />
Mezzaroma mit NERONE vorfahren.<br />
Am Tag drei der Rolex Farr 40 Worlds hatte der Wind im Vergleich zum Vortag<br />
deutlich zugelegt. Gepaart mir einem angenehmen Schwell fanden sich die 25 Yachten<br />
in Top-Rennbedingungen wieder. Die sich anbahnende Nervosität innerhalb der<br />
Klasse am vorletzten Renntag war nun schon deutlich spürbar. Die drei gesegelten<br />
Tagesrennen brachten drei verschiedene Sieger hervor. Im ersten Rennen fuhr JOE<br />
FLY einen Frühstart und konnte das Rennen nur als 19. beenden. NERONE hingegen<br />
ersegelte sich einen zweiten Platz und verkleinerte den Abstand zur führenden BAR-<br />
KING MAD auf gerade mal sechs Punkte. NERONE patzte zwar beim dritten Start<br />
des Tages, konnte sich jedoch von einem 19. Platz am ersten Luv-Fass bis auf einen<br />
achten Rang vorfahren. Einen Tag vor Ende der Weltmeisterschaft stand damit BAR-<br />
KING MAD, die bisher eine konservative und fehlerfreie Serie gefahren hatte, vor<br />
der aggressiv segelnden NERONE und einer bereits abgeschlagenen JOE FLY. Zwei<br />
Rennen galt es zu diesem Zeitpunkt noch zu segeln, sechs Punkte trennten den Ersten<br />
vom Zweiten. Alles konnte passieren.<br />
Am fi nalen Tag der Rolex Farr 40 Worlds bot Porto Cervo noch ein Mal perfekte Segelbedingungen.<br />
Wind mit Böen in den guten 20ern, holprige See – Bedingungen, die<br />
die erschöpften Crews noch ein Mal fordern würden. NERONE legte einen sauberen<br />
Pin-End-Start hin, eroberte die linke Seite und konnte das erste Rennen des Tages gewinnen.<br />
Von nun an war klar: BARKING MAD oder NERONE – der Bessere des letzten<br />
Rennens würde den Titel mit nach Hause nehmen. „Vor dem Start“, so berichtet<br />
BARKIND MAD-Eigner Jim Richardson nach dem Rennen, „drohten Selbstzweifel den<br />
Kampfgeist zu schwächen. Ich habe keine Zweifel an der Fähigkeiten meines Teams,<br />
aber besondere Situationen erfordern besonderen Einsatz und nach neun von zehn<br />
shorttrack<br />
Rennen mit nur einem Punkt Vorsprung in die fi nale<br />
Wettfahrt zu starten, ist eine solche Situation. Wir haben<br />
uns angeschaut und uns gefragt: Wofür sind wir<br />
hier? Nicht um jetzt den Mut zu verlieren!“<br />
NERONE fuhr nach dem Start erneut auf die linke Seite,<br />
BARKING MAD hingegen entschied sich gegen das direkte<br />
Duell und fuhr ihr eigenes Rennen – mit Erfolg. Als<br />
BARKING MAD als Zweite die Luvtonne runden kann,<br />
wird deutlich, dass der Linksdreher nicht gekommen zu<br />
sein schien. Mit einem zweiten Platz im letzten Rennen sicherte<br />
sich BARKING MAD somit den WM-Titel vor Porto<br />
Cervo. NERONE blieb auf Platz zwei, JOE FLY auf drei.<br />
BARKING MAD-Eigner Jim Richardson: „Wir sind wirklich<br />
sehr sehr glücklich. Nach Italien zu kommen und die WM<br />
zu gewinnen, hier in Porto Cervo, ist wirklich ein überwältigendes<br />
Gefühl für meine Crew und mich. So viele<br />
gute Teams sind angetreten, vor allem die Italiener. In der<br />
Lage zu sein, in ihren Heimatgewässern zu gewinnen, das<br />
macht uns schon Spaß!“ Wolfgang Schäfer mit STRUNTJE<br />
LIGHT beendete die Weltmeisterschaft auf Platz 18.
38<br />
nil<br />
TAUBEN ÜBER DEM
Beginnt gegenüber der Al-Azhar-Moschee am Midan Husein: Das<br />
Kairoer Basarviertel Khan al-Khalili ist abends am reizvollsten.<br />
40<br />
Text & Fotos © Matt. Müncheberg. Matt. wohnt in Berlin-Friedrichshagen und bereist als <strong>Journal</strong>ist und Fotograf mit dem<br />
Schwerpunkt Wassersport die Welt. Aktuell erhältlich ist sein neues Bordbuch Berlin 2009. Internet: www.muencheberg-media.com.<br />
„Die Sonne kündigte den nahenden Abend an, und<br />
die Midaq-Gasse hüllte sich in den bräunlichen<br />
Schleier der Dämmerung. Wie in einer Falle gefangen,<br />
war das Abendlicht von drei Wänden umschlossen,<br />
was die Brauntöne noch stärker hervortreten ließ. […]<br />
Die Midaq-Gasse wäre in völligem Dunkel versunken,<br />
wenn da nicht Kirschas Kaffeehaus gewesen wäre.<br />
Die Schnüre der elektrischen Lampen waren voll von<br />
Fliegen. Der Raum war quadratisch und ein wenig<br />
verkommen. Aber noch waren ja die Arabesken an<br />
den Wänden. Nur noch ihr Alter und mehrere Sofas<br />
längs der Wände erinnerten an die großen Zeiten. [...]<br />
Einige wenige Leute saßen herum, rauchten Wasserpfeifen<br />
und tranken Tee.“<br />
Auf ein Abenteuer sollte sich einrichten, wer zum ersten<br />
Mal das Tor zum Orient durchschreitet. Und sich nicht<br />
abschrecken lassen von Müll, Lärm, Smog und brütender<br />
Hitze, die die Glieder lähmt und Kopfschmerz verursachen<br />
kann. Oder davon, sich unter Umständen den Fluch<br />
des Pharao, einen der hartnäckigen Magen-Darm-Viren,<br />
einfangen zu können. Als Lohn winkt das Eintauchen in<br />
eine zunächst fremde, geheimnisvoll erscheinende Welt<br />
wie der des Basarviertels Khan El Khalili gleich westlich<br />
der Saijidna-el-Hussein-Moschee. Und wer von den Offerten<br />
der zahlreichen Händler genug hat, fi ndet Zufl ucht im<br />
Nagib Machfus Café. Dort kann er in Ruhe mit den Einheimischen<br />
rauchen. Oder in einem der hinteren Räume,<br />
dem Khan El Khalili Restaurant, traditionell speisen. Fünfmal<br />
am Tag erschallen allerorten laut und blechern von<br />
den Lautsprechern der Minarett-Spitzen die Gebetsaufrufe<br />
des Muezzin. Schnell ist man fasziniert vom morbiden<br />
Charme der Stadt, die von den Arabern ehrfürchtig Umm<br />
al Dunya, Mutter der Welt, genannt wird.<br />
Bekannt für seine liegende<br />
Kolossalstatue von Ramses II:<br />
Straßenhändlerin in Memphis,<br />
einst Reichskapitale und eine der<br />
bedeutendsten Städte Ägyptens.
Feiner Staub bedeckt die Häuserwände und<br />
lässt sie schmutzig aussehen. Er kriecht auf die<br />
Wege, die Autos, ja sogar auf Blüten und Blätter.<br />
Die elfte der ägyptischen Plagen heißt: Sand. Alles<br />
erscheint wie von einem ockerfarbenen Schleier überzogen.<br />
Vier Tonnen sind es täglich, die sich auf die<br />
Stadt legen. Außer ein paar Straßenfeger scheint das<br />
niemanden zu kümmern. Abfall allerorten. Biologisch<br />
Verwertbares wird sofort von Ratten, Katzen und Hunden<br />
entsorgt, bevor ein Müllwagen kommt. Den Rest<br />
holen sich die Zabbalin, die Müllmenschen. Keinen<br />
kümmert’s. Scheinbares Chaos regiert den Straßenverkehr.<br />
Uralte Peugeots und Fiats, zum Klassiker mutierte<br />
Mercedesmodelle und klapprige VW-Busse konkurrieren<br />
auf Straßen ohne Markierungen mit Maultier-Karren<br />
und Leichtmotorrädern. Auf ihnen seitlich sitzende<br />
Sozias, die überdies auch noch ein schlafendes Kind in<br />
den Armen tragen. Auf die Busse kann man lange warten,<br />
fi ndet man einen, sind sie oft hoffnungslos überfüllt.<br />
Egal wie alt das Auto – Hauptsache, die Hupe<br />
funktioniert. Fußgänger queren oft nur unter Lebensgefahr<br />
die Straßen. Wen kümmert das? Gassen wie<br />
die gleich schräg hinter dem World Trade Center, die<br />
man als Tourist lieber nicht quert. Ungebremster Bau-<br />
42<br />
Wildwuchs allerorten. Arme und Ärmste, die um ein<br />
Bakschisch bitten. So erleben wir das ruhelose, pulsierende<br />
Kairo, die über tausendjährige Stadt aller Städte.<br />
Auf dem bleiernen Nilwasser lag das Hausboot,<br />
vertraut wie ein Gesicht, rechts ein leerer Platz, an<br />
dem ein Menschenleben lang ein anderes Hausboot<br />
gelegen hatte, bevor es eines Tages vom Strom<br />
fortgerissen worden war […]<br />
Einst soll der Pharaonengott Seth seinen Bruder Osiris<br />
durch eine List in einen Marmorsarkophag gelockt haben,<br />
diesen alsdann mit einem schweren Deckel verschlossen<br />
und in den Nil geworfen haben. Als Isis, die<br />
Frau von Osiris und Mutter von Horus, das Verschwinden<br />
ihres Mannes bemerkte, begab sie sich mit Horus<br />
zusammen auf die Suche. Dabei verlor Horus ein<br />
Auge. „Man sagt, dass derjenige, welcher dieses Auge<br />
fi nden würde, geschützt wird vor Neid und bösen Blicken“,<br />
erklärt Mahmut. Der 42-Jährige ist Kapitän einer<br />
der zahlreichen Feluken von Luxor, einer schnell<br />
wachsenden Vierhunderttausend-Einwohner-Stadt an<br />
der östlichen Seite des Unterlaufs des Nils. Seit er denken<br />
kann, befährt der Nubier den Leben spendenden<br />
Ausgangspunkt von Feluken-Törns: Luxor mit seinem 3.400 Jahre alten<br />
Tempel dient auch als Anlegestelle für zahlreiche Kreuzfahrtschiffe.<br />
Nur ein paar Autominuten vom neuen Kreuzfahrt-Pier entfernt: Schöne Aussicht von einer Anhöhe am Ostufer<br />
südlich Assuans auf die Insel Elephantine und das am anderen Flussufer stehende Aga Khan-Mausoleum.
Stadt der Gegensätzte:<br />
Blick auf Kairo mit seiner<br />
Skyline von Elendsquartieren,<br />
Minaretten und modernen<br />
Bettenburgen von Süden.<br />
Strom im Norden Ägyptens. Und natürlich trägt auch<br />
sein stolzes Segelboot das Horus-Auge: Kaum eines<br />
der fl achgehenden, meist weiß lackierten Segelboote,<br />
welches das schwarz aufgemalte Symbol als eine Art<br />
Glück bringendes Amulett nicht am Bug trägt.<br />
Der Nil ist mit 6.738 Kilometern der längste Fluss der<br />
Welt. Den Oberlauf speisen die in Ruanda und Burundi<br />
entspringenden Quellfl üsse Rukaraya, Mwogo und Nyawarongo,<br />
der Nil durchfl ießt den Victoria- und den Albertsee,<br />
bahnt sich als Bahr al Djebel seinen weiteren<br />
Wasserweg, nimmt mehrere andere Flüsse auf, trifft bei<br />
Khartum auf den Blauen Nil und mündet schließlich bei<br />
Alexandria im Mittelmeer. So weit, so gut. Doch wie<br />
nähert man sich der Mutter aller Ströme? Am besten<br />
befährt man ihn mit einer Feluke. Das ist ein traditionell<br />
hölzernes, heute oft aus Metall grob zusammengeschweißtes<br />
Segelboot mit einem hoch ausgestellten<br />
Tuch, dem sogenannten Lateinsegel, einem dreieckigen<br />
Stück genähter Baumwolle, das an einer langen, durch<br />
den Wind gebogenen Spiere gefahren wird. Die auch<br />
als Lateinrah bezeichnete Rute ist arabischen Ursprungs<br />
und das Rigg der frühen Kulturen im Roten Meer, am<br />
Persischen Golf und im östlichen Teil des Mittelmeers.<br />
Charakteristisch für eine Lateinbesegelung ist, dass das<br />
aus grob gehauenen, schlanken Baumstämmen bestehende<br />
und sich zum oberen Ende hin verjüngende<br />
Holz in einem Winkel von 45 Grad vom Bug nach achtern<br />
reicht und auf etwa einem Drittel seiner Länge am<br />
relativ kurzen Mast gesetzt wird.<br />
Er überließ sich dem Sonnenuntergang, sein Körper<br />
war erfrischt von einem kühlen Bad. Schläfrigkeit<br />
und Stille breiteten sich aus. Taubenschwärme<br />
zeichneten über dem Nil einen weißen Horizont.<br />
Einst waren die kleinen, früher oft zweimastigen Küstenfahrzeuge<br />
mit den charakteristischen Schratsegeln im<br />
gesamten Mittelmeerraum anzutreffen. Heute gibt es die<br />
meisten noch verbliebenen Yachten auf dem Nil. Ehedem<br />
wurden sie auch als Zoll- und vor allem als Schmuggler-<br />
und Piratenboote benutzt. In Luxor bieten Feluken-<br />
Skipper ihre Dienste an. Vor allem aber am Fuße des<br />
mächtigen schleusenlosen Assuan-Staudammes. Dieser<br />
von den Russen von 1960 bis 1971 erbaute Betonklotz<br />
trennt den Strom unwiderrufl ich in zwei Teile. Der Hochdamm<br />
staut den 510 Kilometer langen, 5.300 Quadratkilometer<br />
großen Nassersee auf. 451 Menschen kamen<br />
beim Bau der Barriere ums Leben. Nach dem Karibasee<br />
des Sambesi ist der Nassersee damit das größte künstlich<br />
geschaffene Gewässer der Welt. Wissenschaftler<br />
raten seit einiger Zeit dazu, den Damm wieder abzutragen.<br />
Zu groß seien die Nachteile, sagen sie. In früheren<br />
Zeiten schwemmte die jährliche Nilfl ut den angewehten<br />
Sand fort. Und hinterließ den fruchtbaren Nilschlamm.<br />
700.000 Hektar Land wurden so bisher im Wortsinne<br />
verwüstet. Wer will, besteigt ein Stück vor dem Fuße<br />
des Stauwerkes eines der ausladenden, offenen Boote.<br />
Und begibt sich für ein paar ägyptische Pfund auf eine<br />
Zeitreise in die Geschichte Ägyptens – und zu den Anfängen<br />
des Segelns: Alles an Bord ist praktisch eingerichtet<br />
und aus Materialien hergestellt, die leicht zu beschaffen<br />
sind. Winschen? Blöcke? Fehlanzeige. Alles ist<br />
einfach zu bedienen – und meist ohne den Einsatz von<br />
Geldmitteln schnell zu ersetzen. Nur so ist in dem weitgehend<br />
durch Armut geprägten Revier am Nil die ständige<br />
Einsatzbereitschaft der Boote gewährleistet.<br />
travel nil
Machen: An der Corniche von Assuan werden Feluken-Törns<br />
ins 40 Kilometer entfernte Kom Ombo angeboten. Südlich<br />
der Stadt lädt ein Tempel zu einem Besuch ein. Die ptolemäische<br />
Gründung aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr. wurde<br />
dem Krokodilgott Sobeck und dem falkenköpfigen Haroeris<br />
(Horus als Sohn des Re) gewidmet. Der Preis ist Verhandlungssache.<br />
Übernachtet wird auf dem Boot.
48<br />
DOCH WIE NÄHERT MAN SICH<br />
DER MUTTER ALLER STRÖME?<br />
AM BESTEN BEFÄHRT MAN<br />
IHN MIT EINER FELUKE.<br />
Auch Mahmut wird nicht reich mit seinen bezahlten<br />
Segelfahrten. Trotzdem reichen die Einnahmen gerade<br />
so aus, um damit den Lebensunterhalt für sich und seine<br />
Familie notdürftig bestreiten zu können. Dafür fährt<br />
der erfahrene Bootsführer alles, was anfällt: Oft sind<br />
es Eier, Reifen oder Wasser. Am liebsten sind ihm als<br />
Fracht jedoch Fremde von den 300 auf dem Nil fahrenden<br />
Flusskreuzfahrtschiffen. Die schätzen es durchaus,<br />
fernab des Tourismus-Wulings einmal ruhig und sanft<br />
auf dem Wasser dahingleiten zu können. Für Mahmut<br />
bringt dies das meiste Geld. Seit mehreren Jahren steuert<br />
er ab Luxor für Kapitän Hamada Hashim dessen<br />
stolzen Nilsegler, wie lange genau, weiß er nicht. Oft<br />
mit dabei, wenn Skipper Mahmut auf Fahrt geht, ist<br />
sein zwölfjähriger Neffe. Der heißt ebenfalls Mahmut.<br />
Mahmut der Jüngere ist Bootsmann, Koch und, wenn<br />
es sein muss, auch Steuermann in einem. Nur wenn<br />
die kindlichen Kräfte einmal nicht ausreichen, lascht<br />
Mahmut der Ältere kurz die beindicke Pinne fest und<br />
geht dem Kleinen zur Hand.<br />
Anis zog sich um und setzte sich mit seiner Galabya<br />
auf die Schwelle zur Veranda, die auf den Nil ging.<br />
[…] Seine Augen glitten über das stille Wasser, das<br />
bewegungslos und glanzlos dalag, nur die Stimmen<br />
der Bewohner der Hausboote unter den Bäumen am<br />
anderen Ufer wurden hell herüber getragen.<br />
Zusammen bringen sie mit ein paar Handgriffen die gut<br />
zehn Meter lange, gertenschlank auslaufende Spiere in<br />
die gewünschte Position, fi eren den unteren, kurzen<br />
Baum, der Bootsmann gibt dem Bug einen letzten Stoß<br />
und springt beherzt, mit der Leine in der Hand, an<br />
Deck. Der Skipper legt das Ruder, holt die Schot dicht,<br />
das riesige Baumwolltuch füllt sich erst widerstrebend,<br />
dann willig mit dem staubigen, alles bestimmenden<br />
Wüstenwind, und die stolze Gehan nimmt Fahrt auf,<br />
dem Sonnenuntergang entgegen, der den ruhig dahin<br />
fl ießenden Strom in ein goldenes Licht taucht. Mahmut<br />
der Jüngere kocht derweil auf einer kleinen Feuerstelle<br />
an Bord Wasser und bereitet den wohlschmeckenden<br />
schwarzen ägyptischen Tee mit frischer Minze, der mit<br />
viel Zucker in kleinen Gläsern gereicht wird. So muss<br />
es gewesen sein, zur Zeit der Pharaonen, segelnd auf<br />
dem Nil. Vom Ufer winken die Bewohner der teilweise<br />
noch mit Nilschlamm errichteten Hütten. Hausboote<br />
säumen unseren Wasserweg. Generationen leben zusammen<br />
auf dem Nil. Oder feiern und geben sich dem<br />
Genuss der Haschischpfeife hin, wie von Nagib Machfus<br />
beschrieben: „Nichts ist unserem Hausboot vergleichbar.<br />
Die Liebe ist ein überholtes, verbrauchtes Spiel, aber in<br />
unserem Hausboot ist sie Sport. Das Laster ist anderswo<br />
ein Laster, aber hier in unserem Boot Freiheit. In den<br />
Häusern sind die Frauen traditionelle Reliquien, aber in<br />
unserem Hausboot sind sie voll jugendlicher Erotik und<br />
betörend. Der Mond ist ein lebloser, sich drehender<br />
Planet, aber hier bei uns Poesie. Der Wahnsinn ist überall<br />
eine Krankheit, aber bei uns eine Philosophie. Jeder<br />
Gegenstand hat seinen Wert, woher er auch sein mag,<br />
aber in unserem Hausboot ist er ein Nichts.“
50<br />
Gehan, eigentlich ein persischer Mädchenname, steht<br />
für die Welt. Oder das Leben. Das läuft an Bord einer<br />
Feluke langsam, sehr langsam ab. Träge schiebt sich der<br />
acht Meter lange Schiffskörper durch das mal dunkelgrün,<br />
mal gelblich trüb schimmernde Nilwasser vor der<br />
lang gestreckten Skyline von Luxor Richtung Affeninsel<br />
und weiter ins etwa zweihundert Kilometer entfernte Assuan.<br />
Andere Lateinsegel gesellen sich in stiller Eintracht<br />
dazu. Nur wenn eines der großen Fluss-Passagierschiffe<br />
den Kurs der Gehan kreuzt, kommt Bewegung ins Boot.<br />
Dann zeigt sich, wie elastisch die langen Spieren der<br />
traditionellen Nilsegler, die das Segel am oberen Ende<br />
des Tuches tragen, wirklich sind. Wie Peitschen schlagen<br />
sie plötzlich aus, wenn die großen Bugwellen der<br />
Passagierdampfer durchgehen und die kleinen Boote<br />
auf einmal wild schaukeln lässt. Dass die Belastungen<br />
fürs Rigg auch zu groß werden können, zeigen zwei<br />
Felukenbesitzer auf einem wackligen Steg direkt vor<br />
dem Luxor-Museum, die am Wasser eine der langen<br />
Spieren reparieren, die zu Bruch gegangen war. Sie tun<br />
das auf ihre ganz spezielle Art: mittels eines dünnen Eisenbandes,<br />
welches um die angeschäftete Verlängerung<br />
und das intakte Restholz geschlagen und mit Nägeln befestigt<br />
wird. Ganz einfach. Bis zum nächsten Malheur.<br />
Dann wird eben erneut repariert. Nebenan streicht ein<br />
Bootsjunge einen Riemen. Die gibt es auf jeder Feluke<br />
gleich doppelt. Denn Motoren haben die Nilsegler allesamt<br />
nicht. Bei Windstille wird gepullt. So wie man das<br />
etwa von Marinekuttern kennt. Doch was dort lediglich<br />
Ausbildungszwecken dient, ist hier Alltag. Segeln in<br />
seiner ursprünglichsten Form. Wer es etwas bequemer<br />
mag, bucht eine Flusskreuzfahrt. Die führt zumeist von<br />
Luxor über die Schleuse von Esna, Edfu und Kom Ombo<br />
zum Assuan-Staudamm. Das wird heute gemeinhin auch<br />
als die klassische Nilreise bezeichnet.<br />
Um die Neonlampe surrte ein Schwarm Mücken.<br />
Draußen nistete sich Dunkelheit ein, der Nil versank<br />
zu regelmäßigen und unregelmäßigen geometrischen<br />
Formen, die die Straßenlampen auf der anderen<br />
Seite des Ufers und die erleuchteten Fenster der<br />
Hausboote erzeugten.<br />
Die beginnt zumeist mit dem Einschiffen in Luxor:<br />
Entschleunigung heißt ab jetzt das Zauberwort. Das<br />
Kontrastprogramm zum chaotisch-quirligen Kairo beginnt<br />
mit dem Betreten eines Flusskreuzfahrers, denn<br />
die Strecke von Luxor bis nach Assuan ist kein Feluken-Kapitän<br />
bereit zu segeln, auch nicht für ein gutes<br />
Bakschisch. Wir fühlen uns sofort zurückversetzt in<br />
eine Zeit fernab vom hektischen Trubel, als es noch<br />
als etwas Besonderes galt, eine Kreuzfahrt auf dem<br />
längsten Strom der Erde zu unternehmen, und als<br />
sich nur wenige dieses Vergnügen leisten konnten.<br />
Auch wenn die modernen Schiffe etwas anders aussehen<br />
als die zu Zeiten der auch heute noch sehenswerten<br />
Verfilmung von Agatha Christies „Death on the<br />
Nile“ aus dem Jahre 1978. Und sich die Nilreisenden<br />
auch nicht mehr so schick kleiden wie Sir Peter Ustinow,<br />
Jane Birkin, Mia Farrow, Bette Davis und David<br />
Niven in dem englischen Mordsspektakel vor Pyramiden-<br />
und Sphinx-Kulisse. Bereits ein Jahr vorher kam<br />
der damals zehnte Bond mit Roger Moore, Curd Jürgens<br />
und Bond-Girl Barbara Bach in die deutschen Kinos:<br />
Auch „Der Spion, der mich liebte“ setzte auf die<br />
atemberaubenden Pharaonen-Kulissen, Wüstensand<br />
und den Nil. Nicht zuletzt wegen des spektakulären<br />
Sets gilt er den Fans bis heute als einer der besten<br />
Bonds mit Moore als 007-Darsteller.<br />
Stille. Wie in Zeitlupe ziehen sattgrüne Felder, Palmen<br />
und die ockerfarbenen Ziegelbauten der Fellachen nun<br />
vorbei. Baumwollene Lateinersegel in Weiß bis Dunkelrot<br />
begleiten den Weg nach Assuan. Ungewohnt<br />
für einen Bildreporter: Hier finden die Motive den<br />
Weg zum Fotografen und nicht umgekehrt. Freundliche<br />
Menschen winken vom Ufer. Wir winken zurück.<br />
Und atmen durch. Die 18 Kilometer pro Stunde, auf<br />
die die drei Caterpillar-Diesel mit jeweils 470 Pferdestärken<br />
unsere von Viking River Cruises gecharterte<br />
MÖVENPICK M/S ROYAL LILY bringen, erscheinen<br />
uns Großstadtbewohnern als ungewohnt langsam. Die<br />
Hitze tut ein Übriges. Relax. Erst jetzt sind wir wirklich<br />
in Ägypten angekommen. Tagsüber und manchmal<br />
auch des Nachts ist die LILY unterwegs. Deutsche haben<br />
zumeist keine Vorstellung davon, wie es auf der<br />
Brücke eines ägyptischen Flusskreuzfahrers aussieht.<br />
Wie sollten sie auch. Ein Besuch beim Steuerstand ist<br />
interessant und unbedingt zu empfehlen: Konzentriert,<br />
dabei aber völlig entspannt, sitzt Kapitän Nubi am<br />
Steuer seines Schiffes. Falsch: Er sitzt nicht. Vielmehr<br />
hockt er im Schneidersitz, die Füße sorgsam über den<br />
jeweils anderen Oberschenkel gefaltet, auf dem Steuerstand.<br />
Auch das Wort Steuer ist relativ und weicht von<br />
den Vorstellungen ab, die einem ein wagenradgroßes,<br />
rundes Lenkrad, womöglich aus messingbeschlagenem<br />
Mahagoni, vorgaukeln. Das Steuer von Nubi sind drei<br />
schwarze, einfache Kunststoffgriffe von Rolls Royce.<br />
Jeder regelt für eine der – seitlich schwenkbaren –<br />
Schrauben Geschwindigkeit (Hebel nach vorn) und<br />
Richtung (Hebel zur Seite). Eigentlich brauche er für<br />
dieses Schiff drei Hände, lacht Nubi und richtet seinen<br />
Blick nach vorn, wo sich der bis zu einem Kilometer<br />
breite Nil vor seinem erfahrenen Auge weitet.<br />
Wasser-Rast: Auf der Schiffsreise den Nil hinauf muss die Schleuse in Esna passiert werden. Händler<br />
werfen ihre Waren auf die Decks der Kreuzfahrtschiffe. In der Pharaonen-Zeit war Esna ein bedeutender<br />
Handelsort, der den Namen Tesnet trug. Heute ist dort eine große koptische Gemeinde beheimatet.<br />
VOM UFER WINKEN DIE BEWOHNER DER TEILWEISE NOCH MIT<br />
NILSCHLAMM ERRICHTETEN HÜTTEN. HAUSBOOTE SÄUMEN UNSEREN<br />
WASSERWEG. GENERATIONEN LEBEN ZUSAMMEN AUF DEM NIL.<br />
travel nil
52<br />
Abheben über Theben-West: Wer in Luxor eine Ausfahrt mit einem Heißluftballon plant, muss früh<br />
aufstehen. Gegen vier Uhr geht´s los, die eigentliche Fahrt dauert etwa eine gute halbe Stunde.<br />
Ich bin das Hausboot, wie ich auch Taue und<br />
Tonnen bin. Vernachlässigte ich es nur einen<br />
Augenblick, so sänke es oder würde vom Strom<br />
fortgerissen …<br />
Seit vierzig Jahren steuert der alte Kapitän Flusskreuzfahrtschiffe<br />
über den Nil. Zweimal in der Woche heißt<br />
es für ihn, die Strecke Luxor–Assuan–Luxor zu bewältigen.<br />
Er kennt den Strom wie seine Westentasche. Noch<br />
nie ist etwas passiert. Radar? Gibt es zwar an Bord.<br />
Dieses und die anderen Navigationsgeräte sind jedoch<br />
ausgeschaltet. Kapitän Nubi braucht keinen technischen<br />
Schnickschnack. Er umschifft Untiefen, wo andere diese<br />
noch nicht einmal ahnen. Auch nachts. Nur aufgrund<br />
seiner jahrelangen Erfahrung. Er saugt den Fluss in sich<br />
auf, man meint, er atmete ihn. Schifffahrtszeichen gibt<br />
es so gut wie nicht auf dem Fluss, dessen Einzugsgebiet<br />
2,8 Millionen Quadratkilometer umfasst. Wie es<br />
aussieht, wenn ein Passagierschiff aufl äuft und ausbrennt,<br />
kann man am Westufer des Nils gleich südlich<br />
von Luxor sehen: Mahnend schiebt dort ein rostig-zerknautschtes<br />
Monsterwrack Lage an Land. Das Malheur<br />
sei jedoch nicht auf einen Navigationsfehler zurückzuführen,<br />
hören wir. Brandstiftung wird vermutet, einen<br />
gewollten Fall für die Versicherung. Die M/S LILY zieht<br />
weiter. Nubi hat die schwarzen Plastikgriffe fest in der<br />
Hand. Prüfend wandert sein Blick über den vor ihm<br />
liegenden Strom, der keine Überschwemmungen mehr<br />
kennt, seit im Jahre 1971 der Sadd al Ali, der Assuan-<br />
Hochdamm, eingeweiht wurde. Wenn der Nassersee<br />
überzulaufen droht und der Druck auf den Beton zu<br />
stark werden könnte, wird Wasser abgelassen. Das lässt<br />
den Strom dann bis zu drei Metern anschwellen. Der<br />
60-jährige Nubi muss dann, damit sein dreistöckiges<br />
schwimmendes Hotel noch unbeschadet die Brücken<br />
unterqueren kann, das Sonnendach herunterklappen.<br />
Es ist sogar schon vorgekommen, dass die Decksstühle<br />
und die Reling entfernt werden mussten.<br />
Das wär mal was: Dem Nil von den Quellen bis zum<br />
Assuan-Staudamm folgen. Und von dort bis hinunter<br />
zum Mittelmeer bei Alexandria. Und zwar stilecht – an<br />
Bord einer Feluke. An Bord kochen, wohnen – und segeln.<br />
Drei Monate würde die Fahrt allein für das zweite<br />
Teilstück dauern, bei stets gutem Wind, sagt Mahmut<br />
der Ältere. Darauf lasse sich jedoch kein Felukensegler<br />
ein. Eine Frage des Preises? Fast alles ist verhandelbar<br />
am Unterlauf des Nils, so scheint es. Der Grund ist ein<br />
anderer: Es gebe strenge Behördenaufl agen für Reisende<br />
im Lande Mubaraks, erklärt Muhamed aus Kairo.<br />
Zwar sei Rucksacktourismus möglich, aber viel Geduld<br />
und Zeit müsse dabei investiert werden, um die nötigen<br />
Visa zu erlangen und die Transfers in den jeweils zu befahrenden<br />
Revieren anzumelden. Sicherheit wird groß<br />
geschrieben, sagt der 57-jährige studierte Archäologe,<br />
der sein Geld mit dem Führen von Touristengruppen an<br />
historischen Orten verdient. Zu groß, um problemlos allein<br />
von A nach B zu gelangen? Doch vielleicht würde<br />
gerade dies den Reiz aus- und eine Nilfahrt zu etwas<br />
Besonderem machen? Eines steht jedoch fest: Wer diese<br />
Art eines Törns entlang des längsten Stromes der Welt<br />
plant, sollte neben einer ausreichenden Menge an Bakschisch<br />
vor allem Geduld mitbringen. Und viel, viel Zeit.<br />
INFO NIL-TÖRN Informationen über die „klassische Nilreise“ im<br />
Internet: www.vikingfl usskreuzfahrten.de. Teil einer jeden Reise<br />
ist ein – zumindest kurzer – Feluken-Segeltörn um Elephantine<br />
in Assuan. Vom Boot hat man einen guten Blick auf das legendäre<br />
Old Cataract Hotel, in dem teilweise Agatha Christies<br />
„Tod auf dem Nil“ spielt und von dessen Fuße das Filmschiff<br />
KARNAK ablegt. Neu: Flusskreuzfahrten auf dem Nassersee.<br />
Literatur für einen guten ersten Überblick: „Ägypten – Die<br />
klassische Nilreise“ von Hans-Günter Semsek, DuMont. Empfehlenswert:<br />
Bücher des arabischen Schriftstellers Nagib Machfus.<br />
1988 erhielt er den Literaturnobelpreis. Da war der Vater<br />
des ägyptischen Romans bereits 77 Jahre alt. Das bekannteste<br />
Werk des kleinen, dunkelhäutigen Mannes mit den dicken<br />
Brillengläsern ist „Die Midaq-Gasse“, aus dem auch das eingangs<br />
angeführte Zitat stammt (Zürich: Unionsverlag, 1985).<br />
Auch die weiteren, im Text enthaltenen und farbig gekennzeichneten<br />
Zitate stammen von Machfus, aus: „Das Hausboot<br />
am Nil“ (Kairo/Berlin: Edition Orient, 1982).
54<br />
FINN FLYER 36 yacht<br />
Die skandinavische Werft Finnyachts bietet mit der Finn Flyer 36<br />
eine sportliche Yacht an. Erhältlich sowohl in einer Cruising- als auch<br />
in einer Racing-Version, umgeht die Werft dabei geschickt den oft<br />
misslungenen Spagat zwischen Touren- und Regattaschiff. Anders<br />
als bei großen Massenwerften entstehen die Boote bei Finnyachts in<br />
reiner Handarbeit. Dies sorgt nicht nur für eine hohe Fertigungsqualität,<br />
sondern auch dafür, dass den Wünschen zukünftiger Eigner im<br />
besonderen Maße nachgekommen werden kann. Preis auf Anfrage.<br />
INFO WWW.FINNYACHTS.FI<br />
LÄNSMAN Lenzpumpe<br />
Die Lenzpumpe Länsman macht sich die natürlichen<br />
Bewegungen durch Wind, Schwell und den Zug an den<br />
Festmachern zunutze und pumpt im Boot vorhandenes<br />
Wasser mit einer Leistung von circa 2500 Liter pro Tag heraus.<br />
Die Materialien ermöglichen eine Zugfestigkeit von<br />
bis zu 1000 Kilonewton. Installation und Handhabung sind<br />
einfach. Länsman arbeitet rund um die Uhr umweltfreundlich<br />
und leistungsstark. Die Pumpe hat auf jeder Seite<br />
eine Schlaufe, die unter Zug die Pumpwirkung in Gang<br />
setzt. Länsman wird zwischen Festmacherleine und Boot<br />
montiert. Dabei sollte auf den Einsatz von Ruckdämpfern<br />
verzichtet werden. Der Preis liegt bei 58,95 Euro.<br />
INFO WWW.WATSKI.DE<br />
SELDÉN Schnappschäkel<br />
Für die Ausrüstung seiner Blöcke mit einem Schnappschäkel statt eines D-Schäkels hat<br />
Seldén eine einfache Lösung. Für die Blockserien 50, 60 und 80 Millimeter sind ab sofort<br />
Schnappschäkel lieferbar, die nachträglich statt der einfachen Schäkel an die Köpfe der<br />
Blöcke montiert werden können. Das ist besonders sinnvoll für Taljen, die abnehmbar<br />
sein sollen. Das Material aus hochfestem, nicht-rostendem Stahl hat selbstverständlich<br />
die gleichen hohen Arbeitslasten wie die Blöcke von Seldén. Preise ab 28,40 Euro.<br />
INFO WWW.GOTTHARDT-YACHT.DE<br />
SAILTEX High-End-Rigging<br />
EasyRigging und SmartRigging der Firma Sailtex sind Produkte für modernes Hightech-Kunstfaser-Rigging. igging.<br />
Gegenüber bekannter und herkömmlicher Takelage aus Draht oder Rod bietet es extreme Leistungs- eistungsund<br />
Gewichtsvorteile. EasyRigging ist die kostengünstigere und einfachere Lösung für Boote oote von<br />
circa zehn Fuß (Regattajollen) bis circa 45 Fuß Länge. Die extremen Gewichtsvorteile eile schon<br />
bei kurzen Kabellängen sind immens. EasyRigging ist mit Aramid- und PBO-Fasern<br />
BO-Fasern<br />
lieferbar und wurde speziell für das stehende Gut – Wanten, Vorstagen, en, Backstagen,<br />
Achterstagen usw. – von Segelbooten entwickelt. SmartRigging igging ist für<br />
Boote von circa 36 Fuß bis circa 210 Fuß Länge verfügbar. ar. Es wird mit<br />
Aramid- und mit PBO-Fasern geliefert. Auf diesem m Weg lassen<br />
sich Gewichtsersparnisse von 70 bis 90 Prozent zent erzielen.<br />
produkte<br />
HENRI LLOYD Hoodies<br />
Beste Wärme bei niedrigstem Gewicht – neu im Programm von Henri Lloyd 2009 sind<br />
die sportlich-modisch geschnittenen Kapuzenjacken für Herren und die attraktiven<br />
Kapuzenpullover für Damen. Die Trendfarben Lichtgrau und Carbon sind Hingucker<br />
auf jeder Yacht, in jedem Hafen und auf allen Promenaden. Das weiche und wärmende<br />
Polartec Thermal Pro ist angenehm zu tragen, leicht am Körper und transportiert<br />
überschüssige Feuchtigkeit von der Haut nach außen ab. Das Fleecematerial der<br />
Kapuzenpullover und -jacken ist extrem atmungsaktiv, trocknet schnell und schützt<br />
den Träger somit vor unnötigem Wärmeverlust. Der Preis liegt bei 169 Euro.<br />
INFO WWW.HENRILLOYD.DE
56<br />
STARS &<br />
stare<br />
Text Andreas Kling © Fotos ROLEX/Tom Körber<br />
Vor dem EM-Finaltag schienen die Medaillen bereits vergeben zu sein. 20 Punkte<br />
Vorsprung der Drittplatzierten Lööf/Tillander vor dem US-Duo Mark Mendelblatt und<br />
Mark Strub sprechen eine deutliche Sprache. „Unsere Ausgangsposition ist nicht so<br />
schlecht, obwohl die direkten Gegner besser waren“, meinte Steuermann Lööf.<br />
rbw regatta
„Vielleicht bekämpfen die beiden Spitzenmannschaften<br />
sich gegenseitig und wir werden lachende Dritte.“<br />
Auch mit dem Verlauf des sechsten Rennens am vorletzten<br />
Tag, das wegen stürmischer Böen erst nach<br />
dreistündiger Startverschiebung begann, war der<br />
Bronzemedaillengewinner von China 2008 zufrieden:<br />
„Wer als 29. die erste Luvtonne rundet und danach<br />
mehr als 150 Meter auf die Olympiasieger Percy/<br />
Simp son aufholt, sollte sich nicht grämen.“ Die Goldmedaillengewinner<br />
von China 2008 haderten allerdings<br />
mit ihrer Leistung. „Wir haben am letzten Tor einen<br />
großen Fehler gemacht, indem wir die linke statt der<br />
rechten Tonne rundeten.“ Die Brasilianer Scheidt und<br />
Prada (Führende in der Gesamtwertung) wählten die<br />
andere Bahnmarke. Das Finale könnte zum Matchrace<br />
der beiden Führenden werden. „Wir werden natürlich<br />
ein Auge auf die Briten haben“, meinte Scheidt,<br />
doch der AC-erfahrene und momentan zweitplatzierte<br />
Percy entgegnete: „Vor Zweikämpfen haben wir überhaupt<br />
keine Angst.“ Trotzdem gewannen die beiden<br />
Brasilianer Robert Scheidt und Bruno Prada die Rolex<br />
Baltic Week und sind somit neue Europameister der<br />
olympischen Starbootklasse. Die Silbermedaillengewinner<br />
von Qingdao 2008 drehten den Spieß diesmal<br />
um und verwiesen die Olympiasieger Iain Percy und<br />
Andrew Simpson aus Großbritannien auf Rang zwei.<br />
Bronze ging an die punktgleichen Schweden Fredrik<br />
Lööf und Johan Tillander. „Das war Hochspannung<br />
pur auch noch auf den letzten Meter“, meinte der<br />
58<br />
siegreiche Steuermann Robert Scheidt. „Wir hatten im<br />
letzten Rennen schon scheinbar sicher geführt, als der<br />
Wind abnahm und die Gegner von hinten aufkamen.“<br />
Letztlich musste er seinen Gegner nur nach hinten abdecken.<br />
„Wir haben zum Schluss taktische Fehler gemacht<br />
und hätten es auch nicht verdient gehabt, hier<br />
zu gewinnen“, resümierte Iain Percy eine Regatta, in<br />
der er nach einer langen Trainingspause konstant unter<br />
den besten drei der Gesamtwertung stand.<br />
Dabei startete die EM mit Melderekord (89 gemeldet<br />
– 86 Boote am Start) und einer Überraschung aus Japan,<br />
als Kunio Suzuki und Wada Daichi die erste Wettfahrt<br />
auf dem dritten Platz beendeten. Danach ging es<br />
Schlag auf Schlag: Alle aktuellen Olympiamedaillengewinner<br />
im Starboot führten nach dem zweiten Wettfahrttag<br />
auch die Zwischenwertung an. Das Spitzentrio<br />
mit Iain Percy und Andrew Simpson, den Schweden<br />
Fredrik Lööf und Johan Tillander sowie Robert Scheidt<br />
und Bruno Prada zudem noch punktgleich. Dahinter<br />
folgten mit Johannes Babendererde und Timo Jacobs<br />
aus Lübeck bereits die deutschen Shootingstars, zwölf<br />
Zähler zurück. „Wir sind hochzufrieden, schon mal<br />
bei den weltbesten Starbootcrews anklopfen zu können“,<br />
so Steuermann Babendererde. „Auch wenn die<br />
drei Teams vorne schon noch eine Welt für sich sind“,<br />
ergänzte Vorschoter Jacobs. Dennoch gelang es den<br />
Youngstern bei erneut frischen und stark böigen sowie<br />
drehenden Winden, in die ersehnte Welt einzutreten.<br />
ROBERT STANJEK, MARKUS KOY<br />
rbw regatta<br />
ALLE AKTUELLEN OLYMPIAMEDAILLENGEWINNER IM STARBOOT FÜHRTEN<br />
NACH DEM ZWEITEN WETTFAHRTTAG AUCH DIE ZWISCHENWERTUNG AN.
PHILIP CARLSON, BENJAMIN PETERSON
„ES WAR EINE GROSSARTIGE REGATTA MIT DEN HÄRTESTEN RENNEN<br />
SEIT AUGUST 2008“, SO ROBERT SCHEIDT, „VIEL WIND UND STARKE<br />
GEGNER VERLANGTEN UNS AUF DEM WASSER ALLES AB.<br />
62<br />
Im ersten Rennen des Tages lag der Star mit der Segelnummer<br />
GER 8378 an der ersten Luvtonne ganz<br />
vorne, verschwand dann aber im „Dickicht“ des hochkarätigen<br />
Felds, in dem elf der Top Zwölf der aktuellen<br />
Weltrangliste dabei sind. Jacobs: „Wir haben vor dem<br />
Wind taktisch daneben gehauen und mussten fast 20<br />
Gegner passieren lassen.“Umso höher ist die Moral<br />
der Lübecker einzuschätzen, die danach wieder konstant<br />
nach vorne kreuzten, zunächst unter die Top Ten<br />
und im Ziel bis auf Platz sieben.<br />
Babendererde und Jacobs haben mit dem fünften<br />
Gesamtplatz nicht nur den Kontakt zur Weltspitze<br />
aufgenommen, sondern nicht zuletzt durch ihren Tagessieg<br />
am letzten Wettkampftag auch gezeigt, dass<br />
sie zu den größten Hoffnungsträgern des DSV in den<br />
kommenden Jahren gehören, obwohl sie auf der EM<br />
den A-Kader nur um einen halben Punkt verpassten.<br />
„Natürlich hätten wir gern schon in Kiel den A-Kader<br />
klargemacht“, meinte Johannes Babendererde, „aber<br />
wir sind mit unserem Abschneiden mehr als zufrieden.“<br />
Ärgerlich für die Youngster: Den vor ihnen platzierten<br />
Schweizern drohte noch eine Disqualifikation<br />
wegen Vorfahrtsverletzung, doch die benachteiligten<br />
Portugiesen Afonso Domingos und Rocca Leone verzichteten<br />
an Land letztlich darauf, den angekündigten<br />
Protest einzureichen. Somit blieben die Titelverteidiger<br />
Robert Stanjek und Markus Koy aus Berlin<br />
und Hamburg am Ende auf Platz sechs hängen, zwei<br />
JOHANNES BABENDERERDE, TIMO JACOBS<br />
Zähler hinter ihrer nationalen Konkurrenz. Vor dem<br />
Schlusstag waren die Vorjahressieger noch drittbeste<br />
Europäer gewesen, hatten jedoch mit Platz 31 im vorletzten<br />
Rennen entscheidende Punkte verloren.<br />
„Es war eine großartige Regatta mit den härtesten<br />
Rennen seit August 2008“, so Robert Scheidt, „viel<br />
Wind und starke Gegner verlangten uns auf dem<br />
Wasser alles ab.“ Die Überlegenheit der Crews auf<br />
den Podiumsplätzen beeindruckte auch die Verfolger.<br />
„Ab Platz vier beginnt bereits die Silberflotte“, meinte<br />
Johannes Babendererde. Mehr als 40 Punkte separierten<br />
das unglaubliche Trio vom „Rest der Welt“.<br />
„Wir drei pushten uns gegenseitig bis ans Limit“, versuchte<br />
Fredrik Lööf eine Erklärung für die Zwei-Klassen-Gesellschaft<br />
der Stare zu finden, „das stachelt alle<br />
regelrecht an.“ Obwohl er sich wieder „nur mit Bronze“<br />
zufriedengeben musste, weil er in der detaillierten<br />
Endabrechnung einen vierten Platz weniger als Percy/<br />
Simpson zu Buche stehen hatte, war der Steuermann<br />
zufrieden. Lööf: „Mit einem neuen Vorschoter sofort<br />
wieder in der absoluten Weltspitze mitzumischen, verblüfft<br />
mich selbst.“<br />
Fotofi nish, gebrochene Masten, Gewitterfronten, Schauerböen,<br />
drehende Winde, schwache Winde – alles Zutaten<br />
für eine spannende Europameisterschaft. Prominentestes<br />
Opfer diverser Mastbrüche war die designierte<br />
Sportdirektorin des Deutschen Segler-Verbands (DSV),
(BRA) ROBERT SCHEIDT, BRUNO PRADA (SWE) FREDRIK LÖÖF, JOHAN TILLANDER<br />
Nadine Stegenwalner aus Hamburg. „Auf der letzten<br />
Vorwindstrecke brach in einer Halse das Unterwant und<br />
der Mast kam von oben“, berichtete die Steuerfrau. Probleme<br />
ganz anderer Art hatte Ex-Tornado-As Johannes<br />
Polgar aus Kiel, der mit dem Hamburger Weltumsegler<br />
und AC-Profi Tim Kröger an der Vorschot zwei Runden<br />
unter den Top Ten lag, er bekam auf seinem Heimatrevier<br />
gegen Ende seine Gewichtsnachteile zu spüren.<br />
„Auf der letzten Kreuz ins Ziel hat der Wind so zugelegt,<br />
dass wir einige Gegner durchwinken mussten“. Bei<br />
leichten Winden sah die Sache freilich anders aus.<br />
64<br />
RANKING<br />
01. Robert Scheidt/Bruno Prade (BRA)<br />
02. Iain Percy/Andrew Simpson (UK)<br />
03. Fredrik Lööf/Johan Tillander (SWE)<br />
05. Johannes Babendererde/Timo Jacobs (GER)<br />
06. Robert Stanjek/Markus Koy (GER)<br />
23. Johannes Polgar/Tim Kröger (GER)<br />
28. Alexander Schlonski/Fritjof Kleen (GER)<br />
29. Alexander Hagen/Kai Falkenthal (GER)
66<br />
portimão global ocean race rund bornholm<br />
Text Bendix Hügelmann<br />
Text Bendix Hügelmann © Foto Pepe Hartmann<br />
Boris Herrmann und Felix Oehme sind wieder zu Hause.<br />
Deutschlands neue Shootingstars der Segelszene<br />
kehrten am Mittwoch (15. Juli) nach neun Monaten<br />
Weltumseglung erstmals wieder in die Heimat zurück.<br />
Und Hamburg zeigte sich zum Empfang der Hochseeyacht<br />
BELUGA RACER und ihrer Crew von seiner<br />
besten Seite. Staatsrat Dr. Manfred Jäger, Segelvereinsvorstände,<br />
Honoratioren, Familienangehörige und<br />
Freunde sowie mehrere Hundert Fans machten der<br />
Mannschaft, die die Regatta Portimão Global Ocean<br />
Race gewonnen hat, beim Anlegen im Sandtorhafen<br />
ihre Aufwartung. Als das Feuerlöschboot BRANDDI-<br />
REKTOR KRÜGER auf der Elbe den Befehl „Wasser<br />
marsch!“ gab und seine Fontänen in weiten Bögen<br />
über die Elbe sprühte, segelte die BELUGA RACER<br />
auf den letzten Metern einer langen Reise. Rund<br />
30.000 Seemeilen haben Herrmann und Oehme auf<br />
ihr gelebt und gelitten, gefiebert und gefeiert.<br />
Start und Ziel der neunmonatigen Hochseeregatta lag<br />
in Portugal und dazwischen alle Ozeane dieser Erde.<br />
Das Kap der Guten Hoffnung rundeten die 28-jährigen<br />
Norddeutschen schon als Gesamtführende, das legendäre<br />
Kap Hoorn, den Mount Everest der Seefahrer,<br />
meisterten sie ebenso wie zermürbende Flauten und<br />
schwere Stürme. Da wirkte es fast gnädig, als Rasmus<br />
in Höhe Hamburgs Schokoladenseite bei Oevelgönne<br />
eine leichte Brise bereithielt, in der die BELUGA RA-<br />
CER noch einmal ihr volles Segelkleid zeigte. Der Autopilot<br />
steuerte, und die Besatzung stand Arm in Arm<br />
auf dem Großbaum, in der anderen Hand eine Leuchtfackel<br />
zur Begrüßung der Mitreisenden. Die Großfamilien<br />
hatten eine Hafenbarkasse gechartert, die der<br />
Rennyacht mit zahlreichen Motorbooten elbabwärts<br />
entgegengefahren war. Der Kurs führte sie vorbei am<br />
Fischmarkt und den Landungsbrücken mit der grünen<br />
RICKMER RICKMERS und dem ehemaligen Bananenfrachter<br />
CAP SAN DIEGO im Hintergrund. Als<br />
die Brücke zum neuen Sandtorhafen geöffnet wurde,<br />
waren viele den Freudentränen nahe. Neun Fernsehkameras<br />
und ungezählte Fotoapparate richteten sich<br />
auf das Deck der zwölf Meter langen BELUGA RACER, als es den Müttern Heide Härtel-Herrmann<br />
und Birgit Stamp-Oehme vorbehalten war, ihre stolzen Söhne als Erste<br />
willkommen zu heißen und ganz fest in die Arme zu schließen. Staatsrat Jäger von<br />
der Hamburger Behörde für Medien, Sport und Kultur zeichnete die Sieger mit einem<br />
Lorbeerbusch – anstelle eines Lorbeerkranzes – aus und wünschte in der kommenden<br />
Zeit ein wenig Muße für einen Becher Kaffee aus einer gebrandeten Tasse der Olympia-<br />
und Sportstadt Hamburg.<br />
Martin Muth, Projektleiter der Bootsausstellung hanseboot, die im Oktober ihren Messehafen<br />
erstmals an gleicher Stelle öffnen wird und bei der Organisation des Coming-<br />
Home-Events half, hielt zwei große Blumensträuße und Glaskaraffen in Form von Segelbooten<br />
mit Sherry parat. Daraufhin versprach Co-Skipper Felix Oehme spontan:<br />
„Wenn Boris im Herbst schon wieder nach Mexiko segelt, werde ich ihn persönlich<br />
auf der hanseboot live über Skypevideo interviewen.“ Auch die Mitgliedsvereine der<br />
beiden, für Boris Herrmann der Kieler Yacht-Club mit seinem Vorsitzenden Henning<br />
Winter sowie für Felix Oehme der Lübecker Yacht-Club mit dem stellvertretenden<br />
Vorsitzenden Udo Ott, und Gero Brugmann als zweiter Vorsitzender des Norddeutschen<br />
Regatta Vereins, der extra drei Begleitboote für den Empfang organisiert hatte,<br />
zeigten Flagge. „Versuche, deinen Traum zu verwirklichen!“ Diese Maxime stand am<br />
Anfang von zwei Segelkarrieren, die wie ein Zufall und doch eine Notwendigkeit zueinandergefunden<br />
haben. „Wir waren einst Gegner auf dem Wasser, das Leistungsniveau<br />
auf Augenhöhe“, erinnerten Herrmann und Oehme an den Ausgangspunkt ihres<br />
Abenteuers, das sie zu den ersten deutschen Hochseeseglern überhaupt gemacht hat,<br />
die zu zweit eine Regatta für nur 40 Fuß lange Schiffe rund um den Globus gewannen.<br />
Sie harmonierten wie ein Schweizer Uhrwerk. Streit an Bord? Fehlanzeige.<br />
Zurück in Hamburg ließen sich die sympathischen, von der Meeressonne gebrannten<br />
Kerle mit Schampus duschen und immer wieder innig herzen. Der Glückwunschparcours<br />
schien nicht abreißen zu wollen, als es Zeit war, nach vorn zu blicken. Noch<br />
ein paar Tage tourt die BELUGA RACER, übrigens eine Serienyacht vom Typ Akilaria<br />
Class 40, mit Boris Herrmann und Felix Oehme durch Deutschland; am Donnerstagabend<br />
wird sie in der Kieler Innenförde beim KYC erwartet und zum Wochenende auf<br />
der 120. Travemünder Woche. Danach trennen sich die Wege eines eingeschweißten<br />
Duos, das für die Tausende virtuellen Regattabegleiter im Internet schon unzertrennlich<br />
schien. Felix Oehme wird bei „Airbus“ Doktorand im Maschinenbau und Boris<br />
Herrmann setzt wieder die Segel: „Dank meines Sponsors, der Bremer Projekt- und<br />
Schwergutreederei Beluga Shipping, und seines geschäftsführenden Gesellschafters<br />
Niels Stolberg kann ich mit einer anderen, noch schnelleren Class-40-Yacht, die<br />
wieder BELUGA RACER heißen wird, am Rolex Fastnet Race teilnehmen und bereite<br />
mich danach auf die Solidaire du Chocolat von Frankreich nach Mexiko vor.“<br />
INFO WWW.BELUGA-RACER.COM<br />
Zum Abschluss der Seeregatten der Warnemünder<br />
Woche wurden am Morgen des 07. Juli 2009 insgesamt<br />
69 seegehende Yachten in neun Startgruppen<br />
auf die traditionsreiche Langstreckenregatta Rund<br />
Bornholm geschickt. Wie jedes Jahr geisterten diverse<br />
Wettertheorien bezüglich der Rundungsrichtung Bornholms<br />
bereits auf der Farewell-Party bei Wurst und<br />
Bier am Abend vorher durch das Teilnehmerfeld: Die<br />
Besonderheit der Rund Borholm Regatta liegt darin,<br />
dass exklusive Start- und Ziellinie im alten Strom in<br />
Warnemünde nur eine weitere Bahnmarke zu runden<br />
ist – die Insel Bornholm selbst. In welcher Richtung<br />
diese gerundet wird, steht den Teilnehmern dabei<br />
frei. Ob am Morgen des Starts ein letzter Blick auf<br />
die Wettertafel geworfen wurde oder die Bordrechner<br />
aktuellste Wetterprognosen ein vorerst letztes<br />
Mal durchrechneten – es nützte nichts. Mit Wind von<br />
achtern ging die Flotte in ein taktisch anspruchsvolles<br />
Rennen über eine Distanz von 270 bis 300 Seemeilen,<br />
ohne abschätzen zu können, in welcher Richtung<br />
Bornholm zu runden sein würde. Schnell zogen die<br />
zuletzt gestarteten Yachten der neu ins Leben gerufenen<br />
hanseboot Open Offshore IRC-Meisterschaft an<br />
den Booten der anderen Startgruppen vorbei. Allen<br />
voran die Reichel/Pugh 56 SCHO-KA-KOLA von Uwe<br />
Lebens und das Jugendboot des WSC, die UTSIDER,<br />
geskippert von Jan Brügge. Der Wind hatte über den<br />
Tag abgeflaut, schwül war es geworden, sodass gegen<br />
Abend die ersten lokalen Gewitterzellen über Rügen<br />
aufzogen. Regenschauer und starke Böen zogen<br />
das Feld weiter auseinander, als die Nacht über die<br />
Flotte hereinbrach, waren die Yachten untereinander<br />
kaum noch in Sichtweite.<br />
Gemäß dem letzten Wetterbericht, der für Mitt wochnachmittag<br />
stark rechtsdrehende Winde im Raum<br />
Bornholm vorhergesagt hatte, rundeten die meisten<br />
Yachten die Insel von Süden nach Norden und begaben<br />
sich auf ein langes Kreuzbein bis vor die Küste<br />
von Møn, um nach Möglichkeit mit dem vorhergesagten<br />
Dreher auf einem ebenso langen, hohen Bein<br />
shorttrack<br />
bis vor die Warnowmündung und somit ins Ziel zu schlagen. Als die zweite Nacht<br />
über die weit verteilte Flotte hereinbrach, hatte der Wind im Mittel auf 25 Knoten<br />
zugelegt, Tendenz: zunehmend. In Ergänzung zum mittlerweile frisch wehenden Wind<br />
hatte sich eine beachtliche Welle aufgebaut, mit der vor allem die kleineren Yachten<br />
im Feld zu kämpfen hatten. Als in der Nacht zum Donnerstag nach 36 Stunden und 51<br />
Minuten Uwe Lebens’ SCHO-KA-KOLA als erste Yacht die Ziellinie überquerte, hatten<br />
sich bereits mehrere Teilnehmer aus dem Rennen abgemeldet, um Schutz zu suchen.<br />
Schlussendlich erreichten von 69 gestarteten Yachten 40 das Ziel in Warnemünde.<br />
Den begehrten hanseboot-Pokal für die schnellste Yacht nach gesegelter Zeit gewann<br />
Uwe Lebens mit seiner SCHO-KA-KOLA. In der Klasse hanseboot Open Offshore<br />
gewann die ILVITELLO, eine Comet 45 von Christoph Avenarius. Sieger der Klasse<br />
Yardstick 1 wurde die Luffe 43 NORDER von Robert Beck und TZIGANE, eine Cayenne<br />
International, von Hannes Nissen gewann die Gruppenwertung Yardstick 1b.In<br />
der Klasse Yardstick 2 hatte Ulrich Groß mit seiner CB 33 VIVA die Nase vorne. Die<br />
KEA, ein Vierteltonner Typ Hiddensee, von Andreas Wenndorf ging als einziger Teilnehmer<br />
der Gruppe Yardstick 3+4 ins Ziel und gewann somit diese Wertung. Bei den<br />
ORC-Klassen gewann die IMX 40 IMAGINE von Heiko Steinbrückner die Klasse ORC<br />
1, ebenso wie den Kyria Pokal für die schnellste Yacht nach berechneter Zeit. In ORC-<br />
Klasse 2 siegte die BELLA (Grand Soleil 40c) von Jörn Schlanert. Falk Einecke gewann<br />
mit GERONIMO (Vision 32) die Klasse ORC 3+4. Den Wettstreit zwischen den beiden<br />
VOR-Yachten konnte die SEB II mit Steuermann Martin Kringel für sich entscheiden.
kieler woche<br />
Text Denis Grau © Foto Christian Beek www.segel-bilder.de<br />
Im nacholympischen Jahr sind die deutschen Segler<br />
zur Kieler Woche bestens in Form. Ganz cool mit<br />
einem zweiten Platz im Finale fuhren die Flensburger<br />
49er-Akteure Lennart Briesenick-Pudenz/Morten<br />
Massmann zu ihrem bisher größten Erfolg. Gar ganz<br />
ohne Makel war die Serie von Surferin Moana Delle<br />
(Kiel), die in allen sechs Rennen ihr Brett als Erste<br />
über die Linie steuerte. Und gegen die Routine des<br />
Paralympics-Siegers von 2000, Heiko Kröger (Kiel),<br />
war die Konkurrenz in der 2.4 mR machtlos. Die drei<br />
Siege bescherten den deutschen Seglern einen grandiosen<br />
Abschluss der olympischen Regatten im 127.<br />
Jahr der Kieler Woche. Mit drei Siegen in elf Disziplinen<br />
setzten sie sich an die Spitze der Nationenwertung,<br />
sorgten damit für ein gelungenes Debüt beim<br />
ersten <strong>Sailing</strong> World Cup vor Kiel. Jeweils zwei Siege<br />
verbuchten die USA und Polen.<br />
Allem Erwartungsdruck zum Trotz segelten die deutschen<br />
49er im doppelt gewerteten Medalrace auf<br />
Platz zwei, verteidigten damit die am Vortag erkämpfte<br />
Führung. „Wir haben auf niemanden groß<br />
geschielt, sind einfach unser Rennen gefahren“, verriet<br />
Steuermann Briesenick-Pudenz das Erfolgsrezept.<br />
Sein Vorschoter gestand allerdings, „zu Beginn ganz<br />
schön nervös“ gewesen zu sein. „Als wir gemerkt<br />
haben, dass die Grundgeschwindigkeit stimmt, sind<br />
wir ruhiger geworden. Nach dem Zieldurchgang war<br />
das schon ein gutes Gefühl. Es gab auch gleich einen<br />
Schluck Sekt“, so Massmann. Im vergangenen Herbst<br />
noch ohne Boot und klare Olympia-Kampagne können<br />
Briesenick-Pudenz/Massmann nun zuversichtlich<br />
in Richtung 2012 blicken. Mit Top-Ten-Platzierungen<br />
bei den Weltcups auf Mallorca und in Hyères und<br />
der Krönung nun vor Schilksee sind sie in der Weltspitze<br />
angekommen. Der Kurs in Richtung Weymouth<br />
scheint eingeschlagen, die Zielsetzung für dieses Jahr<br />
wollen die Flensburger aber nicht nach oben korrigie-<br />
68<br />
ren. „Bei der WM auf dem Gardasee wollen wir unter die Top 16, um die B-Kader-<br />
Kriterien zu erfüllen. Davon weichen wir nicht ab“, so der 21-jährige Steuermann.<br />
Erschöpft, aber glücklich passierte Moana Delle die Ziellinie. Der sechste Sieg im<br />
sechsten Rennen war eine Demonstration ihrer Überlegenheit in diesem Feld. Als die<br />
20-Jährige bereits ihren ersten Kieler-Woche-Erfolg feiern durfte, hatte die gesamte<br />
Konkurrenz noch zwei Rundungstonnen vor sich. Die ehemalige Schülerin des Kieler<br />
Sportinternats gab sich aber bescheiden: „Ich hätte nicht erwartet, dass es so gut<br />
läuft. Es waren zwar viele Top-Surferinnen wegen der Terminüberschneidung mit der<br />
Europameisterschaft nicht dabei. Aber einige Olympiateilnehmerinnen waren schon am<br />
Start.“ Den starken Auftritt vor Kiel führt sie vor allem auf das intensive Training in<br />
den vergangenen Jahren zurück. „Der Umzug ins Internat war die richtige Entscheidung.<br />
Jetzt ernte ich die Früchte für die harte Arbeit.“ Mit ihrer makellosen Bilanz gewann<br />
Moana Delle ebenso wie der Brite Paul Goodison im Laser den Roosevelt-Pokal<br />
für die punktbesten Kieler-Woche-Sieger über alle Klassen.<br />
Nur vermeintliche Routine ist ein Sieg auf dem Heimatrevier für Heiko Kröger. Zum<br />
vierten Mal gewann er in der 2.4 mR. „Aber jeder Sieg ist anders und jeder Sieg<br />
ist schön“, so der Behinderten-Segler, der in der dieses Mal offen ausgeschriebenen<br />
Mini-Zwölfer-Klasse siegte. Grundstein für den Erfolg war Krögers Konstanz. „Alle<br />
anderen haben auch mal einen schlechten Tag erwischt.“ Starke Ergebnisse für den<br />
Deutschen Seglerverband (DSV) verbuchten zudem Toni Wilhelm als Zweiter bei den<br />
Surfern, die fünftplatzierten Starboot-Segler Alexander Schlonski/Frithjof Kleen (Rostock),<br />
die 470er-Frauen Wibke Wriggers/Geeske Genrich (Hannover) auf Platz fünf<br />
und ihre Klassenkollegen Jan-Jasper Wagner/Lennart Scheufl er (Berlin) als Sechs te<br />
bei den Männern.<br />
Angesichts dieser deutschen Bilanz fiel das Fazit der designierten Sportdirektorin des<br />
DSV, Nadine Stegenwalner, sehr zufrieden aus: „Das ist ein schöner Start in die Olympiade.<br />
Aber bis 2012 gibt es noch viel zu tun. In Weymouth wollen wir besser abschneiden<br />
als in Qingdao.“ Die sonst so erfolgsverwöhnten Briten mussten sich vor<br />
Kiel mit dem Laser-Erfolg von Olympiasieger Paul Goodison begnügen. Die Konkurrenz<br />
der Laser-radial-Frauen gewann Paige Railey, die damit neben dem Starboot-Erfolg<br />
von Mark Mendelblatt den zweiten amerikanischen Sieg einfuhr. Für australisches<br />
Gold sorgte Katie Spithill mit ihrer Damen-Matchrace-Crew, Lorbeeren für die Niederlande<br />
fuhr Lisa Westerhof im 470er ein, während Europameister Semi Fantela (Kroatien)<br />
bei den 470er-Männern dominierte. Den polnischen Doppelsieg machten Surfer<br />
Przemyslaw Miarczynski und Finn-Segler Rafal Szukiel perfekt.<br />
shorttrack
iShares Cup<br />
Text Denis Grau © Fotos Tom Körber<br />
Sie ist spektakulär, ein Zuschauermagnet und bietet Segelsport<br />
pur und zum Anfassen – die iShares Cup Extreme<br />
40 <strong>Sailing</strong> Series gastiert vom 28. bis 30. August<br />
zum zweiten Mal in KIEL SAILING CITY. Insgesamt zehn<br />
Teams haben vor der Saison für die sechs europäische<br />
Stationen umfassende Segelserie gemeldet – eine illustre<br />
Reihe, in der sich 40 Segler befi nden, die Medaillen<br />
bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und<br />
kontinentalen Wettkämpfen in Serie gesammelt haben.<br />
America`s-Cup-Teilnehmer und Weltumsegler sind dabei<br />
und mit den Franzosen Franck Cammas und Loïck Peyron<br />
zudem zwei Legenden des Katamaransegelns. In diesem<br />
Jahr geht erstmals eine deutsche Crew im Boot vom<br />
WIRSOL TEAM GERMANY KIEL.SAILING CITY an den<br />
Start. Am Montag, 20. Juli, stellte Kiels Oberbürgermeister<br />
Torsten Albig gemeinsam mit Stefan Riel, Vorstand<br />
des Hauptsponsors WIRSOL Solar AG, das deutsche<br />
Team vor. Der Solardienstleister aus dem Südwesten<br />
Deutschlands möchte mit seinem Engagement den Startschuss<br />
für eine kommunale Klimaschutzinitiative im Nor-<br />
70<br />
den Deutschlands geben. Noch wichtiger als ein gutes Abschneiden ist den Veranstaltern<br />
WIRSOL und Kiel-Marketing GmbH – KIEL.SAILING CITY, dass mit der Teilnahme eines<br />
deutschen Teams in Kiel ein klares Zeichen zur Nachwuchsförderung im Hochleistungssegelsport<br />
gesetzt wird. Für das WIRSOL TEAM GERMANY KIEL.SAILING CITY wurde<br />
eine junge Allstar-Mannschaft mit den besten Multihullseglern Deutschlands verpfl ichtet.<br />
Skipper ist Roland Gäbler, der auf zahlreiche Erfolge bei Olympischen Spielen, Welt- und<br />
Europameisterschaften zurückblickt. Das Steuer übernimmt der 24 Jahre junge Tino Mittelmeier,<br />
der bereits Junioren-Welt- und Junioren- Europameister-Titel erkämpfte und der<br />
jüngste Steuermann der iShares-Serie ist. Nico Mittelmeier (27 Jahre) und Gunnar Struckmann<br />
(27 Jahre) komplettieren das junge deutsche Team. Alle vier Segler sind erfolgreich<br />
im einst olympischen Tornado gesegelt und kennen sich bestens mit zwei Kufen aus. Das<br />
Eventgelände des iShares Cup liegt zwischen dem Kieler IFM-Geomar und der Reventlouwiese,<br />
birgt eine Ausstellung in Pagodenzelten, vor allem aber Platz für „Sehleute“,<br />
die die Kurzregatten auf der Förde verfolgen möchten. Wie im Vorjahr auch werden die<br />
einzelnen Rennen kommentiert und begleitet. Zuschauen, staunen und Spaß haben gibt<br />
es im Übrigen ganz ohne Eintrittskarten, allerdings hat die Kieler Premiere 2008 gezeigt,<br />
dass frühes Kommen gute Aussichtsplätze sichert. Der iShares Cup erlebt seine insgesamt<br />
dritte Saison und die führt erneut über die einzige deutsche Etappe in Kiel. Mit<br />
insgesamt rund 80.000 Zuschauern setzte KIEL SAILING CITY 2008 eine Rekordmarke.<br />
INFO WWW.KIEL-SAILING-CITY.DE | WWW.WIRSOL.DE<br />
shorttrack
travel antibes<br />
73<br />
Text & Fotos © Matt. Müncheberg. Matt. wohnt in Berlin-Friedrichshagen und bereist als <strong>Journal</strong>ist und Fotograf mit dem Schwer-<br />
punkt Wassersport die Welt. Aktuell erhältlich ist sein neues Bordbuch Berlin 2009. Internet: www.muencheberg-media.com.<br />
Zunächst lief alles wie geschmiert auf ein anderes dieser Zeit das Geschwin-<br />
der stolzen Segelyacht MOONBEAM IV. digkeitspotenzial eines Racers mit dem<br />
Der 1914 von William Five junior für Komfort eines Cruisers kombiniert,<br />
den Briten Charles Plumtree Johnson die Wendemarke der Regatta vor den<br />
gezeichnete, 35 Meter über alles lange Stränden von Juan-les-Pins auf der<br />
Gaffelkutter hat Klüver, Vorsegel und anderen Seite des Caps mit mehreren<br />
Groß gesetzt und befindet sich bereits Schiffslängen Abstand vor dem erbit-<br />
auf der Rückfahrt zur Ziellinie. Die terten – und einzigen – Gegner dieses<br />
schwimmt, gekennzeichnet durch ein Rennens, dem Schwesterschiff MOONvor<br />
Anker liegendes Schiff und eine BEAM OF FIFE III, passiert. Die Sonne<br />
gelbe Tonne in der Form eines Te- brennt über einem fast wolkenlosen,<br />
traeders, in Sichtweite vor dem Fort dunkelblauen Himmel, der Wind bläst<br />
Carré, einem der Wahrzeichen des mäßig aus Nordwest, die Stimmung an<br />
Côte-d`Azur-Städtchens Antibes an der Bord ist gut und die MOONBEAM IV fährt<br />
moo nbe<br />
südfranzösischen Mittelmeerküste.<br />
am<br />
Kurz mit schöner Rauschefahrt auf Halb-<br />
zuvor hat das Segelschiff, das wie kaum windkurs Richtung Ziel.<br />
IV<br />
WEISST DU, WER ICH BIN?
„WEISST DU, WER ICH BIN? DER MONDSTRAHL. WEISST DU, WOHER<br />
ICH KOMME? SCHAU NACH OBEN!“, SCHRIEB DER FÜR SEGELSCHIFFE<br />
SCHWÄRMENDE FRANZÖSISCHE SCHRIFTSTELLER GUY DE MAUPASSANT.<br />
Dann kam der Mistral. Wie aus dem Nichts<br />
fällt der berüchtigte, kalte Mittelmeerwind,<br />
den die Einheimischen auch Aurassos nennen,<br />
wenn er sehr stark bläst, oder Cisampo, wenn<br />
er außergewöhnlich kalt weht, über die berühmte Big<br />
Class der 20er-Jahre her. Er rüttelt am Rigg und zerrt<br />
an Schoten und Tuch. Das 84 Tonnen verdrängende,<br />
Teak auf Eisen geplankte Schiff schüttelt sich kurz,<br />
und beginnt, stark zu krängen. Mikael Créac´h wirft<br />
einen kurzen, prüfenden Blick in die Segel. Dann gibt<br />
der Skipper kurz und knapp das Kommando, die Vorsegel<br />
zu bergen. Jeremie Le Floc`h, sein 31-jähriger<br />
Bootsmann, und die Vorschiffscrew um die 30-jährige<br />
Géraldine Gomez, den erst 24-jährigen Tristan Rouff<br />
und die 27 Jahre alte Emmanuelle Bily handeln sofort.<br />
Nur Minuten später ist das weiße, im Wind schlagende<br />
Tuch gebändigt und an Klüverbaum und Deck<br />
gesichert. Nur mehr mit dem gesetzten Gaffel-Groß<br />
gischtet das weiße Schiff kurze Zeit später als endgültiger<br />
Match-Race-Sieger durchs Ziel.<br />
Das Duell der beiden klassischen Schwestern anlässlich<br />
der Les Voiles d`Antibes ist der stilvolle Paukenschlag,<br />
mit dem die diesjährige Regattaserie für<br />
klassische und die sogenannten Vintage-Yachten am<br />
Mittelmeer eröffnet wurde. Noch nie hatten sich die<br />
so ähnlichen, nur in Länge und Segelfläche sich auf<br />
den ersten Blick unterscheidenden Yachten dort im<br />
direkten Wettkampf Boot gegen Boot ihre Kräfte gemessen.<br />
Doch weitere Wettfahrten im Rahmen der<br />
renommierten Panerai Classic Yachts Challenge mit<br />
ähnlich spannenden Rennen folgen: etwa die Vele<br />
d´epoca a Porto Rotondo in Italien vom 9. bis zum 13.<br />
September. Oder die vor dem französischen Cannes<br />
nur eine Woche später, vom 21.bis zum 26. September,<br />
laufenden Régates Royales. Hier geben sich<br />
schon traditionell die Yachten, welche in der Klassi-<br />
74<br />
kerszene des Mittelmeerraumes Rang und Namen haben,<br />
ein Stelldichein. Darunter finden sich regelmäßig<br />
so wohlklingende Namen wie IONA, TIGRIS, BONA<br />
FIDE, WAYWARD oder LULU. All diese Yachten haben<br />
eines mit der MOONBEAM OF FIFE III, der kleinen<br />
Schwester der „IV“, gemeinsam: Sie sind älter als<br />
100 Jahre, und dabei doch noch – oder besser: wieder<br />
– bestens in Form.<br />
Tatsächlich ist auch die MOONBEAM IV heute in<br />
einem wesentlich besseren Zustand als noch vor wenigen<br />
Jahren. Nachdem Charles Johnson 1926 seine<br />
Yacht an Henry „Nipper“ Cecil Suton krankheitsbedingt<br />
abgegeben hatte, wechselte sie fortan mehrmals<br />
ihre Eigentümer: 1937 hießen die Reginald B.<br />
Asley, John P. T. Boscawen und J. E. Cowie. Neun<br />
Jahre später wurde das Boot von Colin C. McNiel<br />
erworben. 1947 folgte M. E. Binet, und schließlich<br />
wurde die MOONBEAM IV sogar von Prinz Rainier<br />
von Monaco aufgekauft, der sein neues Spielzeug<br />
sogleich in DEO JUVANTE (Mit Gottes Hilfe), das<br />
offizielle Familienmotto, umtaufte. Das war im Jahr<br />
1950. Über den Grund, warum der Prinz seine Yacht<br />
nur fünf Jahre später schon wieder weiterveräußerte,<br />
kann nur spekuliert werden. Es wird behauptet, dass<br />
Grace Kelly, die Frau des blaublütigen Seglers, sich<br />
am Hochzeitsabend auf die Ex-MOONBEAM zurückgezogen<br />
hatte … 1959 gelang das Schiff dann unter<br />
dem Namen DULSOL in den Besitz der Société Civile<br />
de Plaisance et de Croisière von Monaco. Seitdem<br />
durfte die Yacht wieder ihren ursprünglichen Namen<br />
führen. Nahezu jeder der Eigner, durch dessen Hände<br />
das Schiff im Laufe der Jahrzehnte gegangen war,<br />
hatte hier und dort mehr oder weniger gravierende<br />
Veränderungen an Rumpf, Motorisierung, Innenausbau<br />
oder Rigg vorgenommen – nicht immer zum Vorteil<br />
des edlen Fife-Risses.<br />
Ganz in seinem Element: Bootsmann<br />
Jeremie Le Floc`h beim Segellatten-<br />
Wechsel. Währenddessen rauscht die<br />
MOONBEAM IV durch die aufgewühlte<br />
See bei den Regatten der Panerai<br />
Classic Challenge vor Antibes.
Führte die MOONBEAM IV beim Duell der Schwestern souverän zum Sieg: „So we have won the<br />
challenge with MOONBEAM III three to one“, freute sich Skipper Mikael Créac`h nach den Rennen.<br />
76<br />
Ihren absoluten Tiefpunkt erlebte die MOONBEAM jedoch,<br />
als das Schiff nach 1970 jahrelang für ein griechisches<br />
Unternehmen in Charter lief. „Der Rumpf ist<br />
marode, die Yacht ein Wrack“, lautete das Urteil des<br />
„Fairlie Restorations“-Chefs Duncan Walker im Jahr<br />
1995. Umso mutiger erscheint heute der damalige Entschluss<br />
von Francoise und John Murray, den neuen Eigentümern,<br />
die MOONBEAM zu restaurieren und mit ihr<br />
die Welt zu umsegeln. Gesagt, getan: 2002 erfolgte der<br />
zweite Stapellauf der MOONBEAM. Seitdem zeigt sich<br />
das Schiff wieder bei Wettfahrten vor allem in mediterranen<br />
Gefi lden und ist gern gesehener – und in den Hä-<br />
fen stets dichtumdrängter – Gast auf den Traditionsveranstaltungen<br />
an der Côte. Und es ist unter dem jetzigen<br />
Eigner Xavier Tancoqune mit dem Duo Mikael Creac`h<br />
und Jeremie Le Floc`h an Deck wieder ein sehr ernst zu<br />
nehmender Gegner auf den Klassiker-Regattabahnen.<br />
Sehen und gesehen werden und sich vor allem im sportlich-fairen<br />
Wettkampf unter weißem Baumwolltuch miteinander<br />
zu messen, um im Anschluss daran den Sieg – oder<br />
die Niederlage – gemeinsam zu feiern, lautet das Motto<br />
der bunten Klassikerfestivals an der französischen und<br />
der monegassischen Süd- sowie Italiens Nordwestküste.<br />
„DER RUMPF IST MARODE, DIE YACHT EIN WRACK“,<br />
LAUTETE DAS URTEIL DES „FAIRLIE RESTORATIONS“-<br />
CHEFS DUNCAN WALKER IM JAHR 1995.<br />
travel antibes<br />
Kein Mangel an helfenden Händen: 25 bis 30 Crewmitglieder werden auf der MOONBEAM IV<br />
bei Wind benötigt. Die Ruhepausen an Bord sind rar, eine Wende ist Knochenarbeit.
Im Kielwasser der MOONBEAM IV: Die kleinere Schwester MOONBEAM OF FIVE III folgt - und fällt zurück. Beide Segler<br />
mit- und gegeneinander regattieren zu sehen, war für viele das Highlight bei der diesjährigen Les Voiles d`Antibes.
Man kennt und man schätzt sich. So wie die Kapitäne<br />
der beiden legendären MOONBEAMs. Auch wenn das<br />
Fazit der Rennserie („strong but great sailing days“) vor<br />
dem Chateau Grimaldi aus dem Munde von Skipper<br />
Creac`h eindeutig ausfällt („So we have won the Challenge<br />
with MOONBEAM III three to one.“), wird am<br />
Abend nach den Rennen doch ausgelassen zusammen<br />
gefeiert. Man gönnt den Jungs und Mädels mit der Acht<br />
auf dem Rücken den Sieg – jedenfalls für dieses Mal.<br />
Das nächste Mal werden die Karten neu gemischt. Bis<br />
dahin wird im Segler-Village am Ende des Quai Henri<br />
Rombaud auf dem Gelände des Chantier Naval getanzt,<br />
80<br />
Schräge Sache: Zeit für eine kurze Zigarettenpause auf der hohen Kante beim Amwind-Kurs Richtung Ziel.<br />
man trinkt ein Bier im Café de Porte an der Ecke Boulevard<br />
d´Aguillon/Rue Aubernon am Ancienne Porte<br />
Marine oder relaxt am nahen Plage de la Gravette.<br />
Überhaupt lässt es treffl ich genießen, das Dolcefarniente<br />
in der drittgrößten Stadt an der Côte d`Azur: Die historische<br />
Altstadt ist groß genug, um den touristischen<br />
Rummel zu schlucken, und dabei doch kleinteilig und<br />
intim, sodass man ab und an bekannte Gesichter treffen<br />
oder neue kennenlernen kann. Wie etwa am Fuße des<br />
Schlosses in der eisernen Jugendstil-Markthalle, in der,<br />
gut beschattet von einer verspielten Metallkonstruktion<br />
Funktioniert glänzend: Kompass auf der MOONBEAM IV.<br />
Einheitskleidung: Für jedes Crewmitglied gibt es an Bord der MOONBEAM IV<br />
Segelshirt und -hose mit der obligatorischen schwarzen Acht auf dem Rückenteil.
aus der Zeit um die Jahrhundertwende, feinste provenzalische<br />
Leckereien feilgeboten werden. Hier treffen<br />
wir auch Antonia Kotterer. Zusammen mit ihrem Mann<br />
Cornelius steuert sie ihren stolzen A&R-Riss ADRIA aus<br />
dem Jahr 1934 über die Regattabahnen vor der Küste.<br />
Wenn Zeit bleibt, etwa weil die Abeking&Rasmussen-<br />
Baunummer 2817 wie am gestrigen Sonnabend in<br />
einen Crash verwickelt wurde, gibt es statt salziger<br />
Gischt auf der Haut eben Austern satt mit Schampus<br />
am Vormittag, frisch geordert von der Markthalle und<br />
goutiert gleich nebenan im Straßencafé … Wer es etwas<br />
preiswerter mag, hat beste Sicht auf die vorbeidefi<br />
lierenden Einheimischen und ihre Gäste etwa im Straßencafé<br />
an der Ecke Rue de la République/Rue Thuret<br />
am nordöstlichen Ende des Place Nationale. Hier hat<br />
man bei einem frischen, wohlschmeckenden Roséwein<br />
für 2,50 Euro das Glas beste Unterhaltung – und steckt<br />
mittendrin im Trubel des sympathischen Küstenortes,<br />
der schon im fünften oder vierten vorchristlichen Jahr-<br />
© Foto Tom Körber<br />
hundert von Griechen aus Marseille als eine Handelsstation<br />
gegründet wurde, die den Namen Antipolis (die<br />
„Gegenstadt“ zu Nizza) gegründet wurde.<br />
Beide MOONBEAM-Yachten verdanken ihre Namen<br />
übrigens einem Gedicht: „Weißt du, wer ich bin? Der<br />
Mondstrahl. Weißt du, woher ich komme? Schau nach<br />
oben!“, schrieb der für Segelschiffe schwärmende<br />
französische Schriftsteller Guy de Maupassant. Beide<br />
Schiffe eint neben dem romantischen Namen vor<br />
allem jedoch eines: ihre edle Herkunft. Beide Ausnahmeyachten<br />
stammen aus der für harmonisch strakende<br />
Linien und schnelle Schiffe berühmten Werft William<br />
Fife & Son in Fairlie. Allein beim Aussprechen des Namens<br />
einer der kurz nach der Jahrhundertwende vom<br />
Stapel gelaufenen Yachten bekommen Klassikerfreunde<br />
glänzende Augen. So ergeht es auch Angelo Bonati.<br />
Der Panerai-Chef unterstützt nicht nur die hochkarätig<br />
besetzte Wettfahrtserie auf dem Mittelmeer,<br />
© Foto Tom Körber<br />
Feinkost-Spezialitäten unter freiem<br />
Himmel: In der gusseisernen Jugendstil-<br />
Markthalle aus der Jahrhundertwende<br />
bleiben keine Wünsche offen. Wer will,<br />
ordert frische Austern an einen der<br />
benachbarten Caféhaus-Tische.<br />
© Foto Tom Körber<br />
travel antibes<br />
Beliebter Treffpunkt: Platz an der Rue Clémenceau / Ecke Rue Thuret in der Nähe des Place Nationale.<br />
DIE HISTORISCHE ALTSTADT IST GROSS GENUG, UM DEN TOURISTISCHEN RUMMEL<br />
ZU SCHLUCKEN, UND DABEI DOCH KLEINTEILIG UND INTIM, SODASS MAN AB UND<br />
AN BEKANNTE GESICHTER TREFFEN ODER NEUE KENNENLERNEN KANN.
84<br />
in diesem Jahr unter anderem mit der auf 500 Exemplare<br />
limitierten Herausgabe des Yachtchronografen<br />
„Luminor 1950 Regatta Rattrapante 44 mm DLC“; seine<br />
Firma restauriert zurzeit auch einen weiteren Fife-Riss,<br />
die legendäre EILEAN, die der passionierte Segler bei<br />
Antigua als Wrack entdeckt hatte.<br />
Immer mehr Menschen bekommen diesen eigenartigen,<br />
schwärmerischen Ausdruck im Gesicht, wenn<br />
es um klassische Yachten geht. Keine Frage, segelnde<br />
Oldtimer sind in. Doch woher rührt die Begeisterung,<br />
die so viele Fans, Segler wie Nichtsegler<br />
gleichermaßen, eint? Nun, der Virus überträgt sich<br />
schnell, eine Inkubationszeit gibt es quasi nicht: Wer<br />
zum ersten Mal auf einem Klassiker vom Schlage der<br />
MOONBEAM IV segelt, ist schnell eingefangen vom<br />
besonderen, die Jahrzehnte überdauernden Charme<br />
der alten Ladys. Dabei fängt alles meist ganz harmlos<br />
an: Der erste Kontakt mit der großen Dame des traditionellen<br />
Yachtsportes erfolgt zumeist mit den nackten<br />
Füßen auf dem sonnig-warmen Teakdeck. Denn: Die<br />
Schuhe bleiben auf dem Steg; sie werden in stilvollen<br />
Körben aus geflochtener Weide aufbewahrt. Dann<br />
kommen die Hände an die Reihe. Schnell erliegen die<br />
Fingerspitzen der Haptik klar lackierten Mahagonis<br />
von Steuerrad und Deckshaus sowie der zartgrün angelaufenen<br />
Beschläge aus massiver Bronze. Vollends<br />
zurückversetzt in die Zeit der legendären Big-Boat-<br />
Rennen der 20er-Jahre fühlt man sich jedoch, wenn<br />
(obligatorisch an Bord des Fife-Risses von 1914) Jeans<br />
und T-Shirt gegen die bordeigene Crewkleidung eingetauscht<br />
werden. Das ausgewaschene, steife Leinen<br />
mit der großen, schwarzen Acht auf dem Rückenteil<br />
– der Segelnummer der MOONBEAM IV – reduziert<br />
den Menschen an Bord auf das Wesentliche. Denn alles,<br />
was an Bord einer klassischen Yacht wirklich zählt,<br />
ist neben der Beherrschung der guten Seemannschaft<br />
– seine Muskelkraft. Und die wird dringend gebraucht<br />
auf dem schwimmenden Mondstrahl: „Winschen,<br />
gar elektrisch angetriebene, gibt es nicht an Bord“,<br />
sagt Kapitän Mikael Creac`h, der seit drei Jahren das<br />
Kommando über das Schiff hat. Für eine Regatta be-<br />
nötige die mit sechs Gästeschlafplätzen ausgestattete<br />
MOONBEAM IV, die auch komplett gechartert werden<br />
könne, deshalb 25 bis 30 Crewmitglieder, die fest mit<br />
anpacken müssten, erzählt der 41-jährige, braun gebrannte<br />
Segler weiter.<br />
Trotzdem – oder gerade deshalb – gibt es keinen Mangel<br />
an helfenden Händen auf der 91-jährigen Big Lady<br />
MOONBEAM IV, die von 1998 bis 2002 bei Myanmar<br />
Shipyards on Yangon aufwendig restauriert wurde und<br />
– so in den Originalzustand zurückversetzt – seitdem<br />
wieder einer der großen Stars beim alljährlichen Klassikerzirkus<br />
ist, der in diesem Jahr im Mittelmeerraum<br />
in Antibes mit 400 Crewmitgliedern der teilnehmenden<br />
42 Traditionsyachten und Tausenden von Zuschauern<br />
begann, bei den Klassikerwettfahrten vor Porto Rotondo<br />
fortgesetzt wird und mit dem Seglerfest vor<br />
Cannes seinen Höhepunkt und Abschluss finden wird.<br />
Wer von dem maritimen Trubel rund um das Segler-<br />
Village im südöstlichen Teil des Port Vauban, vom<br />
Schiffe-Gucken und Fotos-Schießen noch nicht genug<br />
hat, unternimmt einen Abstecher in das auf der<br />
gegenüberliegenden Seite des Caps gelegene Städtchen<br />
Juan-les-Pins. „Man könnte sagen, dass es eine<br />
ungefähre Mischung aus Cannes und St. Tropez ist;<br />
anspruchsloser, lustiger, harmloser als das andere;<br />
weniger Bohème, eleganter als das andere. Ausgesprochener<br />
Sommerort, der es ist, spielt hier Strand<br />
eine größere Rolle als die Promenade oder das Kasino;<br />
das Badekostüm ist wichtiger als Teekleid und<br />
Abendtoilette“, befanden Klaus und Erika Mann.<br />
Wer am seeseitigen Rand des Parks in der Nähe des<br />
Boulevard Edouard Baudoin entlangschlendert, entdeckt<br />
in den Boden eingelassene Steinplatten mit<br />
Handabdrücken nahezu aller bekannten Jazzgrößen<br />
der letzten Zeit: Ray Charles, Miles Davis, Dizzy<br />
Gillespie, Louis Armstrong, Keith Jarrett und Count<br />
Basie machten das immer im Juli laufende Festival<br />
international de Jazz d`Antibes-Juan-les-Pins zu dem,<br />
was es heute ist: zu einer der größten Nummern im<br />
Jazzgeschäft der Welt.<br />
Handarbeit: Die 27-jährige Emmanuelle Bily ist eine von insgesamt fünf festen Crewmitgliedern auf der MOONBEAM IV.<br />
„WINSCHEN, GAR ELEKTRISCH<br />
ANGETRIEBENE, GIBT ES<br />
NICHT AN BORD“, SAGT<br />
KAPITÄN MIKAEL CREAC`H.
86<br />
© Foto Tom Körber<br />
Oder man erkundet die ehemalige Grimaldialtstadt von<br />
Antibes auf den Spuren ihrer berühmten Besucher aus<br />
Kunst, Literatur und Musik, denn schon in den 20er-<br />
Jahren wurde das Cap d`Antibes von reichen Amerikanern<br />
„entdeckt“. Neben Scott F. Fitzgerald fanden<br />
etwa auch Hemingway, Dos Passos, Gertrude Stein,<br />
Alice Toklas sowie weitere Schriftsteller der sogenannten<br />
Lost Generation den Weg nach Antibes. Auch der<br />
deutsche Maler Hans Hartung lebte hier. Dem wohl<br />
berühmtesten Künstlerkind der Stadt wurde im ehemaligen<br />
Château der Grimaldifamilie sogar eine eigene<br />
Dauerausstellung gewidmet: Vom 1946 im oberen<br />
Stockwerk des Schlosses arbeitenden Picasso sind im<br />
nun eigens eingerichteten Museum auf dem Felsen<br />
über dem Meer 252 Arbeiten zu sehen, darunter Gemälde,<br />
Zeichnungen, Plastiken, Teppiche und sogar<br />
77 Töpferarbeiten. Hier kann man auch an einer etwa<br />
DIN-A5-großen Grafik durch die sichtbare Führung<br />
des Tuschepinsels nachempfinden, wie ein Stierkopf<br />
auf muskulösem Nacken in nur zwölf Strichen entstehen<br />
kann. Einen guten Rundumblick – auch auf das<br />
Regattageschehen der Panerai Classic Yacht Challenge<br />
vor Antibes – erhält, wer die Seeterrasse vor dem<br />
Museum betritt: Zwischen den eindrucksvollen Bronzeskulpturen<br />
des Künstlers Germaine Richier blaut<br />
das Meer, der Blick schweift in die Ferne, und mit ein<br />
wenig Fantasie kann man sich gut in die Zeit zurückversetzt<br />
fühlen, da Picasso („Meine glücklichste Zeit<br />
an der Côte“), als ihm das Material knapp wurde, kurzerhand<br />
Segeltuch und Schiffsfarben kaufte, um damit<br />
weitermalen zu können …<br />
INFO Mitsegelgelegenheiten werden angeboten. Infos unter:<br />
www.moonbeam4.com. Die Ergebnisse der Les Voiles d`Antibes<br />
im Netz: www.voilesdantibes.com. Informationen über die im<br />
September laufende Vele d`Epoca a Porto Rotondo und die Regates<br />
Royales in Cannes: www.ycpr.it, www.regatesroyales.com.<br />
Antibes im Netz: www.antibesjuanlepins.com. Das Offi ce de Tourisme<br />
befi ndet sich am Boulevard Guillamont 51 in Juan-les-Pins.<br />
Der MOONBEAM IV ist im Bildband Mythos Klassische Yachten<br />
von Francois Chevalier und Gilles Martin-Raget (Delius Klasing)<br />
ein eigenes, informatives Kapitel gewidmet.<br />
Schöne Aussicht: Typisches<br />
Haus an der Promenade<br />
Amiral de Grasse zwischen<br />
dem Chateau Grimaldi und<br />
der Caserne Gazan - natürlich<br />
mit Meeresblick ...
88<br />
MATCH RACE Schuh<br />
Die Funktionsreihe von Murphy & Nye ist um den Schuh Match Race erweitert<br />
worden. Dieser stylishe Schuh ist atmungsaktiv, außerdem lässt sich<br />
die Inneneinlage herausnehmen, um den Schuh schnell zu trocknen. Neben<br />
anständigem Grip bietet die perforierte Sohle die Möglichkeit, eingedrungenes<br />
Wasser schnell nach draußen zu befördern. Match Race ist in den<br />
Farben Weiß, Anthrazit und Dunkelblau erhältlich. Preis auf Anfrage.<br />
INFO WWW.MURPHYNYE.COM<br />
LEICA D-Lux 4 Safari Kamera<br />
Mit der neuen kompakten Digitalkamera Leica D-Lux 4 Safari sind Großstadtjäger<br />
und Trophäensammler für die nächste Fotoexpedition bestens<br />
ausgerüstet. Denn dank leistungsstarker Optik, einem durchdachten<br />
Bedienkonzept und einer blitzschnellen Bildverarbeitung geht einem mit<br />
der Leica D-Lux 4 Safari kein fotografi sches Highlight mehr durch die<br />
Lappen. Der Preis liegt bei 900 Euro.<br />
INFO WWW.LEICA-CAMERA.COM<br />
NORTH FACE - Animagi Jacke<br />
Der Brust- und Rückenbereich sind aus einer reißfesten Quantum Pertex Nylonhülle<br />
gefertigt und mit einer speziellen Beschichtung versehen. Für die Ärmel<br />
und seitlichen Einsätze der Hybrid Konstruktion wurde ein Kohlefaser-Strech-<br />
Mischgewebe verwendet, das atmungsaktiv, schnell trocknend und antibakteriell<br />
ist. Die Jacke stellt damit eine perfekte Lage für Ausdauersportarten bei<br />
kalten Temperaturen dar. Der Preis liegt bei Preis: 140 Euro<br />
UNDER SAIL 2010 Kalender<br />
Die Sonne scheint und eine frische Brise weht – da gibt<br />
es nur eines: Rauf aufs Boot! Die Lust am Segeln kommt<br />
in Heinrich Hechts Fotos ebenso zum Ausdruck wie die<br />
dynamische Power moderner Hochseeyachten. Der Preis<br />
für den Kalender liegt bei 26,95 Euro.<br />
INFO WWW.WEINGARTEN-KALENDER.DE<br />
WELTENBUMMLER Laptoptasche<br />
Immer mehr Segler und Wassersportler wollen auch im Urlaub nicht<br />
mehr auf den Laptop verzichten. Für diese Zeitgenossen gibt es<br />
jetzt die ultimative Laptoptasche im Landkartenlook. Die stylishe<br />
Schutzbehausung besteht aus strapazierfähigem abwischbaren Nylon<br />
und ist nahezu unverwüstlich. In zwei Größen erhältlich, für 31,20<br />
bzw. 36,50 Euro.<br />
INFO WWW.SAIL-TEAM.DE<br />
MUSTO LPX-Stoff<br />
LPX ist ein ganz neuer Stoff, welcher in Zusammenarbeit von Musto mit Gore-Tex<br />
entwickelt wurde. Der LPX-Stoff ist radikal auf Leichtigkeit und Flexibilität sowie<br />
auf höchstmögliche Atmungsaktivität ausgerichtet. LPX ist nicht als Schwerwetterkleidung<br />
gedacht. Konzipiert ist das Gewebe für sehr sportliche Segler, die volle<br />
Mobilität brauchen und dementsprechend am liebsten gar kein „Ölzeug“ tragen<br />
würden, aber dennoch auf Schutz angewiesen sind. Hier abgebildet: LPX-Jacke.<br />
Erhältlich in Grau und Schwarz. Der Preis liegt bei 329 Euro.<br />
INFO WWW.FRISCH.DE<br />
60 JAHRE 60 WERKE Buch<br />
Deutsche Geschichte aus dem Blickwinkel der Kunst. Renommierte Experten haben die wichtigsten Künstler<br />
und deren Werke ausgesucht, welche die deutsche Kunst international berühmt gemacht haben. 130 bewegende<br />
Fotos dokumentieren gleichzeitig die wichtigsten Ereignisse aus Politik und Gesellschaft. So werden<br />
Kunst und Geschichte auch für den Laien lebendig und verständlich! Der Preis liegt bei 29,80 Euro.<br />
INFO WWW.WIENAND-KOELN.DE<br />
AQUAPAC Kamerahülle<br />
Pünktlich zum Badesommer bietet die Firma Aquapac-Aquaman<br />
eine wasserdichte Schutzhülle für alle gängigen Spiegelrefl exkameras<br />
an. Bestückt mit einer fotoneutralen Linse passt sich die<br />
Schutzvorrichtung aus weicher, beständiger Folie an die Kamera an<br />
und beschützt diese bis in eine Tiefe von fünf Meter vor eindringendem<br />
Wasser. Der Preis liegt bei 124,90 Euro.<br />
INFO WWW.AUQUAPAC.DE<br />
OLYMPUS Kamera<br />
Die neue Kompakte sieht nicht nur nach Spaß aus, sondern bringt auch alles mit, was<br />
eine Fun-Kamera braucht. Sie ist klein und handlich, kann Videos in HD-Qualität bei<br />
30 Bildern pro Sekunde aufnehmen und ist bis zu zwei Stunden wasserfest und staubdicht.<br />
Mit dem bewährten, innen liegenden Fünfach-Zoom von 35 Millimeter Weitwinkel<br />
bis 175 Millimeter Tele (entspr. KB-Format), einem großen 2,7“-LCD-Monitor mit<br />
besonders heller Anti-Refl exbeschichtung und einem Gewicht von nur 125 Gramm ist<br />
die Kamera ab September im Fachhandel erhältlich. Der Preis liegt bei 259 Euro.<br />
EDOX Grand Ocean Uhr<br />
sailstyle<br />
Der neue Grand Ocean Chronograph Automatic besticht durch ein sportlich-viriles Gehäuse aus handpoliertem<br />
Edelstahl mit drei markanten Bandanstößen. Die in komplexer Handarbeit zusammengesetzte<br />
Uhr verdankt ihre maritime Ausstrahlung nicht zuletzt einem nahezu kratzfesten gewölbten Saphirglas<br />
und ihrer Wasserdichtigkeit bis 10 ATM. Der stattliche Durchmesser von 48 Millimeter lässt dieses<br />
Schmuckstück zum idealen, stets präsenten Begleiter werden. Auch die Gestaltung der Gehäuserückseite<br />
beweist sehr viel Liebe zum Detail: Exakt über der Unruh fi ndet sich ein Bullauge, das den Blick auf das<br />
pochende Herz der mechanischen Uhr freigibt. Der Preis liegt bei 33.980<br />
CHF.<br />
INFO WWW.EDOX.CH
90<br />
WENN EINE<br />
mecklenburgerin<br />
amerikaner Text<br />
MIT EINEM IN SEE STICHT ...<br />
& © Foto katja Böhm<br />
Das Leben schreibt noch immer die spannendsten Geschichten ... In einem USA-Austauschjahr 1992/1993 verliebte ich mich als<br />
17-jähriges Mädchen in den 22-jährigen amerikanischen Musiker Robert Boehm. Zu jung war ich damals, seinem Flehen, doch dort zu<br />
bleiben, nachzugeben. So hatte jeder für die letzten zwölf Jahre sein Leben gelebt, Erfahrungen gesammelt und wir hatten nichts voneinander<br />
gehört. Mich hatte es für neun Jahre nach England verschlagen, in die schöne Hafenstadt Plymouth, wo 1620 die MAYFLOWER<br />
mit den englischen Separatisten (den sogenannten „Pilgrims“) zur 66-tägigen, äußerst strapaziösen Überfahrt in die USA in See stach.<br />
travel usa
AN BORD DER FRANCIS LEE ANGEKOMMEN, BEGANN NUN UNSERE ERSTE<br />
GEMEINSAME REISE – ES SOLLTEN 1.500 MEILEN AUF DEM AMERIKANISCHEN<br />
FLUSSSYSTEM VOM LAKE MICHIGAN ZUM GOLF VON MEXIKO ZURÜCKGELEGT WERDEN.<br />
92<br />
Im Februar 2005 ergab sich dann ein unerwartetes<br />
Ereignis, als mich Bob via E-Mail über das Internet<br />
kontaktierte. Im Mai besuchte er mich in Großbritannien<br />
und es war uns beiden offensichtlich, dass wir<br />
spätestens von da an zusammengehörten. Im August<br />
2005 fand die Hochzeit statt, für die wir uns für Exeter<br />
im Süden Englands entschieden hatten. Nach dem<br />
Standesamt nahmen wir an einer selbst organisierten,<br />
heidnischen „Handfasting“-Zeremonie teil, in der eine<br />
Priesterin uns ganz der alten Tradition entsprechend für<br />
ein Jahr und einen Tag den Bund schließen ließ, indem<br />
uns von meiner Mutter die Hände verbunden wurden.<br />
Die Elemente Feuer, Wasser, Wind und Erde wurden<br />
mit in die Zeremonie eingebunden, als all unsere Gäste<br />
auf dem Lent-Feld in der Nähe von Shaldon in der<br />
Grafschaft Devon mit dem Blick auf den Fluss Teign im<br />
Kreise und geschützt von einer Esche um uns standen.<br />
Der Traum meines Mannes war es schon seit Langem,<br />
mit einem Segelboot auf den Gewässern eine alternative<br />
Lebensweise zu entdecken und zu versuchen. So<br />
sparte er die letzten vier Jahre sein hart verdientes<br />
Geld. 2004 ersteigerte Bob seine 30 Fuß lange FRAN-<br />
CIS LEE, eine S-2, die in Holland/Michigan von denselben<br />
Herstellern wie TIARA und PURSUIT gebaut wurde.<br />
Das für mich unbekannte Territorium und damit die<br />
FRANCIS LEE betrat ich Mitte Oktober 2005, als wir<br />
gemeinsam in die Vereinigten Staaten fl ogen. Nachdem<br />
wir den Bedarf an Konserven, Kaffee und anderen<br />
wichtigen und weniger wichtigen Dingen gedeckt hatten,<br />
musste die FRANCIS LEE in Sister Bay/Wisconsin<br />
im Norden der USA in die kalten Gewässer des Michigansees<br />
gesetzt werden. Der Lake Michigan hat eine<br />
Gesamtfl äche von 57.800 Quadratkilometer und ist bis<br />
zu 281 Meter tief. Die atemberaubenden Farben zu<br />
dieser Jahreszeit waren faszinierend. Die Bäume trugen<br />
rot-gold-gelbe Kleider, welche im Sonnenlicht noch intensiver<br />
schillerten. Wie sehr freute ich mich auf das<br />
erste Glas Wein im Bauche unseres neuen Zuhauses!<br />
An Bord der FRANCIS LEE angekommen, begann nun<br />
unsere erste gemeinsame Reise – es sollten 1.500<br />
Meilen auf dem amerikanischen Flusssystem vom Lake<br />
Michigan zum Golf von Mexiko zurückgelegt werden.<br />
So führte uns die Reise in den nächsten zehn Wochen<br />
durch den Illinois River, Mississippi River, Ohio,<br />
Tennessee und den Tombigbee entlang, bis wir Anfang<br />
Dezember 2005 in Mobile Bay/Alabama im Golf von<br />
Mexiko münden sollten. Unseren ersten Halt machten<br />
wir in Sturgeon Bay, wo wir einige Tage auf besseres<br />
Wetter warteten. Die Marinas waren schon für die Saison<br />
geschlossen, trotzdem konnten wir uns an Strom<br />
und Wasser anschließen. Die Bibliotheken in den größeren<br />
Städten wie Racine und Manitowoc in Wisconsin<br />
nutzten wir dafür, mit unseren Familien und Freunden<br />
über E-Mails in Kontakt zu bleiben. Wir kamen uns zu<br />
diesem Zeitpunkt vor wie Schnecken, die ihr Haus mit<br />
sich herumtragen. Nur dass wir eben auch jede kleine<br />
Bewegung, jede Schwellung des Bootes mitspürten.<br />
Mit dem Wetter spielten wir Hase und Fuchs. Jede<br />
kleine Gelegenheit, weiterzukommen, nutzten wir. Bei<br />
Sturm verstauten wir unser schaukelndes Häuschen<br />
in einem Ankerplatz an der Küste des „oh so“ steinigen<br />
Lake Michigans. Die Dusche an Land schien dann<br />
auch irgendwann zu schwanken, als wir uns dort in einer<br />
Marina das heiße Nass über unsere Körper laufen<br />
ließen – was für ein Genuss!<br />
Städte kann man riechen, bevor man sie sieht! Ganz<br />
deutlich wurde mir dies auf dem Michigansee. So rochen<br />
wir die Skyline der vor uns auftauchenden Städte<br />
Manitowoc, Milwaukee und Racine im Bundesstaat<br />
Wisconsin und später auch Chicago/Illinois, wo wir<br />
nach einem Halloween-Wochenende in einer der interessantesten<br />
Städte der USA den See verließen und<br />
in den Chicago-Fluss einliefen. Von Manitowoc bis<br />
nach Milwaukee hatten wir nachts zwei Meter hohe<br />
Wellen, die an den Bug der FRANCIS LEE knallten –<br />
mein erstes unangenehmes Erlebnis auf dem Wasser.<br />
travel usa
94<br />
Da saß ich bibbernd in der Kajüte; malte Fratzen und<br />
sang Lieder – drei Stunden lang, um mir selbst ein<br />
wenig die Angst zu nehmen. Bob brachte uns trotz<br />
Sturm, Regen und Dunkelheit sicher in den nächsten<br />
Hafen. Am nächsten Tag ließ ich dann vor lauter Freude<br />
einen Drachen steigen, den wir von Freunden zur<br />
Hochzeit geschenkt bekamen – an einer Angel!<br />
Sobald wir dann vom Lake Michigan herunter waren,<br />
brummte unser 15 PS starker Yanmar-Dieselmotor auch<br />
schon in der großen Metropole von Chicago. Wegen<br />
der frischen Brise, die ständig vom Wasser weht, nennt<br />
man Chicago auch „windy city“. Wolkenkratzer und<br />
eine Unmenge von Menschen umgaben uns plötzlich<br />
– ganz ungewohnt. Wäre uns nicht die Kurbelwelle<br />
des Propellers gleich zwischen der berühmten Schleuse,<br />
dem Navy Pier und der ersten Brücke Chicagos aus<br />
dem Getriebe gerutscht, sodass wir für einen Moment<br />
die Kontrolle über das Steuer verloren, wäre das Gefühl,<br />
mit der FRANCIS LEE durch die Großmetropole<br />
Chicagos zu fahren, noch genüsslicher gewesen. Bob<br />
jedoch, der sich als Marineelektriker auf Booten verschiedener<br />
Art auskennt, behob den Schaden vorerst<br />
und half uns so aus der brenzligen Situation. Leider<br />
waren die Reparaturen immer nur provisorisch und so<br />
lange gut genug, dass wir 30 Meilen vorwärtskamen,<br />
bevor der Kolben wieder herausrutschte. Das Metall<br />
war mit den Jahren durchgefressen. Wir brauchten<br />
eine neue Kurbelwelle! Als kritischstes Ereignis ist uns<br />
der Kolben direkt vor einer Schleuse herausgerutscht,<br />
nachdem wir schon den Schleusenwärter angefunkt<br />
und um eine Durchschleusung gebeten hatten. Das Becken<br />
wurde vorbereitet, plötzlich ging gar nichts mehr<br />
– die Steuerung war dahin. Bob warf einen Anker,<br />
damit wir uns nicht in der starken Strömung vor den<br />
stählernen Schleusenwänden noch verfangen sollten.<br />
Dann behob er das Problem wieder auf provisorische<br />
Weise. Das Lichten des Ankers sollte uns noch lange<br />
in Erinnerung bleiben. Dieser hatte sich an irgendetwas<br />
Schwerem am Grund vor der Schleuse verhakt, sodass<br />
wir nach mehreren Versuchen das tun mussten, was als<br />
schlimmste Maßnahme unter Seglern gilt: die Ankerschnur<br />
kappen. Wir retteten uns also an die Schleusenwand,<br />
trotz starken Gegenwindes. Eine schlafl ose Nacht<br />
außerhalb von Lockport auf dem Illinois River an der<br />
Schleusenwand, entfernt vom Durchfahrtsverkehr, wartete<br />
auf uns gegen ein Uhr morgens. In Wilmington/<br />
Illinois machten wir dann als Nächstes halt, tauschten<br />
endlich das bestellte Teil aus und stockten unsere Vorräte<br />
auf. So rüsteten wir uns mit einem Schlauchboot<br />
aus, einem Hochfrequenzradio, einer GPS-Navigationshilfe,<br />
neuen Bootsschuhen, einem Wasserschlauch etc.<br />
Je mehr Schleusen wir durchfuhren, desto besser<br />
wurden wir bei guter Teamarbeit darin, die FRANCIS<br />
LEE so nahe wie möglich an die Schleusenwand zu<br />
bringen, ohne sie dabei zu beschädigen, und dann ein<br />
Seil um den mit dem Heben und Senken des im Becken<br />
befindlichen Wasserspiegels beweglichen Pfosten<br />
zu werfen. 19 Schleusen durchfuhren wir so im<br />
Flusssystem. Dabei beobachteten wir jedes Mal ein<br />
bezauberndes Ereignis: Graureiher, Blaureiher, Weißreiher<br />
und Möwen sind darauf trainiert, in die Schleuse<br />
zu fliegen, sobald das Horn geblasen wird, welches<br />
das Steigen oder Sinken des Wasserspiegels ankündigt.<br />
Dort suchen sie in den einzelnen Fächern der<br />
Eisentore nach stecken gebliebenen Fischen und sind<br />
dabei auch erstaunlich oft erfolgreich.<br />
travel usa<br />
NACH MEHREREN VERSUCHEN MUSSTEN WIR DAS<br />
TUN, WAS ALS SCHLIMMSTE MASSNAHME UNTER<br />
SEGLERN GILT: DIE ANKERSCHNUR KAPPEN.
96<br />
vorstellung<br />
JAN CHRISTOPHERSEN -<br />
SCHNEETAGE<br />
Jahreswechsel 1978/79. Über Norddeutschland<br />
tobt ein Schneesturm, von dem die<br />
Menschen bis heute erzählen. In einem<br />
nordfriesischen Dorf an der deutsch-dänischen<br />
Grenze bricht Paul Tamm, der Wirt<br />
des »Grenzkrugs«, plötzlich zusammen. Es<br />
beginnen ungewisse Tage, in denen Pauls<br />
Ziehsohn Jannis sich an die vergangenen<br />
gemeinsamen Jahrzehnte erinnert. Bei<br />
Pauls Jagd nach den Spuren einer versunkenen<br />
Stadt im Watt begleitet ihn Jannis,<br />
der dabei auf die Geschichte eines englischen<br />
Soldaten stößt. Auf geheimnisvolle<br />
Weise scheint diese mit Jannis’ Herkunft<br />
verknüpft zu sein. In seinem Romandebüt<br />
schafft Jan Christophersen unvergessliche<br />
Figuren und entwirft das beeindruckende<br />
Bild einer rauen Gegend voller Wasser,<br />
Sand und Schnee. Er erzählt von der Suche<br />
nach Identität in einer Familie, in der<br />
das Schweigen den Weg zueinander zu einer<br />
langen Reise werden lässt – atmosphärisch<br />
dicht, mit leisem Witz und in einer<br />
kraftvollen, suggestiven Sprache.<br />
368 Seiten. ISBN 978-3-86648-106-0.<br />
Der Preis liegt bei 22,00 Euro<br />
INFO WWW.MARE.DE<br />
Latin Music ist natürlich immer mehr als sonniges Copacabana-Feeling, nämlich auch generelles<br />
Statement, wie mit den Unwägbarkeiten des Lebens umzugehen ist cool und<br />
gelassen. Und so lautet auch das Programm der Latniova 5. Mit von der Partie sind die<br />
schwedischen Nordlichter von Soular Sound feat. Nils Krogh mit einem cool swingenden<br />
NuJazz-Stück, House-DJ Ian Pooley und Brasil-Sänger Marcos Valle beglücken uns mit<br />
dem loungigen „Sentimento“ und die neue Perle des römischen Schema-Labels Lorenzo<br />
Tucci überzeugt mit der Eleganz eines Latin-Swing-Orchesters. Die Songs der Latinova 5<br />
schillern in den unterschiedlichsten Farben und sind alle für sich ein kleines Kunstwerk.<br />
Gemeinsam verbinden sie sich zu einem sanften Groove perfekt, um jeden Sommertag<br />
zu veredeln und sanfte Gelassenheit zu erzeugen. Der Preis liegt bei 24,90 Euro.<br />
ZU BESTELLEN UNTER WWW.WAVEMUSIC-SHOP.DE<br />
listen to<br />
LATINOVA 5<br />
97
giant<br />
RIDING<br />
Text & © Fotos Heike Schwab<br />
Dan Slater, der neuseeländische<br />
Steuermann der RAN-<br />
GER während der Antigua Classic<br />
Week 2009, übergibt mir, als Fotografi n<br />
heute Gast an Bord, das Rad und fordert mich<br />
auf: „Hier, versuch´s mal.“ Ich kann gerade mal<br />
so über das mannshohe Steuerrad hinwegschauen und<br />
drehe ehrfürchtig und aufgeregt zugleich an demselben. Gefühlt<br />
mindestens eine volle Umdrehung. Aber nichts passiert, die<br />
RANGER fährt, ohne auch nur zu zucken, ganz ruhig weiter geradeaus.
Da musst du schon etwas mehr tun“, lacht Dan und übernimmt wieder. Wenn er<br />
die Rennyacht durch die seichten Wellen des Atlantiks vor Falmouth Harbour<br />
an der Südküste Antiguas lenkt, sieht es kinderleicht aus. Später im Rennen<br />
der Antigua Classic Week muss aber auch Dan, der erfahrene Vollsegler, mit vollem Körpereinsatz<br />
am Rad drehen, um die RANGER schnell auf den richtigen Kurs zu bringen.<br />
In den Händen der professionellen Crew, die 36 Mann zählt – inklusive John Williams,<br />
dem stolzen Eigner – zeigt die Yacht mit der Segelnummer J-5 dann jedoch schnell ihre<br />
beeindruckende und überzeugende Regattaperformance. Auf dem letzten Bahnschenkel<br />
zur Ziellinie liefert sie sich mit der VELSHEDA (K-7), ebenfalls eine Yacht der J-Klasse,<br />
ein Wendenduell, das den Puls von Seglern und Zuschauern gleichermaßen antreibt. Manöver<br />
folgt auf Manöver, die Zurufe werden immer lauter, um gegen das Rauschen der<br />
mächtigen Segel anzukommen. Die Aktivität an Bord reißt jetzt für keine Sekunde mehr<br />
ab, Anspannung und Konzentration sind auf dem Höhepunkt, der Trimm optimal, die Leinen<br />
gerade entwirrt und aufgerollt, da klingt es bereits wieder von der Afterguard:„Klar<br />
zur Wende.“ Hamish Pepper, der Taktiker, lässt den Gegner dicht am Heck nicht mehr<br />
aus den Augen, Dan steuert die J-5 nach Backbord, gleichzeitig wechselt die Mannschaft<br />
zügig und organisiert ihre Positionen, die RANGER legt sich auf die Seite, das Deck berührt<br />
nahezu die Wasserlinie und Wellen schlagen über die relingfreie Bordkante. Elegant<br />
und geschmeidig wie eine Raubkatze schneidet die RANGER durch die Dünung, lässt<br />
VELSHEDA keine Chance und hört verdientermaßen den Siegesschuss an der Ziellinie.<br />
100<br />
Die heutige RANGER, die durch die Karibik und das Mittelmeer segelt, ist die Wiedergeburt<br />
der Segellegende RANGER aus dem Jahr 1937. Eine Rennyacht der J-Klasse,<br />
die Mitte 1929 ins Leben gerufen wurde und eine knappe Dekade die Einheitsklasse<br />
des America´s Cup war. 1929 diskutierte der New York Yacht Club über eine weitere<br />
Herausforderung von Sir Thomas Lipton um die „Auld Mug“. Regatten nach Handicap<br />
verloren in diesen Tagen an Popularität, der direkte Vergleich Boot gegen Boot dagegen<br />
fand immer mehr Anhänger. Während in Europa, überwiegend England, mehr und<br />
mehr Boote nach der International Rule (eine Art Box Rule) gebaut wurden, wollte der<br />
New York Yacht Club seine selbst entwickelte Universal Rule für den America´s Cup<br />
durchsetzen. Die Grundzüge der beiden Regeln waren ähnlich, eine Formel setzte bestimmte<br />
Eckdaten wie Segelfl äche, Länge der Wasserlinie und Verdrängung fest, innerhalb<br />
derer die Designer sich bewegen mussten. Für die Universal Rule des NYYC<br />
mussten allerdings auch die Lloyd´s Scantlings (Maßeinheit für Materialstärke) erfüllt<br />
sein. Dies sollte sicherstellen, dass jeder Herausforderer des AC den Atlantik sicher<br />
überqueren und der Verteidiger keinen Vorteil durch Leichtbauweise in den heimischen<br />
Gewässern erzielen konnte. Die Universal Rule fand 1930 zum ersten Mal Anwendung<br />
und die danach gebauten, reinen Rennyachten, die J-Klasse, hatten ihre Blütezeit in<br />
den 1930er-Jahren. Die Amerikaner bauten zur Verteidigung der Kanne 1930 gleich<br />
vier J-Yachten, um alle Eventualitäten abzudecken: die ENTERPRISE, die WHIRLWIND,<br />
die WEETAMOE und die YANKEE. Die RAINBOW folgte 1934 und die Krönung war<br />
1937 die RANGER. England baute vier J-Class-Yachten (in chronologischer Reihenfolge):<br />
SHAMROCK V, VELSHEDA, ENDEAVOUR und ENDEAVOUR II.
DIE HEUTIGE RANGER, DIE DURCH DIE KARIBIK UND DAS MITTELMEER SEGELT,<br />
IST DIE WIEDERGEBURT DER SEGELLEGENDE RANGER AUS DEM JAHR 1937.<br />
102<br />
Zwar wurden für die Teilnahme am America´s Cup<br />
einige Yachten, z.B. die englische BRITANNIA, zur J-<br />
Klasse modifi ziert; „echte“ J-Class-Yachten nach der<br />
Universal Rule wurden aber nur zehn Exemplare gebaut.<br />
Anfangs waren die Unterschiede der Rennyachten<br />
noch gravierend, während der Weiterentwicklung<br />
bei den America’s Cups 1930, 1932, 1934 und 1937<br />
verschwanden sie jedoch nahezu. So wiesen ENDEA-<br />
VOUR II und RANGER in 1937 sehr ähnliche Spezifi kationen<br />
auf und beide schöpften die maximal erlaubten<br />
Dimensionen der drei relevanten Parameter aus. Der<br />
Bau der historischen RANGER wurde überwiegend von<br />
Harold S. Vanderbuilt fi nanziert, dem es nicht gelungen<br />
war, ein Syndikat für die Kampagne zu gewinnen.<br />
Die Rezession hatte Amerika bereits fest im Griff. Bath<br />
Iron Works, die Werft, arbeitete zum Selbstkostenpreis<br />
und auch die Designer Starling Burgess und Olin Stephens<br />
reduzierten ihre Honorare. 87 Mann arbeiteten<br />
140 Tage, weniger als fünf Monate, am Bau der Verteidigeryacht.<br />
Am 11. Mai 1937 wurde sie, mit einem<br />
Monat Verspätung, zu Wasser gelassen, trotz aller Widrigkeiten<br />
in präzisester Qualität. Und obwohl ENDEA-<br />
VOUR II, der Herausforderer, die vermeintlich größere<br />
Bootsgeschwindigkeit aufwies, verteidigte RANGER im<br />
Juli 1937 den Cup mit 4:0 erfolgreich für die USA.<br />
Weil die schlanke Schönheit auch alle anderen Regatten<br />
des NYYCs gewann, verlieh man der RANGER den Titel<br />
„Super-J“. Ihre steile Karriere war bedauerlicherweise<br />
nur kurz, denn schon im September dieses erfolgreichen<br />
Sommers wurde sie aus dem Verkehr gezogen und segelte<br />
nie wieder. 1941 wurde sie wegen ihres Stahlrumpfes<br />
und anderer Rohstoffe ausgeschlachtet und<br />
teilt dieses Schicksal mit allen anderen amerikanischen<br />
J-Class-Yachten, von denen keine einzige überlebte. Einige<br />
wenige britische J-Yachten wie VELSHEDA, SHAM-<br />
ROCK V oder ENDEAVOUR wurden dagegen liebevoll<br />
restauriert und segeln auch heute wieder in Regatten.<br />
ranger classic
Die ENDEAVOUR wurde beispielsweise 1999 von dem<br />
Amerikaner John Williams gechartert, der für die Antigua<br />
Classic Week eine J-Class-Regatta organisierte.<br />
Und wie der Zufall es wollte, wurde hier die Idee geboren,<br />
die „alte Konkurrentin“ wieder ins Leben zurückzuholen.<br />
Williams starrte im Salon an Bord der EN-<br />
DEAVOUR eine volle Woche auf den Heckspiegel der<br />
originalen RANGER, was sein Interesse für diese Yacht<br />
weckte. Die kurze, aber steile Karriere der RANGER bis<br />
zum Titel Super-J faszinierte ihn so sehr, dass er die Segellegende<br />
rekonstruieren wollte. Das Projekt RANGER<br />
2004 nahm seinen Lauf. Es sollte allerdings nicht nur<br />
eine Kopie der J-Yacht aus 1937 werden, die „neue“<br />
RANGER sollte eine umfassende Weiterentwicklung<br />
sein, einer zeitgemäßen „Super-J“ mindestens ebenbürtig.<br />
Viele Recherchen und weltweite Meetings ab<br />
2000 prägten den mehrjährigen Suchprozess zu einem<br />
langsam wachsenden Spitzenteam, bis der Bau der J-5<br />
endlich in Skagen/Dänemark bei Danish Yacht begann.<br />
Paolo Scanu (Studio Scanu), Jim Pugh (Reichel-Pugh)<br />
und Fred Elliott waren die federführenden nautischen<br />
Architekten. Glade Johnson, London, übernahm das<br />
Innen- und Außenstyling. Und so entstand ein Traumschiff,<br />
das im July 2003 erstmals Wasser berührte<br />
und das Bill Sanderson, Projektmanager der RANGER,<br />
bei den Showboats Awards in Monaco 2004 auf einer<br />
Skala von eins bis zehn mit einer Elf bewertete.<br />
104<br />
Klassisch die Maße der RANGER 2004: 41,57 Meter<br />
Länge über alles, 28,50 Meter Länge der Wasserlinie,<br />
188 Tonnen Verdrängung, 1.922 Quadratmeter Segelfl<br />
äche (507 Großsegel, 411 Genua, 1.004 Spi). Ebenso<br />
originalgetreu der Stahlrumpf. Dem ursprünglichen<br />
Glattdeck wurde jedoch ein kleines Deckshaus aus<br />
Karbon zugefügt, das harmonisch in das Teakdeck integriert<br />
wurde. Die Segelsysteme sind State of the Art,<br />
wofür die RANGER die Auszeichnung „highest technical<br />
achievement in a sailing yacht“ erhielt. Auf Knopfdruck<br />
kann zwischen Manpower und Hydraulik gewechselt<br />
werden oder beides wird kombiniert. Die J-Yacht wird<br />
auch nicht mehr wie das Original mit Begleitbooten<br />
an die Startlinie gezogen, die 425 PS starke Maschine,<br />
eine Lugger, ermöglicht völlig selbständiges Manövrieren.<br />
Und der spartanische Mannschaftsraum<br />
der alten RANGER ist purem Luxus und Komfort gewichen.<br />
Die Inneneinrichtung aus hochwertigem, poliertem<br />
Mahagoni kann mit jeder 50-Meter-Luxusyacht<br />
spielend mithalten. Eine Mastersuite, drei großzügige<br />
Gästekabinen, geflieste Granitbäder und eine Küche<br />
mit allen notwendigen Spielereien inklusive üppigem<br />
Kühlraum lassen den Betrachter unter Deck völlig<br />
vergessen, dass er an Bord einer Segel-Rennyacht<br />
ist. Der von Williams angestrebte Perfektionismus<br />
an und unter Deck der RANGER zieht sich wie eine<br />
allgegenwärtige Philosophie vom Bug bis zum Heck,
DER VON WILLIAMS ANGESTREBTE PERFEKTIONISMUS AN UND UNTER DECK<br />
DER RANGER ZIEHT SICH WIE EINE ALLGEGENWÄRTIGE PHILOSOPHIE VOM<br />
BUG BIS ZUM HECK, VOM KIEL BIS ZUR MASTSPITZE DURCH DIE GANZE YACHT.<br />
106<br />
vom Kiel bis zur Mastspitze durch die ganze Yacht.<br />
Und auch die professionelle Crew lebt diese Philosophie,<br />
was besonders bei den Aktivitäten im Rennen zu<br />
spüren ist. Jeder Handgriff sitzt, das Zusammenspiel<br />
perfekt. Nicht überraschend, denn viele Jahre Erfahrung<br />
bei America´s Cup und Whitbread/Volvo Ocean<br />
Race sind in der Mannschaft gebündelt.<br />
Seit 2004 kreuzt die neue RANGER nun durch die Karibik,<br />
den Atlantik und das Mittelmeer, hat Trophäen<br />
ersegelt und Preise gewonnen, aber vor allem immer<br />
wieder Segler und Segelfans begeistert und in ihren<br />
Bann gezogen. Sie ist eine wahre Schönheit, die Renaissance<br />
einer Regattaklasse, eine gelungene Kombination<br />
von Historie, modernster Technik, Segelperformance<br />
auf höchstem Niveau und feiner Kunst. Auf<br />
ihr segeln zu dürfen, ist ein unvergessliches Erlebnis.<br />
Meine Sorge, über die relingfreie Kante zu gehen<br />
(die einige im Team beschleicht), war schnell verfl ogen.<br />
Was bleibt, sind die intensiven Momente an Bord<br />
dieser Legende, die mir morgen am Horizont sicher<br />
noch atemberaubender vorkommt als gestern. Und<br />
gern werde ich auf den grinsenden Hamish Pepper zu<br />
kommen, der mich an diesem ereignisreichen Tag mit<br />
den Worten verabschiedet: „Wenn du mal wieder Lust<br />
hast, zu gewinnen, komm einfach vorbei!“
108<br />
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10 Caps<br />
Torben Glücksburg/Villingen<br />
Christian Wiener/Crailsheim<br />
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Die Musto Crew Bag überzeugt nicht nur durch ihre Karbonoptik, sondern<br />
vor allem durch sämtliche Details, die das Handling einer Tasche mit 72 Liter<br />
Volumen besonderst angenehmen machen. Der Schultergurt ist gepolstert und<br />
abnehmbar; sämtliche Gurtführungen an der Tasche sind dem Volumen entsprechend<br />
verstärkt, die Tasche verfügt über drei extra Außentaschen und alle<br />
Reißschlüsse sind abschließbar. Daher wird diese Tasche ein treuer Begleiter<br />
sein. Der Preis liegt bei 79 Euro. www.frisch.de<br />
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Klassiker Regatten Kiel/GER 20. August – 23. August<br />
Melges 24 EM/FRA 20. August – 22. August<br />
Finn EM/BUL 21. August – 29. August<br />
Duisport Cup/GER 22. August – 23. August<br />
Polish Match Tour Act 10/POL 22. August – 23. August<br />
Nordic Women’s Match Racing Tour/SWE 22. August – 23. August<br />
Vela Classica Menorca/ESP 25. August – 29. August<br />
Knickerbocker Cup/USA 26. August – 30. August<br />
Tornado WM/ITA 27. August – 4. September<br />
RD <strong>Sailing</strong> Cup/GER 28. August – 28. August<br />
iShares Cup Round 4/Kiel 28. August – 30. August<br />
49er EM/CRO 29. August – 9. September<br />
Rolex Swan Cup/ITA 29. August – 5. September<br />
Rendsburg Cup/GER 29. August – 30. August<br />
Dümmertradition/GER 29. August – 30. August<br />
Oldtimer Regatten/SUI 29. August – 30. August<br />
RS:X WM/GBR 30. August – 11. September<br />
GKSS Sunday Cup 3/SWE 30. August – 30. August<br />
Star Junior EM/GER 31. August – 3. September<br />
Musto Performance Skiff EM/ITA 31. August – 4. September<br />
St. Moritz Match Race/SUI 1. September – 6. September<br />
Maxi Yacht Rolex Cup/ITA 6. September – 12. September<br />
ISWC DM Final/GER 5. September – 13. September<br />
Danish Open-World Match Racing Tour/DEN 9. September – 13. September<br />
51st Essen <strong>Sailing</strong> Week/GER 11. September – 13. September<br />
Chronoswiss Classics/GER 11. September – 13. September<br />
Peri Cup/GER 12. September – 13. September<br />
Scandia Sail For Gold Regatta/GBR 14. September – 19. September<br />
X-41 WM/ITA 14. September – 20. September<br />
Monaco <strong>Sailing</strong> Week/MON 16. September – 20. September<br />
Audi Melges 32 WM/ITA 20. September – 27. September<br />
Regattes Royales/FRA 21. September – 26. September<br />
12mR WM/USA 22. September – 27. September<br />
Oktoberfest Regatta/GER 25. September – 27. September<br />
iShares Cup Round 5/NED 25. September – 27. September<br />
Mecklenburg Pomerian Championship/GER 25. September – 27. September<br />
Flensburger Regatta/GER 26. September – 26. September<br />
Les Voiles de St. Tropez/FRA 27. September – 4. Oktober<br />
8mR World Cup/FRA 30. September – 1. Oktober<br />
KSSS Olympic Regatta/SWE 3. Oktober – 4. Oktober<br />
Farr 30 WM/ITA 3. Oktober – 10. Oktober<br />
TP 52 WM/ESP 5. Oktober – 11. Oktober<br />
Rolex Int. Keelboat Championship/USA 7. Oktober – 10. Oktober<br />
iShares Cup Round 6/ESP 10. Oktober – 12. Oktober<br />
Bentley Geneve Match Race/SUI 15. Oktober – 18. Oktober<br />
Rolex Middle Sea Race/MLT 17. Oktober – 28. Oktober<br />
Master Espana Match Race/ESP 20. Oktober – 24. Oktober<br />
Rolex Osprey Cup/USA 21. Oktober – 24. Oktober<br />
Melges 24 WM/USA 23. Oktober – 31. Oktober
o.t. weiß was<br />
112<br />
MACGYVER<br />
Viertes Boot links am Steg! Dort wohnt, lebt<br />
und werkelt MacGyver ... Besser bekannt<br />
als, sagen wir mal, Jill! Sein kongenialer Partner,<br />
mein Skipper, wohnt natürlich am gleichen Steg.<br />
Zusammen sind sie das fast unschlagbare Duo Dzeko<br />
und Grafite vom Bootssteg! Nichts ist ihnen zu<br />
kompliziert. Nichts ist unmöglich. Es gibt keine Probleme,<br />
es gibt nur die simple Frage nach Lösungen.<br />
Hier können Männer noch Männer sein. Kaum betreten<br />
sie den Hafen, unter den neidischen Blicken ihrer<br />
handwerkslegasthenischen Bootsnachbarn, macht<br />
das schlechte Gewissen sofort die Runde. Was wird<br />
wohl dieses Wochenende repariert. Was müsste ich<br />
reparieren? Welche technische Neuerung wird wohl<br />
diesmal im Cockpit montiert? Bin ich noch up to<br />
date mit meinem Cockpit? Pflege und restauriere ich<br />
mein Boot richtig?<br />
Sie sind Tim Taylor und Al Borland des Hafens! Mit<br />
den beiden könnte man „Hör mal, wer da an Bord<br />
hämmert“ drehen. Irgendwie weiß jeder von beiden<br />
es immer ein wenig besser. Dabei wird sich nichts<br />
geschenkt. Echte Männer haben eben alles an Bord.<br />
Super Bohrmaschine, super Stichsäge, super Akkuschrauber,<br />
super Industriestaubsauger, super Spannungsprüfer<br />
und natürlich das Leatherman Wave<br />
Multi-Tool mit 18 Features. Ich persönlich finde zwar<br />
das Freestyle GX Pocket-Size Multi-Tool viel cooler,<br />
aber wie ich mir hab‘ sagen lassen müssen: Es hat<br />
eben nur fünf Features und ist somit klar unterlegen!<br />
Was natürlich in ihrem bühnenreifen Wochenendrepertoire nicht fehlen darf, ist eine gehörige<br />
Portion Ironie und liebevoller Sarkasmus! Ausgestattet mit diesen Waffen ziehen<br />
sie von Freitagnachmittag bis Sonntagabend über ihre Boote her. Was für ein Schauspiel<br />
für die angrenzenden Bootsparzellen. Das Rausfahren aus der Box lohnt nur noch, wenn<br />
sich einer von beiden mal wieder an das Abschleifen seines Teakdeckes macht. Wo die<br />
beiden arbeiten, fallen Staub und Späne. Dagegen sind Spinnen und Pappelpollenplage<br />
nichts! Der Meeresgrund unter ihren Boxen gleicht vermutlich einem Sondermülllager,<br />
was da so alles nebenbei ins Wasser fällt, lässt vermuten, dass die Boxen bei einer Neuvermietung<br />
wohl erst mal ausgeschachtet werden müssten.<br />
Die Sidekicks in dieser Yachthafen-Sitcom sind die Ehefrauen. Ohne deren kleine Spitzen,<br />
Steilpässe und Einwände wäre mancher Vormittag sicher einfallslos verlaufen. Seit<br />
Jahren wartet der gesamte Steg auf einen Showdown zwischen den beiden Bastelfreunden.<br />
Vielleicht so etwas: Um die Wette die Frauen in den Mast ziehen, um sie dann<br />
von unten laut rufend zu instruieren, wie man das Top-Licht wechselt! Da hätte der<br />
ganze Steg garantiert Spaß für einen Vormittag.<br />
Dieses kongeniale Duo kann sich nur selbst schlagen. So geschehen vor ein paar Wochen<br />
beim gemeinsamen Segeln. Fahren die zwei Experten doch raus aufs Meer, um für<br />
Werbeaufnahmen die neuen Segel schön in Szene zu setzen. Anmerkung des Verfassers:<br />
Weder die Frauen noch der Vorschoter waren mit an Bord. Der Vorschoter sollte<br />
vom Land aus die Fotos machen, die Frauen lagen in der Sonne! Das Drama nahm seinen<br />
Lauf ... Leider konnte man am Land nichts hören. Der Spi wollte nicht so, wie er<br />
sollte! Weder beim ersten noch beim zweiten oder dritten Versuch!<br />
Das Ganze wirkte vom Land aus eher unbeholfen und stümperhaft, wenig professionell<br />
und schon gar nicht gab es Zeugnis von guter Seemannschaft! Mann, waren wir Nebenrollenbesitzer<br />
froh, uns dieses Schauspiel aus der Ferne ansehen zu dürfen. Aber wie<br />
gesagt: Schlagen können sie sich halt selbst am besten. Das Schöne ist ... auch Profi s<br />
machen bzw. haben ihre Fehler, und das macht sie so liebenswert, so menschlich.<br />
ot.weiss<br />
ausblick<br />
INSELN, IMMER INSELN ODER HALBINSELN, MEINE GANZE KIND-<br />
HEIT IST VOLL VON IHNEN. WANN IMMER MEINE ELTERN ENDE<br />
DER FÜNFZIGER JAHRE IHREN WEISSEN NSU BEPACKTEN UND<br />
AUSLAUF SUCHTEN, WUSSTEN WIR KINDER: MEERUMSCHLUNGEN<br />
MUSSTE DAS ZIEL SEIN UND DEM FREIGANG EINE NATÜRLICHE<br />
GRENZE SETZEN. MEINEM VOR ALLEM, DENN GERNE HABE ICH<br />
ALS KIND DAS WEITE GESUCHT, BIN ABER NIE WEIT GEKOMMEN.<br />
DAS HEISST, BIS ANS MEER BIN ICH GEKOMMEN, DESHALB RÜHRTE<br />
MICH SPÄTER JENE ZEILE AUS DEM ALTEN SEEMANNSLIED, IN DER<br />
ES HEISST: „UND DES MATROSEN ALLERLIEBSTER SCHATZ MUSS<br />
WEINEND STEH’N AM STRAND.“ IN MEINER KINDHEIT WAR ICH<br />
SEEMANNSBRAUT, JEDENFALLS STAND ICH WEINEND AM STRAND.<br />
AUS „DER KNACKS“ VON ROGER WILLEMSEN, S. FISCHER VERLAG<br />
AUSGABE 35 ERSCHEINT ENDE OKTOBER 2009<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER Alexander Lehmann<br />
VERLAG/REDAKTION Terra Oceanis Verlag<br />
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Phone +49 (0) 431 - 996 99 77<br />
Fax +49 (0) 431 - 996 99 86<br />
CHEFREDAKTION Tom Körber<br />
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Phone +49 (0) 431 - 996 99 87<br />
REDAKTION Bendix Hügelmann<br />
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TEST & TECHNIK Michael Walther<br />
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ART DIRECTION bdrops. werbeagentur, Kiel www.bdrops.de<br />
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+ NIELSEN 1, 2, 3a, 5 Eliane Lehmann<br />
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Matthias Müncheberg, Dörte Horn,<br />
Denis Grau, Jens Hannemann, Willi Gohl<br />
AUTOREN<br />
Heike Schwab, Katja Böhm, Winfried<br />
Schumacher, Enrico Montanar<br />
FOTOGRAFEN<br />
PRAKTIKANT Christian Sewening<br />
Heike Schwab, Katja Böhm, Winfried<br />
Schumacher, Enrico Montanar, Tom Körber,<br />
Matthias Müncheberg, Juerg Kaufmann/Audi<br />
Medcup, Boris Herrmann, Pepe Hartmann,<br />
Rick Tomlinson/VOR, Dave Kneale/VOR,<br />
ROLEX/Kurt Arrigo, Beluga Racer,<br />
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