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- Jasm<strong>in</strong> Rehrmbacher -<br />
schwarz<br />
19<br />
<strong>Liebe</strong> <strong>in</strong><br />
Es s<strong>in</strong>d doch nur Menschen!<br />
schwarz<br />
weiß<br />
Das Erste was es tat, war schreien. Und wirklich, se<strong>in</strong> Leben war zum Schreien, obwohl<br />
es dies damals noch nicht wusste. Es hatte dunklen Flaum am Kopf, war rosig und<br />
faltig, hatte e<strong>in</strong>en großen Kopf und große Augen, die zugekniffen waren. Hände und<br />
Füße waren w<strong>in</strong>zig und es schrie herzzerreißend nach Wärme und Geborgenheit.<br />
(Bild)<br />
Das Baby war nur e<strong>in</strong>es von vielen anderen Babys, die <strong>in</strong> der großen, dunklen, tristen<br />
Halle, mit dem Betonfußboden und den dicken Metallstangen überall, zur Welt kamen.<br />
Man hatte herausgefunden, wie man durch Gentechnik, e<strong>in</strong>en Menschen dazu<br />
br<strong>in</strong>gen konnte, mehrere K<strong>in</strong>der pro Geburt zu „erzeugen“ und zwar <strong>in</strong> viel kürzeren<br />
Abständen.<br />
Dieses Baby war weiblich und hatte die Nummer 4768.<br />
Es lag zwischen se<strong>in</strong>en vier Geschwistern auf dem harten, kalten Boden und konnte<br />
nicht zu se<strong>in</strong>er Mutter, wie es der Drang jedes Babys war, da sie durch Gitterstäbe<br />
von ihnen getrennt war und nicht e<strong>in</strong>mal genug Platz hatte sich umzudrehen, weil<br />
sie ansonsten e<strong>in</strong>es ihrer K<strong>in</strong>der erdrücken würde, sei es wegen dem Platzmangel,<br />
der aufgestauten Aggressionen, oder weil sie schon so viel schreckliches erlebt hatte,<br />
dass sie abgestumpft war und ihre Umgebung nicht mehr wirklich wahrnahm,<br />
beziehungsweise ke<strong>in</strong> Interesse an ihr hatte. Auch an ihren Babys hatte sie ke<strong>in</strong><br />
Interesse mehr.<br />
Das Baby wurde so und so von Masch<strong>in</strong>en gefüttert.<br />
So wuchs es auf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Halle, voll mit anderen Menschen, die genauso wie es selbst<br />
gerade so viel Platz hatten, dass sie nicht erdrückt wurden. Zu den Futtermasch<strong>in</strong>en<br />
musste man sich durch das Gedrängel kämpfen, aber wenigstens gab es genug davon.<br />
Da sie nichts zu tun hatten, außer Fressen und Schlafen und selbst das, wegen der<br />
Platznot, e<strong>in</strong>e Folter war, waren sie erfüllt von Wut und begannen ihre Aggressionen<br />
an anderen oder an sich selbst auszulassen. Sie schlugen wild um sich und ließen ihren<br />
Tränen freien Lauf.<br />
Das kle<strong>in</strong>e Mädchen war bald am ganzen Körper übersäht mit Wunden und Narben.<br />
Alles war schmutzig und die Gefahr e<strong>in</strong>er Infektion war sehr hoch. Manchmal sah das<br />
Mädchen zwischen den vielen Körpern, e<strong>in</strong> schmutziges, zertrampeltes, totes K<strong>in</strong>d. Es<br />
kam vor, dass es fürchterlich laut wurde und e<strong>in</strong> paar Männer mit e<strong>in</strong>em Laster kamen<br />
und Menschen abholten. Dann gab es e<strong>in</strong> großes Geschrei und man konnte die Angst,<br />
die <strong>in</strong> der Luft lag, förmlich riechen. Dabei wurden meistens noch mehr Menschen<br />
verletzt. Denn niemand verstand, was geschah und alle verfielen <strong>in</strong> Panik.