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Liebe in

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weiß<br />

schwarz<br />

dass das Konzert vorbei war. Erst nach und nach kamen sie dah<strong>in</strong>ter, dass sie die e<strong>in</strong>zigen<br />

Menschen waren, die noch auf dem Platz standen. Langsam g<strong>in</strong>gen sie heimwärts.<br />

Sie g<strong>in</strong>gen denselben Weg, den Daniel am Tag zuvor gegangen war.<br />

Die Straße war vollkommen leer gewesen. Es war unheimlich still. Daniel beschleunigte<br />

se<strong>in</strong>e Schritte. Er spürte, dass irgendetwas h<strong>in</strong>ter ihm war.<br />

Se<strong>in</strong> Herz schlug immer heftiger und er g<strong>in</strong>g immer schneller. Be<strong>in</strong>ahe wäre er<br />

gerannt und vielleicht, wäre er dadurch se<strong>in</strong>em Schicksal entkommen, aber er redete<br />

sich e<strong>in</strong>, dass er vor überhaupt nichts Angst haben müsse und dass er sich gefälligst<br />

zusammenreisen solle. Er war schon fast wieder ruhig, aber nur fast, denn es war<br />

immer noch verdammt still und es war auch ziemlich f<strong>in</strong>ster, da e<strong>in</strong> paar Laternen<br />

ausgefallen waren. Außerdem schrie plötzlich e<strong>in</strong> Vogel: „Uhuh- uh Uhuh- uh!“ Es kam<br />

so unerwartet, dass Daniel stocksteif stehen blieb.<br />

Überall waren Schatten und <strong>in</strong> den Nischen herrschte gähnende Schwärze.<br />

Plötzlich sprangen vor ihm drei Typen aus e<strong>in</strong>er dieser dunklen Ecken. Sie hatten<br />

Glatzen. Alle drei hatten etwas <strong>in</strong> der Hand. Daniel konnte es <strong>in</strong> dem Zwielicht nicht<br />

genau erkennen, aber es schienen Schlagstöcke, oder so etwas Ähnliches zu se<strong>in</strong>.<br />

Sofort war er sich der Gefahr bewusst und rannte auch schon <strong>in</strong> die entgegen gesetzte<br />

Richtung.<br />

Aber es war schon zu spät, die drei Menschen bildeten e<strong>in</strong>en Kreis um ihn und kesselten<br />

ihn e<strong>in</strong>. Sie belauerten ihn wie Raubtiere, die noch etwas warten, bevor sie sich auf ihre<br />

Beute stürzen. „Na, hat es dir die Sprache verschlagen? Was ist mit den D<strong>in</strong>gen, die<br />

du sonst immer predigst und den Parolen, die du schreibst?“ Sie f<strong>in</strong>gen an zu lachen.<br />

Und während sie lachten zogen sie ihren Kreis immer enger. Sie f<strong>in</strong>gen an Daniel<br />

herumzuschubsen, versuchten ihn zu provozieren, machten Scherze über se<strong>in</strong>e langen<br />

Haare, die, wie sie me<strong>in</strong>ten „unslowakisch“ waren. Daniel wehrte sich nicht, er wusste,<br />

wenn er irgendetwas gesagt hätte oder auf ihre Provokationen e<strong>in</strong>gegangen wäre,<br />

hätten sie ihn sofort zusammengeschlagen. Aber, dadurch, dass er so überhaupt ke<strong>in</strong>e<br />

Reaktion zeigte wurden die Schläger auch wütend.<br />

„Was ist, warum wehrst du dich nicht? Eigentlich können wir´s uns denken du<br />

langhaariger Jesus. Wenn du geschlagen wirst, hältst du die andere Wange auch h<strong>in</strong>,<br />

oder?“ Wieder lachten sie.<br />

Kurzzeitig waren sie so sehr mit lachen beschäftigt, dass sie Daniel nicht beachteten.<br />

Dieser versuchte, aus dem Kreis auszubrechen und es gelang ihm. Er rannte los, rannte<br />

um se<strong>in</strong> Leben, aber nach drei oder vier Schritten, hatten ihn die Nazis schon wieder<br />

e<strong>in</strong>geholt, f<strong>in</strong>gen an mit ihren Stöcken auf ihn e<strong>in</strong>zuschlagen und lachten.<br />

53<br />

<strong>Liebe</strong> <strong>in</strong><br />

schwarz<br />

weiß<br />

Daniel fühlte nur noch unerträgliche Schmerzen und wie ihm e<strong>in</strong> Knochen nach dem<br />

anderen gebrochen wurde.<br />

Irgendwann wurde es den Schlägern fad und e<strong>in</strong>er von ihnen nahm se<strong>in</strong> Messer heraus<br />

und rammte es Daniel <strong>in</strong>s Herz. Se<strong>in</strong> ganzes Leben g<strong>in</strong>g noch e<strong>in</strong>mal im Schnelldurchlauf<br />

an ihm vorüber.<br />

Das Letzte was er hörte war: „Da siehst du was du jetzt von de<strong>in</strong>en langen Haaren und<br />

de<strong>in</strong>en großspurigen Reden hast!“ Dann hörte und spürte er nichts mehr.Daniels Mutter<br />

und se<strong>in</strong> Bruder g<strong>in</strong>gen jetzt gerade an der Nische vorbei, wo die Nazis sich versteckt<br />

hatten. Der junge Mann sah sich kurz um und versuchte nicht an den Mord zu denken.<br />

Das, was er sah, erfüllte ihn mit Hass und Zorn. Drei Typen standen lässig <strong>in</strong> der Ecke<br />

herum. Sie hatten Glatzen und e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>es Lächeln spielte um ihre Lippen.<br />

Daniels Bruder wusste sofort, wer sie waren. Es waren die Mörder.<br />

Mit e<strong>in</strong>em Schrei wollte er sich auf sie stürzen, doch se<strong>in</strong>e Mutter hielt ihn zurück. Die<br />

Nazis lächelten jetzt nicht mehr. Sie kamen langsam auf die zwei zu.<br />

„Na, seid ihr traurig? Bei so e<strong>in</strong>em missratenen Sohn und Bruder, würde ich mich<br />

freuen, wenn er tot ist!“, Gelächter, dann wandten sie sich ab, sie hatten ihre Wut<br />

schon am Tag zuvor herausgelassen und sie wollten sich nicht zu auffällig benehmen,<br />

schließlich wurden sie ja von der Polizei gesucht. Aber ihre Worte hatten den Mann so<br />

aufgeregt, dass er sich, obwohl sich se<strong>in</strong>e Mutter gegen ihn warf um ihn aufzuhalten,<br />

auf die Nazis stürzte.<br />

Es kam zu e<strong>in</strong>er fürchterlichen Rauferei, die gefolgt war von den Schreien der<br />

verschreckten Mutter.<br />

Plötzlich zog Daniels Bruder e<strong>in</strong>e Pistole und richtete sie auf den Anführer der Bande.<br />

E<strong>in</strong>e kurze Schrecksekunde lang standen alle ganz still, dann f<strong>in</strong>g die Mutter an zu<br />

schreien: „Ne<strong>in</strong>! Tu das nicht! Das ist doch ke<strong>in</strong>e Lösung! Das br<strong>in</strong>gt überhaupt nichts!<br />

Komm geh mit mir nach Hause! Gewalt gegen Gewalt ist ke<strong>in</strong>e gute Idee! Daniel hätte<br />

das nicht gewollt!“<br />

„Daniel war e<strong>in</strong> verdammter Pazifist!“, schrie der am Boden zerstörte Mann und<br />

drückte ab.<br />

Iris Urbanetz

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