ZUM NEUEN JAHRGANG.
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Da wir nun einmal, wahrscheinlich nicht<br />
ohne Zusammenhang mit der sittlichen Fortbildung,<br />
auf die Wahrheit, auch in künstlerischen<br />
Dingen, mehr Gewicht legen, als<br />
manches vorhergehende Geschlecht, so<br />
dürfte der Anschluß an gotische Auffassungen<br />
wohl fruchtbarer sein als der an antike oder<br />
ihm verwandte.<br />
So völlig Neues wie der Eisenbau oder<br />
der Eisenbetonbau scheidet sich durchaus<br />
vom Antiken, kann jeglichen Ausdruck der<br />
Antike nur als Maske brauchen; zur Gotik<br />
zieht sich mancher Faden. Ja, die Zerlegung<br />
in stützende Stäbe und füllende<br />
Fläche, die die Antike fast vergessen hat,<br />
ist einer der Grundsätze aller neueren Bauweisen.<br />
Zum Schluß wäre neben Formen und<br />
Räumen noch die Farbe zu berücksichtigen.<br />
Die kümmerlichen Reste antiker Malerei<br />
kommen kaum in Betracht, da alle Beziehung<br />
zwischen antiker Mal- und Baukunst<br />
in unserem Empfinden erloschen ist.<br />
Von der gotischen Malerei ist zwar auch<br />
das meiste verloren; aber so manches, was<br />
die Maler des Mittelalters bewegte, ist heute<br />
wieder zur Aufgabe geworden, das Wühlende,<br />
das Unausgeglichene, der stärkste Ausdruck<br />
des seelisch Bewegenden, auch auf Kosten<br />
abgeklärter Schönheit. Die Baukunst, die<br />
wir meinen, wenn wir von antiker sprechen,<br />
oder von irgendeiner, die ihre Formen übernahm,<br />
geht auf Abklärung", auf wohlgemessene<br />
Schönheit aus. Das ist so allgemein,<br />
daß auch da, wo etwa einmal Michelangelo<br />
oder Bernini als Vorbilder dienen, man<br />
ihre „Ausschweifungen", also ihr Eigenstes,<br />
vermeidet; oder, wo man das nicht tut, wo<br />
man etwa einen Juvara nachahmt, wie bei<br />
einer großen künstlerischen Kinderei (Turin<br />
1911), da kommen Zerrbilder heraus.<br />
Freilich bezieht sich das alles nur auf<br />
künstlerisch ernstes Arbeiten, auf faustische<br />
Anlagen. Die Handwerker, auch die geschickten,<br />
die sich für höchste Aufgaben<br />
eignen, weil sie ohne viel innere Hemmungen,<br />
also rasch und sicher arbeiten, und die darum<br />
höchste Stellungen im Staat einnehmen,<br />
die werden der Gotik kühl bis ans Herz<br />
gegenüberstehen, sie aber auf Wunsch ebenso<br />
gern brauchen, wie jeden anderen von ihnen<br />
gelernten Stil.<br />
Vielleicht ist es für die Entwicklung unserer<br />
Kunst gut, daß die den Germanen eigenste<br />
Kunst, die gotische, noch lange ein Gebiet<br />
Weniger bleibt, ein Gebiet, auf dem in Ruhe<br />
Sämlinge kommender Kunst herangezogen<br />
werden können. Friedrich Paulsen.<br />
ABB.<br />
M. r :300<br />
EVANGELISCHE GARNISON-<br />
KIRCHE IM TRUPPENLAGER<br />
DÖBERITZ. GRUNDRISS • _i<br />
• ARCH.: REG.-BAUMEISTER<br />
3 D n D D o TH. WEIL<br />
(MIL.-NEUBAUAMT DÖBERITZ)