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streifzüge eines deutschen baumeisters im modernen hellas

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STREIFZÜGE EINES DEUTSCHEN BAUMEISTERS IM MODERNEN HELLASDie folgenden von Direktor Coste gemachten Aufnahmenzeigen, daß in Griechenland ohne Mitwirkung akademisch gebildeterArchitekten ein künstlerisches Ziel erreicht wird, das inKalifornien und anderen südwestlichen Staaten der amerikanischenUnion unter Führung der besten Architekten des Landeserreicht worden ist. Man hat in beiden Fällen unter sehr zurückhaltenderund gewissenhafter Verwendung der überliefertenArchitektur formen moderne Häuser gebaut. Das hier in Abb. 3gezeigte Haus, das <strong>im</strong> <strong>modernen</strong> Griechenland ganz aus traditionsgefestigterSachlichkeit ohne jeden „künstlerischen 41 AnspruchAbb. 1 bis 3 j Kleinhäuser in Griechenland46736W.M.B. XI. 12


Abb. 4 j Vorstadthaus mit PergolaAbb. 5 ITreppenaufgangAbb. 6 IStraßenbild


Abb. 7 l Zweistöckiges Gruppenkaus mit einheitlicher FassadeAbb. $ ! Gartenhaus Abb. 9 I Zweistöckiges Kleinstadthaus469


Abb. 10 I Rathaus in Lixouri (Griedienland) j Erbaut in der ersten Hälfte des 19, Jahrhunderts / Gesamtansichtvgl. Abb. 11erwächst, könnte in Kalifornien als die Leistung <strong>eines</strong> fuhrendenArchitekten stehen, der es als Ergebnis langjähriger Schulungan französischen und italienischen Vorbildern und unter genauerKenntnis der spanisch-kolonialen Baukunst Westamerikas entworfenhätte. Man vergleiche z. B. die Abbildungen in WusmuthsMonatsheften für Baukunst 1924, S. 425, welche Arbeiterhäuserdes gefeierten Baumeisters Goodhue darstellen t dessen Triumphdie Wiedererweckung der spanischen kolonialen Baukunst fürdas moderne Südwest-Amerika geworden ist. (Weitere Blütendieser neuen Baukunst finden sich abgebildet auf den Seiten84—85 und 148—153 m<strong>eines</strong> Buches „Amerikanische Architekturund Städtebaukunst".)Es ist ein verbreiteter Irrtum, zu glauben daß die „Architekturformen"nur aus den mißbrauchten Säulen bestehen. Nicht nurAbb. 11 I Rathaus in Lixouri (Griechenland) / Einzelheit ! vgl. Abb. 10Abb. 12 I Kapelle mit Friedhof470


J / Leuchtturm in Lixouri (Griechenland) / Erbaut in der ersten Hälfte des 19. JahrhundertsAll


Abb. 14 l Größere PergolaMan beachte die Verwendung von Eisen als Trager der RebenSäulen sind „Architekt Urformen". Audi das Umrahmen von Fenstern und Türenoder die Betonung der Hausecken mit weißer Farbe, ein bescheidener Dachüberstandoder ein Gurtges<strong>im</strong>s, „Mönch und Nonne" t die Gliederung <strong>eines</strong> Balkongeländers undähnliches können „ Architekt Urformen" sein, deren Verwendung viel Takt erfordertund die, wenn sie traditionell gebunden und taktvoll verwendet sind, trotz spartanischerEinfachheit einem Bauwerke künstlerische Weihe geben und die, wenn sie vonkunsfgewerblerisch „entwerfenden Künstlern" mißbraucht oder durch Neuerfindungenersetzt werden, das Bauwerk der Gefahr rettungsloser Verkitschung ausliefern,Direktor Coste deutet in seinem kurzen Schriftsatz an, daß auch griechische Architekten,wo sie „künstlerisch" wirken wollen, mit den „Architekturformen" ebensosündhaft wirtschaften wie die Baumeister der Berliner Gründerzeit (1860—1960).Griechenland ist auch heute noch überwiegendein Agrarstaat. Es gibt infolgedessennur wenige größere Städte, unddie neu angesiedelte Industrie hat steh <strong>im</strong>Piräus und in der Nähe Athens konzentriert.Auf den Inseln hat sich das Leben inseiner Einfachheit noch g-anz erhalten,und die Bauten bezeugen überall Anspruchslosigkeitund Zurückhaltung. Nurbei den öffentlichen Bauten, Leuchttürmen(Abb. 13), Rathäusern (Abb. 10 und 11) undKirchen, sind etwas anspruchsvollere Architekturformenverwendet.Auffallend ist die gute Farbengebungfast aller Bauten, Mit ihren hellen Tönenvon gelb, rot und rosa mit weiß abgesetztenFenstern und Traufen s'ehen sieausgezeichnet in der ernsten und strengenLandschaft, die H<strong>im</strong>mel und Meer überallfestlich umrahmen.Viele der hier wiedergegebenen Bautensind nicht älter als 20 Jahre, keiner älterals 100 Jahre. Ein Beweis dafür, welchgute handwerkliche Überlieferung auf diesenabgeschlossenen Inseln selbst heute nochherrscht.Auch Athen war bis vor zwanzig Jahrennoch eine Stadt mit einfachen und unauffälligenBauten, Gelegentlich der Aufstellungdes neuen Bebauungsplans konnteLudwig Hoffmann noch diese Feststellungmachen. Heute hat sich das Bild leidergeändert. Athen mit Piräus ist sozusagenüber Nacht eine Großstadt geworden, diebald eine Million Einwohner haben wird.Die zahllosen dort errichteten Neubautenerinnern in ihrem Ausdruck peinlich andie Berliner Bauten aus der Gründerzeit.Nur einige Arbeiterkolonien machen einenbesseren Eindruck. Soweit ich feststellenkonnte, waren gerade sie nicht von Architekten,sondern von Bauunternehmerngebaut. Man hat sie als einfache Nutzbautenunter Fortlassung aller Romantikund unter Verzicht auf alle überflüssigenArchitektur- und Seh muck formen errichtet,und es ist dabei ein durchaus befriedigenderGesamteindruck entstanden.Würde man noch für geeignete Bepflanzungsorgen, so könnte das Bild mitden Jahren sogar freundlich werden. Leidersind dazu gar keine Anstalten getroffen.Wie der ganze Süden« so le'det auchAthen unter einer entsetzlichen Wassernot,und so lange die Menschen in den neuenQuartieren stundenlang nach Wasser „anstehen"müssen, ist natürlich an Pflanzungen,die viel Wasser verbrauchen, nicht zudenken.Roderich CosteDirektor der Gewerbeschute in Lixouri(Griechenland)All


EH iVIER PHOTOGRAPHISCHE R E I S E AU F N AH M E N AUSVON EUGEN BRUNO PLINATUS, NUUMÄKIGALIZIENDie anspruchslose Verwertung überlieferter Formen, von denendie vorhergehenden Seiten Beispiele geben, ist nicht auf Griechenlandbeschränkt. Diese baulichen Formen sind gemeinsamesKulturgut fast aller Länder weißer Rasse. Ihre Handhabungist so sicherer Besitz der Entwerfenden und Ausführenden geworden,daß selbst provinzielle Eigenwilligkeiten wie der Dach-Aufbau über dem Portikus der Abbildung- 1 und 2 kaumstören.Abb. 7 und 2 j Herrensitz „Saljessje" des Fürsten Oginsky (Galizien)474


EINGEBAUTE ODER FREISTEHENDEMÖBELZu der von Dr. Nonn in seinem Aufsatz „Unabänderliches<strong>im</strong> Kleinwohnungsbau" (W. M. B.Heft 10 Seite 406) berührten Frage nach der Zweckmäßigkeiteingebauter Möbel schreibt uns ProfessorAlbert Gessner, Berlin:„Die Nonn'schen Ausführungen über die einzubauendenSchränke für vermietbare Wohnungenscheinen mir sehr beachtlich und sollten viel Stärkerbetont werden .. . Jedenfalls ist eine Diskussion überdiesen Punkt einmal nötig, damit das Hauptproblemklar herausgehoben wird: Müssen wir der Industriedie Normung von Schrankmöbeln auf das Dringendsteempfehlen oder müssen wir ihr nahelegen, die Herstellungvon Schrankmöbeln nach Möglichkeit einzuschränken?In letzterem Falle, also wenn es richtigwäre, daß man Schrankmöbel auch in unsere vermietbarenWohnungen einbauen soll, müßte darauf hingearbeitetwerden, den Hypothekenbanken aufzugeben,diesen Einbau bei der Beleihung zu berücksichtigen.Der gegenwärtige Zustand, in dem die Architekten<strong>im</strong>mer das Einbauen von Schränken versuchen, ohneeine finanzielle Grundlage zu haben und ohne dieGewähr zu haben» daß ihnen diese eingebautenSchränke nicht durch mitgebrachte verstellt werden,ist aus nationalökonomischen Gründen untragbar".Die vielfach laut werdenden Zweifel an der Zweckmäßigkeiteingebauter Möbel erscheinen mir als einebedauerliche Übergangserscheinung; ich habe michdurch langjährigen Aufenthalt in Wohnungen miteingebauten Schränken, wie man sie nicht nur inAmerika und England, sondern auch in Frankreichfindet, so an diese Annehmlichkeit gewöhnt f daßmir das Beharren be<strong>im</strong> kostspieligen und raum~fressenden Kleiderschrank unhaltbar erscheint.W.h.BÜCHERSCHAU(VGL. S. 505)STÄDTEBAU. Heft 11. 15 Abbildungen, EinzelpreisM. 1,75.Otto J. Meurman, einer der führenden Städtebauerseiner He<strong>im</strong>at, berichtet über den neuzeitlichenStädtebau Finnlands, der wegen der weitgehendenVerwendung von Holzbauten auch für unsere Verhältnissewichtig werden kann. StadtbaudirektorArntz-KÖln beendet seine Ausführungen zum Entwurfdes Preußischen Städtebau-Gesetzes, dessen <strong>im</strong>mernoch verzögerte Verabschiedung endlich für die fernereEntwicklung des Wohnhausbaues in jeder Beziehungbedeutsam werden sollte. Dr. Hoenig findet in seinerAbhandlung über ,.BaukIasse und Anliegerbeitrag"einen Weg zur gerechteren Verteilung dieser jedenWohnhausbau schwer treffenden öffentlichen Lasten.Seine Beispiele aus der Praxis sind durch überraschendeDiagramme ergänzt.Abb. 3 (oben) I Gewächshaus <strong>im</strong> Herrensitz „Saljessje" des FürstenOginsky (Galizien)Abb, 4 (unten) Vorhalle mit Herd in einem alten Bauernhaus in Sobolmoka(Galizien}.Alb


— ' '"•• '> : HOETGER, HOEGER, HÖGGUND DER ZIEGELBAU IN DEUTSCHLAND UND DER SAHARAAbb.ibisSIPaula Becker-Mudersohn-Haus, BremenArchitekt:Bernhard HoetgerOben: Blick in die BöttcherstraßeI Unten: Grundrißvon Erdgeschoß (links) u.h Obergeschoß (redi/sjVgl. Abb. 6 bis 8476


Wenn hier das von Bernhard Hoetger geschaffenePaula Becker-Modersohn-Haus inBremen und das von Fritz Hoeger errichteteFabrikgebäude Seh er k in Berlin mit Ziegelbautenaus Südtunesien verglichen werden, sosollen diese Gegenüberstellungen nicht als Bei"spiele und Gegenbeispiele in dem Sinneverstanden werden, als seien jene orientalischenBauten ohne weiteres vorbildlich.Was Würde in der Behandlung des Backsteinsbedeutet, zeigen die tunesischen Beispiele(Abb. 4 bis 24), obgleich selbst beiderartig mafivoller Schmückung das flachenhafteÜberspinnen des ganzen Baukörpersan orientalische Teppichweberei erinnert undetwas Befremdendes hat.Hoeg-er hat die überraschenden Diagonalwirkungen,die man an seinem Chilehaus bewundert,am Scherkhause noch weiter geistreichgesteigert (Abb. 16, 17, 25, 26), undist nur mit seinem Eingangs-Vorbau (Abb.25)ins exotisch Geschwollene geraten. Vorzüglichausgenutzt ist das Grundstück (Abb. 20),dessen dreieckige Form sich aus den Notwendigkeitender Bahnlinien besser rechtfertigenläßt als der spitzwinklige Straßenplan,für den Hoeger die berühmt gewordenespitze Ecke des Chilehauses erfinden mußte.Albern, verspielt und verkitscht mutetgegenüber der klaren orientalischen Ziegelbehandlungder tunesischen Beispiele die„nordische" Form- und Farbengebung* BernhardHoetgers an, die, wie Professor Högg-Dresden treffend sagte, die Erinnerung an„blutrünstige Syphilis-Geschwüre" wachruft.Wer das Werk Paula Becker-Modersohn's undseine Vornehmheit würdigen lernte, weiß, daßihm die widerliche Haltlosigkeit des vonHoetger Gewagten dreist Hohn spricht. Unddas Andenken der Künstlerin sollte doch mitdiesem Hause geehrt werden!Nicht in der Behandlung des edlen Baustoffesallein (vgl. Abb. 1, 6 bis 8) liegt einMißgriff, sondern auch in der mituntergeradezu ungeheuerlichen Verbindung vonZiegel,Beton und Eisen, die an die schl<strong>im</strong>mstenMaterialverbindungen der „sachlichen" Bautender Werkbundsiedlungf in Stuttgart erinnert(Abb. 7). Wieviel klarer wirken auch dieMassen der Parfümeriefabrik Scherk (Abb. 18und 19) als die ein- und ausschwingendenMauern Hoetger's, deren Windungen undKrümmungen dem rechteckigen Ziegel geradezuHohn sprecheu (Abb. 2, 3)! Dr. Karl With,der ausgezeichnete Erforscher und Kennerostasiatischer Kunst, dessen Kritik zu Hoetger'sBau unten folgt, hat die seit jeher alsbesonders „phantastisch" bezeichneten BautenJavas gewürdigt und kritisch untersucht. Umso beachtlicher scheint seine unzweideutigeAblehnung dieser „künstlerischen Phantasie"Hoetger's.Abb, 4 und 5 / Südtunesischt ZiegelbautenVgl. Text Seite 481 und Abb. 9 bis 75, 21 bis 24477


DAS PAULA BECKER-MODERSOHN-HAUS IN BREMENARCHITEKT: BERNHARD HOETGERVor einigen Monaten fand in Bremen dieEinweihung der Böttcherstraße mit dem PaulaBecker-Modersohn-Haus statt. Es handelt sichdabei um einen <strong>im</strong> Stil norddeutscher Ziegelbauweisegehaltenen Neuaufbau einer alt bremischenStraße in der Nähe des Marktplatzes und um ein fürMuseums- und Ausstellungszwecke errichtetes BauwerkAbb, (1—3), Diese Gebäude verdanken ihreEntstehung einem namhaften Bremer Bürger, dernoch ein übriges tat, indem er hier seine Sammlungvon Gemälden und Zeichnungen der Paula Becker-Modersohn der Öffentlichkeit zugänglich machteund darüber hinaus ein He<strong>im</strong>atmuseum, kunstgewerblicheWerkstätten, eine Bücherstube, einenVerlag, Klubräume, ein Kaffee und Restauranteinrichtete. Somit die Tat <strong>eines</strong> großzügigen undk<strong>eines</strong>wegs weltfremden Mäzens, die vorbildlichhätte werden können, würde man in der Wahl desArchitekten für das Modersohn-Haus nicht einenso verhängnisvollen Fehlgriff getan haben. Ich willvon der verpaßten Gelegenheit schweigen, nichteinen berufenen Baukünstler anstatt <strong>eines</strong> Phantastenmit dieser Aufgabe betraut zu haben, undebenso dahingestellt sein lassen, ob eine — auch mitGeschmack durchgeführte — Wiederholung mittelalterlicherBauformen ein gangbarer Weg ist,He<strong>im</strong>atpflege zu treiben. Jedenfalls wirkt dasstehengebliebene Haus Böttcherstraße 6, das inseinem jetzigen Zustand aus dem Jahre 1588stammt, und 1906 mit viel Verständnis erneuertworden ist, wie ein edler Stein in einer ausdruckslosen,nachgemachten Fassung.Über all das hätte man hinwegsehen können,wäre nicht dieses Paula Becker-Modersohn-Haus,das in seiner Mischung von He<strong>im</strong>atstil, Expressionismusund Filmzauber altbekannten Architekturgreuelnk<strong>eines</strong>wegs nachsteht. Verzweifelt suchtdas Auge nach einem Halt, nach einer meßbarenGröße, nach irgendeiner sinnvollen Ordnung. Nichtsals ein einziges Trümmerfeld! Peinlich sind jedegeheiligte Horizontale und Vertikale, jeder fühlbareWinkel, jeglicher Zusammenhang vermieden.Die Flächen sind zerrissen und überladen mitexpressionistischen Narben; die Ges<strong>im</strong>se schwankenwie in einer Fieberkurve auf und ab; dieTerrasseist verbeult; Fensterausschnitte sind in jeder Formund Große, möglichst aber alle verschieden, vorhanden.Das alles wird überragt von zwei phallisdienTürmen mit Lichtreklame (Abb. 6).Die Eingangshalle scheint als Grotten-Sehenswürdigkeitgedacht zu sein. Künstliche Beleuchtung-,die in dieser Familiengruft auch tagsüber nichtzu entbehren ist, sorgt wenigstens für bengalischeEffekte, unterstützt durch einen fulminantenAbb. 9 und 10 i Sudtunesische ZiegelbautenVgl. lext Seite 481 und Abb. 4-5, 11-15, 21-24479


Abb. 18 bis 20 f Neubau derParfämeriefabrik Scherk, BerlinArchitekt:Fritx Hotger, Hamburg482BE R L ! f-i - AN MALTER - ClSCNB AH_N. 06cn und Mitte: Entwurfsskizt*der Gesam/anlage / Unten'Lageplan / ; 3000 / Die Ziffern1 bis 3 veranschaulichen dieBauabschnitteL Vgl. Abb. 16, 17, 25, 36


Abb. 21 und 22 [ Südtunesischer Ziegelbau / Vgl. Text Seite 484 und Abb. 4—5, 9—15, 23—24483S7W.M.B.XI. 12


Neben diesen einfachen Verzierungen derMauern sind über dem Holzbalken der Haustüren(Abb. 23 und 24), über den Torwegen, über dendie Häuser verbindenden Durrhgangsbogen (Abb. 4und 5), an den Hausecken (Abb, 10) und zurAusschmückung ganzer Innenhöfe (Abb. 21) großeOrnamentfelder angebracht, die von reizvollsterAbwechslung sind. In rechteckigen, oft quadratischenFeldern werden durch Zurücktreten derBacksteine hinter die Wandfläche oder durchgrößere Zwischenräume zwischen den Steinen einfachegeometrische Formen gebildet und zu einemZiegelnetzwerk vereinigt. Als Formelemente kehrenHaringsgräten, Schachbrett und Netzmuster <strong>im</strong>merwieder, doch wird durch senkrechte oder wagerechteVerwendungen und Verbindungen großer Reichtumund Manigfaltigkeit der Ornamentierung erreicht.Die" inneren Netzmaschen belebt man durcheinige wieder in das Profil der Wand zurücktretendeSteine, verschiedenartig je nach ihrerZahl und Anordnung. Diese Art der Technikführt zu starker Licht- und Schattenwirkung, sodaß bei der afrikanischen Sonne die Ornamenteaußerordentlich kräftig und plastisch hervortretenund daher von großartiger Wirkung sind. GanzeHäuserfronten werden durch horizontal laufendeBänder geschmückt (Abb 22). Besonders schön istdie Anbringung der Ornamente über den romanischenTorbögen, durch die man in die vornehmenHäuser eintritt (Abb. 9 und 10).Die Fensteröffnungen sind, soweit hie und davorhanden, schmal schießscharlenhaft und meistvermauert (Abb. 21 und 22).Regierungsrat Max Niehaus, WiesbadenNOCH EINMALDIE SUPREMATISTISCHEARCHITEKTURZu der Veröffentlichung der Arbeiten von ProfessorMalewitsch, Leningrad auf Seite 412 ff. bitteter uns, den Verfasser-Namen des Entwurfes füreinen Arbeiterklub dahin richtigzustellen, daß derArchitekt Hidekel heißt und auch das Modell in dervon Malewitsch geleiteten Hochschule angefertigt hat.Die gleiche Veröffentlichung über suprematistischeArchitektur hat den Architekten Walter v. Fritschen,Torgau angeregt, uns folgende Ausführungen zurVerfügung zu stellen:„Suprematistische Architektur •— der wievielteneue Stil mag es schon sein <strong>im</strong> Jahre? Victor Hugoschrieb vom Mittelalter noch, daß die Baukunst damalsganz Sprache und Ausdruck des Menschen ge*wesen sei für alles, was ihn <strong>im</strong> Innersten bewegte.Dies ist schon lange anders geworden, seit außerdem Buche noch Musik oder Technik und vieleandere Dinge ebenso wichtig wurden. Die Bauaufgabenzwar blieben bestehen, aber sie wurdenlangsam zu Objekten geistigen Spiels. Dies führteAbb. 23 und 24 / Südtunesiscfier Ziegelbau / Vgl. Text S.484und Abb. 4—5, 9—15, 21-22484


schließlich soweit, daß sich in unserer Zeit Reformatorenfanden, die den guten Kindern das Spiel mit solchenDummheiten wie Fassaden rundweg verboten und ihnenklarmachten, daß auch der Bau lediglich als Maschine zubetrachten sei. Sie konnten für ihre Ansicht anführen, daßAuto, Flugzeug und Radio sich als viel zeitgemäßeresSpielzeug benutzen ließen.Doch dieGemaßregelten gehorchtennicht. An Spielen, die jahrhundertelang ihre Dienstegetan haben, hängt man gar zu sehr, und der Mensch iststets langsamer als seine Theorien, er wird <strong>im</strong>mer wiederrückfällig. Man blättere die letzten Jahrgänge dieser Zeitschriftdurch und wird überall Beispiele einer wahren Spielwutfinden. Doch alle diese erfindungsreichen Spieler habeneine Mordsangst davor, in ihrer Kindlichkeit entdeckt zuwerden. Sie spielen vor sich selbst und vor dem PublikumTheater, um sich den Anschein zu geben, ganz erwachsenzu sein. Ihre Prologe sind architekturphilosophische Theorien.Sie nehmen eine höchst bedeutende Haltung ein, umja zu <strong>im</strong>ponieren (Le Corbusier, Entwurf zur „Stadt derArbeit")» i» sie werden dämonisch (Einsteinturm), haltenein Verteidigungsbuch vor sich (Bauhaus u. a.) und gebensich so gepanzert ihrer Leidenschaft hin. Das Spielzeug istmannigfachster Art. Das allzu alte wie Säulen und Ges<strong>im</strong>seist augenblicklich in den Winkel geworfen. Man bevorzugtviereckige Pappdeckel und Schachteln aller Größe wie Doesburgoder die Bauhausleute, oder Klötzchen wie Malewitscb,der sogar eine Erinnerung an ein Schaukelbrett auf demDache anbringt, oder man verwendet Tonnen und großeNadeln wie De Klerk oder bringt in fabelhafter Höhehübsche Laubsägearbeiten an wie Kreis am DüsseldorferHochhaus, Die Kühnsten machen Kugelhäuser, die sichrollen lassen, oder drehen Sie überhaupt um, so daß dieSpitze unten ist (Kölner Hochhaus-Wettbewerb), wenn sichnicht gar wie bei dem Modell zum Denkmal der 3. Internationalein Moskau das ganze Ding tatsächlich dreht. Glasist als Spielmaterial besonders beliebt. Vieles wird schönbunt gemacht. Manche spielen <strong>im</strong>mer Kirchenbauen, auchwenn es Geschäftshäuser sind (ChicagoTribune-Wettbewerb),In Amerika holt man auch das weggeworfene Gerumpelwieder aus der Ecke und windet mit Riesenkränen alteDome und Tempel auf die höchsten Wolkenkratzer hinauf.70 er Fassaden, holländische Pappschachteln, suprematistischeKlötzchen oder amerikanische Kathedralkratzer —es ist <strong>im</strong> Grunde alles dasselbe: das ,Kind <strong>im</strong> Manne' spielt."Walther von Fritschen, Torgau.CHRONIK (VGL. SEITE 506)BAUAUSSTELLUNG IN MOSKAUIm April 1928 findet in Moskau eine Bauaustellung statt.Die Ausstellung wird organisiert vom Rat für Arbeit und Verteidigung,Oberstem Wirtschaftsrat, der Staatlichen Handelsstelle„Gostorg", d en Volkskomissariaten für Verkehrswesen,Landwirtschaft, Finanzen und von einigen Bauverbänden.Die Ausstellung stellt sich zur Aufgabe, die Errungenschaftenauf den Gebieten der Bauindustrie, des Wohnungsbaues,Wegebaues und anderer verwandter Gebiete zu zeigen.Der Ausstellung wird eine Auslands-Abteilung angegliedert.Auskunft erteilt das Büro für Messen und Ausstellungender Handelsvertretung d. U. d. SSR. in Deutschland,Berlin, Lindenstraße 20—25.Abb. 25 und 26 1 Vom Neubau der Parfümeriefabrik SckerkArchitekt: Fritz Moeger, HamburgVgl. Abb. 16—20485


Abb. 1 I Wohnhausblock des £rbbautiereins Moabit e. G. m. b. H. in Berlin-Reinickendorf I Architekten: Bleier und Clement, Berlin I Teilansicht an der ScheffelstraßeVergl. Abb. 2 und 6WOHNBAUTEN DES E R B B A U VER E IN S MOABIT IN BERLINARCHITEKTEN: BLEIER UND CLEMENT, BERLINDie Bauten des Moabiter Erbbau-Vereins, von denen hiereinige besonders vorteilhafte Bilder mitgeteilt werden, sind zwarnicht überall ganz so frei vom Spiel mit „Motiven" wie etwadie <strong>im</strong> vorigen Hefte abgebildeten Bauten von Bruno Langkeit(vgl. oben S. 425), und erst recht nicht wie die StockholmerBauten von Wallander (vgl. unten S. 497). Wenn aber auch derLieblingsspruch moderner skandinavischer Baumeister: „ Ganzohne alle Risalite/" bei den Moabiter Neubauten nicht durchausgeherrscht hat, so stellen sie doch einen bedeutsamen Schrittin der Richtung zur Einfachheit, Wirkung durch gute Verhältnisse,handwerksmäßig guten Leistung und Verzicht auf Mode-Witze dar. W. H.Das folgende ist der Baubeschreibung entnommen:Der Erbbauverein Moabit ist eine der alten Berliner Baugenossenschaften,die schon vor dem Kriege auf gemeinnützigerGründlage mehrere hundert Wohnungen hergestellt hat und sofortnach dem Kriege ihre Bautätigkeit wieder aufnahm. Grundbedingungdieser Bautätigkeit ist es, friedensmäßig gute, einwandfreieWohnungen herzustellen.Bei den hier veröffentlichten beiden Wohnhaus-Gruppen isthervorzuheben, daß die Bauausführung, insbesondere die innereBauausstattung der Wohnungen, den höchsten Ansprüchen anhandwerksmäßig gute Leistungen entspricht. Zu allen Arbeitenist das beste Material in bester Verarbeitung verwendet worden.Die Wohnungen haben zwar keinen sogenannten „<strong>modernen</strong>Komfort*', dafür aber in allen Küchen und Kammern Doppelfenster,modernste und heiztechnisch beste Öfen, die von allenSeiten glasiert sind. Steintreppen mit Linoleum-Belag, Badeeinrichtungenmit Junker's Gas-Badeöfen usw.Die Ausgestaltung der Ansichten ist auf das sparsamste,unter Verzicht auf jeden plastischen Schmuck und fast ohneFarbe erfolgt. Viel Sorgfalt und große Mittel sind auf einereiche gärtnerische Ausgestaltung der Hofe verwendet worden.Die Wohnhausgruppe am Zeppelin - Platz (Abb. 3) enthält144 Wohnungen, von denen die Mehrzahl 27a Z<strong>im</strong>mer-Wohnungenmit einer Wohnfläche von 70 qm sind. Der Bau wurde <strong>im</strong> Jahre1924/25 bei verhältnismäßig günstigen Lohn- und Material-Preisenausgeführt. Die durchschnittlichen Baukosten für eine Wohnungbetragenungefähr RM 10400.—Die Wohnhausgruppe in Berlin-Reinickendorf (Abb. 1) wurde1926/27 erbaut und enthält insgesamt 210 Wohnungen der gleichenGröße und Art wie der Block am Zeppelin-Platz. Die Baukostenin Reinickendorf stellen sich infolge der gestiegenenMaterial* und Lohnpreise je Wohnung auf ungefähr RM 12500.—486


Abb. 2 lWohnhausblock des Erbbauvereins Moabit e. G. m. b. H. in Bertin+Reinickendorf / Architekten.' Bleier und Clement, BertiTeilansicht an der Scheffelstraße / Vgl. Abb. 1 und 6487


Abb. 3 l Wohnhaasblock des Erbbauvereins Moabit e. G. m. b. H. in Berlin A / Architekten;Gesamtansicht am ZeppelinplatzVgl, Abb. 4, 5 und 7L LBleier und Clement, Berlin,466. 4 und 5 (links)Wohnhausblock des ErbbauvereinsMoabit e. G.m. b. H. in Berlin NArdiitekten; Bleier undClement, BerlinLagtplan 7.- 2000 undNormal - Grundriß 7 : 250Vgl. Abb. 3 und 7Abb. 6 (rechts) f Wohnhausblockdes ErbbauvereinsMoabit e.G.m.b.H.in Berlin - ReinickendorfArchitekten: Bleier undClement, BertinLageptan 1:2000Vgl. Abb. 7 und 2r?488


Abb. 7 IWohnhausblock des Erbbauvereins Moabit e.G.m.b. H. in Berlin NArchitekten; Bleier und Clement, BerlinTeilansicht am Zeppelinplatz I Vergl. Abb t 3S489


Abb.7 l Kleinwohnungsbauten der Mieter-Sparkasstn- und Bau-Vereinigung (H.S.B.) in Stockholm j Architekt: Waltunue,, ^iu5%» 7 u.m. Z<strong>im</strong>mer und Küche 5,4 °/o der Einwohner Stockholms,490


Abb. 2 ' Kleinwohnungsbauten der Mieter - Sparkassen- und Bau-Vereinigung (H.S.B.) in Stockholm 1 Architekt; Wallander, Stockholm / Erbaut 1926/2?49138W. M. B. XI. 12


Abb. 3 i Kleinwohnungsbauien der Mieter-Sparkassen- und Bau-Vereinigung (H.Ü.B.) in Stockholm I Architekt: Wallander, Stockholm j Erbaut 7926/27Schließlich wird die Dringlichkeit des Wohnungsproblems fürStockholm klar, wenn man die Aufstellung des Bevölkerungszuwachsesin den letzten Jahrzehnten beachtet. Durchschnittlichbetrug er seit 1880 in jedem Jahrzehnt 80000 Seelen. In derfolgenden Übersicht wird deutlich» daß d>e Bewegung stark nachder Außenstadt geht. Die Zahlen geben für die genannte Zeit dieprozentuale Verteilung des Zuwachses auf die weitere Umgebungder Stadt, die Gartenstädte also, und auf die eigentliche Stadt,die als Wuhnkreis mit einem Radius von 30 km angenommen ist:1880-90 fallen auf die Umgebung 3,0°/ 0 . auf die Stadt 97,0%1890-00 „ „ „ „ 27,3%, « « „ 72,5%1900-10 „ „ „ „ 55.1%, „ „ „ 45,9%1910-20 „ „ „ „ 61,0%, „ „ „ 39,0%1915-20(25) fallen auf die Umgebung 69,0%, auf die Stadt 31,0 } / 0 .Diese Aufstellungen geben ein ausreichendes Bild, um die Versuchezur Lösung der Wohnungsfrage verstehen zu können. Zunächsthandelt es sich darum, den starken Bedarf an Kleinwohnungen zudecken. Da es sich weitgehend um eine Frage der Arbeiterwohnunghandelt, ist es nicht verwunderlich, daß das genossenschaftlicheBauwesen sich stark entwickeln mußte. Es beschränkt sich nichtauf die städtische Arbeiterwohnung, sondern hat den Wunsch nachder gartenstädtischen Wohnung berücksichtigt und eine ganze Reihevon Einfamilienhäusern draußen vor der Stadt geschaffen. Einausgeprägtes Proletariat gibt es in Schweden nicht. Der Grundliegt in dem späteren Einsetzen der industriellen Entwicklung desLandes gegenüber etwa Deutschland. Damit soll jedoch nicht gesagtsein, daß Schweden entsprechend später zu einer zahlenmäßigstarken proletarischen Schicht kommen wird. Daß auchder schwedische Arbeiter den Wunsch <strong>eines</strong> nicht-großstädtischenDaseins hegt, ist verständlich. Seine persönlichen Beziehungenzum flachen Lande sind weit enger als es be<strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> Arbeiterder Fall ist. So ist bei ihm der Gedanke und die Praxis derGartenkolonien sehr entwickelt. Das alles macht sein Bestreben,außerhalb der Stadt ein eignes He<strong>im</strong> zu haben, begreiflich.Die Bautätigkeit in der Stadt selbst steht aber doch noch <strong>im</strong>Vordergrund des genossenschaftlichen Bauwesens. Diese konzentriertsich in „Hyresgästernas Sparkasse- och Byggnads-Förening",zu deutsch: „Mieter-Sparkassen- und Bau-Vereinigung". Im folgendenkürzen wir den schwedischen Namen auf „HSB", HSB istentstanden aus einer gewöhnlichen Wohnungsvereinigung, derenMitglieder ihre Beiträge lediglich für den geplanten Bau einzahlten,nach dessen Fertigstellung die Mitglieder zufrieden waren, jedochbegreiflicherweise keine Lust zeigten, sich auf weitere Baugeschäfteeinzulassen. Das bedeutete ein Stagnieren der Bewegung, und manwar vernünftig genug, eine Änderung zu treffen. Es wurde eineForm der Organisation geschaffen, die die Bauarbeit einer Muttervereinigungüberläßt, die die fertigen Bauten entsprechendenTochtervereinigungen übergibt, die sich juristisch selbständig umjeden Neubau gruppieren und der Mutter Vereinigung weiterePflichten gegenüber zu erfüllen haben. Der PJatz verbietet sie <strong>im</strong>einzelnen aufzuführen. Immerhin hat sich diese Neuorganisationbewährt, so daß sich die Bautätigkeit der HSB in den letzten492


Abb. 4 1 Kteinwoknungsbauten der Mieter-Sparkassen- und Bau-Vereinigung (H. 5. B.) in Stockholm / Architekt Wallander, Stockholm i Erbaut 1926/27493


Abb. J / Einfamilienhaus der Gesellschaft „Hein i Sverige" (H. 1. $,) mit 5 Z<strong>im</strong>mern, Mädchenkammer und Küche, LidingoJahren stark gehoben hat. So wurden gebaut in den Jahren:1923/24:154 Wohnungen (2 u. 1 Z<strong>im</strong>mer u. Küche) und 8 Geschäftslokale,1925/26: 814 Wohnungen, 1926/27: 514 Wohnungen, undaußerdem standen 1900 Herdstellen auf dem Jahresplan, die inzwischenvermutlich ebenfalls fertiggestellt worden sind. Die genanntenWohnungen liegen in der Stadt in Form von Mehrfamilienhäusern(Abb. 1 bis 4 und 13). Daneben stand die Bautätigkeit vorder Stadt in Einfamilienhäusern. Die städtischen Bauten aus denJahren 23/24 liegen noch stark zerstreut in der Stadt, mußtenalso unter Umständen große Konzessionen an ihre Umgebungmachen. So erklären sich Bauten, wie man sie von neuer Baugesinnungnicht erwarten sollte. Als es aber HSß möglich wurde,umfangreichere Bauplätze zu erwerben, und damit gan?e eigeneBaublocks aufzustellen, zeigen sie doch deutlich, daß Wallander,der leitende Architekt der Vereinigung, sichere und befriedigendeLösungen finden kann. Zugegeben, man empfindet bei manchenAnsichten deutlich das Sparsamkeitsprinzip, und man versteht nichtganz, wie unter diesem Prinzip marmorne Säulen in Treppenhäuserkommen, so zeugt es doch von aufrichtiger „Sachlichkeit",wenn Seh muck formen nur mit großer Vorsicht hingesetztsind. Leider stehen uns keine Pläne zur Verfügung. Sie zeigenaber eine ganz elementare und einleuchtende Anordnung dereinzelnen Wohnungen innerhalb des einzelnen Hauses. Doch istmir aufgefallen, daß etwa der Bau auf Södermalm, der in symmetrischerAnlage 17 Wohnungen ZU 2 Z<strong>im</strong>mern und Küche miteiner entsprechenden Doppelausnahme zweier Wohnungen zu1 Z<strong>im</strong>mer und Küche, nicht einmal eine direkte Verbindungzwischen der Küche und einem der Z<strong>im</strong>mer vorsieht, auch nichtbei der Ausnahme von dem herrschenden Typus. Das ist umsomehrverwunderlich, da es sich doch hier um einen so int<strong>im</strong>en Wohnraumhandelt, in dem die Frau des Hauses sicherlich selber dieHausarbeit übernehmen wird. Bei den Wohnungen zu 1 Z<strong>im</strong>merund Küche ist das Fehlen der direkten Verbindung einleuchtend,da dort diese meist auch als Eßz<strong>im</strong>mer benutzt werden wird. Dasie relativ größer ist als bei den 2 Z<strong>im</strong>mer-Wohnungen, so istdiese Deutung auch für die dortigen Kleinwohnungen zulässig.Im übrigen sind diese Häuser mit technischen Einrichtungen jederArt ausgestattet, um die Hausarbeit zu verringern. Zentralheizungund entsprechend kaltes und warmes Wasser sind überall zu finden.Im Ganzen machen diese Bauten den Eindruck, daß die Soliditätder Bauweise und Zurückhaltung gegenüber neuen Bauformenden schwedischen Architekten kennzeichnen. In seinerbaulichen Überlieferung hat er sich ohne Schwierigkeit denGrundsätzen der Bauwelt unseres beginnenden Jahrhunderis anschließenkönnen, dabei aber seine ungewöhnlich stark entwickelteBautechnik nicht umwerfen mögen.494


Abb. 6 I Einfamilienhaus der Gesellschaft „He/n i Sverige" mit 4 Z<strong>im</strong>mern, Mädchenkammer und Küche, LidingöEin ähnliches Bild gibt das schwedische Einfamilienhaus, dasseine besten Vorbilder in der nationalen Überlieferung besitzt.Wir haben bereits davon gesprochen, daß es stark bevorzugtwird, und es ist kein Wunder, daß man sich von mehrerenSeiten dieses Problems angenommen hat. Unter anderem ist esdie Gesellschaft „Hern i Sverige", die <strong>im</strong> wesentlichen ein sozialpolitischesUnternehmen ist, das die stark einsetzende Auswanderungschließlich auch damit eindämmen wollte, daß sie derWohnungsnot entgegentrat. Sie arbeitet nun seit einer ganzenReihe von Jahren an der Herstellung von Einfamilienhäusern.Zum Teil greift sie dabei auf das schwedische Holzhaus zurück,sicherlich mit gutem Recht und bedeutendem Erfolg, Ist dochnoch heute das Holz in Schweden <strong>im</strong> Bauwesen von größererBedeutung als bei uns. Selbst bei Monumentalbauten wie <strong>im</strong>Ostberg'schen Stadthaus findet es sich als wesentlicher Faktor derRaumgestaltung. Be<strong>im</strong> Kleinhaus wird es fast durchgehend benutzt.Das Material und seine Bemalung — meist rot und weiß,mitunter auch gelb — ergeben <strong>im</strong>mer wieder den skandinavischenTypus. Weit häufiger als bei uns sind Schränke und kleineNebenräume eingebaut. Dieser Zug der praktischen, bequemenLebensjestaltung empfindet man als durchaus typisch für denNorden. Mitunier bringt er für uns Umstände mit sich, dieunseren Gewohnheiten fernstehen. Formen des wohnlichenMilieus haben eher jene Kühle, die unsere modernste Bauweltkommenden Generationen aufprägen wird. Die schwedische Vorstellungdes Begriffes „Villa" schließt ohne weiteres diese einfachenHolzhäuser mit ein, während bei uns dieser Begriff sehrstark noch die Vorstellung des „vnrnehmen", des äsl he lisch ungewöhnlichenvoraussetzt, wenn nicht gar die des pompösen undmateriellen Wohlstand verratenden Elementes, Es kennzeichnetdie ganze ruhige und klare Entwicklung des schwedischen Lebens,daß selbst dort, wo durch Normung neue Haustypen geschaffenwerden, sie nur wenig von den bisherigen abweichen. Der beigefügtePlan <strong>eines</strong> solchen Typenhauses (Abb. 7 bis 12) verdeutlichtdies außerordentlich. Er gehört zu den Ideen der Gesellschaft„Tndustribostäder" (IBO). Sie hat eine Reihe so'd erTypenhäuser geschaffen, die <strong>im</strong> wesentlichen ebenfalls Holzhäusersind. Dabei kommt es ihr weniger auf die rein fabrikmäßigeHerstellung der Häuser an als auf eine rationalisierte Organisationdes gesamten Bau Vorganges. Die stark technische Begabungdes Schweden verspricht solchen Bemühungen zweifellosErfolg. Unterstützt werden all diese Bestrebungen von Staatund Gemeinden. In Zusammenarbeit mit den einzelnen Baugesellschafiensteht ein staatliches technisches Institut, das derBauwett wertvolle Unterlagen verschafft, weiter aber befindetsich in Stockholm eine zentrale Baubehörde, unter Leitung- desauch bei uns bekannten Architekten IvarTengbom (vgl. W. M. B.,Heft 6). Trotz aller Unterschiede <strong>im</strong> Einzelnen gibt das BauschaffenSchwedens das Bild einer weit größeren Einheitliclikeit als dieDeutschlands. Es dürfte kein Zweifel sein, daß hierdurch dieAussicht für Schweden, die Wohnungsfrage für sich zu lösen,eine denkbar günstige ist.Watther Karbe, Jena495


KAI.LARCI.AN,Abb. 7 bis 12 I Schwedisches Typenhaus der WO, Einfamilienwohnung 1926KUNST- UND MODESTRÖMUNGENVON HERMANN MUTHESIUS f (1861—1927)Vorbemerkung des Herausgebers:Gelegentlich der Veröffentlichung dieses letzten Aufsatzes vonHermann Muthesius möge es mir erlaubt sein, auch öffentlichden Dank wieder auszusprechen, den ich dem hochverehrtenLehrer <strong>im</strong>mer schulden werde. Ich hatte den Vorzug, ihn bereits1901 in London kennen zu lernen, wohin mich damals OttoM trch zum Studium des englischen Hauses sandte und wo ichvon Hermann Muthesius wichtige Fingerzeige erhielt. Nach derspäter von mir geleiteten Berliner Städtebau-Ausstellung 1910drang dann Muthesius in mich, ich solle die Nachfolge WolfD >hrns als Geschäftsführer des Werkbundes übernehmen unddie damals geplante Wtrkbund'Ausstellung vorbereiten helfen.Mathesius hat mir aber schließlich recht gegeben, als ich erklärte,daß der Werkbund mit seinen damaligen kunstgewerblichenZielen nicht dieselbe Aufmerksamkeit verdiene wie diewichtigeren städtebaulichen Aufgaben unserer Zukunft. Ich begabmich deshalb seit 1913 auf städtebauliche Stud enreisen und berichteteauf Muthesius' Wunsch aus San Francisco über dieMöglichkeiten einer <strong>deutschen</strong> Beteiligung an der dort entstehendenWeltausstellung 1915. Unterdessen verlor aber Muihestus seineführende Stellung <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> Werkbund. Die Lehre vonMarch und Muthesius hatte uns Deutschen das englischeHaus zu einer Offenbarung gemacht, und man darf nie vergessen,daß aus ihr wesentliche Teile des neuen „Kunstgewerbes"(einschließlich der Stuttgarter Werkbund- Ausstellung von 1927!)gewachsen sind. Aber 1914 stand der Undank der Jüngerennoch verständnislos vor Muthesius' entschlossenem Verlangennach „ Typisierung" und nach „ Überführung des Individualistischenins Typische". Nein, diese weitsichtigen Forderungenvon Muthesius führten zu seiner Verdrängung aus dem Werkbunde.Muthesius wurde erbittert bekämpft durch „künstlerisch"aufgelegte Individualisten wie van der Velde, Endeil, Gropiusund Bruno Taut. Namentlich Taut protestierte gegen die »Fragenach dem Typischen, nach Normalien", und erklärte'. „Nur<strong>im</strong>pulsiv kann etwas Schönes entstehen; das bezieht sich aufjeden einzelnen Gegenstand, auf jeden Teelöffel". Ganz ähnlichwie 1914 Muthesius von Phantasten verdrängt wurde, ging es1927, als sich die Notwendigkeit der Typisierung endlich durchzusetzenbegann und als sich konstruktiv denkende Baumeisterwie Bonatz und Schmitthenner durch dte noch <strong>im</strong>mer formalistischenForderungen einiger jungen Schreihälse zum Austritt aus demWerkbund veranlaßt fühlten. Nicht der Wille zur „neuen Sachlichkeit",sondern der durch keine Sachlichkeit gezügelte Willezur „neuen Form" (z. B. flaches Dach um jeden Preis/) trenntdie sensationsbedürftigen Jünglinge, die Muthesius die „Komiker"von Stuttgart nannte (vgl. Berliner Jageblatt 29. X. 1927),von ernstzunehmenden Baumeistern. Muthesius hatte oft Gabe,Lust und Mut (die manch anderem fehlen) zum richtigen Worte<strong>im</strong> richtigen Augenblick. Unvergessen wird ihm ewig bleiben,wie er, der selbst doch <strong>im</strong> Staatsdienst eine hohe Stellung einnahmtdie heillose Verblödung der preußisch-gehe<strong>im</strong>rätlichen Bauordnungenund ihre nie wieder gutzumachenden Schädigungenvon Gesundheit und Geschmack unseres Volkes gegetßell hat.Ganz besonders werde ich Hermann Muthesius, solange ich lebe,496


Abb. 13 1 Kleinwohnungsbauten der Mieter-Sparkassen- und BawVereinigang (H.S.B.) in Stockholm / Architekt: Wallander, Stockholm / Erbaut 1926/ 27dafür danken, wie er mir 1912 bei meiner Begründung des„Propaganda-Ausschusses für Groß-Berlin" half und wie er,zusammen mit einigen anderen entschlossenen Freunden, derdreisten Selbstzufriedenheit <strong>im</strong>potenter Kommunalpolitiker(Kirschner! Reiche!!) die Maske abriß, indem er rücksichtslosin unseren Ruf einst<strong>im</strong>mte: „In Groß-Berlin wohnen 6000Ö0Menschen in Wohnungen, in denen jedes Z<strong>im</strong>mer mit fünfoder mehr Menschen besetzt ist! 350000 Groß-Berliner Kindersind ohne Spielplatz/" „Nur <strong>im</strong>pulsiv kann etwas Schönes entstehen",erklärten gleichzeitig die »Künstler" und ähnliche Gehe<strong>im</strong>räteund wehrten sich schönheitsirunken gegen Typisierung.Hermann Muthesius gehörte weder als Künstler noch alsLehrer und vor allem nie als Beamter za jenem „greulichenGehe<strong>im</strong>rats-Geschlecht von lebendigen Leichen" und von verbissenenTheoretikern, das verantwortlich ist für unsere Mietskasernen-Städte und für den Umbau der Staatsoper am Friedrichs-Forumund, als jüngste Blüte, für die unpraktischen Wohnungen derStuttgarter Werkbund-Siedlung, deren Sinnwidrigkeit die erfahreneWohnungspflegerin Frau Dr. Lüders M. d. R. geißelte(vgl, „Die Form", Okt. 1927) und deren unverständiger Doktrinarismusden Werkbund-Gedanken, wie Muthesius ihn pflegte,entweiht hat. Dank und Ehre dem Andenken von HermannMuthesius. W. H.Den folgenden Aufsatz schrieb Herman Muthesius wenige Tagevor seinem tragischen Tode;In dieser Welt ist nichts dauernd außer dem Wechsel. Diesfindet seine Bestätigung auch in dem Wechsel der Geistesrichtungen.Im allgemeinen hält eine Zeit gewisse Dinge für dierichtigsten, schönsten, erstrebenswertesten, die die andere fürüberwunden, irrig, fehlerhaft gehalten hat. Die Einschätzung derZeitgenossen ist in der Regel derjenigen der vorangegangenenGeneration entgegengesetzt. Man ist der Ansicht, daß die Vorweltgeirrt habe und daß man jetzt erst zu dem Wahren undRichtigen durchgedrungen sei.Blickt man aber auf längere Zeiträume zurück, so gewahrtman bald, daß sich die Richtungen trotzdem gelegentlich wiederholen.Verachtetes wird plötzlich neu gewürdigt, Überlebtes wiederhervorgeholt. Im allgemeinen ist bei den Menschen <strong>im</strong>merdas Gestrige verpönt. Es verharrt dann <strong>im</strong> Bann der Mißachtungsolange, bis der Eifer, mit dem die gerade Lebenden die Verurteilungbetreiben, geschwunden ist. Können wir uns heutevorstellen, daß Rembrandt lange Zeit vergessen, Shakespearenach anfänglicher Popularität ein Jahrhundert lang unbekannt war?7Das Eigentümlichste ist, daß selbst die Lehren der Wissenschaft»der angeblich strengen, unerbittlichen, solche Modeschwankungenerfahren, ganz zu schweigen natürlich von den religiösen,ethischen, moralischen, sozialen Werten, bei denen sie häufigersind. Am häufigsten aber sind sie in der Kunst. Ein Blick aufdie letzten fünfzig- Jahre zeigt uns schroffen Richlungswechsel tnicht nur in der Malerei und Skulptur, sondern auch in derBaukunst, <strong>im</strong> besonderen in der Haus- und Wohnungskunst undin der Kleidung-.Bei der Kleidermode kann man vielleicht die Vorgänge am bestenbeobachten, die den Wechsel herbeiführen. Das Bedürfnis nach Abwechslungschreibt sich zum Teil aus dem Bestreben her, dieeigene Erscheinung- <strong>im</strong>mer von neuem vorteilhaft zur Geltungzu bringen, wobei von dem Neuen erhöhte Wirkung erhofft wird.Zum Teil mag eine Ermüdung und Abstumpfung gegenüber demtäglich Gesehenen mitsprechen, die zur Abwendung vom demGewohnten drängt. In Wahrnehmung dieser menschlichen Eigentümlichkeitsind nun rein geschäftliche Einrichtungen entstanden,die Mode planmäßig zu organisieren. In fuhrerden Schneideratelierswird die neue Form geschaffen. Es gehört eine gewisseGabe dazu, vorauszuahnen, was etwa einschlagen wird. Eine Artvon Volksentscheid best<strong>im</strong>mt die nun folgende Produktion anKleidern, Hüten, Schmuck, die von ungeheuerer volkswirtschaftlicherBedeutung ist. Die neue Mode ist gemacht.Es ist nun aber nicht so, daß, wie viele denken, die Geschäftenur irgendeine Torheit herauszubringen brauchen, um die Mengezu veranlassen, das Neue zu kaufen und zu tragen. Manches Versuchteund Erprobte schlägt auch in weiterem Verlaufe nochnicht ein und die Spekulation kann sich trotz aller vorherigerTastversuche als verfehlt erweisen Es gehört auf alle Fälle eineinnere Beziehung zwischen den schwebenden Geschmackswerten,— die niemand kontrollieren, aber seherisch erfassen kann — unddem, was lanciert wird, dazu, um eine Mode zustande zu bringen.So ist die Mode nicht allein ein Ergebnis <strong>eines</strong> best<strong>im</strong>mten geschäftlichenArbeitssystems, sondern zugleich ein Spiegelbild desEmpfindens der Zeit.Die wechselnden Strömungen in der bildenden Kunst habenmit der Mode das gemein, daß auch sie das Zeitempfinden darstellen.Abweichend ist jedoch, daß die Erkenntnis hier nochnicht so weit vorgeschritten ist, in den Zeiterscheinungen etwasEwigwechselndes zu sehen. Im Gegenteil; jede neue Aisdrucksartpflegt als die nun endlich erreichte Lösung des künstlerischenProblems hingestellt zu werden. Mit heiligem Eifer und mitÜberzeugungstreue wird jede neue Strömung als das Wahre von497


den Künstlern verkündet und durch Manifeste erhärtet. Es gehtjedes Mal von neuem um das Ganze. Wer nicht mittun will» wirdverächtlich behandelt, <strong>im</strong> mildesten Falle a's überholt abgetan.Für die literarische Vertretung der neuen Richtung wird flugsdie gesigrnete Phraseologie erfunden, die nach ganz kurzer Zeitjede Zeitung handhabt. Das ging so in der Malerei be<strong>im</strong> Futurismus,be<strong>im</strong> Kubismus, be<strong>im</strong> Im- und Expressionismus. HeuteHe^t der aktuelle Fall der „Neuen Sachlichkeit" vor.Für die „Neue Architektur" liegt bereits ein komplettes Arsenalder literarischen BegrundungspunMe vor. Eigentümlich istnur, daß sich die Verkünder der neuen Architektur fast ausschließlichauf Gründe der Zweckmäßigkeit» Wirtschaftlichkeit,Konstruktionstüchtigkeit, Gesundheitlichkeit, Gebrauchsfähigkeit,kurz auf Nützlichkeitsgründe stützen, während die eigentlichen,der neuen Gestaltung zugrunde liegenden Triebfedern, wiebei jedem Kunstwandel, doch natürlich rein ästhetischer Natursind. Auch in der Architektur ist stets der Ausgangspunkt dieForm gewesen und ist es heute noch. Ganz besonders ist dasaber der Fall in der heute propagierten kubischen Bauweise, diedie Gebäudemasse auf die einfachste Grundform, auf das Parallelepipedon,zu bringen, und die Einheitskörper zu einer horizontalentwickeltenGebäudegruppe zu ordnen strebt. Niemand wirdleugnen, daß sich auf diese Weise klare, logisch entwickelteBaumassen ergeben, daß Strenge und Wucht, daß Klarheit undSchnitti^keit aus solchen Bauten sprechen können* Unter allenUmständen muß die Architektur, wenn sie nicht bloßes Maurermeister-Bauenbleiben will, nach idealen Zielen, dem Irdischenentrücktwerden,streben. Insofern ist durch die neue Bauweisegegenüber manchem, was bisher architektonisch gestallet •wurde,wohl ein Fortschritt erzielt. Ja, es ist dem Zeitempfinden, dasauf die glatte, klare, ungeschmückte Form ausgeht, mehr Rechnunggetragen als durch einen fünften Aufguß alter Stile.Aber wozu dies Begründen mit Konstruktionsrichtigkeit,Zweckdienlichkeit, Wirtschaftlichkeit? Wozu namentlich die Verteidigungdes für die neue Architektur als nötig erachtetenflachen Daches aus Gründen der Kostenersparnis? Das Wesender kubischen Bauweise hat mit Realitäten nichts tu tun.Auch die Begründung der neuen Architektur mit gewissenKonstruktionsneuerurgen (Eisenbeton) ist abwegig. Daß Konstruktionund Material stilbildend sind, ist, zum mindesten indem Umfange, in dem es Semper annahm, längst als Irrtumerkannt. Das Material und die Konstruktion müssen dem Formwillen,der <strong>im</strong> menschlichen Kopfe lebt, als Mittel dienen, nichtumgekehrt. Eisenbeton kann an sich keinen neuen Stil schaffen.Er verleitet nur <strong>im</strong> Gegenteil zu reinen Äußerlichkeiten, wieüberall herausg-estreckte, freitragende Platten beweisen. Man kannangesichts dieser Gewaltsamketten, dieser stets um die Eckeherumgeführten Fenster, dieser unserem Kl<strong>im</strong>a fremden Flachdächerhinter Brüstungsmauern, dieser übertriebenen Anwendunggroßer Glasflächen nur von einer Konstruktionsromantik reden»die ebenso eine Ausschreitung ist, wie einst der Jugendstil mitseinen phantastischen Verschlungenheiien. Sind hier nicht starkeAnklänge an die stets wechselnde Kleide<strong>im</strong>ode bemeikbar?Drängt sich nicht der Vergleich mit ihr unmittelbar auf?In der Kleidung wissen unsere Frauen ganz genau, daß dieNützlichkeit hinter dem Gutaussehen zurücksteht. Der Umstand,daß die einstigen Gesundheits-Reformkleider sehr bald wiedervon der Bildfläche verschwunden sind, zeigt am besten, wiewenig Nützlichkeit in der Kleidung zu bedeuten hat. Nehmendoch die Frauen jede Unbequemlichkeit, ja, jede Widersinnigkeitder Mode gern auf sich, wenn sie es nur erreichen, gut auszusehen.Auch bei den Mannern treten die Gesichtspunkte derguten Form in die allererste Reihe. Warum will man gerade inder Architektur nicht einsehen, daß es vor allem auf die Schönheitankommt und die Form das Pr<strong>im</strong>äre Ist?Es ist jedoch nicht gesagt, daß in dem geschmacklichenWechsel der Form nicht auch das Nützliche eine Rolle spielte.Die heutige Damenmode zeigt den Einfluß der sportlichen Betätigung.Fallen ließ man die Prüderie früherer Zeiten und bestätigtedas Freiheitsgefühl der neuentstendenen Frauenbewegung.In ähnlichem Sinne ist in der letzten Ar^hitekturentwicklung einneuer Einfluß zu bemerken, ahnlich, wie er sich <strong>im</strong> vergangenenJahrhundert in den rein technischen Bauten des Ingenieurs zuerkennen gegeben hat.Wenn auch die Tendenz gut ist, so muß man sich doch darüberklar sein, daß die letzte, mit soviel Eifer propagierte „NeueArchitektur" schließlich nichts anderes ist als eine Zeitform, diedem Wechsel unterworfen sein wird. Die Stilmerkmale, die wirheute an den Werken der Propheten der neuen Architektur feststellenkönnen, erinnern allzu stark an den vor zwanzig Jahrenglücklich überwundenen Jugendstil. Die äußerlich arbeitende Art istdieselbe, nur die Formen haben gewechselt. Und wie damals vonden Kunstschriftstellern die Linien van de Veldes als „ingenieurhaft",also als rationalistisch hingestellt wurden, währendsie in Wirklichkeit rein formalistisch waren, so behauptet manheute, die „Neue Architektur" habe mit Kunst überhaupt nichtszu tun, da sie rein nützlich sei. In Wahrheit bewegt sie sichvorwiegend in modischen Äußerlichkeiten. Das unzutreffend alsnützlich und kosten ersparend hingestellte flache Dach, die herausgestrecktenPlatten, die horizontal gegliederten, zum Übersteigendirekt einladenden Gartenzäune und was es sonstsei, werden a's das erkannt werden, was sie sind, als vergänglicheDinge. Bleiben wird die vereinfachende Tendenz,die das gesamte Schaffen des europäischen Kulturkreises schonseit vielen Jahrzehnten beherrscht, worüber sich aber vorausblickendeArchitekten schon vor einem Menschenalter klarwaren und es häufig genug ausgesprochen haben,Hermann Muthesius fKLEINWOHNUNGEN IN SCHLESIENGegenüber den oft etwas krampfhaften Versuchen, aus dergegenwärtigen Mode in Hausbau etwas wie eine Frage der„Weltanschauung" zu machen und, koste es was es wolle, „modern"zu sein, berühren Häuser und Siedlungen wie die hier auf Seite499—501 aus Schlesien gezeigten sachlich und wohltuend. Siesetzen ebenso die gute Überlieferung <strong>im</strong> Wohn bau fort, wie esz. B. die oben (S. 490 ff.) gezeigten Stockholmer Wohnhäuseroder die Bauten in Griechenland (S. 467) und Galizien (S. 474) tun.Sowohl in Breslau (Abb, 2) wie in den kleineren Orten OberundNiederschlesiens (Abb. 1, 3—5) Ist die Bautätigkeit derletzten Jahre sehr rege. In Breslau z. B. sind innerhalb desWeichbildes fünf Siedlungsgebiete ausgebaut oder <strong>im</strong> Ausbaubegriffen. Eine Übersicht in der vom Magistrat Breslau herausgegebenenSchrift „Siedlung und Stadtplanung in Schlesien,Heft I, Breslau" gibt die Bevölkerungsdichte in Breslau für 1926mit 381 je ha bebauten Gebietes an, gegenüber 3C8 In Berlinuud nur 61 in Bremen. Breslau hofft nach Ausbau der Siedlungenauf eine Bevölkerungsdichte von 158 zu kommen. L. A.498


Abb. 7 I Siedlung Lauban der Reichsbahn-Direktion Breslau / Erster Bauabschnitt 1920Abb. 2 i Siedlung Breslau-Popelwitx j Gandauerstraße / Architekt: Theo Effenberger, Breslau499


Abb. 3 I Hedwigstraße in Hindenbarg (Oberschlesicn) / Architekten: Borowski mit Fritz und Paul Roder, BreslauAbb. 4 ! Zollhausbauten in Nensa ( Architekten: Borowski und Theo Effenberger, Breslau / Vergl. Abb. 5500


ft. 5 / Grenzzoll-Neubauten in Nensa i Architekt: Theo Effenberger, Breslau / vgl. Abb.4WETTBEWERB DES VÖLKERBUNDES IN GENF / IV. BERICHT(VGL. S. 345, 419, 452) . ....Unseren früheren Veröffentlichungen folgen hier zwei Arbeitendeutscher Architekten, die aus verschiedenen Gründen Aufmerksamkeitverdienen. Der Entwurf von Distel-Hamburg' (Abb. 1—4)betont die städtebaulichen Forderungen der Aufjj-ahe. Der Erläuterungsberichtsagt u. a.: „Der für das Gebäude in Aussicht genommenePlatz darf nicht in künstlerischer Isolierung betrachtetwerden. Vielmehr stellt er sich als der am Weitesien in den Seevorspringende Teil <strong>eines</strong> größeren landschaftlichen Zusammenhangesdar, dessen andere Teile auf der Stadtseite der ParkMonrepos und das Grundstück des Internationalen Arbeitsamtesmit dem dazwischen liegenden Gelände auf der stadtabgewandtenSeite sind (vgl. Abb. 1 und 2 auf S. 452). Der Charakter desGanzen wird dadurch best<strong>im</strong>mt, daß gerade an dieser Stelle dieStadt in die Landschaft übergeht und das Seeufer die architektonischgebundene Form veiliert. Da die Zwischenlage des ParkesMonrepos den verlockenden Gedanken, das ganze Gelände architektonischumzugestalten, ausschließt, so ergibt sich die Schlußfolgerung,den landschaftlichen Charakter nach Möglichkeit beizubehaltenund das Gebäude der Landschaft einzuordnen. Dadas Bauprogramm selbst eine deutliche Zweiteilung des ganzenGebäudes vorsieht, so erwächst aus der Gesamtheit dieser Voraussetzungendie Idee <strong>eines</strong> breitgelagerten Zwei Flügel-Baues,der sich mit starker Betonung der Horizontalen dem Geländeanschmiegt (Abb. 1). Die Verbindung der beiden Flügel geschiehtdurch einen Mittelbau an dem höchstgelegenen Punkte des Geländes,an der Lausanne! 1 Straße, wahrend sich die beiden Flügelin weitem Bogen gegen den See und die Gebirgsaiissicht öffnen,so daß hierdurch die Aassicht auf und über den See zu einembeherrschenden Gestaltungsfaktor der ganzen Anlage wird . , .Am Ufer selbst sind nur geringe Änderungen vorgesehen. . . .Der Garten folgt so weit als möglich der vorhandenen Höhenlage.Es muß nur an der nördlichen See-Ecke etwas Geländeabgehoben und an der Südecke des cour d honneur aufgefülltwerden. Wichtig ist nur, ob die PromenadenstraCe, die <strong>im</strong> städte-501


"IT" ; 5•••I/ 6« 4 / Wettbewerbsentwurf für das Völkerbandsgeöäude in GenfArchitekten: H. Distel und A. Grubitz, Hamburgbaulichen Interesse hoch erwünscht wäre, ausgeführt wird oder nicht.Im bejahenden Falle läßt sich der Aushub, der hierfür nötig 1 ist,verwenden für das Vorschieben der Ka<strong>im</strong>auer an den Seehafen."Der Entwurf von Wolff und Ulrich-Halle a. S. verwendet anstelleder sonst üblichen rechteckigen Raumzellen solche vonsechseckigfem Grundriß. Die Gesamtansicht (Abb. 5) hat etwasGroßzügiges, und der Grundriß besitzt eine klare Logik dtrForm. Allerdings sind die Bauten dieses „nexagonelen Systems",welche die Architeklen in Halle ausführten (Abb. 8, 9 z. B.),kaum überzeugend, weil zum mindesten in den Gängen, Nebenräumenusw. Zwickel verbleiben, deren räumliche Wirkung 1 wenig 1befriedigend sein dürfte. Erinnert sei in diesem Zusammenhangnoch an das „Wabensystem" <strong>im</strong> Städtebau, mit dfrn sich derBerliner Ernst Bruch und später der amerikanische StädtebauerNoulan Cauchon beschäftigte und über dessen Vor- und Nachteile<strong>im</strong> Anschluß an ähnliche Gedanken R. A. Hartmann's <strong>im</strong> „Städtebau"1926, Heft 5 berichtet wurde. L. A.502


-466.5 bis 7 i Wettbe*verb$i>ntwurf für das Völkerbundsgebäuae in Genf / Architekten: Wolff und Ulrich, HalleDDDDE• •••i •• •Dl DDDSnni• Di•Di••DD!••• aAbb. 8 und 9 I Entwarf zu einem Miethausblock mit Kleinwohnungen I Architekten: Wolff und Ulrich, Halle / vgl. Text Ä. 502503


DIE NEUE BUCHHANDLUNG ERNST WASMUTH G.m.b.H.Ähnlich wie die Zahl der Bezieher von Wasmuths Monatsheftenhaben die Freunde der Buchhandlung Ernst Wasmuth starkzugenommen. Die deshalb neu eröffneten Räume in der Hardenbergstraße(dicht bei der Technischen Hochschule und hei den„Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst")machen Ernst Wasmuth's Buchhandlung zu einer der größten derWelt. Mit Rücksicht auf die wiederaufbau-gemäße deutsche Sparsamkeitwurde Äußeres und Inneres (einschließlich der„schmücken~den" Lotosblumen) fast unverändert übernommen; neu sinddie sehr praktischen unabsehbaren Bücherregale, auf denen sichdem Schaulustigen ebenso wie dem Kauflustigen die denkbargrößte Auswahl von Werken aus der Architekturbeschreibungund allen anderen Gebieten des Buchgewerbes Deutschtands unddes Auslandes zur Einsicht darbietet.Abb. 1 und 2 / Buchhandlung Ernst Wasmuth G. m. b. H., Berlin / Innenausbau von Architekt Fritz Gr<strong>im</strong>m, Berlin504


BÜCHERSCHAU (VGL. S.475)SCHÜRER, OSKAR: PABLO PICASSO, Verlag Klinkhardt &Bierminn, Berlin und Leipzig 1927, Kleinquart, 30 Seiten Text,1 farbiges Titelbild und 40 Tafeln, Preis gebunden... RM. 3,50Wenn man sich darüber wundert, warum heute junge und namentlichauch alte Baumeister, die gestern noch ganz schlecht und rechtgebaut haben, über Nacht plötzlich in ihren Entwürfen in die verschrobenstenExpressionismen verfallen, erhält man oft die gehe<strong>im</strong>nisvolleAntwort: „Picasso!" Das soll heißen: der große Picassohat auch ursprünglich ganz normale Sachen, etwa als Nachahmerdes Puvis des Chavannes geschaffen und ist dann berühmt gewordennur durch seinen plötzlichen Übergang zu einer „anderenBildwelt: Köpfe blockmäßig schwer, Form wie aus Stämmen gehauen"(S^hürer). Da mancher deutsche Baumeister sich nicht wohlfühlen kann, wenn er nicht den Entwicklungsgang irgend<strong>eines</strong>Ausländers, am liebsten <strong>eines</strong> Franzosen oder Holländers, frommnachtreten darf, lohnt es sich, einen Blick in das fesselnde kleineBuch zu werfen, das unser Mitarbeiter Dr. Schürer soeben überden so oft als Vorbild gepriesenen Picasso veröffentlicht hat.Schürer schildert Picasso's Seelenzwist, an dem also auch einordentlicher deutscher Baumeister leiden muß, mit folgendenWorten: „Dem wahrhaft Heutigen ist die Gestalt versagt: Ihmist der Aufbau einer neuen Formsymbolik aufgegeben. Picassoweiß es. Er ringt fanatisch um seine Zeit. Doch er steht aufTrümmern, Was ihm die monumentale Form noch gesichert hatte:geliebte Klassik — seine Aufrichtigkeit zum Heute verbietet sieihm fürder. Und wieder: nur erst in Torsen ragen die neuenGesetze. Bewußtheit muß sie noch zwingen ins Gebilde, da Unbewußtesdie Zeit noch nicht wieder gewährt. Hier steht Picasso."Damit sich diese Äußerungen über den ringenden Picasso nicht<strong>im</strong> Anschauungsfremden verlieren, seien hier aus Dr. Sehürer'sBuche zwei Bilder mitgeteilt. Das eine, „Die drei Musikanten" ausdem Jahre 1924, ergötzt sich noch ganz an den expressionistischenLustbarkeiten t zu deren Teilnahme sich heute ein ordentlicherdeutscher Baumelster verpflichtet fühlt, wenn er nicht von seinenschneidigen Berufsgenossen geschnitten werden will. Das zweite,spätere Bild, „Werbung" aus dem Jahre 1925, zeigt, wie sichPicisso aus dem Formlosen zur Form durchringt. Er deutet dabereits die klassizistische Linie an, auf der wahrscheinlich diepflichtschuldig gehorchenden <strong>deutschen</strong> Baumeister von morgenmarschieren werden. Unter „morgen" ist allerdings wohl erst dasJahr 1930 oder 40 zu verstehen, denn es dauert natürlich <strong>im</strong>merein Weilchen, bis die französischen Marschbefehle von unserenstets tief verinnerlichten und ganz aus der Anschauung ihrerSeele schöpfenden <strong>deutschen</strong> Künstlern verstanden und pünktlichdurchgeführt werden. Dann aber: Marsch, Marsch! W. H.Abb. 1 1 Die drei Musikanten I Von Picasso 1924KONWIARZ, RICHARD. DIE BAUKUNST BRESLAUS. EINARCHITEKTONISCHER FÜHRER. Verlag Graß, Barth & Comp.Breslau 1926. Oktav. 169 Seiten mit 136 Abbildungen und2 Stadtplänen. Preis brosch, M. 4,—, in Ganzleinen . * Mk. 5,—Nach einer ausführlichen geschichtlichen Einleitung von BernhardStephan behandelt Richard Konwiarz die Baudenkmälerder Stadt in einer Weise, die geeignet ist, auch den Laien zurVertiefung in die Denkmäler anzuregen. Besondere Erwähnungverdient der reiche und gut wiedergegebene Bilderschmuck, derauch Bauten berücksichtigt, die gemeinhin kaum einer Erwähnungwert gefunden werden. Ganz überraschend ist die strenge„Sachlichkeit", die sich <strong>im</strong> Wasserhebewerk am Weidendammvom Jahre 1870! äußert, so daß dieser reine Zweckbau fast ebensoneuzeitlich anmutet wie das von Konwiarz selbst geschaffeneKrematorium (vgl. die Abb. S. 506). Schade nur, daß die Ruheund Einfachheit der Ansicht bei diesem Bau durch die verschiedeneNeigung der Giebel beeinträchtigt wird, L t A.Abb. 2 l Werbung I Von Picasso 1925 ! Beide Abbildungen sind Verkleinerungen, aus dem hier besprochenen Buche; Schürer, Pablo Picasso505


Abb. 1 l Krematorium in Breslau I Architekt: Richard Konwiarz, Breslau Abb. 2 j Wasserhebewerk in Breslau j Erbaut 1870DIE ABBILDUNGEN SIND DEM AUF SEITE505 BESPROCHENEN FÜHRER DURCH BRESLAU VON RICHARD KONWIARZ ENTNOMMENDAS STRASSBURGER MÜNSTER UND SEINE BILDWERKE.Herausgegeben von R, Hamann, eingeleitet von H. Weigert.Deutscher Kunstverlag Berlin 1928. Viele Abbildungen <strong>im</strong> Textund 95 Tafeln. Vor Erscheinen Preis in Ganzleinen Mk. 28.—In der Bücherreihe „Deutsche Dome" soll noch vor Weihnachtendas „Straßburger Münster und seine Bildwerke" den bereiis erschienenenbeiden Bänden über den Bamberger und den NaumburgerDom und ihre Bildwerke folgen. In der Annahme, daßdie Aufnahmen Professor Richard Hamanns in dem neuen Bandeauf der gleichen Stufe der Lichtbildnerei und der drucktechnischenWiedergabe stehen werden wie die PhotographienWalter Heges in den beiden vorangehenden, ist eine wertvolleBereicherung der Veröffentlichungen über das Münster in StraßburgÄU erwarten. Die Abbildungen dieser Werke gehören nebendenen der Staatlichen Bildstelle zu den besten Aufnahmenmittelalterlicher deutscher Bauten und Bildwerke überhaupt. Fürdie Zuverlässigkeit des Textes in den bisher erschienenen Bändenbürgt der Name Wilhelm Pinders, des Ordinarius für Kunstgeschichteauf dem Lehrstuhl Heinrich Wölfflins in München. DerText des Bandes über das Straßburger Münster hat HansWeigert, einen Schüler Pinders, zum Verfasser, der damit zumersten Male vor die breitere Öffentlichkeit tritt, L. A.DIE BAUAUS'STELLUNG IN BERLIN 1930„In Berlin arbeitet alles gegeneinander". Es scheint, als ob dieRichtigkeit dieser Worte, die Ruhrsiedlungs-VerbandsdirektorSchmidt-Essen auf einer Tagung des Zentral-Vereins für DeutscheBinnenschiffahrt neulich sprach, wieder erneut bewiesen werdensollten durch die Vorgänge bei der Vorbereitung der Dauer-Bauausstellung1930 in Berlin. Pressenachrichten zufolge arbeitet inder Tat in dieser Frage alles so stark gegeneinander, daß eineZeitlang zwar nicht der Gedanke einer Dauerbauausstellung, wohlaber die Wahl Berlins als Ausstellungsort gefährdet war.Als der Plan einer Dauer-Bauausstellung in Berlin zuerst festereForm annahm, haben wir <strong>im</strong> „Städtebau" (Heft 8, S. 118) vonder Gründung des „Vereins Bauausstellung" berichtet, der vonden bauwirt Schaft liehen, vor allem industriellen VereinigungenDeutschlands zur Durchführung dieser Ausstellung gebildet wurde.Wir haben damals auch auf die noch unklaren Finanzierungsplänehingewiesen und die Hoffnung ausgesprochen, daß sie inendgültiger Form der Öffentlichkeit frühzeitig vorgelegt werdenwürden. Inzwischen hat die Offentlicl keit von den Finanzieruugsplänenselbst zwar wenig genug erfahren; wie der „Verein Bau*CHRONIKausstellung" mitteilt, ist aber die Durchführung der Dauer-Bauaus^tellungseitens der beteiligten industriellen und Wirtschafts-Verbände jetzt gesichert» die Wahl Berlins als Ausstellungsortjedoch wieder zweifelhaft geworden. Diese Gefahr ist nach demWortlaut der Mitteilung eingetreten „infolge der Verquickungdes Projektes mit kommunalpolitischen Taktiken und infolge derSchwierigkeiten, die auch jetzt noch nach Genehmigung des Vertragesdurch die Stadtverordneten-Versammlung, dessen Unterzeichnungin letzter Stunde bereitet werden". Über die hierinangedeuteten merkwürdigen Vorgänge bei der Genehmigung desVertrages durch die Stadtverordneten-Versammlung ergibt sichaus der Tagespresse etwa folgendes Bild:Die Berliner Stadtverordneten-Versammlung hatte in ihrerSitzung vom 10. November über eine Vorlage des Magistrats zubeschließen, nach der die Stadt für die Finanzierung der Ausstellungeinen einmaligen Betrag von rund sieben Millionen Markbeisteuern soll. Dieser Antrag wurde mit schwacher Mehrheitangenommen, aber erst nach dem Zwischenspiel <strong>eines</strong> kommunistischenAntrages, einer Erklärung Dr, Wagners, einer Gegen-Erklärung des Oberbürgermeisters und stürmischen Zwischenrufen.506

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