Schulchronik Mittel-Podibrad, Buch 1.odt
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<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 23 von 59<br />
und mein einziges, liebes Gretel nochmals grüßen. Ich löste den Tornister, warf mich auf den Rücken und erwartete<br />
mein Ende. Die Artillerie merkte bald, daß die kleine Schar schwieg und beeilte sich umgehend, uns zu danken. Aus<br />
einer Entfernung von 500 bis 600 Metern begann sie, uns mit Granaten zu überschütten; 10 m vor mir und hinter mir<br />
schlugen sie ein. Das war die schrecklichste Stunde meines Lebens. Jeden Augenblick konnte ich zerrissen werden.<br />
Jetzt schien mein Tod sicher. Ich befahl Gott meine Seele und ließ noch einmal meine Seele am mir vorüberziehen.<br />
Dann sah ich ruhig zu, wie die Granaten einschlugen. Eine Granate nahm ein großes Stück Tuch von meiner Hose mit,<br />
einen Meter vor mir sauste das Geschoß in die Erde, daß ich über und über mit Erde beschüttet wurde, krepierte aber<br />
nicht, sonst ...<br />
Warmes, rinnendes Blut von der rechten Achsel herab zeigte mir, daß ich auch dort verwundet war, ich preßte mir das<br />
Verbandspäckchen in die rechte Achselhöhle so gut es ging. In den Beinen schien jedes Gefühl erstorben, wie Gummi<br />
fühlten sie sich an. Krankenträger mußten uns wegen des fürchterlichen Granatenfeuers im Stiche lassen. Abends gegen<br />
10 Uhr suchten sie noch einmal mit Laternen ab, ich hielt mein Seitengewehr in der Linken zum Schutze gegen<br />
Schlachtfeld-Hyänen. Die Krankenträger riefen; ich konnte aber nicht antworten, weil meine Sprache nur noch ein<br />
Flüstern war. Einer stand ganz dicht bei mir, sah mich aber nicht, da ich hinter einem Strauche lag, hinter den ich micht<br />
unter ungeheuren Schmerzen geschleppt hatte. Ich schlug, so gut es ging, mit dem Seitengewehr in den Strauch. Da<br />
horchte er auf, und als ich nochmals schlug, kam er näher und fand mich endlich. Auf einer Bahre wurde ich zum<br />
Krankenwagen getragen, der uns zum Verbandplatz brachte. Unterwegs wurde der Wagen mit der Rotenkreuzflagge<br />
geschossen. Auf dem Hauptverbandplatz wurde ich nochmals verbunden und verbrachte die Nacht ganz gut in einem<br />
Zelte.<br />
Den 23. August 1914. Morgens fuhren wir in einem Wagen in das nächste Feldlazarett. Hier fanden wir das erste Bett<br />
und wurden ganz leidlich versorgt, aber schon nach einem eintägigen Aufenthalt fuhr ich mit einem Auto nach<br />
Differdingen in Luxemburg. Da hin und wieder Granaten in der Nähe des Feldlazarett einschlugen, wurde es bald<br />
unheimlich. Da kam zufällig ein Herr aus Luxemburg mit ienem Auto, und nur in Decken gehüllt, fuhren wir los. Die<br />
Uniform war über und über mit Blut beschmutzt und nicht zu finden; mit ihr ließ ich 16 Mark zurück. In Differdingen<br />
lebten wir sehr gut. Die Bevölkerung war sehr freundlich. Wir erhielten Besuch von der Großherzogin und zwei<br />
Prinzessinnen.<br />
Am Freitag, den 28. August wurden wir weiter befördert. Ich zog blaue Arbeitshosen an und graue Segeltuchschuhe.<br />
Allgemein hielt man mich in dieser Kleidung für einen Franzosen. Ich bin dann von einem Lazarett zum anderen<br />
befördert worden und kam am 9. September 1914 in Würzburg an. Hier stellte es sich heraus, daß ich infolge meiner<br />
Verwundung einen furchtbaren Nervenschock im Unterleibe erlitten habe. Vollständig genesen bin ich erst in meiner<br />
Heimatstadt Steinau a. O., wohin ich auch Wunsch meiner Eltern überführt wurde."<br />
Im November wurde er aus der ärzlichen Behandlung entlassen und zu seinem Regiment nach Beuthen kommandiert.<br />
Nach kurzer Zeit wrude er als kriegsverwendungsfähig befunden, blieb abeer in Beuthen im Garnisonsdienst. Von da<br />
aus wurde er ins Warthelager zur Teilnahme an einem Offizierskursus kommandiert, konnte aber wegen Erkrankung<br />
denselben nicht mitmachen und kehrte nach erfolgter Genesung nach Beuthen zurück.<br />
Der siegreiche Vormarsch im Westen und er Einfall der Russen im Osten trafen noch in die Sommerferien, welche in<br />
dem Jahre wegen des Schulbaues vom 9. Juli bis 19. August dauerten. Obgleich Zwikirsch außerhalb des Dorfes im<br />
alten Forsthause wohnte, blieb er mit seiner Gemeinde in enger Verbindung, um den Gemeindegliedern mit Rat und Tat<br />
beizustehen. Als der großt Sieg zwischen Metz und den Vogesen vom 20. August, durch welchen der Kronprinz von<br />
Bayern die Reichslande vom Feinde befreite, telegraphisch gemeldet wurde, versammelte Zwikisch sofort die<br />
Schuljugend, die Schulbläser und eine Anzahl Gemeindeglieder bei der Friedenseiche. Es wurden mehrere Choräle<br />
geblasen, vaterländische Lieder angestimmt, und Zwikirsch hielt eine Ansprache, in der er der herrlichen Waffentaten<br />
gedachte und Gott für den großen Erfolg unserer Waffen dankte. Ganz besondere Freude lösten die großen Hindenburg-<br />
Siege aus, welche jedesmal in einer Feier ihre Würdigung erhielten. Fortan wurde jeder größerere Sieg in der Schule<br />
gebührend gefeieret, einige Male ordnete die Behörde sogar einen schulfreien Tag an. Die Schulkinder wruden über den<br />
Verlauf des Weltkrieges forgesetzt auf dem laufenden erhalten, ja oft erstatteten sie aufgrund der erworbenen<br />
Sonderblätter selbst Bericht. In allen Fächern des Unterrichts wurde auf das gewaltige völkerringen Bezug genommen.<br />
Die Die besonderen lieder und Gedichte sind in einer Sammlung vereinigt worden. Die Aufsätze behandelten Stoffe<br />
wie: "Vom westlichen Kriegsschauplatz", "Die Zeit Friedrichs des Großen und die Gegenwart", "Der<br />
Aushungerunsplan Englands", "Das Feldpostpaket", "Die Macht am Meer", "Wozu brauchen wir eine Flotte?", "Wie<br />
Breslau und Göben entkamen", "Die Kriegsanleihe", "Die Brotkarte", "Wie wir sparen sollen", "Das Unterseeboot",<br />
"Die Lage Deutschlands" usw.<br />
Im Oktober regte zwikirsch eine Sammlung behufs Beschaffung von Liebesgaben für unsere Krieger an. Mit Hilfe der<br />
Herren Gemeinde- und Schulvorsteher, welche die Sache mit großem Eifer forderten, kamen aus dem Gemeinden<br />
folgende Bettäge zusammen:<br />
aus Oberpodiebrad 45,70 M<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad 54,75 M<br />
Niederpodiebrad 36,15 M<br />
Mehltheuer 20,00 M