Wertstrom im Unternehmen - Schuh Group
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<strong>Wertstrom</strong> <strong>im</strong> <strong>Unternehmen</strong>:<br />
Prozesse sehen lernen<br />
Norbert Große Entrup<br />
Der Geschäftsalltag und seine Hektik, beziehungsweise die auf das Management einströmenden Informationen<br />
und Entscheidungsanfragen sorgen dafür, dass viele Manager heute kaum die Zeit finden, sich<br />
Gedanken um die operative und strategische Opt<strong>im</strong>ierung ihrer Firma zu machen. Das Gefühl für die<br />
Steuerung des Schiffes „Firma“ geht verloren und man findet sich oft operativ in der Kommandozentrale<br />
damit beschäftigt, die Fahrt zu erhöhen oder zu bremsen, leichte Ruderkorrekturen zu veranlassen<br />
oder eine Planung der Routenressourcen wie Spritverbrauch und Mannschaftsversorgung zu planen.<br />
Gefangen <strong>im</strong> Alltag: Managementscheuklappen<br />
Der Sinn und Zweck hinter dem Handeln tritt zurück<br />
und schafft Platz für „operative Hektik und planlose<br />
Reaktionen“. Asiatische Weise fordern nicht umsonst,<br />
dass der Mensch zehn Minuten am Tag über sein<br />
Handeln und Tun und sein Dasein reflektieren soll. Es<br />
sollte ein Lebensbild entstehen, dem man automatisch<br />
durch Verinnerlichung nachfolgt und sein Handeln<br />
auch dann situativ <strong>im</strong>mer auf diese Zielausrichtung<br />
anpasst. Nur so können langfristig gesteckte Ziele<br />
erreicht werden, das Bild als Ziel muss <strong>im</strong>mer vor dem<br />
inneren Auge präsent sein.<br />
Lernen zu sehen<br />
Welcher Manager hat das Bild seiner Firma vor<br />
Augen Wo steht sein Schiff <strong>im</strong> Meer der Wirtschaft<br />
Welchen Zweck erfüllt es, für wen, für welche Kunden<br />
und erfüllt es diesen Zweck und die Bedürfnisse der<br />
Kunden auf eine „schlanke“ Weise, sprich mit dem<br />
min<strong>im</strong>alsten Ressourcenaufwand<br />
Es gibt verschiedene Schiffe, Kreuzfahrtschiffe,<br />
Tanker, Segelschiffe, Fregatten, Forschungsschiffe und<br />
viele weitere Arten, die alle unterschiedliche Kundenbedürfnisse<br />
befriedigen. Es gilt herauszufinden, welche<br />
Abb. 1: Beispiel einer <strong>Wertstrom</strong>analyse<br />
44
Art von Schiff man darstellt und wie dieses Schiff<br />
mit seiner Mannschaft die Wünsche der Kunden am<br />
effizientesten erfüllt bzw. erfüllen kann.<br />
Die Methode der <strong>Wertstrom</strong>analyse als Brille für<br />
das Management<br />
Die Methodik der <strong>Wertstrom</strong>analyse erlaubt es dem<br />
Management und der Mannschaft, sich so ein Bild zu<br />
verschaffen (Abb. 1). Es werden die Prozesse als verknüpfte<br />
Landschaft dargestellt und die Beziehungen<br />
untereinander. So können schnell lange Durchlaufzeiten,<br />
lange Liegezeiten, komplexe und schwierige<br />
Schnittstellen erkannt und in einem weiteren Schritt<br />
alternative Prozesse und Abläufe definiert werden.<br />
Rückfragequoten zeigen auf, wo die Prozesse nicht<br />
sauber definiert sind und es ggf. an früheren Stellen in<br />
der Prozesslandschaft zu eindeutigen Klärungen und<br />
Weitertransport der Information kommen muss. Die<br />
Verschwendung wird aufgezeigt, wird transparent und<br />
kann somit aktiv beseitigt werden.<br />
Im Rahmen eines <strong>Wertstrom</strong>analyse-Workshops fangen<br />
viele Manager und auch ihre Mitarbeiter erst an zu<br />
„sehen“. Sie erkennen an der prozessorientierten und<br />
bildhaften Darstellung, wo die Probleme stecken und<br />
fangen an, neue Lösungen und Alternativen anzudenken.<br />
Im Tagesgeschäft suchte man in der Vergangenheit<br />
zwar auch bereits nach Lösungen, aber da die Zeit<br />
fehlte, sich den gesamten Zusammenhang darzulegen,<br />
konnten auch keine oder nur subopt<strong>im</strong>ale Verbesserungen<br />
erzielt werden. Mit der <strong>Wertstrom</strong>analyse<br />
stellen sie ihre, auf den Kunden gerichteten Prozesse<br />
auf den Prüfstand und können diese sukzessiv und <strong>im</strong><br />
Kontext mit Kreativität und <strong>im</strong> Team verbessern.<br />
Was kennzeichnet eine <strong>Wertstrom</strong>analyse<br />
1. Alle Beteiligten am <strong>Wertstrom</strong> des <strong>Unternehmen</strong>s<br />
haben die Ziele des <strong>Wertstrom</strong>analyse-Workshops<br />
verinnerlicht. Diese Ziele sind, Verfügbarkeit erhöhen,<br />
Qualität verbessern, Individualität gewährleisten<br />
und Kosten reduzieren.<br />
2. Alle Beteiligten kennen die Verschwendungsarten,<br />
die es gilt zu el<strong>im</strong>inieren. Überproduktion und<br />
Blindleistung, hohe Lagerbestände, unnötige Materialtransportwege,<br />
Warte- und Liegezeiten, Technologie-<br />
und Prozessdefizite, unnötige Handhabung<br />
durch den Menschen, Rückfragen und Qualitätsverlust.<br />
3. Alle Beteiligten kennen die Philosophie des <strong>Wertstrom</strong>s:<br />
Alles ist auf den Kunden ausgerichtet und<br />
fokussiert, es gilt seine Anforderungen opt<strong>im</strong>al zu<br />
erfüllen, d. h. weder zu viel noch zu wenig. Alles<br />
fließt als <strong>Wertstrom</strong>, d. h. auch Lieferanten und<br />
ausgelagerte Prozesse fließen mit dem Hauptstrom<br />
hinein und werden ganzheitlich mit betrachtet. Alles<br />
funktioniert opt<strong>im</strong>al nach dem Pull-Prinzip, der<br />
Abb. 2: <strong>Wertstrom</strong>design<br />
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Bedarf „triggert“ die vorgelagerten Aktionen des<br />
Systems.<br />
Es wird ständig <strong>im</strong> Kreislauf kontrolliert und ein<br />
kontinuierlicher Verbesserungsprozess eingerichtet,<br />
der sicherstellt, dass der Kunde zufrieden ist und<br />
bleibt, auch bei geänderten Rahmenbedingungen.<br />
Alle Prinzipien des <strong>Wertstrom</strong>s sind in der bildhaften<br />
Darstellung (Abb. 2) zu finden und sollten<br />
gemeinsam mit allen Beteiligten <strong>im</strong>mer wieder vor<br />
einem Workshop wiederholt werden.<br />
4. Trennung nach Tätigkeitsarten: Alle Tätigkeiten<br />
werden analysiert und in Haupt-, Neben- oder Organisationstätigkeiten<br />
klassifiziert.<br />
Wie ordnet sich die <strong>Wertstrom</strong>analyse in die<br />
ganzheitliche Opt<strong>im</strong>ierung hin zu einer schlanken<br />
Organisation ein<br />
Analysephase: In dieser Phase wird das Geschäftsmodell<br />
hinterfragt und dargelegt, die bestehende<br />
Organisation aufgenommen sowie die Auftragsarten<br />
des <strong>Unternehmen</strong>s klassifiziert. ABC Analyse teilt die<br />
Aufträge nach Umsatz und Menge ein, wobei die XYZ<br />
Analyse die Aufträge nach Häufigkeit und Regelmäßigkeit<br />
einteilt. In den <strong>Wertstrom</strong>analyse-Workshops<br />
sollten pr<strong>im</strong>är die Auftragsarten untersucht werden,<br />
die in die Kategorie AX fallen, um schnellstmöglich<br />
die größten Verbesserungseffekte zu erzielen. Es gilt<br />
nicht, das Zahlen- und Datenmaterial bis auf die letzte<br />
Kommastelle genau zu ermitteln. In der <strong>Wertstrom</strong>analyse<br />
kann man und muss man oft (besonders in den<br />
administrativen Bereichen, weniger in der Produktion)<br />
mit einer gesicherten ggf. 2 x abgefragten Schätzung<br />
leben lernen.<br />
Der <strong>Wertstrom</strong> wird skizziert und aufgenommen<br />
mit Brown Paper und den Standardprozesskärtchen,<br />
die die speziellen Informationen wie Zeitbedarf und<br />
Subprozesse beeinhalten. An Stellen, wo nicht sofort<br />
transparent wird, wo die Probleme liegen, muss mit einer<br />
Prozessfeinanalyse in die Tiefe „gebohrt“ werden.<br />
Aus den ersten <strong>Wertstrom</strong>analyse-Workshops lassen<br />
sich oft schon die ersten „quick wins“, also schnell<br />
umsetzbare Lösungen definieren, die dann auch zügig<br />
per aufgesetztem Maßnahmenplan in Angriff genommen<br />
werden müssen.<br />
Modularisierungsphase: In dieser Phase prüfen wir,<br />
ob und wo wir innerhalb der Prozesslandschaft Module<br />
bilden können, die eindeutig sind und wiederholt<br />
nutzbar. Diese so definierten Module werden spezifiziert<br />
und festgeschrieben und einer weiteren Opt<strong>im</strong>ierungsprüfung<br />
unterzogen. Sind alle möglichen Module<br />
definiert, erfolgt die Standardisierung der Information,<br />
es werden die Schnittstellen geprüft und eindeutig<br />
beschrieben. Informationen werden dort erhoben,<br />
wo sie automatisch und ohne großen Mehraufwand<br />
abfallen und werden dann auf effiziente Weise durch<br />
den <strong>Wertstrom</strong> mit transportiert.<br />
Integrationsphase: In dieser Phase werden die Module<br />
in die Prozesslandschaft eingepasst und auf ihre<br />
Gesamtfunktionalität untersucht.<br />
Umsetzungsphase: In dieser Phase erfolgt die Anpassung<br />
der Kapazitäten, Umsetzung der operativen<br />
Prozesse und eine damit ggf. verbundene Veränderung<br />
der Organisationsstruktur. Idealerweise erfolgt eine<br />
parallele Einführung eines Prozesskostenmanagements<br />
und die Absicherung durch einen kontinuierlichen<br />
Verbesserungsprozess.<br />
Der <strong>Wertstrom</strong>-Workshop und seine Inhalte<br />
Die wichtigsten und notwendigen Kundendaten<br />
werden erfasst und bereit gestellt. Welche Daten in<br />
welcher Tiefe Sinn machen, muss der Workshopmanager<br />
und -coach mit dem Kunden vorab definieren und<br />
erarbeiten. Es werden die betroffenen Stellen definiert<br />
und aufgenommen. Die prozessauslösenden Stellen<br />
müssen identifiziert und die einzelnen Prozessschritte<br />
auf dem Brown Paper in Schw<strong>im</strong>mbahnen dargestellt<br />
werden.<br />
Die Schnittstellen des Informationsflusses werden<br />
definiert und ermittelt. Wichtig und elementarster<br />
Bestandteil ist die Aufnahme der Prozesszeiten, die<br />
Aufnahme der Liege- und Wartezeiten sowie die<br />
Zeiten für Rückfragebedarf und Reklamationen.<br />
An kritischen Stellen muss eine Prozessfeinanalyse<br />
einsetzen, um Details besser herauszuarbeiten und<br />
Problemen auf den Grund zu gehen. Aus den <strong>im</strong><br />
Workshop erlangten Erkenntnissen werden Maßnahmen<br />
für sogenannte „quick wins“ geplant und umgesetzt.<br />
Dies erhöht die Motivation für alle Beteiligten,<br />
an der Opt<strong>im</strong>ierung des <strong>Wertstrom</strong>s auch langfristig<br />
mitzuwirken.<br />
Häufige Probleme bei der Umsetzung in der Praxis<br />
1. Zuviel Theorie. Die Methodik wird zu theoretisch<br />
angewendet. Man versteift sich auf das prozedurale<br />
Vorgehen und vergisst dabei „das Bild zu zeichnen“,<br />
es bedarf hier einer gewissen Kreativität<br />
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und auch eines gewissen Pragmatismus, damit das<br />
Thema nicht zu holzig und frustrierend wird für alle<br />
Beteiligten.<br />
2. Zu wenig Zeit und nicht alle beteiligt. Das<br />
Tagesgeschäft ruft und wichtige Personen für die<br />
Teilnahme am Workshop, deren Know-how um die<br />
Abläufe unverzichtbar ist, nehmen nicht teil. Die<br />
Häufigkeit der aufeinanderfolgenden notwendigen<br />
Treffen wird unterschätzt und wichtige Personen<br />
sind durch Reisetätigkeiten oder andere Projekte<br />
<strong>im</strong>mer wieder verhindert. Workshops ohne die<br />
wichtigsten Ansprechpartner sind wertlos und<br />
können keine Lösungen erarbeiten. Die Investition<br />
„Zeit“ ist die wertvollste und wichtigste, die ein<br />
<strong>Unternehmen</strong> bereit sein muss zu leisten.<br />
3. Abkürzungen und Fokus auf Teilelemente.<br />
Leider wird aufgrund der sich abzeichnenden Aufwändungen<br />
und Zeiten für eine <strong>Wertstrom</strong>analyse-<br />
Workshopreihe oft eine Abkürzung genutzt. Man<br />
fokussiert sich direkt auf identifizierte Problemstellen<br />
(1-3 Stück), die man dann angeht und mehr oder<br />
minder prozessorientiert versucht zu opt<strong>im</strong>ieren.<br />
Dies entspricht in keinster Weise der <strong>Wertstrom</strong>analyse<br />
und greift natürlicherweise viel zu kurz. Die<br />
grundsätzlichen Riesenpotenziale, die sich oft mit<br />
der <strong>Wertstrom</strong>betrachtung auftun, sind so nicht zu<br />
erschließen.<br />
4. Keine professionelle Begleitung. Die Moderation<br />
und Vorbereitung der Workshops muss von<br />
einem erfahrenen <strong>Wertstrom</strong>experten erfolgen. Nur<br />
so ist sichergestellt, dass man mit dem geringsten<br />
Aufwand und zielgerichtet <strong>im</strong> Team arbeitet. Von<br />
einer Eigenmoderation (es sei denn, es hat eine Ausbildung<br />
zum Moderator z. B. am Lean Enterprise<br />
Institut stattgefunden) ist dringend abzuraten. Auch<br />
der Blickwinkel von Außen, wo sind Potenziale zu<br />
finden und zu heben, ist wichtig und kann wertvolle<br />
Hinweise liefern und die Ergebnisse sehr positiv<br />
beeinflussen.<br />
Fazit<br />
Die <strong>Wertstrom</strong>analyse ist ein wichtiges und wertvolles<br />
Werkzeug zur ganzheitlichen Betrachtung und Opt<strong>im</strong>ierung<br />
einer Firma oder einer Organisation. Wichtig<br />
ist die konsequente Anwendung der <strong>Wertstrom</strong>prinzipien<br />
und die bewährte Vorgehensweise. Sind die Opt<strong>im</strong>ierungen<br />
erarbeitet und wird das neue Firmenbild<br />
von allen Beteiligten gepflegt und verinnerlicht, stehen<br />
einer Neuausrichtung und einem Erfolg <strong>im</strong> Markt und<br />
<strong>im</strong> Wettbewerb nichts mehr entgegen. Viele Firmen<br />
haben daher die <strong>Wertstrom</strong>analyse als strategisches<br />
Werkzeug für ihre permanente strategische Weiterentwicklung<br />
festgeschrieben und wenden die Methodik<br />
regelmäßig an.<br />
Die <strong>Schuh</strong> & Co. GmbH setzt diese Methodik in<br />
vielen Projekten ein und begleitet die Firmen bei einer<br />
einmaligen Reorientierung oder aber auch über<br />
Change-Projekte bis hin zur kompletten Verinnerlichung<br />
neuer Werkzeuge und Methoden in einer ganzheitlichen<br />
Form, die zur neuen <strong>Unternehmen</strong>skultur<br />
wird. Durch die enge Anbindung an die Wissenschaft<br />
und Forschung in Aachen und durch den hohen Praxisbezug<br />
der Berater ist eine opt<strong>im</strong>ale Ausgestaltung<br />
und Begleitung der Kunden über Workshopreihen hin<br />
zu operativer Exzellenz möglich.<br />
Kontakt<br />
Norbert Große Entrup<br />
Telefon: +49 2405 459 02<br />
norbert.grosse-entrup@schuh-group.com<br />
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