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Dieter Henrich: Die Sekundenphilosophie (PDF)

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Gespräch<br />

auf. Und diese emotive Seite ist ja überhaupt in all diesen Phänomenen<br />

sehr schwer zu fassen. Es müssen nicht immer beglückende<br />

Gefühle sein, die einen Einfall begleiten. Es kann sein, dass<br />

man sich freut, weil es ein Einfall zum Thema ist, der einen weiterbringt.<br />

Aber es kann auch ein Einfall sein, der besagt, dass<br />

darüber ja der und der schon geschrieben habe und dass ich<br />

das jetzt besser erst einmal nachsehe.<br />

Panofsky hat einmal gesagt, alle sechs Wochen habe ich einen Einfall.<br />

Und zwischendurch arbeite ich.<br />

Er will wohl sagen, ich arbeite uninspiriert etwas ab oder aus.<br />

Das ist witzig, aber ich würde ihm nicht glauben, dass diese Arbeit<br />

sich fernab von jedem Einfall vollzieht. Denn eine Werkkonzeption,<br />

wie er sie sicher dabei im Auge hatte, beruht selbst auf<br />

einem Einfall.<br />

Wenn Sie Ihre «<strong>Sekundenphilosophie</strong>n» aufgezeichnet haben, haben<br />

Sie dann sozusagen Ergebnisprotokolle geschrieben, oder haben Sie<br />

auch versucht, das Phänomen als Phänomen zu beschreiben<br />

Nein, ich habe dann versucht, den Inhalt, also die Sequenz<br />

selbst festzuhalten. Also wenn die Sekunden vergangen waren<br />

und ich dachte, das war doch wahrlich interessant. Nicht etwa,<br />

weil ich dachte, es sei für irgendwen oder irgendetwas wichtig,<br />

sondern weil es in sich interessant war. Und dann habe ich es aufgeschrieben,<br />

möglichst bald, denn sonst geht es ganz verloren,<br />

ähnlich wie Träume.<br />

Haben Sie auch zu grafischen Darstellungen gegriffen oder versucht,<br />

das Phänomen räumlich darzustellen<br />

Nein, es ist eigentlich immer linear. Es gibt wohl auch Fälle, wo<br />

sich das aufschlüsselt, so dass die eine Sequenz noch eine andere<br />

auslöst und vielleicht in die andere überspringt. Das habe ich dann<br />

Sekundenkaskade genannt. All das kommt sehr schnell zum Erlöschen.<br />

Begrenztheit spielt dabei überhaupt eine große Rolle, man<br />

könnte sich ja sonst vorstellen, dass ein ganzes Buch in dieser Rapidität<br />

zustande kommt. Aber das geschieht nicht. Bestenfalls ergibt<br />

sich eine Werkidee, verbunden mit der Gewissheit, dass sie<br />

ausführbar ist, was freilich dann wirklich Arbeit nach sich zieht.<br />

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