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MY world<br />

interpretiert von Hubertus Hamm aus der Serie Ballett


6<br />

Nachmann News<br />

8<br />

my neighbourhood<br />

BÄSSER GEHT´s NICHT!<br />

Ein Gespräch mit Kurt Rydl<br />

18<br />

Philosophy<br />

Insolvent in Europa<br />

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Peter Kindler<br />

22<br />

My munich<br />

ein groSSer am topf,<br />

ein junger im kopf!<br />

Ein Gedankenaustausch<br />

mit Alfons Schuhbeck<br />

30<br />

Competence I<br />

Buchner & Linse<br />

Insolvenz als Chance<br />

48<br />

competence II<br />

mr. vertrauen<br />

Ein Gespräch mit RA Dirk Cupei<br />

58<br />

My germany<br />

Mach mir die Welle<br />

Interview mit Dr. Reinhard Hartstein<br />

66<br />

my europe<br />

Unser mann in europa<br />

Interview mit Dr. Harald Noack<br />

72<br />

my world<br />

Bis zehn Euro wird<br />

”<br />

bei uns geschraubt.“<br />

Zu Besuch bei Winzer Markus Schneider<br />

82<br />

Law<br />

die Menschenrechte der un<br />

36<br />

my bavaria<br />

Porträt eines genialen<br />

malers: Sean Scully<br />

Anschrift<br />

Nachmann Rechtsanwälte<br />

Theatinerstr. 15<br />

80333 München<br />

www.nachmann.com<br />

Telefon +49 89 24 20 74 0<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Josef Nachmann<br />

Beratung und Supervision: Andreas Lukoschik<br />

Chefredaktion: Jens Magers<br />

Art Direction: Bureau Mirko Borsche<br />

Textredaktion: Amadeus AG, Schwyz<br />

Illustration: Alison Carmichael


Zivilcourage - wir brauchen mehr davon.<br />

Das demokratische Gemeinwesen lebt vom Mut seiner<br />

Bürger, öffentlich für die Prinzipien des Staates und die Rechte<br />

des anderen einzutreten. Dies gilt besonders, wenn unmittelbare<br />

Gefahr für Leib und Leben anderer Menschen droht.<br />

Im August 2009 starben zwei Menschen im bayerischen<br />

Inn, die zwei Jungen vor dem Ertrinken retten wollten. Im<br />

September 2009 wurde ein mutiger Mann am S-Bahnhof Solln in<br />

München erschlagen, der Kinder vor seinen späteren Mördern<br />

schützen wollte. Niemand half ihm.<br />

Diese Menschen haben unglaublichen Mut gezeigt. Sie<br />

haben ihr eigenes Leben gelassen für andere.<br />

Dieses N5 widmen wir ihnen und allen Menschen, die<br />

unser Leben in Frieden, Freiheit und Demokratie durch ihren<br />

besonderen Mut gewährleisten.<br />

Es ist unsere feste Überzeugung, dass nur durch<br />

Einhalten fester Grundsätze nachhaltige Leistungen erbracht<br />

werden können. Das gilt vor allem auch für uns als<br />

Rechtsanwälte. Nachmann Rechtsanwälte haben sich stets im<br />

klassischen Sinne als Organe der Rechtspflege verstanden.<br />

Wir beraten unsere Mandanten im Rahmen der Rechtsordnung.<br />

Deshalb lautet der erste Satz unserer Prinzipien: Wir verhelfen<br />

Recht zu Recht. Unsere Mandanten haben das verstanden und<br />

schätzen die Eindeutigkeit unserer Aussage. Dabei haben wir<br />

immer den Mut gehabt, Position zu beziehen.<br />

Position beziehen auch die Persönlichkeiten, die wir in<br />

unserem N5 zu Wort kommen lassen – vor allem auch deshalb.<br />

Sie leisten einen Beitrag dazu, dass unser Leben bereichert<br />

wird, jeder für sich anders. Sie verbindet, dass sie durch Fleiß,<br />

Disziplin, Talent und Courage ihre Ziele konsequent verfolgen.<br />

Lassen Sie uns gemeinsam mit Zivilcourage dafür sorgen,<br />

dass unser Land weiterhin so lebens- und liebenswert bleibt.<br />

Mit besten Grüßen<br />

Nachmann Rechtsanwälte<br />

Kindler/Nachmann<br />

Handbuch Insolvenzrecht in Europa<br />

Internationales Insolvenzrecht und ausgewählte europäische<br />

Rechtsordnungen<br />

Herausgegeben von Prof. Dr. Peter Kindler und Rechtsanwalt<br />

Josef Nachmann<br />

2010<br />

Insolvenzrecht in Europa praxisnah, aktuell und fundiert!<br />

Zum Werk<br />

Das Handbuch enthält eine praxisgerechte Darstellung des internationalen<br />

Insolvenzrechts sowie des materiellen Insolvenzrechts in<br />

den – für deutsche Insolvenzpraktiker – wichtigen ausländischen<br />

Rechtsordnungen. Autoren sind gleichermaßen Wissenschaftler<br />

und Praktiker, die vor Ort tätig sind. Die Darstellung erfolgt nicht in<br />

Kommentarform, sondern systematisch und handbuchartig. Besonders<br />

ausführlich sind Problemschwerpunkte erörtert, wie z.B. die Insolvenzanfechtung,<br />

Aufrechnung, Organ- und Gesellschafterhaftung.<br />

Teil 1 behandelt das deutsche internationale Insolvenzrecht, Teil 2 das<br />

deutsche Insolvenzrecht sowie ausgewählte ausländische Rechtsordnungen.<br />

Das Werk stellt die rechtliche Situation jeweils nach einem<br />

vorgegebenen Standard dar, die eine Rechtsvergleichung ermöglicht.<br />

Zum Inhalt<br />

Neben dem von Prof. Dr. Kindler bearbeiteten ausführlichen Teil zum<br />

deutschen internationalen Insolvenzrecht folgen die wichtigsten Länderberichte<br />

Europas zum jeweiligen Insolvenzrecht, beginnend mit<br />

Deutschland, mitverfasst von Mitherausgeber RA Josef Nachmann.<br />

Darin sind die Insolvenzordnungen von<br />

• England • Österreich • Spanien • Türkei<br />

• Italien • Russland • Tschechien<br />

• Liechtenstein • Schweiz • Polen<br />

umfassend und aktuell dargestellt. Der Länderbericht Frankreich (auf<br />

dem aktuellen Stand der im Zuge der Finanzkrise geänderten französischen<br />

Insolvenzordnung) ist bereits als erste Ergänzungslieferung<br />

in Vorbereitung und im Grundwerkspreis enthalten.<br />

Erscheinungstermin: Voraussichtlich November 2009<br />

Weitere Informationen zum Inhalt dieses Werkes<br />

finden Sie im Gespräch mit dem Mitherausgeber<br />

Prof. Dr. Kindler auf Seite 18 dieser Ausgabe.


My<br />

neighbourhood<br />

Seite 8<br />

Ein Gespräch mit dem Bassisten über<br />

Donald Duck, Regietheater, tief anrührende<br />

Momente und die Schönheit der Musik.<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

Kurt<br />

Rydl<br />

Bässer<br />

geht’s<br />

nicht!<br />

Er ist nicht nur einer der besten,<br />

sondern auch der beliebtesten<br />

AttilaRamphisGurnemanzOsmin-<br />

DalandFiescoRoccoTimurPogner.<br />

Und natürlich der ”<br />

Ochs“ im<br />

Strauss’schen Rosenkavalier. Er hat<br />

schon mit allen großen Dirigenten<br />

dieser Welt gearbeitet von Abbado bis<br />

Zubin Mehta, von Karajan bis Solti,<br />

von Sinopoli bis Nagano. Er war auf<br />

der Bühne Partner, Gegenspieler und<br />

Verbündeter der anderen großen<br />

Stimmen dieser Welt, von Pavarotti<br />

über Carreras bis Villazón. Und<br />

natürlich Placido Domingo.<br />

Ein Künstler und Mensch, der Kurt<br />

Rydl besonders wichtig ist. Und wer<br />

beide kennt, weiß, dass das auf<br />

Gegenseitigkeit beruht.<br />

Alles das wundert niemanden, denn<br />

Kurt Rydl ist der Mega-Bass!<br />

Herr Rydl, wenn man in den<br />

Opernhäusern dieser Welt zuhause<br />

ist, sitzt man ja – wie die Top-Models<br />

dieser Welt – viel im Flieger...<br />

! Zu viel für meinen Geschmack!<br />

... wie machen Sie das mit<br />

Ihrer Stimme. Da oben ist die Luft<br />

doch staubtrocken<br />

! Das ”<br />

staubtrocken“ ist nicht das<br />

Problem – die Kälte aus der Air Condition<br />

ist es. Aber ein kleiner Schal und möglichst<br />

nix reden hilft ungemein. Oder auf<br />

langen Flügen mal ein feuchtes Handtuch<br />

auf die Nase zu legen, tut auch gut. Aber<br />

ansonsten ist Fliegen nicht das Gesündeste<br />

für die Stimme. Da haben Sie schon recht.<br />

Dass ich es über Jahre gekonnt habe – und<br />

heute immer noch kann – liegt vielleicht<br />

an der Disziplin, im Fluge fast winterschlafartig<br />

alle Funktionen auf halbe Kraft<br />

zu fahren. Auch wenn einen immer wieder<br />

kleine Schweißausbrüche heimsuchen –<br />

weil es zu sehr ruckelt.<br />

Höre ich da Flugangst<br />

! Eine Bedingte. Wer so viel fliegt<br />

wie ich, darf sie eigentlich nicht haben.<br />

Und sollte sie auch nicht haben. Aber<br />

wenn es sehr ungemütlich wird, kriege ich<br />

doch die so genannten ”<br />

white knuckles“.<br />

Dann verkrampfe ich mich schon mal in<br />

den Arm des Nachbarn.<br />

Haben Sie denn schon mal<br />

real etwas Unangenehmes erlebt<br />

! Ich habe einmal das Rausfallen<br />

der Sauerstoffmasken erlebt, weil ein Sauerstoffbehälter<br />

geplatzt war. Der Captain<br />

musste dann sofort – also in einer knappen<br />

Minute – von 10 000 Metern auf 4 000<br />

runter. Das war extrem unangenehm. Und<br />

dann hatte ich wirklich schon oft das Pech,<br />

durch sehr schlechte Wetterfronten zu<br />

fliegen. Da ging mir schon a bisserl mein<br />

Sitzfleisch auf Grundeis. Muss ich ehrlich<br />

sagen.<br />

Hatten Sie denn schon davor<br />

Flugangst gehabt<br />

Fotos: Mathias Bothor


! Nein. Ganz zu Anfang war mir das<br />

alles völlig wurscht. Ich bin eingestiegen<br />

und fertig. Aber im Leben verstärken sich<br />

ja gewisse Dinge. Andererseits freue ich<br />

mich auch wieder auf lange Flüge. Wenn<br />

ich zum Beispiel nach Japan gehe und<br />

sitze dann in einem schönen breiten Sessel.<br />

Esse und trinke genüsslich, sehe ein paar<br />

gute Filme, mache ausgiebig Sudoku, und<br />

lese mal wieder lange – was ich mir sonst<br />

selten gönne, weil man ja sonst eh nur immer<br />

neue Texte lernen muss – das macht<br />

dann auch wieder Spaß.<br />

Es heißt: Sie haben 120 Partien<br />

abrufbereit im Kopf...<br />

! Na ja, also wirklich abrufbar sind<br />

es zur Zeit vielleicht 60. Ich habe heute<br />

sicherlich die ”<br />

Rusalka“ von Dvorak auf<br />

Tschechisch größtenteils vergessen. Leider.<br />

Weil sie einfach kaum aufgeführt wird.<br />

Aber natürlich den ganzen Wagner, den<br />

ganzen Verdi, den ganzen Mozart, Puccini,<br />

Rossini, Mussorgski – die sind alle auf<br />

Knopfdruck da.<br />

Wie halten Sie bei einer<br />

solchen Stofffülle Ordnung in<br />

Ihrem Kopf<br />

! Indem die Ordnung eine<br />

chaotisch geordnete“ ist. Das<br />

”<br />

heißt, würde man alles penibel wie<br />

Bleistifte parallel legen, dann wäre<br />

das Suchen vielleicht manchmal<br />

einfacher, aber die Intuition, dich<br />

da hinzuleiten, was du machen<br />

musst, wäre nicht so einfach. Es<br />

ist also ein gewisses Chaos da, das<br />

sich aber binnen kürzester Zeit mit<br />

Konzentration so ausrichtet wie<br />

Metallspäne gegen den Magneten<br />

hin. Ich habe schon in der Schule<br />

immer schnell und gut auswendig<br />

gelernt. Und das ist – erfreulicherweise<br />

– bis heute so geblieben.<br />

In der Schule, in die auch<br />

Gottfried Helnwein gegangen ist – nur<br />

eine Klasse drunter<br />

! In die gleiche Schule. Er ist am<br />

gleichen Tag geboren wie ich – nur ein<br />

Jahr später. Wir hatten übrigens auch den<br />

gleichen Zeichenlehrer. Ich habe diesen<br />

Professor sehr geliebt. Während wir<br />

zeichneten, hat der nämlich immer vorgelesen.<br />

Ich kann mich daran noch sehr gut<br />

erinnern. Es war ”<br />

Die Fliege“ - ein Roman<br />

von George Langelaan, der im Zweiten<br />

Weltkrieg Geheimagent beim MI5 war<br />

und später als Romanautor fantastischer<br />

Romane berühmt wurde. Das hat mich so<br />

begeistert, dass ich damals sofort das Buch<br />

gekauft hatte.<br />

Interessieren Sie sich für Science<br />

Fiction<br />

! Hmh, wenn sie so literarisch ist<br />

wie in diesem Buch ”<br />

Die Fliege und andere<br />

Geschichten aus der phantastischen Wirklichkeit“<br />

vom Scherz Verlag, dann begeistert<br />

mich das schon, weil ich naturwissenschaftlich<br />

sehr interessiert bin.<br />

Das naturwissenschaftliche<br />

Interesse war dann ja später sogar<br />

berufsbestimmend...<br />

! Ja, ich habe Biologie studiert und<br />

darin auch den Magister gemacht – über<br />

Stachelhäuter, also Meeresbiologie. Und<br />

im Nebenfach hatte ich Astronomie. Das<br />

kommt mir zurzeit sehr zugute, weil ich<br />

gerade von Stephen Hawking ”<br />

Das Universum<br />

in der Nussschale“ lese. Das ist nicht<br />

ganz einfach für mich, weil man bei diesem<br />

Stoff mit gut durchschnittlichem Denken<br />

recht schnell an Grenzen stößt. Aber es tut<br />

mir gut, das zu lesen, weil es mich fordert.<br />

Helfen Ihnen Ihre Kenntnisse<br />

aus der zoologischen Basiskunde im<br />

Umgang mit den Menschen an der<br />

Oper<br />

! Ja, insofern als man sie sehen<br />

kann wie Stachelhäuter, also Lebewesen,<br />

die einen abwehren. Das Schwierigste am<br />

Umgang mit den Menschen in der Kultur<br />

ist: Es kommen immer mehr und mehr<br />

Dilettanten hinein, die vom Fach nichts<br />

verstehen, die auch das Herz und die<br />

Liebe nicht dazu haben, die aber dort eine<br />

wirtschaftliche Chance sehen und sich<br />

in einem Fach profilieren wollen, wo sie<br />

eigentlich nichts verloren haben. Eine der<br />

negativsten Erfahrungen ist, dass – wenn<br />

manche in diesem Metier einen gewissen<br />

Erfolg haben – sie sich charakterlich zurückbilden:<br />

Von einem Wirbeltier zu einem<br />

Mollusken – also von einem Lebewesen,<br />

das noch ein Rückgrat hat, zu einem wirbellosen<br />

Weichtier.<br />

Oper ist doch eigentlich ein<br />

Zuschussgeschäft. Wo sehen diese<br />

Mollusken dann die wirtschaftliche<br />

Chance<br />

! Ja, es ist ein Zuschussgeschäft.<br />

Aber wer immer dort das Sagen hat und<br />

glaubt, in der Kultur mitmischen zu müssen,<br />

hat zumindest die Aufmerksamkeit<br />

der Presse. Heute etwas sehr skandalös zu<br />

machen oder auch nur gegen den Strich<br />

zu bürsten – und nicht wirklich Qualität<br />

zu liefern – das ist wohl die infamste und<br />

billigste Art sich zu profilieren. Meisterwerke<br />

der Literatur herzunehmen und<br />

verächtlich nach unten zu revidieren – das<br />

ist für mich Scharlatanerie. ”<br />

Freiheit der<br />

Kunst“ ist ein Begriff, hinter dem sich jeder<br />

verschanzt. Aber eine Kunst ohne Regeln<br />

ist uninteressant – wie so vieles auf der<br />

Welt! Wenn ich einer Fußballmannschaft<br />

22 Bälle gebe und jeder kann hinschießen,<br />

wohin er will – macht das dem Zuschauer<br />

Spaß Ich denke nicht.<br />

Sind wir da jetzt bei<br />

Ihrem Lieblingsreizthema ”<br />

Regietheater“<br />

! Ich will jetzt gar nicht<br />

den Namen eines bestimmten<br />

Regisseurs nennen. Aber warum<br />

muss ein Parsifal auf einem Pissoir<br />

beginnen Ich weiß, welche Gedanken<br />

hinter dieser Inszenierung<br />

steckten – aber es passt nicht zum<br />

Text. Wenn die Knappen und der<br />

Gurnemanz gerade vom Fechtunterricht<br />

kommen, sich zum Morgengebet<br />

sammeln und er ihnen dann<br />

die Geschichte von König Amfortas<br />

und Klingsor erzählt – das muss<br />

nicht auf dem Klo passieren. Das<br />

ist ein Regiegag, der unnötig und<br />

unappetitlich ist.<br />

Der Parsifal ist der ”<br />

reine<br />

Tor“, der in unserer Zeit gerne als<br />

Volldepp dargestellt wird...<br />

! Ja, und genau der Volltrottel ist<br />

er eben nicht! Er ist der durch Mitleid<br />

wissende, reine Tor. Ich habe das in einer<br />

Inszenierung in Wien einmal so spielen<br />

können, dass der Gurnemanz Parsifal sehr<br />

böse wegschickt, nachdem der den Schwan<br />

erlegt hat: ”<br />

Was stehst du noch da Weißt<br />

Du, was Du sahst“ Und dann: ”<br />

Suche dir,<br />

Gänser, die Gans – und geh!“<br />

Später fragt sich Gurnemanz, ob<br />

er denn um Gottes Willen so verblendet<br />

war, nicht zu erkennen, dass dieser junge<br />

Unbedarfte vielleicht doch genau der gewesen<br />

sein könnte, auf den alle warten – der<br />

Erlöser. Und im dritten Akt zeigt er es ja<br />

auch, wie er zu Kundry sagt: ”<br />

Erkennst Du<br />

ihn Er ist’s, der einst den Schwan erlegt’.“<br />

Denn da beginnt sich in Gurnemanz etwas<br />

zu verändern.<br />

Ich habe diese Szene einmal mit<br />

Domingo in Madrid gespielt und mir<br />

gedacht: Der Mann, der am wenigsten<br />

die Sprache Richard Wagners spricht, in<br />

dessen Augen habe ich gesehen, was in<br />

ihm passiert, als er zum alten Gurnemanz<br />

kommt und singt ”<br />

Heil mir, dass ich Dich<br />

wieder finde!“ Und der darauf: ”<br />

So kennst<br />

auch Du mich noch, erkennst mich wieder.“<br />

Eine der herrlichsten Stellen in der<br />

Musik.<br />

Solche psychologischen Entwicklungen<br />

muss einen der Regisseur aber<br />

auch spielen lassen. Und wenn nicht, dann<br />

zeugt das von so wenig Einfühlungsvermögen<br />

und so wenig Kenntnis, dass ich mich<br />

frage, was haben solche Leute in der Regie<br />

verloren So was macht mich traurig.<br />

Psychologische Wirkung ist<br />

vielleicht nicht das Thema mancher<br />

Regisseure!<br />

! Schauen Sie: Warum hat man<br />

hohe Kirchen gebaut, die eine Mystik<br />

erzeugen Weil der Glaube einfach nicht<br />

wirken kann, wenn er zu einer alltäglichen<br />

Sache wird. Das gilt für die Bühne genauso<br />

wie für die Religion. Und wenn ein Priester<br />

in Beiläufigkeit zwischen Kommunion und<br />

Segen noch sagt: ”<br />

Wir treffen uns nach-


her im Pfarrhaus auf Gulaschsuppe und<br />

Pingpong. Und nächste Woche haben wir<br />

unseren Faschingsabend im Pfarrsaal. Und<br />

jetzt gebe ich euch den Segen – im Namen<br />

des Vaters, des Sohnes und des Heiligen<br />

Geistes. Gehet hin in Frieden.“ Das hat für<br />

mich nichts mit Gottesdienst, mit einer<br />

Verinnerlichung und mit Mystik zu tun.<br />

Sind Sie für die alte lateinische<br />

Liturgie<br />

! Ja. Weil sie herausgelöst ist aus<br />

dem Alltag. Das ist meine sehr persönliche<br />

Einstellung. Ich brauche diese alte Form,<br />

um mich auf ganz andere Dinge zu konzentrieren,<br />

als was draußen vor der Kirche,<br />

in meinem Beruf, in meinem Privatleben<br />

und sonst so passiert.<br />

Aber ist ”<br />

Et cum spiritu tuo“<br />

für die meisten heute nicht eine leere<br />

Formel<br />

! Alles, was man nur so dahersagt,<br />

ist eine leere Formel. Egal in welcher<br />

Sprache. Aber es ist keine leere Formel,<br />

wenn ich mich mit dem Satz identifiziere.<br />

Und – das gilt aber nur für mich persönlich<br />

– ich identifiziere mich lieber mit dem<br />

lateinischen Stoff. Das hat etwas damit<br />

zu tun, dass ich mich in dem Althergebrachten<br />

mehr eingebettet fühle als in der<br />

neuen Form. Ich streite mich nicht über<br />

Bäume, die geben dir Kraft.“ Und so sind<br />

ja zum Beispiel auch gotische Kirchen<br />

gebaut – nach oben strebend. Wie ein<br />

Baum des Lebens.<br />

Nun hat ja so ein Satz<br />

wie Et cum spiritu tuo“ nicht<br />

”<br />

nur einen Inhalt, sondern auch<br />

einen Rhythmus und eine Melodie.<br />

So wie das, was Sie beruflich<br />

auf der Bühne aussprechen.<br />

Gibt es trotz der Konzentration,<br />

die Sie auf den Ablauf der<br />

Bewegungen und den Ausdruck<br />

der Stücke verwenden müssen,<br />

vielleicht auch solche spirituellen<br />

Momente auf der Bühne für<br />

Sie<br />

! Ja, ja, oft. Sehr oft. Natürlich<br />

findet das nicht in jeder Oper<br />

statt. Das ist klar. Uns allen passiert<br />

es, wenn der Körper nicht auf<br />

100 Prozent tourt, dass man schauen<br />

muss, wie man über die Runden<br />

kommt. Aber wenn alles gut läuft<br />

und der Apparat“ geschmiert ist,<br />

”<br />

dann kann man sehr entrückt sein.<br />

Das kann einem unheimlich viel<br />

geben.<br />

Bei mir ist es sehr oft so,<br />

dass ich gerade den Karfreitagszauber“<br />

im Parsifal nicht ohne Trä-<br />

”<br />

nen über die Runden bringe. Der<br />

Text nimmt mich unheimlich her<br />

– abgesehen von der wunderbaren<br />

Melodie: Des Sünders Reuetränen<br />

”<br />

die Errungenschaften des Neuen. Nur, bei<br />

sind es, die heut mit heilgem Tau<br />

diesem Thema berührt das Neue nicht<br />

beträufelt Flur und Au“. Ich denke<br />

mein Herz. Ich empfehle die alte Liturgie<br />

dann an meine Eltern, und erinnere<br />

mich, dass ich den Gurnemanz<br />

nicht den anderen Mitmenschen. Es ist nur<br />

eine für mich gültige Aussage. Kirche und<br />

gesungen habe eine Woche nach<br />

Religion ist eine sehr, sehr persönliche Sache.<br />

Wann fühle ich mich der Mystik und<br />

damals fast vergangen und konnte<br />

dem Tod meines Vaters. Ich bin<br />

der Religion nahe Wenn ich alleine bin.<br />

gar nicht so viele Tränen schlucken,<br />

Ich muss allein sein – mit mir und meinem wie ich geheult habe da auf der<br />

Herrgott. Dann kann das für mich etwas in Bühne. Das können viele vielleicht<br />

einem geistigen Sinne bewirken. Und das<br />

nicht nachempfinden. Aber mich<br />

finde ich nur in einem sehr persönlichen<br />

lassen solche Passagen einfach<br />

Zwiegespräch. Das kann in der Kirche sein nicht kalt. Ich bin berührt – und<br />

aber auch im Wald, weil Bäume für mich<br />

singe sie auch so.<br />

Kraft bedeuten. Mein Vater war Tischler<br />

Auf der anderen Seite gibt<br />

und hat mir schon als Jungen gesagt:<br />

es auch ganz andere Emotionen,<br />

” Wenn du dich schwach fühlst, umarme die man als Bassist darstellen darf:


die Lust, die Wut, die Gier – wenn<br />

man den Mephisto oder den Hagen<br />

singt – oder die pure Intriganz –<br />

wenn man den John Claggart im<br />

Billy Budd“ singt, der sich wie so<br />

”<br />

ein Captain Bligh auf der Bounty<br />

aufführt, der aber im Innersten<br />

leer ist und sich nach Liebe sehnt.<br />

Wenn man all das verarbeitet und<br />

auf der Bühne auslebt, dann geht<br />

man nachher weg und hat wirklich<br />

was erlebt.<br />

Und wenn ich bei manchen<br />

Sängern solche Gefühle nicht<br />

spüre und merke, die liefern da<br />

nur einfach eine Tonproduktion<br />

ab und sonst nix, dann bin ich ein<br />

bisschen enttäuscht. Nicht so, dass<br />

ich mit dem Finger auf ihn oder<br />

sie zeige und sage, der macht das<br />

nicht, sondern weil ich weiß, dass<br />

dem wahnsinnig viel entgeht.<br />

Sind Sie in solchen Momenten<br />

eher neben sich oder ganz in sich<br />

! Nein, da gibt es Momente, wo<br />

du – Déjà-vu-ähnlich – außerhalb von<br />

dir stehst und mitkriegst, wie du singst.<br />

Neben dem Parsifal passiert mir so etwas<br />

aber auch bei der schweigsamen Frau“,<br />

”<br />

wenn dieser rührende Morosus singt:<br />

Irgendwen zu wissen, für den man da ist,<br />

”<br />

der einem gut, der einem nah ist,<br />

für den man lebt, und dem man stirbt.<br />

Und dass einer da ist, wenn man erkaltet,<br />

der einem die Augen zudrückt und die<br />

Hände faltet!“<br />

Das ist stark...<br />

Haben Sie eigentlich Lampenfieber<br />

! Fast nicht. Also, ich bin schon<br />

gespannt! Aber nicht in dem Sinne, dass<br />

ich befürchte zu versagen. Gut, wenn ich<br />

körperlich nicht optimal in Form bin,<br />

dann bin ich doppelt konzentriert und<br />

singe sehr mit Kalkül. Dann kann ich es<br />

nicht einfach frei laufen lassen, sondern<br />

muss mich extrem konzentrieren, um die<br />

Stimme rüberzubringen. Aber eigentlich<br />

überwiegt meist die Freude, auf die Bühne<br />

gehen zu dürfen.<br />

Trotzdem mögen Sie<br />

den Kult um Ihre Person nicht<br />

so. Warum nicht<br />

! Wenn es zum Lob kommen<br />

sollte, dann nehme ich das<br />

sehr gerne an – nachher. Wenn einer<br />

nachher mit mir ein Interview<br />

machen will, wenn es gut war, bin<br />

ich sehr dafür. Da bin ich auch<br />

durchaus empfänglich dafür. Aber<br />

absolut nicht vorher. Das stinkt<br />

mir in Amerika zum Beispiel sehr.<br />

Da geben sie x Interviews, noch<br />

bevor sie gesungen haben. So<br />

was verbitte ich mir. Das mag ich<br />

nicht.<br />

Ich gehe auch immer relativ<br />

spät – also meist eine halbe Stunde<br />

vor Beginn – zu den Aufführungen.<br />

Dann geh ich gleich in die<br />

Maske, danach singe ich mich ein.<br />

Und dann ”<br />

Geh’n ma!“. Ich will<br />

den ganzen Zirkus vorher nicht<br />

haben. Ich konzentriere mich auf<br />

meine Arbeit. Aus. Kein Rummel.<br />

Den Titel ”<br />

Mega-Bass“ wollten<br />

Sie für Ihr Buch auch nicht<br />

! Nein, nein, den wollte ich überhaupt<br />

nicht. Ich wollte das Fach, das ich<br />

singe, als Titel haben, nämlich ”<br />

Heldenbass“.<br />

Ich habe mich sehr dagegen<br />

gewehrt. Aber nun ist es mal passiert...<br />

Also, ich finde den Titel gut.<br />

Und das Buch selbst ist große klasse<br />

und sehr, sehr großartig gemacht.<br />

Vom Text ist es klasse, vom Layout<br />

ist es klasse, und Menschen, die die<br />

Oper wirklich lieben, können mit<br />

dem richtig was anfangen – ohne<br />

dass es theoretisch oder anstrengend<br />

ist. Da hat Ihre Frau wirklich eine<br />

Superarbeit abgeliefert.<br />

! Das wird Christiane sehr, sehr<br />

freuen.<br />

Sie haben in Ihrem Buch dem<br />

Autor gesagt, dass Sie annehmen,<br />

nach 60 mehr Zeit für die Insel und<br />

das Leben zu haben...<br />

Illustration: Gottfried Helnwein


! Das ist im Moment nicht einzuhalten.<br />

Vielleicht müssen wir da noch das<br />

eine oder andere Jährchen dazugeben.<br />

Aber wenn schöne Sachen kommen – auf<br />

die ich mich freuen kann – dann werde<br />

ich die auch weiterhin machen. Vielleicht<br />

mit einem – wie soll ich sagen – jovialeren<br />

Rangehen an das Ganze. Mit einer<br />

Freude und der Hoffnung, dass diese<br />

Auftritte ein bisschen mehr ”<br />

en bloc“<br />

kommen, damit ich nicht immer so viel<br />

hin- und herreisen muss. Im Moment<br />

erlebe ich gerade wirklich das Gegenteil<br />

von dem, was ich jetzt sage – also heute<br />

Abend Berlin, morgen Mittag Dresden,<br />

am Abend Salzburg. Das geht jetzt noch<br />

die nächsten Monate so. Aber die kommenden<br />

Jahre sind schon mehr ”<br />

en bloc“<br />

geplant.<br />

Sie sollen mal gesagt haben,<br />

dass man von Donald Duck sehr viel<br />

für die Darstellung auf der Bühne<br />

lernen könne.<br />

! Wer Disney’s Comics von Donald<br />

Duck zu lesen und zu interpretieren<br />

versteht, der kann für sich selbst auf der<br />

Bühne sehr viel lernen. Sehen Sie sich<br />

mal an, wie in den Zeichnungen Staunen<br />

gezeigt wird, wie Wut, wie Traurigkeit.<br />

Mir geht es dabei so, dass ich diese gezeigten<br />

Emotionen beim Anschauen fast<br />

körperlich spüre. Bei Asterix & Obelix<br />

nicht. Da entstehen die Emotionen ja<br />

auch weniger durch die Mimik und<br />

Gestik als vielmehr durch den Text. Und<br />

durch die Action, die passiert. Auch Mickey<br />

Mouse ist mimisch unergiebig. Aber<br />

Donald Duck ist sehr ausdruckstark. Bei<br />

diesem Thema sollte man nicht vergessen:<br />

Wir Bühnenleute müssen natürlich<br />

ein bisschen mehr auftragen, damit es<br />

auch bis in die letzte Reihe trägt, was wir<br />

darstellen wollen.<br />

Kommen wir zu dem Organ,<br />

mit dem Sie arbeiten. Wie muss man<br />

sich die Unterschiede zwischen den<br />

Tonlagen stimmbandmäßig vorstellen<br />

Bei Streichinstrumenten<br />

ist eine lange Seite tiefer und eine<br />

kurze höher. Ist das bei Menschen<br />

genauso<br />

! Genauso. Ein Tenor hat<br />

kürzere Stimmbänder und ein<br />

Bassist hat längere Stimmbänder.<br />

Wobei man als Bassist auch eine<br />

gewisse Entspanntheit der Stimmbänder<br />

braucht. Mit Kraft kann<br />

man nämlich keinen tiefen Ton<br />

singen. Dazu müssen die Bänder<br />

locker sein.<br />

Können Tenöre mit<br />

Kraft ihre hohen Töne pushen<br />

! Ja, natürlich. Weil die<br />

Stimmbänder bei hohen Tönen ja<br />

auch schnell schwingen müssen.<br />

Das ist bei meinen hohen Tönen<br />

nicht anders.<br />

Was ist das Geheimnis<br />

Ihrer Stimme Sie sind<br />

über sechzig und haben einen<br />

Schalldruck, dass sich manch<br />

junger Bass davor in Sicherheit<br />

bringen muss.<br />

! Mein Geheimnis liegt<br />

darin, dass ich jede leichteste Veränderung<br />

an mir spüre, wo andere<br />

glauben, das muss jetzt einfach<br />

gehen. Und ich weiß sofort: aufpassen,<br />

reduzieren, Mund halten, die<br />

Stimme mehr nach vorne schieben<br />

und Resonanz in die Nebenhöhlen<br />

holen – weil man dann nicht so<br />

viel Druck braucht. Das ist aber<br />

natürlich nur übergangsweise einzusetzen,<br />

denn es ist schon etwas<br />

dünner im Ausdruck.<br />

Woher kommt dieses Wissen –<br />

aus dem Biologiestudium<br />

! Nein, es kommt aus dem Körpergefühl<br />

heraus – und natürlich aus der<br />

Erfahrung und dem Ausprobieren mit sich<br />

selbst. Eine ganz wichtige Sache. Wenn<br />

du nach den Lehrjahren dann irgendwann<br />

einmal selbst ein gestandener Sänger bist,<br />

gibt es immer wieder Veränderungen, die<br />

der Körper dir beibringt – weil man mit<br />

30 ganz anders beieinander ist als mit<br />

40 oder 50. Deshalb bist du ständig am<br />

Spüren und Probieren, um auf dem Leis-<br />

tungsniveau, das du einmal erreicht hast,<br />

zu bleiben. Oder es zu steigern.<br />

Die wirklich guten und großen<br />

Sänger, die auf der Bühne alles umsetzen<br />

können, die sich auch nicht scheuen, über<br />

die Grenzen hinauszugehen und manchmal<br />

in ein Schreien kommen müssen,<br />

ohne sich dabei weh zu tun, das sind diejenigen,<br />

die ein gutes Körpergefühl haben.<br />

Die genau wissen, was sie tun.<br />

Ich habe zum Beispiel unlängst<br />

an fünf Tagen viermal den Gurnemanz<br />

gesungen: Gründonnerstag in München,<br />

Karfreitag in Dresden, Ostersonntag in<br />

München, Ostermontag in Dresden...<br />

Da würde Donald jetzt ausrufen:<br />

”<br />

Schluck!“<br />

! Ja, und auch genau so schauen!<br />

Im Ernst, in den fünf Stunden des<br />

Parsifal“ ist man im zweiten Akt ja nicht<br />

”<br />

auf der Bühne. Das ist der Zeitraum, wo<br />

man sich wieder regenerieren muss. Da<br />

habe ich zwei Stunden Zeit. Dann esse ich<br />

richtig – zum Beispiel ein Schnitzel und<br />

trinke dazu auch schon mal eine Flasche<br />

Bier. Danach klinke ich mich aus, geh ein<br />

bisschen im Haus spazieren und dann<br />

fange ich wieder an, mich einzusingen. Es<br />

ist nicht leicht die Spannung über fünf<br />

Stunden zu halten – aber so gelingt es<br />

ganz gut.<br />

Natürlich kann ich in so einer<br />

Situation nicht nach der ersten Vorstellung<br />

mit den Kollegen stundenlang beim<br />

Italiener sitzen. Nein, da singt man die<br />

Vorstellung, geht nach Hause, trinkt sein<br />

Bier – oder auch zwei – macht sich einen<br />

Halsumschlag mit Öl und dann legt man<br />

sich nieder.<br />

Am nächsten Tag spricht man nix<br />

bis Mittag – auch kein Telefon. Telefonieren<br />

ist übrigens ganz schädlich für<br />

jeden Sänger, weil man dabei nicht die<br />

Resonanzposition einnimmt, sondern in<br />

normaler Haltung“ telefoniert – also mit<br />

”<br />

eingeknicktem Hals. Da wird der Hals<br />

meist extrem trocken.<br />

Und morgens gibt es grundsätzlich<br />

bei mir nie ein Wort vor der ersten Tasse<br />

Kaffee. Bei mir herrscht morgens Stille.<br />

Meine Frau weiß, dass das wegen der<br />

Stimme ist – nicht wegen der Stimmung!<br />

Habe ich eben richtig gehört:<br />

Sie trinken gerne Bier<br />

! Na, Bier ist eine Lauge. Außerdem<br />

hat Bier alle Mineralstoffe, es schmeckt gut<br />

und es tut einem Sänger gut. Wein dagegen<br />

ist eine Säure. Sie zerstört die Schleimschicht<br />

am Stimmband. Und die Tannine<br />

im Bordeaux machen das Ganze noch viel<br />

aggressiver. Deswegen ist Bier ein Sängergetränk!<br />

Haben Sie einen Lieblingswitz<br />

zum Thema Oper<br />

! Moishe trifft den Blau.<br />

Sagt der Moishe: No, ich hab gehört, du<br />

”<br />

warst gestern in der Oper“<br />

Sagt der Blau: Jo!“ ”<br />

Fragt der Moishe. Und, was haste gesehen“<br />

”<br />

Sagt der Blau: Ich hab gesehen, wie der<br />

”<br />

Silbernagel ist gesessen mit a Schickse in<br />

der Loge!“<br />

” Neein“, sagt der Moishe, was haste<br />

”<br />

gehört“<br />

Hab ich gehört, der Shloime is gegangen<br />

”<br />

in Konkurs!“<br />

Nein, in was biste gewesen“<br />

”<br />

No, ich bin in am Frack gewesen!“<br />

”<br />

Naaa, was hat man gegeben“<br />

”<br />

Hab ich gegeben finf Euro!“<br />

”<br />

Nein! Was für Musik haste gehört“<br />

”<br />

Ah so! Tristan und Isolde!“<br />

”<br />

Und wie war’s“<br />

”<br />

Na ja... Man lacht!“<br />

”<br />

<br />

•<br />

Der Mega Bass Kurt Rydl<br />

von Oliver Spiecker, Mathias Bothor<br />

Christian Brandstätter Verlag, Wien<br />

N5 Nachmann Rechtsanwälte sind Sponsoren der<br />

Bayerischen Staatsoper und verehren Kurt Rydl als<br />

einen großen Wagner-Interpreten.


philosophy<br />

Seite 18<br />

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Peter Kindler<br />

über das europäische Insolvenzrecht<br />

insolvent<br />

in<br />

europa<br />

Prof. Dr. Peter Kindler ist nach mehr<br />

als zehn Jahren an der Ruhr-Universität<br />

Bochum dem Ruf an die Universität<br />

Augsburg gefolgt und hat dort seit<br />

dem Frühjahr 2007 den Lehrstuhl für<br />

Bürgerliches Recht, Wirtschafts- und<br />

Gesellschaftsrecht, Internationales<br />

Privatrecht und Rechtsvergleichung<br />

inne. Kindler ist außerdem Generalsekretär<br />

der ”<br />

Vereinigung für den Gedankenaustausch<br />

zwischen deutschen<br />

und italienischen Juristen“.<br />

Herr Professor Kindler, Sie<br />

geben zusammen mit Herrn Nachmann<br />

ein Buch zum Insolvenzrecht in Europa<br />

heraus. Ist das Thema ”<br />

Insolvenz“<br />

eigentlich ein altes Thema oder entwickelt<br />

sich das erst seit jüngerer Zeit<br />

! Eine Art Konkursverfahren<br />

kannten bereits die alten Römer mit der<br />

Einweisung in die Güter des Schuldners<br />

(missio in bona). Die Ursprünge unseres<br />

modernen Insolvenzrechts gehen zurück<br />

auf das 14./15. Jahrhundert, auf die oberitalienischen<br />

Handelsstädte, in denen ja auch<br />

die wesentlichen Elemente des gegenwärtigen<br />

Bankenwesens ”<br />

erfunden“ wurden.<br />

Der Ausdruck ”<br />

la banca rotta“ bezeichnet<br />

ursprünglich den Handelstisch, an dem der<br />

Kaufmann saß – auch der Geldwechsler –<br />

und den man ihm zerschlagen hat, wenn er<br />

zahlungsunfähig war. Bei uns in Deutschland<br />

haben wir das Thema kurz nach der<br />

Reichsgründung mit der Reichs-Konkursordnung<br />

vom 10.2.1877 in eine rechtliche<br />

Form gegossen, die bis 1998 in Kraft war<br />

und damit ziemlich lange gehalten hat.<br />

Und was hat sich seit 1999<br />

geändert<br />

! Seit 1999 ist die Konkursordnung<br />

Vergangenheit und die Insolvenzordnung<br />

in Kraft. Es gibt ein paar signifikante Unterschiede.<br />

Der wichtigste ist, dass dieses<br />

Verfahren nicht mehr zwingend darauf<br />

gerichtet ist, das Schuldnervermögen zu<br />

verwerten. Sondern es gibt einen zweiten<br />

Verfahrenszweck, der positiv formuliert<br />

ist, nämlich die Sanierung von Unternehmen<br />

im Rahmen eines sogenannten<br />

Insolvenzplans“. Stellen Sie sich das<br />

”<br />

bildlich wie ein Y vor: Sie fahren erst<br />

mal geradeaus und kommen dann nach<br />

einiger Zeit an die Weichenstellung, bei<br />

der zu entscheiden ist, ob man das Unternehmen<br />

zerschlagen oder sanieren will.<br />

Diese Weichenstellung erfolgt also nicht<br />

gleich zu Beginn des Verfahrens, damit<br />

man sich als Insolvenzverwalter in der<br />

ersten Einarbeitungsphase – in der man<br />

die Bücher prüft und einen Einblick in<br />

die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage<br />

des Unternehmens nimmt – darüber klar<br />

werden kann, wohin die Reise geht.<br />

Illustration: Tina Berning


Der zweite wichtige Unterschied ist<br />

die sogenannte ”<br />

Verbraucherinsolvenz“ –<br />

also die Möglichkeit für Privatpersonen ein<br />

Insolvenzverfahren in Anspruch zu nehmen<br />

– mit der Aussicht auf eine Restschuldbefreiung.<br />

Das bedeutet, dass man einen Teil<br />

seiner Restschulden los wird, wenn man<br />

sich an einen Zahlungsplan hält. Das ist aus<br />

sozialstaatlichen Überlegungen ins Gesetz<br />

gekommen und neu.<br />

So, und wie unterscheidet sich<br />

das jetzt in den verschiedenen Ländern<br />

Zum Beispiel das ”<br />

Ur“-Insolvenzrecht,<br />

also das der Italiener, von unserem<br />

! Nun, das heutige italienische<br />

Insolvenzrecht ist sehr ähnlich zu unserem.<br />

Es gibt allerdings im juristischen<br />

Alltag beträchtliche Abweichungen, weil die<br />

italienische Justiz langsamer arbeitet als die<br />

deutsche.<br />

Wie sieht es bei den Angelsachsen<br />

aus<br />

! Dazu muss man wissen, dass<br />

England ja ein Land ist, das dem Common<br />

law folgt, weshalb Rechtsstreitigkeiten dort<br />

grundsätzlich an Hand von bereits ergangenen<br />

Gerichtsentscheidungen entschieden<br />

werden. Das kann bis ins 17. Jahrhundert<br />

hineinreichen. Dies ist für uns eine ganz<br />

schwer verständliche Vorgehensweise, weil<br />

wir hier in Deutschland nach Gesetzen – also<br />

mehr oder minder prinzipiell Vorgegebenem,<br />

Gesetztem“ – vorgehen, die eine bestimmte<br />

”<br />

Materie systematisch regeln. Und deshalb<br />

tun wir uns natürlich leichter, wenn wir im<br />

Ausland auch Gesetze vorfinden. In den letzten<br />

Jahren haben die Engländer aus diesem<br />

Grund ihre Tradition gebrochen und ihr<br />

Insolvenzrecht auch für Kapitalgesellschaften<br />

einheitlich geregelt, und zwar im Insolvency<br />

Act 1986. Der Trend weg vom Fallrecht und<br />

hin zum Gesetzesrecht hat übrigens etwas<br />

mit der EU zu tun, weil die Engländer immer<br />

häufiger Richtlinien der EU umsetzen müssen.<br />

Und das geht natürlich leichter, wenn<br />

man ein Gesetz hat, das man den europäischen<br />

Richtlinien anpassen kann.<br />

Durch diese neue Regelung können<br />

wir jetzt in England in Fragen des Insolvenzrechts<br />

einfacher die Rechtslage ermitteln, als<br />

wenn wir in Datenbanken nach Entscheidungen<br />

des House of Lords der letzten drei<br />

bis vier Jahrhunderte suchen müssten.<br />

Ist die Entwicklung in England<br />

ein Zeichen dafür, dass sich das Insolvenzrecht<br />

innerhalb der EU allmählich<br />

angleicht<br />

! Eine Angleichung ist leider weit<br />

und breit nicht in Sicht. Allerdings muss<br />

man wissen, dass im Insolvenzrecht ja zwei<br />

prinzipiell unterschiedliche Ebenen vorhanden<br />

sind: Die eine Ebene ist die Zuständigkeit<br />

für bestimmte Insolvenzverfahren. Dazu<br />

gibt es schon eine Verordnung der EU. Aber<br />

wenn diese Frage geklärt ist, dann landet<br />

man auf der zweiten Ebene, in einer der<br />

nationalen Insolvenzgesetzgebungen und<br />

dort macht jeder Mitgliedstaat im Prinzip,<br />

was er will.<br />

Buch.<br />

Und damit sind wir bei Ihrem<br />

! Richtig. Die Annahme, dass es in<br />

anderen EU-Ländern bei Insolvenzfällen genauso<br />

zugeht wie bei uns, wäre nämlich eine<br />

gefährliche Grundeinstellung. Man muss<br />

sich gerade im Insolvenzrecht sehr genau<br />

anschauen, wie die ausländische Rechtslage<br />

ist, damit man bei internationalen Geschäften<br />

im Insolvenzfall zu seinem Geld kommt.<br />

Ein Beispiel: Es gibt in allen Insolvenzrechtsordnungen<br />

die sogenannte<br />

Anfechtung“. Nehmen wir an, der Schuldner<br />

geht kurz vor der Insolvenz hin und<br />

”<br />

verschiebt Vermögen – an die Ehefrau oder<br />

andere ihm nahestehende Personen. Dadurch<br />

schmälert er sein Vermögen, so dass<br />

die Gläubiger weniger Chancen haben, ihre<br />

Forderungen durchsetzen zu können. Der<br />

Insolvenzverwalter prüft nun anhand der<br />

Gesetze, ob er diese verschobenen Vermögenswerte<br />

wieder zurückholen kann. Zum<br />

Beispiel ob er dem oben erwähnten Dritten<br />

die verschobenen Werte wieder abnehmen<br />

kann, um sie den Gläubigern zugutekommen<br />

zu lassen. Diese Insolvenzanfechtung<br />

ist nun ganz verschieden ausgestaltet in den<br />

einzelnen Ländern. In einigen Ländern gibt<br />

es sehr lange Fristen, was den Insolvenzverwalter<br />

freut, weil er weit in die Vergangenheit<br />

zurückgehen kann, um solche Vermögensverschiebungen<br />

rückgängig zu machen.<br />

Andere Länder haben kurze Fristen, die<br />

wiederum günstiger für den Schuldner<br />

und dessen Interessen sind, seine Vermögenswerte<br />

vor dem Zugriff der Gläubiger in<br />

Sicherheit zu bringen.<br />

In Deutschland zum Beispiel ist die<br />

Frist bei einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung<br />

zehn Jahre lang, in Italien nur<br />

fünf. Aber mehr finden Sie dazu natürlich in<br />

unserem Buch.<br />

Auf dem Buch stehen ja zwei<br />

Namen, nämlich Ihrer und der von<br />

Josef Nachmann. War die Idee zu dem<br />

Buch der Wunsch, Forschung und<br />

Praxis zusammen zu Wort kommen zu<br />

lassen Und wenn ja, wer hat da eigentlich<br />

was gemacht<br />

! Das war eine sehr schöne, reibungslose<br />

und effiziente Zusammenarbeit.<br />

Wie Sie sich vorstellen können, braucht<br />

man für ein Kompendium des Insolvenzrechts<br />

in zwölf Staaten eine ganze Reihe von<br />

Experten. Die zu finden, zu motivieren und<br />

ihre Texte in eine Struktur zu bringen, die<br />

es dem Leser möglichst einfach macht, die<br />

Länder miteinander zu vergleichen und sich<br />

in den Unterschieden zurechtzufinden, das<br />

war nicht einfach. Sie können sich außerdem<br />

sicherlich vorstellen, dass Professoren<br />

und gestandene Anwälte nur ungern Änderungen<br />

an ihren einmal fertig gestellten<br />

Texten vornehmen, es aber tun müssen,<br />

wenn sie sich zum Beispiel zu kompliziert<br />

ausgedrückt haben. Ein weiterer Punkt ist,<br />

sie immer wieder an die Abgabefristen zu<br />

erinnern. Die Herausgebertätigkeit erfordert<br />

dabei sehr viel Diplomatie und Fingerspitzengefühl,<br />

weshalb hier Dr. Alexander<br />

Fridgen von Nachmann Rechtsanwälte<br />

erwähnt werden muss, der unter anderem<br />

in diesem Punkt eine glänzende Arbeit<br />

geleistet hat.<br />

Ich habe bei der Arbeit an diesem<br />

Buch gemerkt, dass ich es mit Anwälten zu<br />

tun habe, also mit Praktikern, die meistens<br />

zielgerichteter arbeiten, als es bei Universitätsleuten<br />

– mich natürlich ausgenommen (lacht)<br />

– der Fall ist. Und so haben wir bei dieser<br />

internationalen Gemeinschaftsarbeit mit<br />

einem guten Dutzend Autoren das Buch in der<br />

Rekordzeit von einem Jahr fertiggestellt.<br />

Was sind das für Autoren –<br />

außer Ihnen und Josef Nachmann<br />

! Es sind alles Personen, die in der<br />

Praxis der Insolvenzverwaltung in den<br />

jeweiligen Ländern stehen, die aber neben<br />

diesem ihrem Alltagsgeschäft die Lust und<br />

die intellektuelle Kapazität haben, dieses<br />

Thema auch wissenschaftlich zu reflektieren<br />

und so darzustellen, dass es von<br />

praktischem Nutzen für Leser aus anderen<br />

Ländern ist.<br />

Und warum soll man das Buch<br />

kaufen<br />

! Dafür gibt es viele Gründe: Sie<br />

erfahren auf Deutsch eine praxisgerechte<br />

Darstellung des Insolvenzrechts aus den<br />

zwölf wichtigsten europäischen Staaten<br />

– inklusive Russland – und können sich<br />

dadurch bereits bei anstehenden Vertragsgestaltungen<br />

im internationalen Geschäft<br />

adäquat für den Ernstfall absichern. Sie<br />

können neben diesen vorbeugenden Sicherungen<br />

aber auch für den Insolvenzfall<br />

ihres Wirtschaftspartners erste Informationen<br />

nachschlagen, was zu tun ist, damit<br />

Sie zu ihrem Geld kommen. Außerdem<br />

gibt Ihnen ein ausführliches Insolvenzrechtsglossar<br />

in den zwölf Sprachen der<br />

behandelten Ländern die notwendigen<br />

Begriffe an die Hand, um sich vor Ort<br />

inhaltlich zurechtzufinden. Und – last but<br />

not least – sind Sie auf dem aktuellsten<br />

Stand der Informationen zum Insolvenzrecht<br />

in Europa. Und all das mit einem<br />

Buch, das so in dieser Form inhaltlich und<br />

konzeptionell völlig neu ist. Es gibt also<br />

eine ganze Reihe guter Gründe, zu diesem<br />

Buch zu greifen.<br />

<br />

In diesem Handbuch erfahren Sie auf Deutsch<br />

eine praxisgerechte Darstellung des Insolvenzrechts<br />

aus den zwölf wichtigsten europäischen Staaten – inklusive<br />

Russland – und können sich dadurch bereits<br />

bei anstehenden Vertragsgestaltungen im internationalen<br />

Geschäft adäquat für den Ernstfall absichern.<br />

N5 Nachmann Rechtsanwälte arbeiten in ständiger<br />

Kooperation mit Prof. Dr. Kindler von der Universität<br />

Augsburg.<br />


MY<br />

munich<br />

Seite 22<br />

Für unseren Autor Andreas Lukoschik<br />

nahm er sich Zeit für ein ausführliches<br />

Gespräch über die Weisheit des Bauches,<br />

die Notwendigkeit von körperlicher Fitness<br />

und die Würze der Gewürze.<br />

Alfons<br />

Schuhbeck<br />

ein<br />

GroSSer<br />

am Topf,<br />

ein Junger<br />

im Kopf!<br />

Herr Schuhbeck, Sie sind gerade<br />

60 geworden und haben in Ihrem Leben<br />

vieles erreicht. Sind Sie jemand, der<br />

zurückschaut<br />

! Das Leben hat mich ja nicht nur<br />

hochgeschmissen, sondern auch runtergedroschen.<br />

Da hat man andere Trainingseinheiten<br />

drin. Wenn die Leiter eines Lebens so verläuft<br />

wie bei mir, dann ist 60 der Zeitpunkt, wo ich<br />

noch mal aufwärts gehe. Ich hoffe, dass ich erst<br />

sehr spät an den Zenith komme, weil wenn man<br />

oben ist, heißt das, dass man wieder nach unten<br />

gehen muss. Es gibt einen Spruch: ”<br />

Grüße die<br />

Menschen auf dem Weg nach oben, dann kennen<br />

sie dich wieder beim Runtergehen!“ Deswegen ist<br />

mit dem Lift nach oben fahren schlechter, weil<br />

du die Leute beim Runtergehen nicht kennst.<br />

Und mancher reicht dir dann ja doch manchmal<br />

auch die geistige Hand und sagt ”<br />

Ich weiß was<br />

für dich!“<br />

Haben Sie ein Rezept, wie man mit<br />

schwierigen Problemen umgehen soll<br />

! Die meisten Leute machen den Fehler,<br />

dass sie was Negatives in sich gären lassen. Dabei<br />

können sie es nicht lösen. Denn dabei schieben<br />

sie es vor sich her, statt dass sie bereit wären, die<br />

Dinge anzupacken.<br />

Ich mach es allweil so: Alles, was negativ<br />

ist, geh ich zwischen acht und zwölf an, weil ich<br />

da die meiste Energie hab. Da bist am Tag am mutigsten.<br />

Und dann nimmst das Problem, stellst es<br />

daher und sagst: ”<br />

So, wie lös ich das jetzt“ Dann<br />

telefonierst und tust und machst. Und wenn du<br />

dann nur einen Millimeter nach vorne gehst,<br />

dann hast du ja schon was Positives erreicht. Und<br />

dann wird das, was zuerst nicht lösbar ausschaut,<br />

plötzlich lösbarer. Dann musst du dranbleiben.<br />

Und wenn dir das gelungen ist, dann<br />

wirst du andere Dinge auch anders angehen!<br />

Es ist aber auch nicht immer gut, wenn<br />

man nur nach vorne marschiert. Dinge müssen<br />

auch reifen, müssen überlegt sein, das ist völlig<br />

klar. Schwierigere Dinge löst du nicht in einem<br />

Atemzug, sondern versuchst, sie in dir wirken zu<br />

lassen und dann eine Entscheidung mit dir zu<br />

treffen: Mach ich es oder mach ich es nicht Die<br />

Bauchentscheidung ist zu 99 Prozent immer die<br />

bessere. Und die, die im Hirnkastel stattfindet, die<br />

immer nur um die Kohle geht, die ist am Anfang<br />

sehr verlockend, aber letztendlich hast du danach<br />

geistiges Sodbrennen.<br />

Illustration: Tina Berning


aus<br />

Was macht einen guten Koch<br />

! Erstmal die Fähigkeit zu schmecken.<br />

Klar. Aber es ist mehr, nämlich seinen Geschmack<br />

zu entwickeln. Wenn dir eine Sauce<br />

zum Beispiel unglaublich geschmeckt hat,<br />

dann hast du sie in deinem Gehirn abgespeichert.<br />

Und wenn du zehn Jahre später die<br />

gleiche Sauce ganz woanders noch mal isst,<br />

dann kennst du diesen Geschmack. Ich sag<br />

immer zu meinen Köchen: ”<br />

Was habt’s ihr an<br />

eurem freien Tag gemacht Ward’s ihr beim<br />

Essen“ Dann hör ich oft. ”<br />

Wieso, Chef, beim<br />

Essen Wir kochen doch eh den ganzen Tag!“<br />

Dann sag ich: ”<br />

Das ist der Unterschied<br />

zwischen euch und mir. Wenn ich frei<br />

gehabt habe, bin ich 500 km gefahren, um<br />

zu sehen, was ein anderer anders macht.“<br />

Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Die<br />

sind alle unglaublich fleißig. Das ist nicht die<br />

Frage, wohl aber, ob sie jemals dorthin kommen,<br />

wo sie hinwollen. Nur weil sie in einem<br />

Restaurant arbeiten, dass einen Stern hat,<br />

heißt das nicht, dass sie automatisch auch<br />

einen bekommen.<br />

Sie können sich Geschmäcker<br />

richtig merken und analysieren<br />

! Ja, du musst es halt zulassen. Ich war<br />

mal bei einer Weinprobe dabei. Da haben die<br />

großen Weinfexe sechs verschiedene große<br />

Rotweine analysiert. Ich hab die Weine mit<br />

der Nase eines Kochs gerochen. Das geht nur<br />

zwanzig Sekunden, dann riechst einfach nix<br />

mehr, weil die Nase taub ist. Ich halte also<br />

meine Nase in die Gläser und nehme einen<br />

ersten Schluck, dann gleich das nächste Glas<br />

und den dritten und denk mir, Kruzifix, das<br />

schmeckt ja alles gleich! Dann hab ich den<br />

fünften probiert. Denk mir, jetzt nimm mal<br />

ein Schluck Wasser zwischendurch. Wieder<br />

probiert. Nix. Alles dasselbe.<br />

Dann habens alle gefragt. Man musste<br />

aufstehen – das ist wirklich wahr – und sollte<br />

sagen, was man geschmeckt hat. Da war die<br />

ganze Weltelite anwesend: Michael Broadbent,<br />

Hardy Rodenstock und alle. Also sage<br />

ich: ”<br />

Für mich schmeckt alles gleich!“ Alle<br />

haben gelacht. Ich setz mich wieder hin und<br />

denk, ich wär der reinste Trottel. Hab mir ein<br />

Weißbier bestellt und wollte nie mehr zu so<br />

einer depperten Weinprobe hin.<br />

Alle haben großartige Monologe gehalten:<br />

”<br />

Ich schmecke Pferdeschweiß. Und Teer.<br />

Und ein bisserl Hühnerniere und Nelke, und<br />

da hinten kommt so etwas wie altes Holz!“ Und<br />

ich hab mich wahnsinnig geschämt.<br />

Dann kam die Lösung: Es war der<br />

gleiche Wein in unterschiedlichen Flaschengrößen!<br />

Das meine ich mit ”<br />

Kochnase“. Und dann<br />

war ich akzeptiert bei denen.<br />

Haben Sie auch eine Meinung<br />

dazu, was ein guter Anwalt können muss<br />

! Klar, so wie der Nachmann Josef sein.<br />

Ich bin bei ihm schon seit Jahren Kunde. Und<br />

seitdem ist er immer für mich da. Und wenn<br />

ich ihn in dieser ganzen Zeit nicht gehabt hätte,<br />

wüsste ich nicht, wo ich jetzt wäre. Er setzt sich<br />

wirklich unglaublich für seine Klienten ein.<br />

Ich habe ihm sehr viel zu verdanken und das<br />

rechne ich ihm mein Leben lang hoch an.<br />

Sie sind für 120 Angestellte in<br />

ihrem Unternehmen als Chef verantwortlich.<br />

Wie machen Sie das<br />

! Wenn ich einen Betrieb führe, in dem<br />

zu viele Luschen drin sind, dann muss ich auch<br />

bereit sein, mich von den Leuten zu trennen,<br />

die dem Betrieb eine negative Aura geben. Das<br />

ist eigentlich die ganze Kunst: Menschen um<br />

dich zu haben, die eine gute Aura haben.<br />

Wie erkennen Sie die<br />

! Ich habe an und für sich ein Talent,<br />

mit dem ich die Richtigen erkenne, aber ich<br />

gehe nicht immer nach dem Talent, weil ich<br />

mir sage: ”<br />

Du kannst nicht einfach sagen, das<br />

ist ein Depp. Den kennst du doch gar nicht.“<br />

Wir haben in unserer seelischen Genetik einen<br />

Code drin, der im Bruchteil einer Sekunde<br />

signalisiert, ob du langfristig mit dem kannst<br />

oder nicht. Bei den meisten Menschen ist der<br />

verrostet. Die gehen nach Zahlen. Ich bin einer,<br />

der auf sein erstes Gespür hört. Und wenn ich<br />

da nix hör, dann lass ich das mit dem Menschen.<br />

Die Arbeit in der Küche ist ja eigentlich<br />

ein echter Horror: Es ist schwer.<br />

Es ist laut. Es ist eng. Es ist heiß. Es muss<br />

schnell gehen. Es muss immer maximale<br />

Leistung gebracht werden. Und all das,<br />

wenn die anderen Menschen Freizeit<br />

haben. Wie militärisch geht es eigentlich<br />

in der Küche zu<br />

! Also, es ist so: Da steht ein Teller am<br />

Pass – also da wo der Kellner den Teller mit<br />

dem fertigen Gericht abholt – auf dem vier Köche<br />

dieses Gericht anrichten müssen: der eine<br />

hat den Fisch, der andere hat das Gemüse, der<br />

Dritte hat den Reis und der Vierte hat die Sauce.<br />

Und jetzt heißt es: ”<br />

Tisch sieben anrichten!“<br />

Tisch sieben hat aber fünf Gäste – und damit<br />

fünf verschiedene Gerichte. Und wenn jetzt<br />

einer der vier Köche für das eine Gericht nicht<br />

auf den Punkt fertig ist – zum Beispiel mit seiner<br />

Beilage – kann Tisch sieben nicht serviert<br />

werden – und die fertigen Gerichte beginnen<br />

auszukühlen. Die Arbeit der anderen Köche<br />

könnte deshalb also in ihrem Geschmack nachlassen.<br />

Und damit das nicht passiert, ist der<br />

Ton in der Küche ein bisserl schärfer und nicht<br />

so, als ob einer den anderen den ganzen Tag<br />

abbusselt. Aber dieser Ton hat überhaupt nichts<br />

Nachtragendes. Ich möchte das auch mal ganz<br />

anders ausdrücken: In dieser Ebene arbeiten<br />

wahnsinnig fleißige Leute, die eine gute Konstitution<br />

haben müssen. Das kann man nur, wenn<br />

man mit Liebe und Freude kocht. Aber wer das<br />

kann, der kann es auch in jedem anderen Beruf<br />

zu etwas bringen, zu dem er Talent hat. Hut ab<br />

vor diesen Leuten! Wirklich wahr.<br />

Wenn man das Fernsehen<br />

einschaltet, hat man im Moment den<br />

Eindruck, dass Kochsendungen wichtiger<br />

sind als die Tagesschau. Wie beurteilen<br />

Sie diesen Trend<br />

! Der Koch ist ein Beruf, der über Hunderte<br />

von Jahren versteckt wurde. Der erste, der<br />

das in Deutschland anders gemacht hatte, war<br />

der Alfred Walterspiel, der das Vier Jahreszeiten<br />

nach dem ersten Weltkrieg zum Flaggschiff der<br />

deutschen Gastronomie gemacht hat. Heute hat<br />

sich das geändert. Nicht unbedingt zum Vorteil,<br />

weil die Köche stark parfümiert nach oben<br />

kommen. Auch zu schnell für meine Begriffe.<br />

Das handwerklich Solide, das Bodenständige<br />

fehlt mir bei vielen ein bisserl. Und deswegen<br />

glaube ich, dass es auch wieder ein bisschen<br />

abspeckt und sich normalisiert. Das Essen<br />

hat ja eine ganz normale Funktion – wie bei<br />

den Franzosen, Griechen und Italienern. Die<br />

machen ja auch nicht so einen Wirbel darum<br />

wie wir momentan. Deshalb werden sich die,<br />

die wirklich gut sind, bald wieder deutlicher abheben.<br />

Jetzt ist ja jeder in der Zeitung – dreimal<br />

am Tag.<br />

Ich finde, dass Kochen und Essen zum<br />

Leben gehört. Aber es kann nicht die Priorität<br />

sein, dass es ganz oben ansteht. Es wäre viel<br />

besser, wenn die Leute, die viel essen und<br />

kochen, ein bisserl besser auf ihre Gesundheit<br />

achten. Also mit dem, was sie essen, ihrem<br />

Körper etwas Gutes tun, anstatt irgendwas<br />

zu essen, um nachher sagen zu können, ich<br />

hab einen Hummer gegessen. Gut, das muss<br />

man auch mal gehabt haben, aber ich finde<br />

die jahreszeitliche Küche viel spannender –<br />

ob es der Bärlauch ist, der Spargel, oder was<br />

auch immer. Da zur richtigen Zeit ein Produkt<br />

möglichst frisch auf den Tisch bringen, das ist<br />

nicht nur für die Entgiftung des Körpers und<br />

das Immunsystem gut, sondern auch für den<br />

Geschmack. Grillen ist genauso lustig wie einen<br />

Eintopf essen. Und zu Weihnachten ein paar<br />

Plätzchen essen ist immer besser als an einer<br />

Bohnenstange rumzunagen, um abzunehmen.<br />

Diese Abnehmer sind ja die, die hochhysterisch<br />

in 14 Tagen das verlieren wollen, was sie sich<br />

vorher angefressen haben. Das geht halt nicht.<br />

Dazu ist der Körper nicht bereit, es so schnell<br />

wieder wegzugeben.<br />

Sind die vielfältigen Möglichkeiten<br />

des Kochens der Grund für die<br />

vielschichtigen Auftritte des Alfons<br />

Schuhbeck Also Restaurant, Kochschule,<br />

Gewürzläden, Weinbistro, Schokoladen-<br />

Laden, Eisdiele und vieles mehr<br />

! Als ich vor fünf Jahren nach München<br />

gegangen bin, habe ich mir gesagt: Hier machst<br />

du nur ein Restaurant auf – nicht wie in Waging<br />

zwei.<br />

Und dann ging in der Nachbarschaft<br />

der Besitzer von dem Lederjackengeschäft weg.<br />

Und da bin ich hier auf dem Platzl gestanden<br />

und hab mir denkt: Ja, Kruzifünferl, da gibt’s<br />

kein Eisgeschäft. Tausende von Münchnern,<br />

aber kein Eis. Das kann’s doch net sein. Das<br />

war aber für mich kein Riesenthema, weil ich<br />

ja kein Eismacher bin. Und dann hab ich mir<br />

gedacht, da rufst mal den Präsidenten der italienischen<br />

Eismeister an und fragst, ob der dir<br />

helfen könnte. Und da war der Munaretto, der<br />

jetzt auch schon 70 ist, so nett und hat gesagt:<br />

Ich seh dich allweil im Fernsehen, dir helf ich!<br />


Aber ich sag dir eins: Du musst es genauso<br />

machen wie ich vor 50 Jahren. Als Zutaten nur<br />

Sahne, Milch und Fruchtpüree. Wenn du Pulver<br />

hernimmst, dann sag ich dir nix mehr!“ Das<br />

war mir recht. Ich wollte ja nur ein gescheites<br />

Eis haben. Und so hab ich das mit dem Eis<br />

angefangen. Manchmal ruf ich ihn heut noch an<br />

und frag ihn: ”<br />

Ich weiß nicht mehr weiter, jetzt<br />

ist es zu süß. Was gibst du da rein“ Dann sagt<br />

der mir, wie ich das anders reinrühren muss,<br />

und das klappt. Eismacher ist ein richtiger Beruf<br />

in Italien. Das lernst du da unten über drei Jahre.<br />

Ich war mal da und hab mir das angeschaut. Da<br />

legst di nieder!<br />

Und wie sind Sie auf die Gewürze<br />

gekommen<br />

! Genauso: Dann ist da nämlich der<br />

Bilderrahmenladen frei geworden und da hab<br />

ich mir denkt, da würde ich jetzt gerne einen<br />

Gewürzladen aufmachen. Ich hab schon immer<br />

drauf gesponnen, aber ich wusste nie so richtig<br />

wie ein Gewürzladen ausschaut. Da bin ich dann<br />

nach New York geflogen, in die Grand Central<br />

Station hinein, weil ich gehört hatte, da ist ein<br />

Gewürzladen. Dabei waren da nur drei Tische<br />

zusammen geschoben und ein paar Gewürze<br />

drauf. Da hab ich erstmal auf gut bairisch<br />

geflucht und hab mir dann eins der Hefterl, die<br />

da auslagen, mitgenommen und darin gesehen,<br />

wie die ihre Gewürze im Internet versenden.<br />

Das ist halt Amerika. Super! Aber ich bin dann<br />

trotzdem von da gleich nach Paris und hab mich<br />

da mal ungeschaut bei Fauchon und weiß der<br />

Teufel, wo noch alles. Aber so einen richtigen<br />

Gewürzladen, wie ich ihn mir vorgestellt habe,<br />

habe ich nicht gefunden. Also habe ich mir<br />

selber einen gebaut. Einen Laden, wo der Kunde<br />

reingeht, die Gewürze riechen und sehen kann,<br />

sie selber abfüllen kann und dann – wenn er<br />

sich entschieden hat – mehr nehmen kann.<br />

Dazu braucht er eine Dose, wo das Gewürz vor<br />

dem Licht geschützt ist und nicht ausbleicht<br />

und wo in der Dose noch einmal ein Aromadeckel<br />

drin ist, damit diese wertvolle Ware<br />

Gewürz nicht kaputtgeht. Und so hab ich mir<br />

dann in China solche Dosen machen lassen.<br />

Aber dann kam die Frage: Wer kann meine<br />

Mischungen herstellen Da hab ich eine kleine<br />

Firma in Abtswinden gefunden. Aber ich hatte ja<br />

keine Ahnung, wie viele ich brauchte. Aber der<br />

Besitzer war bereit, das mit mir im Kleinen zu<br />

starten. Am ersten Tag haben wir eine Dose Curry<br />

verkauft. Eine Dose. Ein Umsatz von 6,80<br />

EUR. Sonst nix. Das hat dann erst so langsam<br />

angefangen. Und ist immer weiter gewachsen.<br />

Ich hab dann einen Arzt eingestellt, der nichts<br />

anderes macht, als wissenschaftliche Arbeiten<br />

für mich zu suchen, was Gewürze können. Mittlerweile<br />

habe ich auch noch eine Ökotrophologin<br />

eingestellt, die sich genauso um Gemüse und<br />

Obst und Vitamine kümmert.<br />

Das Ganze hat mir eine Tür geöffnet,<br />

das Kochen anders zu sehen. Nicht nur,<br />

dass es super schmeckt, sondern dass der<br />

Kochende sieht, was man tun muss, damit es<br />

auch gesund ist.<br />

Bei meiner Mutter hat es zum Beispiel<br />

zum Schweinsbraten immer einen Rote-Bete-<br />

Salat oder einen Selleriesalat gegeben. Ich fand<br />

das damals ziemlich langweilig. Aber jetzt weiß<br />

ich, dass beide Salate einen Faserstoff haben, der<br />

im Darm aufgeht wie ein Schwamm. Und alles,<br />

was zu fett ist, nimmt der sofort mit. Das wird<br />

dann nicht verstoffwechselt. Deswegen fühlst<br />

dich danach wohl, auch wenn du so schwere<br />

Dinge isst.<br />

Das wussten die Bauern schon seit<br />

Hunderten von Jahren. Die alten Griechen<br />

haben zum Beispiel den Studenten Rosmarin<br />

ins Haar geflochten, um sich Erlerntes für<br />

Prüfungen besser merken zu können. Und<br />

wenn jemand gestorben ist, hat man ein dickes<br />

Büschel Rosmarin ins Grab geworfen, damit<br />

man sich erinnern kann. Heute weiß man, dass<br />

der Rosmarin einen Stoff hat, die Carnosolsäure,<br />

die tatsächlich bewirkt, sich Erlerntes besser<br />

merken zu können.<br />

Und die alten Römer haben den Leuten<br />

Safran gegeben – gegen grauen Star. Denn<br />

Safran hat zwei wichtige Eigenschaften: das eine<br />

ist das Crocin, das hilft, defekte Nervenzellen<br />

wieder zu regenerieren, und das andere ist das<br />

Lutein in Verbindung mit Zeaxanthin, das der<br />

Netzhaut hilft, die Wirkung des UV-Lichtes<br />

abzufedern – was beim grauen Star sehr gut ist –<br />

und für die Physiologie des Sehens sehr wichtig<br />

ist. Das wussten schon die Römer vor 2000 Jahren.<br />

Und heute entdeckt die Wissenschaft es erst<br />

wieder neu. So schnell geht Wissen verloren.<br />

Gewürze sind schon Ihr Lieblingsthema.<br />

Oder<br />

! Sagen wir mal so: Wenn du vierzig<br />

Jahre kochst, dann sollte Kochen nicht<br />

zum Alltag werden, sondern jeden Tag eine


Entdeckungsreise werden. Früher habe<br />

ich immer geglaubt, ich verstehe was von<br />

Gewürzen, aber wusste eigentlich nix.<br />

Heute verstehe ich was von Gewürzen, aber<br />

jetzt denke ich, ich verstehe überhaupt nix<br />

mehr. Es gibt so viele Erkenntnisse, wo<br />

Gewürze so eine unglaubliche Kraft haben,<br />

Krankheiten vorzubeugen. Und dann denk<br />

ich mir, warum wissen das die Leute nicht<br />

Die können sich das doch leisten.<br />

Andererseits kann ich nicht hingehen<br />

und sagen: ”<br />

Hallo Herr Pharmazierat,<br />

ich weiß was!“<br />

Man muss die Menschen auf eine<br />

Art erwischen, wo sie bereit sind, sich zu<br />

ändern. Aber das ist ein langer Prozess.<br />

Und es darf dabei nicht langweilig<br />

werden. Deshalb musst in den Medien<br />

schauen, wie man wo das Thema ansetzt:<br />

Gewürze zum Kochen. Ein Bericht über die<br />

Gewürzstrasse. Medizinisches. Da muss<br />

man sich pausenlos weiterentwickeln, damit<br />

die Menschen nicht sagen: Jetzt hat er<br />

uns schon hundertmal das Gleiche erzählt.<br />

Mir ist in jedem Fall wichtig zu sagen: Leute,<br />

ihr müsst nicht nur gute Grundprodukte<br />

nehmen, sondern sie auch gefühlvoll behandeln,<br />

damit die Vitamine nicht kaputtgehen,<br />

und ihr müsst im richtigen Augenblick<br />

würzen. Ich bringe jetzt im Herbst ein<br />

Gewürzbuch raus und dann schauen wir<br />

mal, wie das angenommen wird.<br />

Wenn man das alles so hört,<br />

dann ahnt man, dass Sie ein ordentliches<br />

Pensum am Tag schaffen müssen.<br />

Wie machen Sie das<br />

! Na ja 18 bis 19 Stunden arbeite ich<br />

schon. Ich schlafe so viereinhalb Stunden<br />

am Tag. Das ist zu wenig. Das merke ich<br />

jetzt, wo ich 60 bin. Ich möchte es gern<br />

um eine Stunde höher schrauben. Sechs<br />

Stunden wären ideal, um dem Körper die<br />

Möglichkeit zu geben, dass er sich richtig<br />

entspannen und dann wieder richtig Gas<br />

geben kann. Wenn alles andere wichtig ist,<br />

aber der eigene Körper nicht, dann kann<br />

man das sowieso vergessen.<br />

Das, was ich jetzt mache, ist, dass<br />

ich nachts, nach der Arbeit, zum Trainieren<br />

fahre. Das tut mir sehr gut. Ich habe einen<br />

Osteopathen und Heilpraktiker, den Paul<br />

Mattes, der war früher mal Weltmeister im<br />

Bodybuilding. Der ist draußen in Gilching.<br />

Mit dem trainiere ich jede Nacht. Sechsmal<br />

die Woche. Manchmal um ein Uhr nachts,<br />

manchmal aber auch erst um drei.<br />

Nach den ersten vier Wochen wollte<br />

ich schon gleich wieder aufhören, und hab<br />

ihn um zwölf Uhr angerufen, dass ich noch<br />

so viele Gäste im Restaurant hab. Ich hab<br />

mir dabei denkt, dass ich ihm das vier-,<br />

fünfmal sage und dann sagt er: Okay, dann<br />

”<br />

lassen wir das!“ Aber da hat der gesagt:<br />

Das ist überhaupt kein Problem, dann<br />

”<br />

wart ich bis drei auf dich!“ Na, da bin ich<br />

dann halt um drei raus zu ihm. Und damit<br />

war das Eis gebrochen. Und so bin ich<br />

dabei geblieben. Sonst hätte ich schon aufgehört.<br />

Und heute bin ich ganz stolz, dass<br />

ich weiter gemacht habe.<br />

Ich wohne im fünften Stock. Da<br />

bin ich früher raufgelatscht und im dritten<br />

Stock bin ich schon halb bewusstlos geworden.<br />

Heute laufe ich rauf und denk mir bei<br />

den 130 Stufen gar nichts mehr. Das macht<br />

mir schon Spaß. Ich weiß nicht, ob ich<br />

noch so gut dabei wäre, wenn ich nichts für<br />

mich machen würde.<br />

Die ”<br />

Krise“ ist in aller<br />

Munde. Spüren Sie da auch etwas in<br />

Ihren Betrieben<br />

! Bei uns ist nur Gutes zum Essen<br />

in aller Munde (schmunzelt). Nein, dieser<br />

Vulkanausbruch – der ja schon vor fünf<br />

Jahren hätte passieren sollen, dann wäre<br />

er viel milder ausgefallen und viele Leute<br />

hätten noch ihr Geld – der ist jetzt eine<br />

Möglichkeit sich zu reinigen. Ich habe<br />

zu meinen Leuten gesagt: ”<br />

Es gibt kaum<br />

was Schlechtes, wo nicht auch was Gutes<br />

dabei ist! Und wenn wir richtig Gas geben,<br />

dann sind wir auch wieder mit dabei. Also,<br />

wenn ihr eure Arbeitsplätze erhalten wollt,<br />

dann müsst ihr auch schauen, dass da was<br />

weitergeht.“ Wir müssen alle miteinander<br />

zusammenhalten und das machen, was wir<br />

gut können – die einen machen einen guten<br />

Service und wir machen a gute Küchen.<br />

<br />

N5 Alfons Schuhbeck ist seit vielen Jahren Mandant<br />

bei Nachmann Rechtsanwälte.<br />


competence I<br />

Seite 30<br />

Insolvenz als Rettung und Chance<br />

Wie der älteste BMW-Händler Münchens<br />

gerettet werden konnte – und warum.<br />

buchner<br />

&<br />

linse<br />

insolvenz<br />

als<br />

chance<br />

Es ist ein Freitag. Genauer gesagt, Freitag<br />

der 27.2.2009. Um diese Zeit – 17:14 Uhr<br />

– sind viele (wenn nicht die meisten)<br />

Büros in München menschenleer. Die<br />

meisten Münchnerinnen und Münchner<br />

sind bereits im Wochenende. Nicht<br />

so Cathrine Batdorf, Geschäftsführerin<br />

von Automag Buchner & Linse. Sie sitzt<br />

in der Kanzlei des Insolvenzverwalters<br />

Nachmann.<br />

Um die gleiche Zeit titelt die Süddeutsche<br />

in ihrer Online-Ausgabe:<br />

Aus für Buchner und Linse, Automag<br />

Buchner und Linse hat Insolvenz<br />

”<br />

angemeldet. Die Werkstatt ist zwar voll<br />

ausgelastet, doch der Neuwagenverkauf<br />

läuft schlecht.“<br />

Am Morgen dieses verregneten<br />

Freitags hatte Cathrine Batdorf den<br />

schweren Weg zum Insolvenzrichter angetreten<br />

und ihm den Sachverhalt erläutert.<br />

Der Insolvenzrichter hatte daraufhin<br />

nicht lange gefackelt, sondern umgehend<br />

denjenigen Insolvenzverwalter bestimmt,<br />

dem er zutraute, dem Münchner Traditions-Autohaus<br />

zu helfen. Er gab die<br />

Insolvenz Automag Buchner & Linse“ an<br />

”<br />

den Insolvenzverwalter Nachmann, denn<br />

er wusste, dass dessen Kanzlei nicht nur<br />

die richtige Größe hat, um eine solche<br />

Insolvenz zu meistern, sondern weil er<br />

weiß, wie Josef Nachmann zum Thema<br />

Insolvenz steht. Dessen Credo lautet<br />

nämlich: Insolvenz heißt nicht zwingend,<br />

dass das insolvente Unternehmen<br />

”<br />

dem Untergang geweiht ist. Insolvenz ist<br />

vielmehr eine Chance zur Restrukturierung<br />

und Sanierung. Das heißt, es gibt<br />

immer am Markt Wettbewerber, die bereit<br />

sind, lebensfähige Teile eines Unternehmens<br />

aus der Insolvenz herauszukaufen<br />

und weiterzuführen! Aufgabe des Insolvenzverwalters<br />

ist es, diese lebensfähigen<br />

Teile herauszuarbeiten und die richtigen<br />

Wettbewerber zu finden, die diese Teile<br />

weiterführen wollen.“<br />

Um diese Chancen zu nutzen,<br />

müssen aber einige wichtige Dinge eingehalten<br />

werden, auf die der Insolvenzverwalter<br />

Nachmann besteht. Das eine<br />

ist Tempo“. Damit ist nicht überstürztes<br />

”<br />

Handeln gemeint, sondern zügige und<br />

eingehende Recherchen. Zunächst mussten<br />

wir uns umgehend die ”<br />

Buchhaltung<br />

Illustration: Alison Carmichael


anschauen“, sagt Yu-Jin Embacher, die<br />

mit Josef Nachmann die Insolvenzabteilung<br />

der Kanzlei aufgebaut hat. Deshalb ”<br />

saßen wir gleich am nächsten Morgen<br />

in der Zentrale von Automag Buchner<br />

& Linse – und trafen dort auf sehr<br />

kooperative Mitarbeiter. Wenn man ein<br />

Unternehmen wieder flott machen soll“,<br />

fährt sie fort, dann ist diese Kooperationsbereitschaft<br />

ein ganz wichtiger Punkt.<br />

”<br />

Denn der Insolvenzverwalter muss sich ja<br />

in kürzester Zeit ein möglichst realistisches<br />

Bild von der wirtschaftlichen Lage<br />

des insolventen Unternehmens machen,<br />

um zu wissen, welche Teile noch wirtschaftlich<br />

arbeiten könnten – und welche<br />

nicht. Und wenn dann Mitarbeiter da<br />

sitzen und auf die gestellten Fragen keine<br />

Antworten geben oder sich auch nicht<br />

die Mühe machen, Antworten zu finden,<br />

dann vergeudet man sehr viel Zeit mit<br />

dieser Recherche.“<br />

Doch warum das Ganze überhaupt,<br />

wenn doch sowieso schon die Insolvenz<br />

da ist, wird sich mancher fragen<br />

Neben den realistischen Zahlen vom<br />

”<br />

wirtschaftlichen Ablauf, durch die man<br />

möglichen Investoren noch ein funktionierendes<br />

Unternehmen zur Investition<br />

anbieten kann, ist es aber ebenso wichtig,<br />

den wirtschaftlichen Durchblick in dem<br />

insolventen Unternehmen zu haben.<br />

Schließlich geht ab sofort keine Zahlung<br />

mehr raus ohne unsere Einwilligung“,<br />

sagt Frau Embacher. Das erfordert natürlich<br />

auf Seiten des Insolvenzverwalters<br />

nicht nur gute Kenntnisse der Betriebswirtschaft,<br />

sondern vor allem unternehmerisches<br />

Geschick. Wenn erst einmal<br />

”<br />

alles brach liegt, dann kann man Investoren<br />

nur noch für substantielle Assets wie<br />

Grundstücke und Gebäude interessieren.<br />

Für den Betrieb und die Arbeitsplätze<br />

aber gibt dann keiner mehr wirklich Geld<br />

aus. Es ist also durchaus im Sinne der<br />

Arbeitnehmer, hier kooperativ und zügig<br />

mitzuarbeiten.“ Dazu muss ihnen aber<br />

erst einmal klarer Wein eingeschenkt<br />

werden. Deshalb hielt die Geschäftsführerin<br />

Batdorf und der Insolvenzverwalter<br />

Nachmann als nächstes eine Betriebsversammlung<br />

ab, in der den Mitarbeitern –<br />

immerhin 200 an der Zahl – der Sachverhalt<br />

erklärt und ihre Fragen beantwortet<br />

wurden. Der letzte Punkt – das Eingehen<br />

auf die Fragen und letztlich auch Sorgen<br />

der Mitarbeiter – ist ein wichtiger Aspekt,<br />

den ein guter Insolvenzverwalter beherzigt.<br />

Denn die Menschen eines insolventen<br />

Unternehmens bewegt zuallererst die<br />

Angst vor der ungewissen Zukunft. Statt<br />

Ungewissheit brauchen sie aber Zuversicht,<br />

dass das Unternehmen zu retten<br />

ist, und den Willen, das Beste aus dieser<br />

Situation zu machen. Beides kann sich<br />

jedoch erst einstellen, wenn die Mitarbeiter<br />

verstehen, was die nächsten Schritte<br />

und Ziele sind – und was sie selbst dafür<br />

tun können.<br />

Auch in diesem Punkt haben die<br />

Mitarbeiter von Automag Buchner & Linse<br />

und der Insolvenzverwalter Nachmann<br />

geradezu vorbildlich zusammengearbeitet.<br />

Die Mitarbeiter haben ihre Arbeit<br />

weitergeführt und so den funktionierenden<br />

Betrieb aufrechterhalten, während<br />

der Insolvenzverwalter dafür sorgte, dass<br />

die Fortzahlung der Gehälter für die<br />

nächsten drei Monate finanziert wurde<br />

und die Mitarbeiter dadurch für ihre<br />

Arbeit auch bezahlt wurden.<br />

Gleichzeitig passierte das, was die<br />

Süddeutsche in ihrem Artikel so treffend<br />

beschrieb: ”<br />

Die wichtigste Aufgabe des<br />

Insolvenzverwalters dürfte jetzt die Suche<br />

nach einem Investor sein.“ Stimmt genau.<br />

Und Josef Nachmann fand nicht nur<br />

einen, sondern insgesamt vier.<br />

Bei dieser Suche kam (und kommt<br />

es generell) auf drei Faktoren an: Zum<br />

einen muss das insolvente Unternehmen<br />

ein gutes Investitionsobjekt sein (was<br />

durch die Fortführung der Arbeiten im<br />

Betrieb und volle Auftragsbücher im<br />

Bereich der PKW Reparatur gesichert<br />

war). Zum anderen ist es aber auch und<br />

gerade eine Frage des guten Netzwerkes<br />

auf Seiten des Insolvenzverwalters, ob<br />

und welche Investoren er für das Unternehmen<br />

begeistern kann. Im Fall Buchner<br />

& Linse waren das BMW-Händler aus<br />

dem In- und Ausland, die den mit 90<br />

Jahren Unternehmensgeschichte weltweit<br />

ältesten und bis dahin immer noch<br />

unabhängigen BMW-Händler erwerben<br />

wollten. Und zum Dritten ist Psychologie<br />

bei den Verhandlungen ein wichtiger<br />

Faktor. Denn wenn sich erst einmal<br />

Schnäppchen-Mentalität bei den Käufern<br />

breit macht, dann kann alles schnell aufs<br />

Ausschlachten des Unternehmens hinauslaufen,<br />

während die Mitarbeiter leer<br />

ausgehen. Josef Nachmann und sein Team<br />

wollten genau das nicht. Im gleichen Zug<br />

musste der Insolvenzverwalter ständig<br />

mit den Gläubigern verhandeln – in<br />

diesem Fall mit BMW selbst, da viele der<br />

nicht verkauften Neuwagen ebenso wie<br />

die Rückläufe aus dem Leasing-Geschäft<br />

sowie der Bau des Geschäftshauses in der<br />

Landsbergerstraße durch die BMW-Bank<br />

finanziert waren.<br />

Doch am Ende war das Team von<br />

Josef Nachmann erfolgreich: Sie fanden<br />

einen Investor, der den Betrieb in Fürstenfeldbruck<br />

übernahm, und konnten<br />

BMW überzeugen, dass ein derart traditionelles<br />

Unternehmen wie die Automag<br />

Buchner & Linse gerettet werden muss.<br />

Also gründete BMW eine eigene Retailgesellschaft,<br />

die alle Mitarbeiter übernommen<br />

hat und jetzt deren Beschäftigung<br />

fortführt.<br />

Bleibt nach diesem guten Ausgang<br />

die Feststellung: Sowohl die vormaligen<br />

Inhaberfamilien Klingsohr und Linse als<br />

auch deren Mitarbeiter sowie der Vertrieb<br />

von BMW – bei dem das Traditionsautohaus<br />

jetzt angesiedelt ist – haben sich<br />

mit voller Kraft für den Fortbestand des<br />

Unternehmens eingesetzt.<br />

Insolvenzverwalter Nachmann<br />

resümiert deshalb am Ende: ”<br />

Der Begriff<br />

Insolvenz wird in den Köpfen vieler<br />

Menschen mit der Zerschlagung eines<br />

Unternehmens und dem Verlust aller<br />

Arbeitsplätze gleichgesetzt. Aber das entspricht<br />

meist nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.<br />

Es ist sogar die Regel, dass<br />

ein Unternehmen dank der Umstrukturierungsmaßnahmen<br />

sachkundiger Insolvenzverwalter<br />

fortgeführt werden kann.<br />

Ich denke, dass hat auch Karl-Theodor zu<br />

Guttenberg erkannt, als er im Falle OPEL<br />

eine geordnete Insolvenz ins Gespräch<br />

brachte. Wie auch immer: Unsere heutige<br />

Insolvenzordnung gibt einem guten<br />

Insolvenzverwalter Möglichkeiten an die<br />

Hand, ein Unternehmen fortzuführen,<br />

wovon nicht nur die Gläubiger profitieren<br />

– weil Mehrwerte geschaffen werden –,<br />

sondern auch die Arbeitnehmer. Insofern<br />

verzahnen sich der Gläubigerschutz und<br />

der soziale Schutz der Arbeitnehmer. Die<br />

200 Arbeitsplätze im Fall Automag Buchner<br />

& Linse sind z. B. aus meiner Sicht<br />

heute sicherer als vorher.<br />

Ich würde mir allerdings für<br />

andere Insolvenzfälle wünschen, dass<br />

noch weitere gesetzliche Möglichkeiten<br />

geschaffen werden, die eine Neustrukturierung<br />

unterstützen. So wäre es sehr<br />

hilfreich, wenn die Möglichkeit geschaffen<br />

würde, wie in den USA Forderungen<br />

der Gläubiger in Eigenkapital umwandeln<br />

zu können, um Werte zu erhalten, die bei<br />

einer Zerschlagung des Unternehmens<br />

verloren wären.<br />

Ich denke, verantwortungsvolle<br />

Insolvenzverwaltung ist eine moderne<br />

Form, notwendige Strukturwandel in der<br />

Wirtschaft durchzuführen. In einer globalisierten<br />

Welt macht es einfach keinen<br />

Sinn, Geschäftsmodelle künstlich weiter<br />

zu führen, die keine Wettbewerbsakzeptanz<br />

mehr haben. Und weil in einem<br />

globalen Markt die Zahl der internationalen<br />

Konkurrenten weiter ansteigen wird,<br />

werden auch die Zyklen der Anpassung<br />

immer schneller und kurzfristiger<br />

werden. Unter diesem Aspekt sollte man<br />

professionelle Insolvenzverwaltung als<br />

eine Wachstums-Lenkung von Unternehmen<br />

sehen, die andere notwendige<br />

Anpassungen an die Erfordernisse der<br />

internationalen Märkte aus unterschiedlichen<br />

Gründen versäumt haben. Allerdings<br />

darf man in diesem Zusammenhang<br />

nicht übersehen, dass gerade der Mittelstand<br />

in unserem Lande grundsätzlich<br />

gut aufgestellt ist. Man hat die Lehren<br />

aus der letzten großen Krise gezogen und<br />

verstärkt Eigenkapital aufgebaut. Zudem<br />

verfügen die kleinen und mittelgroßen<br />

Unternehmen inzwischen über eine Produktpalette,<br />

die sich sehen lassen kann<br />

und technologisch hervorragend ist – und<br />

die damit international absolut wettbewerbesfähig<br />

sind.“<br />

<br />


Porträt<br />

eines<br />

genialen<br />

malers


MY<br />

bavaria<br />

Seite 36<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

Sean<br />

scully<br />

Zwei Minuten nach elf stecke ich meinen<br />

Kopf durch die Eingangstür seines Ateliers.<br />

Eine junge Dame, vermutlich seine Sekretärin,<br />

blickt von ihrer Arbeit am Schreibtisch<br />

auf und fragt ganz freundlich: Ja“ Ich ” ”<br />

habe ein Interviewtermin mit Herrn Scully“,<br />

antworte ich ebenso freundlich. Sie lächelt:<br />

Hm. Er ist aber nicht da.“<br />

”<br />

Oops, dann hat er wohl unseren<br />

”<br />

Termin vergessen!“<br />

Das kann schon sein, seine Frau<br />

”<br />

hat nämlich in den letzten Tagen entbunden<br />

und er ist gerade im Krankenhaus bei ihr.<br />

Aber ich rufe ihn mal an!“<br />

Am Telefon fragt er, ob es denn auch<br />

am Nachmittag gehe. Logo! Und ich denke<br />

mir, wenn es einen vernünftigen Grund gibt,<br />

einen Termin zu vergessen, dann ist es die<br />

Geburt eines Kindes.<br />

Und so komme ich in den Genuss<br />

eines außerplanmäßigen Mittags im herrlichen<br />

Tölzer Land, getaucht in strahlend<br />

schönes Sonnenlicht. Ein Fleckchen Erde,<br />

bei dem der liebe Gott ein wirklich gutes<br />

Händchen gehabt hat.<br />

Um halb vier sitze ich dann in seinem<br />

Atelier. Dieses mal mit ihm. Er auf dem<br />

Sofa, entspannt und gleichzeitig wach.<br />

Sean Scully, Ire von Geburt und<br />

Europäer aus Überzeugung, ist ein eher<br />

stiller, zurückhaltender Mann mit sanfter,<br />

leiser Stimme, die man in seinem kraftvollen<br />

und mit Energie geladenen Körper bei<br />

der ersten Begegnung gar nicht vermutet. Er<br />

spricht so prononciert und klar akzentuiert,<br />

dass man sich streckenweise konzentrieren<br />

muss, um zu merken, ob er englisch spricht<br />

oder vielleicht doch deutsch. Das ist eigentlich<br />

kein Wunder, sagt er doch selbst von<br />

sich, dass er sehr anfällig für Sprache ist.<br />

Und weil er im Interview seine Gedanken<br />

teilweise durch rhythmische Wiederholungen<br />

unterstreicht und sogar sagt: Die Sätze, ”<br />

die ich konstruiere, sind Prosa; sie können<br />

tatsächlich wörtlich genommen werden“,<br />

ist das Interview auf den Seiten nebenan im<br />

Wortlaut wiedergegeben.<br />

Diese Einstellung zu seinen eigenen<br />

Aussagen zeugt von einem gewissen Selbstbewusstsein<br />

des Sean Scully. Das kann<br />

einen aber auch nicht wirklich erstaunen.<br />

Denn zum Künstlersein – und zwar zu<br />

einem erfolgreichen, in das man ja nicht<br />

einfach so hineingeboren wird, sondern<br />

Cathedral, 1989; Oil on linen; 98 x 126" (248.9 x 320 cm); Public Collection: Städtische Galerie im Lenbachhaus, Munich, Germany<br />

Original<br />

version<br />

of the<br />

interview<br />

When I came to this location I<br />

was a little bit surprised, because I know<br />

that you have a studio in New York and<br />

one near Barcelona. And now you live here<br />

in the middle of nowhere. What is the<br />

reason Is it a consequence of being a professor<br />

at the Kunstakademie München <br />

! Well, it has partly to do with that. I<br />

came to teach here, with a lot of reluctance, I<br />

must say. In fact I wrote to the director at that<br />

time, Ben Willikens, and said I didn’t want to<br />

come. And he met me and he said ”<br />

I took your<br />

letter to be a love letter.“ And I was so charmed<br />

by this bizarre strategy which completely ignored<br />

what I had said in my letter, that I decided I<br />

would come. Cause I found this a very charming<br />

arrogance. What they call in English – a cheek.<br />

A friend of mine found this place for me<br />

and we started it here and gradually I just added<br />

to it – when people left. You know there was an<br />

organic tea company here and they were broke.<br />

So I took their space. And gradually we grew<br />

into the village. And we liked it.<br />

Also, I am very fond of Germany.<br />

Generally. I think it’s a wonderful country. It’s<br />

really the center of Europe. In fact IT IS Europe.<br />

It is the engine of Europe. If you have a body,<br />

Germany is the stomach of Europe, Germany is<br />

the center of the body. Everything else is more<br />

or less peripheral – except France. And that’s<br />

really Europe. And the other parts of Europe<br />

are like legs, fingers and toes. The central body<br />

is definitely Germany and then France. I believe<br />

in the European concept as a counterweight<br />

to the influence of America. This is of course<br />

why America would like to have Turkey in the<br />

European community, because they would like<br />

to destroy Europe. This should be said – even<br />

when it’s only in this little magazine. It’s important<br />

to say what the strategy of America is.


Passenger Sky, 1999; Oil on linen; 53 x 48.5" (134.6 x 123.2 cm); Private Collection<br />

dass man sich erarbeiten muss – gehört<br />

einfach eine ordentliche Portion seiner ”<br />

selbst bewusst sein“ dazu. In einem anderen<br />

Gespräch hat Scully, der fast sein ganzes<br />

künstlerisches Leben hindurch an Hochschulen<br />

Studenten unterrichtet hat, einen<br />

seiner Lehrinhalte als Vorbereitung für das<br />

Leben als Künstler denn auch so formuliert:<br />

Das erste, was ich ihnen beibringe: sie müssen<br />

lernen, Zusammenhänge zu<br />

”<br />

durchschauen.<br />

Aktuelle Trends sind die Ladenhüter<br />

von morgen. Es geht darum, seine eigenen<br />

Möglichkeiten richtig einschätzen zu lernen<br />

und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt<br />

zu entwickeln. Das heißt, man muss sein<br />

Handwerk verstehen, die Kunstgeschichte<br />

kennen und wissen, wo man im Leben<br />

stehen will. Man muss das System begriffen<br />

haben. Talent alleine ist nicht genug. Sehen<br />

Sie sich frühe Arbeiten von van Gogh oder<br />

To the cat, which is meowing: ”<br />

Yeah,<br />

come on, you can be in the interview. You can<br />

also say something about America and Turkey<br />

and why it’s not good for Europe. Come on in.“<br />

Anyhow, so I am very committed to this<br />

ideal, hence my relationship with Germany. So<br />

then it’s a question of ”<br />

Where in Germany“.<br />

And this is probably one of the most beautiful<br />

places you can live on God’s earth. And as a<br />

counterweight to this, if I want someone to<br />

upset me, insult me, put pressure on me, make<br />

me uncomfortable, I can go to New York. I can<br />

have that any minute.<br />

It sounds a little bit like you<br />

don’t like the Americans.<br />

! I wouldn’t say ”<br />

I don’t like them“. I like<br />

them. But I think that Europe is very important.<br />

It’s the seat of civilisation. It is, where democracy<br />

was invented. It’s where our philosophical<br />

matrix was invented.<br />

Almost exclusively in Germany. And I<br />

am connected to all this.<br />

So, I like America, and there are many<br />

things about it, I like, but I think that the rumination<br />

and the philosophical pondering and<br />

reflection of Europe is very important to every<br />

thing. To the survival of the world. To the mediating<br />

between hard positions. It’s all in Europe.<br />

And of course we paid for it with a lot<br />

of wars. And now we understand something,<br />

that we didn’t understand before. And I would<br />

say that we in Europe are evolved in some way.<br />

It’s not that I don’t like America. I do. But I think<br />

Europe is crucially important.<br />

And China and India<br />

! I can’t take that on. It’s not in my...<br />

world. I think China is like America in the<br />

nineteenth century. That’s the most I can say<br />

about it.<br />

You just used the word ”<br />

matrix“.<br />

Is it the right expression for the composition<br />

of your pictures too Is that a kind of<br />

matrix <br />

! Yeah, it’s a kind of matrix.<br />

It’s a kind of grid.<br />

It’s not a grid - it’s ”<br />

a kind of grid“!<br />

There is a big distinction there.<br />

That’s a handdrawn grid, therefore it’s not<br />

actually a grid.<br />

It’s an interpretation of a grid.<br />

By hand.<br />

Which is ”<br />

humanizing a grid“.<br />

Making the grid suitable for human consumption<br />

– and interference.<br />

Your first pieces of art where<br />

completely different. Especially the sort of<br />

stripes you used. They had sharp borders<br />

and they were plain in colour – perhaps<br />

even spray painted I don’t know.<br />

! Yeah, I used a lot of ... devices in my<br />

early painting. I was much more interested in<br />

illusionism, in pictorial illusionism. And my<br />

layering of different systems - superimposition<br />

of systems to create a kind of chaos. So there<br />

was still in the early work a kind of subversion<br />

of the system. Now the subversion of the system<br />

is different, because it’s actually in the application<br />

of the paint, in the way the edges are made.<br />

The way that the system, the geometry of the<br />

world is somehow ... subverted and brought into<br />

the realm of human feeling. That is what I am<br />

really doing in my work. So, the way that the<br />

colours are made is on the painting. You can’t<br />

make them in another way. They are made by<br />

painting.<br />

You mix it ON the painting <br />

! ON the painting !<br />

So, are the layers of paint underneath<br />

dry or wet <br />

! It’s wet. So it’s influencing the top<br />

colour. So, if – for example – I’m putting cream<br />

on blue and orange I would get completely<br />

different results. One would be a kind of pink<br />

and the other would be a blue, light blue or grey.<br />

So what’s underneath is influencing what’s on<br />

top. You might say that’s a metaphor for life.<br />

For the structure of the world. What’s underneath<br />

is always influencing what’s on top. It has<br />

tremendous power. It’s an underneath kind of<br />

power. So, these power relationships are also<br />

very important to me. Are very important in<br />

my work. So you can feel this. You can feel the<br />

tactile quality of the paintings, the emotion of a<br />

human being making the painting. And – unlike<br />

my early works – which were more diagrammatic<br />

they were really the paintings of a younger


Wall of Light Dog, 2000; Oil on linen; 74.4 x 79.9" (189 x 203 cm)<br />

Public Collection: Staatliche Museen Kassel, Neue Galerie, Kassel, Germany<br />

Cezanne an: Alles Müll! Entscheidend ist:<br />

sie haben durchgehalten.“<br />

Scully hat durchgehalten und dabei<br />

seine faszinierende Bildsprache entwickelt.<br />

Er überrascht mich völlig, als er – von<br />

sich aus – bereit ist, einige Aspekte dieser<br />

Sprache dem außenstehenden Besucher zu<br />

eröffnen. Ein geradezu unerhörter Vorgang,<br />

den man höchst selten bei einem Künstler<br />

dieses Kalibers erleben darf. Sind doch die<br />

meisten Künstler – und besonders diejenigen,<br />

die sich an erster Stelle selbst dafür halten<br />

– meistens der Meinung, der Betrachter<br />

müsse sich die Aussagen der Bilder selbst<br />

erarbeiten“. Nicht so Scully. Was wiederum<br />

”<br />

beweist, dass er nicht nur einfach in einer<br />

für ihn typischen Weise malt, sondern das<br />

Geistige in seiner Kunst sehr wohl kennt –<br />

und formulieren kann.<br />

Auf diesem Bild“, sagt er und zeigt<br />

”<br />

auf eines seiner Lieblingsbilder mit dem<br />

Namen Wall of Light Dog’, gibt es einen<br />

’ ”<br />

licht-blauen horizontalen Streifen auf der<br />

rechten Seite. Dieser Streifen unterscheidet<br />

sich vom Rest des Bildes. Es gibt aber noch<br />

einen anderen oben links von ähnlicher Farbe.<br />

Er ist vertikal. Der Vertikale ist auf seine<br />

Weise mächtiger als der Horizontale. Er ist<br />

aggressiver, weil er Wachstum und aufrecht<br />

stehende Figuren impliziert. Der Horizontale<br />

dagegen ist eine innere Horizontlinie.“ Bei<br />

der Erwähnung der ruhigeren Ausstrahlung<br />

des waagerechten Streifens, wird auch seine<br />

Stimme leiser, noch sanfter, geradezu melanperson,<br />

the paintings now have more melancholia,<br />

more pathos, bigger heart, bigger body and a<br />

very beautiful relationship with this issue of the<br />

edge, the way things share a surface. So these<br />

issues of power and conciliation and cutting are<br />

running all the way through my work. They are<br />

the subjects of my work. It’s a kind of spiritual<br />

humanism I think.<br />

But the lowest layer must be dry.<br />

Because sometimes you can see different<br />

colours coming through on the edges...<br />

! Yes, it depends how long I work on<br />

the painting. So sometimes – for example – if<br />

I paint a painting quick, I just paint it quick.<br />

Then I leave it. Some give me a chance to look<br />

at the drawing. Give me the chance to change<br />

the drawing. That happens now and again - that<br />

I change the drawing. Not so often. But it does<br />

give me the option. And then you will see that<br />

these colours are being painted ON TOP OF...<br />

but they are not mixing. So they are registering<br />

as pure colour around the edges. That gives you<br />

the sense of context and subtext – as I said before.<br />

And SUBTEXT is influencing the CONTEXT<br />

in which all these other things are existing side<br />

by side. In a manner it’s a way of getting a sort<br />

of narrative without illusionism. You know they<br />

are really flat. I don’t really paint space. I am not<br />

interested in painting space. I paint things. And<br />

the blocks are allways things. And I paint them.<br />

So that they sit next to other BLOCKS, that<br />

are also TH<strong>IN</strong>GS. So everything has the status<br />

in my work of a positive. I don’t paint negative<br />

space. Like figure ground paintings for example.<br />

Everything has to be positive.<br />

Das Handy klingelt – er führt das Gespräch<br />

in Spanisch, geht in den anderen Raum<br />

zu seiner Frau.<br />

I don’t make sort of obvious hierachies<br />

in my paintings. So everything that is in the<br />

painting has it’s own various kind of power. To<br />

hold it’s own place in the painting. In the way,<br />

that it’s painted in – the painting. So, you know,<br />

one thing can be smaller than another thing, or<br />

lower down in the painting etcetera etcetera. But<br />

they all assert themselves. That’s what I am doing.<br />

I’m making something that has a kind of ...<br />

democracy in it. And there is no clear hierarchy.<br />

But at the same time as that I try if possible to<br />

avoid falling into what is sometimes referred to<br />

as ”<br />

all over painting“. I certainly avoid monochrome<br />

painting, which I think is an option that<br />

is historically played out. I don’t see what you<br />

can do with it any more. It’s historically defunct.<br />

So, I have composition in my painting.<br />

I have drawing in my painting. I have drama in<br />

my painting. I have emotion in it. I have reference<br />

to the landscape, reference to the figure<br />

and relationships – the central human problem<br />

– so, I have a lot in the paintings. So, I haven’t<br />

sacrificed what we might refer to as... the human<br />

need for some content, some sense of figure,<br />

some sense of orientation.<br />

When you start a painting, you<br />

have four sides. Do you make proportions<br />

on the sides of the frame – for instance<br />

three up, four right, six left and four on<br />

the ground Or do you sketch already the<br />

fields<br />

! I go inside straight away. Depending<br />

where I want to start. I can start anywhere.<br />

So you start – let us say – with<br />

the bar on the left side And then it’s<br />

growing<br />

! Well, I might draw a painting out<br />

with charcoal. But I don’t spend so much time<br />

drawing it out, because I can paint the bars into<br />

place – so to speak – and I can make them be<br />

more or less anywhere. Depending on how I<br />

paint them, depending on what colour they are.<br />

So all this is open to articulation as the painting<br />

progresses. And you can see with this painting<br />

- that we are looking at now, which is one of my<br />

favorites, called ”<br />

Wall of Light Dog“ - it has one<br />

light blue horizontal bar on the right side in the<br />

middle. And that bar kind of distinquishes itself<br />

from the rest of the painting. And there is another<br />

one of a similar colour on the top left. It’s<br />

a vertical. So the vertical in a way is more powerful<br />

than the horizontal is. It’s more aggressive<br />

because it implies growth and standing figures.<br />

And the horizontal is an internal horizon line.<br />

So you can see: it’s the same colour - in terms<br />

of source - but it manifests itself differently. Or<br />

one get’s the sense that it’s the same colour at<br />

different times of the day. Or night. And the<br />

colour on the top left - which is the vertical - is<br />

moving towards night. It’s deeper and more<br />

reserved. And the same source of colour on the<br />

right hand side horizontally is more lit up. It’s


Wall of Light Fire, 2000; Oil on linen; 74.4 x 79.9" (189 x 203 cm); Private Collection<br />

cholisch. Dann fährt er fort: Daran sehen<br />

”<br />

Sie: Beide sind – was ihre Farbquelle betrifft<br />

– von gleicher Farbe, aber jeder manifestiert<br />

sich unterschiedlich. Oder man spürt, dass<br />

es die gleiche Farbe ist – aber zu verschiedenen<br />

Zeiten des Tages. Oder der Nacht. Die<br />

Farbe oben links – welches die Vertikale ist<br />

– bewegt sich mehr in Richtung Nacht. Sie<br />

ist tiefer und zurückhaltender. Und dieselbe<br />

horizontale Farbquelle auf der rechten Seite<br />

ist aufgehellter. Hervortretender. Also ist<br />

der eine Streifen im Vergleich zum anderen<br />

untergeordneter’ – bezüglich der Kraft –<br />

’<br />

aber aggressiver’ – bezüglich der Platzierung<br />

’<br />

und Richtung.<br />

Auf diese Weise finden sich alle<br />

Arten von Kräften in meinen Bildern, die dadurch<br />

so etwas im Bild erschaffen wie Demokratie<br />

– wo jeder fähig ist zu überleben. Als<br />

Letztes habe ich bei diesem Bild den braunen<br />

Streifen gemalt. Weil es ein Bild ist, das<br />

ich für einen Hund gemalt habe, der getötet<br />

wurde. Deshalb heißt es auch ’<br />

Wall of Light<br />

Dog’. Wir haben gesehen, wie der Hund<br />

getötet wurde. In den Strassen von Barcelona.<br />

Wir haben versucht, ihn zu retten. Es war<br />

ein schauderhafter Tag für uns. Und – der<br />

Hund hatte diese Farbe. Ich erinnere mich<br />

noch, am Ende des Bildes malte ich diesen<br />

Streifen in der Farbe des Hundes. Und dann<br />

war es fertig. Es ist ein Gemälde, das aus<br />

einem schrecklichen Ereignis entstanden ist.<br />

Es war sehr einfach, es zu malen.“<br />

Der Nachsatz irritiert den Zuhörer<br />

und erzeugt automatisch die Frage, ob er<br />

eher aus solchen schrecklichen Anlässen<br />

more emerging. If we think about it in terms of<br />

the cycle of the day. So one is more submissive<br />

in terms of colour but more aggressive in terms<br />

of placement and direction. So, there are all<br />

these kinds of balances in my paintings, that<br />

create – as I said formerly – democracy, within<br />

the painting, where everything is able to survive.<br />

Do you remember, which area of<br />

this painting you started with Did you<br />

start with the light blue<br />

! I can’t remember. But I know which<br />

area I painted last.<br />

Which one<br />

! It’s the brown in the middle of the<br />

painting. Because that’s a painting I made for a<br />

dog that was killed. That’s why it’s called ”<br />

Wall<br />

of Light Dog“. And we saw the dog being killed.<br />

In the street. In Barcelona. And we tried to save<br />

it. And it was a dreadful day for us. And...the dog<br />

was that colour. So, at the end of the painting I<br />

remember I just painted this bar in the colour of<br />

the dog. And then it was finished. It is a painting<br />

that came from a horrible event. It was very easy<br />

to paint.<br />

Is it generally easier for you to<br />

paint a painting from a horrible event or<br />

to come from a positive event<br />

! For me....I’m very touched by sadness.<br />

And...that rings really true to me. So if I make a<br />

happy painting that’s quite a rare event.<br />

Would you paint a happy painting<br />

at the moment Because of your new born<br />

son<br />

! I don’t know, because I’m not painting.<br />

I don’t think about my paintings before I make<br />

them. I paint as I think.<br />

I mean I do of course meditate in a<br />

certain sense and I dream about certain images.<br />

But when it comes to the act of painting I don’t<br />

think about the act of painting before I paint.<br />

For me it’s absolutely natural to paint.<br />

And when I paint it’s really the most natural<br />

thing in the world for me to do. In fact a friend<br />

of mine once came to my studio. And she was a<br />

very old friend of mine. She is a painter. And ...<br />

I was busy. She said, “Would you mind if I visit<br />

for a while Because I have to see someone in<br />

two hours and I don’t have anywhere to go.“ So<br />

I said, “Of course, you can sit in the studio and<br />

we can talk, if you don’t mind if I am painting<br />

because I started painting and I can’t stop.“ And<br />

she said, “yeah, that’s fine.“<br />

So I painted the painting when she<br />

was in the studio and she said to me, she was<br />

astounded by how quickly I painted. And how<br />

natural it was.<br />

Is it a kind of flow <br />

! Absolutely. I don’t fiddle around with<br />

the edges. Everything comes out in the way<br />

I paint. I’m not dicking around in the corner<br />

trying to get the corner right. You know I’m<br />

thinking in the big. The whole time. I’m not<br />

painting the detail. I’m not worrying about the<br />

details. Of course I’m considering them.<br />

When you’re working is it quiet<br />

and you are purely painting or is it a situation<br />

that you can hear something<br />

music.<br />

! Yes, I have music on. I always have<br />

What do you like most <br />

! I like a lot of stuff. I like a lot of romantic<br />

music. Like Beethoven. Schumann. Schubert.<br />

Some Jazz. Miles Davis is very melancholic. And<br />

Abdul Ibrahim is very...somehow it’s powerful<br />

but extremely delicate. It has a nobility about<br />

it and also he makes some references to little<br />

folk tunes. And Zoltan Kodaly I like very much.<br />

Fantastic. Then of course I love Bob Dylan. U2.<br />

REM. Radiohead. A lot of stuff. And then I work<br />

in – as I would call – ”<br />

heat“...yeah...it’s hot. And<br />

things find their place in the paintings. There is<br />

a strong sense of the dialectic in my work. There<br />

is a strong philosophical sense behind my work.<br />

They are spiritually charged. A sense of structure<br />

and pathos. But...when I’m working, there<br />

is a lot of feeling. And the music is important for<br />

that, so, I’m not thinking too much.<br />

Does the music go into the picture<br />

! Yeah, it goes into the picture. So, the<br />

choice of the music is very...deliberate. I mean<br />

people can say ’oh yeah it’s the music that


Pale Mirror, 1999; Oil on linen; 98.4 x 86.6" (250 x 220 cm); Private Collection<br />

malen kann oder ob eher positive Erlebnisse<br />

die Anlässe für seine Arbeiten sind.<br />

Seine Antwort darauf macht nachdenklich:<br />

”<br />

Ich bin sehr berührt von allem<br />

Traurigen.“ Er kann auch erklären warum.<br />

Solche Traurigkeit ”<br />

klingt sehr wahr und<br />

echt in mir“, erläutert er. Welche Gründe<br />

das auch immer haben mag, unumstritten<br />

ist, dass aus seinen Bildern eine große Melancholie<br />

spricht. Manchmal auch Pathos.<br />

Aber immer große emotionale Kraft.<br />

Nun findet man solche eindringliche<br />

Ausdruckskraft nur bei den Arbeiten<br />

wirklich großer Künstler, weshalb mich<br />

interessiert wie er seine Bilder malt. Denn<br />

selbst das größte Kunstwerk entsteht in<br />

einem sehr irdischen, letztlich materiellen<br />

Vorgang. Und deshalb ist es immer<br />

influences the picture“. That’s not it. The music<br />

is allowed to influence the picture by me who<br />

chooses the music. (laughed)<br />

Is the music taking the concentration<br />

from the right part of the brain so<br />

that you can work emotionally with the<br />

left one <br />

! It stops me from....debate. It stops<br />

me from being too verbal. Because I am very<br />

capable verbally. When you play the tape back,<br />

you’ll find that, the sentences I construct, are<br />

prose. You can actually, take them verbatim. I<br />

know there was one sentence early on where<br />

I repeated the same word and then rephrased<br />

it, so I did not repeat the same word. I’m very<br />

attached also to words. To Language.<br />

And...I like to have my mind quieted.<br />

Pacified. Calmed. So that I can enter an area of<br />

the emotional, spiritual. Because really that’s<br />

what elevates the painting. That’s what makes<br />

my paintings different from other people’s paintings.<br />

And...I know, that they are different. And<br />

they are treated like that. And...it’s this sense of a<br />

kind of ”<br />

lit-up“ quality. And a poetic quality also.<br />

There is a spiritual charge in the painting that<br />

makes them register differently in the world of<br />

art. The world of art is rather cool and ironic a<br />

lot of the time. And my work is not cool. And is<br />

not ironic. It’s meant to be profound. It’s meant<br />

to be deep.<br />

In an earlier interview you said,<br />

that you want to build a bridge between<br />

Jackson Pollock and Piet Mondrian. As I<br />

read this, I thought you were very close<br />

to Piet Mondrian in your early work. The<br />

pictures were – for me – very ”<br />

brainy“.<br />

And now the pictures are very emotional<br />

and expressive.<br />

! There are a lot of people that I include<br />

in that regard. Such as ... Schmidt-Rotluff. And...<br />

if you take part of Schmidt-Rotluff’s paintings...<br />

just a little section...you really have Rothko. And<br />

it’s this spirituality I am really looking for in<br />

my work. This emotionality. But not...a...blunt<br />

expressionism. There is a restraint in my work.<br />

So there is something, that is pushing BACK.<br />

And there is something that is pushing OUT.<br />

So there is a stress between the intellect, the<br />

philosophical, the governing, the controlling,<br />

the structuring...mind, which is the sense, the<br />

conceptual strength in my work. And then there<br />

is a very strong desire to somehow destroy<br />

this. So my work is in a sense trying to have<br />

everything. It wants to have everything. It wants<br />

to have a very powerful sense of profundity - in<br />

terms of structure – so that the paintings are noble.<br />

And then it also wants to create an emotion<br />

that is devastating.<br />

So it’s a huge appetite to get it all into a<br />

painting. To get both of these human qualities<br />

into a painting. And I don’t mean that in terms<br />

of a conciliation either. I don’t mean that in<br />

terms of a truce, where both of them are somewhat<br />

diluted. I mean, I want both to register<br />

powerfully. Because I think that is what creates<br />

a kind of profundity. I believe that a sense of<br />

structure creates a profound emotion. That’s<br />

my position. So I prefer ultimately Cezanne to<br />

Soutine. I think he’s more boring, he’s more<br />

difficult, he’s more demanding, he’s less fun, but<br />

ultimately he’s a far greater artist.<br />

Can we find all this you mentioned<br />

in small paintings as well as in big<br />

ones – for you as the creator and for us to<br />

look at <br />

! Issue of size has a very big importance<br />

– of course. When you make something small –<br />

like I do and I love to make small paintings – I<br />

am aware that I’m making a painting that’s the<br />

same size as a Cezanne – so it’s a real European<br />

model I follow. And those paintings that are<br />

small register differently. Someone once said<br />

about my work – a very perceptive art critic –<br />

what was shocking about my paintings was the<br />

intimacy – and the size of them. He said it hasn’t<br />

existed before. So if I make a painting that’s one<br />

meter or less that value is not present.<br />

That can only be present on the big<br />

paintings with a tremendous amount of love<br />

and commitment. And then somehow they are<br />

overwhelming because of the degree of intimacy<br />

and this pathos that is included in this sense<br />

of intimacy. Because I’m not making abstract<br />

expressionist paintings, they are not heroic.<br />

I’m not trying to make heroic art like Barnett<br />

Newman or Clifford Still. Like the Americans<br />

you know. My work includes all that sense of<br />

European layering and reconsidering and history<br />

and doubt in the colours and the reference to<br />

the landscape...etcetera.<br />

So it’s a whole ball of experience that<br />

comes from a European sensibility and that


interessant, wie die realen Arbeitsbedingungen<br />

bei diesem Schöpfungsakt sind.<br />

Ich will daher wissen, ob er sie in großer<br />

Stille male – weil seine Bilder ja auch<br />

diese meditative Stille atmen – oder ob<br />

er von irgendetwas abgelenkt“ werde.<br />

”<br />

Abgelenkt“ bezieht sich dabei nicht auf<br />

”<br />

ihn als Künstler, sondern nur auf die<br />

eine Gehirnhälfte, die alles Tun einer<br />

rationalen Kontrolle unterzieht. Gemeinhin<br />

ist dies die rechte Hälfte, die man<br />

ablenken muss“, will man den emotionalen<br />

Ausdruck der linken Hirnhälfte<br />

”<br />

ungestört zur Entfaltung kommen lassen.<br />

Es gibt Künstler, die lassen deshalb den<br />

Fernseher laufen, andere – wie Mozart<br />

zum Beispiel oder der italienische Autor<br />

Andrea Camilleri – können nur im<br />

vollen Trubel des Familienlebens kreativ<br />

arbeiten. Scully hört bei der Arbeit<br />

Musik. Welche Romantische Musik wie<br />

”<br />

Beethoven, Schumann, Schubert. Etwas<br />

Jazz von Miles Davis und Abdul Ibrahim.“<br />

Den Ungarn Zoltán Kodály schätze er<br />

sehr. Und natürlich Bob Dylan, U2, REM.<br />

Er selbst nennt den Zustand, in dem er<br />

dadurch malen kann Heat“ – also Hitze.<br />

”<br />

Die moderne Neuro-Forschung würde es<br />

wohl eher als Flow“ bezeichnen, also als<br />

”<br />

einen Fluss, der einen die aktuelle Gegenwart<br />

vergessen lässt und eine sehr hohe<br />

Synchronizität zwischen Emotionalität<br />

und Tun zulässt. Und ein sehr intensives<br />

Glücksgefühl spürbar werden lässt.<br />

Scully formuliert das so, dass die<br />

Musik ihn davon abhält zu debattieren“.<br />

”<br />

Es gehe ihm darum, den inneren Dialog,<br />

der uns Menschen ja ununterbrochen begleitet,<br />

zu stoppen. Wer einmal versucht<br />

hat, im asiatischen Sinne zu meditieren,<br />

um diesen inneren Dialog zum Verstummen<br />

zu bringen, weiß, wie schwer das ist.<br />

Aber durch die Beschäftigung der rechten<br />

Hirnhälfte nähert man sich dem zumindest<br />

ein Stückchen an. Oder mit den<br />

Worten von Sean Scully auf seine Arbeit<br />

bezogen: Ich mag es, wenn mein Geist<br />

”<br />

besänftigt ist. Ruhig. Friedlich. Damit ich<br />

eine Ebene von emotionaler Spiritualität<br />

betreten kann. Denn genau das hebt eine<br />

Arbeit aus anderen hervor. Das unterscheidet<br />

meine Bilder von denen anderer.<br />

Und ich weiß, dass sie unterschiedlich<br />

sind. Sie sind spirituell aufgeladen,<br />

wodurch sie ganz anders in der Welt der<br />

Kunst wahrgenommen werden. Denn die<br />

Welt der Kunst ist eher cool und ironisch.<br />

Und meine Arbeiten sind alles andere,<br />

aber nicht cool und ironisch. Sie sind<br />

hintergründig gemeint – und tief.“<br />

Sean Scully will aber nicht einfach<br />

nur möglichst expressiv und emotional<br />

in seinen Bildern sein. Das wäre aus<br />

seiner Sicht nicht dem aktuellen Stand<br />

der Kunstgeschichte adäquat. Scully will<br />

mehr – von sich und seinen Arbeiten. Er<br />

will die beiden Polaritäten, die beiden<br />

Gehirnhälften – oder wie immer man<br />

diese beiden gegensätzlichen Prinzipien<br />

umschreiben will – er will sie beide in<br />

seinen Bildern vereinen. Nicht, indem<br />

er sie verdünnt ineinander integriert,<br />

sondern indem er sie beide kraftvoll<br />

verschränkt. Oder mit seinen Worten: ”<br />

Es<br />

gibt in meinen Arbeiten eine Spannung<br />

zwischen dem Intellekt, dem philosophischen,<br />

dem kontrollierenden, dem strukturierenden<br />

Geist, was das Gespür, die<br />

konzeptionelle Strenge in meinem Werk<br />

ist. Und dann gibt es den sehr starken<br />

Wunsch, all das irgendwie zu zerstören.<br />

Auf diese Weise versucht meine Arbeit<br />

gewissermaßen alles zu haben. Sie sucht<br />

ein sehr mächtiges Gespür für Tiefgründigkeit<br />

– bezüglich der Struktur – so<br />

dass die Bilder erhaben und nobel sind.<br />

Und gleichzeitig wollen sie Emotionen<br />

kreieren, die überwältigend sind. Es gibt<br />

da einen großen Appetit, all das in meine<br />

Bilder einfließen zu lassen, um beide dieser<br />

menschlichen Eigenschaften in den<br />

Bildern auszudrücken. Und ich meine das<br />

nicht im Sinne einer Beschwichtigung.<br />

Ich meine es auch nicht im Sinne einer<br />

Wahrheit, bei der beide Elemente irgendwie<br />

verdünnt sind. Ich meine, dass ich<br />

beide sehr kraftvoll erfassen will. Denn<br />

ich denke, das schafft Tiefgründigkeit.<br />

Ich glaube daran, dass ein Bewusstsein<br />

für Struktur eine tiefgründige Emotion<br />

erschafft. Das ist meine Position.“<br />

<br />

Sean Scully wird in Deutschland vertreten von<br />

der Galerie Walter Storms, München.<br />

N5 Nachmann Rechtsanwälte beraten Sean Scully in<br />

dessen rechtlichen Angelegenheiten.<br />

•<br />

only can come from a European sensibility.<br />

An American could not paint my paintings. It<br />

would be impossible. And on a smaller scale<br />

it’s more...in agreement with the intimate side.<br />

So it’s less conflicted, it’s less of a contradiction.<br />

Because normally for example a painting like<br />

this mirror painting on this scale would not be<br />

painted like that. It might be drawn like that. But<br />

I don’t think many people would paint it with<br />

that degree of committment to the painting of it.<br />

And it’s the commitment to the painting of it in<br />

relation to the scale of it that makes it somehow<br />

effective – I would say. 7:23:00<br />

When you paint a painting like<br />

this, do you paint each bar singly or do<br />

you paint several areas with the same<br />

colour simultaneously<br />

! I’m using the same colour all the way<br />

through. So it’s ”<br />

A,B,A,B“. And I paint them<br />

over and over and then I keep painting it until<br />

there is something that I am touched by. Until it<br />

affects me. And this purple colour – the painting<br />

is called ”<br />

Mirror Soft Grey“ – I didn’t intend it<br />

to be that colour. I am not very careful when I<br />

paint. So things happen that I don’t expect to<br />

happen. So I use a kind of a system but the way<br />

I paint is very intuitive. And when I got this<br />

colour at first I was disturbed by it. Because it’s<br />

not a colour I ever liked and you know to be<br />

active during the sixties. And in the sixties the<br />

colour that was very prevalent was purple. You<br />

know Jimmy Hendrix made that ”<br />

purple haze“<br />

and just I hated the colour purple. And that has<br />

a kind of mauve quality. But now I absolutely<br />

love it. And I think that this colour is entering<br />

my work as a relationship to the sky around<br />

here. And some of the colours that you see at<br />

the end of day, when the sky is reflected on the<br />

mountains around here, is this colour.<br />

You said in a 2002 interview ”<br />

Munich<br />

is a place where a spiritual center<br />

can be found as in the times of Klee and<br />

Kandinsky“. Now it’s 2009. Do you think<br />

this idea can work in Munich - whereas<br />

the whole art scene goes to Berlin <br />

! Well, I’m not talking about the art<br />

scene, I am also arrogant enough to think, that<br />

the art scene is were I am. (laughs) So I hardly<br />

have to go to Berlin. If I was a young artist I<br />

would definitely go to Berlin. That would be<br />

THE place for me. I love Berlin. I think it’s great.<br />

But I’m not a young artist, so I don’t need to<br />

do that. And – in a way - I’m working off the<br />

landscape too. And there’s a power here in the<br />

relationship to nature that is very interesting.<br />

And I still think that Munich and it’s surrounding<br />

areas are a very interesting place. Because of<br />

it’s relationship to other places. Geographically.<br />

And the influences that have formed this whole<br />

area – from Italy, from the East, from Croatia,<br />

from France. Therefore it’s not accurate to say<br />

“Well it’s in Germany, therefore it’s like Hamburg“.<br />

Because Hamburg is completely different.<br />

When you are in Hamburg you feel powerfully<br />

the presence of Russia and Scandinavia. What I<br />

feel when I am there is a strong relationship to<br />

nordic countries. But obviously different people<br />

feel different things in certain places.<br />

What I mean is, that all places are made<br />

up of various influences. And the influences<br />

in Bavaria are quite southern and Celtic. I find<br />

that very interesting. There is a lot of power in<br />

the land. And in the love of the land. And in the<br />

mountains. Now I live by the mountains and<br />

that is important to the way I paint now. And<br />

it has affected me, as much as New York has<br />

affected me. When I was making my paintings<br />

slapping them together in a way that New York<br />

was slapped together. Like the paintings I made<br />

in the eighties. And more lyric paintings that<br />

I’ve made lately. I think I have been partially<br />

formed by my time here.<br />

So, you want to stay here<br />

longer-term <br />

! Yeah, this is a permanent residence for<br />

us. So we will basically live between New York<br />

and Mooseurach. Which nobody knows how<br />

to pronounce – included myself. It’s too bad it<br />

wasn’t called something like ”<br />

Flange“.<br />

Why ”<br />

Flange“<br />

I Cause it’s easy to say!<br />

Have you seen moose here in<br />

” Mooseurach“<br />

! No, I would like to see a moose. I<br />

would like to hear one at night. It would be<br />

great!<br />

<br />


competence II<br />

Seite 48<br />

Ein Gespräch mit Rechtsanwalt Dirk Cupei,<br />

Direktor der Einlagensicherung beim<br />

Bundesverband Deutscher Banken<br />

mr.<br />

vertrauen<br />

Herr Cupei, was macht<br />

ein ”<br />

Direktor Einlagensicherung“<br />

beim Bundesverband<br />

Deutscher Banken<br />

! Ich betreue zwei Einlagensicherungseinrichtungen<br />

– den freiwilligen Einlagensicherungsfonds,<br />

ein unselbständiges<br />

Sondervermögen des Bundesverbandes<br />

deutscher Banken, welches<br />

seit 1976 in der jetzigen Form<br />

besteht, in der es heute existiert.<br />

Darüber hinaus bin ich zuständig<br />

für die Entschädigungseinrichtung<br />

deutscher Banken, das ist die<br />

gesetzliche Sicherungseinrichtung<br />

für private Banken in Deutschland,<br />

eine Tochtergesellschaft des Bundesverbandes<br />

deutscher Banken.<br />

Beide Fonds kümmern sich um die<br />

Einlagensicherung. Diese hat zur<br />

Aufgabe und Zielsetzung, Kunden<br />

bei Bankinsolvenzen zu schützen,<br />

so dass Kunden teilweise oder<br />

gänzlich schadlos bleiben und ihre<br />

Gelder zurückerstattet bekommen,<br />

wenn eine Bank insolvent wird,<br />

bzw. den Kunden dadurch schadlos<br />

zu halten, dass bereits im Vorfeld<br />

einer Insolvenz zur Insolvenzvermeidung<br />

interveniert wird.<br />

Wenn also Frau Merkel sagt:<br />

Ihr Geld ist sicher!“, dann stecken<br />

”<br />

Sie dahinter, dass es auch so ist<br />

Warum Geldeinlagen bei Banken in<br />

Deutschland sicherer sind als<br />

anderswo. Wie sich private Banken<br />

und Sparkassen in der Sicherung<br />

der Einlagen unterscheiden. Und<br />

warum der kleine Mann seine<br />

Geldeinlagen trotz Lehmann Pleite<br />

wiederbekommt.<br />

! Nicht ganz. Frau Merkel hat<br />

sich damals dahingehend geäußert,<br />

dass – wenn gesetzliche und freiwillige<br />

Sicherungseinrichtungen in Deutschland<br />

ihre Aufgaben nicht mehr vollumfänglich<br />

erfüllen könnten – dann die Bundesregierung<br />

dafür einträte, diese so zu kapitalisieren,<br />

dass sie weiterhin ihre Aufgaben<br />

wahrnehmen können.<br />

Aber sie sagte doch, dass sich<br />

kein Sparer Sorgen machen müsse,<br />

das Geld sei sicher.<br />

! Diese Aussage war ja auch<br />

eine politische Aussage, um verlorenes<br />

Kundenvertrauen wieder<br />

Illustration: Tina Berning


Illustration: Alison Carmichael<br />

herzustellen bzw. zu bewahren.<br />

Das war keine Aussage, die daraus<br />

resultierte, dass man seitens der<br />

Bundesregierung kein Vertrauen<br />

mehr in die gesetzlichen und freiwilligen<br />

Sicherungssysteme hätte,<br />

sondern weil man mit der Angst<br />

der Sparer konfrontiert war. Dabei<br />

hat man ja auch gesehen, dass<br />

nicht nur die Sparer Angst hatten,<br />

sondern auch mangelndes Vertrauen<br />

zwischen den Banken da war.<br />

Das war also eine Situation, wo<br />

sich die Regierung beflissen sah,<br />

mit einer Garantieerklärung nach<br />

außen zu treten und den Kunden<br />

zu sagen, selbst wenn Ihr meintet,<br />

dass die Sicherungseinrichtungen<br />

nicht mehr greifen, sind wir auf<br />

jeden Fall da und sorgen dafür,<br />

dass sie funktionieren.<br />

Diese Garantie wurde<br />

im letzten Jahr ausgesprochen<br />

und seitdem hat der Staat keine<br />

Maßnahme ergreifen müssen,<br />

um Sicherungseinrichtungen zu<br />

kapitalisieren. Es sieht aus unserer<br />

heutigen Sicht auch nicht so aus,<br />

als ob der Bürger diese Garantien<br />

in Anspruch nehmen müsste.<br />

Sie sagten gerade etwas von<br />

unselbständigem Sondervermögen“.<br />

”<br />

Was ist das<br />

! Der Einlagensicherungsfonds<br />

ist ein unselbständiges Sondervermögen<br />

innerhalb des Bundesverbandes deutscher<br />

Banken. Das heißt, es handelt sich dabei<br />

um Geld, das für bestimmte Aufgaben<br />

reserviert ist, nämlich den Schutz von<br />

Einlegern gemäß Statut des Einlagensicherungsfonds.<br />

Das Geld ist also nicht für<br />

andere Aufgaben des Bankenverbandes<br />

da, sondern dient ausschließlich dafür,<br />

Kunden gemäß dem Statut des Einlagensicherungsfonds<br />

zu schützen.<br />

Darf man fragen, um welche<br />

Summe es sich dabei handelt<br />

! Fragen darf man. Aber das ist<br />

etwas, worüber wir nicht sprechen. Das<br />

ist eine wohlgehütete Zahl.<br />

Sie sind auch dazu da, diese<br />

Sondervermögen zu vermehren<br />

! Ja, das gehört zu unseren Aufgaben.<br />

Zum einen, indem wir jährliche<br />

Beiträge, also Umlagen erheben und zum<br />

anderen, indem wir das Geld anlegen und<br />

eine Rendite erzielen. Selbstverständlich<br />

sind wir dabei aufgrund unserer Ziele<br />

angehalten, zunächst vermehrt auf die<br />

Sicherheit zu achten. Und als Zweites auf<br />

die jederzeitige Verfügbarkeit, damit wir<br />

das Geld sachgemäß einsetzen können,<br />

wenn es notwendig wird. Erst an dritter<br />

Stelle kommt der Rendite-Aspekt.<br />

Na dann sind Sie ja der<br />

Superfachmann für einen Geldanlagetipp!<br />

Oder dürfen wir<br />

darüber auch nicht reden<br />

! Doch darüber können wir<br />

reden. Das Geld ist wie gesagt primär<br />

nach Sicherheitskriterien angelegt,<br />

deshalb sind wir bestimmt<br />

nicht der Ansprechpartner für<br />

Leute, die eine maximale Rendite<br />

im Auge haben. Wir legen das Geld<br />

in festverzinsliche Wertpapiere an<br />

und investieren in Festgelder mit<br />

unterschiedlichen Laufzeiten. Wie<br />

gesagt, dass Geld muss ja verfügbar<br />

sein, wenn es gebraucht wird.<br />

Noch mal zurück zur Einlagensicherung.<br />

Nun hat sich ja in der letzten<br />

Zeit etwas ereignet, womit eigentlich<br />

niemand jemals gerechnet hat, nämlich,<br />

dass eine große Bank Pleite gegangen ist<br />

– Stichwort ”<br />

Lehman Brothers“ – das ist<br />

doch sicherlich genau der GAU gewesen,<br />

für den Sie vorgesorgt haben sollten.<br />

! Als in den USA über Lehman das<br />

Chapter 11 eröffnet wurde, wurde durch<br />

die BaFin über die deutsche Tochter,<br />

Lehman Brothers Bankhaus AG ein Moratorium<br />

verhängt. Konkret hieß das, es<br />

durften aus der Bank keine Gelder mehr<br />

herausfließen. Ebenso wenig durfte Geld<br />

in die Bank hinein – es sei denn, diese<br />

Gelder dienten zur Tilgung von Schulden.<br />

Eine gewisse Zeit nach dem Moratorium<br />

wurde der sogenannte Entschädigungs-


fall festgestellt. Dabei stellt die BaFin, die<br />

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht,<br />

fest: Diese Bank ist nicht in der<br />

Lage, ihre Kunden zu bedienen. Das ist<br />

dann der Startpunkt für die gesetzlichen<br />

Sicherungseinrichtungen, die Einleger zu<br />

entschädigen.<br />

Auch der freiwillige Einlagensicherungsfonds<br />

des Bundesverbandes deutscher<br />

Banken orientiert sich in seiner Entscheidung,<br />

wann er die Einleger entschädigt, an<br />

der Entscheidung der BaFin für die gesetzlichen<br />

Sicherungseinrichtungen.<br />

Bei Lehmann haben wir mit dem<br />

Zeitpunkt der Feststellung des Entschädigungsfalls<br />

begonnen, die Kundendaten<br />

aufzuarbeiten. Wir hatten Ende Dezember<br />

2008 alle entschädigungsberechtigten<br />

Kunden angeschrieben. Ende Januar haben<br />

wir dann begonnen die Kunden zu bezahlen.<br />

Kurzum: Alle Kunden, die Einlagen bei<br />

Lehmann hatten, haben mittlerweile ihre<br />

Einlagen vollständig zurückbekommen.<br />

Lehmann ist ein aktueller Beweis für das<br />

Funktionieren der Einlagensicherung.<br />

Um welche Summe geht es da<br />

Oder dürfen wir darüber nicht...<br />

! Das war eine gewaltige Summe,<br />

die da zustande kam, nämlich mehrere Milliarden<br />

Euro! Aber jeder gesicherte Kunde<br />

hat vollumfänglich sein Geld zurückbekommen.<br />

Und wenn Sie das sagen, dann<br />

stehen Sie – und zwar nicht politisch,<br />

sondern real – auch dafür ein, dass das<br />

Wirklichkeit wird<br />

! Als jemand, der eine Institution<br />

vertritt, die sich zuständig darum kümmert:<br />

Ja.<br />

Schön, so etwas in diesen<br />

Tagen zu hören. Bedeutet das, dass der<br />

Einlagensicherungsfonds auch den<br />

normalen Bürger als Kunden hat<br />

! Der Einlagensicherungsfonds<br />

schützt alle Nicht-Bank-Einlagen. Also, der<br />

Einlagensicherungsfonds schützt nicht die<br />

Einlagen von Banken bei Banken, sondern<br />

die Einlagen die von Nicht-Banken getätigt<br />

wurden. Einlagensicherung verfolgt<br />

nämlich zum einen den Zweck der Finanzmarkt-Stabilisierung<br />

und zum anderen<br />

Verbraucherschutz.<br />

Aus dem Verbraucherschutz-Gedanken<br />

heraus müssen wir keine Banken<br />

schützen, sondern den kleinen Anleger.<br />

Und aus Finanzmarkt-Stabilitätsgründen<br />

schützen wir institutionelle Anleger,<br />

Versicherungen, die öffentliche Hand,<br />

größere Unternehmen, Pensionskassen,<br />

damit diese – wenn Banken in Krisen kommen<br />

– nicht ruckartig ihre Einlagen abziehen<br />

und somit erst zu einem Problem der<br />

Bank beitragen. Denn Einlagen sind immer<br />

kurzfristig, während die Verbindlichkeiten<br />

der Banken immer langfristig ausgelegt<br />

sind. Jede Bank wäre illiquide, wenn jeder<br />

Kunde sein Geld sofort zurückverlangen<br />

würde, da die Bank ja ihre Assets langfristig<br />

ausgelegt hat in Form von Krediten. Mit<br />

Laufzeiten von fünf, zehn, fünfzehn Jahren.<br />

Das wäre der GAU<br />

! Ja genau. Das Bankgeschäft<br />

basiert auf dem Vertrauen der<br />

Kunden, dass sie ihr eingelegtes<br />

Geld auch in vielen Jahren wieder<br />

rausbekommen. Und damit dieses<br />

Vertrauen gerechtfertigt ist, gibt es<br />

uns. Wir generieren für Banken das<br />

Vertrauen der Kunden, weil wir sagen:<br />

Selbst wenn Ihr glaubt, dass bei<br />

einer Bank etwas nicht funktioniert,<br />

dann müsst Ihr euch trotzdem keine<br />

Sorgen machen. Denn wenn tatsächlich<br />

ein GAU eintritt, dann sind wir<br />

da und sorgen dafür, dass Ihr euer<br />

Geld zurückbekommt.<br />

Seit 1976, seit Bestehen des<br />

Einlagensicherungsfonds in der<br />

Form, in der er heute besteht, hat<br />

kein Kunde einer am Einlagensicherungsfonds<br />

angeschlossenen Bank<br />

jemals auch nur einen einzigen Cent<br />

Geld verloren.<br />

Ist das eine deutsche<br />

Spezialität<br />

! Es ist eine deutsche Spezialität so<br />

umfassend zu schützen. Nur Deutschland<br />

hat neben dem gesetzlichen Sicherungs-<br />

Illustration: Alison Carmichael


system – das in Deutschland nur 50.000<br />

Euro pro Kunde schützt – ein freiwilliges<br />

System. Die höchste Sicherungsgrenze<br />

liegt weltweit bei 200.000 Euro. Der freiwillige<br />

Einlagensicherungsfonds schützt<br />

Einlagen von 1,5 Millionen bis 6 Milliarden<br />

Euro – pro Kunde!<br />

Schluck!<br />

! Ja, genau.<br />

Ist der Einlagensicherungsfonds<br />

auch für die Kaupthing-Kunden<br />

zuständig<br />

! Nein, die Kaupthing Bank in<br />

Deutschland ist eine Zweigniederlassung<br />

einer isländischen Bank. Und das<br />

EU-Recht sieht sowohl im Bereich einer<br />

Bankerlaubnis – also wenn man ein<br />

Bankgeschäft betreiben will – als auch<br />

im Bereich der Einlagensicherung vor,<br />

dass man, wenn man als Zweigniederlassung<br />

einer Bank innerhalb der EU<br />

Bankgeschäfte betreibt, deren Mutter aus<br />

einem Mitgliedstaat der EU kommt, man<br />

sowohl seine Bankerlaubnis als auch<br />

seine Einlagensicherung vom Heimatstaat<br />

der Mutter-Bank mitbringt. Dies gilt<br />

auch für Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums<br />

(EEA) wie Island. Sprich:<br />

Eine isländische Zweigniederlassung in<br />

Deutschland bringt den Schutz der isländischen<br />

Sicherungseinrichtung mit nach<br />

Deutschland. Das war bei Kaupthing<br />

auch das Problem, dass die isländische<br />

Sicherungseinrichtung nicht leistungsfähig<br />

genug war.<br />

Das läuft also auf eine glasklare<br />

Empfehlung hinaus, sein Geld<br />

bei deutschen Banken anzulegen<br />

! Als Vertreter des deutschen<br />

Bankenverbandes würde ich natürlich<br />

immer sagen: ”<br />

Legt Euer Geld bei einer<br />

deutschen Bank und zwar bei einer privaten<br />

deutschen Bank an – nicht bei einer<br />

Sparkasse oder Genossenschaftsbank.“<br />

Nein, ich habe keinen Zweifel daran, dass<br />

Sicherungseinrichtungen innerhalb der<br />

Europäischen Union ihre Aufgaben nicht<br />

erfüllen könnten und würden. Ich gehe<br />

letztendlich auch davon aus – aber das<br />

ist eine Vermutung –, dass die Einleger<br />

von Kaupthing ihre Einlegerentschädigung<br />

auch durch die isländische Sicherungseinrichtung<br />

bekommen hätten,<br />

die ihnen gesetzlich zustand, so wie<br />

das letztendlich auch in Großbritannien<br />

und den Niederlanden der Fall war.<br />

Kaupthing hat den Einlegern in Deutschland<br />

jedoch selber die Einlagen zurück<br />

gezahlt. Sprich: Nicht die isländische Sicherungseinrichtung<br />

musste die Kunden<br />

entschädigen, sondern Kaupthing hat<br />

das Geld selber generiert, das nötig war,<br />

um den deutschen Kunden die gesamten<br />

Einlagen wieder auszuzahlen.<br />

War das eine<br />

Goodwill-Aktion<br />

! Das ist nur im weitesten<br />

Sinne eine Goodwill-Aktion, denn<br />

das isländische Insolvenzrecht<br />

sieht ein Vorrecht von privaten<br />

Einlegern im Insolvenzverfahren<br />

vor. Offensichtlich lag noch genug<br />

Vermögen vor, um die deutschen<br />

Einleger zu befriedigen. Nur war<br />

dieses Vermögen anfänglich nicht<br />

liquide, was zu solch enormen<br />

Verzögerungen geführt hat.<br />

Noch eine Frage zum<br />

Verständnis: Sie haben gesagt,<br />

Sie seien für die privaten<br />

Banken zuständig nicht für<br />

die Sparkassen und Genossenschaftsbanken.<br />

Wenn man<br />

sein Geld dort einlegt, dann<br />

greifen Ihre Sicherungsfonds<br />

nicht<br />

! Genau. Wir haben in Deutschland<br />

eine Vielzahl von Sicherungseinrichtungen,<br />

die sich entsprechend der<br />

verschiedenen Bankensektoren orientieren.<br />

Wir haben zunächst den privaten<br />

Bankensektor – für deren Einlagensicherungsfonds<br />

ich stehe mit dem Bundesverband<br />

Deutscher Banken. Wir vertreten<br />

circa 220 Banken in Deutschland – also<br />

die Großbanken wie die Deutsche Bank,<br />

Commerzbank, HypoVereinsbank, Postbank<br />

etc.<br />

Dann gibt es den Sparkassensektor<br />

– also die Sparkassen, Landesbausparkassen<br />

und die Landesbanken.<br />

Und dann gibt es den Genossenschaftssektor<br />

– das sind Volks- und<br />

Raiffeisenbanken, die Sparda-Banken.<br />

Die haben alle ein Zentralinstitut – die<br />

DZ Bank.<br />

Schließlich haben wir einen weiteren<br />

– kleineren – Sektor, der verwandt<br />

ist mit dem Sektor der Sparkassen, dem<br />

Bundesverband der öffentlichen Banken<br />

Deutschlands, zu dem zum Beispiel die<br />

KfW, die Landwirtschaftliche Rentenbank<br />

etc. gehören.<br />

Jeder dieser Bankensektoren hat<br />

seine eigenen Sicherungseinrichtungen.<br />

Dabei ist das Modell der Sparkassen<br />

bemerkenswert, weil es weltweit einzigartig<br />

ist. Es beruht auf dem gleichförmigen<br />

Marktauftritt – jede Sparkasse hat<br />

ja dieses rote oder blaue ”<br />

S“ als Logo.<br />

Daneben haben die Sparkassen auch<br />

gleichartige Produkte, die sie alle vertreiben.<br />

Deshalb ist es für den Kunden gar<br />

nicht so offensichtlich, dass die Sparkasse<br />

München rechtlich nicht identisch ist<br />

mit der Sparkasse Ingolstadt oder Augsburg.<br />

Die Sparkassen haben hier einen<br />

Verbundsgedanken. Sie sorgen mit einer<br />

sogenannten ”<br />

Institutssicherung“ dafür,<br />

dass das gesamte Institut nicht insolvent<br />

werden kann. Und weil das Institut –<br />

also die einzelne Sparkasse – nicht insolvent<br />

werden kann, ist der Kunde auch<br />

hundertprozentig geschützt. Das Gleiche<br />

machen die Genossenschaftsbanken.<br />

All das kommt aus dem Verbundgedanken,<br />

weil man nicht zulassen<br />

möchte, dass ein Teil des Verbundes ausund<br />

einbricht, denn das würde zu einer<br />

Verunsicherung der Kunden in ganz<br />

Deutschland führen. Denn die wüssten<br />

gar nicht: Ist das jetzt auch meine Sparkasse,<br />

die da Probleme hat<br />

Das Einmalige an diesem Verbundgedanken<br />

ist, dass die einzelnen<br />

Institute – die ja miteinander im Wettbewerb<br />

stehen – dennoch einen nicht-wettbewerbsfähigen<br />

Teilnehmer künstlich am<br />

Leben erhalten wollen!<br />

Was machen die<br />

Sparkassen aber, wenn es bei<br />

mehreren Instituten Probleme<br />

gibt, vielleicht sogar bei<br />

der Mehrheit – wie es jetzt ja<br />

durchaus der Fall sein könnte<br />

! Wir haben zwar seit Jahren<br />

nicht mehr die Anstaltslastund<br />

Gewährträgerhaftung – denn<br />

dazu hat ja die Europäische Kommission<br />

seinerseits entschieden,<br />

dass es wettbewerbsverzerrend<br />

ist, wenn der Bestand des Instituts<br />

durch die Stadt, die Region oder<br />

das Land geschützt wird. Deshalb<br />

mussten die öffentlichen Banken<br />

wie Sparkassen und dergleichen,<br />

die im Wettbewerb mit privaten<br />

Banken standen, auf die Gewährträgerhaftung<br />

verzichten. Ob dies<br />

in der aktuellen Finanzmarktkrise<br />

tatsächlich stringent eingehalten<br />

wurde ist zumindest fraglich.<br />

Solche Worte werden die<br />

öffentlichen Banken sicherlich nicht<br />

gerne hören. Wie auch immer. Sind<br />

denn beide Sicherungseinrichtungen<br />

– also die der Privatbanken<br />

(vertreten durch den Bundesverband<br />

deutscher Banken) und die<br />

der Sparkassen und Landesbanken –<br />

miteinander vergleichbar<br />

! Ich will es einmal so ausdrücken:<br />

Die Institutssicherung der Sparkassen<br />

und Genossenschaftsbanken setzt im<br />

Vorfeld einer Insolvenz ein, indem die<br />

anderen Institute für den möglichen<br />

Schaden eintreten.<br />

Die Einlagensicherung des Bundesverbandes<br />

Deutscher Banken umfasst<br />

dagegen das gesamte Bündel an Maßnahmen<br />

im Vorfeld oder im Nachgang einer<br />

Insolvenz, damit der Kunde schadlos<br />

bleibt. Die Einlagensicherung hat also<br />

beide Optionen: Sie kann im Vorfeld der<br />

Insolvenz die Insolvenz verhindern –<br />

diese Möglichkeit haben wir auch schon<br />

praktiziert. Nehmen sie als Beispiel die<br />

AHBR oder die SchmidtBank in Bayern<br />

oder das Bankhaus Delbrück in Köln.<br />

Das waren Institute, bei denen wir uns<br />

aus verschiedenen Motiven entschieden<br />

haben, im Vorfeld der Insolvenz zu inter-


venieren, das Institut zunächst in seinem<br />

Bestand zu sichern und dadurch sowohl<br />

den Kunden zu schützen als auch die<br />

Finanzmarktstabilität zu gewährleisten.<br />

Nichtsdestotrotz ist unser Fokus dann,<br />

dieses Institut nicht als konkurrierendes<br />

Unternehmen zu den Banken, die ihm geholfen<br />

haben, weiter am Markt zu halten.<br />

Die SchmidtBank wurde zum Beispiel<br />

letztendlich abgewickelt. Auch Delbrück<br />

ist in seiner ursprünglichen Form heute<br />

so nicht mehr existent.<br />

Abgesehen von solchen Maßnahmen<br />

ist aber der Grundgedanke der<br />

Einlagensicherung, im Nachhinein den<br />

Kunden zu schützen.<br />

Um dadurch Unruhe bei den<br />

Kunden zu vermeiden.<br />

! Ja genau. Wobei man ja jetzt bei<br />

der Finanzmarktkrise in Deutschland<br />

sieht, dass es Situationen, die wir aus<br />

England kennen – mit Schlangen vor<br />

den Banken wie Northern Rock – nicht<br />

gibt. Wir haben bei uns nicht diese Panikreaktionen,<br />

weil bei uns ein gewisses<br />

Grundvertrauen zum einen in den<br />

Bankensektor bestand und besteht und<br />

zum anderen in die Leistungsfähigkeit<br />

der Sicherungseinrichtungen, die bislang<br />

ihren Aufgaben auch immer nachgekommen<br />

ist.<br />

Sie arbeiten jetzt seit<br />

zwölf Jahren an diesem Thema<br />

Einlagensicherung. Haben Sie<br />

sich in dieser Zeit eine Situation<br />

vorstellen können, die so<br />

ist, wie sie jetzt eingetreten<br />

ist<br />

! Nein. Wenn man sich mit Einlagensicherung<br />

befasst, muss man sich<br />

natürlich theoretisch mit dem Gedanken<br />

beschäftigen, dass diese Sicherung<br />

irgendwann einmal greifen können muss.<br />

Besonders wenn man sich geschichtlich<br />

damit befasst hat, wie es damals gewesen<br />

war in der Wirtschaftskrise. Oder wie die<br />

Krisen einzelner Länder verlaufen sind.<br />

Es gab die Savings and Loan Crisis in<br />

den USA, die schwedische Bankenkrise,<br />

die französische Bankenkrise – aber dass<br />

sich eine so große Krise weltweit mit<br />

diesen Folgewirkungen auf die Realwirtschaft<br />

in meiner beruflichen Periode<br />

jemals so abspielen könnte, das habe ich<br />

nie vermutet.<br />

Haben da viele Einzelne<br />

winzige Fehler gemacht, die<br />

sich zu diesem Ausmaß addiert<br />

haben Wie bei einer Lawine<br />

Oder wie ist das gekommen<br />

! Ich glaube, da haben<br />

eine ganze Menge Leute sehr viel<br />

verkehrt gemacht. Da ist ein sehr<br />

großes Profitdenken gewesen.<br />

Und in den USA hat man – und<br />

das ist ja jetzt offenkundig –<br />

auf breiter Fläche den Wunsch<br />

gehabt, Menschen Eigentum zu<br />

gewähren, die wahrscheinlich<br />

nicht in der Lage waren, dieses Eigentum<br />

zu finanzieren. Amerikanische<br />

Banken haben – auch weil<br />

man daran verdient hat, Menschen<br />

etwas zu verkaufen und Kredite zu<br />

gewähren – nicht mehr die Maßstäbe<br />

bei der Kreditgewährung<br />

angelegt, die man üblicherweise<br />

anlegen muss. Und Menschen, die<br />

nachher die gebündelten Kredite<br />

zusammengefasst haben und als<br />

Finanzinstrumente weiterverkauft<br />

haben, die haben auch bestimmte<br />

Vorsichtsmaßregeln außer Acht<br />

gelassen. Und die, die sie in aller<br />

Welt aufgekauft haben, erst recht.<br />

Und Rating-Agenturen, die diesen<br />

Finanzprodukten ein bestimmtes<br />

Rating erteilt haben, haben wohl<br />

auch nicht so genau hingeschaut,<br />

aus welchem Grund auch immer.<br />

Es waren also – retrospektiv<br />

betrachtet – nicht viele kleine<br />

Fehler, sondern ziemlich große<br />

Sorgfaltsvernachlässigungen!<br />

Man kann ja verstehen,<br />

dass jemand, der auf faulen<br />

Krediten sitzt, sie zusammenfassen<br />

und loswerden will.<br />

Aber dass ein anderer dieses<br />

Paket freiwillig kauft, ist mir<br />

ein Rätsel.<br />

! Das verstehe ich auch<br />

nicht. Man kann aus vielen Lahmen<br />

keinen Spurter machen und<br />

aus vielen Einäugigen kann man<br />

auch kein Adleräugigen machen.<br />

Mir fehlt dafür eindeutig das Verständnis.<br />

Was meinen Sie, haben<br />

sich da einige gegenseitig in<br />

einen Rausch hineingeredet<br />

! Tja, man war da wohl in<br />

jeder Hinsicht ziemlich unbekümmert<br />

in Hinsicht auf die<br />

möglichen Effekte, die sich hätten<br />

einstellen können. Man hatte seit<br />

Jahren mit ständig steigenden<br />

Immobilienpreisen zu tun gehabt.<br />

Und dabei ist man wohl davon<br />

übergegangen, nicht mehr nur<br />

einen Teil einer Immobilie zu<br />

finanzieren, sondern komplett.<br />

Immer darauf bauend, dass sie im<br />

Wert steigt, um in der Verwertung<br />

dann das zu erlösen, was man als<br />

Kredit gewährt hat. Das Vertrauen<br />

in das Steigen der Immobilienwerte<br />

war in den USA wohl so<br />

stark, dass man in der Folge die<br />

Immobilie nicht nur zu hundert<br />

Prozent finanziert hatte, sondern<br />

sogar noch darüber hinaus Kredite<br />

gewährte. Es hat genug Mahner<br />

und Warner gegeben, die gesagt<br />

haben, dass diese Wertsteigerungen<br />

irgendwann einmal ein Ende<br />

haben müssen.<br />

Es fiel gerade das<br />

Stichwort ”<br />

Wert“. Da stellt<br />

sich die ganz prinzipielle<br />

Basisfrage: Was ist eigentlich<br />

” Wert“<br />

! Der wirtschaftliche Wert ist<br />

eigentlich das, was sich als Treffpunkt<br />

zwischen Angebot und Nachfrage herauskristallisiert.<br />

Und dieser Wert ist<br />

letztendlich für eine Bank maßgebend für<br />

eine Beleihung. Und was wir hier bei den<br />

Amerikanern gesehen haben, ist, dass es<br />

ein riesiges Angebot gegeben hat und auf<br />

einmal – als viele Leute ihre Immobilien<br />

veräußern mussten, weil sie die Kredite<br />

nicht mehr bedienen konnten, eben weil<br />

es keine Nachfrage mehr gab – ist der<br />

Wert verfallen.<br />

Wert ist also eine Übereinkunft<br />

und damit nicht etwas besonders<br />

Stabiles. Das sollte man sich hin<br />

und wieder in Erinnerung rufen!<br />

<br />

N5 Dirk Cupei schätzt die Arbeit von Nachmann<br />

Rechtsanwälten speziell in bankrechtlichen Angelegenheiten.<br />


MY<br />

germany<br />

Seite 58<br />

Ein Gespräch zwischen Dr. Reinhard Hartstein,<br />

dem stellvertretenden Intendanten der<br />

Deutschen Welle, und unserem Autor<br />

Andreas Lukoschik über den Unterschied<br />

zwischen Bayern und Rheinländern,<br />

warum ein guter Jurist ein „Gestalter“ ist,<br />

worin die einzige Chance des öffentlichrechtlichen<br />

Fernsehens liegt und<br />

warum ihm das Global Media Forum<br />

am Herzen liegt.<br />

Sie sind in München geboren,<br />

haben an der LMU Jura studiert<br />

inklusive Zweitem Staatsexamen, haben<br />

in der Staatskanzlei für Stoiber und<br />

Strauss gearbeitet und leben seit 1989 im<br />

Rheinland. Fehlt Ihnen München<br />

! Ja!<br />

Mach<br />

mir<br />

die<br />

Welle<br />

Was an München<br />

! München ist für mich weniger als<br />

Stadt interessant, sondern als Lebensgefühl. Der<br />

Münchner geht am Wochenende an die Seen,<br />

ins Gebirge. Der Kölner geht in die Stadt und<br />

flaniert in der Innenstadt. Die Bayern kommunizieren<br />

wenig, aber präzise und halten sich<br />

an das, was sie sagen. Der Rheinländer pflegt<br />

Kommunikation zu machen, um Zeitlücken<br />

zu überbrücken, ohne dass das, was er spricht,<br />

inhaltlich von Bedeutung ist. Der Rheinländer<br />

ist nicht der Meinung, dass man sich festlegen<br />

muss. Der Bayer lebt von der Festlegung. Der<br />

Bayer widerspricht, wenn er etwas für falsch<br />

hält. Der Rheinländer hält das für unhöflich.<br />

Der Bayer liebt die Klarheit. Der Rheinländer<br />

liebt die Unklarheit. Ich nenne das immer<br />

den rheinischen Nebel“. Die Bayern halten<br />

”<br />

rheinischen Nebel“ für unangenehm und<br />

”<br />

können damit normalerweise nicht umgehen.<br />

Was auch erklärt, warum bayrische Politiker bei<br />

Bundestagswahlen rheinischen Politikern häufig<br />

unterlegen waren. Nun sind wir Bayern aber<br />

nicht weltfremd – sondern lernfähig. Wenn man<br />

sich also dieser rheinischen Eigenart bewusst ist,<br />

kann man damit umgehen. Inzwischen mache<br />

ich es hier genauso. Die Variante ich muss mich<br />

”<br />

nicht festlegen“ habe ich inzwischen auch drauf.<br />

Das handhabt unser Intendant, der lange Zeit<br />

Vertreter Bremens im Bundesrat war und – wie<br />

ich – angelernter Rheinländer ist, genauso.<br />

Wenn er zwei Stunden im rheinischen Nebel“<br />

”<br />

mitgespielt hat und wir nachher darüber reden,<br />

hat er mir in drei Minuten im Klartext gesagt,<br />

was er meint.<br />

Probieren wir das gleich mal aus:<br />

Sind Sie mit dem neuen Ministerpräsidenten<br />

in Bayern zufrieden<br />

! Das ist schwierig zu sagen. Eine klare<br />

Auskunft kann man dazu schwer geben. Er hat<br />

erreicht, dass die CSU in den verschiedenen<br />

politischen Feldern wieder sprachfähig ist. Er<br />

bringt die Erneuerung voran, keine Frage. Aber<br />

die mangelnde Positionierung in Grundsatzfragen<br />

ist für mich schwierig – wird aber auch öffentlich<br />

bemängelt. Ich denke, dass der Kompass<br />

bei ihm schwer auszumachen ist, zumal er zu<br />

verschiedenen sozialen Fragen eine Grundeinstellung<br />

hat, die nicht die meine ist. Ich bin eher<br />

ein reformorientierter Liberaler, wo bei ihm der<br />

Sozialpolitiker dominiert. Aber nachdem sich<br />

Stoiber selbst beschädigt hatte, gab es keine<br />

Alternative zu Seehofer.<br />

Ich bin ja ein Stoiberianer – habe neun<br />

Jahre mit ihm gearbeitet – und weiß, Stoiber<br />

war ein exzellenter Ministerpräsident und ein<br />

exzellenter CSU-Vorsitzender, der noch spielend<br />

fünf Jahre hätte weitermachen können, zumal<br />

ihm in der CSU sowieso keiner das Wasser reichen<br />

konnte. Aber erst die Ambition, unbedingt<br />

nach Berlin gehen zu wollen und sich alles auf<br />

den Leib schneidern zu lassen, und dann der<br />

Rückzug aus Berlin – das war niemandem zu<br />

vermitteln. Alles andere war – Pauli und so –<br />

Illustration: Tina Berning


Quatsch und ohne Belang. Stoiber war immer<br />

Sachargumenten zugänglich und ein ausgesprochen<br />

angenehmer Chef. Aber nachdem er sich<br />

selbst schwer beschädigt hatte, war er fällig.<br />

Sie waren unter Stoiber in der<br />

Staatskanzlei Geschäftsführer der Projektkommission<br />

zum Kabelpilotprojekt<br />

in München und haben bei der Einführung<br />

des kommerziellen Fernsehens in<br />

Bayern maßgeblich mitgewirkt. Heute<br />

sind Sie Verwaltungsdirektor der Deutschen<br />

Welle. Da stellt sich mir die Frage:<br />

Sind Sie als Jurist eher ein ”<br />

Ermöglicher“<br />

oder ein ”<br />

Verhinderer“<br />

! Ich stelle diese Frage immer so: Bin<br />

ich ein Gestalter oder bin ich ein Verwalter<br />

Und Sie sind eher ein Gestalter<br />

! Ja, obwohl ich den Titel ”<br />

Verwaltungsdirektor“<br />

habe.<br />

Was würden Sie in dieser Frage<br />

jungen Juristen auf ihren Berufsweg<br />

mitgeben<br />

! Die Juristerei erzieht zu sehr zum<br />

Bedenkentragen und zum Verhindern. Im<br />

Grunde muss man diese Wissenschaft ummünzen<br />

in die Wissenschaft ”<br />

Wie kann man<br />

Gesetze und das Recht gestalten“.<br />

Diese Fähigkeit ist etwas, was man<br />

bei Juristen trainieren muss. Denn das geht<br />

über das juristische Wissen hinaus, das man<br />

fürs Examen lernt. Man lernt, Probleme zu<br />

sehen, Gesetze auszulegen und Gesetze anzuwenden.<br />

Die Anwendung muss die Lücken<br />

erkennen, muss die Möglichkeiten eruieren,<br />

im Wege der Anwendung weiterzukommen,<br />

ohne das Gesetz ändern zu können. Da gehört<br />

viel Pragmatismus dazu, viel juristisches<br />

Wissen und die Fähigkeit, Wege zu finden.<br />

Kommen wir zurück zum<br />

privaten Fernsehen. Wie haben Sie das<br />

Problem gelöst, privaten Rundfunk in<br />

Bayern möglich zu machen, obwohl im<br />

Artikel 111a der Bayerischen Verfassung<br />

steht, dass Rundfunk nur in öffentlichrechtlicher<br />

Trägerschaft betrieben<br />

werden darf<br />

! In dieser Sachlage habe ich damals als<br />

Hilfsreferent in der Staatskanzlei mit meinem<br />

exzellenten und charismatischen Chef, dem<br />

Professor Ring, nachgedacht, wie man diese<br />

Ausgangslage nutzen kann, ohne die Bayerische<br />

Verfassung zu ändern – was ja auch kaum möglich<br />

gewesen wäre.<br />

Der Gedanke, der uns diesen Wandel<br />

erfolgreich durchführen ließ, war: Wenn man<br />

eine rundfunkpolitische Entwicklung will,<br />

braucht man eine Mehrheit. Und die Mehrheit<br />

ruht in der gesellschaftlichen Breite, also in den<br />

Kommunen, den Kirchen, den Gewerkschaften<br />

– kurzum: Alle müssen dabei sein, wenn man<br />

so ein System aus der Taufe heben will. In einer<br />

Demokratie braucht man nun mal Mehrheiten.<br />

Und wenn alle dafür sind, dann klappt es ja auch.<br />

Daraus entstand das Kabelpilotprojekt.<br />

Es war der Versuch, vermehrt Programme in<br />

einem Versuchsgebiet anzubieten. Im Aufsichtsrat<br />

saßen der Bayerische Rundfunk, das ZDF,<br />

der Freistaat und noch eine ganze Menge von<br />

gesellschaftlichen Vereinigungen wie Handwerkskammern<br />

und dergleichen. Die saßen –<br />

wie gesagt – im Aufsichtsrat. Aber der Träger im<br />

rundfunkrechtlichen Sinne war der Bayerische<br />

Rundfunk. Also auch der Träger der Programme,<br />

die von Privaten gestaltet wurden! Nochmal:<br />

Programmliche Angebote, die private Anbieter<br />

gemacht haben, wurden damals vom Bayerischen<br />

Rundfunk verantwortet!<br />

Dann war der nächste Schritt zu sagen:<br />

Wenn es rechtlich geht, dass der Bayerische<br />

Rundfunk private Angebote verantwortet, dann<br />

kann das auch eine andere öffentlich-rechtliche<br />

Anstalt wie zum Beispiel eine ”<br />

Landeszentrale<br />

für neue Medien“ machen. Und so haben wir<br />

dann damals die notwendigen Schritte zur<br />

Gründung der Landeszentrale eingeleitet.<br />

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof<br />

hat übrigens entschieden, dass es sich bei diesem<br />

Vorgehen um das klassische Ergebnis einer<br />

Rechtsgestaltung handelt. Denn die Bayerische<br />

Verfassung ist – wie beabsichtigt – nicht umgeschrieben<br />

worden.<br />

Und das haben Sie mit Professor<br />

Ring durchgezogen<br />

! Wir in der Staatskanzlei haben dieses<br />

System erfunden, haben dann einen Gesetzesentwurf<br />

gemacht – das ”<br />

Medienerprobungs- und<br />

-entwicklungsgesetz“ –, der dann vom Landtag<br />

beschlossen wurde. Und diese ”<br />

Landeszentrale<br />

für neue Medien“ verantwortet heute noch die<br />

Programme aller privaten Anbieter, die in Bayern<br />

nach bayerischem Recht senden, wenngleich<br />

sich das alles im ”<br />

Rundfunkstaatsvertrag der<br />

Länder“ weiterentwickelt hat.<br />

Kann man sagen, dass es das<br />

kommerziell-private Fernsehen ohne Sie<br />

nicht gegeben hätte<br />

! Das wäre Hybris! Es gäbe es sicherlich,<br />

vielleicht nicht so in dieser Form. Die anderen<br />

Länder hätten es sicherlich auf ihre Weise auch<br />

irgendwie durchgezogen – ob es uns gegeben<br />

hätte oder nicht.<br />

Aber Sie haben Ihren juristischen<br />

Sachverstand eingebracht, damit es in<br />

Bayern so möglich wurde<br />

! Ja, vielleicht wäre es in Bayern nicht so<br />

entstanden. Aber bitte nicht übertreiben.<br />

Stellt sich nun die Frage: Und, hat<br />

uns dieses kommerzielle Fernsehen<br />

weitergebracht<br />

! Also, das zentrale Grundrecht unseres<br />

Staates ist die Freiheit. Und selbstverständlich<br />

ist die Öffnung zum privaten Rundfunk hin eine<br />

Ausweitung zu mehr Freiheit gewesen. Es ist<br />

dadurch so, dass es in diesem Staat nicht mehr<br />

möglich ist, eine Position zu verschweigen!<br />

Die ”<br />

Schweigespirale“, von der Frau Professor<br />

Noelle-Neumann in den 70er und 80er Jahren<br />

geschrieben hatte, findet nicht mehr statt. Deshalb<br />

meine ich: Das deutsche Rundfunksystem<br />

ist sicherlich das beste, das die Welt kennt. Das<br />

ist die positive Seite.<br />

Die negative Seite ist, dass der kommerzielle<br />

Rundfunk auch eine Verflachung, eine<br />

Banalisierung gebracht hat, die wir uns so nicht<br />

vorgestellt hatten. Die Medien haben unsere Gesellschaft<br />

stark verändert. Und daran haben die<br />

kommerziellen Medien – die ja in der Mehrheit<br />

sind – einen großen Anteil.<br />

Aber unsere Ausgangsthese von damals<br />

ist bis heute richtig: Wenn wir Veränderungen<br />

nicht im Inneren selbst gestalten, werden wir<br />

von außen gestaltet! Wenn wir uns also nicht<br />

selbst darum kümmern, Innovationen zu konfigurieren,<br />

so wie wir sie für richtig halten, dann<br />

kommen die Angebote von außen – unkontrollierbar.<br />

Denn die Technik ermöglicht alles. Und<br />

das ist eine echte Herausforderung.<br />

Wir leben ja inzwischen mit und in<br />

einer sehr bunten Medienwelt. Schauen Sie sich<br />

allein die Entwicklungen auf dem Fotohandy-<br />

Markt an. Da werden aus Krisengebieten brandaktuelle<br />

Fotos in alle Welt verschickt, von denen<br />

man manchmal gar nicht weiß, ob sie echt sind<br />

oder ein Fake. Deshalb ist es in der aktuellen<br />

Medienlandschaft so wichtig geworden, dass<br />

man eine Marke hat, die hält, die also glaubwürdig<br />

ist und für Kompetenz und Seriosität steht.<br />

Und damit sind wir bei der Deutschen Welle,<br />

die eine Marke ist, die inhaltliche Verlässlichkeit<br />

bietet. Und zwar weltweit.<br />

War das öffentlich-rechtliche<br />

Fernsehen nicht völlig überfordert mit<br />

dem, was mit zunehmender Geschwindigkeit<br />

aus den kommerziellen Kanälen auf<br />

sie zugerast kam<br />

! Das frühere öffentlich-rechtliche System<br />

war in der damaligen Form nicht zukunftsfähig.<br />

Es hatte sich zu sehr auf seiner eigenen<br />

Monopolstellung ausgeruht, hatte die Nase sehr<br />

weit oben und war ein Staat im Staate. Das hat<br />

allen Beteiligten nicht gut getan und musste<br />

geändert werden.<br />

Haben Sie das damals auch so<br />

erlebt<br />

! Der Professor Ring hat damals zu mir<br />

gesagt: ”<br />

Sehen Sie sich doch dieses System an –<br />

der riesige Parteieneinfluss, die Überheblichkeit<br />

seiner Vertreter, dieses System kann sich nicht<br />

erneuern und ist auch noch unwirtschaftlich.<br />

Dieses System braucht dringend Konkurrenz.“<br />

Das war übrigens auch die Meinung von Stoiber.<br />

Der wusste immer, dass privater Rundfunk<br />

parteipolitisch nicht zuzuordnen ist. Er sah<br />

bei der Privatisierung des Rundfunks immer<br />

den entscheidenden Vorteil in dem Verlust der<br />

beanspruchten Autorität des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks. Der Nachrichtensprecher<br />

der Tagesschau war ja früher quasi der Staat.<br />

Deshalb hat Stoiber immer die Meinung vertreten,<br />

es müsse Vielfalt her. Und damit meinte<br />

er nicht, dass alle Sender CSU-Programme<br />

senden müssten! Im Gegenteil. Das war ein sehr<br />

stark ordnungspolitischer Ansatz bei Stoiber<br />

gewesen. Dabei hat er – übrigens von Anfang<br />

an – die familienpolitische Problematik bei den<br />

kommerziellen Sendern sehr klar gesehen. Also


”<br />

Wenn wir also Werte im fremdsprachigen<br />

Sektor vermitteln, dann sind das<br />

Werte, die an Freiheit, Demokratie und<br />

Menschenrechten orientiert sind. “<br />

N5 Nachmann Rechtsanwälte teilen mit Dr. Hartstein<br />

den Ansatz, juristische Lösungen nicht nur zu wollen,<br />

sondern sie aktiv zu gestalten.


die Frage, werden die Kinder stundenlang vor<br />

dem Fernseher sitzen und Inhalte konsumieren,<br />

die wir nicht verantworten können. Wie können<br />

wir da gegensteuern Und gerade deshalb war<br />

es so wichtig, dass wir selbst diese Entwicklung<br />

angestoßen haben, um sie – zumindest ansatzweise<br />

– steuern zu können.<br />

Dann ist dieser Versuch aber<br />

gründlich daneben gegangen. Ich würde<br />

meinen Sohn niemals nachmittags unkontrolliert<br />

Fernsehen schauen lassen.<br />

! Da haben Sie absolut Recht. Die Verantwortung<br />

der Eltern kann – und darf – man<br />

ihnen nicht abnehmen. Aber diese Entwicklung<br />

wäre auch eingetreten, wenn man nicht das<br />

kommerzielle Fernsehen möglich gemacht hätte.<br />

Deshalb hat die ARD ja auch nachgelegt und<br />

den Kinderkanal ins Leben gerufen.<br />

Apropos ARD. Ich bin als alter<br />

ARD-Mann einigermaßen entsetzt, dass<br />

man im Ersten ernsthaft den Gedanken<br />

ausgelebt hat, einen Oliver Pocher ins<br />

Abendprogramm zu heben. Nach dem Motto:<br />

Uns ist jedes Mittel recht, um jünger zu<br />

werden.<br />

! Ich bin zu wenig Fernsehkonsument,<br />

als dass ich da auf ein breit fundiertes Wissen<br />

zurückgreifen kann. Ich sehe Informationssendungen<br />

und die von Ihnen genannte Person<br />

seltener“. Aber ich glaube schon auch, dass<br />

”<br />

die ARD auf ihre Marke aufpassen muss. Und<br />

was muss die Marke ausmachen Die seriöse,<br />

objektive Information, die Meinungen bewertet,<br />

die Offenheit von Meinungen fördert und die<br />

historische Hintergründe einbezieht. DAS muss<br />

die Marke prägen. Selbstverständlich für alle<br />

Altersgruppen – und darf dabei nicht zu flach<br />

werden. Als Figur ist aus meiner Sicht deshalb<br />

ein Oliver Pocher oder ein Stefan Raab nicht<br />

sehr passgenau zur Marke ARD.<br />

Aber zum öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehen gehört nicht nur Information<br />

und Bildung, sondern auch die Unterhaltung<br />

dazu. Und in der Unterhaltung macht<br />

es den Eindruck, dass die Öffentlich-Rechtlichen<br />

ziemlich massiv versagen.<br />

! Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks sehe ich sehr stark im Bereich der<br />

Wertevermittlung. Und zwar die Werte, die in<br />

der Verfassung stehen, nämlich die Würde des<br />

Menschen, Ehe und Familie, Toleranz, Meinungsfreiheit,<br />

Eigentum. Diese Werte muss er<br />

vermitteln. Das kann er auf verschiedene Weise<br />

tun – in der Information und Bildung aber auch<br />

in der Unterhaltung. Unterhaltung als Unterhaltung<br />

ist nicht die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks! Im Rahmen der Unterhaltung<br />

letztendlich eine Wertorientierung rüberzubringen,<br />

das muss das Ziel sein. In einem Tatort<br />

wird zum Beispiel das Recht auf den Schutz des<br />

Eigentums vermittelt, oder die Tatsache, dass<br />

man Verbrecher stellen muss etc. Und zwar so,<br />

dass man sich unterhalten fühlt. Und weil Werte<br />

ja nicht schwermütig vermittelt werden müssen,<br />

gehören auch die vielen großartigen Kabarettisten<br />

hierher. Satire vermittelt ja manchmal sogar<br />

mehr als Nicht-Satire! Aber da fehlt es manchmal<br />

im öffentlich-rechtlichen System.<br />

Eine unserer Hauptaufgaben hier in der<br />

Deutschen Welle ist diese Wertvermittlung, bei<br />

der ich manchmal in der ARD den Eindruck<br />

habe, dass dieses Gedankengut nicht in der<br />

Breite da ist, wie es sein sollte.<br />

Das ist die umständliche Antwort auf<br />

Ihre simple Frage.<br />

Kennen sie dazu folgenden Witz:<br />

Wie sieht der Himmel aus Im Himmel<br />

”<br />

sorgen die Engländer für die Unterhaltung,<br />

die Italiener fürs Essen und die<br />

Deutschen für die Sicherheit.<br />

Wie sieht die Hölle aus In der<br />

Hölle sorgen die Engländer fürs Essen, die<br />

Italiener für die Sicherheit und die Deutschen<br />

für die Unterhaltung!“<br />

! (lacht laut auf) Da hat sich aber schon<br />

einiges geändert, was übrigens auch an der ”<br />

segensreichen<br />

Wirkung“ des privaten Rundfunks<br />

liegt. Es hat noch nie so viele gute Kabarettisten<br />

gegeben wie zur Zeit. Wir haben hier in der<br />

Deutschen Welle ja mit vielen verschiedenen<br />

Nationen zu tun, auch mit den von Ihnen erwähnten<br />

Engländern, die oftmals ganz verblüfft<br />

feststellen, wie lustig die Deutschen sein können.<br />

Ausgangspunkt ist aber: Bei der Unterhaltung<br />

muss sich der öffentlich-rechtliche<br />

Rundfunk klarer werden, was er will und ob<br />

das, was er im Programm hat, diesem Anspruch<br />

gerecht wird. Ich störe mich zum Beispiel an<br />

den vielen Pop-Wellen im Radio. Die können die<br />

Privaten genauso gut, zumal wenn – wie bei den<br />

meisten – keine spezifisch öffentlich-rechtliche<br />

Farbe dabei ist. Ich denke, das sind Relikte aus<br />

alten Zeiten und dürfen durchaus auf den sehr<br />

kritischen Prüfstand.<br />

Nehmen Sie zum Beispiel die Deutsche<br />

Welle. Sie muss eine Aufgabenplanung vorlegen.<br />

Sie muss ihre Ziele definieren und sagen, wie sie<br />

ihre Ziele erreicht. Mit dem vorhandenen oder<br />

einem konkret zu benennenden Budget. Die<br />

Ziele definieren wir übrigens in einem iterativen<br />

Prozess mit dem Geldgeber – in aller Freiheit!<br />

Wir müssen es also nicht so machen, wie es<br />

jemand in der Bundesregierung oder der Bundestag<br />

sagt. Das ist die Situation der Deutschen<br />

Welle. Und wir befinden uns in einer weltweiten<br />

Konkurrenzsituation. Wir müssen in jedem<br />

Land der Welt untersuchen, wie die aktuelle<br />

Konkurrenzlage ist und wie wir uns dort Gehör<br />

verschaffen.<br />

Wie sind denn die Ziele der Deutschen<br />

Welle<br />

! Wir unterscheiden zwischen dem<br />

deutschsprachigen Sektor und dem fremdsprachigen<br />

Sektor. Im deutschsprachigen Sektor hat<br />

die Deutsche Welle das Ziel, Deutschland verständlich<br />

zu machen und nicht zuletzt auch die<br />

deutsche Sprache zu fördern. Das heißt deutschsprachigen<br />

Zuhörern und -sehern Informationen<br />

aus deutscher Sicht zu geben. Dabei sind wir<br />

Kulturträger – nicht im Sinne der Hochkultur,<br />

sondern im Sinne des Wertevermittlungsansatzes,<br />

denn Kultur besteht aus Werten.<br />

Wenn wir also Werte im fremdsprachigen<br />

Sektor vermitteln, dann sind das Werte, die<br />

an Freiheit, Demokratie und Menschenrechten<br />

orientiert sind. Mit dieser Wertevermittlung wollen<br />

wir beitragen zu einer gerechteren Welt, die<br />

diesen Werten genügt. Das heißt zum Beispiel<br />

aber nicht, dass unsere Zuhörer und -seher unbedingt<br />

christlich werden müssen. Wir betreiben<br />

keinen Kulturkolonialismus, sondern haben die<br />

Aufgabe, zum Frieden und der Völkerverständigung<br />

beizutragen.<br />

Kommen wir zur Glaubwürdigkeit.<br />

Mir sagte ein Freund, der in Asien<br />

lebt, dass man täglich CNN schaut,<br />

aber wenn man wissen will, ob etwas<br />

tatsächlich stimmt, schaltet man die<br />

Deutsche Welle ein. Sind das subjektive<br />

Erfahrungen oder ist das generell das<br />

Image der DW<br />

! Zunächst einmal ist das ein schönes<br />

Kompliment. Und dann wäre es uns sicherlich<br />

lieber, wenn die Leute uns gleich einschalten<br />

würden (lacht). Aber die Glaubwürdigkeit ist für<br />

uns ein zentral wichtiger Punkt. Damit stehen<br />

und fallen unsere Aktien. Aber die kann es nur<br />

geben, wenn man staatsunabhängig ist und<br />

nicht Befehlsempfänger deutscher Politiker oder<br />

Behörden. Aber wenn man einmal den Kanon<br />

deutscher Tugenden anschaut, dann glaube ich,<br />

dass Deutschland als Land genau das verkörpern<br />

kann – Glaubwürdigkeit.<br />

Zur Glaubwürdigkeit der Deutschen<br />

Welle gehört seit zwei Jahren ja auch<br />

das Global Media Forum<br />

! Richtig. Das Global Media Forum hat<br />

mehrere Aufgaben. Zum einen, Themen der Deutschen<br />

Welle auch in Deutschland bekannt zu machen.<br />

Außerdem soll es die weltweite Vernetzung<br />

der Welle fördern. Und wir brauchen Inhalte,<br />

die die Marke ”<br />

Deutsche Welle“ prägen. Wer nur<br />

Aktualität bietet, wird in dieser modernen Medienwelt<br />

verlieren. Denn Aktualität bekommt man<br />

überall her. Nur der wird wahrgenommen werden<br />

und überleben, der Inhalte so gut macht, dass<br />

man an ihm nicht vorbeikommt. So hatte das<br />

Global Media Forum, zu dem übrigens in diesem<br />

Jahr 1400 Teilnehmer aus mehr als 100 Ländern<br />

nach Bonn gekommen sind, in diesem Jahr das<br />

Thema ”<br />

Krisenprävention“. Nächstes Jahr geht<br />

es ums Global Warming. Dabei unterscheidet<br />

es sich ganz deutlich von anderen Kongressen<br />

dadurch, dass immer die Medien im Vordergrund<br />

stehen und was sie aus dem Thema machen –<br />

und machen können. Denn Qualität bekommt<br />

man nur hin, wenn man sich intensiv mit einem<br />

Thema beschäftigt! Und all das machen wir mit<br />

vielen internationalen Partnern wie zum Beispiel<br />

den Universitäten von Stanford, Oxford und Melbourne.<br />

Dazu gehören aber auch das Land NRW<br />

und die Europäische Kommission ebenso wie<br />

Sponsoren, denen im Sinne ihrer Corporate Social<br />

Responsibility die Förderung solcher Themen<br />

wie ”<br />

Global Warming“ am Herzen liegen. Wenn<br />

man sich anschaut, wie viele Unternehmen sich<br />

beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos finanziell<br />

engagieren, sehen wir, wie viele Möglichkeiten es<br />

noch für das Global Media Forum gibt. Wir sind<br />

in dieser Hinsicht übrigens ein sehr kooperativer<br />

und zuverlässiger Partner!<br />

<br />


My<br />

Europe<br />

Seite: 66<br />

Dr. Harald Noack ist der Mann,<br />

der kontrolliert, wie der jährliche<br />

Forschungsetat der EU verwendet wird.<br />

Außerdem ist er als Mitglied einer der<br />

fünf großen Institutionen der EU ein<br />

Kenner der Materie.<br />

unser<br />

mann<br />

in<br />

europa<br />

Herr Dr. Noack vorweg eine Verständnisfrage:<br />

Sie sind der Vertreter der Bundesrepublik<br />

Deutschland am Europäischen<br />

Rechnungshof. Ist das richtig<br />

! Nicht ganz. Ich bin das deutsche Mitglied<br />

am Europäischen Rechnungshof. Der Unterschied<br />

ist der, dass jedes Mitgliedsland an den<br />

Europäischen Rechnungshof (ERH) ein Mitglied<br />

entsendet – so sieht es die Finanzregulierung<br />

vor – und ich bin von Deutschland entsandt,<br />

benannt und in einem nicht ganz unaufwändigen<br />

Verfahren durch das Parlament und den<br />

Rat bestellt. Ich bin aber nicht der ”<br />

Vertreter“<br />

in dem Sinne, dass ich von bundesdeutschen<br />

Weisungen abhängig bin. Ich bin in meinen Entscheidungen<br />

völlig unabhängig als Mitglied des<br />

Europäischen Rechnungshofes – neben 26 anderen<br />

Mitgliedern aus den anderen Mitgliedstaaten<br />

der Europäischen Gemeinschaft. Eine unserer<br />

wichtigsten Aufgaben ist der Annual Report, der<br />

dem Europäischen Parlament als Grundlage<br />

dient, Kommission und Rat zu entlasten.<br />

Oder auch nicht<br />

! Oder auch nicht! Wie immer im Leben<br />

gibt es neben Weiß auch Schwarz und Grau. Die<br />

Administration auf der europäischen Ebene ist<br />

nicht ganz einfach. Die Europäische Kommission,<br />

die den europäischen Haushalt von circa 133<br />

Milliarden administriert, muss sich dazu auch<br />

der Mitgliedstaaten – und in föderalen Staaten<br />

wie der Bundesrepublik auch der Länder – bedienen,<br />

um im Rahmen eines Shared Management<br />

die Mittel vor Ort zu bringen. Da gibt es<br />

natürlich ein hoch kompliziertes Regelgeflecht.<br />

Und wie immer, wenn Regeln auf verschiedenen<br />

Ebenen erlassen sind, sind sie nicht immer kohärent,<br />

wodurch es also zu Komplikationen und<br />

Missverständnissen kommen kann. ”<br />

Errors“ wie<br />

wir sie im Finanzprüferenglisch nennen. Um<br />

dies klar zu sagen, solche Errors sind nicht mit<br />

Unregelmäßigkeiten und Betrug gleichzusetzen.<br />

Ein paar Gründe, weshalb es noch zu keiner<br />

Entlastung im Sinne einer unqualified opinion<br />

kam.<br />

Man liest ja immer wieder, dass<br />

in der EU die unglaublichsten ”<br />

Fehler“<br />

passieren, bei denen sich der Bürger fragt,<br />

wie so was denn überhaupt möglich sein<br />

kann. So etwas muss der Rechnungshof<br />

aufdecken, oder<br />

Illustration: Tina Berning


! Der Europäische Rechnungshof führt<br />

sogenannte Financial Audits“ durch, die dann<br />

”<br />

im Annual Report zusammengefasst werden.<br />

Geprüft werden alle Ausgaben des Europäischen<br />

Haushaltes. Daneben gibt es sogenannte<br />

Performance Audits“, die in Spezialberichte<br />

”<br />

münden, sowie weitere Produkte wie Stellungnahmen<br />

zu Fragen der Finanzregulierung<br />

etc. Dass hierbei Fehler gefunden werden,<br />

ist zwangsläufig. Aber es gibt Bereiche, zum<br />

Beispiel Landwirtschaft, bei denen die Verwendung<br />

der Mittel nahezu beanstandungsfrei läuft.<br />

Die Fehlerquote liegt dort unter zwei Prozent.<br />

Im Bereich der Forschungsmittel, für die ich<br />

Verantwortung habe, liegen wir bei drei Prozent<br />

Fehlerquote! Die Fehlerquote bei den sogenannten<br />

Strukturfonds liegt leider immer noch<br />

deutlich höher, bei ca. elf bis zwölf Prozent<br />

Das betrifft zum Beispiel den<br />

Straßenbau<br />

! Das sind unter anderem Straßen,<br />

aber auch andere Infrastrukturmaßnahmen.<br />

Die Fehlerquote ist zwar nicht hinnehmbar,<br />

hat aber unterschiedliche und teilweise nachvollziehbare<br />

Ursachen: Wie zum Beispiel ein<br />

zu kompliziertes Regelwerk. Hintergrund dafür<br />

ist, dass wir in Europa natürlich noch keine<br />

einheitliche Administrationskultur haben.<br />

Insofern trägt die Arbeit des ERH auch dazu<br />

bei, hier zu Verbesserungen zu kommen.<br />

Zum Beispiel Bulgarien<br />

! Ja, da sind wir bei einem anderen<br />

Thema. Beitrittsstaaten, wie zum Beispiel<br />

Bulgarien, müssen natürlich ihren Unterschied<br />

bei Regelungen und Administrationsinstrumenten<br />

beseitigen. Die fehlerhafte<br />

Verwendung europäischer Mittel kann zu einer<br />

ungünstigen Stimmung führen. Dies muss<br />

vermieden werden.<br />

Was passiert, wenn europäische<br />

Gelder verschwendet werden<br />

Was könnte dann passieren<br />

! Im Falle Bulgariens hat die Kommission<br />

in einem Bereich ihre Zahlungen eingestellt<br />

und Bulgarien aufgefordert, dafür zu sorgen,<br />

dass vorhandene Regelungs- und Verwaltungsdefizite<br />

beseitigt werden.<br />

Und das, was Bulgarien in<br />

diesem Bereich an Mittel bekommen hat,<br />

können sie – trotz des nicht hinnehmbaren<br />

Verhaltens – behalten oder müssen<br />

sie das zurückzahlen<br />

! In den Fällen, in denen es zu Fehlverwendungen<br />

gekommen ist, müssen Mittel<br />

zurückgezahlt werden.<br />

Der Europäische Rechnungshof<br />

ist also keine zahnlose Institution<br />

! Er ist schon ein ”<br />

Ritter ohne<br />

Schwert“. Wir können keine Strafen aussprechen.<br />

Aber in unserem Jahresbericht empfehlen<br />

wir der Kommission zum Beispiel neben<br />

den Rückzahlungen auch Vertragsstrafen zu<br />

nutzen. Vertragsstrafen sind beispielsweise ein<br />

Mittel, das die Kommission einsetzt, um die<br />

Zuwendungsempfänger zu ordnungsgemäßem<br />

Verhalten anzuhalten.<br />

Welchen Stellenwert hat das<br />

Thema ”<br />

Compliance“ in Europa<br />

! Compliance ist ein wichtiger Bestandteil<br />

unserer Prüfungen, wobei wir zunächst<br />

sehr formal vorgehen im Sinne von ”<br />

regelgerechter<br />

Anwendung“ der Rechtsvorschriften<br />

und Guidelines, die es auf der europäischen,<br />

der nationalen und gegebenenfalls der regionalen<br />

Ebene gibt. Die Arbeit des ERH trägt dazu<br />

bei, dass die Verwendung öffentlicher Mittel<br />

ordnungsgemäß und regelgerecht erfolgt.<br />

Wenn der Europäische Rechnungshof Sachverhalte<br />

entdeckt, die Indikatoren für Betrug,<br />

für Bestechung oder Bestechlichkeit enthalten,<br />

geben wir solche Fälle sofort an das OLAF in<br />

Brüssel ab, das dann in Zusammenarbeit mit<br />

den Staatsanwaltschaften in den Mitgliedstaaten<br />

die Sachverhalte ermittelt und Strafverfahren<br />

einleitet. Wenn wir also derartige Sachverhalte<br />

finden, machen wir nicht alleine weiter<br />

– weil wir ja keine Kriminalbehörde sind. Ein<br />

anderes Hilfsmittel ist die Öffentlichkeit, die<br />

öffentliche Meinung, die zu Reaktionen bei den<br />

Verantwortlichen in den Einrichtungen, die<br />

europäisches Geld erhalten, führt. Außerdem<br />

sind es die nationalen Regierungen, die ihrerseits<br />

adäquate Reaktionen einleiten können.<br />

In dem Kontext darf schließlich nicht die<br />

Macht des Europäischen Parlaments vergessen<br />

werden, dem wir berichten.<br />

Der Lissabon Vertrag – was steht<br />

eigentlich drin<br />

Lieber Herr Dr. Noack, obwohl<br />

ich weiß, dass man Juristen nicht die<br />

Frage stellen soll, was denn ”<br />

im Wesentlichen“<br />

in einem Vertrag steht, stelle ich<br />

Ihnen genau diese Frage: Was steht im<br />

Lissabon-Vertrag eigentlich im Wesentlichen<br />

drin<br />

! Der Lissabon-Vertrag ist – wie die<br />

Verträge von Maastricht und Nizza – ja nichts<br />

anderes als eine Fortentwicklung der Römischen<br />

Verträge, also der Ursprungsverträge,<br />

die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft<br />

und später die Europäische Union auf eine<br />

rechtliche und institutionelle Basis stellen. Der<br />

Lissabon-Vertrag sieht vor allem vor, dass das<br />

Parlament eine stärkere Rolle gegenüber der<br />

Europäischen Kommission und dem Europäischen<br />

Rat bekommt. Andere kleinere Fragen<br />

betreffen das Miteinander der fünf Europäischen<br />

Institutionen, die Europa ”<br />

administrieren“<br />

– als da sind Rat, Gerichtshof, Parlament,<br />

Kommission und Rechnungshof. Von daher<br />

müssten eigentlich alle Staaten ein Interesse<br />

daran haben, dass ”<br />

Lissabon“ verabschiedet<br />

wird. Und deshalb wird letztendlich – so<br />

glaube ich – der Lissabon-Vertrag auch nicht<br />

aufgehalten werden.<br />

Der europäische Bürger ist ja<br />

im Laufe der Jahrzehnte in eine sich<br />

immer weiter entwickelnde Europäische<br />

Gemeinschaft hineingewachsen. Dabei<br />

ist ihm immer wieder erklärt worden,<br />

dass der aktuelle vertraglich abgesicherte<br />

Schritt – siehe Maastricht, Nizza und<br />

jetzt Lissabon – letztlich nur ein Zwischenschritt<br />

zu einem großen Ganzen<br />

ist. Dabei ist dem Bürger – zumindest<br />

mir ging es so – erst recht spät aufgefallen,<br />

dass das Europäische Parlament sein<br />

höchstes Exekutivorgan – nämlich die Europäische<br />

Kommission – gar nicht selbst<br />

wählen kann, weil die Kommission ja von<br />

den Regierungschefs untereinander – ich<br />

nenne es mal böse – ”<br />

ausgekungelt“ wird.<br />

! Solange wir ein Europa der Mitgliedstaaten<br />

haben oder – umgangssprachlich<br />

formuliert – solange wir ein Staatenbund<br />

und nicht ein Bundesstaat sind, wird man<br />

die Konstruktion beibehalten müssen, dass<br />

die Mitgliedstaaten neben dem Parlament die<br />

treibende Kraft für politische Willensbildung<br />

und politische Entscheidungen sind. In der<br />

Tat kann am Ende eines politischen Prozesses<br />

– der ja schon 50 Jahre lang sehr erfolgreich<br />

läuft, wie ich finde – stehen, dass das Parlament<br />

noch viel größere Einwirkungsrechte<br />

und Gestaltungsmöglichkeiten hat.<br />

Hat die gemeinsame Währung in<br />

dieser wirtschaftlichen Krise allen europäischen<br />

Staaten eigentlich gut getan<br />

! Ich will das nicht nur auf die gemeinsame<br />

Währung beschränken. In der Finanzkrise<br />

haben die Mitgliedstaaten schnell erkannt,<br />

ihre nationalen Wirtschaftsinteressen nicht<br />

gegeneinander zu stellen, sondern gemeinsame<br />

europäische Interessen zu entwickeln.<br />

Es gab für mich in diesem Zusammenhang<br />

eine hoch interessante Kohärenz<br />

zwischen den Maßnahmen der Europäischen<br />

Kommission für den gesamten europäischen<br />

Raum und den begleitenden Maßnahmen für<br />

die nationalen Wirtschafts- und Finanzräume<br />

der einzelnen Mitgliedstaaten.<br />

Und hier haben wir inzwischen ein<br />

Denken, das sehr europäisch ist. Man hat sein<br />

nationales Interesse zwar im Auge, weiß aber,<br />

dass dieses nationale Interesse auch ein europäisches<br />

Interesse berücksichtigen muss. Ich<br />

glaube, DAS ist die Stärke Europas heutzutage.<br />

Und ein solches Vorgehen ist natürlich<br />

auch ein Schutz gegen die großen<br />

Wirtschaftsräume China und Indien.<br />

! Das ist ja ein weiteres Ziel des<br />

Lissabon-Vertrages, Europa zu einem global<br />

sehr starken Wirtschafts- und Finanzraum<br />

zu entwickeln. Das heißt, Europa langfristig<br />

so zu positionieren, dass es den anderen<br />

globalen Akteuren ein gleichstarker, eher noch<br />

ein besserer und stärkerer Wettbewerber ist<br />

und bleibt. Das ist – neben der Stärkung des<br />

europäischen Parlaments – das wichtigste<br />

wirtschaftspolitische Ziel von Lissabon.<br />

Die Rolle der Schweiz in Europa<br />

Stört im großen europäischen<br />

Käse eigentlich das Schweizer Loch


! Überhaupt nicht. Es gibt in dem<br />

Sinne auch kein Schweizer Loch, weil ja die<br />

Schweiz unbeschadet ihrer Sonderposition<br />

in Europa in vielen Dingen heute schon<br />

mitwirkt. Ich will in dem Zusammenhang ein<br />

kleines, vielleicht triviales Beispiel geben. Es<br />

gibt eine Einrichtung der deutschen Rechnungshöfe<br />

– die so genannte ”<br />

Präsidentenkonferenz“<br />

der Rechnungshöfe des Bundes<br />

und der Länder. Diese Konferenz, bei der ich<br />

als Mitglied des Europäischen Rechnungshofes<br />

ständiger Gast bin, trifft sich zweimal im<br />

Jahr – und da sitzen Vertreter des Österreichischen<br />

und Schweizer Rechnungshofes<br />

ebenfalls am Tisch. Das zeigt, die Schweiz ist<br />

auf allen Ebenen dabei und sie ist nicht nur<br />

ein anerkannter, sondern auch ein wichtiger<br />

Partner, denn sie steuert ja auch einen eigenen<br />

Wirtschafts- und Finanzraum in diesem<br />

zusammengewachsenen Europa. Die Schweiz<br />

ist für mich ein wichtiger und verlässlicher<br />

Partner – mit Sonderrechten, die die anderen<br />

respektieren.<br />

Das gilt auch für Herren, die<br />

darüber öffentlich nachdenken, fallweise<br />

kavalleriemäßig unterwegs zu sein<br />

! Ich finde, man sollte zwischen innenpolitisch<br />

gut verständlichen Bildern für bestimmte<br />

Diskussionen und außenpolitischen<br />

Wirkungen immer sehr bedacht differenzieren.<br />

Starke Bilder sind politisch zwar oftmals<br />

verständlich, aber nicht immer hilfreich.<br />

Ist Europa nicht zu schwerfällig<br />

Bleiben wir noch mal bei der<br />

Schweiz. So ein kleines Land kann man –<br />

trotz der vier Landessprachen – mit den<br />

Möglichkeiten der direkten Demokratie<br />

verwalten. Aber ist so ein Moloch wie<br />

Europa mit 400 Millionen Menschen<br />

und mindestens 27 Sprachen überhaupt<br />

regierbar<br />

! Vielleicht ist das europäische<br />

Modell, also ein Europa der Mitgliedsstaaten<br />

mit unterschiedlichen Ebenen, wirklich das<br />

dauerhafte Modell. Auf der obersten Ebene –<br />

allerdings nicht im Sinne einer Unter- oder<br />

Überordnung – steht ein Europa, wie wir es<br />

jetzt institutionell haben. Dann die Mitgliedstaaten<br />

mit ihren jeweiligen Verfasstheiten,<br />

mit ihren unterschiedlichen Ebenen bis hin<br />

zu den Kommunen.<br />

Ein solches Modell kann auch<br />

heißen, dass man an diesem Ebenenaufbau<br />

die Aufgabenverteilung orientiert. Also dass<br />

das, was vor Ort gemacht werden muss, in<br />

den Kommunen gemacht wird. Und man<br />

abgestuft nach der Bedeutung der Aufgabe<br />

nach ”<br />

oben“ verlagert.<br />

Ein solcher Verfassungsaufbau könnte<br />

vielleicht ganz zweckmäßig sein. Aber dazu<br />

ist das letzte Wort ja noch nicht gesprochen.<br />

Nun muss sich Europa ja gegen<br />

zwei sehr potente Wirtschaftsblöcke<br />

behaupten – nämlich Indien und China.<br />

Schafft Europa das mit einem solch<br />

schwerfälligen Aufbau<br />

! Ich denke, ja, weil die politischen<br />

Entscheidungsprozesse in Europa zwar<br />

komplex sind, aber auch zielorientiert.<br />

Und sie beruhen auf dem gemeinsamen<br />

Wissen, dass man diese Prozesse braucht.<br />

Ich denke, dass der Gedankenaustausch auf<br />

der europäischen Ebene dazu führt, dass<br />

viele Probleme erkannt werden, die sonst<br />

gar nicht gesehen werden. Oder lassen Sie<br />

es mich so sagen: Ich kann mir nicht vorstellen,<br />

dass China alle Notwendigkeiten,<br />

die Staaten zukunftsorientiert heute schon<br />

betrachten müssen – wie z.B. die Umweltentwicklung,<br />

die Fragen der CO 2 -<br />

Problematik –, bei seiner Politik, insbesondere<br />

der Industriepolitik, gleich mitbetrachtet.<br />

Ich bin mir aber sicher, dass wir in<br />

Europa ein sehr umfassendes Politikbild<br />

haben – vom Einzelinteresse zum Gesamtinteresse,<br />

vom Industrieinteresse hin<br />

zu ökologischen Fragestellungen, all das ist<br />

in dem oben erwähnten komplizierten Prozess<br />

beinhaltet. Das macht Vieles schwieriger<br />

– unbestritten. Aber ich denke, wir sind<br />

gerade in Europa in dieser Hinsicht ein<br />

großes Stück vorangekommen. Das sehen<br />

Sie an dem Beispiel, wie wir es geschafft<br />

haben, ökonomische Fragestellungen mit<br />

ökologischen zusammenzuführen.<br />

Thema Ökologie. Wie sehen<br />

Sie das Ich bin ein bisschen enttäuscht,<br />

dass die Entscheider in Politik<br />

und Wirtschaft die aktuelle Finanzund<br />

Wirtschaftskrise nicht stärker<br />

genutzt haben, um politisch deutlich<br />

zu machen und damit auch der politischen<br />

Durchsetzung näher zu bringen,<br />

dass wir das Ruder noch mehr in<br />

Richtung ökologischer High-Tech-Entwicklung<br />

herumreißen müssen – nicht<br />

nur im Hinblick auf die zukünftigen<br />

Generationen, sondern auch, um die<br />

wirtschaftliche Vormachtstellung in<br />

diesem Bereich auszubauen. Denn wir<br />

dürfen ja die vorhandenen Erdölreserven<br />

nicht aufbrauchen. Nicht, weil sie<br />

dann weg sind, sondern weil der Globus<br />

dann nicht mehr bewohnbar ist.<br />

! Wir stellen bei unserer Prüfungsarbeit<br />

fest, dass viele Prozesse gleichwertig<br />

nebeneinander herlaufen. Ein Beispiel:<br />

Es gibt ja keine einheitliche europäische<br />

Politik zur Nutzung der Kernenergie.<br />

Gleichwohl gibt es mit dem Projekt ITER<br />

zur Kernfusionstechnik ein Projekt, wie<br />

Kernenergie in der Zukunft noch sicherer<br />

genutzt werden kann. Gleichzeitig gibt<br />

es sehr viele Forschungs- und Entwicklungsprojekte<br />

im Bereich der erneuerbaren<br />

Energien. Es wird also keineswegs einseitig<br />

gedacht und gefördert. Daran wird die<br />

Vielseitigkeit Europas deutlich, wie unterschiedlichste<br />

Ideen aus den verschiedenen<br />

Mitgliedsstaaten formuliert und verfolgt<br />

werden. Und – das ist mir wichtig zu sagen<br />

– wir haben ein sehr weites Spektrum an<br />

politischen Zielsetzungen, für die europäische<br />

Mittel zur Fortentwicklung dieses<br />

Europas aufgewendet werden.<br />

Wenn man nun besonders harscher<br />

Kritik an der EU folgen würde,<br />

stellte sich automatisch die Frage:<br />

Gibt’s eine Alternative zur EU<br />

! Nein. Jeder Staat für sich hätte –<br />

gerade im Hinblick auf eine Neuordnung<br />

der globalen Verhältnisse – allein keine<br />

Chance. Da sind wir nur als Europäer<br />

stark.<br />

<br />

N5 Dr. Noack gehört zu einem Expertennetzwerk, mit<br />

dem Nachmann Rechtsanwälte in Verbindung stehen.<br />


Wenn im Grand Hyatt am Marlene-<br />

Dietrich-Platz in Berlin während<br />

der Berlinale große Dinners gegeben<br />

werden oder die Berliner Philharmoniker<br />

zur Gala bitten, dann stehen nur<br />

seine Weine auf dem Tisch. Die Sansibar<br />

auf Sylt ist sein größter Kunde,<br />

sie wäre aber gerne noch ein sehr<br />

viel größerer – was die Menge seiner<br />

Flaschen betrifft. Und die verwöhnten<br />

Gäste auf der MS Europa lieben seine<br />

edlen Tropfen zum Duft des Meeres.<br />

Wer in Markus Schneider, dem Erzeuger<br />

dieser köstlichen Tropfen, nun<br />

einen Designer-Winzer erwartet, wird<br />

schwer enttäuscht. Der Mann, dem ich<br />

in seinem minimalistisch gestylten<br />

Verkostungsraum gegenüber sitze, ist<br />

33 Jahre alt, ungefähr 100 Kilo schwer,<br />

trägt eine ausgebeulte Jeans und ein<br />

arg benutztes schwarzes Poloshirt,<br />

weil er gerade aus dem Weinberg<br />

kommt. Ruhig und auf eine sympathische<br />

Weise kompetent spricht er über<br />

seine Weine, wobei man spürt, wie<br />

viel Fingerspitzengefühl dieser riesige<br />

Mann für das Schöne hat – für seinen<br />

Wein, klare Architektur und äußerst<br />

gelungene Grafik.<br />

Herr Schneider, die Namen<br />

Ihrer Weine sind so ungewöhnlich,<br />

wie die Etiketten schön sind. Wie<br />

kommen Sie auf solche Namen wie<br />

” Kaitui“ oder ” Tohuwabohu“<br />

! Alle unsere Weinnamen sind<br />

beim europäischen Patentamt in München<br />

als Marken eingetragen – wie die von<br />

anderen Winzern auch. Und deshalb muss<br />

man schon Glück haben, um noch einen<br />

Namen zu finden, der noch nicht anderweitig<br />

geschützt ist. Aber ehrlich gesagt,<br />

grübele ich nicht über diese Namen. Da<br />

kommt man durch Zufall drauf. Man liest<br />

ein schönes Wort in einem Buch und sagt<br />

sich, das kommt eigentlich viel zu selten<br />

vor. Oder man spielt damit: ”<br />

Kaitui“ ist<br />

zum Beispiel unser Name – Schneider<br />

– auf Maori, also in der Sprache der Ureinwohner<br />

von Neuseeland. Ich fand den<br />

Klang schön. Und ”<br />

Tohuwabohu“ ist mir<br />

im wahren Sinn des Wortes zugeflogen.<br />

Wir kamen nämlich vor Kurzem mit der<br />

my<br />

world<br />

Seite: 72<br />

Besuch bei einem außergewöhnlichen<br />

Winzer in der Pfalz<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

Markus<br />

Schneider<br />

”<br />

Bis zehn<br />

Euro wird<br />

bei uns<br />

geschraubt.“


Lufthansa aus Rom, als die Stewardess –<br />

oder wie die Damen heute heißen – sagte,<br />

dass es mit den Italienern in der Maschine<br />

jedes Mal ein Riesentohuwabohu sei.<br />

Und da habe ich mir gedacht, ich schaue<br />

zu Hause mal im Netz nach, ob der Name<br />

noch frei ist. War er und so ziert er jetzt<br />

einen unserer Rotweine.<br />

Und die Etiketten Wer<br />

macht die Zum Beispiel das vom<br />

Riesling<br />

! Da war ich gerade beim Augenarzt<br />

gewesen und hatte noch diese Tafel<br />

im Gedächtnis, die oben einen ganz<br />

großen Buchstaben hat und wo dann<br />

in den nächsten Zeilen die Buchstaben<br />

immer kleiner werden. Diese Tafel fand<br />

ich schön und dachte mir, so könnte man<br />

doch mal ein Weinetikett gestalten. Dann<br />

habe ich verschiedene Versionen ausprobiert<br />

und jetzt haben die Rieslinge diese<br />

Grafik.<br />

Wissen Sie eigentlich, woher<br />

die Rebsorte Riesling ihren Namen<br />

hat<br />

! Klar. Der Name kommt von dem<br />

Vorgang der ”<br />

Verrieselungen“, also davon,<br />

dass Blüten, die nicht zum Fruchttragen<br />

kommen, ausfallen. Dabei sind am<br />

Stielgerüst nur noch zehn oder zwölf<br />

Beerchen statt 50, die dann allerdings<br />

besonders gut sind. Heutzutage gibt es<br />

diese Verrieselungen nicht mehr, weil die<br />

Klone ganz andere sind, bei denen feuchte<br />

Sommer keine Verrieselungen mehr<br />

auslösen, obwohl das für die Qualität der<br />

Weine manchmal gar nicht schlecht wäre.<br />

Damit sind wir beim Stichwort<br />

”<br />

Qualität“!<br />

! Bei uns gibt es keine Polo-Schaltung<br />

im Porsche. Wir wollen nur das Beste<br />

für unser Produkt. Deshalb kommen<br />

bei mir alle Materialien aus der Region<br />

– mit Ausnahme der Korken. Die Stahltanks<br />

werden in Mannheim gebaut, die<br />

Kapseln kommen aus Mainz, die Kartons<br />

aus Grünstadt, die Pressen aus Bad Dürkheim<br />

und auch die Glaslieferanten sind<br />

von hier. Das ist keine falsch verstandene<br />

Pfälzer Folklore, sondern kommt aus dem<br />

Wissen, dass diese Produkte für die Art<br />

wie ich Wein mache, die besten sind.<br />

Das hört sich nach ”<br />

Boutique-Winery“<br />

an. Wie viel Flaschen<br />

erzeugen Sie eigentlich im Jahr<br />

! Im Jahr 2007 haben wir zwar<br />

400.000 Flaschen produziert aber realistisch<br />

für den Jahrgang 2008 sind 360.000<br />

Flaschen Rot- und Weißwein.<br />

Ist das viel<br />

! Ich sage es mal so: Wir gehören<br />

damit zu den Top 100 der privaten Weingüter<br />

in Deutschland in unserer Kategorie.<br />

Der Bedarf aufseiten unserer Kunden liegt<br />

allerdings bei 1 Million Flaschen. Aber so<br />

viel können – und wollen – wir nicht produzieren,<br />

weil wir dann unsere Qualität<br />

nicht mehr halten könnten.<br />

Herr Schneider, was macht eigentlich<br />

ein Winzer vor der Lese Sitzt<br />

er da zu Hause, bastelt am Etiketten-<br />

Design und freut sich, wenn die Sonne<br />

auf seine Reben scheint, damit ordentlich<br />

Öchsle-Grade zustande kommen<br />

! (Lacht) Oh, nein! Wir haben in<br />

diesem Sommer mit unserem ganzen<br />

Team in den Weinbergen tagein, tagaus<br />

an den Reben gearbeitet. Sehen Sie, wir<br />

hatten ja sehr viel Regen im Juni und Juli.<br />

Damit der den Trauben nichts anhaben<br />

kann, müssen die Blätter so verschnitten<br />

werden, dass die Trauben frei hängen können,<br />

damit der Wind die Trauben trocken<br />

halten kann. Zu viel Feuchtigkeit an der<br />

Traubenhaut fördert nämlich die Entstehung<br />

von Fäulnis und damit den Befall<br />

mit irgendwelchen Pilzen. So geschädigte<br />

Trauben müssen nämlich weggeworfen<br />

werden.<br />

Außerdem werden die Trauben<br />

zurechtgeschnitten, das heißt zwei Drittel<br />

der Trauben werden abgeschnitten, damit<br />

die Kraft des Weinstocks sich nur im<br />

letzten Traubendrittel sammeln kann.<br />

Dann hacken wir die Erde zwischen den<br />

Trauben von Hand auf, damit der Boden<br />

belüftet wird, und säen spezielle Saatgutkombinationen<br />

in den Boden ein. Dazu<br />

gehören bestimmte Kleesorten, Koriander,<br />

Sonnenblumen, Gersten und Roggen<br />

und ein bisschen Senf und Raps. Einige<br />

dieser Samen verhindern den Befall von<br />

bestimmten Schädlingen, andere erhöhen<br />

die Mineralität des Bodens, wieder andere<br />

halten den Boden locker – wie Senf und<br />

Raps – und wieder andere geben dem<br />

Weinstock die notwendigen Stoffe, damit<br />

die Haut der Trauben möglichst dick und<br />

fest wird – um eben erwähnte Fäulnis und<br />

Pilzbefall unwahrscheinlich zu machen.<br />

Diese Pflanzen zwischen den<br />

Reben lassen wir etwa kniehoch wachsen,<br />

mähen sie Mitte September ab und lassen


dieses ”<br />

Heu“ liegen, damit wir zum Ersten<br />

bei der Lese besser arbeiten können und<br />

zum Zweiten damit das Kleinklima im<br />

Weinberg trocken bleibt.<br />

Außerdem sprühen wir während<br />

des Wachstums unsere Reben bei Bedarf<br />

mit einem Cocktail aus Algen und anderen<br />

pflanzlichen Substanzen ein – zur Stärkung<br />

der Pflanze an sich.<br />

Sie können sich vorstellen, dass<br />

man den ganzen Tag im Einsatz ist, wenn<br />

man auf 35 Hektar eigenem Weinberg und<br />

weiteren 15 Hektar gepachtetem seine<br />

Reben so pflegen und aufziehen will, dass<br />

nachher der bestmögliche Rebensaft entstehen<br />

kann. Ich koste deshalb während<br />

der Lese den Most in den Tanks bestimmt<br />

zehn bis zwanzig mal am Tag. So wie<br />

der Saft dann schmeckt, so geht es dann<br />

weiter. Denn eins ist klar: Nur wenn das<br />

Grundprodukt richtig gut ist, können Sie<br />

daraus einen exzellenten Wein machen. Ist<br />

der Traubensaft nur mittelmäßig, können<br />

Sie daraus keinen Spitzenwein hinbiegen.<br />

Was machen Sie, wenn der<br />

Most nicht ganz Ihren Vorstellungen<br />

entspricht<br />

! Im selben Jahr kann man nichts<br />

mehr machen. Aber man kann sich für das<br />

nächste Jahr darauf einstellen. Mir waren<br />

die Moste für den Sauvignon Blanc 2007<br />

zum Beispiel zu grasig. Der Wein später<br />

dann auch. Und daraufhin haben wir uns<br />

im nächsten Jahr entschieden, die Sonnenseite<br />

der Reben stark zu entblättern<br />

– dadurch werden die Trauben gelber und<br />

schmecken dann auch reifer. Außerdem<br />

haben wir sie länger hängen lassen.<br />

Aber generell gilt: Einen guten Rebsaft<br />

bekommen Sie nur, wenn Sie Lesegut<br />

von einem guten Boden hochreif und gelb<br />

ernten. Außerdem sollte der Weinberg<br />

vital sein.<br />

Was ist ein vitaler Weinberg<br />

! Das erkennen Sie an den Rebstöcken.<br />

Das Laub soll dunkelgrün und<br />

saftig sein und die Rebstöcke sollten<br />

viel Aktivität entfalten, also viele kleine<br />

Spitzen ausbilden. Das hat man früher<br />

nur mit 100 Kilo Kunstdünger pro<br />

Hektar hingekriegt. Heute erzielt man ein<br />

besseres Resultat, wenn man es so macht<br />

wie ich eben beschrieben habe. Und man<br />

schmeckt das eben auch. Wobei es zur<br />

Legendenbildung gehört, dass der Wein<br />

mehr nach Kräutern schmecken könnte,<br />

wenn man Kräuter um die Rebstöcke<br />

anbauen würde. Das ist Aberglaube.<br />

Bleiben wir bei den Aromen<br />

im Wein. Kann man ”<br />

altes Sattelleder“<br />

tatsächlich riechen oder ist das<br />

Wichtigtuerei<br />

! Man kann das riechen. Aber<br />

das ist kein gutes Zeichen für den Wein.<br />

Das alte Sattelleder“ oder auch Pferdeschweiß“<br />

weist ganz klar auf Bakterien<br />

” ”<br />

der Gattung Brettanomyces hin und<br />

das bedeutet, dass die Holzfässer in der<br />

Kellerei nicht sauber sind, sondern mit<br />

Brett“ – so nennen wir das hier in der<br />

”<br />

Gegend – verseucht sind. Solche Fässer<br />

müssen Sie verbrennen, sonst verseuchen<br />

die einem den ganzen Keller. Um<br />

das zu vermeiden, kaufen wir unsere<br />

Fässer nur bei einer bestimmten, sehr<br />

sauberen Tonnellerie in Frankreich.<br />

Brett“ macht einen Wein übrigens nur<br />

”<br />

vordergründig interessant“, lässt ihn<br />

”<br />

aber flach werden und erhöht die Säure.<br />

Ich habe früher – in meiner Anfangszeit<br />

– viel mit solchen Sachen experimentiert,<br />

um herauszufinden, wie so was einzuschätzen<br />

ist.<br />

Und die Trauben werden bei<br />

der Lese natürlich auch von Hand<br />

gepflückt<br />

! Ja, natürlich. Das Erntegut<br />

kommt nach der Lese auf einen Edelstahltisch.<br />

Der ist acht Meter lang und<br />

wird von Elektromotoren zum schonenden<br />

Vibrieren gebracht. Der Tisch<br />

hat eine sanfte Neigung, weshalb das<br />

Erntegut immer weiter über die acht<br />

Meter wandert. Wir sortieren alles noch<br />

mal von Hand und trennen die Trauben<br />

vom Stielgerüst, falls doch noch welche<br />

an den Trauben dran sind. Im Anschluss<br />

daran werden die Stiele der Beeren durch<br />

ganz sanft arbeitende Gumminoppen<br />

gekämmt“. Am Ende kommen also nur<br />

”<br />

die Trauben – ohne Stiele – in die Presse.<br />

Im Moment gibt es nichts Schonenderes<br />

oder Besseres.<br />

Herr Schneider, wenn der<br />

Wein nach langer Reifung in der Flasche<br />

ist, kommt die Glaubensfrage:<br />

Korken oder Schraubverschluss Wie<br />

sehen Sie den Unterschied<br />

! Spitzenweine, ob weiß oder rot,<br />

die lange lagern, haben bei uns Naturkork.<br />

Weil Weine beim langen Liegen die<br />

minimale Atmung, die durch den Korken<br />

möglich ist, einfach brauchen. Aber die<br />

Weine, die in ein, zwei Jahren getrunken<br />

sein sollen, die haben einen Schraubverschluss.<br />

Natürlich hat das auch etwas<br />

mit dem Budget für den Wein zu tun. Ich<br />

sage mal, bis zehn Euro wird bei uns geschraubt.<br />

Aber eigentlich ist der Schraubverschluss<br />

sogar ein Vorteil. Weil er sehr<br />

lange die Frische hält und erst später<br />

loslässt. Das funktioniert super. Vom absoluten<br />

Spitzenhotel bis zur MS Europa, die<br />

ein sehr konservatives Publikum hat, wird<br />

der Schraubverschluss bestens angenommen.<br />

Außerdem haben uns die Schweizer<br />

Winzer den Schraubverschluss schon seit<br />

vielen Jahren bei ihren Weißweinen vorgemacht.<br />

Die Schweizer denken ja grundsätzlich<br />

komplett anders als wir. Aber ich<br />

bin ihnen sehr dankbar, denn gerade die<br />

Kunden, die jedes Jahr in Saas-Fee oder<br />

St. Moritz sind, kennen den Schraubverschluss<br />

schon lange und haben erst gar<br />

nicht den Verdacht aufkommen lassen,<br />

dass der Wein dadurch weniger Wert wäre.<br />

Apropos ”<br />

Wert“. Was halten<br />

Sie vom Kollegen Peter Mertes, der<br />

Aldi mit großen Mengen sehr günstiger<br />

Weine beliefert<br />

! Grundsätzlich viel! So was<br />

brauchen wir ja. Wissen Sie, der Region<br />

und dem Weinbau ging es immer gut,<br />

wenn die Großen in ruhigem Fahrwasser<br />

geschwommen sind. Die Basiskunden,<br />

die mit Wein anfangen wollen oder die<br />

nicht mehr als drei Euro für einen Wein<br />

ausgeben wollen – was ja verständlich<br />

und in Ordnung ist – die muss es doch<br />

auch geben. Anderes Beispiel ”<br />

Oettinger<br />

Bier“. Diese Brauerei, die den Kasten Bier<br />

fünf Euro billiger anbietet als andere, die<br />

verteufelt doch auch keiner. Entsprechend<br />

sehe ich das für den Wein genauso.<br />

Sie sind hier in der Pfalz<br />

doch sicherlich ein Exot...<br />

! ... von der Statur nicht, aber sonst<br />

schon...


... was sagen die anderen Winzer<br />

zu Ihrer Art des Weinmachens<br />

! Am Anfang gab es die Angstbeißer,<br />

die erst Zupacken, ehe sie denken.<br />

Und dann gab es die Wacheren, die meinten,<br />

mal gucken – entweder er packt es<br />

oder er scheitert grandios. Aber langsam<br />

werden wir jetzt akzeptiert. Wir sind ja<br />

mit unseren Rotweinen auch einen Schritt<br />

weitergegangen als das in Deutschland<br />

üblich ist: Auf natürliche Weise hoch<br />

konzentrierte Rotweine aus internationalen<br />

Rebsorten kombiniert mit regionalen<br />

Rebsorten. Das hat keiner verstanden und<br />

gedacht, na ja in diesem Jahr geht es, aber<br />

im nächsten nicht. Dann ging es doch und<br />

es hieß, mit dem Stil wird er keinen Erfolg<br />

haben. Dann kam der Erfolg, weil unser<br />

Stil einfach international üblich ist. Dann<br />

wurde gesagt, er kopiert Amerika, dann<br />

Australien und jetzt auch noch Südafrika,<br />

aber der macht doch keinen Pfälzer Rotwein.<br />

Wissen Sie, wenn ich Pfälzer Rotwein<br />

machen würde, hätte ich heute noch<br />

nicht diese Halle gebaut. Das können Sie<br />

vergessen. Was ist Pfälzer Rotwein außer<br />

die besonderen Spätburgunder<br />

Während wir uns unterhalten,<br />

kommt ein junges Paar aus München an<br />

den Tisch. Er: ”<br />

Ich muss Ihnen kurz mal die<br />

Hand schütteln. Ihr Wein ist grandios. Ich<br />

habe im Tantris erst den Wein getrunken<br />

und dann das Etikett gesehen... super. Deswegen<br />

mussten wir extra zu Ihnen herkommen<br />

und mal mehrere Weine kosten. Das<br />

ist wirklich großartige Arbeit. Herzlichen<br />

Dank für diese tollen Weine.“<br />

Passiert Ihnen so was öfter<br />

! Schon. Aber das freut einen immer<br />

wieder.<br />

Wollten Sie eigentlich schon<br />

als kleiner Junge Winzer werden<br />

! Es gibt immer wieder Journalisten,<br />

die das schreiben. Aber das stimmt<br />

nicht. Im Gegenteil. Für mich gab es als<br />

Kind nichts Schlimmeres als in den Weinberg<br />

zu gehen. Aber als ich 18 war, musste<br />

ich ja irgendetwas machen.<br />

Ihre Bescheidenheit ehrt Sie.<br />

Aber ein gewisses Talent muss man ja<br />

wohl haben, um solche Weine zu produzieren,<br />

die bei den großen Weinjournalisten<br />

ebenso wie bei schlichten<br />

Schluckern wie mir auf enorme<br />

Begeisterung stoßen.<br />

! Ich weiß nicht, ob das Talent ist.<br />

Ich kann zwar ganz gut verkosten, obwohl<br />

es da Kollegen gibt, die viel besser sind als<br />

ich. Aber ich weiß, dass ich von bestimmten<br />

Dingen ein sehr genaues Geschmacksbild<br />

im Kopf habe und dass ich den Wein<br />

dann darauf hintrimme. Also wenn Sie so<br />

wollen, ist die Vision eines bestimmten<br />

Geschmackes schon da. Aber dass das<br />

dann so erfolgreich sein wird, hätte ich<br />

nie gedacht.<br />

Wie ging es überhaupt los<br />

! Als ich meinen Eltern gesagt<br />

habe, dass ich ein Flaschenweingut<br />

aufbauen will, haben sie mir ihr gesamtes<br />

Erspartes gegeben. Das waren 30.000<br />

Mark im Jahr 1994...<br />

... und 15 Jahre später stehen<br />

wir vor einer Produktionshalle, die<br />

nicht nur sehenswert und richtig<br />

schön ist, sondern auch ordentlich<br />

Geld gekostet hat. Wenn ich richtig<br />

schätze so um die drei Millionen<br />

Euro. Braucht man dafür eigentlich<br />

einen guten und wohlgesonnenen<br />

Banker<br />

! Der Bank gehört bestenfalls die<br />

Auffahrt und die Terrasse. Der Rest“ ist ”<br />

bezahlt. Sonst würde das auch keinen<br />

Spaß machen. Wissen Sie, mich fragen<br />

oft ganz junge Winzer, was sie machen<br />

müssen, damit sie auch Erfolg haben<br />

wie wir. Aber da kann ich eigentlich<br />

gar nichts Richtiges antworten. Das<br />

Prinzip Schneider“ funktioniert, glaub<br />

”<br />

ich, nur einmal. Wie auch das Prinzip ”<br />

Schuhbeck“ nur einmal funktioniert.<br />

Das hat was mit den Personen zu tun.<br />

Jeder Mensch ist anders und muss seinen<br />

eigenen Weg riskieren. Schauen Sie sich<br />

den Schuhbeck an. Als der nach München<br />

kam, haben alle geunkt, ob er noch<br />

mal auf die Beine kommt. Und dann hat<br />

Schuhbeck da so einen Riesenerfolg. Mit<br />

seinem Restaurant, seinem Eisladen, dem<br />

eigenen Gewürzladen. Das hätte der alles<br />

nicht, wenn er nicht ein akribischer Arbeiter<br />

wäre. Und ein Typ, der ein gewisses<br />

Charisma hat, das die Leute einfach<br />

interessiert. Es gibt ganz wenige Leute,<br />

die ich bis jetzt kennengelernt habe auf<br />

der Welt, wo ich ganz still bin und gerne<br />

zuhöre, was der Meister sagt. Der hat<br />

einfach richtig was auf dem Kasten.<br />

Sie machen auch einen Wein<br />

für ihn<br />

! Ja, genau. Also verstehen Sie<br />

mich nicht falsch. Ich vergleiche mich<br />

jetzt nicht mit Alfons Schuhbeck. Das ist<br />

eine andere Generation, er ist Musiker,<br />

ich bin Fußballer. Das ist schon zweierlei.<br />

Aber ich schätze ihn sehr. Vielleicht weil<br />

wir so verschieden sind.<br />

Spielen Sie auch weiterhin<br />

Fußball<br />

! Nee, das kann ich nicht mehr.<br />

Doch – mit meinem Sohn im Garten!<br />

Wenn man hin und wieder<br />

zurückschaut in seinem Leben, da<br />

fallen einem ja manchmal so Schlüsselmomente<br />

ein. Können Sie sich an<br />

einen erinnern<br />

! Ja. Das war vor circa sieben<br />

Jahren. Da hatte mich ein guter Freund,<br />

Dirk Niepoort aus der großen Portwein-<br />

Dynastie, nach Portugal eingeladen. Das<br />

war zu der Zeit, als die portugiesischen<br />

Winzer gerade anfingen, aus Portweintrauben<br />

ganz neue Rotweine zu machen.<br />

Da war ein unheimlicher Pioniergeist für<br />

das Neue in der Luft. Und dieser Pioniergeist,<br />

der hat mich damals regelrecht erfasst.<br />

Ich war zwar schon auf einem guten<br />

Weg, aber diesen Spirit habe ich mit nach<br />

Hause genommen und gewusst, du musst<br />

noch mehr arbeiten, um das zu schaffen,<br />

was du mit deinem Wein erreichen willst.<br />

Und dieser Ruck, der hat auch noch lange<br />

bei mir nachgewirkt. Vielleicht sogar bis<br />

heute.<br />

<br />

N5 Nachmann Rechtsanwälte schätzen an den Weinen<br />

von Markus Schneider den Anspruch, den sie<br />

auch an sich stellen. Klarheit, volles Engagement für<br />

eine gute Idee und Stilsicherheit.<br />


law<br />

Seite: 82<br />

Allgemeine Erklärung der<br />

Menschenrechte<br />

Resolution 217 A (III) der Generalversammlung<br />

der Vereinten Nationen vom 10.<br />

”<br />

Dezember 1948“<br />

PRÄAMBEL<br />

die<br />

menschenrechte<br />

der<br />

un<br />

Da die Anerkennung der angeborenen Würde<br />

und der gleichen und unveräußerlichen<br />

Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft<br />

der Menschen die Grundlage von Freiheit,<br />

Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,<br />

da die Nichtanerkennung und Verachtung<br />

der Menschenrechte zu Akten der<br />

Barbarei geführt haben, die das Gewissen der<br />

Menschheit mit Empörung erfüllen, und da<br />

verkündet worden ist, daß einer Welt, in der<br />

die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit<br />

und Freiheit von Furcht und Not genießen,<br />

das höchste Streben des Menschen gilt,<br />

da es notwendig ist, die Menschenrechte<br />

durch die Herrschaft des Rechtes zu<br />

schützen, damit der Mensch nicht gezwungen<br />

wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen<br />

Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,<br />

da es notwendig ist, die Entwicklung<br />

freundschaftlicher Beziehungen zwischen den<br />

Nationen zu fördern,<br />

da die Völker der Vereinten Nationen<br />

in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden<br />

Menschenrechte, an die Würde und<br />

den Wert der menschlichen Person und an<br />

die Gleichberechtigung von Mann und Frau<br />

erneut bekräftigt und beschlossen haben, den<br />

sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen<br />

in größerer Freiheit zu fördern,<br />

da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet<br />

haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten<br />

Nationen auf die allgemeine Achtung<br />

und Einhaltung der Menschenrechte und<br />

Grundfreiheiten hinzuwirken,<br />

da ein gemeinsames Verständnis<br />

dieser Rechte und Freiheiten von größter<br />

Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser<br />

Verpflichtung ist,<br />

verkündet die Generalversammlung<br />

diese Allgemeine Erklärung der<br />

Menschenrechte als das von allen Völkern<br />

und Nationen zu erreichende gemeinsame<br />

Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe<br />

der Gesellschaft sich diese Erklärung stets<br />

gegenwärtig halten und sich bemühen, durch


Unterricht und Erziehung die Achtung<br />

vor diesen Rechten und Freiheiten zu<br />

fördern und durch fortschreitende nationale<br />

und internationale Maßnahmen ihre<br />

allgemeine und tatsächliche Anerkennung<br />

und Einhaltung durch die Bevölkerung<br />

der Mitgliedstaaten selbst wie auch durch<br />

die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt<br />

unterstehenden Gebiete zu gewährleisten.<br />

Artikel 1<br />

Alle Menschen sind frei und gleich<br />

an Würde und Rechten geboren. Sie sind<br />

mit Vernunft und Gewissen begabt und<br />

sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit<br />

begegnen.<br />

Artikel 2<br />

Jeder hat Anspruch auf alle in<br />

dieser Erklärung verkündeten Rechte und<br />

Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied,<br />

etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht,<br />

Sprache, Religion, politischer oder<br />

sonstiger Anschauung, nationaler oder<br />

sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder<br />

sonstigem Stand.<br />

Des weiteren darf kein Unterschied<br />

gemacht werden auf Grund der<br />

politischen, rechtlichen oder internationalen<br />

Stellung des Landes oder Gebietes,<br />

dem eine Person angehört, gleichgültig<br />

ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft<br />

steht, keine Selbstregierung besitzt<br />

oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt<br />

ist.<br />

Artikel 7<br />

Alle Menschen sind vor dem Gesetz<br />

gleich und haben ohne Unterschied<br />

Anspruch auf gleichen Schutz durch das<br />

Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen<br />

Schutz gegen jede Diskriminierung,<br />

die gegen diese Erklärung verstößt, und<br />

gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen<br />

Diskriminierung.<br />

Artikel 8<br />

Jeder hat Anspruch auf einen<br />

wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen<br />

innerstaatlichen Gerichten gegen<br />

Handlungen, durch die seine ihm nach<br />

der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden<br />

Grundrechte verletzt werden.<br />

Artikel 9<br />

Niemand darf willkürlich festgenommen,<br />

in Haft gehalten oder des<br />

Landes verwiesen werden.<br />

Artikel 10<br />

Jeder hat bei der Feststellung seiner<br />

Rechte und Pflichten sowie bei einer<br />

gegen ihn erhobenen strafrechtlichen<br />

Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch<br />

auf ein gerechtes und öffentliches<br />

Verfahren vor einem unabhängigen und<br />

unparteiischen Gericht.<br />

Weitere Artikel der Menschenrechte folgen<br />

in den nächsten Ausgaben des N Magazins.<br />

Artikel 3<br />

Jeder hat das Recht auf Leben,<br />

Freiheit und Sicherheit der Person.<br />

Artikel 4<br />

Niemand darf in Sklaverei oder<br />

Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei<br />

und Sklavenhandel in allen ihren<br />

Formen sind verboten.<br />

Artikel 5<br />

Niemand darf der Folter oder grausamer,<br />

unmenschlicher oder erniedrigender<br />

Behandlung oder Strafe unterworfen<br />

werden.<br />

Artikel 6<br />

Jeder hat das Recht, überall als<br />

rechtsfähig anerkannt zu werden.<br />

<br />


MY world<br />

interpretiert von Hubertus Hamm aus der Serie Ballett

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