uNseR maNN IN euRopa
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MY world<br />
interpretiert von Hubertus Hamm aus der Serie Ballett
6<br />
Nachmann News<br />
8<br />
my neighbourhood<br />
BÄSSER GEHT´s NICHT!<br />
Ein Gespräch mit Kurt Rydl<br />
18<br />
Philosophy<br />
Insolvent in Europa<br />
Ein Gespräch mit Prof. Dr. Peter Kindler<br />
22<br />
My munich<br />
ein groSSer am topf,<br />
ein junger im kopf!<br />
Ein Gedankenaustausch<br />
mit Alfons Schuhbeck<br />
30<br />
Competence I<br />
Buchner & Linse<br />
Insolvenz als Chance<br />
48<br />
competence II<br />
mr. vertrauen<br />
Ein Gespräch mit RA Dirk Cupei<br />
58<br />
My germany<br />
Mach mir die Welle<br />
Interview mit Dr. Reinhard Hartstein<br />
66<br />
my europe<br />
Unser mann in europa<br />
Interview mit Dr. Harald Noack<br />
72<br />
my world<br />
Bis zehn Euro wird<br />
”<br />
bei uns geschraubt.“<br />
Zu Besuch bei Winzer Markus Schneider<br />
82<br />
Law<br />
die Menschenrechte der un<br />
36<br />
my bavaria<br />
Porträt eines genialen<br />
malers: Sean Scully<br />
Anschrift<br />
Nachmann Rechtsanwälte<br />
Theatinerstr. 15<br />
80333 München<br />
www.nachmann.com<br />
Telefon +49 89 24 20 74 0<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Josef Nachmann<br />
Beratung und Supervision: Andreas Lukoschik<br />
Chefredaktion: Jens Magers<br />
Art Direction: Bureau Mirko Borsche<br />
Textredaktion: Amadeus AG, Schwyz<br />
Illustration: Alison Carmichael
Zivilcourage - wir brauchen mehr davon.<br />
Das demokratische Gemeinwesen lebt vom Mut seiner<br />
Bürger, öffentlich für die Prinzipien des Staates und die Rechte<br />
des anderen einzutreten. Dies gilt besonders, wenn unmittelbare<br />
Gefahr für Leib und Leben anderer Menschen droht.<br />
Im August 2009 starben zwei Menschen im bayerischen<br />
Inn, die zwei Jungen vor dem Ertrinken retten wollten. Im<br />
September 2009 wurde ein mutiger Mann am S-Bahnhof Solln in<br />
München erschlagen, der Kinder vor seinen späteren Mördern<br />
schützen wollte. Niemand half ihm.<br />
Diese Menschen haben unglaublichen Mut gezeigt. Sie<br />
haben ihr eigenes Leben gelassen für andere.<br />
Dieses N5 widmen wir ihnen und allen Menschen, die<br />
unser Leben in Frieden, Freiheit und Demokratie durch ihren<br />
besonderen Mut gewährleisten.<br />
Es ist unsere feste Überzeugung, dass nur durch<br />
Einhalten fester Grundsätze nachhaltige Leistungen erbracht<br />
werden können. Das gilt vor allem auch für uns als<br />
Rechtsanwälte. Nachmann Rechtsanwälte haben sich stets im<br />
klassischen Sinne als Organe der Rechtspflege verstanden.<br />
Wir beraten unsere Mandanten im Rahmen der Rechtsordnung.<br />
Deshalb lautet der erste Satz unserer Prinzipien: Wir verhelfen<br />
Recht zu Recht. Unsere Mandanten haben das verstanden und<br />
schätzen die Eindeutigkeit unserer Aussage. Dabei haben wir<br />
immer den Mut gehabt, Position zu beziehen.<br />
Position beziehen auch die Persönlichkeiten, die wir in<br />
unserem N5 zu Wort kommen lassen – vor allem auch deshalb.<br />
Sie leisten einen Beitrag dazu, dass unser Leben bereichert<br />
wird, jeder für sich anders. Sie verbindet, dass sie durch Fleiß,<br />
Disziplin, Talent und Courage ihre Ziele konsequent verfolgen.<br />
Lassen Sie uns gemeinsam mit Zivilcourage dafür sorgen,<br />
dass unser Land weiterhin so lebens- und liebenswert bleibt.<br />
Mit besten Grüßen<br />
Nachmann Rechtsanwälte<br />
Kindler/Nachmann<br />
Handbuch Insolvenzrecht in Europa<br />
Internationales Insolvenzrecht und ausgewählte europäische<br />
Rechtsordnungen<br />
Herausgegeben von Prof. Dr. Peter Kindler und Rechtsanwalt<br />
Josef Nachmann<br />
2010<br />
Insolvenzrecht in Europa praxisnah, aktuell und fundiert!<br />
Zum Werk<br />
Das Handbuch enthält eine praxisgerechte Darstellung des internationalen<br />
Insolvenzrechts sowie des materiellen Insolvenzrechts in<br />
den – für deutsche Insolvenzpraktiker – wichtigen ausländischen<br />
Rechtsordnungen. Autoren sind gleichermaßen Wissenschaftler<br />
und Praktiker, die vor Ort tätig sind. Die Darstellung erfolgt nicht in<br />
Kommentarform, sondern systematisch und handbuchartig. Besonders<br />
ausführlich sind Problemschwerpunkte erörtert, wie z.B. die Insolvenzanfechtung,<br />
Aufrechnung, Organ- und Gesellschafterhaftung.<br />
Teil 1 behandelt das deutsche internationale Insolvenzrecht, Teil 2 das<br />
deutsche Insolvenzrecht sowie ausgewählte ausländische Rechtsordnungen.<br />
Das Werk stellt die rechtliche Situation jeweils nach einem<br />
vorgegebenen Standard dar, die eine Rechtsvergleichung ermöglicht.<br />
Zum Inhalt<br />
Neben dem von Prof. Dr. Kindler bearbeiteten ausführlichen Teil zum<br />
deutschen internationalen Insolvenzrecht folgen die wichtigsten Länderberichte<br />
Europas zum jeweiligen Insolvenzrecht, beginnend mit<br />
Deutschland, mitverfasst von Mitherausgeber RA Josef Nachmann.<br />
Darin sind die Insolvenzordnungen von<br />
• England • Österreich • Spanien • Türkei<br />
• Italien • Russland • Tschechien<br />
• Liechtenstein • Schweiz • Polen<br />
umfassend und aktuell dargestellt. Der Länderbericht Frankreich (auf<br />
dem aktuellen Stand der im Zuge der Finanzkrise geänderten französischen<br />
Insolvenzordnung) ist bereits als erste Ergänzungslieferung<br />
in Vorbereitung und im Grundwerkspreis enthalten.<br />
Erscheinungstermin: Voraussichtlich November 2009<br />
Weitere Informationen zum Inhalt dieses Werkes<br />
finden Sie im Gespräch mit dem Mitherausgeber<br />
Prof. Dr. Kindler auf Seite 18 dieser Ausgabe.
My<br />
neighbourhood<br />
Seite 8<br />
Ein Gespräch mit dem Bassisten über<br />
Donald Duck, Regietheater, tief anrührende<br />
Momente und die Schönheit der Musik.<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
Kurt<br />
Rydl<br />
Bässer<br />
geht’s<br />
nicht!<br />
Er ist nicht nur einer der besten,<br />
sondern auch der beliebtesten<br />
AttilaRamphisGurnemanzOsmin-<br />
DalandFiescoRoccoTimurPogner.<br />
Und natürlich der ”<br />
Ochs“ im<br />
Strauss’schen Rosenkavalier. Er hat<br />
schon mit allen großen Dirigenten<br />
dieser Welt gearbeitet von Abbado bis<br />
Zubin Mehta, von Karajan bis Solti,<br />
von Sinopoli bis Nagano. Er war auf<br />
der Bühne Partner, Gegenspieler und<br />
Verbündeter der anderen großen<br />
Stimmen dieser Welt, von Pavarotti<br />
über Carreras bis Villazón. Und<br />
natürlich Placido Domingo.<br />
Ein Künstler und Mensch, der Kurt<br />
Rydl besonders wichtig ist. Und wer<br />
beide kennt, weiß, dass das auf<br />
Gegenseitigkeit beruht.<br />
Alles das wundert niemanden, denn<br />
Kurt Rydl ist der Mega-Bass!<br />
Herr Rydl, wenn man in den<br />
Opernhäusern dieser Welt zuhause<br />
ist, sitzt man ja – wie die Top-Models<br />
dieser Welt – viel im Flieger...<br />
! Zu viel für meinen Geschmack!<br />
... wie machen Sie das mit<br />
Ihrer Stimme. Da oben ist die Luft<br />
doch staubtrocken<br />
! Das ”<br />
staubtrocken“ ist nicht das<br />
Problem – die Kälte aus der Air Condition<br />
ist es. Aber ein kleiner Schal und möglichst<br />
nix reden hilft ungemein. Oder auf<br />
langen Flügen mal ein feuchtes Handtuch<br />
auf die Nase zu legen, tut auch gut. Aber<br />
ansonsten ist Fliegen nicht das Gesündeste<br />
für die Stimme. Da haben Sie schon recht.<br />
Dass ich es über Jahre gekonnt habe – und<br />
heute immer noch kann – liegt vielleicht<br />
an der Disziplin, im Fluge fast winterschlafartig<br />
alle Funktionen auf halbe Kraft<br />
zu fahren. Auch wenn einen immer wieder<br />
kleine Schweißausbrüche heimsuchen –<br />
weil es zu sehr ruckelt.<br />
Höre ich da Flugangst<br />
! Eine Bedingte. Wer so viel fliegt<br />
wie ich, darf sie eigentlich nicht haben.<br />
Und sollte sie auch nicht haben. Aber<br />
wenn es sehr ungemütlich wird, kriege ich<br />
doch die so genannten ”<br />
white knuckles“.<br />
Dann verkrampfe ich mich schon mal in<br />
den Arm des Nachbarn.<br />
Haben Sie denn schon mal<br />
real etwas Unangenehmes erlebt<br />
! Ich habe einmal das Rausfallen<br />
der Sauerstoffmasken erlebt, weil ein Sauerstoffbehälter<br />
geplatzt war. Der Captain<br />
musste dann sofort – also in einer knappen<br />
Minute – von 10 000 Metern auf 4 000<br />
runter. Das war extrem unangenehm. Und<br />
dann hatte ich wirklich schon oft das Pech,<br />
durch sehr schlechte Wetterfronten zu<br />
fliegen. Da ging mir schon a bisserl mein<br />
Sitzfleisch auf Grundeis. Muss ich ehrlich<br />
sagen.<br />
Hatten Sie denn schon davor<br />
Flugangst gehabt<br />
Fotos: Mathias Bothor
! Nein. Ganz zu Anfang war mir das<br />
alles völlig wurscht. Ich bin eingestiegen<br />
und fertig. Aber im Leben verstärken sich<br />
ja gewisse Dinge. Andererseits freue ich<br />
mich auch wieder auf lange Flüge. Wenn<br />
ich zum Beispiel nach Japan gehe und<br />
sitze dann in einem schönen breiten Sessel.<br />
Esse und trinke genüsslich, sehe ein paar<br />
gute Filme, mache ausgiebig Sudoku, und<br />
lese mal wieder lange – was ich mir sonst<br />
selten gönne, weil man ja sonst eh nur immer<br />
neue Texte lernen muss – das macht<br />
dann auch wieder Spaß.<br />
Es heißt: Sie haben 120 Partien<br />
abrufbereit im Kopf...<br />
! Na ja, also wirklich abrufbar sind<br />
es zur Zeit vielleicht 60. Ich habe heute<br />
sicherlich die ”<br />
Rusalka“ von Dvorak auf<br />
Tschechisch größtenteils vergessen. Leider.<br />
Weil sie einfach kaum aufgeführt wird.<br />
Aber natürlich den ganzen Wagner, den<br />
ganzen Verdi, den ganzen Mozart, Puccini,<br />
Rossini, Mussorgski – die sind alle auf<br />
Knopfdruck da.<br />
Wie halten Sie bei einer<br />
solchen Stofffülle Ordnung in<br />
Ihrem Kopf<br />
! Indem die Ordnung eine<br />
chaotisch geordnete“ ist. Das<br />
”<br />
heißt, würde man alles penibel wie<br />
Bleistifte parallel legen, dann wäre<br />
das Suchen vielleicht manchmal<br />
einfacher, aber die Intuition, dich<br />
da hinzuleiten, was du machen<br />
musst, wäre nicht so einfach. Es<br />
ist also ein gewisses Chaos da, das<br />
sich aber binnen kürzester Zeit mit<br />
Konzentration so ausrichtet wie<br />
Metallspäne gegen den Magneten<br />
hin. Ich habe schon in der Schule<br />
immer schnell und gut auswendig<br />
gelernt. Und das ist – erfreulicherweise<br />
– bis heute so geblieben.<br />
In der Schule, in die auch<br />
Gottfried Helnwein gegangen ist – nur<br />
eine Klasse drunter<br />
! In die gleiche Schule. Er ist am<br />
gleichen Tag geboren wie ich – nur ein<br />
Jahr später. Wir hatten übrigens auch den<br />
gleichen Zeichenlehrer. Ich habe diesen<br />
Professor sehr geliebt. Während wir<br />
zeichneten, hat der nämlich immer vorgelesen.<br />
Ich kann mich daran noch sehr gut<br />
erinnern. Es war ”<br />
Die Fliege“ - ein Roman<br />
von George Langelaan, der im Zweiten<br />
Weltkrieg Geheimagent beim MI5 war<br />
und später als Romanautor fantastischer<br />
Romane berühmt wurde. Das hat mich so<br />
begeistert, dass ich damals sofort das Buch<br />
gekauft hatte.<br />
Interessieren Sie sich für Science<br />
Fiction<br />
! Hmh, wenn sie so literarisch ist<br />
wie in diesem Buch ”<br />
Die Fliege und andere<br />
Geschichten aus der phantastischen Wirklichkeit“<br />
vom Scherz Verlag, dann begeistert<br />
mich das schon, weil ich naturwissenschaftlich<br />
sehr interessiert bin.<br />
Das naturwissenschaftliche<br />
Interesse war dann ja später sogar<br />
berufsbestimmend...<br />
! Ja, ich habe Biologie studiert und<br />
darin auch den Magister gemacht – über<br />
Stachelhäuter, also Meeresbiologie. Und<br />
im Nebenfach hatte ich Astronomie. Das<br />
kommt mir zurzeit sehr zugute, weil ich<br />
gerade von Stephen Hawking ”<br />
Das Universum<br />
in der Nussschale“ lese. Das ist nicht<br />
ganz einfach für mich, weil man bei diesem<br />
Stoff mit gut durchschnittlichem Denken<br />
recht schnell an Grenzen stößt. Aber es tut<br />
mir gut, das zu lesen, weil es mich fordert.<br />
Helfen Ihnen Ihre Kenntnisse<br />
aus der zoologischen Basiskunde im<br />
Umgang mit den Menschen an der<br />
Oper<br />
! Ja, insofern als man sie sehen<br />
kann wie Stachelhäuter, also Lebewesen,<br />
die einen abwehren. Das Schwierigste am<br />
Umgang mit den Menschen in der Kultur<br />
ist: Es kommen immer mehr und mehr<br />
Dilettanten hinein, die vom Fach nichts<br />
verstehen, die auch das Herz und die<br />
Liebe nicht dazu haben, die aber dort eine<br />
wirtschaftliche Chance sehen und sich<br />
in einem Fach profilieren wollen, wo sie<br />
eigentlich nichts verloren haben. Eine der<br />
negativsten Erfahrungen ist, dass – wenn<br />
manche in diesem Metier einen gewissen<br />
Erfolg haben – sie sich charakterlich zurückbilden:<br />
Von einem Wirbeltier zu einem<br />
Mollusken – also von einem Lebewesen,<br />
das noch ein Rückgrat hat, zu einem wirbellosen<br />
Weichtier.<br />
Oper ist doch eigentlich ein<br />
Zuschussgeschäft. Wo sehen diese<br />
Mollusken dann die wirtschaftliche<br />
Chance<br />
! Ja, es ist ein Zuschussgeschäft.<br />
Aber wer immer dort das Sagen hat und<br />
glaubt, in der Kultur mitmischen zu müssen,<br />
hat zumindest die Aufmerksamkeit<br />
der Presse. Heute etwas sehr skandalös zu<br />
machen oder auch nur gegen den Strich<br />
zu bürsten – und nicht wirklich Qualität<br />
zu liefern – das ist wohl die infamste und<br />
billigste Art sich zu profilieren. Meisterwerke<br />
der Literatur herzunehmen und<br />
verächtlich nach unten zu revidieren – das<br />
ist für mich Scharlatanerie. ”<br />
Freiheit der<br />
Kunst“ ist ein Begriff, hinter dem sich jeder<br />
verschanzt. Aber eine Kunst ohne Regeln<br />
ist uninteressant – wie so vieles auf der<br />
Welt! Wenn ich einer Fußballmannschaft<br />
22 Bälle gebe und jeder kann hinschießen,<br />
wohin er will – macht das dem Zuschauer<br />
Spaß Ich denke nicht.<br />
Sind wir da jetzt bei<br />
Ihrem Lieblingsreizthema ”<br />
Regietheater“<br />
! Ich will jetzt gar nicht<br />
den Namen eines bestimmten<br />
Regisseurs nennen. Aber warum<br />
muss ein Parsifal auf einem Pissoir<br />
beginnen Ich weiß, welche Gedanken<br />
hinter dieser Inszenierung<br />
steckten – aber es passt nicht zum<br />
Text. Wenn die Knappen und der<br />
Gurnemanz gerade vom Fechtunterricht<br />
kommen, sich zum Morgengebet<br />
sammeln und er ihnen dann<br />
die Geschichte von König Amfortas<br />
und Klingsor erzählt – das muss<br />
nicht auf dem Klo passieren. Das<br />
ist ein Regiegag, der unnötig und<br />
unappetitlich ist.<br />
Der Parsifal ist der ”<br />
reine<br />
Tor“, der in unserer Zeit gerne als<br />
Volldepp dargestellt wird...<br />
! Ja, und genau der Volltrottel ist<br />
er eben nicht! Er ist der durch Mitleid<br />
wissende, reine Tor. Ich habe das in einer<br />
Inszenierung in Wien einmal so spielen<br />
können, dass der Gurnemanz Parsifal sehr<br />
böse wegschickt, nachdem der den Schwan<br />
erlegt hat: ”<br />
Was stehst du noch da Weißt<br />
Du, was Du sahst“ Und dann: ”<br />
Suche dir,<br />
Gänser, die Gans – und geh!“<br />
Später fragt sich Gurnemanz, ob<br />
er denn um Gottes Willen so verblendet<br />
war, nicht zu erkennen, dass dieser junge<br />
Unbedarfte vielleicht doch genau der gewesen<br />
sein könnte, auf den alle warten – der<br />
Erlöser. Und im dritten Akt zeigt er es ja<br />
auch, wie er zu Kundry sagt: ”<br />
Erkennst Du<br />
ihn Er ist’s, der einst den Schwan erlegt’.“<br />
Denn da beginnt sich in Gurnemanz etwas<br />
zu verändern.<br />
Ich habe diese Szene einmal mit<br />
Domingo in Madrid gespielt und mir<br />
gedacht: Der Mann, der am wenigsten<br />
die Sprache Richard Wagners spricht, in<br />
dessen Augen habe ich gesehen, was in<br />
ihm passiert, als er zum alten Gurnemanz<br />
kommt und singt ”<br />
Heil mir, dass ich Dich<br />
wieder finde!“ Und der darauf: ”<br />
So kennst<br />
auch Du mich noch, erkennst mich wieder.“<br />
Eine der herrlichsten Stellen in der<br />
Musik.<br />
Solche psychologischen Entwicklungen<br />
muss einen der Regisseur aber<br />
auch spielen lassen. Und wenn nicht, dann<br />
zeugt das von so wenig Einfühlungsvermögen<br />
und so wenig Kenntnis, dass ich mich<br />
frage, was haben solche Leute in der Regie<br />
verloren So was macht mich traurig.<br />
Psychologische Wirkung ist<br />
vielleicht nicht das Thema mancher<br />
Regisseure!<br />
! Schauen Sie: Warum hat man<br />
hohe Kirchen gebaut, die eine Mystik<br />
erzeugen Weil der Glaube einfach nicht<br />
wirken kann, wenn er zu einer alltäglichen<br />
Sache wird. Das gilt für die Bühne genauso<br />
wie für die Religion. Und wenn ein Priester<br />
in Beiläufigkeit zwischen Kommunion und<br />
Segen noch sagt: ”<br />
Wir treffen uns nach-
her im Pfarrhaus auf Gulaschsuppe und<br />
Pingpong. Und nächste Woche haben wir<br />
unseren Faschingsabend im Pfarrsaal. Und<br />
jetzt gebe ich euch den Segen – im Namen<br />
des Vaters, des Sohnes und des Heiligen<br />
Geistes. Gehet hin in Frieden.“ Das hat für<br />
mich nichts mit Gottesdienst, mit einer<br />
Verinnerlichung und mit Mystik zu tun.<br />
Sind Sie für die alte lateinische<br />
Liturgie<br />
! Ja. Weil sie herausgelöst ist aus<br />
dem Alltag. Das ist meine sehr persönliche<br />
Einstellung. Ich brauche diese alte Form,<br />
um mich auf ganz andere Dinge zu konzentrieren,<br />
als was draußen vor der Kirche,<br />
in meinem Beruf, in meinem Privatleben<br />
und sonst so passiert.<br />
Aber ist ”<br />
Et cum spiritu tuo“<br />
für die meisten heute nicht eine leere<br />
Formel<br />
! Alles, was man nur so dahersagt,<br />
ist eine leere Formel. Egal in welcher<br />
Sprache. Aber es ist keine leere Formel,<br />
wenn ich mich mit dem Satz identifiziere.<br />
Und – das gilt aber nur für mich persönlich<br />
– ich identifiziere mich lieber mit dem<br />
lateinischen Stoff. Das hat etwas damit<br />
zu tun, dass ich mich in dem Althergebrachten<br />
mehr eingebettet fühle als in der<br />
neuen Form. Ich streite mich nicht über<br />
Bäume, die geben dir Kraft.“ Und so sind<br />
ja zum Beispiel auch gotische Kirchen<br />
gebaut – nach oben strebend. Wie ein<br />
Baum des Lebens.<br />
Nun hat ja so ein Satz<br />
wie Et cum spiritu tuo“ nicht<br />
”<br />
nur einen Inhalt, sondern auch<br />
einen Rhythmus und eine Melodie.<br />
So wie das, was Sie beruflich<br />
auf der Bühne aussprechen.<br />
Gibt es trotz der Konzentration,<br />
die Sie auf den Ablauf der<br />
Bewegungen und den Ausdruck<br />
der Stücke verwenden müssen,<br />
vielleicht auch solche spirituellen<br />
Momente auf der Bühne für<br />
Sie<br />
! Ja, ja, oft. Sehr oft. Natürlich<br />
findet das nicht in jeder Oper<br />
statt. Das ist klar. Uns allen passiert<br />
es, wenn der Körper nicht auf<br />
100 Prozent tourt, dass man schauen<br />
muss, wie man über die Runden<br />
kommt. Aber wenn alles gut läuft<br />
und der Apparat“ geschmiert ist,<br />
”<br />
dann kann man sehr entrückt sein.<br />
Das kann einem unheimlich viel<br />
geben.<br />
Bei mir ist es sehr oft so,<br />
dass ich gerade den Karfreitagszauber“<br />
im Parsifal nicht ohne Trä-<br />
”<br />
nen über die Runden bringe. Der<br />
Text nimmt mich unheimlich her<br />
– abgesehen von der wunderbaren<br />
Melodie: Des Sünders Reuetränen<br />
”<br />
die Errungenschaften des Neuen. Nur, bei<br />
sind es, die heut mit heilgem Tau<br />
diesem Thema berührt das Neue nicht<br />
beträufelt Flur und Au“. Ich denke<br />
mein Herz. Ich empfehle die alte Liturgie<br />
dann an meine Eltern, und erinnere<br />
mich, dass ich den Gurnemanz<br />
nicht den anderen Mitmenschen. Es ist nur<br />
eine für mich gültige Aussage. Kirche und<br />
gesungen habe eine Woche nach<br />
Religion ist eine sehr, sehr persönliche Sache.<br />
Wann fühle ich mich der Mystik und<br />
damals fast vergangen und konnte<br />
dem Tod meines Vaters. Ich bin<br />
der Religion nahe Wenn ich alleine bin.<br />
gar nicht so viele Tränen schlucken,<br />
Ich muss allein sein – mit mir und meinem wie ich geheult habe da auf der<br />
Herrgott. Dann kann das für mich etwas in Bühne. Das können viele vielleicht<br />
einem geistigen Sinne bewirken. Und das<br />
nicht nachempfinden. Aber mich<br />
finde ich nur in einem sehr persönlichen<br />
lassen solche Passagen einfach<br />
Zwiegespräch. Das kann in der Kirche sein nicht kalt. Ich bin berührt – und<br />
aber auch im Wald, weil Bäume für mich<br />
singe sie auch so.<br />
Kraft bedeuten. Mein Vater war Tischler<br />
Auf der anderen Seite gibt<br />
und hat mir schon als Jungen gesagt:<br />
es auch ganz andere Emotionen,<br />
” Wenn du dich schwach fühlst, umarme die man als Bassist darstellen darf:
die Lust, die Wut, die Gier – wenn<br />
man den Mephisto oder den Hagen<br />
singt – oder die pure Intriganz –<br />
wenn man den John Claggart im<br />
Billy Budd“ singt, der sich wie so<br />
”<br />
ein Captain Bligh auf der Bounty<br />
aufführt, der aber im Innersten<br />
leer ist und sich nach Liebe sehnt.<br />
Wenn man all das verarbeitet und<br />
auf der Bühne auslebt, dann geht<br />
man nachher weg und hat wirklich<br />
was erlebt.<br />
Und wenn ich bei manchen<br />
Sängern solche Gefühle nicht<br />
spüre und merke, die liefern da<br />
nur einfach eine Tonproduktion<br />
ab und sonst nix, dann bin ich ein<br />
bisschen enttäuscht. Nicht so, dass<br />
ich mit dem Finger auf ihn oder<br />
sie zeige und sage, der macht das<br />
nicht, sondern weil ich weiß, dass<br />
dem wahnsinnig viel entgeht.<br />
Sind Sie in solchen Momenten<br />
eher neben sich oder ganz in sich<br />
! Nein, da gibt es Momente, wo<br />
du – Déjà-vu-ähnlich – außerhalb von<br />
dir stehst und mitkriegst, wie du singst.<br />
Neben dem Parsifal passiert mir so etwas<br />
aber auch bei der schweigsamen Frau“,<br />
”<br />
wenn dieser rührende Morosus singt:<br />
Irgendwen zu wissen, für den man da ist,<br />
”<br />
der einem gut, der einem nah ist,<br />
für den man lebt, und dem man stirbt.<br />
Und dass einer da ist, wenn man erkaltet,<br />
der einem die Augen zudrückt und die<br />
Hände faltet!“<br />
Das ist stark...<br />
Haben Sie eigentlich Lampenfieber<br />
! Fast nicht. Also, ich bin schon<br />
gespannt! Aber nicht in dem Sinne, dass<br />
ich befürchte zu versagen. Gut, wenn ich<br />
körperlich nicht optimal in Form bin,<br />
dann bin ich doppelt konzentriert und<br />
singe sehr mit Kalkül. Dann kann ich es<br />
nicht einfach frei laufen lassen, sondern<br />
muss mich extrem konzentrieren, um die<br />
Stimme rüberzubringen. Aber eigentlich<br />
überwiegt meist die Freude, auf die Bühne<br />
gehen zu dürfen.<br />
Trotzdem mögen Sie<br />
den Kult um Ihre Person nicht<br />
so. Warum nicht<br />
! Wenn es zum Lob kommen<br />
sollte, dann nehme ich das<br />
sehr gerne an – nachher. Wenn einer<br />
nachher mit mir ein Interview<br />
machen will, wenn es gut war, bin<br />
ich sehr dafür. Da bin ich auch<br />
durchaus empfänglich dafür. Aber<br />
absolut nicht vorher. Das stinkt<br />
mir in Amerika zum Beispiel sehr.<br />
Da geben sie x Interviews, noch<br />
bevor sie gesungen haben. So<br />
was verbitte ich mir. Das mag ich<br />
nicht.<br />
Ich gehe auch immer relativ<br />
spät – also meist eine halbe Stunde<br />
vor Beginn – zu den Aufführungen.<br />
Dann geh ich gleich in die<br />
Maske, danach singe ich mich ein.<br />
Und dann ”<br />
Geh’n ma!“. Ich will<br />
den ganzen Zirkus vorher nicht<br />
haben. Ich konzentriere mich auf<br />
meine Arbeit. Aus. Kein Rummel.<br />
Den Titel ”<br />
Mega-Bass“ wollten<br />
Sie für Ihr Buch auch nicht<br />
! Nein, nein, den wollte ich überhaupt<br />
nicht. Ich wollte das Fach, das ich<br />
singe, als Titel haben, nämlich ”<br />
Heldenbass“.<br />
Ich habe mich sehr dagegen<br />
gewehrt. Aber nun ist es mal passiert...<br />
Also, ich finde den Titel gut.<br />
Und das Buch selbst ist große klasse<br />
und sehr, sehr großartig gemacht.<br />
Vom Text ist es klasse, vom Layout<br />
ist es klasse, und Menschen, die die<br />
Oper wirklich lieben, können mit<br />
dem richtig was anfangen – ohne<br />
dass es theoretisch oder anstrengend<br />
ist. Da hat Ihre Frau wirklich eine<br />
Superarbeit abgeliefert.<br />
! Das wird Christiane sehr, sehr<br />
freuen.<br />
Sie haben in Ihrem Buch dem<br />
Autor gesagt, dass Sie annehmen,<br />
nach 60 mehr Zeit für die Insel und<br />
das Leben zu haben...<br />
Illustration: Gottfried Helnwein
! Das ist im Moment nicht einzuhalten.<br />
Vielleicht müssen wir da noch das<br />
eine oder andere Jährchen dazugeben.<br />
Aber wenn schöne Sachen kommen – auf<br />
die ich mich freuen kann – dann werde<br />
ich die auch weiterhin machen. Vielleicht<br />
mit einem – wie soll ich sagen – jovialeren<br />
Rangehen an das Ganze. Mit einer<br />
Freude und der Hoffnung, dass diese<br />
Auftritte ein bisschen mehr ”<br />
en bloc“<br />
kommen, damit ich nicht immer so viel<br />
hin- und herreisen muss. Im Moment<br />
erlebe ich gerade wirklich das Gegenteil<br />
von dem, was ich jetzt sage – also heute<br />
Abend Berlin, morgen Mittag Dresden,<br />
am Abend Salzburg. Das geht jetzt noch<br />
die nächsten Monate so. Aber die kommenden<br />
Jahre sind schon mehr ”<br />
en bloc“<br />
geplant.<br />
Sie sollen mal gesagt haben,<br />
dass man von Donald Duck sehr viel<br />
für die Darstellung auf der Bühne<br />
lernen könne.<br />
! Wer Disney’s Comics von Donald<br />
Duck zu lesen und zu interpretieren<br />
versteht, der kann für sich selbst auf der<br />
Bühne sehr viel lernen. Sehen Sie sich<br />
mal an, wie in den Zeichnungen Staunen<br />
gezeigt wird, wie Wut, wie Traurigkeit.<br />
Mir geht es dabei so, dass ich diese gezeigten<br />
Emotionen beim Anschauen fast<br />
körperlich spüre. Bei Asterix & Obelix<br />
nicht. Da entstehen die Emotionen ja<br />
auch weniger durch die Mimik und<br />
Gestik als vielmehr durch den Text. Und<br />
durch die Action, die passiert. Auch Mickey<br />
Mouse ist mimisch unergiebig. Aber<br />
Donald Duck ist sehr ausdruckstark. Bei<br />
diesem Thema sollte man nicht vergessen:<br />
Wir Bühnenleute müssen natürlich<br />
ein bisschen mehr auftragen, damit es<br />
auch bis in die letzte Reihe trägt, was wir<br />
darstellen wollen.<br />
Kommen wir zu dem Organ,<br />
mit dem Sie arbeiten. Wie muss man<br />
sich die Unterschiede zwischen den<br />
Tonlagen stimmbandmäßig vorstellen<br />
Bei Streichinstrumenten<br />
ist eine lange Seite tiefer und eine<br />
kurze höher. Ist das bei Menschen<br />
genauso<br />
! Genauso. Ein Tenor hat<br />
kürzere Stimmbänder und ein<br />
Bassist hat längere Stimmbänder.<br />
Wobei man als Bassist auch eine<br />
gewisse Entspanntheit der Stimmbänder<br />
braucht. Mit Kraft kann<br />
man nämlich keinen tiefen Ton<br />
singen. Dazu müssen die Bänder<br />
locker sein.<br />
Können Tenöre mit<br />
Kraft ihre hohen Töne pushen<br />
! Ja, natürlich. Weil die<br />
Stimmbänder bei hohen Tönen ja<br />
auch schnell schwingen müssen.<br />
Das ist bei meinen hohen Tönen<br />
nicht anders.<br />
Was ist das Geheimnis<br />
Ihrer Stimme Sie sind<br />
über sechzig und haben einen<br />
Schalldruck, dass sich manch<br />
junger Bass davor in Sicherheit<br />
bringen muss.<br />
! Mein Geheimnis liegt<br />
darin, dass ich jede leichteste Veränderung<br />
an mir spüre, wo andere<br />
glauben, das muss jetzt einfach<br />
gehen. Und ich weiß sofort: aufpassen,<br />
reduzieren, Mund halten, die<br />
Stimme mehr nach vorne schieben<br />
und Resonanz in die Nebenhöhlen<br />
holen – weil man dann nicht so<br />
viel Druck braucht. Das ist aber<br />
natürlich nur übergangsweise einzusetzen,<br />
denn es ist schon etwas<br />
dünner im Ausdruck.<br />
Woher kommt dieses Wissen –<br />
aus dem Biologiestudium<br />
! Nein, es kommt aus dem Körpergefühl<br />
heraus – und natürlich aus der<br />
Erfahrung und dem Ausprobieren mit sich<br />
selbst. Eine ganz wichtige Sache. Wenn<br />
du nach den Lehrjahren dann irgendwann<br />
einmal selbst ein gestandener Sänger bist,<br />
gibt es immer wieder Veränderungen, die<br />
der Körper dir beibringt – weil man mit<br />
30 ganz anders beieinander ist als mit<br />
40 oder 50. Deshalb bist du ständig am<br />
Spüren und Probieren, um auf dem Leis-<br />
tungsniveau, das du einmal erreicht hast,<br />
zu bleiben. Oder es zu steigern.<br />
Die wirklich guten und großen<br />
Sänger, die auf der Bühne alles umsetzen<br />
können, die sich auch nicht scheuen, über<br />
die Grenzen hinauszugehen und manchmal<br />
in ein Schreien kommen müssen,<br />
ohne sich dabei weh zu tun, das sind diejenigen,<br />
die ein gutes Körpergefühl haben.<br />
Die genau wissen, was sie tun.<br />
Ich habe zum Beispiel unlängst<br />
an fünf Tagen viermal den Gurnemanz<br />
gesungen: Gründonnerstag in München,<br />
Karfreitag in Dresden, Ostersonntag in<br />
München, Ostermontag in Dresden...<br />
Da würde Donald jetzt ausrufen:<br />
”<br />
Schluck!“<br />
! Ja, und auch genau so schauen!<br />
Im Ernst, in den fünf Stunden des<br />
Parsifal“ ist man im zweiten Akt ja nicht<br />
”<br />
auf der Bühne. Das ist der Zeitraum, wo<br />
man sich wieder regenerieren muss. Da<br />
habe ich zwei Stunden Zeit. Dann esse ich<br />
richtig – zum Beispiel ein Schnitzel und<br />
trinke dazu auch schon mal eine Flasche<br />
Bier. Danach klinke ich mich aus, geh ein<br />
bisschen im Haus spazieren und dann<br />
fange ich wieder an, mich einzusingen. Es<br />
ist nicht leicht die Spannung über fünf<br />
Stunden zu halten – aber so gelingt es<br />
ganz gut.<br />
Natürlich kann ich in so einer<br />
Situation nicht nach der ersten Vorstellung<br />
mit den Kollegen stundenlang beim<br />
Italiener sitzen. Nein, da singt man die<br />
Vorstellung, geht nach Hause, trinkt sein<br />
Bier – oder auch zwei – macht sich einen<br />
Halsumschlag mit Öl und dann legt man<br />
sich nieder.<br />
Am nächsten Tag spricht man nix<br />
bis Mittag – auch kein Telefon. Telefonieren<br />
ist übrigens ganz schädlich für<br />
jeden Sänger, weil man dabei nicht die<br />
Resonanzposition einnimmt, sondern in<br />
normaler Haltung“ telefoniert – also mit<br />
”<br />
eingeknicktem Hals. Da wird der Hals<br />
meist extrem trocken.<br />
Und morgens gibt es grundsätzlich<br />
bei mir nie ein Wort vor der ersten Tasse<br />
Kaffee. Bei mir herrscht morgens Stille.<br />
Meine Frau weiß, dass das wegen der<br />
Stimme ist – nicht wegen der Stimmung!<br />
Habe ich eben richtig gehört:<br />
Sie trinken gerne Bier<br />
! Na, Bier ist eine Lauge. Außerdem<br />
hat Bier alle Mineralstoffe, es schmeckt gut<br />
und es tut einem Sänger gut. Wein dagegen<br />
ist eine Säure. Sie zerstört die Schleimschicht<br />
am Stimmband. Und die Tannine<br />
im Bordeaux machen das Ganze noch viel<br />
aggressiver. Deswegen ist Bier ein Sängergetränk!<br />
Haben Sie einen Lieblingswitz<br />
zum Thema Oper<br />
! Moishe trifft den Blau.<br />
Sagt der Moishe: No, ich hab gehört, du<br />
”<br />
warst gestern in der Oper“<br />
Sagt der Blau: Jo!“ ”<br />
Fragt der Moishe. Und, was haste gesehen“<br />
”<br />
Sagt der Blau: Ich hab gesehen, wie der<br />
”<br />
Silbernagel ist gesessen mit a Schickse in<br />
der Loge!“<br />
” Neein“, sagt der Moishe, was haste<br />
”<br />
gehört“<br />
Hab ich gehört, der Shloime is gegangen<br />
”<br />
in Konkurs!“<br />
Nein, in was biste gewesen“<br />
”<br />
No, ich bin in am Frack gewesen!“<br />
”<br />
Naaa, was hat man gegeben“<br />
”<br />
Hab ich gegeben finf Euro!“<br />
”<br />
Nein! Was für Musik haste gehört“<br />
”<br />
Ah so! Tristan und Isolde!“<br />
”<br />
Und wie war’s“<br />
”<br />
Na ja... Man lacht!“<br />
”<br />
<br />
•<br />
Der Mega Bass Kurt Rydl<br />
von Oliver Spiecker, Mathias Bothor<br />
Christian Brandstätter Verlag, Wien<br />
N5 Nachmann Rechtsanwälte sind Sponsoren der<br />
Bayerischen Staatsoper und verehren Kurt Rydl als<br />
einen großen Wagner-Interpreten.
philosophy<br />
Seite 18<br />
Ein Gespräch mit Prof. Dr. Peter Kindler<br />
über das europäische Insolvenzrecht<br />
insolvent<br />
in<br />
europa<br />
Prof. Dr. Peter Kindler ist nach mehr<br />
als zehn Jahren an der Ruhr-Universität<br />
Bochum dem Ruf an die Universität<br />
Augsburg gefolgt und hat dort seit<br />
dem Frühjahr 2007 den Lehrstuhl für<br />
Bürgerliches Recht, Wirtschafts- und<br />
Gesellschaftsrecht, Internationales<br />
Privatrecht und Rechtsvergleichung<br />
inne. Kindler ist außerdem Generalsekretär<br />
der ”<br />
Vereinigung für den Gedankenaustausch<br />
zwischen deutschen<br />
und italienischen Juristen“.<br />
Herr Professor Kindler, Sie<br />
geben zusammen mit Herrn Nachmann<br />
ein Buch zum Insolvenzrecht in Europa<br />
heraus. Ist das Thema ”<br />
Insolvenz“<br />
eigentlich ein altes Thema oder entwickelt<br />
sich das erst seit jüngerer Zeit<br />
! Eine Art Konkursverfahren<br />
kannten bereits die alten Römer mit der<br />
Einweisung in die Güter des Schuldners<br />
(missio in bona). Die Ursprünge unseres<br />
modernen Insolvenzrechts gehen zurück<br />
auf das 14./15. Jahrhundert, auf die oberitalienischen<br />
Handelsstädte, in denen ja auch<br />
die wesentlichen Elemente des gegenwärtigen<br />
Bankenwesens ”<br />
erfunden“ wurden.<br />
Der Ausdruck ”<br />
la banca rotta“ bezeichnet<br />
ursprünglich den Handelstisch, an dem der<br />
Kaufmann saß – auch der Geldwechsler –<br />
und den man ihm zerschlagen hat, wenn er<br />
zahlungsunfähig war. Bei uns in Deutschland<br />
haben wir das Thema kurz nach der<br />
Reichsgründung mit der Reichs-Konkursordnung<br />
vom 10.2.1877 in eine rechtliche<br />
Form gegossen, die bis 1998 in Kraft war<br />
und damit ziemlich lange gehalten hat.<br />
Und was hat sich seit 1999<br />
geändert<br />
! Seit 1999 ist die Konkursordnung<br />
Vergangenheit und die Insolvenzordnung<br />
in Kraft. Es gibt ein paar signifikante Unterschiede.<br />
Der wichtigste ist, dass dieses<br />
Verfahren nicht mehr zwingend darauf<br />
gerichtet ist, das Schuldnervermögen zu<br />
verwerten. Sondern es gibt einen zweiten<br />
Verfahrenszweck, der positiv formuliert<br />
ist, nämlich die Sanierung von Unternehmen<br />
im Rahmen eines sogenannten<br />
Insolvenzplans“. Stellen Sie sich das<br />
”<br />
bildlich wie ein Y vor: Sie fahren erst<br />
mal geradeaus und kommen dann nach<br />
einiger Zeit an die Weichenstellung, bei<br />
der zu entscheiden ist, ob man das Unternehmen<br />
zerschlagen oder sanieren will.<br />
Diese Weichenstellung erfolgt also nicht<br />
gleich zu Beginn des Verfahrens, damit<br />
man sich als Insolvenzverwalter in der<br />
ersten Einarbeitungsphase – in der man<br />
die Bücher prüft und einen Einblick in<br />
die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage<br />
des Unternehmens nimmt – darüber klar<br />
werden kann, wohin die Reise geht.<br />
Illustration: Tina Berning
Der zweite wichtige Unterschied ist<br />
die sogenannte ”<br />
Verbraucherinsolvenz“ –<br />
also die Möglichkeit für Privatpersonen ein<br />
Insolvenzverfahren in Anspruch zu nehmen<br />
– mit der Aussicht auf eine Restschuldbefreiung.<br />
Das bedeutet, dass man einen Teil<br />
seiner Restschulden los wird, wenn man<br />
sich an einen Zahlungsplan hält. Das ist aus<br />
sozialstaatlichen Überlegungen ins Gesetz<br />
gekommen und neu.<br />
So, und wie unterscheidet sich<br />
das jetzt in den verschiedenen Ländern<br />
Zum Beispiel das ”<br />
Ur“-Insolvenzrecht,<br />
also das der Italiener, von unserem<br />
! Nun, das heutige italienische<br />
Insolvenzrecht ist sehr ähnlich zu unserem.<br />
Es gibt allerdings im juristischen<br />
Alltag beträchtliche Abweichungen, weil die<br />
italienische Justiz langsamer arbeitet als die<br />
deutsche.<br />
Wie sieht es bei den Angelsachsen<br />
aus<br />
! Dazu muss man wissen, dass<br />
England ja ein Land ist, das dem Common<br />
law folgt, weshalb Rechtsstreitigkeiten dort<br />
grundsätzlich an Hand von bereits ergangenen<br />
Gerichtsentscheidungen entschieden<br />
werden. Das kann bis ins 17. Jahrhundert<br />
hineinreichen. Dies ist für uns eine ganz<br />
schwer verständliche Vorgehensweise, weil<br />
wir hier in Deutschland nach Gesetzen – also<br />
mehr oder minder prinzipiell Vorgegebenem,<br />
Gesetztem“ – vorgehen, die eine bestimmte<br />
”<br />
Materie systematisch regeln. Und deshalb<br />
tun wir uns natürlich leichter, wenn wir im<br />
Ausland auch Gesetze vorfinden. In den letzten<br />
Jahren haben die Engländer aus diesem<br />
Grund ihre Tradition gebrochen und ihr<br />
Insolvenzrecht auch für Kapitalgesellschaften<br />
einheitlich geregelt, und zwar im Insolvency<br />
Act 1986. Der Trend weg vom Fallrecht und<br />
hin zum Gesetzesrecht hat übrigens etwas<br />
mit der EU zu tun, weil die Engländer immer<br />
häufiger Richtlinien der EU umsetzen müssen.<br />
Und das geht natürlich leichter, wenn<br />
man ein Gesetz hat, das man den europäischen<br />
Richtlinien anpassen kann.<br />
Durch diese neue Regelung können<br />
wir jetzt in England in Fragen des Insolvenzrechts<br />
einfacher die Rechtslage ermitteln, als<br />
wenn wir in Datenbanken nach Entscheidungen<br />
des House of Lords der letzten drei<br />
bis vier Jahrhunderte suchen müssten.<br />
Ist die Entwicklung in England<br />
ein Zeichen dafür, dass sich das Insolvenzrecht<br />
innerhalb der EU allmählich<br />
angleicht<br />
! Eine Angleichung ist leider weit<br />
und breit nicht in Sicht. Allerdings muss<br />
man wissen, dass im Insolvenzrecht ja zwei<br />
prinzipiell unterschiedliche Ebenen vorhanden<br />
sind: Die eine Ebene ist die Zuständigkeit<br />
für bestimmte Insolvenzverfahren. Dazu<br />
gibt es schon eine Verordnung der EU. Aber<br />
wenn diese Frage geklärt ist, dann landet<br />
man auf der zweiten Ebene, in einer der<br />
nationalen Insolvenzgesetzgebungen und<br />
dort macht jeder Mitgliedstaat im Prinzip,<br />
was er will.<br />
Buch.<br />
Und damit sind wir bei Ihrem<br />
! Richtig. Die Annahme, dass es in<br />
anderen EU-Ländern bei Insolvenzfällen genauso<br />
zugeht wie bei uns, wäre nämlich eine<br />
gefährliche Grundeinstellung. Man muss<br />
sich gerade im Insolvenzrecht sehr genau<br />
anschauen, wie die ausländische Rechtslage<br />
ist, damit man bei internationalen Geschäften<br />
im Insolvenzfall zu seinem Geld kommt.<br />
Ein Beispiel: Es gibt in allen Insolvenzrechtsordnungen<br />
die sogenannte<br />
Anfechtung“. Nehmen wir an, der Schuldner<br />
geht kurz vor der Insolvenz hin und<br />
”<br />
verschiebt Vermögen – an die Ehefrau oder<br />
andere ihm nahestehende Personen. Dadurch<br />
schmälert er sein Vermögen, so dass<br />
die Gläubiger weniger Chancen haben, ihre<br />
Forderungen durchsetzen zu können. Der<br />
Insolvenzverwalter prüft nun anhand der<br />
Gesetze, ob er diese verschobenen Vermögenswerte<br />
wieder zurückholen kann. Zum<br />
Beispiel ob er dem oben erwähnten Dritten<br />
die verschobenen Werte wieder abnehmen<br />
kann, um sie den Gläubigern zugutekommen<br />
zu lassen. Diese Insolvenzanfechtung<br />
ist nun ganz verschieden ausgestaltet in den<br />
einzelnen Ländern. In einigen Ländern gibt<br />
es sehr lange Fristen, was den Insolvenzverwalter<br />
freut, weil er weit in die Vergangenheit<br />
zurückgehen kann, um solche Vermögensverschiebungen<br />
rückgängig zu machen.<br />
Andere Länder haben kurze Fristen, die<br />
wiederum günstiger für den Schuldner<br />
und dessen Interessen sind, seine Vermögenswerte<br />
vor dem Zugriff der Gläubiger in<br />
Sicherheit zu bringen.<br />
In Deutschland zum Beispiel ist die<br />
Frist bei einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung<br />
zehn Jahre lang, in Italien nur<br />
fünf. Aber mehr finden Sie dazu natürlich in<br />
unserem Buch.<br />
Auf dem Buch stehen ja zwei<br />
Namen, nämlich Ihrer und der von<br />
Josef Nachmann. War die Idee zu dem<br />
Buch der Wunsch, Forschung und<br />
Praxis zusammen zu Wort kommen zu<br />
lassen Und wenn ja, wer hat da eigentlich<br />
was gemacht<br />
! Das war eine sehr schöne, reibungslose<br />
und effiziente Zusammenarbeit.<br />
Wie Sie sich vorstellen können, braucht<br />
man für ein Kompendium des Insolvenzrechts<br />
in zwölf Staaten eine ganze Reihe von<br />
Experten. Die zu finden, zu motivieren und<br />
ihre Texte in eine Struktur zu bringen, die<br />
es dem Leser möglichst einfach macht, die<br />
Länder miteinander zu vergleichen und sich<br />
in den Unterschieden zurechtzufinden, das<br />
war nicht einfach. Sie können sich außerdem<br />
sicherlich vorstellen, dass Professoren<br />
und gestandene Anwälte nur ungern Änderungen<br />
an ihren einmal fertig gestellten<br />
Texten vornehmen, es aber tun müssen,<br />
wenn sie sich zum Beispiel zu kompliziert<br />
ausgedrückt haben. Ein weiterer Punkt ist,<br />
sie immer wieder an die Abgabefristen zu<br />
erinnern. Die Herausgebertätigkeit erfordert<br />
dabei sehr viel Diplomatie und Fingerspitzengefühl,<br />
weshalb hier Dr. Alexander<br />
Fridgen von Nachmann Rechtsanwälte<br />
erwähnt werden muss, der unter anderem<br />
in diesem Punkt eine glänzende Arbeit<br />
geleistet hat.<br />
Ich habe bei der Arbeit an diesem<br />
Buch gemerkt, dass ich es mit Anwälten zu<br />
tun habe, also mit Praktikern, die meistens<br />
zielgerichteter arbeiten, als es bei Universitätsleuten<br />
– mich natürlich ausgenommen (lacht)<br />
– der Fall ist. Und so haben wir bei dieser<br />
internationalen Gemeinschaftsarbeit mit<br />
einem guten Dutzend Autoren das Buch in der<br />
Rekordzeit von einem Jahr fertiggestellt.<br />
Was sind das für Autoren –<br />
außer Ihnen und Josef Nachmann<br />
! Es sind alles Personen, die in der<br />
Praxis der Insolvenzverwaltung in den<br />
jeweiligen Ländern stehen, die aber neben<br />
diesem ihrem Alltagsgeschäft die Lust und<br />
die intellektuelle Kapazität haben, dieses<br />
Thema auch wissenschaftlich zu reflektieren<br />
und so darzustellen, dass es von<br />
praktischem Nutzen für Leser aus anderen<br />
Ländern ist.<br />
Und warum soll man das Buch<br />
kaufen<br />
! Dafür gibt es viele Gründe: Sie<br />
erfahren auf Deutsch eine praxisgerechte<br />
Darstellung des Insolvenzrechts aus den<br />
zwölf wichtigsten europäischen Staaten<br />
– inklusive Russland – und können sich<br />
dadurch bereits bei anstehenden Vertragsgestaltungen<br />
im internationalen Geschäft<br />
adäquat für den Ernstfall absichern. Sie<br />
können neben diesen vorbeugenden Sicherungen<br />
aber auch für den Insolvenzfall<br />
ihres Wirtschaftspartners erste Informationen<br />
nachschlagen, was zu tun ist, damit<br />
Sie zu ihrem Geld kommen. Außerdem<br />
gibt Ihnen ein ausführliches Insolvenzrechtsglossar<br />
in den zwölf Sprachen der<br />
behandelten Ländern die notwendigen<br />
Begriffe an die Hand, um sich vor Ort<br />
inhaltlich zurechtzufinden. Und – last but<br />
not least – sind Sie auf dem aktuellsten<br />
Stand der Informationen zum Insolvenzrecht<br />
in Europa. Und all das mit einem<br />
Buch, das so in dieser Form inhaltlich und<br />
konzeptionell völlig neu ist. Es gibt also<br />
eine ganze Reihe guter Gründe, zu diesem<br />
Buch zu greifen.<br />
<br />
In diesem Handbuch erfahren Sie auf Deutsch<br />
eine praxisgerechte Darstellung des Insolvenzrechts<br />
aus den zwölf wichtigsten europäischen Staaten – inklusive<br />
Russland – und können sich dadurch bereits<br />
bei anstehenden Vertragsgestaltungen im internationalen<br />
Geschäft adäquat für den Ernstfall absichern.<br />
N5 Nachmann Rechtsanwälte arbeiten in ständiger<br />
Kooperation mit Prof. Dr. Kindler von der Universität<br />
Augsburg.<br />
•
MY<br />
munich<br />
Seite 22<br />
Für unseren Autor Andreas Lukoschik<br />
nahm er sich Zeit für ein ausführliches<br />
Gespräch über die Weisheit des Bauches,<br />
die Notwendigkeit von körperlicher Fitness<br />
und die Würze der Gewürze.<br />
Alfons<br />
Schuhbeck<br />
ein<br />
GroSSer<br />
am Topf,<br />
ein Junger<br />
im Kopf!<br />
Herr Schuhbeck, Sie sind gerade<br />
60 geworden und haben in Ihrem Leben<br />
vieles erreicht. Sind Sie jemand, der<br />
zurückschaut<br />
! Das Leben hat mich ja nicht nur<br />
hochgeschmissen, sondern auch runtergedroschen.<br />
Da hat man andere Trainingseinheiten<br />
drin. Wenn die Leiter eines Lebens so verläuft<br />
wie bei mir, dann ist 60 der Zeitpunkt, wo ich<br />
noch mal aufwärts gehe. Ich hoffe, dass ich erst<br />
sehr spät an den Zenith komme, weil wenn man<br />
oben ist, heißt das, dass man wieder nach unten<br />
gehen muss. Es gibt einen Spruch: ”<br />
Grüße die<br />
Menschen auf dem Weg nach oben, dann kennen<br />
sie dich wieder beim Runtergehen!“ Deswegen ist<br />
mit dem Lift nach oben fahren schlechter, weil<br />
du die Leute beim Runtergehen nicht kennst.<br />
Und mancher reicht dir dann ja doch manchmal<br />
auch die geistige Hand und sagt ”<br />
Ich weiß was<br />
für dich!“<br />
Haben Sie ein Rezept, wie man mit<br />
schwierigen Problemen umgehen soll<br />
! Die meisten Leute machen den Fehler,<br />
dass sie was Negatives in sich gären lassen. Dabei<br />
können sie es nicht lösen. Denn dabei schieben<br />
sie es vor sich her, statt dass sie bereit wären, die<br />
Dinge anzupacken.<br />
Ich mach es allweil so: Alles, was negativ<br />
ist, geh ich zwischen acht und zwölf an, weil ich<br />
da die meiste Energie hab. Da bist am Tag am mutigsten.<br />
Und dann nimmst das Problem, stellst es<br />
daher und sagst: ”<br />
So, wie lös ich das jetzt“ Dann<br />
telefonierst und tust und machst. Und wenn du<br />
dann nur einen Millimeter nach vorne gehst,<br />
dann hast du ja schon was Positives erreicht. Und<br />
dann wird das, was zuerst nicht lösbar ausschaut,<br />
plötzlich lösbarer. Dann musst du dranbleiben.<br />
Und wenn dir das gelungen ist, dann<br />
wirst du andere Dinge auch anders angehen!<br />
Es ist aber auch nicht immer gut, wenn<br />
man nur nach vorne marschiert. Dinge müssen<br />
auch reifen, müssen überlegt sein, das ist völlig<br />
klar. Schwierigere Dinge löst du nicht in einem<br />
Atemzug, sondern versuchst, sie in dir wirken zu<br />
lassen und dann eine Entscheidung mit dir zu<br />
treffen: Mach ich es oder mach ich es nicht Die<br />
Bauchentscheidung ist zu 99 Prozent immer die<br />
bessere. Und die, die im Hirnkastel stattfindet, die<br />
immer nur um die Kohle geht, die ist am Anfang<br />
sehr verlockend, aber letztendlich hast du danach<br />
geistiges Sodbrennen.<br />
Illustration: Tina Berning
aus<br />
Was macht einen guten Koch<br />
! Erstmal die Fähigkeit zu schmecken.<br />
Klar. Aber es ist mehr, nämlich seinen Geschmack<br />
zu entwickeln. Wenn dir eine Sauce<br />
zum Beispiel unglaublich geschmeckt hat,<br />
dann hast du sie in deinem Gehirn abgespeichert.<br />
Und wenn du zehn Jahre später die<br />
gleiche Sauce ganz woanders noch mal isst,<br />
dann kennst du diesen Geschmack. Ich sag<br />
immer zu meinen Köchen: ”<br />
Was habt’s ihr an<br />
eurem freien Tag gemacht Ward’s ihr beim<br />
Essen“ Dann hör ich oft. ”<br />
Wieso, Chef, beim<br />
Essen Wir kochen doch eh den ganzen Tag!“<br />
Dann sag ich: ”<br />
Das ist der Unterschied<br />
zwischen euch und mir. Wenn ich frei<br />
gehabt habe, bin ich 500 km gefahren, um<br />
zu sehen, was ein anderer anders macht.“<br />
Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Die<br />
sind alle unglaublich fleißig. Das ist nicht die<br />
Frage, wohl aber, ob sie jemals dorthin kommen,<br />
wo sie hinwollen. Nur weil sie in einem<br />
Restaurant arbeiten, dass einen Stern hat,<br />
heißt das nicht, dass sie automatisch auch<br />
einen bekommen.<br />
Sie können sich Geschmäcker<br />
richtig merken und analysieren<br />
! Ja, du musst es halt zulassen. Ich war<br />
mal bei einer Weinprobe dabei. Da haben die<br />
großen Weinfexe sechs verschiedene große<br />
Rotweine analysiert. Ich hab die Weine mit<br />
der Nase eines Kochs gerochen. Das geht nur<br />
zwanzig Sekunden, dann riechst einfach nix<br />
mehr, weil die Nase taub ist. Ich halte also<br />
meine Nase in die Gläser und nehme einen<br />
ersten Schluck, dann gleich das nächste Glas<br />
und den dritten und denk mir, Kruzifix, das<br />
schmeckt ja alles gleich! Dann hab ich den<br />
fünften probiert. Denk mir, jetzt nimm mal<br />
ein Schluck Wasser zwischendurch. Wieder<br />
probiert. Nix. Alles dasselbe.<br />
Dann habens alle gefragt. Man musste<br />
aufstehen – das ist wirklich wahr – und sollte<br />
sagen, was man geschmeckt hat. Da war die<br />
ganze Weltelite anwesend: Michael Broadbent,<br />
Hardy Rodenstock und alle. Also sage<br />
ich: ”<br />
Für mich schmeckt alles gleich!“ Alle<br />
haben gelacht. Ich setz mich wieder hin und<br />
denk, ich wär der reinste Trottel. Hab mir ein<br />
Weißbier bestellt und wollte nie mehr zu so<br />
einer depperten Weinprobe hin.<br />
Alle haben großartige Monologe gehalten:<br />
”<br />
Ich schmecke Pferdeschweiß. Und Teer.<br />
Und ein bisserl Hühnerniere und Nelke, und<br />
da hinten kommt so etwas wie altes Holz!“ Und<br />
ich hab mich wahnsinnig geschämt.<br />
Dann kam die Lösung: Es war der<br />
gleiche Wein in unterschiedlichen Flaschengrößen!<br />
Das meine ich mit ”<br />
Kochnase“. Und dann<br />
war ich akzeptiert bei denen.<br />
Haben Sie auch eine Meinung<br />
dazu, was ein guter Anwalt können muss<br />
! Klar, so wie der Nachmann Josef sein.<br />
Ich bin bei ihm schon seit Jahren Kunde. Und<br />
seitdem ist er immer für mich da. Und wenn<br />
ich ihn in dieser ganzen Zeit nicht gehabt hätte,<br />
wüsste ich nicht, wo ich jetzt wäre. Er setzt sich<br />
wirklich unglaublich für seine Klienten ein.<br />
Ich habe ihm sehr viel zu verdanken und das<br />
rechne ich ihm mein Leben lang hoch an.<br />
Sie sind für 120 Angestellte in<br />
ihrem Unternehmen als Chef verantwortlich.<br />
Wie machen Sie das<br />
! Wenn ich einen Betrieb führe, in dem<br />
zu viele Luschen drin sind, dann muss ich auch<br />
bereit sein, mich von den Leuten zu trennen,<br />
die dem Betrieb eine negative Aura geben. Das<br />
ist eigentlich die ganze Kunst: Menschen um<br />
dich zu haben, die eine gute Aura haben.<br />
Wie erkennen Sie die<br />
! Ich habe an und für sich ein Talent,<br />
mit dem ich die Richtigen erkenne, aber ich<br />
gehe nicht immer nach dem Talent, weil ich<br />
mir sage: ”<br />
Du kannst nicht einfach sagen, das<br />
ist ein Depp. Den kennst du doch gar nicht.“<br />
Wir haben in unserer seelischen Genetik einen<br />
Code drin, der im Bruchteil einer Sekunde<br />
signalisiert, ob du langfristig mit dem kannst<br />
oder nicht. Bei den meisten Menschen ist der<br />
verrostet. Die gehen nach Zahlen. Ich bin einer,<br />
der auf sein erstes Gespür hört. Und wenn ich<br />
da nix hör, dann lass ich das mit dem Menschen.<br />
Die Arbeit in der Küche ist ja eigentlich<br />
ein echter Horror: Es ist schwer.<br />
Es ist laut. Es ist eng. Es ist heiß. Es muss<br />
schnell gehen. Es muss immer maximale<br />
Leistung gebracht werden. Und all das,<br />
wenn die anderen Menschen Freizeit<br />
haben. Wie militärisch geht es eigentlich<br />
in der Küche zu<br />
! Also, es ist so: Da steht ein Teller am<br />
Pass – also da wo der Kellner den Teller mit<br />
dem fertigen Gericht abholt – auf dem vier Köche<br />
dieses Gericht anrichten müssen: der eine<br />
hat den Fisch, der andere hat das Gemüse, der<br />
Dritte hat den Reis und der Vierte hat die Sauce.<br />
Und jetzt heißt es: ”<br />
Tisch sieben anrichten!“<br />
Tisch sieben hat aber fünf Gäste – und damit<br />
fünf verschiedene Gerichte. Und wenn jetzt<br />
einer der vier Köche für das eine Gericht nicht<br />
auf den Punkt fertig ist – zum Beispiel mit seiner<br />
Beilage – kann Tisch sieben nicht serviert<br />
werden – und die fertigen Gerichte beginnen<br />
auszukühlen. Die Arbeit der anderen Köche<br />
könnte deshalb also in ihrem Geschmack nachlassen.<br />
Und damit das nicht passiert, ist der<br />
Ton in der Küche ein bisserl schärfer und nicht<br />
so, als ob einer den anderen den ganzen Tag<br />
abbusselt. Aber dieser Ton hat überhaupt nichts<br />
Nachtragendes. Ich möchte das auch mal ganz<br />
anders ausdrücken: In dieser Ebene arbeiten<br />
wahnsinnig fleißige Leute, die eine gute Konstitution<br />
haben müssen. Das kann man nur, wenn<br />
man mit Liebe und Freude kocht. Aber wer das<br />
kann, der kann es auch in jedem anderen Beruf<br />
zu etwas bringen, zu dem er Talent hat. Hut ab<br />
vor diesen Leuten! Wirklich wahr.<br />
Wenn man das Fernsehen<br />
einschaltet, hat man im Moment den<br />
Eindruck, dass Kochsendungen wichtiger<br />
sind als die Tagesschau. Wie beurteilen<br />
Sie diesen Trend<br />
! Der Koch ist ein Beruf, der über Hunderte<br />
von Jahren versteckt wurde. Der erste, der<br />
das in Deutschland anders gemacht hatte, war<br />
der Alfred Walterspiel, der das Vier Jahreszeiten<br />
nach dem ersten Weltkrieg zum Flaggschiff der<br />
deutschen Gastronomie gemacht hat. Heute hat<br />
sich das geändert. Nicht unbedingt zum Vorteil,<br />
weil die Köche stark parfümiert nach oben<br />
kommen. Auch zu schnell für meine Begriffe.<br />
Das handwerklich Solide, das Bodenständige<br />
fehlt mir bei vielen ein bisserl. Und deswegen<br />
glaube ich, dass es auch wieder ein bisschen<br />
abspeckt und sich normalisiert. Das Essen<br />
hat ja eine ganz normale Funktion – wie bei<br />
den Franzosen, Griechen und Italienern. Die<br />
machen ja auch nicht so einen Wirbel darum<br />
wie wir momentan. Deshalb werden sich die,<br />
die wirklich gut sind, bald wieder deutlicher abheben.<br />
Jetzt ist ja jeder in der Zeitung – dreimal<br />
am Tag.<br />
Ich finde, dass Kochen und Essen zum<br />
Leben gehört. Aber es kann nicht die Priorität<br />
sein, dass es ganz oben ansteht. Es wäre viel<br />
besser, wenn die Leute, die viel essen und<br />
kochen, ein bisserl besser auf ihre Gesundheit<br />
achten. Also mit dem, was sie essen, ihrem<br />
Körper etwas Gutes tun, anstatt irgendwas<br />
zu essen, um nachher sagen zu können, ich<br />
hab einen Hummer gegessen. Gut, das muss<br />
man auch mal gehabt haben, aber ich finde<br />
die jahreszeitliche Küche viel spannender –<br />
ob es der Bärlauch ist, der Spargel, oder was<br />
auch immer. Da zur richtigen Zeit ein Produkt<br />
möglichst frisch auf den Tisch bringen, das ist<br />
nicht nur für die Entgiftung des Körpers und<br />
das Immunsystem gut, sondern auch für den<br />
Geschmack. Grillen ist genauso lustig wie einen<br />
Eintopf essen. Und zu Weihnachten ein paar<br />
Plätzchen essen ist immer besser als an einer<br />
Bohnenstange rumzunagen, um abzunehmen.<br />
Diese Abnehmer sind ja die, die hochhysterisch<br />
in 14 Tagen das verlieren wollen, was sie sich<br />
vorher angefressen haben. Das geht halt nicht.<br />
Dazu ist der Körper nicht bereit, es so schnell<br />
wieder wegzugeben.<br />
Sind die vielfältigen Möglichkeiten<br />
des Kochens der Grund für die<br />
vielschichtigen Auftritte des Alfons<br />
Schuhbeck Also Restaurant, Kochschule,<br />
Gewürzläden, Weinbistro, Schokoladen-<br />
Laden, Eisdiele und vieles mehr<br />
! Als ich vor fünf Jahren nach München<br />
gegangen bin, habe ich mir gesagt: Hier machst<br />
du nur ein Restaurant auf – nicht wie in Waging<br />
zwei.<br />
Und dann ging in der Nachbarschaft<br />
der Besitzer von dem Lederjackengeschäft weg.<br />
Und da bin ich hier auf dem Platzl gestanden<br />
und hab mir denkt: Ja, Kruzifünferl, da gibt’s<br />
kein Eisgeschäft. Tausende von Münchnern,<br />
aber kein Eis. Das kann’s doch net sein. Das<br />
war aber für mich kein Riesenthema, weil ich<br />
ja kein Eismacher bin. Und dann hab ich mir<br />
gedacht, da rufst mal den Präsidenten der italienischen<br />
Eismeister an und fragst, ob der dir<br />
helfen könnte. Und da war der Munaretto, der<br />
jetzt auch schon 70 ist, so nett und hat gesagt:<br />
Ich seh dich allweil im Fernsehen, dir helf ich!<br />
”
Aber ich sag dir eins: Du musst es genauso<br />
machen wie ich vor 50 Jahren. Als Zutaten nur<br />
Sahne, Milch und Fruchtpüree. Wenn du Pulver<br />
hernimmst, dann sag ich dir nix mehr!“ Das<br />
war mir recht. Ich wollte ja nur ein gescheites<br />
Eis haben. Und so hab ich das mit dem Eis<br />
angefangen. Manchmal ruf ich ihn heut noch an<br />
und frag ihn: ”<br />
Ich weiß nicht mehr weiter, jetzt<br />
ist es zu süß. Was gibst du da rein“ Dann sagt<br />
der mir, wie ich das anders reinrühren muss,<br />
und das klappt. Eismacher ist ein richtiger Beruf<br />
in Italien. Das lernst du da unten über drei Jahre.<br />
Ich war mal da und hab mir das angeschaut. Da<br />
legst di nieder!<br />
Und wie sind Sie auf die Gewürze<br />
gekommen<br />
! Genauso: Dann ist da nämlich der<br />
Bilderrahmenladen frei geworden und da hab<br />
ich mir denkt, da würde ich jetzt gerne einen<br />
Gewürzladen aufmachen. Ich hab schon immer<br />
drauf gesponnen, aber ich wusste nie so richtig<br />
wie ein Gewürzladen ausschaut. Da bin ich dann<br />
nach New York geflogen, in die Grand Central<br />
Station hinein, weil ich gehört hatte, da ist ein<br />
Gewürzladen. Dabei waren da nur drei Tische<br />
zusammen geschoben und ein paar Gewürze<br />
drauf. Da hab ich erstmal auf gut bairisch<br />
geflucht und hab mir dann eins der Hefterl, die<br />
da auslagen, mitgenommen und darin gesehen,<br />
wie die ihre Gewürze im Internet versenden.<br />
Das ist halt Amerika. Super! Aber ich bin dann<br />
trotzdem von da gleich nach Paris und hab mich<br />
da mal ungeschaut bei Fauchon und weiß der<br />
Teufel, wo noch alles. Aber so einen richtigen<br />
Gewürzladen, wie ich ihn mir vorgestellt habe,<br />
habe ich nicht gefunden. Also habe ich mir<br />
selber einen gebaut. Einen Laden, wo der Kunde<br />
reingeht, die Gewürze riechen und sehen kann,<br />
sie selber abfüllen kann und dann – wenn er<br />
sich entschieden hat – mehr nehmen kann.<br />
Dazu braucht er eine Dose, wo das Gewürz vor<br />
dem Licht geschützt ist und nicht ausbleicht<br />
und wo in der Dose noch einmal ein Aromadeckel<br />
drin ist, damit diese wertvolle Ware<br />
Gewürz nicht kaputtgeht. Und so hab ich mir<br />
dann in China solche Dosen machen lassen.<br />
Aber dann kam die Frage: Wer kann meine<br />
Mischungen herstellen Da hab ich eine kleine<br />
Firma in Abtswinden gefunden. Aber ich hatte ja<br />
keine Ahnung, wie viele ich brauchte. Aber der<br />
Besitzer war bereit, das mit mir im Kleinen zu<br />
starten. Am ersten Tag haben wir eine Dose Curry<br />
verkauft. Eine Dose. Ein Umsatz von 6,80<br />
EUR. Sonst nix. Das hat dann erst so langsam<br />
angefangen. Und ist immer weiter gewachsen.<br />
Ich hab dann einen Arzt eingestellt, der nichts<br />
anderes macht, als wissenschaftliche Arbeiten<br />
für mich zu suchen, was Gewürze können. Mittlerweile<br />
habe ich auch noch eine Ökotrophologin<br />
eingestellt, die sich genauso um Gemüse und<br />
Obst und Vitamine kümmert.<br />
Das Ganze hat mir eine Tür geöffnet,<br />
das Kochen anders zu sehen. Nicht nur,<br />
dass es super schmeckt, sondern dass der<br />
Kochende sieht, was man tun muss, damit es<br />
auch gesund ist.<br />
Bei meiner Mutter hat es zum Beispiel<br />
zum Schweinsbraten immer einen Rote-Bete-<br />
Salat oder einen Selleriesalat gegeben. Ich fand<br />
das damals ziemlich langweilig. Aber jetzt weiß<br />
ich, dass beide Salate einen Faserstoff haben, der<br />
im Darm aufgeht wie ein Schwamm. Und alles,<br />
was zu fett ist, nimmt der sofort mit. Das wird<br />
dann nicht verstoffwechselt. Deswegen fühlst<br />
dich danach wohl, auch wenn du so schwere<br />
Dinge isst.<br />
Das wussten die Bauern schon seit<br />
Hunderten von Jahren. Die alten Griechen<br />
haben zum Beispiel den Studenten Rosmarin<br />
ins Haar geflochten, um sich Erlerntes für<br />
Prüfungen besser merken zu können. Und<br />
wenn jemand gestorben ist, hat man ein dickes<br />
Büschel Rosmarin ins Grab geworfen, damit<br />
man sich erinnern kann. Heute weiß man, dass<br />
der Rosmarin einen Stoff hat, die Carnosolsäure,<br />
die tatsächlich bewirkt, sich Erlerntes besser<br />
merken zu können.<br />
Und die alten Römer haben den Leuten<br />
Safran gegeben – gegen grauen Star. Denn<br />
Safran hat zwei wichtige Eigenschaften: das eine<br />
ist das Crocin, das hilft, defekte Nervenzellen<br />
wieder zu regenerieren, und das andere ist das<br />
Lutein in Verbindung mit Zeaxanthin, das der<br />
Netzhaut hilft, die Wirkung des UV-Lichtes<br />
abzufedern – was beim grauen Star sehr gut ist –<br />
und für die Physiologie des Sehens sehr wichtig<br />
ist. Das wussten schon die Römer vor 2000 Jahren.<br />
Und heute entdeckt die Wissenschaft es erst<br />
wieder neu. So schnell geht Wissen verloren.<br />
Gewürze sind schon Ihr Lieblingsthema.<br />
Oder<br />
! Sagen wir mal so: Wenn du vierzig<br />
Jahre kochst, dann sollte Kochen nicht<br />
zum Alltag werden, sondern jeden Tag eine
Entdeckungsreise werden. Früher habe<br />
ich immer geglaubt, ich verstehe was von<br />
Gewürzen, aber wusste eigentlich nix.<br />
Heute verstehe ich was von Gewürzen, aber<br />
jetzt denke ich, ich verstehe überhaupt nix<br />
mehr. Es gibt so viele Erkenntnisse, wo<br />
Gewürze so eine unglaubliche Kraft haben,<br />
Krankheiten vorzubeugen. Und dann denk<br />
ich mir, warum wissen das die Leute nicht<br />
Die können sich das doch leisten.<br />
Andererseits kann ich nicht hingehen<br />
und sagen: ”<br />
Hallo Herr Pharmazierat,<br />
ich weiß was!“<br />
Man muss die Menschen auf eine<br />
Art erwischen, wo sie bereit sind, sich zu<br />
ändern. Aber das ist ein langer Prozess.<br />
Und es darf dabei nicht langweilig<br />
werden. Deshalb musst in den Medien<br />
schauen, wie man wo das Thema ansetzt:<br />
Gewürze zum Kochen. Ein Bericht über die<br />
Gewürzstrasse. Medizinisches. Da muss<br />
man sich pausenlos weiterentwickeln, damit<br />
die Menschen nicht sagen: Jetzt hat er<br />
uns schon hundertmal das Gleiche erzählt.<br />
Mir ist in jedem Fall wichtig zu sagen: Leute,<br />
ihr müsst nicht nur gute Grundprodukte<br />
nehmen, sondern sie auch gefühlvoll behandeln,<br />
damit die Vitamine nicht kaputtgehen,<br />
und ihr müsst im richtigen Augenblick<br />
würzen. Ich bringe jetzt im Herbst ein<br />
Gewürzbuch raus und dann schauen wir<br />
mal, wie das angenommen wird.<br />
Wenn man das alles so hört,<br />
dann ahnt man, dass Sie ein ordentliches<br />
Pensum am Tag schaffen müssen.<br />
Wie machen Sie das<br />
! Na ja 18 bis 19 Stunden arbeite ich<br />
schon. Ich schlafe so viereinhalb Stunden<br />
am Tag. Das ist zu wenig. Das merke ich<br />
jetzt, wo ich 60 bin. Ich möchte es gern<br />
um eine Stunde höher schrauben. Sechs<br />
Stunden wären ideal, um dem Körper die<br />
Möglichkeit zu geben, dass er sich richtig<br />
entspannen und dann wieder richtig Gas<br />
geben kann. Wenn alles andere wichtig ist,<br />
aber der eigene Körper nicht, dann kann<br />
man das sowieso vergessen.<br />
Das, was ich jetzt mache, ist, dass<br />
ich nachts, nach der Arbeit, zum Trainieren<br />
fahre. Das tut mir sehr gut. Ich habe einen<br />
Osteopathen und Heilpraktiker, den Paul<br />
Mattes, der war früher mal Weltmeister im<br />
Bodybuilding. Der ist draußen in Gilching.<br />
Mit dem trainiere ich jede Nacht. Sechsmal<br />
die Woche. Manchmal um ein Uhr nachts,<br />
manchmal aber auch erst um drei.<br />
Nach den ersten vier Wochen wollte<br />
ich schon gleich wieder aufhören, und hab<br />
ihn um zwölf Uhr angerufen, dass ich noch<br />
so viele Gäste im Restaurant hab. Ich hab<br />
mir dabei denkt, dass ich ihm das vier-,<br />
fünfmal sage und dann sagt er: Okay, dann<br />
”<br />
lassen wir das!“ Aber da hat der gesagt:<br />
Das ist überhaupt kein Problem, dann<br />
”<br />
wart ich bis drei auf dich!“ Na, da bin ich<br />
dann halt um drei raus zu ihm. Und damit<br />
war das Eis gebrochen. Und so bin ich<br />
dabei geblieben. Sonst hätte ich schon aufgehört.<br />
Und heute bin ich ganz stolz, dass<br />
ich weiter gemacht habe.<br />
Ich wohne im fünften Stock. Da<br />
bin ich früher raufgelatscht und im dritten<br />
Stock bin ich schon halb bewusstlos geworden.<br />
Heute laufe ich rauf und denk mir bei<br />
den 130 Stufen gar nichts mehr. Das macht<br />
mir schon Spaß. Ich weiß nicht, ob ich<br />
noch so gut dabei wäre, wenn ich nichts für<br />
mich machen würde.<br />
Die ”<br />
Krise“ ist in aller<br />
Munde. Spüren Sie da auch etwas in<br />
Ihren Betrieben<br />
! Bei uns ist nur Gutes zum Essen<br />
in aller Munde (schmunzelt). Nein, dieser<br />
Vulkanausbruch – der ja schon vor fünf<br />
Jahren hätte passieren sollen, dann wäre<br />
er viel milder ausgefallen und viele Leute<br />
hätten noch ihr Geld – der ist jetzt eine<br />
Möglichkeit sich zu reinigen. Ich habe<br />
zu meinen Leuten gesagt: ”<br />
Es gibt kaum<br />
was Schlechtes, wo nicht auch was Gutes<br />
dabei ist! Und wenn wir richtig Gas geben,<br />
dann sind wir auch wieder mit dabei. Also,<br />
wenn ihr eure Arbeitsplätze erhalten wollt,<br />
dann müsst ihr auch schauen, dass da was<br />
weitergeht.“ Wir müssen alle miteinander<br />
zusammenhalten und das machen, was wir<br />
gut können – die einen machen einen guten<br />
Service und wir machen a gute Küchen.<br />
<br />
N5 Alfons Schuhbeck ist seit vielen Jahren Mandant<br />
bei Nachmann Rechtsanwälte.<br />
•
competence I<br />
Seite 30<br />
Insolvenz als Rettung und Chance<br />
Wie der älteste BMW-Händler Münchens<br />
gerettet werden konnte – und warum.<br />
buchner<br />
&<br />
linse<br />
insolvenz<br />
als<br />
chance<br />
Es ist ein Freitag. Genauer gesagt, Freitag<br />
der 27.2.2009. Um diese Zeit – 17:14 Uhr<br />
– sind viele (wenn nicht die meisten)<br />
Büros in München menschenleer. Die<br />
meisten Münchnerinnen und Münchner<br />
sind bereits im Wochenende. Nicht<br />
so Cathrine Batdorf, Geschäftsführerin<br />
von Automag Buchner & Linse. Sie sitzt<br />
in der Kanzlei des Insolvenzverwalters<br />
Nachmann.<br />
Um die gleiche Zeit titelt die Süddeutsche<br />
in ihrer Online-Ausgabe:<br />
Aus für Buchner und Linse, Automag<br />
Buchner und Linse hat Insolvenz<br />
”<br />
angemeldet. Die Werkstatt ist zwar voll<br />
ausgelastet, doch der Neuwagenverkauf<br />
läuft schlecht.“<br />
Am Morgen dieses verregneten<br />
Freitags hatte Cathrine Batdorf den<br />
schweren Weg zum Insolvenzrichter angetreten<br />
und ihm den Sachverhalt erläutert.<br />
Der Insolvenzrichter hatte daraufhin<br />
nicht lange gefackelt, sondern umgehend<br />
denjenigen Insolvenzverwalter bestimmt,<br />
dem er zutraute, dem Münchner Traditions-Autohaus<br />
zu helfen. Er gab die<br />
Insolvenz Automag Buchner & Linse“ an<br />
”<br />
den Insolvenzverwalter Nachmann, denn<br />
er wusste, dass dessen Kanzlei nicht nur<br />
die richtige Größe hat, um eine solche<br />
Insolvenz zu meistern, sondern weil er<br />
weiß, wie Josef Nachmann zum Thema<br />
Insolvenz steht. Dessen Credo lautet<br />
nämlich: Insolvenz heißt nicht zwingend,<br />
dass das insolvente Unternehmen<br />
”<br />
dem Untergang geweiht ist. Insolvenz ist<br />
vielmehr eine Chance zur Restrukturierung<br />
und Sanierung. Das heißt, es gibt<br />
immer am Markt Wettbewerber, die bereit<br />
sind, lebensfähige Teile eines Unternehmens<br />
aus der Insolvenz herauszukaufen<br />
und weiterzuführen! Aufgabe des Insolvenzverwalters<br />
ist es, diese lebensfähigen<br />
Teile herauszuarbeiten und die richtigen<br />
Wettbewerber zu finden, die diese Teile<br />
weiterführen wollen.“<br />
Um diese Chancen zu nutzen,<br />
müssen aber einige wichtige Dinge eingehalten<br />
werden, auf die der Insolvenzverwalter<br />
Nachmann besteht. Das eine<br />
ist Tempo“. Damit ist nicht überstürztes<br />
”<br />
Handeln gemeint, sondern zügige und<br />
eingehende Recherchen. Zunächst mussten<br />
wir uns umgehend die ”<br />
Buchhaltung<br />
Illustration: Alison Carmichael
anschauen“, sagt Yu-Jin Embacher, die<br />
mit Josef Nachmann die Insolvenzabteilung<br />
der Kanzlei aufgebaut hat. Deshalb ”<br />
saßen wir gleich am nächsten Morgen<br />
in der Zentrale von Automag Buchner<br />
& Linse – und trafen dort auf sehr<br />
kooperative Mitarbeiter. Wenn man ein<br />
Unternehmen wieder flott machen soll“,<br />
fährt sie fort, dann ist diese Kooperationsbereitschaft<br />
ein ganz wichtiger Punkt.<br />
”<br />
Denn der Insolvenzverwalter muss sich ja<br />
in kürzester Zeit ein möglichst realistisches<br />
Bild von der wirtschaftlichen Lage<br />
des insolventen Unternehmens machen,<br />
um zu wissen, welche Teile noch wirtschaftlich<br />
arbeiten könnten – und welche<br />
nicht. Und wenn dann Mitarbeiter da<br />
sitzen und auf die gestellten Fragen keine<br />
Antworten geben oder sich auch nicht<br />
die Mühe machen, Antworten zu finden,<br />
dann vergeudet man sehr viel Zeit mit<br />
dieser Recherche.“<br />
Doch warum das Ganze überhaupt,<br />
wenn doch sowieso schon die Insolvenz<br />
da ist, wird sich mancher fragen<br />
Neben den realistischen Zahlen vom<br />
”<br />
wirtschaftlichen Ablauf, durch die man<br />
möglichen Investoren noch ein funktionierendes<br />
Unternehmen zur Investition<br />
anbieten kann, ist es aber ebenso wichtig,<br />
den wirtschaftlichen Durchblick in dem<br />
insolventen Unternehmen zu haben.<br />
Schließlich geht ab sofort keine Zahlung<br />
mehr raus ohne unsere Einwilligung“,<br />
sagt Frau Embacher. Das erfordert natürlich<br />
auf Seiten des Insolvenzverwalters<br />
nicht nur gute Kenntnisse der Betriebswirtschaft,<br />
sondern vor allem unternehmerisches<br />
Geschick. Wenn erst einmal<br />
”<br />
alles brach liegt, dann kann man Investoren<br />
nur noch für substantielle Assets wie<br />
Grundstücke und Gebäude interessieren.<br />
Für den Betrieb und die Arbeitsplätze<br />
aber gibt dann keiner mehr wirklich Geld<br />
aus. Es ist also durchaus im Sinne der<br />
Arbeitnehmer, hier kooperativ und zügig<br />
mitzuarbeiten.“ Dazu muss ihnen aber<br />
erst einmal klarer Wein eingeschenkt<br />
werden. Deshalb hielt die Geschäftsführerin<br />
Batdorf und der Insolvenzverwalter<br />
Nachmann als nächstes eine Betriebsversammlung<br />
ab, in der den Mitarbeitern –<br />
immerhin 200 an der Zahl – der Sachverhalt<br />
erklärt und ihre Fragen beantwortet<br />
wurden. Der letzte Punkt – das Eingehen<br />
auf die Fragen und letztlich auch Sorgen<br />
der Mitarbeiter – ist ein wichtiger Aspekt,<br />
den ein guter Insolvenzverwalter beherzigt.<br />
Denn die Menschen eines insolventen<br />
Unternehmens bewegt zuallererst die<br />
Angst vor der ungewissen Zukunft. Statt<br />
Ungewissheit brauchen sie aber Zuversicht,<br />
dass das Unternehmen zu retten<br />
ist, und den Willen, das Beste aus dieser<br />
Situation zu machen. Beides kann sich<br />
jedoch erst einstellen, wenn die Mitarbeiter<br />
verstehen, was die nächsten Schritte<br />
und Ziele sind – und was sie selbst dafür<br />
tun können.<br />
Auch in diesem Punkt haben die<br />
Mitarbeiter von Automag Buchner & Linse<br />
und der Insolvenzverwalter Nachmann<br />
geradezu vorbildlich zusammengearbeitet.<br />
Die Mitarbeiter haben ihre Arbeit<br />
weitergeführt und so den funktionierenden<br />
Betrieb aufrechterhalten, während<br />
der Insolvenzverwalter dafür sorgte, dass<br />
die Fortzahlung der Gehälter für die<br />
nächsten drei Monate finanziert wurde<br />
und die Mitarbeiter dadurch für ihre<br />
Arbeit auch bezahlt wurden.<br />
Gleichzeitig passierte das, was die<br />
Süddeutsche in ihrem Artikel so treffend<br />
beschrieb: ”<br />
Die wichtigste Aufgabe des<br />
Insolvenzverwalters dürfte jetzt die Suche<br />
nach einem Investor sein.“ Stimmt genau.<br />
Und Josef Nachmann fand nicht nur<br />
einen, sondern insgesamt vier.<br />
Bei dieser Suche kam (und kommt<br />
es generell) auf drei Faktoren an: Zum<br />
einen muss das insolvente Unternehmen<br />
ein gutes Investitionsobjekt sein (was<br />
durch die Fortführung der Arbeiten im<br />
Betrieb und volle Auftragsbücher im<br />
Bereich der PKW Reparatur gesichert<br />
war). Zum anderen ist es aber auch und<br />
gerade eine Frage des guten Netzwerkes<br />
auf Seiten des Insolvenzverwalters, ob<br />
und welche Investoren er für das Unternehmen<br />
begeistern kann. Im Fall Buchner<br />
& Linse waren das BMW-Händler aus<br />
dem In- und Ausland, die den mit 90<br />
Jahren Unternehmensgeschichte weltweit<br />
ältesten und bis dahin immer noch<br />
unabhängigen BMW-Händler erwerben<br />
wollten. Und zum Dritten ist Psychologie<br />
bei den Verhandlungen ein wichtiger<br />
Faktor. Denn wenn sich erst einmal<br />
Schnäppchen-Mentalität bei den Käufern<br />
breit macht, dann kann alles schnell aufs<br />
Ausschlachten des Unternehmens hinauslaufen,<br />
während die Mitarbeiter leer<br />
ausgehen. Josef Nachmann und sein Team<br />
wollten genau das nicht. Im gleichen Zug<br />
musste der Insolvenzverwalter ständig<br />
mit den Gläubigern verhandeln – in<br />
diesem Fall mit BMW selbst, da viele der<br />
nicht verkauften Neuwagen ebenso wie<br />
die Rückläufe aus dem Leasing-Geschäft<br />
sowie der Bau des Geschäftshauses in der<br />
Landsbergerstraße durch die BMW-Bank<br />
finanziert waren.<br />
Doch am Ende war das Team von<br />
Josef Nachmann erfolgreich: Sie fanden<br />
einen Investor, der den Betrieb in Fürstenfeldbruck<br />
übernahm, und konnten<br />
BMW überzeugen, dass ein derart traditionelles<br />
Unternehmen wie die Automag<br />
Buchner & Linse gerettet werden muss.<br />
Also gründete BMW eine eigene Retailgesellschaft,<br />
die alle Mitarbeiter übernommen<br />
hat und jetzt deren Beschäftigung<br />
fortführt.<br />
Bleibt nach diesem guten Ausgang<br />
die Feststellung: Sowohl die vormaligen<br />
Inhaberfamilien Klingsohr und Linse als<br />
auch deren Mitarbeiter sowie der Vertrieb<br />
von BMW – bei dem das Traditionsautohaus<br />
jetzt angesiedelt ist – haben sich<br />
mit voller Kraft für den Fortbestand des<br />
Unternehmens eingesetzt.<br />
Insolvenzverwalter Nachmann<br />
resümiert deshalb am Ende: ”<br />
Der Begriff<br />
Insolvenz wird in den Köpfen vieler<br />
Menschen mit der Zerschlagung eines<br />
Unternehmens und dem Verlust aller<br />
Arbeitsplätze gleichgesetzt. Aber das entspricht<br />
meist nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.<br />
Es ist sogar die Regel, dass<br />
ein Unternehmen dank der Umstrukturierungsmaßnahmen<br />
sachkundiger Insolvenzverwalter<br />
fortgeführt werden kann.<br />
Ich denke, dass hat auch Karl-Theodor zu<br />
Guttenberg erkannt, als er im Falle OPEL<br />
eine geordnete Insolvenz ins Gespräch<br />
brachte. Wie auch immer: Unsere heutige<br />
Insolvenzordnung gibt einem guten<br />
Insolvenzverwalter Möglichkeiten an die<br />
Hand, ein Unternehmen fortzuführen,<br />
wovon nicht nur die Gläubiger profitieren<br />
– weil Mehrwerte geschaffen werden –,<br />
sondern auch die Arbeitnehmer. Insofern<br />
verzahnen sich der Gläubigerschutz und<br />
der soziale Schutz der Arbeitnehmer. Die<br />
200 Arbeitsplätze im Fall Automag Buchner<br />
& Linse sind z. B. aus meiner Sicht<br />
heute sicherer als vorher.<br />
Ich würde mir allerdings für<br />
andere Insolvenzfälle wünschen, dass<br />
noch weitere gesetzliche Möglichkeiten<br />
geschaffen werden, die eine Neustrukturierung<br />
unterstützen. So wäre es sehr<br />
hilfreich, wenn die Möglichkeit geschaffen<br />
würde, wie in den USA Forderungen<br />
der Gläubiger in Eigenkapital umwandeln<br />
zu können, um Werte zu erhalten, die bei<br />
einer Zerschlagung des Unternehmens<br />
verloren wären.<br />
Ich denke, verantwortungsvolle<br />
Insolvenzverwaltung ist eine moderne<br />
Form, notwendige Strukturwandel in der<br />
Wirtschaft durchzuführen. In einer globalisierten<br />
Welt macht es einfach keinen<br />
Sinn, Geschäftsmodelle künstlich weiter<br />
zu führen, die keine Wettbewerbsakzeptanz<br />
mehr haben. Und weil in einem<br />
globalen Markt die Zahl der internationalen<br />
Konkurrenten weiter ansteigen wird,<br />
werden auch die Zyklen der Anpassung<br />
immer schneller und kurzfristiger<br />
werden. Unter diesem Aspekt sollte man<br />
professionelle Insolvenzverwaltung als<br />
eine Wachstums-Lenkung von Unternehmen<br />
sehen, die andere notwendige<br />
Anpassungen an die Erfordernisse der<br />
internationalen Märkte aus unterschiedlichen<br />
Gründen versäumt haben. Allerdings<br />
darf man in diesem Zusammenhang<br />
nicht übersehen, dass gerade der Mittelstand<br />
in unserem Lande grundsätzlich<br />
gut aufgestellt ist. Man hat die Lehren<br />
aus der letzten großen Krise gezogen und<br />
verstärkt Eigenkapital aufgebaut. Zudem<br />
verfügen die kleinen und mittelgroßen<br />
Unternehmen inzwischen über eine Produktpalette,<br />
die sich sehen lassen kann<br />
und technologisch hervorragend ist – und<br />
die damit international absolut wettbewerbesfähig<br />
sind.“<br />
<br />
•
Porträt<br />
eines<br />
genialen<br />
malers
MY<br />
bavaria<br />
Seite 36<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
Sean<br />
scully<br />
Zwei Minuten nach elf stecke ich meinen<br />
Kopf durch die Eingangstür seines Ateliers.<br />
Eine junge Dame, vermutlich seine Sekretärin,<br />
blickt von ihrer Arbeit am Schreibtisch<br />
auf und fragt ganz freundlich: Ja“ Ich ” ”<br />
habe ein Interviewtermin mit Herrn Scully“,<br />
antworte ich ebenso freundlich. Sie lächelt:<br />
Hm. Er ist aber nicht da.“<br />
”<br />
Oops, dann hat er wohl unseren<br />
”<br />
Termin vergessen!“<br />
Das kann schon sein, seine Frau<br />
”<br />
hat nämlich in den letzten Tagen entbunden<br />
und er ist gerade im Krankenhaus bei ihr.<br />
Aber ich rufe ihn mal an!“<br />
Am Telefon fragt er, ob es denn auch<br />
am Nachmittag gehe. Logo! Und ich denke<br />
mir, wenn es einen vernünftigen Grund gibt,<br />
einen Termin zu vergessen, dann ist es die<br />
Geburt eines Kindes.<br />
Und so komme ich in den Genuss<br />
eines außerplanmäßigen Mittags im herrlichen<br />
Tölzer Land, getaucht in strahlend<br />
schönes Sonnenlicht. Ein Fleckchen Erde,<br />
bei dem der liebe Gott ein wirklich gutes<br />
Händchen gehabt hat.<br />
Um halb vier sitze ich dann in seinem<br />
Atelier. Dieses mal mit ihm. Er auf dem<br />
Sofa, entspannt und gleichzeitig wach.<br />
Sean Scully, Ire von Geburt und<br />
Europäer aus Überzeugung, ist ein eher<br />
stiller, zurückhaltender Mann mit sanfter,<br />
leiser Stimme, die man in seinem kraftvollen<br />
und mit Energie geladenen Körper bei<br />
der ersten Begegnung gar nicht vermutet. Er<br />
spricht so prononciert und klar akzentuiert,<br />
dass man sich streckenweise konzentrieren<br />
muss, um zu merken, ob er englisch spricht<br />
oder vielleicht doch deutsch. Das ist eigentlich<br />
kein Wunder, sagt er doch selbst von<br />
sich, dass er sehr anfällig für Sprache ist.<br />
Und weil er im Interview seine Gedanken<br />
teilweise durch rhythmische Wiederholungen<br />
unterstreicht und sogar sagt: Die Sätze, ”<br />
die ich konstruiere, sind Prosa; sie können<br />
tatsächlich wörtlich genommen werden“,<br />
ist das Interview auf den Seiten nebenan im<br />
Wortlaut wiedergegeben.<br />
Diese Einstellung zu seinen eigenen<br />
Aussagen zeugt von einem gewissen Selbstbewusstsein<br />
des Sean Scully. Das kann<br />
einen aber auch nicht wirklich erstaunen.<br />
Denn zum Künstlersein – und zwar zu<br />
einem erfolgreichen, in das man ja nicht<br />
einfach so hineingeboren wird, sondern<br />
Cathedral, 1989; Oil on linen; 98 x 126" (248.9 x 320 cm); Public Collection: Städtische Galerie im Lenbachhaus, Munich, Germany<br />
Original<br />
version<br />
of the<br />
interview<br />
When I came to this location I<br />
was a little bit surprised, because I know<br />
that you have a studio in New York and<br />
one near Barcelona. And now you live here<br />
in the middle of nowhere. What is the<br />
reason Is it a consequence of being a professor<br />
at the Kunstakademie München <br />
! Well, it has partly to do with that. I<br />
came to teach here, with a lot of reluctance, I<br />
must say. In fact I wrote to the director at that<br />
time, Ben Willikens, and said I didn’t want to<br />
come. And he met me and he said ”<br />
I took your<br />
letter to be a love letter.“ And I was so charmed<br />
by this bizarre strategy which completely ignored<br />
what I had said in my letter, that I decided I<br />
would come. Cause I found this a very charming<br />
arrogance. What they call in English – a cheek.<br />
A friend of mine found this place for me<br />
and we started it here and gradually I just added<br />
to it – when people left. You know there was an<br />
organic tea company here and they were broke.<br />
So I took their space. And gradually we grew<br />
into the village. And we liked it.<br />
Also, I am very fond of Germany.<br />
Generally. I think it’s a wonderful country. It’s<br />
really the center of Europe. In fact IT IS Europe.<br />
It is the engine of Europe. If you have a body,<br />
Germany is the stomach of Europe, Germany is<br />
the center of the body. Everything else is more<br />
or less peripheral – except France. And that’s<br />
really Europe. And the other parts of Europe<br />
are like legs, fingers and toes. The central body<br />
is definitely Germany and then France. I believe<br />
in the European concept as a counterweight<br />
to the influence of America. This is of course<br />
why America would like to have Turkey in the<br />
European community, because they would like<br />
to destroy Europe. This should be said – even<br />
when it’s only in this little magazine. It’s important<br />
to say what the strategy of America is.
Passenger Sky, 1999; Oil on linen; 53 x 48.5" (134.6 x 123.2 cm); Private Collection<br />
dass man sich erarbeiten muss – gehört<br />
einfach eine ordentliche Portion seiner ”<br />
selbst bewusst sein“ dazu. In einem anderen<br />
Gespräch hat Scully, der fast sein ganzes<br />
künstlerisches Leben hindurch an Hochschulen<br />
Studenten unterrichtet hat, einen<br />
seiner Lehrinhalte als Vorbereitung für das<br />
Leben als Künstler denn auch so formuliert:<br />
Das erste, was ich ihnen beibringe: sie müssen<br />
lernen, Zusammenhänge zu<br />
”<br />
durchschauen.<br />
Aktuelle Trends sind die Ladenhüter<br />
von morgen. Es geht darum, seine eigenen<br />
Möglichkeiten richtig einschätzen zu lernen<br />
und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt<br />
zu entwickeln. Das heißt, man muss sein<br />
Handwerk verstehen, die Kunstgeschichte<br />
kennen und wissen, wo man im Leben<br />
stehen will. Man muss das System begriffen<br />
haben. Talent alleine ist nicht genug. Sehen<br />
Sie sich frühe Arbeiten von van Gogh oder<br />
To the cat, which is meowing: ”<br />
Yeah,<br />
come on, you can be in the interview. You can<br />
also say something about America and Turkey<br />
and why it’s not good for Europe. Come on in.“<br />
Anyhow, so I am very committed to this<br />
ideal, hence my relationship with Germany. So<br />
then it’s a question of ”<br />
Where in Germany“.<br />
And this is probably one of the most beautiful<br />
places you can live on God’s earth. And as a<br />
counterweight to this, if I want someone to<br />
upset me, insult me, put pressure on me, make<br />
me uncomfortable, I can go to New York. I can<br />
have that any minute.<br />
It sounds a little bit like you<br />
don’t like the Americans.<br />
! I wouldn’t say ”<br />
I don’t like them“. I like<br />
them. But I think that Europe is very important.<br />
It’s the seat of civilisation. It is, where democracy<br />
was invented. It’s where our philosophical<br />
matrix was invented.<br />
Almost exclusively in Germany. And I<br />
am connected to all this.<br />
So, I like America, and there are many<br />
things about it, I like, but I think that the rumination<br />
and the philosophical pondering and<br />
reflection of Europe is very important to every<br />
thing. To the survival of the world. To the mediating<br />
between hard positions. It’s all in Europe.<br />
And of course we paid for it with a lot<br />
of wars. And now we understand something,<br />
that we didn’t understand before. And I would<br />
say that we in Europe are evolved in some way.<br />
It’s not that I don’t like America. I do. But I think<br />
Europe is crucially important.<br />
And China and India<br />
! I can’t take that on. It’s not in my...<br />
world. I think China is like America in the<br />
nineteenth century. That’s the most I can say<br />
about it.<br />
You just used the word ”<br />
matrix“.<br />
Is it the right expression for the composition<br />
of your pictures too Is that a kind of<br />
matrix <br />
! Yeah, it’s a kind of matrix.<br />
It’s a kind of grid.<br />
It’s not a grid - it’s ”<br />
a kind of grid“!<br />
There is a big distinction there.<br />
That’s a handdrawn grid, therefore it’s not<br />
actually a grid.<br />
It’s an interpretation of a grid.<br />
By hand.<br />
Which is ”<br />
humanizing a grid“.<br />
Making the grid suitable for human consumption<br />
– and interference.<br />
Your first pieces of art where<br />
completely different. Especially the sort of<br />
stripes you used. They had sharp borders<br />
and they were plain in colour – perhaps<br />
even spray painted I don’t know.<br />
! Yeah, I used a lot of ... devices in my<br />
early painting. I was much more interested in<br />
illusionism, in pictorial illusionism. And my<br />
layering of different systems - superimposition<br />
of systems to create a kind of chaos. So there<br />
was still in the early work a kind of subversion<br />
of the system. Now the subversion of the system<br />
is different, because it’s actually in the application<br />
of the paint, in the way the edges are made.<br />
The way that the system, the geometry of the<br />
world is somehow ... subverted and brought into<br />
the realm of human feeling. That is what I am<br />
really doing in my work. So, the way that the<br />
colours are made is on the painting. You can’t<br />
make them in another way. They are made by<br />
painting.<br />
You mix it ON the painting <br />
! ON the painting !<br />
So, are the layers of paint underneath<br />
dry or wet <br />
! It’s wet. So it’s influencing the top<br />
colour. So, if – for example – I’m putting cream<br />
on blue and orange I would get completely<br />
different results. One would be a kind of pink<br />
and the other would be a blue, light blue or grey.<br />
So what’s underneath is influencing what’s on<br />
top. You might say that’s a metaphor for life.<br />
For the structure of the world. What’s underneath<br />
is always influencing what’s on top. It has<br />
tremendous power. It’s an underneath kind of<br />
power. So, these power relationships are also<br />
very important to me. Are very important in<br />
my work. So you can feel this. You can feel the<br />
tactile quality of the paintings, the emotion of a<br />
human being making the painting. And – unlike<br />
my early works – which were more diagrammatic<br />
they were really the paintings of a younger
Wall of Light Dog, 2000; Oil on linen; 74.4 x 79.9" (189 x 203 cm)<br />
Public Collection: Staatliche Museen Kassel, Neue Galerie, Kassel, Germany<br />
Cezanne an: Alles Müll! Entscheidend ist:<br />
sie haben durchgehalten.“<br />
Scully hat durchgehalten und dabei<br />
seine faszinierende Bildsprache entwickelt.<br />
Er überrascht mich völlig, als er – von<br />
sich aus – bereit ist, einige Aspekte dieser<br />
Sprache dem außenstehenden Besucher zu<br />
eröffnen. Ein geradezu unerhörter Vorgang,<br />
den man höchst selten bei einem Künstler<br />
dieses Kalibers erleben darf. Sind doch die<br />
meisten Künstler – und besonders diejenigen,<br />
die sich an erster Stelle selbst dafür halten<br />
– meistens der Meinung, der Betrachter<br />
müsse sich die Aussagen der Bilder selbst<br />
erarbeiten“. Nicht so Scully. Was wiederum<br />
”<br />
beweist, dass er nicht nur einfach in einer<br />
für ihn typischen Weise malt, sondern das<br />
Geistige in seiner Kunst sehr wohl kennt –<br />
und formulieren kann.<br />
Auf diesem Bild“, sagt er und zeigt<br />
”<br />
auf eines seiner Lieblingsbilder mit dem<br />
Namen Wall of Light Dog’, gibt es einen<br />
’ ”<br />
licht-blauen horizontalen Streifen auf der<br />
rechten Seite. Dieser Streifen unterscheidet<br />
sich vom Rest des Bildes. Es gibt aber noch<br />
einen anderen oben links von ähnlicher Farbe.<br />
Er ist vertikal. Der Vertikale ist auf seine<br />
Weise mächtiger als der Horizontale. Er ist<br />
aggressiver, weil er Wachstum und aufrecht<br />
stehende Figuren impliziert. Der Horizontale<br />
dagegen ist eine innere Horizontlinie.“ Bei<br />
der Erwähnung der ruhigeren Ausstrahlung<br />
des waagerechten Streifens, wird auch seine<br />
Stimme leiser, noch sanfter, geradezu melanperson,<br />
the paintings now have more melancholia,<br />
more pathos, bigger heart, bigger body and a<br />
very beautiful relationship with this issue of the<br />
edge, the way things share a surface. So these<br />
issues of power and conciliation and cutting are<br />
running all the way through my work. They are<br />
the subjects of my work. It’s a kind of spiritual<br />
humanism I think.<br />
But the lowest layer must be dry.<br />
Because sometimes you can see different<br />
colours coming through on the edges...<br />
! Yes, it depends how long I work on<br />
the painting. So sometimes – for example – if<br />
I paint a painting quick, I just paint it quick.<br />
Then I leave it. Some give me a chance to look<br />
at the drawing. Give me the chance to change<br />
the drawing. That happens now and again - that<br />
I change the drawing. Not so often. But it does<br />
give me the option. And then you will see that<br />
these colours are being painted ON TOP OF...<br />
but they are not mixing. So they are registering<br />
as pure colour around the edges. That gives you<br />
the sense of context and subtext – as I said before.<br />
And SUBTEXT is influencing the CONTEXT<br />
in which all these other things are existing side<br />
by side. In a manner it’s a way of getting a sort<br />
of narrative without illusionism. You know they<br />
are really flat. I don’t really paint space. I am not<br />
interested in painting space. I paint things. And<br />
the blocks are allways things. And I paint them.<br />
So that they sit next to other BLOCKS, that<br />
are also TH<strong>IN</strong>GS. So everything has the status<br />
in my work of a positive. I don’t paint negative<br />
space. Like figure ground paintings for example.<br />
Everything has to be positive.<br />
Das Handy klingelt – er führt das Gespräch<br />
in Spanisch, geht in den anderen Raum<br />
zu seiner Frau.<br />
I don’t make sort of obvious hierachies<br />
in my paintings. So everything that is in the<br />
painting has it’s own various kind of power. To<br />
hold it’s own place in the painting. In the way,<br />
that it’s painted in – the painting. So, you know,<br />
one thing can be smaller than another thing, or<br />
lower down in the painting etcetera etcetera. But<br />
they all assert themselves. That’s what I am doing.<br />
I’m making something that has a kind of ...<br />
democracy in it. And there is no clear hierarchy.<br />
But at the same time as that I try if possible to<br />
avoid falling into what is sometimes referred to<br />
as ”<br />
all over painting“. I certainly avoid monochrome<br />
painting, which I think is an option that<br />
is historically played out. I don’t see what you<br />
can do with it any more. It’s historically defunct.<br />
So, I have composition in my painting.<br />
I have drawing in my painting. I have drama in<br />
my painting. I have emotion in it. I have reference<br />
to the landscape, reference to the figure<br />
and relationships – the central human problem<br />
– so, I have a lot in the paintings. So, I haven’t<br />
sacrificed what we might refer to as... the human<br />
need for some content, some sense of figure,<br />
some sense of orientation.<br />
When you start a painting, you<br />
have four sides. Do you make proportions<br />
on the sides of the frame – for instance<br />
three up, four right, six left and four on<br />
the ground Or do you sketch already the<br />
fields<br />
! I go inside straight away. Depending<br />
where I want to start. I can start anywhere.<br />
So you start – let us say – with<br />
the bar on the left side And then it’s<br />
growing<br />
! Well, I might draw a painting out<br />
with charcoal. But I don’t spend so much time<br />
drawing it out, because I can paint the bars into<br />
place – so to speak – and I can make them be<br />
more or less anywhere. Depending on how I<br />
paint them, depending on what colour they are.<br />
So all this is open to articulation as the painting<br />
progresses. And you can see with this painting<br />
- that we are looking at now, which is one of my<br />
favorites, called ”<br />
Wall of Light Dog“ - it has one<br />
light blue horizontal bar on the right side in the<br />
middle. And that bar kind of distinquishes itself<br />
from the rest of the painting. And there is another<br />
one of a similar colour on the top left. It’s<br />
a vertical. So the vertical in a way is more powerful<br />
than the horizontal is. It’s more aggressive<br />
because it implies growth and standing figures.<br />
And the horizontal is an internal horizon line.<br />
So you can see: it’s the same colour - in terms<br />
of source - but it manifests itself differently. Or<br />
one get’s the sense that it’s the same colour at<br />
different times of the day. Or night. And the<br />
colour on the top left - which is the vertical - is<br />
moving towards night. It’s deeper and more<br />
reserved. And the same source of colour on the<br />
right hand side horizontally is more lit up. It’s
Wall of Light Fire, 2000; Oil on linen; 74.4 x 79.9" (189 x 203 cm); Private Collection<br />
cholisch. Dann fährt er fort: Daran sehen<br />
”<br />
Sie: Beide sind – was ihre Farbquelle betrifft<br />
– von gleicher Farbe, aber jeder manifestiert<br />
sich unterschiedlich. Oder man spürt, dass<br />
es die gleiche Farbe ist – aber zu verschiedenen<br />
Zeiten des Tages. Oder der Nacht. Die<br />
Farbe oben links – welches die Vertikale ist<br />
– bewegt sich mehr in Richtung Nacht. Sie<br />
ist tiefer und zurückhaltender. Und dieselbe<br />
horizontale Farbquelle auf der rechten Seite<br />
ist aufgehellter. Hervortretender. Also ist<br />
der eine Streifen im Vergleich zum anderen<br />
untergeordneter’ – bezüglich der Kraft –<br />
’<br />
aber aggressiver’ – bezüglich der Platzierung<br />
’<br />
und Richtung.<br />
Auf diese Weise finden sich alle<br />
Arten von Kräften in meinen Bildern, die dadurch<br />
so etwas im Bild erschaffen wie Demokratie<br />
– wo jeder fähig ist zu überleben. Als<br />
Letztes habe ich bei diesem Bild den braunen<br />
Streifen gemalt. Weil es ein Bild ist, das<br />
ich für einen Hund gemalt habe, der getötet<br />
wurde. Deshalb heißt es auch ’<br />
Wall of Light<br />
Dog’. Wir haben gesehen, wie der Hund<br />
getötet wurde. In den Strassen von Barcelona.<br />
Wir haben versucht, ihn zu retten. Es war<br />
ein schauderhafter Tag für uns. Und – der<br />
Hund hatte diese Farbe. Ich erinnere mich<br />
noch, am Ende des Bildes malte ich diesen<br />
Streifen in der Farbe des Hundes. Und dann<br />
war es fertig. Es ist ein Gemälde, das aus<br />
einem schrecklichen Ereignis entstanden ist.<br />
Es war sehr einfach, es zu malen.“<br />
Der Nachsatz irritiert den Zuhörer<br />
und erzeugt automatisch die Frage, ob er<br />
eher aus solchen schrecklichen Anlässen<br />
more emerging. If we think about it in terms of<br />
the cycle of the day. So one is more submissive<br />
in terms of colour but more aggressive in terms<br />
of placement and direction. So, there are all<br />
these kinds of balances in my paintings, that<br />
create – as I said formerly – democracy, within<br />
the painting, where everything is able to survive.<br />
Do you remember, which area of<br />
this painting you started with Did you<br />
start with the light blue<br />
! I can’t remember. But I know which<br />
area I painted last.<br />
Which one<br />
! It’s the brown in the middle of the<br />
painting. Because that’s a painting I made for a<br />
dog that was killed. That’s why it’s called ”<br />
Wall<br />
of Light Dog“. And we saw the dog being killed.<br />
In the street. In Barcelona. And we tried to save<br />
it. And it was a dreadful day for us. And...the dog<br />
was that colour. So, at the end of the painting I<br />
remember I just painted this bar in the colour of<br />
the dog. And then it was finished. It is a painting<br />
that came from a horrible event. It was very easy<br />
to paint.<br />
Is it generally easier for you to<br />
paint a painting from a horrible event or<br />
to come from a positive event<br />
! For me....I’m very touched by sadness.<br />
And...that rings really true to me. So if I make a<br />
happy painting that’s quite a rare event.<br />
Would you paint a happy painting<br />
at the moment Because of your new born<br />
son<br />
! I don’t know, because I’m not painting.<br />
I don’t think about my paintings before I make<br />
them. I paint as I think.<br />
I mean I do of course meditate in a<br />
certain sense and I dream about certain images.<br />
But when it comes to the act of painting I don’t<br />
think about the act of painting before I paint.<br />
For me it’s absolutely natural to paint.<br />
And when I paint it’s really the most natural<br />
thing in the world for me to do. In fact a friend<br />
of mine once came to my studio. And she was a<br />
very old friend of mine. She is a painter. And ...<br />
I was busy. She said, “Would you mind if I visit<br />
for a while Because I have to see someone in<br />
two hours and I don’t have anywhere to go.“ So<br />
I said, “Of course, you can sit in the studio and<br />
we can talk, if you don’t mind if I am painting<br />
because I started painting and I can’t stop.“ And<br />
she said, “yeah, that’s fine.“<br />
So I painted the painting when she<br />
was in the studio and she said to me, she was<br />
astounded by how quickly I painted. And how<br />
natural it was.<br />
Is it a kind of flow <br />
! Absolutely. I don’t fiddle around with<br />
the edges. Everything comes out in the way<br />
I paint. I’m not dicking around in the corner<br />
trying to get the corner right. You know I’m<br />
thinking in the big. The whole time. I’m not<br />
painting the detail. I’m not worrying about the<br />
details. Of course I’m considering them.<br />
When you’re working is it quiet<br />
and you are purely painting or is it a situation<br />
that you can hear something<br />
music.<br />
! Yes, I have music on. I always have<br />
What do you like most <br />
! I like a lot of stuff. I like a lot of romantic<br />
music. Like Beethoven. Schumann. Schubert.<br />
Some Jazz. Miles Davis is very melancholic. And<br />
Abdul Ibrahim is very...somehow it’s powerful<br />
but extremely delicate. It has a nobility about<br />
it and also he makes some references to little<br />
folk tunes. And Zoltan Kodaly I like very much.<br />
Fantastic. Then of course I love Bob Dylan. U2.<br />
REM. Radiohead. A lot of stuff. And then I work<br />
in – as I would call – ”<br />
heat“...yeah...it’s hot. And<br />
things find their place in the paintings. There is<br />
a strong sense of the dialectic in my work. There<br />
is a strong philosophical sense behind my work.<br />
They are spiritually charged. A sense of structure<br />
and pathos. But...when I’m working, there<br />
is a lot of feeling. And the music is important for<br />
that, so, I’m not thinking too much.<br />
Does the music go into the picture<br />
! Yeah, it goes into the picture. So, the<br />
choice of the music is very...deliberate. I mean<br />
people can say ’oh yeah it’s the music that
Pale Mirror, 1999; Oil on linen; 98.4 x 86.6" (250 x 220 cm); Private Collection<br />
malen kann oder ob eher positive Erlebnisse<br />
die Anlässe für seine Arbeiten sind.<br />
Seine Antwort darauf macht nachdenklich:<br />
”<br />
Ich bin sehr berührt von allem<br />
Traurigen.“ Er kann auch erklären warum.<br />
Solche Traurigkeit ”<br />
klingt sehr wahr und<br />
echt in mir“, erläutert er. Welche Gründe<br />
das auch immer haben mag, unumstritten<br />
ist, dass aus seinen Bildern eine große Melancholie<br />
spricht. Manchmal auch Pathos.<br />
Aber immer große emotionale Kraft.<br />
Nun findet man solche eindringliche<br />
Ausdruckskraft nur bei den Arbeiten<br />
wirklich großer Künstler, weshalb mich<br />
interessiert wie er seine Bilder malt. Denn<br />
selbst das größte Kunstwerk entsteht in<br />
einem sehr irdischen, letztlich materiellen<br />
Vorgang. Und deshalb ist es immer<br />
influences the picture“. That’s not it. The music<br />
is allowed to influence the picture by me who<br />
chooses the music. (laughed)<br />
Is the music taking the concentration<br />
from the right part of the brain so<br />
that you can work emotionally with the<br />
left one <br />
! It stops me from....debate. It stops<br />
me from being too verbal. Because I am very<br />
capable verbally. When you play the tape back,<br />
you’ll find that, the sentences I construct, are<br />
prose. You can actually, take them verbatim. I<br />
know there was one sentence early on where<br />
I repeated the same word and then rephrased<br />
it, so I did not repeat the same word. I’m very<br />
attached also to words. To Language.<br />
And...I like to have my mind quieted.<br />
Pacified. Calmed. So that I can enter an area of<br />
the emotional, spiritual. Because really that’s<br />
what elevates the painting. That’s what makes<br />
my paintings different from other people’s paintings.<br />
And...I know, that they are different. And<br />
they are treated like that. And...it’s this sense of a<br />
kind of ”<br />
lit-up“ quality. And a poetic quality also.<br />
There is a spiritual charge in the painting that<br />
makes them register differently in the world of<br />
art. The world of art is rather cool and ironic a<br />
lot of the time. And my work is not cool. And is<br />
not ironic. It’s meant to be profound. It’s meant<br />
to be deep.<br />
In an earlier interview you said,<br />
that you want to build a bridge between<br />
Jackson Pollock and Piet Mondrian. As I<br />
read this, I thought you were very close<br />
to Piet Mondrian in your early work. The<br />
pictures were – for me – very ”<br />
brainy“.<br />
And now the pictures are very emotional<br />
and expressive.<br />
! There are a lot of people that I include<br />
in that regard. Such as ... Schmidt-Rotluff. And...<br />
if you take part of Schmidt-Rotluff’s paintings...<br />
just a little section...you really have Rothko. And<br />
it’s this spirituality I am really looking for in<br />
my work. This emotionality. But not...a...blunt<br />
expressionism. There is a restraint in my work.<br />
So there is something, that is pushing BACK.<br />
And there is something that is pushing OUT.<br />
So there is a stress between the intellect, the<br />
philosophical, the governing, the controlling,<br />
the structuring...mind, which is the sense, the<br />
conceptual strength in my work. And then there<br />
is a very strong desire to somehow destroy<br />
this. So my work is in a sense trying to have<br />
everything. It wants to have everything. It wants<br />
to have a very powerful sense of profundity - in<br />
terms of structure – so that the paintings are noble.<br />
And then it also wants to create an emotion<br />
that is devastating.<br />
So it’s a huge appetite to get it all into a<br />
painting. To get both of these human qualities<br />
into a painting. And I don’t mean that in terms<br />
of a conciliation either. I don’t mean that in<br />
terms of a truce, where both of them are somewhat<br />
diluted. I mean, I want both to register<br />
powerfully. Because I think that is what creates<br />
a kind of profundity. I believe that a sense of<br />
structure creates a profound emotion. That’s<br />
my position. So I prefer ultimately Cezanne to<br />
Soutine. I think he’s more boring, he’s more<br />
difficult, he’s more demanding, he’s less fun, but<br />
ultimately he’s a far greater artist.<br />
Can we find all this you mentioned<br />
in small paintings as well as in big<br />
ones – for you as the creator and for us to<br />
look at <br />
! Issue of size has a very big importance<br />
– of course. When you make something small –<br />
like I do and I love to make small paintings – I<br />
am aware that I’m making a painting that’s the<br />
same size as a Cezanne – so it’s a real European<br />
model I follow. And those paintings that are<br />
small register differently. Someone once said<br />
about my work – a very perceptive art critic –<br />
what was shocking about my paintings was the<br />
intimacy – and the size of them. He said it hasn’t<br />
existed before. So if I make a painting that’s one<br />
meter or less that value is not present.<br />
That can only be present on the big<br />
paintings with a tremendous amount of love<br />
and commitment. And then somehow they are<br />
overwhelming because of the degree of intimacy<br />
and this pathos that is included in this sense<br />
of intimacy. Because I’m not making abstract<br />
expressionist paintings, they are not heroic.<br />
I’m not trying to make heroic art like Barnett<br />
Newman or Clifford Still. Like the Americans<br />
you know. My work includes all that sense of<br />
European layering and reconsidering and history<br />
and doubt in the colours and the reference to<br />
the landscape...etcetera.<br />
So it’s a whole ball of experience that<br />
comes from a European sensibility and that
interessant, wie die realen Arbeitsbedingungen<br />
bei diesem Schöpfungsakt sind.<br />
Ich will daher wissen, ob er sie in großer<br />
Stille male – weil seine Bilder ja auch<br />
diese meditative Stille atmen – oder ob<br />
er von irgendetwas abgelenkt“ werde.<br />
”<br />
Abgelenkt“ bezieht sich dabei nicht auf<br />
”<br />
ihn als Künstler, sondern nur auf die<br />
eine Gehirnhälfte, die alles Tun einer<br />
rationalen Kontrolle unterzieht. Gemeinhin<br />
ist dies die rechte Hälfte, die man<br />
ablenken muss“, will man den emotionalen<br />
Ausdruck der linken Hirnhälfte<br />
”<br />
ungestört zur Entfaltung kommen lassen.<br />
Es gibt Künstler, die lassen deshalb den<br />
Fernseher laufen, andere – wie Mozart<br />
zum Beispiel oder der italienische Autor<br />
Andrea Camilleri – können nur im<br />
vollen Trubel des Familienlebens kreativ<br />
arbeiten. Scully hört bei der Arbeit<br />
Musik. Welche Romantische Musik wie<br />
”<br />
Beethoven, Schumann, Schubert. Etwas<br />
Jazz von Miles Davis und Abdul Ibrahim.“<br />
Den Ungarn Zoltán Kodály schätze er<br />
sehr. Und natürlich Bob Dylan, U2, REM.<br />
Er selbst nennt den Zustand, in dem er<br />
dadurch malen kann Heat“ – also Hitze.<br />
”<br />
Die moderne Neuro-Forschung würde es<br />
wohl eher als Flow“ bezeichnen, also als<br />
”<br />
einen Fluss, der einen die aktuelle Gegenwart<br />
vergessen lässt und eine sehr hohe<br />
Synchronizität zwischen Emotionalität<br />
und Tun zulässt. Und ein sehr intensives<br />
Glücksgefühl spürbar werden lässt.<br />
Scully formuliert das so, dass die<br />
Musik ihn davon abhält zu debattieren“.<br />
”<br />
Es gehe ihm darum, den inneren Dialog,<br />
der uns Menschen ja ununterbrochen begleitet,<br />
zu stoppen. Wer einmal versucht<br />
hat, im asiatischen Sinne zu meditieren,<br />
um diesen inneren Dialog zum Verstummen<br />
zu bringen, weiß, wie schwer das ist.<br />
Aber durch die Beschäftigung der rechten<br />
Hirnhälfte nähert man sich dem zumindest<br />
ein Stückchen an. Oder mit den<br />
Worten von Sean Scully auf seine Arbeit<br />
bezogen: Ich mag es, wenn mein Geist<br />
”<br />
besänftigt ist. Ruhig. Friedlich. Damit ich<br />
eine Ebene von emotionaler Spiritualität<br />
betreten kann. Denn genau das hebt eine<br />
Arbeit aus anderen hervor. Das unterscheidet<br />
meine Bilder von denen anderer.<br />
Und ich weiß, dass sie unterschiedlich<br />
sind. Sie sind spirituell aufgeladen,<br />
wodurch sie ganz anders in der Welt der<br />
Kunst wahrgenommen werden. Denn die<br />
Welt der Kunst ist eher cool und ironisch.<br />
Und meine Arbeiten sind alles andere,<br />
aber nicht cool und ironisch. Sie sind<br />
hintergründig gemeint – und tief.“<br />
Sean Scully will aber nicht einfach<br />
nur möglichst expressiv und emotional<br />
in seinen Bildern sein. Das wäre aus<br />
seiner Sicht nicht dem aktuellen Stand<br />
der Kunstgeschichte adäquat. Scully will<br />
mehr – von sich und seinen Arbeiten. Er<br />
will die beiden Polaritäten, die beiden<br />
Gehirnhälften – oder wie immer man<br />
diese beiden gegensätzlichen Prinzipien<br />
umschreiben will – er will sie beide in<br />
seinen Bildern vereinen. Nicht, indem<br />
er sie verdünnt ineinander integriert,<br />
sondern indem er sie beide kraftvoll<br />
verschränkt. Oder mit seinen Worten: ”<br />
Es<br />
gibt in meinen Arbeiten eine Spannung<br />
zwischen dem Intellekt, dem philosophischen,<br />
dem kontrollierenden, dem strukturierenden<br />
Geist, was das Gespür, die<br />
konzeptionelle Strenge in meinem Werk<br />
ist. Und dann gibt es den sehr starken<br />
Wunsch, all das irgendwie zu zerstören.<br />
Auf diese Weise versucht meine Arbeit<br />
gewissermaßen alles zu haben. Sie sucht<br />
ein sehr mächtiges Gespür für Tiefgründigkeit<br />
– bezüglich der Struktur – so<br />
dass die Bilder erhaben und nobel sind.<br />
Und gleichzeitig wollen sie Emotionen<br />
kreieren, die überwältigend sind. Es gibt<br />
da einen großen Appetit, all das in meine<br />
Bilder einfließen zu lassen, um beide dieser<br />
menschlichen Eigenschaften in den<br />
Bildern auszudrücken. Und ich meine das<br />
nicht im Sinne einer Beschwichtigung.<br />
Ich meine es auch nicht im Sinne einer<br />
Wahrheit, bei der beide Elemente irgendwie<br />
verdünnt sind. Ich meine, dass ich<br />
beide sehr kraftvoll erfassen will. Denn<br />
ich denke, das schafft Tiefgründigkeit.<br />
Ich glaube daran, dass ein Bewusstsein<br />
für Struktur eine tiefgründige Emotion<br />
erschafft. Das ist meine Position.“<br />
<br />
Sean Scully wird in Deutschland vertreten von<br />
der Galerie Walter Storms, München.<br />
N5 Nachmann Rechtsanwälte beraten Sean Scully in<br />
dessen rechtlichen Angelegenheiten.<br />
•<br />
only can come from a European sensibility.<br />
An American could not paint my paintings. It<br />
would be impossible. And on a smaller scale<br />
it’s more...in agreement with the intimate side.<br />
So it’s less conflicted, it’s less of a contradiction.<br />
Because normally for example a painting like<br />
this mirror painting on this scale would not be<br />
painted like that. It might be drawn like that. But<br />
I don’t think many people would paint it with<br />
that degree of committment to the painting of it.<br />
And it’s the commitment to the painting of it in<br />
relation to the scale of it that makes it somehow<br />
effective – I would say. 7:23:00<br />
When you paint a painting like<br />
this, do you paint each bar singly or do<br />
you paint several areas with the same<br />
colour simultaneously<br />
! I’m using the same colour all the way<br />
through. So it’s ”<br />
A,B,A,B“. And I paint them<br />
over and over and then I keep painting it until<br />
there is something that I am touched by. Until it<br />
affects me. And this purple colour – the painting<br />
is called ”<br />
Mirror Soft Grey“ – I didn’t intend it<br />
to be that colour. I am not very careful when I<br />
paint. So things happen that I don’t expect to<br />
happen. So I use a kind of a system but the way<br />
I paint is very intuitive. And when I got this<br />
colour at first I was disturbed by it. Because it’s<br />
not a colour I ever liked and you know to be<br />
active during the sixties. And in the sixties the<br />
colour that was very prevalent was purple. You<br />
know Jimmy Hendrix made that ”<br />
purple haze“<br />
and just I hated the colour purple. And that has<br />
a kind of mauve quality. But now I absolutely<br />
love it. And I think that this colour is entering<br />
my work as a relationship to the sky around<br />
here. And some of the colours that you see at<br />
the end of day, when the sky is reflected on the<br />
mountains around here, is this colour.<br />
You said in a 2002 interview ”<br />
Munich<br />
is a place where a spiritual center<br />
can be found as in the times of Klee and<br />
Kandinsky“. Now it’s 2009. Do you think<br />
this idea can work in Munich - whereas<br />
the whole art scene goes to Berlin <br />
! Well, I’m not talking about the art<br />
scene, I am also arrogant enough to think, that<br />
the art scene is were I am. (laughs) So I hardly<br />
have to go to Berlin. If I was a young artist I<br />
would definitely go to Berlin. That would be<br />
THE place for me. I love Berlin. I think it’s great.<br />
But I’m not a young artist, so I don’t need to<br />
do that. And – in a way - I’m working off the<br />
landscape too. And there’s a power here in the<br />
relationship to nature that is very interesting.<br />
And I still think that Munich and it’s surrounding<br />
areas are a very interesting place. Because of<br />
it’s relationship to other places. Geographically.<br />
And the influences that have formed this whole<br />
area – from Italy, from the East, from Croatia,<br />
from France. Therefore it’s not accurate to say<br />
“Well it’s in Germany, therefore it’s like Hamburg“.<br />
Because Hamburg is completely different.<br />
When you are in Hamburg you feel powerfully<br />
the presence of Russia and Scandinavia. What I<br />
feel when I am there is a strong relationship to<br />
nordic countries. But obviously different people<br />
feel different things in certain places.<br />
What I mean is, that all places are made<br />
up of various influences. And the influences<br />
in Bavaria are quite southern and Celtic. I find<br />
that very interesting. There is a lot of power in<br />
the land. And in the love of the land. And in the<br />
mountains. Now I live by the mountains and<br />
that is important to the way I paint now. And<br />
it has affected me, as much as New York has<br />
affected me. When I was making my paintings<br />
slapping them together in a way that New York<br />
was slapped together. Like the paintings I made<br />
in the eighties. And more lyric paintings that<br />
I’ve made lately. I think I have been partially<br />
formed by my time here.<br />
So, you want to stay here<br />
longer-term <br />
! Yeah, this is a permanent residence for<br />
us. So we will basically live between New York<br />
and Mooseurach. Which nobody knows how<br />
to pronounce – included myself. It’s too bad it<br />
wasn’t called something like ”<br />
Flange“.<br />
Why ”<br />
Flange“<br />
I Cause it’s easy to say!<br />
Have you seen moose here in<br />
” Mooseurach“<br />
! No, I would like to see a moose. I<br />
would like to hear one at night. It would be<br />
great!<br />
<br />
•
competence II<br />
Seite 48<br />
Ein Gespräch mit Rechtsanwalt Dirk Cupei,<br />
Direktor der Einlagensicherung beim<br />
Bundesverband Deutscher Banken<br />
mr.<br />
vertrauen<br />
Herr Cupei, was macht<br />
ein ”<br />
Direktor Einlagensicherung“<br />
beim Bundesverband<br />
Deutscher Banken<br />
! Ich betreue zwei Einlagensicherungseinrichtungen<br />
– den freiwilligen Einlagensicherungsfonds,<br />
ein unselbständiges<br />
Sondervermögen des Bundesverbandes<br />
deutscher Banken, welches<br />
seit 1976 in der jetzigen Form<br />
besteht, in der es heute existiert.<br />
Darüber hinaus bin ich zuständig<br />
für die Entschädigungseinrichtung<br />
deutscher Banken, das ist die<br />
gesetzliche Sicherungseinrichtung<br />
für private Banken in Deutschland,<br />
eine Tochtergesellschaft des Bundesverbandes<br />
deutscher Banken.<br />
Beide Fonds kümmern sich um die<br />
Einlagensicherung. Diese hat zur<br />
Aufgabe und Zielsetzung, Kunden<br />
bei Bankinsolvenzen zu schützen,<br />
so dass Kunden teilweise oder<br />
gänzlich schadlos bleiben und ihre<br />
Gelder zurückerstattet bekommen,<br />
wenn eine Bank insolvent wird,<br />
bzw. den Kunden dadurch schadlos<br />
zu halten, dass bereits im Vorfeld<br />
einer Insolvenz zur Insolvenzvermeidung<br />
interveniert wird.<br />
Wenn also Frau Merkel sagt:<br />
Ihr Geld ist sicher!“, dann stecken<br />
”<br />
Sie dahinter, dass es auch so ist<br />
Warum Geldeinlagen bei Banken in<br />
Deutschland sicherer sind als<br />
anderswo. Wie sich private Banken<br />
und Sparkassen in der Sicherung<br />
der Einlagen unterscheiden. Und<br />
warum der kleine Mann seine<br />
Geldeinlagen trotz Lehmann Pleite<br />
wiederbekommt.<br />
! Nicht ganz. Frau Merkel hat<br />
sich damals dahingehend geäußert,<br />
dass – wenn gesetzliche und freiwillige<br />
Sicherungseinrichtungen in Deutschland<br />
ihre Aufgaben nicht mehr vollumfänglich<br />
erfüllen könnten – dann die Bundesregierung<br />
dafür einträte, diese so zu kapitalisieren,<br />
dass sie weiterhin ihre Aufgaben<br />
wahrnehmen können.<br />
Aber sie sagte doch, dass sich<br />
kein Sparer Sorgen machen müsse,<br />
das Geld sei sicher.<br />
! Diese Aussage war ja auch<br />
eine politische Aussage, um verlorenes<br />
Kundenvertrauen wieder<br />
Illustration: Tina Berning
Illustration: Alison Carmichael<br />
herzustellen bzw. zu bewahren.<br />
Das war keine Aussage, die daraus<br />
resultierte, dass man seitens der<br />
Bundesregierung kein Vertrauen<br />
mehr in die gesetzlichen und freiwilligen<br />
Sicherungssysteme hätte,<br />
sondern weil man mit der Angst<br />
der Sparer konfrontiert war. Dabei<br />
hat man ja auch gesehen, dass<br />
nicht nur die Sparer Angst hatten,<br />
sondern auch mangelndes Vertrauen<br />
zwischen den Banken da war.<br />
Das war also eine Situation, wo<br />
sich die Regierung beflissen sah,<br />
mit einer Garantieerklärung nach<br />
außen zu treten und den Kunden<br />
zu sagen, selbst wenn Ihr meintet,<br />
dass die Sicherungseinrichtungen<br />
nicht mehr greifen, sind wir auf<br />
jeden Fall da und sorgen dafür,<br />
dass sie funktionieren.<br />
Diese Garantie wurde<br />
im letzten Jahr ausgesprochen<br />
und seitdem hat der Staat keine<br />
Maßnahme ergreifen müssen,<br />
um Sicherungseinrichtungen zu<br />
kapitalisieren. Es sieht aus unserer<br />
heutigen Sicht auch nicht so aus,<br />
als ob der Bürger diese Garantien<br />
in Anspruch nehmen müsste.<br />
Sie sagten gerade etwas von<br />
unselbständigem Sondervermögen“.<br />
”<br />
Was ist das<br />
! Der Einlagensicherungsfonds<br />
ist ein unselbständiges Sondervermögen<br />
innerhalb des Bundesverbandes deutscher<br />
Banken. Das heißt, es handelt sich dabei<br />
um Geld, das für bestimmte Aufgaben<br />
reserviert ist, nämlich den Schutz von<br />
Einlegern gemäß Statut des Einlagensicherungsfonds.<br />
Das Geld ist also nicht für<br />
andere Aufgaben des Bankenverbandes<br />
da, sondern dient ausschließlich dafür,<br />
Kunden gemäß dem Statut des Einlagensicherungsfonds<br />
zu schützen.<br />
Darf man fragen, um welche<br />
Summe es sich dabei handelt<br />
! Fragen darf man. Aber das ist<br />
etwas, worüber wir nicht sprechen. Das<br />
ist eine wohlgehütete Zahl.<br />
Sie sind auch dazu da, diese<br />
Sondervermögen zu vermehren<br />
! Ja, das gehört zu unseren Aufgaben.<br />
Zum einen, indem wir jährliche<br />
Beiträge, also Umlagen erheben und zum<br />
anderen, indem wir das Geld anlegen und<br />
eine Rendite erzielen. Selbstverständlich<br />
sind wir dabei aufgrund unserer Ziele<br />
angehalten, zunächst vermehrt auf die<br />
Sicherheit zu achten. Und als Zweites auf<br />
die jederzeitige Verfügbarkeit, damit wir<br />
das Geld sachgemäß einsetzen können,<br />
wenn es notwendig wird. Erst an dritter<br />
Stelle kommt der Rendite-Aspekt.<br />
Na dann sind Sie ja der<br />
Superfachmann für einen Geldanlagetipp!<br />
Oder dürfen wir<br />
darüber auch nicht reden<br />
! Doch darüber können wir<br />
reden. Das Geld ist wie gesagt primär<br />
nach Sicherheitskriterien angelegt,<br />
deshalb sind wir bestimmt<br />
nicht der Ansprechpartner für<br />
Leute, die eine maximale Rendite<br />
im Auge haben. Wir legen das Geld<br />
in festverzinsliche Wertpapiere an<br />
und investieren in Festgelder mit<br />
unterschiedlichen Laufzeiten. Wie<br />
gesagt, dass Geld muss ja verfügbar<br />
sein, wenn es gebraucht wird.<br />
Noch mal zurück zur Einlagensicherung.<br />
Nun hat sich ja in der letzten<br />
Zeit etwas ereignet, womit eigentlich<br />
niemand jemals gerechnet hat, nämlich,<br />
dass eine große Bank Pleite gegangen ist<br />
– Stichwort ”<br />
Lehman Brothers“ – das ist<br />
doch sicherlich genau der GAU gewesen,<br />
für den Sie vorgesorgt haben sollten.<br />
! Als in den USA über Lehman das<br />
Chapter 11 eröffnet wurde, wurde durch<br />
die BaFin über die deutsche Tochter,<br />
Lehman Brothers Bankhaus AG ein Moratorium<br />
verhängt. Konkret hieß das, es<br />
durften aus der Bank keine Gelder mehr<br />
herausfließen. Ebenso wenig durfte Geld<br />
in die Bank hinein – es sei denn, diese<br />
Gelder dienten zur Tilgung von Schulden.<br />
Eine gewisse Zeit nach dem Moratorium<br />
wurde der sogenannte Entschädigungs-
fall festgestellt. Dabei stellt die BaFin, die<br />
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht,<br />
fest: Diese Bank ist nicht in der<br />
Lage, ihre Kunden zu bedienen. Das ist<br />
dann der Startpunkt für die gesetzlichen<br />
Sicherungseinrichtungen, die Einleger zu<br />
entschädigen.<br />
Auch der freiwillige Einlagensicherungsfonds<br />
des Bundesverbandes deutscher<br />
Banken orientiert sich in seiner Entscheidung,<br />
wann er die Einleger entschädigt, an<br />
der Entscheidung der BaFin für die gesetzlichen<br />
Sicherungseinrichtungen.<br />
Bei Lehmann haben wir mit dem<br />
Zeitpunkt der Feststellung des Entschädigungsfalls<br />
begonnen, die Kundendaten<br />
aufzuarbeiten. Wir hatten Ende Dezember<br />
2008 alle entschädigungsberechtigten<br />
Kunden angeschrieben. Ende Januar haben<br />
wir dann begonnen die Kunden zu bezahlen.<br />
Kurzum: Alle Kunden, die Einlagen bei<br />
Lehmann hatten, haben mittlerweile ihre<br />
Einlagen vollständig zurückbekommen.<br />
Lehmann ist ein aktueller Beweis für das<br />
Funktionieren der Einlagensicherung.<br />
Um welche Summe geht es da<br />
Oder dürfen wir darüber nicht...<br />
! Das war eine gewaltige Summe,<br />
die da zustande kam, nämlich mehrere Milliarden<br />
Euro! Aber jeder gesicherte Kunde<br />
hat vollumfänglich sein Geld zurückbekommen.<br />
Und wenn Sie das sagen, dann<br />
stehen Sie – und zwar nicht politisch,<br />
sondern real – auch dafür ein, dass das<br />
Wirklichkeit wird<br />
! Als jemand, der eine Institution<br />
vertritt, die sich zuständig darum kümmert:<br />
Ja.<br />
Schön, so etwas in diesen<br />
Tagen zu hören. Bedeutet das, dass der<br />
Einlagensicherungsfonds auch den<br />
normalen Bürger als Kunden hat<br />
! Der Einlagensicherungsfonds<br />
schützt alle Nicht-Bank-Einlagen. Also, der<br />
Einlagensicherungsfonds schützt nicht die<br />
Einlagen von Banken bei Banken, sondern<br />
die Einlagen die von Nicht-Banken getätigt<br />
wurden. Einlagensicherung verfolgt<br />
nämlich zum einen den Zweck der Finanzmarkt-Stabilisierung<br />
und zum anderen<br />
Verbraucherschutz.<br />
Aus dem Verbraucherschutz-Gedanken<br />
heraus müssen wir keine Banken<br />
schützen, sondern den kleinen Anleger.<br />
Und aus Finanzmarkt-Stabilitätsgründen<br />
schützen wir institutionelle Anleger,<br />
Versicherungen, die öffentliche Hand,<br />
größere Unternehmen, Pensionskassen,<br />
damit diese – wenn Banken in Krisen kommen<br />
– nicht ruckartig ihre Einlagen abziehen<br />
und somit erst zu einem Problem der<br />
Bank beitragen. Denn Einlagen sind immer<br />
kurzfristig, während die Verbindlichkeiten<br />
der Banken immer langfristig ausgelegt<br />
sind. Jede Bank wäre illiquide, wenn jeder<br />
Kunde sein Geld sofort zurückverlangen<br />
würde, da die Bank ja ihre Assets langfristig<br />
ausgelegt hat in Form von Krediten. Mit<br />
Laufzeiten von fünf, zehn, fünfzehn Jahren.<br />
Das wäre der GAU<br />
! Ja genau. Das Bankgeschäft<br />
basiert auf dem Vertrauen der<br />
Kunden, dass sie ihr eingelegtes<br />
Geld auch in vielen Jahren wieder<br />
rausbekommen. Und damit dieses<br />
Vertrauen gerechtfertigt ist, gibt es<br />
uns. Wir generieren für Banken das<br />
Vertrauen der Kunden, weil wir sagen:<br />
Selbst wenn Ihr glaubt, dass bei<br />
einer Bank etwas nicht funktioniert,<br />
dann müsst Ihr euch trotzdem keine<br />
Sorgen machen. Denn wenn tatsächlich<br />
ein GAU eintritt, dann sind wir<br />
da und sorgen dafür, dass Ihr euer<br />
Geld zurückbekommt.<br />
Seit 1976, seit Bestehen des<br />
Einlagensicherungsfonds in der<br />
Form, in der er heute besteht, hat<br />
kein Kunde einer am Einlagensicherungsfonds<br />
angeschlossenen Bank<br />
jemals auch nur einen einzigen Cent<br />
Geld verloren.<br />
Ist das eine deutsche<br />
Spezialität<br />
! Es ist eine deutsche Spezialität so<br />
umfassend zu schützen. Nur Deutschland<br />
hat neben dem gesetzlichen Sicherungs-<br />
Illustration: Alison Carmichael
system – das in Deutschland nur 50.000<br />
Euro pro Kunde schützt – ein freiwilliges<br />
System. Die höchste Sicherungsgrenze<br />
liegt weltweit bei 200.000 Euro. Der freiwillige<br />
Einlagensicherungsfonds schützt<br />
Einlagen von 1,5 Millionen bis 6 Milliarden<br />
Euro – pro Kunde!<br />
Schluck!<br />
! Ja, genau.<br />
Ist der Einlagensicherungsfonds<br />
auch für die Kaupthing-Kunden<br />
zuständig<br />
! Nein, die Kaupthing Bank in<br />
Deutschland ist eine Zweigniederlassung<br />
einer isländischen Bank. Und das<br />
EU-Recht sieht sowohl im Bereich einer<br />
Bankerlaubnis – also wenn man ein<br />
Bankgeschäft betreiben will – als auch<br />
im Bereich der Einlagensicherung vor,<br />
dass man, wenn man als Zweigniederlassung<br />
einer Bank innerhalb der EU<br />
Bankgeschäfte betreibt, deren Mutter aus<br />
einem Mitgliedstaat der EU kommt, man<br />
sowohl seine Bankerlaubnis als auch<br />
seine Einlagensicherung vom Heimatstaat<br />
der Mutter-Bank mitbringt. Dies gilt<br />
auch für Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums<br />
(EEA) wie Island. Sprich:<br />
Eine isländische Zweigniederlassung in<br />
Deutschland bringt den Schutz der isländischen<br />
Sicherungseinrichtung mit nach<br />
Deutschland. Das war bei Kaupthing<br />
auch das Problem, dass die isländische<br />
Sicherungseinrichtung nicht leistungsfähig<br />
genug war.<br />
Das läuft also auf eine glasklare<br />
Empfehlung hinaus, sein Geld<br />
bei deutschen Banken anzulegen<br />
! Als Vertreter des deutschen<br />
Bankenverbandes würde ich natürlich<br />
immer sagen: ”<br />
Legt Euer Geld bei einer<br />
deutschen Bank und zwar bei einer privaten<br />
deutschen Bank an – nicht bei einer<br />
Sparkasse oder Genossenschaftsbank.“<br />
Nein, ich habe keinen Zweifel daran, dass<br />
Sicherungseinrichtungen innerhalb der<br />
Europäischen Union ihre Aufgaben nicht<br />
erfüllen könnten und würden. Ich gehe<br />
letztendlich auch davon aus – aber das<br />
ist eine Vermutung –, dass die Einleger<br />
von Kaupthing ihre Einlegerentschädigung<br />
auch durch die isländische Sicherungseinrichtung<br />
bekommen hätten,<br />
die ihnen gesetzlich zustand, so wie<br />
das letztendlich auch in Großbritannien<br />
und den Niederlanden der Fall war.<br />
Kaupthing hat den Einlegern in Deutschland<br />
jedoch selber die Einlagen zurück<br />
gezahlt. Sprich: Nicht die isländische Sicherungseinrichtung<br />
musste die Kunden<br />
entschädigen, sondern Kaupthing hat<br />
das Geld selber generiert, das nötig war,<br />
um den deutschen Kunden die gesamten<br />
Einlagen wieder auszuzahlen.<br />
War das eine<br />
Goodwill-Aktion<br />
! Das ist nur im weitesten<br />
Sinne eine Goodwill-Aktion, denn<br />
das isländische Insolvenzrecht<br />
sieht ein Vorrecht von privaten<br />
Einlegern im Insolvenzverfahren<br />
vor. Offensichtlich lag noch genug<br />
Vermögen vor, um die deutschen<br />
Einleger zu befriedigen. Nur war<br />
dieses Vermögen anfänglich nicht<br />
liquide, was zu solch enormen<br />
Verzögerungen geführt hat.<br />
Noch eine Frage zum<br />
Verständnis: Sie haben gesagt,<br />
Sie seien für die privaten<br />
Banken zuständig nicht für<br />
die Sparkassen und Genossenschaftsbanken.<br />
Wenn man<br />
sein Geld dort einlegt, dann<br />
greifen Ihre Sicherungsfonds<br />
nicht<br />
! Genau. Wir haben in Deutschland<br />
eine Vielzahl von Sicherungseinrichtungen,<br />
die sich entsprechend der<br />
verschiedenen Bankensektoren orientieren.<br />
Wir haben zunächst den privaten<br />
Bankensektor – für deren Einlagensicherungsfonds<br />
ich stehe mit dem Bundesverband<br />
Deutscher Banken. Wir vertreten<br />
circa 220 Banken in Deutschland – also<br />
die Großbanken wie die Deutsche Bank,<br />
Commerzbank, HypoVereinsbank, Postbank<br />
etc.<br />
Dann gibt es den Sparkassensektor<br />
– also die Sparkassen, Landesbausparkassen<br />
und die Landesbanken.<br />
Und dann gibt es den Genossenschaftssektor<br />
– das sind Volks- und<br />
Raiffeisenbanken, die Sparda-Banken.<br />
Die haben alle ein Zentralinstitut – die<br />
DZ Bank.<br />
Schließlich haben wir einen weiteren<br />
– kleineren – Sektor, der verwandt<br />
ist mit dem Sektor der Sparkassen, dem<br />
Bundesverband der öffentlichen Banken<br />
Deutschlands, zu dem zum Beispiel die<br />
KfW, die Landwirtschaftliche Rentenbank<br />
etc. gehören.<br />
Jeder dieser Bankensektoren hat<br />
seine eigenen Sicherungseinrichtungen.<br />
Dabei ist das Modell der Sparkassen<br />
bemerkenswert, weil es weltweit einzigartig<br />
ist. Es beruht auf dem gleichförmigen<br />
Marktauftritt – jede Sparkasse hat<br />
ja dieses rote oder blaue ”<br />
S“ als Logo.<br />
Daneben haben die Sparkassen auch<br />
gleichartige Produkte, die sie alle vertreiben.<br />
Deshalb ist es für den Kunden gar<br />
nicht so offensichtlich, dass die Sparkasse<br />
München rechtlich nicht identisch ist<br />
mit der Sparkasse Ingolstadt oder Augsburg.<br />
Die Sparkassen haben hier einen<br />
Verbundsgedanken. Sie sorgen mit einer<br />
sogenannten ”<br />
Institutssicherung“ dafür,<br />
dass das gesamte Institut nicht insolvent<br />
werden kann. Und weil das Institut –<br />
also die einzelne Sparkasse – nicht insolvent<br />
werden kann, ist der Kunde auch<br />
hundertprozentig geschützt. Das Gleiche<br />
machen die Genossenschaftsbanken.<br />
All das kommt aus dem Verbundgedanken,<br />
weil man nicht zulassen<br />
möchte, dass ein Teil des Verbundes ausund<br />
einbricht, denn das würde zu einer<br />
Verunsicherung der Kunden in ganz<br />
Deutschland führen. Denn die wüssten<br />
gar nicht: Ist das jetzt auch meine Sparkasse,<br />
die da Probleme hat<br />
Das Einmalige an diesem Verbundgedanken<br />
ist, dass die einzelnen<br />
Institute – die ja miteinander im Wettbewerb<br />
stehen – dennoch einen nicht-wettbewerbsfähigen<br />
Teilnehmer künstlich am<br />
Leben erhalten wollen!<br />
Was machen die<br />
Sparkassen aber, wenn es bei<br />
mehreren Instituten Probleme<br />
gibt, vielleicht sogar bei<br />
der Mehrheit – wie es jetzt ja<br />
durchaus der Fall sein könnte<br />
! Wir haben zwar seit Jahren<br />
nicht mehr die Anstaltslastund<br />
Gewährträgerhaftung – denn<br />
dazu hat ja die Europäische Kommission<br />
seinerseits entschieden,<br />
dass es wettbewerbsverzerrend<br />
ist, wenn der Bestand des Instituts<br />
durch die Stadt, die Region oder<br />
das Land geschützt wird. Deshalb<br />
mussten die öffentlichen Banken<br />
wie Sparkassen und dergleichen,<br />
die im Wettbewerb mit privaten<br />
Banken standen, auf die Gewährträgerhaftung<br />
verzichten. Ob dies<br />
in der aktuellen Finanzmarktkrise<br />
tatsächlich stringent eingehalten<br />
wurde ist zumindest fraglich.<br />
Solche Worte werden die<br />
öffentlichen Banken sicherlich nicht<br />
gerne hören. Wie auch immer. Sind<br />
denn beide Sicherungseinrichtungen<br />
– also die der Privatbanken<br />
(vertreten durch den Bundesverband<br />
deutscher Banken) und die<br />
der Sparkassen und Landesbanken –<br />
miteinander vergleichbar<br />
! Ich will es einmal so ausdrücken:<br />
Die Institutssicherung der Sparkassen<br />
und Genossenschaftsbanken setzt im<br />
Vorfeld einer Insolvenz ein, indem die<br />
anderen Institute für den möglichen<br />
Schaden eintreten.<br />
Die Einlagensicherung des Bundesverbandes<br />
Deutscher Banken umfasst<br />
dagegen das gesamte Bündel an Maßnahmen<br />
im Vorfeld oder im Nachgang einer<br />
Insolvenz, damit der Kunde schadlos<br />
bleibt. Die Einlagensicherung hat also<br />
beide Optionen: Sie kann im Vorfeld der<br />
Insolvenz die Insolvenz verhindern –<br />
diese Möglichkeit haben wir auch schon<br />
praktiziert. Nehmen sie als Beispiel die<br />
AHBR oder die SchmidtBank in Bayern<br />
oder das Bankhaus Delbrück in Köln.<br />
Das waren Institute, bei denen wir uns<br />
aus verschiedenen Motiven entschieden<br />
haben, im Vorfeld der Insolvenz zu inter-
venieren, das Institut zunächst in seinem<br />
Bestand zu sichern und dadurch sowohl<br />
den Kunden zu schützen als auch die<br />
Finanzmarktstabilität zu gewährleisten.<br />
Nichtsdestotrotz ist unser Fokus dann,<br />
dieses Institut nicht als konkurrierendes<br />
Unternehmen zu den Banken, die ihm geholfen<br />
haben, weiter am Markt zu halten.<br />
Die SchmidtBank wurde zum Beispiel<br />
letztendlich abgewickelt. Auch Delbrück<br />
ist in seiner ursprünglichen Form heute<br />
so nicht mehr existent.<br />
Abgesehen von solchen Maßnahmen<br />
ist aber der Grundgedanke der<br />
Einlagensicherung, im Nachhinein den<br />
Kunden zu schützen.<br />
Um dadurch Unruhe bei den<br />
Kunden zu vermeiden.<br />
! Ja genau. Wobei man ja jetzt bei<br />
der Finanzmarktkrise in Deutschland<br />
sieht, dass es Situationen, die wir aus<br />
England kennen – mit Schlangen vor<br />
den Banken wie Northern Rock – nicht<br />
gibt. Wir haben bei uns nicht diese Panikreaktionen,<br />
weil bei uns ein gewisses<br />
Grundvertrauen zum einen in den<br />
Bankensektor bestand und besteht und<br />
zum anderen in die Leistungsfähigkeit<br />
der Sicherungseinrichtungen, die bislang<br />
ihren Aufgaben auch immer nachgekommen<br />
ist.<br />
Sie arbeiten jetzt seit<br />
zwölf Jahren an diesem Thema<br />
Einlagensicherung. Haben Sie<br />
sich in dieser Zeit eine Situation<br />
vorstellen können, die so<br />
ist, wie sie jetzt eingetreten<br />
ist<br />
! Nein. Wenn man sich mit Einlagensicherung<br />
befasst, muss man sich<br />
natürlich theoretisch mit dem Gedanken<br />
beschäftigen, dass diese Sicherung<br />
irgendwann einmal greifen können muss.<br />
Besonders wenn man sich geschichtlich<br />
damit befasst hat, wie es damals gewesen<br />
war in der Wirtschaftskrise. Oder wie die<br />
Krisen einzelner Länder verlaufen sind.<br />
Es gab die Savings and Loan Crisis in<br />
den USA, die schwedische Bankenkrise,<br />
die französische Bankenkrise – aber dass<br />
sich eine so große Krise weltweit mit<br />
diesen Folgewirkungen auf die Realwirtschaft<br />
in meiner beruflichen Periode<br />
jemals so abspielen könnte, das habe ich<br />
nie vermutet.<br />
Haben da viele Einzelne<br />
winzige Fehler gemacht, die<br />
sich zu diesem Ausmaß addiert<br />
haben Wie bei einer Lawine<br />
Oder wie ist das gekommen<br />
! Ich glaube, da haben<br />
eine ganze Menge Leute sehr viel<br />
verkehrt gemacht. Da ist ein sehr<br />
großes Profitdenken gewesen.<br />
Und in den USA hat man – und<br />
das ist ja jetzt offenkundig –<br />
auf breiter Fläche den Wunsch<br />
gehabt, Menschen Eigentum zu<br />
gewähren, die wahrscheinlich<br />
nicht in der Lage waren, dieses Eigentum<br />
zu finanzieren. Amerikanische<br />
Banken haben – auch weil<br />
man daran verdient hat, Menschen<br />
etwas zu verkaufen und Kredite zu<br />
gewähren – nicht mehr die Maßstäbe<br />
bei der Kreditgewährung<br />
angelegt, die man üblicherweise<br />
anlegen muss. Und Menschen, die<br />
nachher die gebündelten Kredite<br />
zusammengefasst haben und als<br />
Finanzinstrumente weiterverkauft<br />
haben, die haben auch bestimmte<br />
Vorsichtsmaßregeln außer Acht<br />
gelassen. Und die, die sie in aller<br />
Welt aufgekauft haben, erst recht.<br />
Und Rating-Agenturen, die diesen<br />
Finanzprodukten ein bestimmtes<br />
Rating erteilt haben, haben wohl<br />
auch nicht so genau hingeschaut,<br />
aus welchem Grund auch immer.<br />
Es waren also – retrospektiv<br />
betrachtet – nicht viele kleine<br />
Fehler, sondern ziemlich große<br />
Sorgfaltsvernachlässigungen!<br />
Man kann ja verstehen,<br />
dass jemand, der auf faulen<br />
Krediten sitzt, sie zusammenfassen<br />
und loswerden will.<br />
Aber dass ein anderer dieses<br />
Paket freiwillig kauft, ist mir<br />
ein Rätsel.<br />
! Das verstehe ich auch<br />
nicht. Man kann aus vielen Lahmen<br />
keinen Spurter machen und<br />
aus vielen Einäugigen kann man<br />
auch kein Adleräugigen machen.<br />
Mir fehlt dafür eindeutig das Verständnis.<br />
Was meinen Sie, haben<br />
sich da einige gegenseitig in<br />
einen Rausch hineingeredet<br />
! Tja, man war da wohl in<br />
jeder Hinsicht ziemlich unbekümmert<br />
in Hinsicht auf die<br />
möglichen Effekte, die sich hätten<br />
einstellen können. Man hatte seit<br />
Jahren mit ständig steigenden<br />
Immobilienpreisen zu tun gehabt.<br />
Und dabei ist man wohl davon<br />
übergegangen, nicht mehr nur<br />
einen Teil einer Immobilie zu<br />
finanzieren, sondern komplett.<br />
Immer darauf bauend, dass sie im<br />
Wert steigt, um in der Verwertung<br />
dann das zu erlösen, was man als<br />
Kredit gewährt hat. Das Vertrauen<br />
in das Steigen der Immobilienwerte<br />
war in den USA wohl so<br />
stark, dass man in der Folge die<br />
Immobilie nicht nur zu hundert<br />
Prozent finanziert hatte, sondern<br />
sogar noch darüber hinaus Kredite<br />
gewährte. Es hat genug Mahner<br />
und Warner gegeben, die gesagt<br />
haben, dass diese Wertsteigerungen<br />
irgendwann einmal ein Ende<br />
haben müssen.<br />
Es fiel gerade das<br />
Stichwort ”<br />
Wert“. Da stellt<br />
sich die ganz prinzipielle<br />
Basisfrage: Was ist eigentlich<br />
” Wert“<br />
! Der wirtschaftliche Wert ist<br />
eigentlich das, was sich als Treffpunkt<br />
zwischen Angebot und Nachfrage herauskristallisiert.<br />
Und dieser Wert ist<br />
letztendlich für eine Bank maßgebend für<br />
eine Beleihung. Und was wir hier bei den<br />
Amerikanern gesehen haben, ist, dass es<br />
ein riesiges Angebot gegeben hat und auf<br />
einmal – als viele Leute ihre Immobilien<br />
veräußern mussten, weil sie die Kredite<br />
nicht mehr bedienen konnten, eben weil<br />
es keine Nachfrage mehr gab – ist der<br />
Wert verfallen.<br />
Wert ist also eine Übereinkunft<br />
und damit nicht etwas besonders<br />
Stabiles. Das sollte man sich hin<br />
und wieder in Erinnerung rufen!<br />
<br />
N5 Dirk Cupei schätzt die Arbeit von Nachmann<br />
Rechtsanwälten speziell in bankrechtlichen Angelegenheiten.<br />
•
MY<br />
germany<br />
Seite 58<br />
Ein Gespräch zwischen Dr. Reinhard Hartstein,<br />
dem stellvertretenden Intendanten der<br />
Deutschen Welle, und unserem Autor<br />
Andreas Lukoschik über den Unterschied<br />
zwischen Bayern und Rheinländern,<br />
warum ein guter Jurist ein „Gestalter“ ist,<br />
worin die einzige Chance des öffentlichrechtlichen<br />
Fernsehens liegt und<br />
warum ihm das Global Media Forum<br />
am Herzen liegt.<br />
Sie sind in München geboren,<br />
haben an der LMU Jura studiert<br />
inklusive Zweitem Staatsexamen, haben<br />
in der Staatskanzlei für Stoiber und<br />
Strauss gearbeitet und leben seit 1989 im<br />
Rheinland. Fehlt Ihnen München<br />
! Ja!<br />
Mach<br />
mir<br />
die<br />
Welle<br />
Was an München<br />
! München ist für mich weniger als<br />
Stadt interessant, sondern als Lebensgefühl. Der<br />
Münchner geht am Wochenende an die Seen,<br />
ins Gebirge. Der Kölner geht in die Stadt und<br />
flaniert in der Innenstadt. Die Bayern kommunizieren<br />
wenig, aber präzise und halten sich<br />
an das, was sie sagen. Der Rheinländer pflegt<br />
Kommunikation zu machen, um Zeitlücken<br />
zu überbrücken, ohne dass das, was er spricht,<br />
inhaltlich von Bedeutung ist. Der Rheinländer<br />
ist nicht der Meinung, dass man sich festlegen<br />
muss. Der Bayer lebt von der Festlegung. Der<br />
Bayer widerspricht, wenn er etwas für falsch<br />
hält. Der Rheinländer hält das für unhöflich.<br />
Der Bayer liebt die Klarheit. Der Rheinländer<br />
liebt die Unklarheit. Ich nenne das immer<br />
den rheinischen Nebel“. Die Bayern halten<br />
”<br />
rheinischen Nebel“ für unangenehm und<br />
”<br />
können damit normalerweise nicht umgehen.<br />
Was auch erklärt, warum bayrische Politiker bei<br />
Bundestagswahlen rheinischen Politikern häufig<br />
unterlegen waren. Nun sind wir Bayern aber<br />
nicht weltfremd – sondern lernfähig. Wenn man<br />
sich also dieser rheinischen Eigenart bewusst ist,<br />
kann man damit umgehen. Inzwischen mache<br />
ich es hier genauso. Die Variante ich muss mich<br />
”<br />
nicht festlegen“ habe ich inzwischen auch drauf.<br />
Das handhabt unser Intendant, der lange Zeit<br />
Vertreter Bremens im Bundesrat war und – wie<br />
ich – angelernter Rheinländer ist, genauso.<br />
Wenn er zwei Stunden im rheinischen Nebel“<br />
”<br />
mitgespielt hat und wir nachher darüber reden,<br />
hat er mir in drei Minuten im Klartext gesagt,<br />
was er meint.<br />
Probieren wir das gleich mal aus:<br />
Sind Sie mit dem neuen Ministerpräsidenten<br />
in Bayern zufrieden<br />
! Das ist schwierig zu sagen. Eine klare<br />
Auskunft kann man dazu schwer geben. Er hat<br />
erreicht, dass die CSU in den verschiedenen<br />
politischen Feldern wieder sprachfähig ist. Er<br />
bringt die Erneuerung voran, keine Frage. Aber<br />
die mangelnde Positionierung in Grundsatzfragen<br />
ist für mich schwierig – wird aber auch öffentlich<br />
bemängelt. Ich denke, dass der Kompass<br />
bei ihm schwer auszumachen ist, zumal er zu<br />
verschiedenen sozialen Fragen eine Grundeinstellung<br />
hat, die nicht die meine ist. Ich bin eher<br />
ein reformorientierter Liberaler, wo bei ihm der<br />
Sozialpolitiker dominiert. Aber nachdem sich<br />
Stoiber selbst beschädigt hatte, gab es keine<br />
Alternative zu Seehofer.<br />
Ich bin ja ein Stoiberianer – habe neun<br />
Jahre mit ihm gearbeitet – und weiß, Stoiber<br />
war ein exzellenter Ministerpräsident und ein<br />
exzellenter CSU-Vorsitzender, der noch spielend<br />
fünf Jahre hätte weitermachen können, zumal<br />
ihm in der CSU sowieso keiner das Wasser reichen<br />
konnte. Aber erst die Ambition, unbedingt<br />
nach Berlin gehen zu wollen und sich alles auf<br />
den Leib schneidern zu lassen, und dann der<br />
Rückzug aus Berlin – das war niemandem zu<br />
vermitteln. Alles andere war – Pauli und so –<br />
Illustration: Tina Berning
Quatsch und ohne Belang. Stoiber war immer<br />
Sachargumenten zugänglich und ein ausgesprochen<br />
angenehmer Chef. Aber nachdem er sich<br />
selbst schwer beschädigt hatte, war er fällig.<br />
Sie waren unter Stoiber in der<br />
Staatskanzlei Geschäftsführer der Projektkommission<br />
zum Kabelpilotprojekt<br />
in München und haben bei der Einführung<br />
des kommerziellen Fernsehens in<br />
Bayern maßgeblich mitgewirkt. Heute<br />
sind Sie Verwaltungsdirektor der Deutschen<br />
Welle. Da stellt sich mir die Frage:<br />
Sind Sie als Jurist eher ein ”<br />
Ermöglicher“<br />
oder ein ”<br />
Verhinderer“<br />
! Ich stelle diese Frage immer so: Bin<br />
ich ein Gestalter oder bin ich ein Verwalter<br />
Und Sie sind eher ein Gestalter<br />
! Ja, obwohl ich den Titel ”<br />
Verwaltungsdirektor“<br />
habe.<br />
Was würden Sie in dieser Frage<br />
jungen Juristen auf ihren Berufsweg<br />
mitgeben<br />
! Die Juristerei erzieht zu sehr zum<br />
Bedenkentragen und zum Verhindern. Im<br />
Grunde muss man diese Wissenschaft ummünzen<br />
in die Wissenschaft ”<br />
Wie kann man<br />
Gesetze und das Recht gestalten“.<br />
Diese Fähigkeit ist etwas, was man<br />
bei Juristen trainieren muss. Denn das geht<br />
über das juristische Wissen hinaus, das man<br />
fürs Examen lernt. Man lernt, Probleme zu<br />
sehen, Gesetze auszulegen und Gesetze anzuwenden.<br />
Die Anwendung muss die Lücken<br />
erkennen, muss die Möglichkeiten eruieren,<br />
im Wege der Anwendung weiterzukommen,<br />
ohne das Gesetz ändern zu können. Da gehört<br />
viel Pragmatismus dazu, viel juristisches<br />
Wissen und die Fähigkeit, Wege zu finden.<br />
Kommen wir zurück zum<br />
privaten Fernsehen. Wie haben Sie das<br />
Problem gelöst, privaten Rundfunk in<br />
Bayern möglich zu machen, obwohl im<br />
Artikel 111a der Bayerischen Verfassung<br />
steht, dass Rundfunk nur in öffentlichrechtlicher<br />
Trägerschaft betrieben<br />
werden darf<br />
! In dieser Sachlage habe ich damals als<br />
Hilfsreferent in der Staatskanzlei mit meinem<br />
exzellenten und charismatischen Chef, dem<br />
Professor Ring, nachgedacht, wie man diese<br />
Ausgangslage nutzen kann, ohne die Bayerische<br />
Verfassung zu ändern – was ja auch kaum möglich<br />
gewesen wäre.<br />
Der Gedanke, der uns diesen Wandel<br />
erfolgreich durchführen ließ, war: Wenn man<br />
eine rundfunkpolitische Entwicklung will,<br />
braucht man eine Mehrheit. Und die Mehrheit<br />
ruht in der gesellschaftlichen Breite, also in den<br />
Kommunen, den Kirchen, den Gewerkschaften<br />
– kurzum: Alle müssen dabei sein, wenn man<br />
so ein System aus der Taufe heben will. In einer<br />
Demokratie braucht man nun mal Mehrheiten.<br />
Und wenn alle dafür sind, dann klappt es ja auch.<br />
Daraus entstand das Kabelpilotprojekt.<br />
Es war der Versuch, vermehrt Programme in<br />
einem Versuchsgebiet anzubieten. Im Aufsichtsrat<br />
saßen der Bayerische Rundfunk, das ZDF,<br />
der Freistaat und noch eine ganze Menge von<br />
gesellschaftlichen Vereinigungen wie Handwerkskammern<br />
und dergleichen. Die saßen –<br />
wie gesagt – im Aufsichtsrat. Aber der Träger im<br />
rundfunkrechtlichen Sinne war der Bayerische<br />
Rundfunk. Also auch der Träger der Programme,<br />
die von Privaten gestaltet wurden! Nochmal:<br />
Programmliche Angebote, die private Anbieter<br />
gemacht haben, wurden damals vom Bayerischen<br />
Rundfunk verantwortet!<br />
Dann war der nächste Schritt zu sagen:<br />
Wenn es rechtlich geht, dass der Bayerische<br />
Rundfunk private Angebote verantwortet, dann<br />
kann das auch eine andere öffentlich-rechtliche<br />
Anstalt wie zum Beispiel eine ”<br />
Landeszentrale<br />
für neue Medien“ machen. Und so haben wir<br />
dann damals die notwendigen Schritte zur<br />
Gründung der Landeszentrale eingeleitet.<br />
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof<br />
hat übrigens entschieden, dass es sich bei diesem<br />
Vorgehen um das klassische Ergebnis einer<br />
Rechtsgestaltung handelt. Denn die Bayerische<br />
Verfassung ist – wie beabsichtigt – nicht umgeschrieben<br />
worden.<br />
Und das haben Sie mit Professor<br />
Ring durchgezogen<br />
! Wir in der Staatskanzlei haben dieses<br />
System erfunden, haben dann einen Gesetzesentwurf<br />
gemacht – das ”<br />
Medienerprobungs- und<br />
-entwicklungsgesetz“ –, der dann vom Landtag<br />
beschlossen wurde. Und diese ”<br />
Landeszentrale<br />
für neue Medien“ verantwortet heute noch die<br />
Programme aller privaten Anbieter, die in Bayern<br />
nach bayerischem Recht senden, wenngleich<br />
sich das alles im ”<br />
Rundfunkstaatsvertrag der<br />
Länder“ weiterentwickelt hat.<br />
Kann man sagen, dass es das<br />
kommerziell-private Fernsehen ohne Sie<br />
nicht gegeben hätte<br />
! Das wäre Hybris! Es gäbe es sicherlich,<br />
vielleicht nicht so in dieser Form. Die anderen<br />
Länder hätten es sicherlich auf ihre Weise auch<br />
irgendwie durchgezogen – ob es uns gegeben<br />
hätte oder nicht.<br />
Aber Sie haben Ihren juristischen<br />
Sachverstand eingebracht, damit es in<br />
Bayern so möglich wurde<br />
! Ja, vielleicht wäre es in Bayern nicht so<br />
entstanden. Aber bitte nicht übertreiben.<br />
Stellt sich nun die Frage: Und, hat<br />
uns dieses kommerzielle Fernsehen<br />
weitergebracht<br />
! Also, das zentrale Grundrecht unseres<br />
Staates ist die Freiheit. Und selbstverständlich<br />
ist die Öffnung zum privaten Rundfunk hin eine<br />
Ausweitung zu mehr Freiheit gewesen. Es ist<br />
dadurch so, dass es in diesem Staat nicht mehr<br />
möglich ist, eine Position zu verschweigen!<br />
Die ”<br />
Schweigespirale“, von der Frau Professor<br />
Noelle-Neumann in den 70er und 80er Jahren<br />
geschrieben hatte, findet nicht mehr statt. Deshalb<br />
meine ich: Das deutsche Rundfunksystem<br />
ist sicherlich das beste, das die Welt kennt. Das<br />
ist die positive Seite.<br />
Die negative Seite ist, dass der kommerzielle<br />
Rundfunk auch eine Verflachung, eine<br />
Banalisierung gebracht hat, die wir uns so nicht<br />
vorgestellt hatten. Die Medien haben unsere Gesellschaft<br />
stark verändert. Und daran haben die<br />
kommerziellen Medien – die ja in der Mehrheit<br />
sind – einen großen Anteil.<br />
Aber unsere Ausgangsthese von damals<br />
ist bis heute richtig: Wenn wir Veränderungen<br />
nicht im Inneren selbst gestalten, werden wir<br />
von außen gestaltet! Wenn wir uns also nicht<br />
selbst darum kümmern, Innovationen zu konfigurieren,<br />
so wie wir sie für richtig halten, dann<br />
kommen die Angebote von außen – unkontrollierbar.<br />
Denn die Technik ermöglicht alles. Und<br />
das ist eine echte Herausforderung.<br />
Wir leben ja inzwischen mit und in<br />
einer sehr bunten Medienwelt. Schauen Sie sich<br />
allein die Entwicklungen auf dem Fotohandy-<br />
Markt an. Da werden aus Krisengebieten brandaktuelle<br />
Fotos in alle Welt verschickt, von denen<br />
man manchmal gar nicht weiß, ob sie echt sind<br />
oder ein Fake. Deshalb ist es in der aktuellen<br />
Medienlandschaft so wichtig geworden, dass<br />
man eine Marke hat, die hält, die also glaubwürdig<br />
ist und für Kompetenz und Seriosität steht.<br />
Und damit sind wir bei der Deutschen Welle,<br />
die eine Marke ist, die inhaltliche Verlässlichkeit<br />
bietet. Und zwar weltweit.<br />
War das öffentlich-rechtliche<br />
Fernsehen nicht völlig überfordert mit<br />
dem, was mit zunehmender Geschwindigkeit<br />
aus den kommerziellen Kanälen auf<br />
sie zugerast kam<br />
! Das frühere öffentlich-rechtliche System<br />
war in der damaligen Form nicht zukunftsfähig.<br />
Es hatte sich zu sehr auf seiner eigenen<br />
Monopolstellung ausgeruht, hatte die Nase sehr<br />
weit oben und war ein Staat im Staate. Das hat<br />
allen Beteiligten nicht gut getan und musste<br />
geändert werden.<br />
Haben Sie das damals auch so<br />
erlebt<br />
! Der Professor Ring hat damals zu mir<br />
gesagt: ”<br />
Sehen Sie sich doch dieses System an –<br />
der riesige Parteieneinfluss, die Überheblichkeit<br />
seiner Vertreter, dieses System kann sich nicht<br />
erneuern und ist auch noch unwirtschaftlich.<br />
Dieses System braucht dringend Konkurrenz.“<br />
Das war übrigens auch die Meinung von Stoiber.<br />
Der wusste immer, dass privater Rundfunk<br />
parteipolitisch nicht zuzuordnen ist. Er sah<br />
bei der Privatisierung des Rundfunks immer<br />
den entscheidenden Vorteil in dem Verlust der<br />
beanspruchten Autorität des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks. Der Nachrichtensprecher<br />
der Tagesschau war ja früher quasi der Staat.<br />
Deshalb hat Stoiber immer die Meinung vertreten,<br />
es müsse Vielfalt her. Und damit meinte<br />
er nicht, dass alle Sender CSU-Programme<br />
senden müssten! Im Gegenteil. Das war ein sehr<br />
stark ordnungspolitischer Ansatz bei Stoiber<br />
gewesen. Dabei hat er – übrigens von Anfang<br />
an – die familienpolitische Problematik bei den<br />
kommerziellen Sendern sehr klar gesehen. Also
”<br />
Wenn wir also Werte im fremdsprachigen<br />
Sektor vermitteln, dann sind das<br />
Werte, die an Freiheit, Demokratie und<br />
Menschenrechten orientiert sind. “<br />
N5 Nachmann Rechtsanwälte teilen mit Dr. Hartstein<br />
den Ansatz, juristische Lösungen nicht nur zu wollen,<br />
sondern sie aktiv zu gestalten.
die Frage, werden die Kinder stundenlang vor<br />
dem Fernseher sitzen und Inhalte konsumieren,<br />
die wir nicht verantworten können. Wie können<br />
wir da gegensteuern Und gerade deshalb war<br />
es so wichtig, dass wir selbst diese Entwicklung<br />
angestoßen haben, um sie – zumindest ansatzweise<br />
– steuern zu können.<br />
Dann ist dieser Versuch aber<br />
gründlich daneben gegangen. Ich würde<br />
meinen Sohn niemals nachmittags unkontrolliert<br />
Fernsehen schauen lassen.<br />
! Da haben Sie absolut Recht. Die Verantwortung<br />
der Eltern kann – und darf – man<br />
ihnen nicht abnehmen. Aber diese Entwicklung<br />
wäre auch eingetreten, wenn man nicht das<br />
kommerzielle Fernsehen möglich gemacht hätte.<br />
Deshalb hat die ARD ja auch nachgelegt und<br />
den Kinderkanal ins Leben gerufen.<br />
Apropos ARD. Ich bin als alter<br />
ARD-Mann einigermaßen entsetzt, dass<br />
man im Ersten ernsthaft den Gedanken<br />
ausgelebt hat, einen Oliver Pocher ins<br />
Abendprogramm zu heben. Nach dem Motto:<br />
Uns ist jedes Mittel recht, um jünger zu<br />
werden.<br />
! Ich bin zu wenig Fernsehkonsument,<br />
als dass ich da auf ein breit fundiertes Wissen<br />
zurückgreifen kann. Ich sehe Informationssendungen<br />
und die von Ihnen genannte Person<br />
seltener“. Aber ich glaube schon auch, dass<br />
”<br />
die ARD auf ihre Marke aufpassen muss. Und<br />
was muss die Marke ausmachen Die seriöse,<br />
objektive Information, die Meinungen bewertet,<br />
die Offenheit von Meinungen fördert und die<br />
historische Hintergründe einbezieht. DAS muss<br />
die Marke prägen. Selbstverständlich für alle<br />
Altersgruppen – und darf dabei nicht zu flach<br />
werden. Als Figur ist aus meiner Sicht deshalb<br />
ein Oliver Pocher oder ein Stefan Raab nicht<br />
sehr passgenau zur Marke ARD.<br />
Aber zum öffentlich-rechtlichen<br />
Fernsehen gehört nicht nur Information<br />
und Bildung, sondern auch die Unterhaltung<br />
dazu. Und in der Unterhaltung macht<br />
es den Eindruck, dass die Öffentlich-Rechtlichen<br />
ziemlich massiv versagen.<br />
! Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks sehe ich sehr stark im Bereich der<br />
Wertevermittlung. Und zwar die Werte, die in<br />
der Verfassung stehen, nämlich die Würde des<br />
Menschen, Ehe und Familie, Toleranz, Meinungsfreiheit,<br />
Eigentum. Diese Werte muss er<br />
vermitteln. Das kann er auf verschiedene Weise<br />
tun – in der Information und Bildung aber auch<br />
in der Unterhaltung. Unterhaltung als Unterhaltung<br />
ist nicht die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks! Im Rahmen der Unterhaltung<br />
letztendlich eine Wertorientierung rüberzubringen,<br />
das muss das Ziel sein. In einem Tatort<br />
wird zum Beispiel das Recht auf den Schutz des<br />
Eigentums vermittelt, oder die Tatsache, dass<br />
man Verbrecher stellen muss etc. Und zwar so,<br />
dass man sich unterhalten fühlt. Und weil Werte<br />
ja nicht schwermütig vermittelt werden müssen,<br />
gehören auch die vielen großartigen Kabarettisten<br />
hierher. Satire vermittelt ja manchmal sogar<br />
mehr als Nicht-Satire! Aber da fehlt es manchmal<br />
im öffentlich-rechtlichen System.<br />
Eine unserer Hauptaufgaben hier in der<br />
Deutschen Welle ist diese Wertvermittlung, bei<br />
der ich manchmal in der ARD den Eindruck<br />
habe, dass dieses Gedankengut nicht in der<br />
Breite da ist, wie es sein sollte.<br />
Das ist die umständliche Antwort auf<br />
Ihre simple Frage.<br />
Kennen sie dazu folgenden Witz:<br />
Wie sieht der Himmel aus Im Himmel<br />
”<br />
sorgen die Engländer für die Unterhaltung,<br />
die Italiener fürs Essen und die<br />
Deutschen für die Sicherheit.<br />
Wie sieht die Hölle aus In der<br />
Hölle sorgen die Engländer fürs Essen, die<br />
Italiener für die Sicherheit und die Deutschen<br />
für die Unterhaltung!“<br />
! (lacht laut auf) Da hat sich aber schon<br />
einiges geändert, was übrigens auch an der ”<br />
segensreichen<br />
Wirkung“ des privaten Rundfunks<br />
liegt. Es hat noch nie so viele gute Kabarettisten<br />
gegeben wie zur Zeit. Wir haben hier in der<br />
Deutschen Welle ja mit vielen verschiedenen<br />
Nationen zu tun, auch mit den von Ihnen erwähnten<br />
Engländern, die oftmals ganz verblüfft<br />
feststellen, wie lustig die Deutschen sein können.<br />
Ausgangspunkt ist aber: Bei der Unterhaltung<br />
muss sich der öffentlich-rechtliche<br />
Rundfunk klarer werden, was er will und ob<br />
das, was er im Programm hat, diesem Anspruch<br />
gerecht wird. Ich störe mich zum Beispiel an<br />
den vielen Pop-Wellen im Radio. Die können die<br />
Privaten genauso gut, zumal wenn – wie bei den<br />
meisten – keine spezifisch öffentlich-rechtliche<br />
Farbe dabei ist. Ich denke, das sind Relikte aus<br />
alten Zeiten und dürfen durchaus auf den sehr<br />
kritischen Prüfstand.<br />
Nehmen Sie zum Beispiel die Deutsche<br />
Welle. Sie muss eine Aufgabenplanung vorlegen.<br />
Sie muss ihre Ziele definieren und sagen, wie sie<br />
ihre Ziele erreicht. Mit dem vorhandenen oder<br />
einem konkret zu benennenden Budget. Die<br />
Ziele definieren wir übrigens in einem iterativen<br />
Prozess mit dem Geldgeber – in aller Freiheit!<br />
Wir müssen es also nicht so machen, wie es<br />
jemand in der Bundesregierung oder der Bundestag<br />
sagt. Das ist die Situation der Deutschen<br />
Welle. Und wir befinden uns in einer weltweiten<br />
Konkurrenzsituation. Wir müssen in jedem<br />
Land der Welt untersuchen, wie die aktuelle<br />
Konkurrenzlage ist und wie wir uns dort Gehör<br />
verschaffen.<br />
Wie sind denn die Ziele der Deutschen<br />
Welle<br />
! Wir unterscheiden zwischen dem<br />
deutschsprachigen Sektor und dem fremdsprachigen<br />
Sektor. Im deutschsprachigen Sektor hat<br />
die Deutsche Welle das Ziel, Deutschland verständlich<br />
zu machen und nicht zuletzt auch die<br />
deutsche Sprache zu fördern. Das heißt deutschsprachigen<br />
Zuhörern und -sehern Informationen<br />
aus deutscher Sicht zu geben. Dabei sind wir<br />
Kulturträger – nicht im Sinne der Hochkultur,<br />
sondern im Sinne des Wertevermittlungsansatzes,<br />
denn Kultur besteht aus Werten.<br />
Wenn wir also Werte im fremdsprachigen<br />
Sektor vermitteln, dann sind das Werte, die<br />
an Freiheit, Demokratie und Menschenrechten<br />
orientiert sind. Mit dieser Wertevermittlung wollen<br />
wir beitragen zu einer gerechteren Welt, die<br />
diesen Werten genügt. Das heißt zum Beispiel<br />
aber nicht, dass unsere Zuhörer und -seher unbedingt<br />
christlich werden müssen. Wir betreiben<br />
keinen Kulturkolonialismus, sondern haben die<br />
Aufgabe, zum Frieden und der Völkerverständigung<br />
beizutragen.<br />
Kommen wir zur Glaubwürdigkeit.<br />
Mir sagte ein Freund, der in Asien<br />
lebt, dass man täglich CNN schaut,<br />
aber wenn man wissen will, ob etwas<br />
tatsächlich stimmt, schaltet man die<br />
Deutsche Welle ein. Sind das subjektive<br />
Erfahrungen oder ist das generell das<br />
Image der DW<br />
! Zunächst einmal ist das ein schönes<br />
Kompliment. Und dann wäre es uns sicherlich<br />
lieber, wenn die Leute uns gleich einschalten<br />
würden (lacht). Aber die Glaubwürdigkeit ist für<br />
uns ein zentral wichtiger Punkt. Damit stehen<br />
und fallen unsere Aktien. Aber die kann es nur<br />
geben, wenn man staatsunabhängig ist und<br />
nicht Befehlsempfänger deutscher Politiker oder<br />
Behörden. Aber wenn man einmal den Kanon<br />
deutscher Tugenden anschaut, dann glaube ich,<br />
dass Deutschland als Land genau das verkörpern<br />
kann – Glaubwürdigkeit.<br />
Zur Glaubwürdigkeit der Deutschen<br />
Welle gehört seit zwei Jahren ja auch<br />
das Global Media Forum<br />
! Richtig. Das Global Media Forum hat<br />
mehrere Aufgaben. Zum einen, Themen der Deutschen<br />
Welle auch in Deutschland bekannt zu machen.<br />
Außerdem soll es die weltweite Vernetzung<br />
der Welle fördern. Und wir brauchen Inhalte,<br />
die die Marke ”<br />
Deutsche Welle“ prägen. Wer nur<br />
Aktualität bietet, wird in dieser modernen Medienwelt<br />
verlieren. Denn Aktualität bekommt man<br />
überall her. Nur der wird wahrgenommen werden<br />
und überleben, der Inhalte so gut macht, dass<br />
man an ihm nicht vorbeikommt. So hatte das<br />
Global Media Forum, zu dem übrigens in diesem<br />
Jahr 1400 Teilnehmer aus mehr als 100 Ländern<br />
nach Bonn gekommen sind, in diesem Jahr das<br />
Thema ”<br />
Krisenprävention“. Nächstes Jahr geht<br />
es ums Global Warming. Dabei unterscheidet<br />
es sich ganz deutlich von anderen Kongressen<br />
dadurch, dass immer die Medien im Vordergrund<br />
stehen und was sie aus dem Thema machen –<br />
und machen können. Denn Qualität bekommt<br />
man nur hin, wenn man sich intensiv mit einem<br />
Thema beschäftigt! Und all das machen wir mit<br />
vielen internationalen Partnern wie zum Beispiel<br />
den Universitäten von Stanford, Oxford und Melbourne.<br />
Dazu gehören aber auch das Land NRW<br />
und die Europäische Kommission ebenso wie<br />
Sponsoren, denen im Sinne ihrer Corporate Social<br />
Responsibility die Förderung solcher Themen<br />
wie ”<br />
Global Warming“ am Herzen liegen. Wenn<br />
man sich anschaut, wie viele Unternehmen sich<br />
beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos finanziell<br />
engagieren, sehen wir, wie viele Möglichkeiten es<br />
noch für das Global Media Forum gibt. Wir sind<br />
in dieser Hinsicht übrigens ein sehr kooperativer<br />
und zuverlässiger Partner!<br />
<br />
•
My<br />
Europe<br />
Seite: 66<br />
Dr. Harald Noack ist der Mann,<br />
der kontrolliert, wie der jährliche<br />
Forschungsetat der EU verwendet wird.<br />
Außerdem ist er als Mitglied einer der<br />
fünf großen Institutionen der EU ein<br />
Kenner der Materie.<br />
unser<br />
mann<br />
in<br />
europa<br />
Herr Dr. Noack vorweg eine Verständnisfrage:<br />
Sie sind der Vertreter der Bundesrepublik<br />
Deutschland am Europäischen<br />
Rechnungshof. Ist das richtig<br />
! Nicht ganz. Ich bin das deutsche Mitglied<br />
am Europäischen Rechnungshof. Der Unterschied<br />
ist der, dass jedes Mitgliedsland an den<br />
Europäischen Rechnungshof (ERH) ein Mitglied<br />
entsendet – so sieht es die Finanzregulierung<br />
vor – und ich bin von Deutschland entsandt,<br />
benannt und in einem nicht ganz unaufwändigen<br />
Verfahren durch das Parlament und den<br />
Rat bestellt. Ich bin aber nicht der ”<br />
Vertreter“<br />
in dem Sinne, dass ich von bundesdeutschen<br />
Weisungen abhängig bin. Ich bin in meinen Entscheidungen<br />
völlig unabhängig als Mitglied des<br />
Europäischen Rechnungshofes – neben 26 anderen<br />
Mitgliedern aus den anderen Mitgliedstaaten<br />
der Europäischen Gemeinschaft. Eine unserer<br />
wichtigsten Aufgaben ist der Annual Report, der<br />
dem Europäischen Parlament als Grundlage<br />
dient, Kommission und Rat zu entlasten.<br />
Oder auch nicht<br />
! Oder auch nicht! Wie immer im Leben<br />
gibt es neben Weiß auch Schwarz und Grau. Die<br />
Administration auf der europäischen Ebene ist<br />
nicht ganz einfach. Die Europäische Kommission,<br />
die den europäischen Haushalt von circa 133<br />
Milliarden administriert, muss sich dazu auch<br />
der Mitgliedstaaten – und in föderalen Staaten<br />
wie der Bundesrepublik auch der Länder – bedienen,<br />
um im Rahmen eines Shared Management<br />
die Mittel vor Ort zu bringen. Da gibt es<br />
natürlich ein hoch kompliziertes Regelgeflecht.<br />
Und wie immer, wenn Regeln auf verschiedenen<br />
Ebenen erlassen sind, sind sie nicht immer kohärent,<br />
wodurch es also zu Komplikationen und<br />
Missverständnissen kommen kann. ”<br />
Errors“ wie<br />
wir sie im Finanzprüferenglisch nennen. Um<br />
dies klar zu sagen, solche Errors sind nicht mit<br />
Unregelmäßigkeiten und Betrug gleichzusetzen.<br />
Ein paar Gründe, weshalb es noch zu keiner<br />
Entlastung im Sinne einer unqualified opinion<br />
kam.<br />
Man liest ja immer wieder, dass<br />
in der EU die unglaublichsten ”<br />
Fehler“<br />
passieren, bei denen sich der Bürger fragt,<br />
wie so was denn überhaupt möglich sein<br />
kann. So etwas muss der Rechnungshof<br />
aufdecken, oder<br />
Illustration: Tina Berning
! Der Europäische Rechnungshof führt<br />
sogenannte Financial Audits“ durch, die dann<br />
”<br />
im Annual Report zusammengefasst werden.<br />
Geprüft werden alle Ausgaben des Europäischen<br />
Haushaltes. Daneben gibt es sogenannte<br />
Performance Audits“, die in Spezialberichte<br />
”<br />
münden, sowie weitere Produkte wie Stellungnahmen<br />
zu Fragen der Finanzregulierung<br />
etc. Dass hierbei Fehler gefunden werden,<br />
ist zwangsläufig. Aber es gibt Bereiche, zum<br />
Beispiel Landwirtschaft, bei denen die Verwendung<br />
der Mittel nahezu beanstandungsfrei läuft.<br />
Die Fehlerquote liegt dort unter zwei Prozent.<br />
Im Bereich der Forschungsmittel, für die ich<br />
Verantwortung habe, liegen wir bei drei Prozent<br />
Fehlerquote! Die Fehlerquote bei den sogenannten<br />
Strukturfonds liegt leider immer noch<br />
deutlich höher, bei ca. elf bis zwölf Prozent<br />
Das betrifft zum Beispiel den<br />
Straßenbau<br />
! Das sind unter anderem Straßen,<br />
aber auch andere Infrastrukturmaßnahmen.<br />
Die Fehlerquote ist zwar nicht hinnehmbar,<br />
hat aber unterschiedliche und teilweise nachvollziehbare<br />
Ursachen: Wie zum Beispiel ein<br />
zu kompliziertes Regelwerk. Hintergrund dafür<br />
ist, dass wir in Europa natürlich noch keine<br />
einheitliche Administrationskultur haben.<br />
Insofern trägt die Arbeit des ERH auch dazu<br />
bei, hier zu Verbesserungen zu kommen.<br />
Zum Beispiel Bulgarien<br />
! Ja, da sind wir bei einem anderen<br />
Thema. Beitrittsstaaten, wie zum Beispiel<br />
Bulgarien, müssen natürlich ihren Unterschied<br />
bei Regelungen und Administrationsinstrumenten<br />
beseitigen. Die fehlerhafte<br />
Verwendung europäischer Mittel kann zu einer<br />
ungünstigen Stimmung führen. Dies muss<br />
vermieden werden.<br />
Was passiert, wenn europäische<br />
Gelder verschwendet werden<br />
Was könnte dann passieren<br />
! Im Falle Bulgariens hat die Kommission<br />
in einem Bereich ihre Zahlungen eingestellt<br />
und Bulgarien aufgefordert, dafür zu sorgen,<br />
dass vorhandene Regelungs- und Verwaltungsdefizite<br />
beseitigt werden.<br />
Und das, was Bulgarien in<br />
diesem Bereich an Mittel bekommen hat,<br />
können sie – trotz des nicht hinnehmbaren<br />
Verhaltens – behalten oder müssen<br />
sie das zurückzahlen<br />
! In den Fällen, in denen es zu Fehlverwendungen<br />
gekommen ist, müssen Mittel<br />
zurückgezahlt werden.<br />
Der Europäische Rechnungshof<br />
ist also keine zahnlose Institution<br />
! Er ist schon ein ”<br />
Ritter ohne<br />
Schwert“. Wir können keine Strafen aussprechen.<br />
Aber in unserem Jahresbericht empfehlen<br />
wir der Kommission zum Beispiel neben<br />
den Rückzahlungen auch Vertragsstrafen zu<br />
nutzen. Vertragsstrafen sind beispielsweise ein<br />
Mittel, das die Kommission einsetzt, um die<br />
Zuwendungsempfänger zu ordnungsgemäßem<br />
Verhalten anzuhalten.<br />
Welchen Stellenwert hat das<br />
Thema ”<br />
Compliance“ in Europa<br />
! Compliance ist ein wichtiger Bestandteil<br />
unserer Prüfungen, wobei wir zunächst<br />
sehr formal vorgehen im Sinne von ”<br />
regelgerechter<br />
Anwendung“ der Rechtsvorschriften<br />
und Guidelines, die es auf der europäischen,<br />
der nationalen und gegebenenfalls der regionalen<br />
Ebene gibt. Die Arbeit des ERH trägt dazu<br />
bei, dass die Verwendung öffentlicher Mittel<br />
ordnungsgemäß und regelgerecht erfolgt.<br />
Wenn der Europäische Rechnungshof Sachverhalte<br />
entdeckt, die Indikatoren für Betrug,<br />
für Bestechung oder Bestechlichkeit enthalten,<br />
geben wir solche Fälle sofort an das OLAF in<br />
Brüssel ab, das dann in Zusammenarbeit mit<br />
den Staatsanwaltschaften in den Mitgliedstaaten<br />
die Sachverhalte ermittelt und Strafverfahren<br />
einleitet. Wenn wir also derartige Sachverhalte<br />
finden, machen wir nicht alleine weiter<br />
– weil wir ja keine Kriminalbehörde sind. Ein<br />
anderes Hilfsmittel ist die Öffentlichkeit, die<br />
öffentliche Meinung, die zu Reaktionen bei den<br />
Verantwortlichen in den Einrichtungen, die<br />
europäisches Geld erhalten, führt. Außerdem<br />
sind es die nationalen Regierungen, die ihrerseits<br />
adäquate Reaktionen einleiten können.<br />
In dem Kontext darf schließlich nicht die<br />
Macht des Europäischen Parlaments vergessen<br />
werden, dem wir berichten.<br />
Der Lissabon Vertrag – was steht<br />
eigentlich drin<br />
Lieber Herr Dr. Noack, obwohl<br />
ich weiß, dass man Juristen nicht die<br />
Frage stellen soll, was denn ”<br />
im Wesentlichen“<br />
in einem Vertrag steht, stelle ich<br />
Ihnen genau diese Frage: Was steht im<br />
Lissabon-Vertrag eigentlich im Wesentlichen<br />
drin<br />
! Der Lissabon-Vertrag ist – wie die<br />
Verträge von Maastricht und Nizza – ja nichts<br />
anderes als eine Fortentwicklung der Römischen<br />
Verträge, also der Ursprungsverträge,<br />
die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft<br />
und später die Europäische Union auf eine<br />
rechtliche und institutionelle Basis stellen. Der<br />
Lissabon-Vertrag sieht vor allem vor, dass das<br />
Parlament eine stärkere Rolle gegenüber der<br />
Europäischen Kommission und dem Europäischen<br />
Rat bekommt. Andere kleinere Fragen<br />
betreffen das Miteinander der fünf Europäischen<br />
Institutionen, die Europa ”<br />
administrieren“<br />
– als da sind Rat, Gerichtshof, Parlament,<br />
Kommission und Rechnungshof. Von daher<br />
müssten eigentlich alle Staaten ein Interesse<br />
daran haben, dass ”<br />
Lissabon“ verabschiedet<br />
wird. Und deshalb wird letztendlich – so<br />
glaube ich – der Lissabon-Vertrag auch nicht<br />
aufgehalten werden.<br />
Der europäische Bürger ist ja<br />
im Laufe der Jahrzehnte in eine sich<br />
immer weiter entwickelnde Europäische<br />
Gemeinschaft hineingewachsen. Dabei<br />
ist ihm immer wieder erklärt worden,<br />
dass der aktuelle vertraglich abgesicherte<br />
Schritt – siehe Maastricht, Nizza und<br />
jetzt Lissabon – letztlich nur ein Zwischenschritt<br />
zu einem großen Ganzen<br />
ist. Dabei ist dem Bürger – zumindest<br />
mir ging es so – erst recht spät aufgefallen,<br />
dass das Europäische Parlament sein<br />
höchstes Exekutivorgan – nämlich die Europäische<br />
Kommission – gar nicht selbst<br />
wählen kann, weil die Kommission ja von<br />
den Regierungschefs untereinander – ich<br />
nenne es mal böse – ”<br />
ausgekungelt“ wird.<br />
! Solange wir ein Europa der Mitgliedstaaten<br />
haben oder – umgangssprachlich<br />
formuliert – solange wir ein Staatenbund<br />
und nicht ein Bundesstaat sind, wird man<br />
die Konstruktion beibehalten müssen, dass<br />
die Mitgliedstaaten neben dem Parlament die<br />
treibende Kraft für politische Willensbildung<br />
und politische Entscheidungen sind. In der<br />
Tat kann am Ende eines politischen Prozesses<br />
– der ja schon 50 Jahre lang sehr erfolgreich<br />
läuft, wie ich finde – stehen, dass das Parlament<br />
noch viel größere Einwirkungsrechte<br />
und Gestaltungsmöglichkeiten hat.<br />
Hat die gemeinsame Währung in<br />
dieser wirtschaftlichen Krise allen europäischen<br />
Staaten eigentlich gut getan<br />
! Ich will das nicht nur auf die gemeinsame<br />
Währung beschränken. In der Finanzkrise<br />
haben die Mitgliedstaaten schnell erkannt,<br />
ihre nationalen Wirtschaftsinteressen nicht<br />
gegeneinander zu stellen, sondern gemeinsame<br />
europäische Interessen zu entwickeln.<br />
Es gab für mich in diesem Zusammenhang<br />
eine hoch interessante Kohärenz<br />
zwischen den Maßnahmen der Europäischen<br />
Kommission für den gesamten europäischen<br />
Raum und den begleitenden Maßnahmen für<br />
die nationalen Wirtschafts- und Finanzräume<br />
der einzelnen Mitgliedstaaten.<br />
Und hier haben wir inzwischen ein<br />
Denken, das sehr europäisch ist. Man hat sein<br />
nationales Interesse zwar im Auge, weiß aber,<br />
dass dieses nationale Interesse auch ein europäisches<br />
Interesse berücksichtigen muss. Ich<br />
glaube, DAS ist die Stärke Europas heutzutage.<br />
Und ein solches Vorgehen ist natürlich<br />
auch ein Schutz gegen die großen<br />
Wirtschaftsräume China und Indien.<br />
! Das ist ja ein weiteres Ziel des<br />
Lissabon-Vertrages, Europa zu einem global<br />
sehr starken Wirtschafts- und Finanzraum<br />
zu entwickeln. Das heißt, Europa langfristig<br />
so zu positionieren, dass es den anderen<br />
globalen Akteuren ein gleichstarker, eher noch<br />
ein besserer und stärkerer Wettbewerber ist<br />
und bleibt. Das ist – neben der Stärkung des<br />
europäischen Parlaments – das wichtigste<br />
wirtschaftspolitische Ziel von Lissabon.<br />
Die Rolle der Schweiz in Europa<br />
Stört im großen europäischen<br />
Käse eigentlich das Schweizer Loch
! Überhaupt nicht. Es gibt in dem<br />
Sinne auch kein Schweizer Loch, weil ja die<br />
Schweiz unbeschadet ihrer Sonderposition<br />
in Europa in vielen Dingen heute schon<br />
mitwirkt. Ich will in dem Zusammenhang ein<br />
kleines, vielleicht triviales Beispiel geben. Es<br />
gibt eine Einrichtung der deutschen Rechnungshöfe<br />
– die so genannte ”<br />
Präsidentenkonferenz“<br />
der Rechnungshöfe des Bundes<br />
und der Länder. Diese Konferenz, bei der ich<br />
als Mitglied des Europäischen Rechnungshofes<br />
ständiger Gast bin, trifft sich zweimal im<br />
Jahr – und da sitzen Vertreter des Österreichischen<br />
und Schweizer Rechnungshofes<br />
ebenfalls am Tisch. Das zeigt, die Schweiz ist<br />
auf allen Ebenen dabei und sie ist nicht nur<br />
ein anerkannter, sondern auch ein wichtiger<br />
Partner, denn sie steuert ja auch einen eigenen<br />
Wirtschafts- und Finanzraum in diesem<br />
zusammengewachsenen Europa. Die Schweiz<br />
ist für mich ein wichtiger und verlässlicher<br />
Partner – mit Sonderrechten, die die anderen<br />
respektieren.<br />
Das gilt auch für Herren, die<br />
darüber öffentlich nachdenken, fallweise<br />
kavalleriemäßig unterwegs zu sein<br />
! Ich finde, man sollte zwischen innenpolitisch<br />
gut verständlichen Bildern für bestimmte<br />
Diskussionen und außenpolitischen<br />
Wirkungen immer sehr bedacht differenzieren.<br />
Starke Bilder sind politisch zwar oftmals<br />
verständlich, aber nicht immer hilfreich.<br />
Ist Europa nicht zu schwerfällig<br />
Bleiben wir noch mal bei der<br />
Schweiz. So ein kleines Land kann man –<br />
trotz der vier Landessprachen – mit den<br />
Möglichkeiten der direkten Demokratie<br />
verwalten. Aber ist so ein Moloch wie<br />
Europa mit 400 Millionen Menschen<br />
und mindestens 27 Sprachen überhaupt<br />
regierbar<br />
! Vielleicht ist das europäische<br />
Modell, also ein Europa der Mitgliedsstaaten<br />
mit unterschiedlichen Ebenen, wirklich das<br />
dauerhafte Modell. Auf der obersten Ebene –<br />
allerdings nicht im Sinne einer Unter- oder<br />
Überordnung – steht ein Europa, wie wir es<br />
jetzt institutionell haben. Dann die Mitgliedstaaten<br />
mit ihren jeweiligen Verfasstheiten,<br />
mit ihren unterschiedlichen Ebenen bis hin<br />
zu den Kommunen.<br />
Ein solches Modell kann auch<br />
heißen, dass man an diesem Ebenenaufbau<br />
die Aufgabenverteilung orientiert. Also dass<br />
das, was vor Ort gemacht werden muss, in<br />
den Kommunen gemacht wird. Und man<br />
abgestuft nach der Bedeutung der Aufgabe<br />
nach ”<br />
oben“ verlagert.<br />
Ein solcher Verfassungsaufbau könnte<br />
vielleicht ganz zweckmäßig sein. Aber dazu<br />
ist das letzte Wort ja noch nicht gesprochen.<br />
Nun muss sich Europa ja gegen<br />
zwei sehr potente Wirtschaftsblöcke<br />
behaupten – nämlich Indien und China.<br />
Schafft Europa das mit einem solch<br />
schwerfälligen Aufbau<br />
! Ich denke, ja, weil die politischen<br />
Entscheidungsprozesse in Europa zwar<br />
komplex sind, aber auch zielorientiert.<br />
Und sie beruhen auf dem gemeinsamen<br />
Wissen, dass man diese Prozesse braucht.<br />
Ich denke, dass der Gedankenaustausch auf<br />
der europäischen Ebene dazu führt, dass<br />
viele Probleme erkannt werden, die sonst<br />
gar nicht gesehen werden. Oder lassen Sie<br />
es mich so sagen: Ich kann mir nicht vorstellen,<br />
dass China alle Notwendigkeiten,<br />
die Staaten zukunftsorientiert heute schon<br />
betrachten müssen – wie z.B. die Umweltentwicklung,<br />
die Fragen der CO 2 -<br />
Problematik –, bei seiner Politik, insbesondere<br />
der Industriepolitik, gleich mitbetrachtet.<br />
Ich bin mir aber sicher, dass wir in<br />
Europa ein sehr umfassendes Politikbild<br />
haben – vom Einzelinteresse zum Gesamtinteresse,<br />
vom Industrieinteresse hin<br />
zu ökologischen Fragestellungen, all das ist<br />
in dem oben erwähnten komplizierten Prozess<br />
beinhaltet. Das macht Vieles schwieriger<br />
– unbestritten. Aber ich denke, wir sind<br />
gerade in Europa in dieser Hinsicht ein<br />
großes Stück vorangekommen. Das sehen<br />
Sie an dem Beispiel, wie wir es geschafft<br />
haben, ökonomische Fragestellungen mit<br />
ökologischen zusammenzuführen.<br />
Thema Ökologie. Wie sehen<br />
Sie das Ich bin ein bisschen enttäuscht,<br />
dass die Entscheider in Politik<br />
und Wirtschaft die aktuelle Finanzund<br />
Wirtschaftskrise nicht stärker<br />
genutzt haben, um politisch deutlich<br />
zu machen und damit auch der politischen<br />
Durchsetzung näher zu bringen,<br />
dass wir das Ruder noch mehr in<br />
Richtung ökologischer High-Tech-Entwicklung<br />
herumreißen müssen – nicht<br />
nur im Hinblick auf die zukünftigen<br />
Generationen, sondern auch, um die<br />
wirtschaftliche Vormachtstellung in<br />
diesem Bereich auszubauen. Denn wir<br />
dürfen ja die vorhandenen Erdölreserven<br />
nicht aufbrauchen. Nicht, weil sie<br />
dann weg sind, sondern weil der Globus<br />
dann nicht mehr bewohnbar ist.<br />
! Wir stellen bei unserer Prüfungsarbeit<br />
fest, dass viele Prozesse gleichwertig<br />
nebeneinander herlaufen. Ein Beispiel:<br />
Es gibt ja keine einheitliche europäische<br />
Politik zur Nutzung der Kernenergie.<br />
Gleichwohl gibt es mit dem Projekt ITER<br />
zur Kernfusionstechnik ein Projekt, wie<br />
Kernenergie in der Zukunft noch sicherer<br />
genutzt werden kann. Gleichzeitig gibt<br />
es sehr viele Forschungs- und Entwicklungsprojekte<br />
im Bereich der erneuerbaren<br />
Energien. Es wird also keineswegs einseitig<br />
gedacht und gefördert. Daran wird die<br />
Vielseitigkeit Europas deutlich, wie unterschiedlichste<br />
Ideen aus den verschiedenen<br />
Mitgliedsstaaten formuliert und verfolgt<br />
werden. Und – das ist mir wichtig zu sagen<br />
– wir haben ein sehr weites Spektrum an<br />
politischen Zielsetzungen, für die europäische<br />
Mittel zur Fortentwicklung dieses<br />
Europas aufgewendet werden.<br />
Wenn man nun besonders harscher<br />
Kritik an der EU folgen würde,<br />
stellte sich automatisch die Frage:<br />
Gibt’s eine Alternative zur EU<br />
! Nein. Jeder Staat für sich hätte –<br />
gerade im Hinblick auf eine Neuordnung<br />
der globalen Verhältnisse – allein keine<br />
Chance. Da sind wir nur als Europäer<br />
stark.<br />
<br />
N5 Dr. Noack gehört zu einem Expertennetzwerk, mit<br />
dem Nachmann Rechtsanwälte in Verbindung stehen.<br />
•
Wenn im Grand Hyatt am Marlene-<br />
Dietrich-Platz in Berlin während<br />
der Berlinale große Dinners gegeben<br />
werden oder die Berliner Philharmoniker<br />
zur Gala bitten, dann stehen nur<br />
seine Weine auf dem Tisch. Die Sansibar<br />
auf Sylt ist sein größter Kunde,<br />
sie wäre aber gerne noch ein sehr<br />
viel größerer – was die Menge seiner<br />
Flaschen betrifft. Und die verwöhnten<br />
Gäste auf der MS Europa lieben seine<br />
edlen Tropfen zum Duft des Meeres.<br />
Wer in Markus Schneider, dem Erzeuger<br />
dieser köstlichen Tropfen, nun<br />
einen Designer-Winzer erwartet, wird<br />
schwer enttäuscht. Der Mann, dem ich<br />
in seinem minimalistisch gestylten<br />
Verkostungsraum gegenüber sitze, ist<br />
33 Jahre alt, ungefähr 100 Kilo schwer,<br />
trägt eine ausgebeulte Jeans und ein<br />
arg benutztes schwarzes Poloshirt,<br />
weil er gerade aus dem Weinberg<br />
kommt. Ruhig und auf eine sympathische<br />
Weise kompetent spricht er über<br />
seine Weine, wobei man spürt, wie<br />
viel Fingerspitzengefühl dieser riesige<br />
Mann für das Schöne hat – für seinen<br />
Wein, klare Architektur und äußerst<br />
gelungene Grafik.<br />
Herr Schneider, die Namen<br />
Ihrer Weine sind so ungewöhnlich,<br />
wie die Etiketten schön sind. Wie<br />
kommen Sie auf solche Namen wie<br />
” Kaitui“ oder ” Tohuwabohu“<br />
! Alle unsere Weinnamen sind<br />
beim europäischen Patentamt in München<br />
als Marken eingetragen – wie die von<br />
anderen Winzern auch. Und deshalb muss<br />
man schon Glück haben, um noch einen<br />
Namen zu finden, der noch nicht anderweitig<br />
geschützt ist. Aber ehrlich gesagt,<br />
grübele ich nicht über diese Namen. Da<br />
kommt man durch Zufall drauf. Man liest<br />
ein schönes Wort in einem Buch und sagt<br />
sich, das kommt eigentlich viel zu selten<br />
vor. Oder man spielt damit: ”<br />
Kaitui“ ist<br />
zum Beispiel unser Name – Schneider<br />
– auf Maori, also in der Sprache der Ureinwohner<br />
von Neuseeland. Ich fand den<br />
Klang schön. Und ”<br />
Tohuwabohu“ ist mir<br />
im wahren Sinn des Wortes zugeflogen.<br />
Wir kamen nämlich vor Kurzem mit der<br />
my<br />
world<br />
Seite: 72<br />
Besuch bei einem außergewöhnlichen<br />
Winzer in der Pfalz<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
Markus<br />
Schneider<br />
”<br />
Bis zehn<br />
Euro wird<br />
bei uns<br />
geschraubt.“
Lufthansa aus Rom, als die Stewardess –<br />
oder wie die Damen heute heißen – sagte,<br />
dass es mit den Italienern in der Maschine<br />
jedes Mal ein Riesentohuwabohu sei.<br />
Und da habe ich mir gedacht, ich schaue<br />
zu Hause mal im Netz nach, ob der Name<br />
noch frei ist. War er und so ziert er jetzt<br />
einen unserer Rotweine.<br />
Und die Etiketten Wer<br />
macht die Zum Beispiel das vom<br />
Riesling<br />
! Da war ich gerade beim Augenarzt<br />
gewesen und hatte noch diese Tafel<br />
im Gedächtnis, die oben einen ganz<br />
großen Buchstaben hat und wo dann<br />
in den nächsten Zeilen die Buchstaben<br />
immer kleiner werden. Diese Tafel fand<br />
ich schön und dachte mir, so könnte man<br />
doch mal ein Weinetikett gestalten. Dann<br />
habe ich verschiedene Versionen ausprobiert<br />
und jetzt haben die Rieslinge diese<br />
Grafik.<br />
Wissen Sie eigentlich, woher<br />
die Rebsorte Riesling ihren Namen<br />
hat<br />
! Klar. Der Name kommt von dem<br />
Vorgang der ”<br />
Verrieselungen“, also davon,<br />
dass Blüten, die nicht zum Fruchttragen<br />
kommen, ausfallen. Dabei sind am<br />
Stielgerüst nur noch zehn oder zwölf<br />
Beerchen statt 50, die dann allerdings<br />
besonders gut sind. Heutzutage gibt es<br />
diese Verrieselungen nicht mehr, weil die<br />
Klone ganz andere sind, bei denen feuchte<br />
Sommer keine Verrieselungen mehr<br />
auslösen, obwohl das für die Qualität der<br />
Weine manchmal gar nicht schlecht wäre.<br />
Damit sind wir beim Stichwort<br />
”<br />
Qualität“!<br />
! Bei uns gibt es keine Polo-Schaltung<br />
im Porsche. Wir wollen nur das Beste<br />
für unser Produkt. Deshalb kommen<br />
bei mir alle Materialien aus der Region<br />
– mit Ausnahme der Korken. Die Stahltanks<br />
werden in Mannheim gebaut, die<br />
Kapseln kommen aus Mainz, die Kartons<br />
aus Grünstadt, die Pressen aus Bad Dürkheim<br />
und auch die Glaslieferanten sind<br />
von hier. Das ist keine falsch verstandene<br />
Pfälzer Folklore, sondern kommt aus dem<br />
Wissen, dass diese Produkte für die Art<br />
wie ich Wein mache, die besten sind.<br />
Das hört sich nach ”<br />
Boutique-Winery“<br />
an. Wie viel Flaschen<br />
erzeugen Sie eigentlich im Jahr<br />
! Im Jahr 2007 haben wir zwar<br />
400.000 Flaschen produziert aber realistisch<br />
für den Jahrgang 2008 sind 360.000<br />
Flaschen Rot- und Weißwein.<br />
Ist das viel<br />
! Ich sage es mal so: Wir gehören<br />
damit zu den Top 100 der privaten Weingüter<br />
in Deutschland in unserer Kategorie.<br />
Der Bedarf aufseiten unserer Kunden liegt<br />
allerdings bei 1 Million Flaschen. Aber so<br />
viel können – und wollen – wir nicht produzieren,<br />
weil wir dann unsere Qualität<br />
nicht mehr halten könnten.<br />
Herr Schneider, was macht eigentlich<br />
ein Winzer vor der Lese Sitzt<br />
er da zu Hause, bastelt am Etiketten-<br />
Design und freut sich, wenn die Sonne<br />
auf seine Reben scheint, damit ordentlich<br />
Öchsle-Grade zustande kommen<br />
! (Lacht) Oh, nein! Wir haben in<br />
diesem Sommer mit unserem ganzen<br />
Team in den Weinbergen tagein, tagaus<br />
an den Reben gearbeitet. Sehen Sie, wir<br />
hatten ja sehr viel Regen im Juni und Juli.<br />
Damit der den Trauben nichts anhaben<br />
kann, müssen die Blätter so verschnitten<br />
werden, dass die Trauben frei hängen können,<br />
damit der Wind die Trauben trocken<br />
halten kann. Zu viel Feuchtigkeit an der<br />
Traubenhaut fördert nämlich die Entstehung<br />
von Fäulnis und damit den Befall<br />
mit irgendwelchen Pilzen. So geschädigte<br />
Trauben müssen nämlich weggeworfen<br />
werden.<br />
Außerdem werden die Trauben<br />
zurechtgeschnitten, das heißt zwei Drittel<br />
der Trauben werden abgeschnitten, damit<br />
die Kraft des Weinstocks sich nur im<br />
letzten Traubendrittel sammeln kann.<br />
Dann hacken wir die Erde zwischen den<br />
Trauben von Hand auf, damit der Boden<br />
belüftet wird, und säen spezielle Saatgutkombinationen<br />
in den Boden ein. Dazu<br />
gehören bestimmte Kleesorten, Koriander,<br />
Sonnenblumen, Gersten und Roggen<br />
und ein bisschen Senf und Raps. Einige<br />
dieser Samen verhindern den Befall von<br />
bestimmten Schädlingen, andere erhöhen<br />
die Mineralität des Bodens, wieder andere<br />
halten den Boden locker – wie Senf und<br />
Raps – und wieder andere geben dem<br />
Weinstock die notwendigen Stoffe, damit<br />
die Haut der Trauben möglichst dick und<br />
fest wird – um eben erwähnte Fäulnis und<br />
Pilzbefall unwahrscheinlich zu machen.<br />
Diese Pflanzen zwischen den<br />
Reben lassen wir etwa kniehoch wachsen,<br />
mähen sie Mitte September ab und lassen
dieses ”<br />
Heu“ liegen, damit wir zum Ersten<br />
bei der Lese besser arbeiten können und<br />
zum Zweiten damit das Kleinklima im<br />
Weinberg trocken bleibt.<br />
Außerdem sprühen wir während<br />
des Wachstums unsere Reben bei Bedarf<br />
mit einem Cocktail aus Algen und anderen<br />
pflanzlichen Substanzen ein – zur Stärkung<br />
der Pflanze an sich.<br />
Sie können sich vorstellen, dass<br />
man den ganzen Tag im Einsatz ist, wenn<br />
man auf 35 Hektar eigenem Weinberg und<br />
weiteren 15 Hektar gepachtetem seine<br />
Reben so pflegen und aufziehen will, dass<br />
nachher der bestmögliche Rebensaft entstehen<br />
kann. Ich koste deshalb während<br />
der Lese den Most in den Tanks bestimmt<br />
zehn bis zwanzig mal am Tag. So wie<br />
der Saft dann schmeckt, so geht es dann<br />
weiter. Denn eins ist klar: Nur wenn das<br />
Grundprodukt richtig gut ist, können Sie<br />
daraus einen exzellenten Wein machen. Ist<br />
der Traubensaft nur mittelmäßig, können<br />
Sie daraus keinen Spitzenwein hinbiegen.<br />
Was machen Sie, wenn der<br />
Most nicht ganz Ihren Vorstellungen<br />
entspricht<br />
! Im selben Jahr kann man nichts<br />
mehr machen. Aber man kann sich für das<br />
nächste Jahr darauf einstellen. Mir waren<br />
die Moste für den Sauvignon Blanc 2007<br />
zum Beispiel zu grasig. Der Wein später<br />
dann auch. Und daraufhin haben wir uns<br />
im nächsten Jahr entschieden, die Sonnenseite<br />
der Reben stark zu entblättern<br />
– dadurch werden die Trauben gelber und<br />
schmecken dann auch reifer. Außerdem<br />
haben wir sie länger hängen lassen.<br />
Aber generell gilt: Einen guten Rebsaft<br />
bekommen Sie nur, wenn Sie Lesegut<br />
von einem guten Boden hochreif und gelb<br />
ernten. Außerdem sollte der Weinberg<br />
vital sein.<br />
Was ist ein vitaler Weinberg<br />
! Das erkennen Sie an den Rebstöcken.<br />
Das Laub soll dunkelgrün und<br />
saftig sein und die Rebstöcke sollten<br />
viel Aktivität entfalten, also viele kleine<br />
Spitzen ausbilden. Das hat man früher<br />
nur mit 100 Kilo Kunstdünger pro<br />
Hektar hingekriegt. Heute erzielt man ein<br />
besseres Resultat, wenn man es so macht<br />
wie ich eben beschrieben habe. Und man<br />
schmeckt das eben auch. Wobei es zur<br />
Legendenbildung gehört, dass der Wein<br />
mehr nach Kräutern schmecken könnte,<br />
wenn man Kräuter um die Rebstöcke<br />
anbauen würde. Das ist Aberglaube.<br />
Bleiben wir bei den Aromen<br />
im Wein. Kann man ”<br />
altes Sattelleder“<br />
tatsächlich riechen oder ist das<br />
Wichtigtuerei<br />
! Man kann das riechen. Aber<br />
das ist kein gutes Zeichen für den Wein.<br />
Das alte Sattelleder“ oder auch Pferdeschweiß“<br />
weist ganz klar auf Bakterien<br />
” ”<br />
der Gattung Brettanomyces hin und<br />
das bedeutet, dass die Holzfässer in der<br />
Kellerei nicht sauber sind, sondern mit<br />
Brett“ – so nennen wir das hier in der<br />
”<br />
Gegend – verseucht sind. Solche Fässer<br />
müssen Sie verbrennen, sonst verseuchen<br />
die einem den ganzen Keller. Um<br />
das zu vermeiden, kaufen wir unsere<br />
Fässer nur bei einer bestimmten, sehr<br />
sauberen Tonnellerie in Frankreich.<br />
Brett“ macht einen Wein übrigens nur<br />
”<br />
vordergründig interessant“, lässt ihn<br />
”<br />
aber flach werden und erhöht die Säure.<br />
Ich habe früher – in meiner Anfangszeit<br />
– viel mit solchen Sachen experimentiert,<br />
um herauszufinden, wie so was einzuschätzen<br />
ist.<br />
Und die Trauben werden bei<br />
der Lese natürlich auch von Hand<br />
gepflückt<br />
! Ja, natürlich. Das Erntegut<br />
kommt nach der Lese auf einen Edelstahltisch.<br />
Der ist acht Meter lang und<br />
wird von Elektromotoren zum schonenden<br />
Vibrieren gebracht. Der Tisch<br />
hat eine sanfte Neigung, weshalb das<br />
Erntegut immer weiter über die acht<br />
Meter wandert. Wir sortieren alles noch<br />
mal von Hand und trennen die Trauben<br />
vom Stielgerüst, falls doch noch welche<br />
an den Trauben dran sind. Im Anschluss<br />
daran werden die Stiele der Beeren durch<br />
ganz sanft arbeitende Gumminoppen<br />
gekämmt“. Am Ende kommen also nur<br />
”<br />
die Trauben – ohne Stiele – in die Presse.<br />
Im Moment gibt es nichts Schonenderes<br />
oder Besseres.<br />
Herr Schneider, wenn der<br />
Wein nach langer Reifung in der Flasche<br />
ist, kommt die Glaubensfrage:<br />
Korken oder Schraubverschluss Wie<br />
sehen Sie den Unterschied<br />
! Spitzenweine, ob weiß oder rot,<br />
die lange lagern, haben bei uns Naturkork.<br />
Weil Weine beim langen Liegen die<br />
minimale Atmung, die durch den Korken<br />
möglich ist, einfach brauchen. Aber die<br />
Weine, die in ein, zwei Jahren getrunken<br />
sein sollen, die haben einen Schraubverschluss.<br />
Natürlich hat das auch etwas<br />
mit dem Budget für den Wein zu tun. Ich<br />
sage mal, bis zehn Euro wird bei uns geschraubt.<br />
Aber eigentlich ist der Schraubverschluss<br />
sogar ein Vorteil. Weil er sehr<br />
lange die Frische hält und erst später<br />
loslässt. Das funktioniert super. Vom absoluten<br />
Spitzenhotel bis zur MS Europa, die<br />
ein sehr konservatives Publikum hat, wird<br />
der Schraubverschluss bestens angenommen.<br />
Außerdem haben uns die Schweizer<br />
Winzer den Schraubverschluss schon seit<br />
vielen Jahren bei ihren Weißweinen vorgemacht.<br />
Die Schweizer denken ja grundsätzlich<br />
komplett anders als wir. Aber ich<br />
bin ihnen sehr dankbar, denn gerade die<br />
Kunden, die jedes Jahr in Saas-Fee oder<br />
St. Moritz sind, kennen den Schraubverschluss<br />
schon lange und haben erst gar<br />
nicht den Verdacht aufkommen lassen,<br />
dass der Wein dadurch weniger Wert wäre.<br />
Apropos ”<br />
Wert“. Was halten<br />
Sie vom Kollegen Peter Mertes, der<br />
Aldi mit großen Mengen sehr günstiger<br />
Weine beliefert<br />
! Grundsätzlich viel! So was<br />
brauchen wir ja. Wissen Sie, der Region<br />
und dem Weinbau ging es immer gut,<br />
wenn die Großen in ruhigem Fahrwasser<br />
geschwommen sind. Die Basiskunden,<br />
die mit Wein anfangen wollen oder die<br />
nicht mehr als drei Euro für einen Wein<br />
ausgeben wollen – was ja verständlich<br />
und in Ordnung ist – die muss es doch<br />
auch geben. Anderes Beispiel ”<br />
Oettinger<br />
Bier“. Diese Brauerei, die den Kasten Bier<br />
fünf Euro billiger anbietet als andere, die<br />
verteufelt doch auch keiner. Entsprechend<br />
sehe ich das für den Wein genauso.<br />
Sie sind hier in der Pfalz<br />
doch sicherlich ein Exot...<br />
! ... von der Statur nicht, aber sonst<br />
schon...
... was sagen die anderen Winzer<br />
zu Ihrer Art des Weinmachens<br />
! Am Anfang gab es die Angstbeißer,<br />
die erst Zupacken, ehe sie denken.<br />
Und dann gab es die Wacheren, die meinten,<br />
mal gucken – entweder er packt es<br />
oder er scheitert grandios. Aber langsam<br />
werden wir jetzt akzeptiert. Wir sind ja<br />
mit unseren Rotweinen auch einen Schritt<br />
weitergegangen als das in Deutschland<br />
üblich ist: Auf natürliche Weise hoch<br />
konzentrierte Rotweine aus internationalen<br />
Rebsorten kombiniert mit regionalen<br />
Rebsorten. Das hat keiner verstanden und<br />
gedacht, na ja in diesem Jahr geht es, aber<br />
im nächsten nicht. Dann ging es doch und<br />
es hieß, mit dem Stil wird er keinen Erfolg<br />
haben. Dann kam der Erfolg, weil unser<br />
Stil einfach international üblich ist. Dann<br />
wurde gesagt, er kopiert Amerika, dann<br />
Australien und jetzt auch noch Südafrika,<br />
aber der macht doch keinen Pfälzer Rotwein.<br />
Wissen Sie, wenn ich Pfälzer Rotwein<br />
machen würde, hätte ich heute noch<br />
nicht diese Halle gebaut. Das können Sie<br />
vergessen. Was ist Pfälzer Rotwein außer<br />
die besonderen Spätburgunder<br />
Während wir uns unterhalten,<br />
kommt ein junges Paar aus München an<br />
den Tisch. Er: ”<br />
Ich muss Ihnen kurz mal die<br />
Hand schütteln. Ihr Wein ist grandios. Ich<br />
habe im Tantris erst den Wein getrunken<br />
und dann das Etikett gesehen... super. Deswegen<br />
mussten wir extra zu Ihnen herkommen<br />
und mal mehrere Weine kosten. Das<br />
ist wirklich großartige Arbeit. Herzlichen<br />
Dank für diese tollen Weine.“<br />
Passiert Ihnen so was öfter<br />
! Schon. Aber das freut einen immer<br />
wieder.<br />
Wollten Sie eigentlich schon<br />
als kleiner Junge Winzer werden<br />
! Es gibt immer wieder Journalisten,<br />
die das schreiben. Aber das stimmt<br />
nicht. Im Gegenteil. Für mich gab es als<br />
Kind nichts Schlimmeres als in den Weinberg<br />
zu gehen. Aber als ich 18 war, musste<br />
ich ja irgendetwas machen.<br />
Ihre Bescheidenheit ehrt Sie.<br />
Aber ein gewisses Talent muss man ja<br />
wohl haben, um solche Weine zu produzieren,<br />
die bei den großen Weinjournalisten<br />
ebenso wie bei schlichten<br />
Schluckern wie mir auf enorme<br />
Begeisterung stoßen.<br />
! Ich weiß nicht, ob das Talent ist.<br />
Ich kann zwar ganz gut verkosten, obwohl<br />
es da Kollegen gibt, die viel besser sind als<br />
ich. Aber ich weiß, dass ich von bestimmten<br />
Dingen ein sehr genaues Geschmacksbild<br />
im Kopf habe und dass ich den Wein<br />
dann darauf hintrimme. Also wenn Sie so<br />
wollen, ist die Vision eines bestimmten<br />
Geschmackes schon da. Aber dass das<br />
dann so erfolgreich sein wird, hätte ich<br />
nie gedacht.<br />
Wie ging es überhaupt los<br />
! Als ich meinen Eltern gesagt<br />
habe, dass ich ein Flaschenweingut<br />
aufbauen will, haben sie mir ihr gesamtes<br />
Erspartes gegeben. Das waren 30.000<br />
Mark im Jahr 1994...<br />
... und 15 Jahre später stehen<br />
wir vor einer Produktionshalle, die<br />
nicht nur sehenswert und richtig<br />
schön ist, sondern auch ordentlich<br />
Geld gekostet hat. Wenn ich richtig<br />
schätze so um die drei Millionen<br />
Euro. Braucht man dafür eigentlich<br />
einen guten und wohlgesonnenen<br />
Banker<br />
! Der Bank gehört bestenfalls die<br />
Auffahrt und die Terrasse. Der Rest“ ist ”<br />
bezahlt. Sonst würde das auch keinen<br />
Spaß machen. Wissen Sie, mich fragen<br />
oft ganz junge Winzer, was sie machen<br />
müssen, damit sie auch Erfolg haben<br />
wie wir. Aber da kann ich eigentlich<br />
gar nichts Richtiges antworten. Das<br />
Prinzip Schneider“ funktioniert, glaub<br />
”<br />
ich, nur einmal. Wie auch das Prinzip ”<br />
Schuhbeck“ nur einmal funktioniert.<br />
Das hat was mit den Personen zu tun.<br />
Jeder Mensch ist anders und muss seinen<br />
eigenen Weg riskieren. Schauen Sie sich<br />
den Schuhbeck an. Als der nach München<br />
kam, haben alle geunkt, ob er noch<br />
mal auf die Beine kommt. Und dann hat<br />
Schuhbeck da so einen Riesenerfolg. Mit<br />
seinem Restaurant, seinem Eisladen, dem<br />
eigenen Gewürzladen. Das hätte der alles<br />
nicht, wenn er nicht ein akribischer Arbeiter<br />
wäre. Und ein Typ, der ein gewisses<br />
Charisma hat, das die Leute einfach<br />
interessiert. Es gibt ganz wenige Leute,<br />
die ich bis jetzt kennengelernt habe auf<br />
der Welt, wo ich ganz still bin und gerne<br />
zuhöre, was der Meister sagt. Der hat<br />
einfach richtig was auf dem Kasten.<br />
Sie machen auch einen Wein<br />
für ihn<br />
! Ja, genau. Also verstehen Sie<br />
mich nicht falsch. Ich vergleiche mich<br />
jetzt nicht mit Alfons Schuhbeck. Das ist<br />
eine andere Generation, er ist Musiker,<br />
ich bin Fußballer. Das ist schon zweierlei.<br />
Aber ich schätze ihn sehr. Vielleicht weil<br />
wir so verschieden sind.<br />
Spielen Sie auch weiterhin<br />
Fußball<br />
! Nee, das kann ich nicht mehr.<br />
Doch – mit meinem Sohn im Garten!<br />
Wenn man hin und wieder<br />
zurückschaut in seinem Leben, da<br />
fallen einem ja manchmal so Schlüsselmomente<br />
ein. Können Sie sich an<br />
einen erinnern<br />
! Ja. Das war vor circa sieben<br />
Jahren. Da hatte mich ein guter Freund,<br />
Dirk Niepoort aus der großen Portwein-<br />
Dynastie, nach Portugal eingeladen. Das<br />
war zu der Zeit, als die portugiesischen<br />
Winzer gerade anfingen, aus Portweintrauben<br />
ganz neue Rotweine zu machen.<br />
Da war ein unheimlicher Pioniergeist für<br />
das Neue in der Luft. Und dieser Pioniergeist,<br />
der hat mich damals regelrecht erfasst.<br />
Ich war zwar schon auf einem guten<br />
Weg, aber diesen Spirit habe ich mit nach<br />
Hause genommen und gewusst, du musst<br />
noch mehr arbeiten, um das zu schaffen,<br />
was du mit deinem Wein erreichen willst.<br />
Und dieser Ruck, der hat auch noch lange<br />
bei mir nachgewirkt. Vielleicht sogar bis<br />
heute.<br />
<br />
N5 Nachmann Rechtsanwälte schätzen an den Weinen<br />
von Markus Schneider den Anspruch, den sie<br />
auch an sich stellen. Klarheit, volles Engagement für<br />
eine gute Idee und Stilsicherheit.<br />
•
law<br />
Seite: 82<br />
Allgemeine Erklärung der<br />
Menschenrechte<br />
Resolution 217 A (III) der Generalversammlung<br />
der Vereinten Nationen vom 10.<br />
”<br />
Dezember 1948“<br />
PRÄAMBEL<br />
die<br />
menschenrechte<br />
der<br />
un<br />
Da die Anerkennung der angeborenen Würde<br />
und der gleichen und unveräußerlichen<br />
Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft<br />
der Menschen die Grundlage von Freiheit,<br />
Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,<br />
da die Nichtanerkennung und Verachtung<br />
der Menschenrechte zu Akten der<br />
Barbarei geführt haben, die das Gewissen der<br />
Menschheit mit Empörung erfüllen, und da<br />
verkündet worden ist, daß einer Welt, in der<br />
die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit<br />
und Freiheit von Furcht und Not genießen,<br />
das höchste Streben des Menschen gilt,<br />
da es notwendig ist, die Menschenrechte<br />
durch die Herrschaft des Rechtes zu<br />
schützen, damit der Mensch nicht gezwungen<br />
wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen<br />
Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,<br />
da es notwendig ist, die Entwicklung<br />
freundschaftlicher Beziehungen zwischen den<br />
Nationen zu fördern,<br />
da die Völker der Vereinten Nationen<br />
in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden<br />
Menschenrechte, an die Würde und<br />
den Wert der menschlichen Person und an<br />
die Gleichberechtigung von Mann und Frau<br />
erneut bekräftigt und beschlossen haben, den<br />
sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen<br />
in größerer Freiheit zu fördern,<br />
da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet<br />
haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten<br />
Nationen auf die allgemeine Achtung<br />
und Einhaltung der Menschenrechte und<br />
Grundfreiheiten hinzuwirken,<br />
da ein gemeinsames Verständnis<br />
dieser Rechte und Freiheiten von größter<br />
Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser<br />
Verpflichtung ist,<br />
verkündet die Generalversammlung<br />
diese Allgemeine Erklärung der<br />
Menschenrechte als das von allen Völkern<br />
und Nationen zu erreichende gemeinsame<br />
Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe<br />
der Gesellschaft sich diese Erklärung stets<br />
gegenwärtig halten und sich bemühen, durch
Unterricht und Erziehung die Achtung<br />
vor diesen Rechten und Freiheiten zu<br />
fördern und durch fortschreitende nationale<br />
und internationale Maßnahmen ihre<br />
allgemeine und tatsächliche Anerkennung<br />
und Einhaltung durch die Bevölkerung<br />
der Mitgliedstaaten selbst wie auch durch<br />
die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt<br />
unterstehenden Gebiete zu gewährleisten.<br />
Artikel 1<br />
Alle Menschen sind frei und gleich<br />
an Würde und Rechten geboren. Sie sind<br />
mit Vernunft und Gewissen begabt und<br />
sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit<br />
begegnen.<br />
Artikel 2<br />
Jeder hat Anspruch auf alle in<br />
dieser Erklärung verkündeten Rechte und<br />
Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied,<br />
etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht,<br />
Sprache, Religion, politischer oder<br />
sonstiger Anschauung, nationaler oder<br />
sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder<br />
sonstigem Stand.<br />
Des weiteren darf kein Unterschied<br />
gemacht werden auf Grund der<br />
politischen, rechtlichen oder internationalen<br />
Stellung des Landes oder Gebietes,<br />
dem eine Person angehört, gleichgültig<br />
ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft<br />
steht, keine Selbstregierung besitzt<br />
oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt<br />
ist.<br />
Artikel 7<br />
Alle Menschen sind vor dem Gesetz<br />
gleich und haben ohne Unterschied<br />
Anspruch auf gleichen Schutz durch das<br />
Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen<br />
Schutz gegen jede Diskriminierung,<br />
die gegen diese Erklärung verstößt, und<br />
gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen<br />
Diskriminierung.<br />
Artikel 8<br />
Jeder hat Anspruch auf einen<br />
wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen<br />
innerstaatlichen Gerichten gegen<br />
Handlungen, durch die seine ihm nach<br />
der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden<br />
Grundrechte verletzt werden.<br />
Artikel 9<br />
Niemand darf willkürlich festgenommen,<br />
in Haft gehalten oder des<br />
Landes verwiesen werden.<br />
Artikel 10<br />
Jeder hat bei der Feststellung seiner<br />
Rechte und Pflichten sowie bei einer<br />
gegen ihn erhobenen strafrechtlichen<br />
Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch<br />
auf ein gerechtes und öffentliches<br />
Verfahren vor einem unabhängigen und<br />
unparteiischen Gericht.<br />
Weitere Artikel der Menschenrechte folgen<br />
in den nächsten Ausgaben des N Magazins.<br />
Artikel 3<br />
Jeder hat das Recht auf Leben,<br />
Freiheit und Sicherheit der Person.<br />
Artikel 4<br />
Niemand darf in Sklaverei oder<br />
Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei<br />
und Sklavenhandel in allen ihren<br />
Formen sind verboten.<br />
Artikel 5<br />
Niemand darf der Folter oder grausamer,<br />
unmenschlicher oder erniedrigender<br />
Behandlung oder Strafe unterworfen<br />
werden.<br />
Artikel 6<br />
Jeder hat das Recht, überall als<br />
rechtsfähig anerkannt zu werden.<br />
<br />
•
MY world<br />
interpretiert von Hubertus Hamm aus der Serie Ballett