Foto: Hubertus Hamm
Foto: Hubertus Hamm
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<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong>
” Die Kanzlei Nachmann Rechtsanwälte<br />
hat uns - neben der fundierten juristischen Expertise -<br />
vor allem durch eine überdurchschnittliche Identifikation<br />
mit unserem Unternehmen als Kunden<br />
und den betreffenden Themen überzeugt.“<br />
Ulrich Höller FrICS<br />
Vorsitzender des Vorstandes der DIC,<br />
der Deutschen Immobilien Chancen AG,<br />
die mit einem Immobilienbestand von knapp 4 Milliarden Euro<br />
zu den größten „Playern“ der Gewerbeimmobilienbranche<br />
in Deutschland gehört.<br />
N#<br />
Nachmann rechtsanwälte haben die Deutsche<br />
Immobilien Chancen AG (DIC) in Frankfurt/Main beim<br />
Standortwechsel von Evonik Industries AG beraten.<br />
<strong>Foto</strong>: Hans Schlupp, Nationalbibliothek Peking<br />
6<br />
albert speer & partner,<br />
ihre eco-city in china<br />
und die möglichkeiten<br />
in russland<br />
Gespräch mit Gerhard Brand<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Albert Speer & Partner GmbH<br />
20<br />
green building spart– geld!<br />
Eine Einführung in das Thema mit<br />
Ingemar Hunold, enco energie consulting GmbH<br />
24<br />
jedes gebäude ist ein prototyp<br />
Interview mit Gerhard Hausladen<br />
Ordinarius am Lehrstuhl für Bauklimatik<br />
und Haustechnik, TU München<br />
32<br />
” the heat is on!“ oder<br />
” nachhaltigkeit muss auch in den<br />
heissen städten unserer erde<br />
greifen!“<br />
Interview mit Joachim Jürke, Jürke Architekten BDA<br />
36<br />
die beste aufzugsplanung in<br />
deutschland machen jappsen<br />
Gespräch mit Hans M. Jappsen<br />
Gründer Jappsen Ingenieure GmbH<br />
40<br />
indoorlandscaping<br />
Interview mit Andreas Schmidt<br />
Indoorlandscaping KG<br />
48<br />
worauf man beim thema<br />
” grundstück“ in russland<br />
achten sollte<br />
Von Olesya Wienold und Matthias Farian<br />
Nachmann rechtsanwälte<br />
54<br />
schutz vor gläubigerzugriff auf<br />
immobilienvermögen in italien<br />
Von Jens Magers, Nachmann rechtsanwälte, und<br />
Mario Dusi, Studio Legale, Mailand<br />
56<br />
bau- & immobilienlexikon<br />
Von Hendrik Hunold<br />
Nachmann rechtsanwälte<br />
62<br />
projektmanagement<br />
im spannungsfeld der finanzkrise<br />
Eine Analyse von Norbert Preuß<br />
und Gerhard Wirth<br />
Preuss Projektmanagement GmbH<br />
70<br />
” hickhack war früher!“<br />
Interview mit Klaus Pöllath<br />
Vorstand Ed. Züblin AG<br />
78<br />
ganzheitliche sanierung von<br />
schulen und das<br />
regionalitätsprinzip<br />
Ein Dialog mit Friedrich M. Fillies<br />
Helaba Immobiliengruppe<br />
83<br />
bewährtes geschäftsmodell:<br />
sparkassen kommen gut durch<br />
die finanzmarktkrise<br />
Von Gerhard Grandke<br />
Geschäftsführender Präsident Sparkassen- und<br />
Giroverband Hessen-Thüringen<br />
86<br />
” es herrscht keine kreditklemme,<br />
sondern eine<br />
kredit-qualitäts-klemme.“<br />
Interview mit Otmar M. Stöcker<br />
Geschäftsführer Verband<br />
Deutscher Pfandbriefbanken<br />
90<br />
über china, nachhaltigkeit<br />
und die stadtwerke<br />
Ein Gespräch mit Jürgen Engel<br />
KSP Jürgen Engel Architekten GmbH<br />
98<br />
warum machen sie so ein heft?<br />
Erläuternde Gedanken von Josef Nachmann<br />
und Michael Vilgertshofer
NACHHALTIGKEIT<br />
Seite 6<br />
Gespräch mit Dipl.-Ing. Gerhard Brand, Architekt, BDA, AIV,<br />
geschäftsführender Gesellschafter der Albert Speer & Partner GmbH<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
albert speer & partner,<br />
ihre eco-city in china<br />
und<br />
die möglichkeiten<br />
in russland<br />
die lage ist für ein unternehmen dieser güteklasse<br />
geradezu bilderbuchartig. denn das<br />
architektur- und stadtplanungsbüro ” as&palbert<br />
speer und partner“ befindet sich exakt<br />
über der bibliothek des architekturmuseums<br />
in frankfurt. besser kann man nicht liegen,<br />
besonders dann nicht, wenn man einen solch<br />
exzellenten ruf genießt. hier werden regierungen,<br />
bürgermeister und großinvestoren<br />
vorstellig, wenn sie ein besonders großes<br />
und wichtiges projekt geplant, begleitet und<br />
ausgeführt haben wollen. und hier werden<br />
neue wege beschritten, die bemerkenswert im<br />
wahren wortsinn sind – nämlich dass sie es<br />
wert sind, bemerkt zu werden.<br />
einer der drei geschäftsführenden gesellschafter,<br />
gerhard brand, ist ” gelernter<br />
architekt“ (o-ton brand) und hat sich mit<br />
uns über die erfahrungen bei der planung<br />
der green city changchun, über die chancen<br />
für neubauprojekte in russland und über das<br />
bauen in diktaturen unterhalten.<br />
? herr brand, in wie vielen ländern<br />
arbeitet ihr büro?<br />
! In 15 Ländern sind wir derzeit als Raumund<br />
Umweltplaner aktiv. Das ist die eine Seite des<br />
Büros. Die andere in etwa gleichgroße Seite ist für<br />
Architekturprojekte zuständig. Dadurch haben wir<br />
eine relativ große Bandbreite: Vom Wohnungs- und<br />
Hochhausbau über den Kulturbau bis hin zu großen<br />
Stadtplanungsprojekten decken wir alles ab. Und<br />
genau dieses Denken aus zwei verschiedenen Richtungen<br />
macht das Besondere unseres Büros aus. Das<br />
heißt, unsere Stadtplaner haben auch immer einen<br />
Architekten im Team, der sofort überlegt, wie das<br />
Geplante in Gestalt von Gebäuden aussehen könnte.<br />
Und bei großen Architekturprojekten nehmen wir<br />
auch immer einen Stadtplaner – manchmal sogar Berning<br />
einen Verkehrsplaner, den wir auch im Hause<br />
haben – mit dazu, um die räumliche Wirkung eines<br />
Tina<br />
Gebäudes im Stadtgefüge besser beurteilen zu<br />
können. Stichwort Landmarks“. Generell gilt aber:<br />
”<br />
Der Stadtplaner legt das Verhältnis von öffentlichem Illustration:
Visualisierung Kommunarka in Moskau<br />
AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt
zu privatem Raum fest. Er legt Kubaturen, die zum<br />
öffentlichen Raum gerichtet sind, fest. Er legt Bebauungsdichten<br />
fest. Aber innerhalb dieses Rahmens ist<br />
dann die Architektur frei.<br />
? nun gibt es räume, gebäude, ja<br />
manchmal sogar gegenden, in denen man sich<br />
sofort wohlfühlt. als erklärung dafür hört<br />
man dann etwas von energiefeldern“ und<br />
”<br />
” kraftlinien“. gibt es das wirklich oder ist<br />
das spökenkiekerei eines esoterikhungrigen<br />
medienzeitalters?<br />
! Subsumieren wir das mal alles unter Feng<br />
Shui. Ein Thema, mit dem wir uns schon lange<br />
befassen, weil wir vor zwölf Jahren unser erstes<br />
Büro in China eröffnet haben. Damals war das noch<br />
kein Thema in Europa, aber wir mussten uns in<br />
China damit beschäftigen. Wenn man dieses Feng<br />
Shui als Nährboden nimmt für die Entwicklung von<br />
Architektur und Städteplanung und die Erkenntnisse<br />
daraus auf die moderne Architektur und Stadt-<br />
Masterplan JingYue Ecological City, Changchun, China (links)<br />
Visualisierung JingYue Ecological City (rechts)<br />
baukunst runterbricht, dann finden Sie 90 Prozent<br />
davon auch im europäischen Städtebau. Allerdings<br />
Darmstadt<br />
nicht so poetisch formuliert.<br />
Tjie,<br />
Andersherum betrachtet: Nehmen Sie die<br />
Gründerzeitviertel in Frankfurt oder München. Wa-<br />
Peter<br />
rum fühlen wir uns da so wohl? Weil der öffentliche<br />
Raum klar gegliedert ist: Es gibt eine Hierarchie von<br />
Straßenbreiten. Es gibt Plätze. Es gibt Wege. Es gibt<br />
emptyform,<br />
eine Geschossigkeit, die nahezu festgeschrieben ist.<br />
Und es gibt Ausbrecher nur an besonderen Stellen,<br />
zum Beispiel für eine Kirche oder an einem großen<br />
Platz.<br />
Wohlbefinden in einem Stadtviertel resul-<br />
Visualisierung:<br />
tiert aus einem Gefüge, in dem das Verhältnis von<br />
Breite zu Höhe, von Offenheit zu Geschlossenheit,<br />
Partner;<br />
von Platzaufweitung zu engen Strassen stimmt.<br />
&<br />
Und wenn ausreichend grüne Erholungsflächen im<br />
öffentlichen Raum zur Verfügung stehen.<br />
Speer<br />
? noch mal zu feng shui: sie mussten<br />
Albert -<br />
also noch kein gebäude drehen, weil es auf<br />
dem auge des drachen“ stand? AS&P<br />
”
Visualisierung eines städtischen Zentrums und eines Wohngebietes, Kommunarka in Moskau, Hauptzentrum<br />
! Nein, das Drehen kennen wir eher aus dem<br />
arabischen Raum, wo wir Moscheen in Richtung<br />
Mekka ausrichten müssen. Aber das gab es und gibt<br />
es auch im christlichen Kulturraum, wo die Kirchen<br />
in Ost-West-Richtung ausgerichtet sind. Das gibt<br />
es übrigens auch im Wohnungsbau in China, wo<br />
bis vor kurzem die Länge aller Wohnungsbauten<br />
von Osten nach Westen ausgerichtet sein musste.<br />
Denn Wärmedämmung von Gebäuden gab es bis<br />
vor kurzem in China noch nicht und weil die Winter<br />
dort sehr kalt sind, wurde die Sonne als zusätzliche<br />
Wärmequelle zu den Kohleöfen angezapft, indem<br />
man die Fensterfronten der Hauptwohnräume nach<br />
Süden ausrichten ließ. Solche Vorschriften wurden<br />
bis vor kurzem von Peking aus für dieses gesamte<br />
Riesenreich erlassen. Aber seitdem sich die politischen<br />
Verhältnisse dort allmählich ändern, werden<br />
auch solche Regularien flexibler gehandhabt, so<br />
dass Gebäude oder ganze Stadtteile auch schon mal<br />
andere Richtungen einnehmen können.<br />
? wie muss man sich unter solchen<br />
bedingungen den chinesischen bauherrn vorstellen?<br />
! Es gibt drei große Gruppen: Das eine ist<br />
natürlich der Staat. Diese Gruppe hat die stärksten<br />
Restriktionen und für die zu arbeiten, ist deshalb<br />
am schwierigsten. Die zweite Gruppe besteht aus<br />
Entwicklungsgesellschaften, die staatliche Gelder<br />
verwalten, aber privat geführt sind. Diese Gesellschaften<br />
haben sich schon immer in der Welt umgeschaut<br />
und orientiert, was in der Welt so los ist. Und<br />
das Dritte sind die privaten Bauherrn, die meistens<br />
schon im Ausland gelebt haben und zurückgegangen<br />
sind als sich das Land geöffnet hatte. Die sind am<br />
besten organisiert und können ihre Wünsche durch<br />
ihr Verständnis des Chinesischen am leichtesten<br />
umsetzen.<br />
Es gibt allerdings Ausnahmen bei den staatlichen<br />
Auftraggebern, weil es im Zuge einer gewissen<br />
Dezentralisierung inzwischen Städte gibt, die mehr<br />
Planungs- und Baurechte bekommen haben, und die<br />
sich auf die Fahne geschrieben haben, eine ” ecological<br />
city“ zu werden. Dazu gehört Changchun, für<br />
die wir die Planung übernommen haben. Und wo es<br />
richtig Spaß macht zu arbeiten, weil man sehr, sehr<br />
fortschrittlichen Ansätzen begegnet.<br />
Changchun ist 1000 km nördlich von Peking,<br />
eine Stadt, die sich zwar als Industrie- und Autoproduktionsstadt<br />
versteht, aber auch als ” Green City“.<br />
Das ist eine interessante Herausforderung für uns<br />
gewesen, weil die Winter dort bis zu minus 20<br />
Grad kalt werden können. Die Stadt hat jetzt schon<br />
7,5 Millionen Einwohner und erwartet innerhalb<br />
der nächsten 10 bis 15 Jahre ein Wachstum auf 10<br />
AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt<br />
Kommunarka in Moskau – Überblick<br />
Millionen. Und damit sich dieses Wachstum nicht<br />
unkontrolliert schleichend ausbreitet, haben sie uns<br />
mit der Stadterweiterung für 300 000 neue Einwohner<br />
beauftragt, und zwar ganz klar unter dem<br />
Gesichtspunkt, hier eine ökologische Musterstadt zu<br />
konzipieren.<br />
? welche möglichkeiten hat man denn da?<br />
! Sehen Sie, was ist Nachhaltigkeit generell?<br />
Wir sagen: mit den Ressourcen, die uns die Erde<br />
bietet, so schonend und pfleglich wie möglich umzugehen.<br />
Das bedeutet Erstens: Je weniger Grund und<br />
Boden ich benutze, umso besser. Oder: Je mehr ich<br />
schon genutztes Land nutze – sogenannte ” brown<br />
fields“ und keine ” green fields“ –, umso besser.<br />
Also versuchen wir bei Stadterweiterungen immer,<br />
vorhandene Strukturen wie ungenutzte Industrieflächen<br />
oder aufgegebene landwirtschaftliche Flächen<br />
aufzugreifen, um nicht in ein ökologisches Gleichgewicht<br />
in der Landschaft einzugreifen. Das war auch<br />
unser Ansatz bei der eco-city.<br />
Das Zweite, wir verdichten die Gebäude in<br />
dieser Stadterweiterung sehr stark. Wir bauen also<br />
eher Hongkong als Los Angeles mit seinen ewigen<br />
Einfamilienhaussiedlungen.<br />
Und der dritte Hauptpunkt ist, sofort mit<br />
dem öffentlichen Personennahverkehr anzufangen.<br />
Da startet man mit Bussen, weil die sehr flexibel<br />
einsetzbar sind, fährt dann mit Straßenbahnen fort,<br />
um dann später – wenn die Häuser alle gebaut und<br />
bewohnt sind – die großen Hauptverkehrsadern<br />
durch U-Bahnen sicherzustellen. An den Hauptverkehrsknotenpunkten<br />
bauen wir übrigens noch<br />
dichter als an den Rändern, was nicht unbedingt<br />
bedeutet, dass wir hoch bauen, sondern dicht – also<br />
keine achtspurigen Avenidas, sondern durchaus<br />
schmale Straßen. Ganz im Sinne dessen, was ich<br />
eben über das Wohlfühlen in Städten gesagt habe.<br />
Ein weiterer Gesichtspunkt ist das Mischen<br />
zwischen Wohnen und Arbeiten: also keine weiten<br />
Wege von der Wohnstadt zum Arbeitsplatz oder zu<br />
Kulturstätten. In Changchun versuchen wir alles in<br />
den Quartieren zu mischen. Dazu gehört auch, dass<br />
wir keine gigantischen Shopping Malls auf die Wiese<br />
setzen, sondern Malls innerhalb der Quartiere platzieren,<br />
wobei die dann eben auch schon mal durch<br />
eine Strasse durchquert werden können. Unser Ziel<br />
ist, ohne motorisierten Verkehr alles zu erreichen,<br />
was ich zum täglichen Leben brauche. Also die<br />
Staffelung, nahe Ziele zu Fuß zu erreichen, etwas<br />
weitere Ziele mit dem Fahrrad ansteuern zu können,<br />
noch weitere Ziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr<br />
anzufahren und nur im äußersten Fall<br />
den motorisierten Individualverkehr notwendig zu<br />
machen. Dabei versuchen wir die Radfahrtradition
Visualisierung JingYue Ecological City, Kernbereich<br />
AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt
der Chinesen nicht wie in Peking aus dem Verkehrsbild<br />
wegzudrücken, sondern durch spezielle Expresswege<br />
in Grünanlagen noch zu fördern.<br />
? was ist denn in bezug auf energieeinsparung<br />
in changchun durchsetzbar?<br />
! Zum Beispiel das Thema Wärmedämmung.<br />
Als wir bei unserem ersten Projekt in der Nähe von<br />
Shanghai etwas von Wärmedämmung erzählt hatten,<br />
haben die nur den Kopf geschüttelt und gefragt, wer<br />
denn so was bezahlen soll. Inzwischen – und das ist<br />
erst acht Jahre her – ist etwas Ähnliches, was wir in<br />
Deutschland mit der Energieeinsparverordnung par<br />
excellence geregelt haben, in China ins Regierungsprogramm<br />
übernommen worden. Das heißt, für jedes neue<br />
Haus muss eine bestimmte Menge Dämmmaterial<br />
verbaut werden. Außerdem müssen alle Leitungen gedämmt<br />
werden, damit auch da keine Energie verloren<br />
geht. Und was die Zertifizierung betrifft, so möchten<br />
die Chinesen eine eigene Plakette haben. Was ich auch<br />
richtig finde. Denn es muss ja nicht alles immer so<br />
hoch reguliert sein wie bei uns in Deutschland. Aber<br />
genauso wenig brauchen sie eine Fast-Food-Plakette<br />
wie LEED. Da traue ich ihnen einen vernünftigen, eigenen<br />
Weg zu. Und zwar in maximal drei bis vier Jahren.<br />
Wo sie noch nicht so weit sind, sind die Wasserpreise.<br />
Wasser wird in China staatlich subventioniert,<br />
was dazu führt, dass die Chinesen kein Verhältnis<br />
dazu haben, dass Wasser eigentlich ein teures Gut<br />
ist. In diesem Punkt der Preisregulierung öffentlicher<br />
Energien ist China noch etwas zurück. Das hat natürlich<br />
etwas mit der kommunistischen Ideologie und<br />
ihrem Ideal der Gemeinschaft zu tun. Dieses Denken<br />
kann aber auch ein Vorteil sein.<br />
So ist es zum Beispiel für die Chinesen ganz<br />
normal, dass der Bau von allem, wofür die Gemeinschaft<br />
zuständig ist, auch schon sehr frühzeitig in<br />
Angriff genommen wird. Die warten also nicht so<br />
lange wie in Deutschland, wo die ersten Bewohner<br />
einer Siedlung schon drei Jahre dort wohnen, bevor<br />
der erste Kindergarten aufmacht. Die Chinesen sagen<br />
vielmehr, die Bürger müssen schon von Anfang an so<br />
etwas wie eine funktionierende Stadt haben. Insofern<br />
sind die Chinesen von der Denke her ein ganzes Stück<br />
weiter als wir.<br />
? eine mentalitätsfrage?<br />
! Nicht unbedingt. In einem in jeder Hinsicht<br />
zentralistisch geführten Land wird ex cathedra entschieden,<br />
wann und wo wie viel Geld hingeht. Da ist<br />
Planen und Ausführen immer schneller und effektiver<br />
zu machen. Aber wir versuchen trotz der Schnelligkeit<br />
eine solide und nachhaltige Konzeption durchzusetzen.<br />
Ein anderes Beispiel ist Dubai. Da haben wir<br />
immer abgelehnt zu arbeiten, weil dort so schnell von<br />
oben nach unten die Projekte verordnet und umgesetzt<br />
wurden, dass es nicht möglich war, gründlich<br />
zu planen. Was man heute zum Teil auch sieht. Die<br />
” Palme Eins“ hat Riesenprobleme, weil einfach nicht<br />
nachgedacht wurde, was im Ökosystem durch eine<br />
solche Anlage passiert. Die Lagunen fangen teilweise<br />
an zu stinken. Die Infrastruktur ist zum Teil nicht<br />
ausreichend dimensioniert. Und der gesamte Verkehr<br />
läuft quasi nur über den Stiel der Palme. Wenn<br />
da mal eine Unterbrechung ist, dann geht gar nichts<br />
mehr und alles steht bei der Hitze im Stau, lässt die<br />
Motoren wegen der Klimaanlage laufen, was nicht<br />
nur aus ökologischer Sicht sehr fragwürdig ist. All<br />
das sind aus unserer Sicht Anfangsfehler für einen<br />
Stadtplaner – aber die Palme“ sieht natürlich spek-<br />
”<br />
takulär aus. Aus dem Weltraum!<br />
? in dubai arbeiten sie also nicht?<br />
! Wir arbeiten seit 30 Jahren in Saudi Arabien<br />
und zur Zeit auch in Abu Dhabi und Katar, aber<br />
Dubai war uns immer zu schnell. Und wenn die<br />
einzige Ansage vom obersten Herrscher des Landes<br />
das ” Ich will‘s sofort“ ist, dann muss man als Planer<br />
auch mal nein sagen können.<br />
? wo würden sie noch nein sagen?<br />
! Ganz klar zur Zeit im Iran. Auch in bestimmten<br />
Diktaturen Lateinamerikas. Aber damit<br />
sind wir bei einem heißen Thema. Wenn Sie SPIE-<br />
GEL-Leser sind, dann wissen Sie ja, dass ” Bauen in<br />
Diktaturen“ zur Zeit ein sehr heißes Thema ist. Wir<br />
sind für uns inzwischen der Meinung, dass – wenn<br />
es uns gelingt, nicht reine Repräsentationsarchitektur<br />
oder -planung zu machen, sondern eine nachhaltige<br />
Stadt- und Architekturplanung – wir der Umwelt<br />
und den Menschen dort helfen. Das heißt für<br />
uns, dass wir durchaus ein Museum, in dem sich ein<br />
Staat repräsentiert, bauen können, weil das letztlich<br />
neutral ist. Was wir jedoch nicht machen würden,<br />
wäre diese Riesenpyramide in Kasachstan, die unser<br />
berühmter Kollege Sir Norman Foster geplant und<br />
gebaut hat. Das ist eine reine Zurschaustellung eines<br />
Machtanspruches. Das machen wir nicht.<br />
Was wir dagegen machen ist das Justizministerium<br />
in Riad – nicht ohne vorher sehr gründlich<br />
zu recherchieren. Ich habe dazu im Vorfeld ein<br />
langes, intensives, mehrstündiges Gespräch mit dem<br />
deutschen Botschafter in Riad geführt. Er ist selbst<br />
Jurist, war dort drei Jahre tätig und hat mir gesagt,<br />
dass er unzählige Gespräche geführt hat, zur Reformierung<br />
des saudi-arabischen Rechtswesens. Die<br />
Saudis können natürlich nicht von der Scharia weg.<br />
Das ist ganz klar. Aber sie wollen die Rechtssprechung<br />
nachvollziehbarer machen – also mehrstufig<br />
gliedern, Einspruchsmöglichkeiten schaffen, jedem<br />
Angeklagten von Anfang an einen Verteidiger zur<br />
AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt<br />
Visualisierung JingYue Ecological City - Zentrale Achse<br />
Seite stellen und so weiter. Der Botschafter hat mich<br />
darin bestärkt, diese Reformbestrebung zu unterstützen,<br />
indem wir diese Gedanken langfristig auch in<br />
der Struktur eines Gebäudes ausdrücken. Unter diesem<br />
Gesichtspunkt haben wir an dem Wettbewerb<br />
teilgenommen. Sonst hätten wir das nicht gemacht.<br />
? hat eine solche haltung zu diktaturen<br />
etwas mit den familiären erfahrungen von<br />
professor speer zu tun?<br />
! Das will ich nicht ausschließen, aber im<br />
Prinzip sind wir uns in diesem Punkt hier alle einig.<br />
Diese Entscheidung ruht deshalb auf den Schultern<br />
aller.<br />
? kommen wir zu einem anderen land,<br />
in dem auch von oben gesagt wird, wo es<br />
lang geht, wo aber die erste generation der<br />
führungselite bereits im ausland studiert und<br />
gelebt hat und diese internationalen standards<br />
jetzt mit zu sich nach hause genommen<br />
hat. kommen wir zu russland. ist es dort<br />
einfacher zu bauen? oder ganz anders? und<br />
wie sieht es da aus?<br />
! Wir haben uns als Büro immer gescheut<br />
nach Russland zu gehen, weil wir dachten: Mit<br />
unserem Namen brauchen wir in Russland erst gar<br />
nicht zu akquirieren, da finden wir nur verschlossene<br />
Türen. Das genaue Gegenteil war der Fall.<br />
Vor vier, fünf Jahren, als der Boom in Russland so<br />
richtig losging, sind wir von einigen Entwicklern<br />
angesprochen worden, warum wir nicht in Russland<br />
tätig sind. Und wir haben dann relativ schnell Kontakt<br />
zu großen Entwicklern bekommen, die nicht<br />
pompöse Milliardärsvillen bauen wollten, sondern<br />
Wohnungsbau für die breite Masse. Dahinter stand<br />
und steht die Überlegung, dass der Reichtum, der<br />
sich zur Zeit an der Spitze der Pyramide angesammelt<br />
hat, langsam auch in die tieferen Regionen<br />
sacken wird. Und wenn sich das mittlere Einkommen<br />
deutlich erhöhen wird, werden die Russen<br />
nach neuem Wohnraum nachfragen. Und da kann<br />
es nicht sein, dass sie keine Alternative zu den oftmals<br />
sehr heruntergekommenen Wohnungen in den<br />
Städten haben. Nun wollen wir aber keine Sanierungsarbeit<br />
leisten, sondern wir wollen vermeiden,<br />
dass in Moskau ein zweites Los Angeles entsteht.<br />
Mit diesen endlosen Weiten voller Einfamilienhäusern,<br />
deren Einwohner sich morgens und abends<br />
auf breiten Straßen in die Stadt wälzen. Deshalb<br />
haben wir in der Oblast Moskau für 30 000<br />
Menschen ” Westquadrant“ entwickelt, eine Stadterweiterung<br />
nach den Kriterien, denen wir uns<br />
verpflichtet fühlen. In Petersburg sind wir sogar<br />
direkt in die Stadtentwicklung eingebunden und für<br />
die Russische Föderation haben wir unter anderem<br />
Entwicklungsprojekte für sechs touristische ” Sonderzonen“<br />
konzipiert. All das ist inzwischen durch<br />
die Finanzkrise zum Erliegen gekommen, nimmt<br />
aber langsam wieder Fahrt auf.
? welche quadratmeterpreise kann –<br />
oder konnte – man ihrer erfahrung nach in<br />
moskau erzielen?<br />
! Vor zwei Jahren lag der Quadratmeterpreis<br />
für eine Eigentumswohnung in sehr guter<br />
Lage bei 30 000 Euro. Bis zum dritten Ring –<br />
und das ist schon recht weit draußen – lag der<br />
Preis aber immer noch zwischen 6000 und 8000<br />
Euro – pro Quadratmeter. Jetzt ist der Preis im<br />
Innenstadtbereich auf 7500 Euro gesackt, wird<br />
aber wohl bald wieder anziehen. In St. Petersburg<br />
ist es noch schwieriger, weil im Innenstadtbereich<br />
ja fast alles denkmalgeschützt ist.<br />
Sie können da also nicht viel Neues bauen. Und<br />
jetzt hat unlängst die Stadt – Gott sei’s gedankt<br />
– die Reißleine gezogen und die maximale<br />
Gebäudehöhe stark limitiert. Dadurch konnte<br />
der gewaltige Gazprom-Tower zwar nicht gebaut<br />
werden, aber der hätte Petersburg auch bestimmt<br />
den Weltkulturerbe-Status gekostet. Und<br />
einige Gebäude, die während der Boom-Zeit drei<br />
Stockwerke zu hoch gebaut wurden, hat man<br />
wieder zurückbauen lassen. Das bedeutet eine<br />
Neubauflächenverknappung, die den Quadratmeterpreis<br />
natürlich wieder teurer werden lässt.<br />
? kommen wir noch einmal zur<br />
nachhaltigkeit zurück. welche chancen<br />
sehen sie in der zukünftigen entwicklung<br />
auf diesem sektor für die gebäudearchitektur?<br />
! Durch das neue Gütesiegel und die Zertifizierung<br />
bekommt jetzt das Einsparen von Primärenergie<br />
eine neue Bedeutung. Also, wie kann<br />
ich Häuser bauen, die so wenig Primärenergie<br />
verbrauchen wie möglich. Wir haben jetzt hier<br />
in Frankfurt einige Häuser mit Passivhausstandard<br />
gebaut, was so viel heißt wie, dass sie nur<br />
circa zehn Prozent des normalen Energieverbrauchs<br />
haben. Aber das nächste Ziel wird sein,<br />
Gebäude so zu konstruieren, dass sie Energie<br />
abgeben können – durch Einsatz von Geothermie<br />
oder durch Abwärme von Menschen. Jeder<br />
Mensch hat ja 300 Watt und ist damit ein kleines<br />
Kraftwerk. Warum also nicht die Brennstoffzelle<br />
Mensch anzapfen...?<br />
? ... und der brennstoff kommt von aldi?<br />
! Ja, genau (lacht). Ziel ist es, über Wärmetauscher<br />
die überschüssige Energie vom menschlichen<br />
Wärmehaushalt aufzunehmen und zu speichern<br />
oder ins Netz zurückzugeben hypothetisch gesprochen.<br />
N#<br />
? halten sie denn so was für realisierbar?<br />
! Ja klar, wir sind auf dem besten Wege dazu.<br />
Nachmann rechtsanwälte finden die architektonischen<br />
und raumplanerischen Arbeiten von Albert Speer & Partner in<br />
China und russland zukunftsweisend.<br />
AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt
NACHHALTIGKEIT<br />
Seite 20<br />
Eine Einführung in das Thema mit Dipl.-Ing. Ingemar Hunold,<br />
enco energie consulting GmbH<br />
green building spart–<br />
geld!<br />
er ist zwar noch jung, hat das thema green<br />
building aber sozusagen in den genen. sein<br />
vater – fritjoff hunold – hat im jahre 1979<br />
das ingenieurbüro enco in kassel gegründet<br />
und schon in den 1980ern eine von der eu<br />
geförderte kampagne durchgeführt zur verbreitung<br />
von dezentralen energiekonzepten<br />
für kommunen. enco ist zwar eine klassische<br />
ingenieurgesellschaft an den standorten<br />
münchen, frankfurt und kassel, die technische<br />
gebäudeausrüstung wie klimaanlagen,<br />
sanitär, abwasser und elektro plant, versteht<br />
sich aber mittlerweile als dienstleister und<br />
partner für bauherren und architekten für<br />
die gesamte palette der haustechnik und<br />
befasst sich seit der gründung auch mit ökologischen<br />
themen. mittlerweile ist das büro<br />
in die hände vier junger motivierter gesellschafter<br />
unter der leitung von andreas vogt<br />
übergegangen.<br />
ingemar hunold ist architekt und hat<br />
sich seine ersten sporen in chicago bei skidmore,<br />
owings & merrill verdient, wo er auch<br />
am illinois institute of technology studiert<br />
hat. inzwischen arbeitet er in der münchner<br />
dependance der enco und ist für das thema<br />
nachhaltiges bauen – green building im gesamten<br />
unternehmen verantwortlich.<br />
? herr hunold, was sollte man auf jeden<br />
fall haben, wenn man an der schnittstelle<br />
zwischen den spezialisten für das schöne<br />
”<br />
am bau“ – also den architekten – und den<br />
” spezialisten für das nützliche am bau“ – den<br />
ingenieuren arbeitet?<br />
! Sehr viel diplomatisches Fingerspitzengefühl<br />
(lacht). Im Ernst, da muss man schon<br />
Verständnis für beide Parteien aufbringen, um die<br />
unterschiedlichen Charaktere zusammenzubringen.<br />
Aber das kennen sicherlich alle, die sich mit dem<br />
Thema ” integrale Planung“ beschäftigen. Unser<br />
Ansatz als Ingenieurbüro geht generell dahin, dass<br />
die für den Gebäudebau wichtigen Partner – also<br />
Architekten, Planer, Bauherren und Ingenieure<br />
– möglichst früh zusammenkommen sollten, am<br />
besten in der anfänglichen Planungsphase, um die<br />
Fragen des Green Buildings schon im Grundkonzept<br />
zu klären und damit die Weichen für nachhaltige<br />
Gebäude zu stellen.<br />
? bedeutet denn green building primär,<br />
sich um ökologische fragen beim bauen<br />
gedanken zu machen?<br />
! Nein, das wäre zu einseitig. Es geht um<br />
Nachhaltigkeit – und dabei darum, die drei Säulen<br />
der Nachhaltigkeit im Gebäude zu vereinen – also<br />
die Ökologie, die Ökonomie und das Sozio-Kulturelle<br />
(s. Abb.). Dabei geht es darum, die Schnittmenge<br />
möglichst groß zu gestalten.<br />
An der Universität wird gelehrt, dass es so<br />
sein soll. Aber in der Praxis hängt es sehr stark von<br />
dem Goodwill aller Beteiligten ab, damit es gelingt.<br />
Und eben von der Kommunikation miteinander.<br />
Das ist zwar banal, aber es hilft nichts, das zu<br />
verleugnen. Wie in vielen Bereichen, wo Menschen<br />
zusammen arbeiten, ist die Bereitschaft partnerschaftlich<br />
und freundlich miteinander zu kommunizieren<br />
das A und O. Und wenn ein Einziger<br />
anfängt zu mauern, um seine originären Ziele zu<br />
verfolgen, dann tut das der Sache nicht unbedingt<br />
gut. Wenn in der Konzeption eines Gebäudes schon<br />
einige Dinge klar geplant werden können, zum Beispiel<br />
in Richtung Gebäudeklima, dann kann man in<br />
der Technik einiges reduzieren, was letztlich auch<br />
der Ökonomie zugute kommt. Hier wird von enco<br />
die Vision gelebt: ” Ein Gebäude ohne Technik ist<br />
das bessere Gebäude.“<br />
? thema klimaanlagen. ich kenne<br />
deren vor- und nachteile bei großen passagierschiffen,<br />
wo es mich immer stört, dass<br />
man die fenster nicht aufmachen kann bzw.<br />
Ökonomie<br />
Ökologie Soziales<br />
dass sie erkältungen von einer kabine in die<br />
nächste tragen. oder anders gefragt: kann<br />
man im green building die fenster öffnen –<br />
trotz klimaanlage?<br />
! Man sollte es eigentlich können müssen.<br />
Denn im Mittelpunkt jedes Gebäudebaus muss ja<br />
der Nutzer stehen. Also der Mensch. Jedes Gebäude<br />
muss dem Nutzer dienen, denn er soll sich ja darin<br />
wohlfühlen. In Green Buildings arbeitet es sich<br />
generell besser, was sich nicht nur im Sozialen,<br />
sondern auch bei der Ökonomie positiv auswirkt.<br />
Dazu gehört die Frage: Wie bekomme ich im Haus<br />
das Klima ohne Klimaanlage hin? Da steht dann<br />
zum Beispiel auch das Thema Pflanzen auf dem<br />
Tapet.<br />
? da frage ich doch gleich mal nach der<br />
abgrenzung zum indoorlandscaping?<br />
! Beim Indoorlandscaping geht es darum,<br />
das Organische in die Architektur zu integrieren,<br />
also neben Steinen auch mit biologischen Inhaltsstoffen<br />
zu gestalten. Green Building ist heute – entgegen<br />
den Anfängen, wo es noch genügte wie beim<br />
Commerzbank-Gebäude in Frankfurt, viele grüne<br />
Inseln im Gebäude zu verteilen – ein ganzheitlicherer<br />
und vielseitigerer Ansatz in Richtung von Öko-
Kosten<br />
Konzept<br />
Beeinflussbarkeit<br />
der Kosten<br />
Planung<br />
und Energiebilanz des Gebäudes. Oder mit anderen<br />
Worten: Indoorlandscaping ist ein Bestandteil eines<br />
Green Buildings.<br />
? ich fasse zusammen: ein bauherr sollte<br />
das architekturbüro und das ingenieurbüro<br />
zur gleichen zeit von seinem projekt eines<br />
green buildings informieren und sie auch<br />
gleich briefen?<br />
! Genau.<br />
? das erhöht natürlich erst mal die planungskosten,<br />
nehme ich an?<br />
! Korrekt.<br />
Bauausführung<br />
Diese Abbildung ist nicht maßstäblich zu verstehen, sondern als Tendenz.<br />
? aber sie sagen, langfristig spart dieses<br />
vorzeitige, gemeinsame vorgehen dem bauherrn<br />
geld ein?<br />
! So ist es. Es gibt dazu eine grafische<br />
Darstellung, aus der Sie den Unterschied ersehen<br />
können (s. Abb.). Daraus wird deutlich, dass je<br />
länger Sie ein Gebäude nutzen, um so größer ist<br />
die Einsparung bei Green Buildings.<br />
Konventionelle<br />
Planung<br />
Nutzungsphase<br />
Nachhaltige<br />
Planung<br />
? ist das thema green building eigentlich<br />
neu in deutschland?<br />
Zeit<br />
! Das kann man eigentlich nicht sagen.<br />
Schauen Sie sich einmal den Grundriss alter<br />
Bauernhöfe an, da ist der Wohnraum umgeben<br />
von den Ställen – die sowohl Wärme abgeben als<br />
auch eine Art Luftraum-Isolation darstellen.<br />
Oder die Neigung der Stadeldächer. Die<br />
sorgen dafür, dass im Winter der Schnee auf dem<br />
Dach liegen bleibt und so eine zusätzliche Dämmung<br />
darstellt, weil der Schnee letzten Endes<br />
Luft auf ganz engem Raum zusammenfasst.<br />
Oder denken Sie – wenn es etwas High-<br />
Tech sein soll – an den Reichstag, der hat eine<br />
Geothermie-Anlage, die sich die Erdwärmespeicherung<br />
zu Heizzwecken nutzbar macht. Und<br />
die ist von 1991 bis 1999 gebaut worden. Es gibt<br />
Gedanken zum Ökologischen Bauen also schon<br />
lange.<br />
Und wenn Sie das Buch von Buckminster<br />
Fuller ” Bedienungsanleitung für das Raumschiff<br />
Erde“ von 1963 lesen, dann werden Sie auch dort<br />
schon ganz viele solche Ideen finden.<br />
Aber durch die Zertifizierung bekommt<br />
das Thema Green Building im Augenblick einen<br />
neuen Schwung, weil jetzt auch Investoren den<br />
Sinn und Nutzen des nachhaltigen Bauens<br />
erkennen. Denn durch die Zertifizierung wird<br />
die integrale Planung, über die wir sprechen, gewissermaßen<br />
messbar und transparent gemacht.<br />
Und solche greifbaren Daten sind für Bauherren<br />
natürlich sehr wichtig, da sie dadurch sehen<br />
können, wie ihr Geld eingesetzt wird. Und ein<br />
zertifiziertes Gebäude erzielt im Verkaufsfall und<br />
bei der Vermarktung einen höheren Preis – eben<br />
weil die Gestehungs-, Verbrauchs- und Betriebskosten<br />
verlässlich messbar sind. Es ist quasi ein<br />
Gütesiegel für die Zukunftsträchtigkeit eines<br />
Gebäudes. (Grüne) Immobilienfonds werden<br />
sicherlich sehr bald auf solchen Zertifizierungen<br />
bestehen. Beim oben erwähnten Commerzbank-<br />
Gebäude in Frankfurt zum Beispiel gab es diese<br />
Zertifizierung noch nicht, weshalb man heute<br />
auch nicht genau weiß, wie effektiv und nachhaltig<br />
die dabei gewählte Bauform wirklich ist.<br />
Amüsanterweise haben gerade die<br />
Amerikaner, die ja nicht im Ruf stehen mit den<br />
eigenen Energieressourcen (und denen anderer)<br />
besonders sparsam umzugehen, 1998 ein<br />
System zur Klassifizierung mit einer Reihe von<br />
Standards für umweltfreundliches, ressourcenschonendes<br />
und nachhaltiges Bauen als<br />
Vorreiter entwickelt – das LEED (Leadership in<br />
Energy and Environmental Design). Allerdings<br />
lässt sich diese Zertifizierung, die ich während<br />
meiner Arbeit in Chicago studiert habe, nicht<br />
einfach auf den europäischen Markt übertragen,<br />
da andere nationale Regelungen zu befolgen<br />
sind. In Deutschland gibt es daher seit einem<br />
Jahr das ” Deutsche Gütesiegel für Nachhaltiges<br />
Bauen“ (DGNB). Das ist ein umfassendes Bewertungssystem<br />
für nachhaltige Gebäude. Ich bin in<br />
der ersten Ausbildungsgruppe zum Auditor für<br />
dieses Siegel.<br />
? woher kommt diese aktuelle aufmerksamkeit<br />
für das thema?<br />
! Wenn Sie sich einmal die CO2-Emissionen<br />
weltweit anschauen, dann werden Sie feststellen,<br />
dass zwischen 30 und 40 Prozent durch<br />
die Bauindustrie entstehen – und nicht durch<br />
das Verkehrsaufkommen! Da ist eingeschlossen<br />
die Entnahme von Rohstoffen, der Bauprozess,<br />
die Lebensdauer und die Energieversorgung.<br />
Das heißt doch, dass wir eigentlich keine<br />
andere Wahl haben, als neue Ideen beim Bauen<br />
zu entwickeln. Und diese Ideen in der breiten<br />
Masse durchzusetzen. Das gilt aber nicht nur<br />
für den Neubau, sondern auch für Sanierungsmaßnahmen.<br />
Denn was nützt es supernachhaltige<br />
Neubauten hinzustellen, wenn der Bestand<br />
hinterherhinkt.<br />
? und was kann man konkret bei<br />
sanierungen tun?<br />
? Zurzeit gehen die Maßnahmen in<br />
Richtung energetische Sanierung, das heißt, man<br />
wechselt die Fenster aus und ersetzt sie durch<br />
Dreischeibenfenster und packt das Gebäude in<br />
einen Dämmmantel, weil das erhebliche Energiekosten<br />
spart und schon eine Menge bringt. Aber<br />
eigentlich muss es noch ein Stück weitergehen,<br />
indem wir die Infrastruktur der Gebäude – also<br />
zum Beispiel die Heizungs-, Kälte- und Klimaanlagen<br />
– berücksichtigen. Erst wenn all das im<br />
Lot ist, hat die energetische Sanierung Hand und<br />
Fuß. Nicht nur in Bezug auf die Ökologie, sondern<br />
vor allem für die Ökonomie des Gebäudes.<br />
Und letztlich müssten auch die Kommunen anfangen<br />
umzudenken. Der Ansatz von Kirchheim<br />
zum Beispiel, wo eine Geothermie-Anlage für die<br />
ganze Gemeinde gebaut worden ist, die sie autark<br />
vom allgemeinen Wärmeheiznetz gemacht hat,<br />
sollte viel größere Akzeptanz bei vielen Kommunen<br />
finden. Denn diese Dezentralisierung macht<br />
nicht nur unabhängiger, sondern spart auch<br />
Kosten – und schont die Umwelt.<br />
? letzte frage: wenn sie einen ausblick<br />
wagen sollten auf die neuen technologien<br />
im bereich green building, wie sähe<br />
der aus?<br />
! Wenn Sie sich die technologischen<br />
Entwicklungen im Auto-, Schiffs- oder Flugzeugbau<br />
der letzten Jahre anschauen und das<br />
mit dem Fortschritt im Bauwesen vergleichen,<br />
dann schneidet das Bauen sehr schlecht ab. Die<br />
systematische Herangehensweise an die Herausforderungen,<br />
die an ein Schiff, Flugzeug oder<br />
Auto gestellt sind, müssen wir erst noch lernen.<br />
Mit großem Staunen schauen wir nach Japan, wo<br />
man im Bereich der Vorfertigung von Bauteilen<br />
so weit ist, dass dort Hochhäuser fast allein von<br />
Maschinen und Robotern hochgezogen werden.<br />
Da läuft alles über Barcodes. Und der ” Handwerker“<br />
ist eigentlich nur noch der Mann, der<br />
am Computer die Ausführung überwacht. Das<br />
Gleiche gibt es auch in Japan mit dem Rückbau –<br />
um Ressourcen zu schonen und das rückgebaute<br />
Material wieder verwenden zu können. Damit<br />
will ich diese Technologie nicht nach Europa<br />
holen. Aber ich will damit sagen, dass wir erst<br />
am Anfang zu ganz neuen Bauformen und -technologien<br />
stehen. Für einen Architekten in einem<br />
Ingenieurbüro eine spannende Zeit.<br />
N#<br />
Nachmann rechtsanwälte vertreten und beraten die enco<br />
energie consulting GmbH in allen rechtlichen Angelegenheiten.
NACHHALTIGKEIT<br />
Seite 24<br />
Interview mit Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hausladen,<br />
Ordinarius am Lehrstuhl für Bauklimatik und Haustechnik der Technischen Universität München sowie<br />
geschäftsführender Gesellschafter der Ingenieurbüro Hausladen GmbH<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
wenn sich gemeindeväter für die energie aus<br />
dem bauch von mutter erde erwärmen wollen,<br />
fragen sie gerne erst mal den bayrischen<br />
professor aus kirchheim bei münchen. denn<br />
der ist nicht nur ordinarius am lehrstuhl<br />
für bauklimatik und haustechnik der technischen<br />
universität münchen. er bildet auch<br />
eine handverlesene schar von ingenieuren und<br />
architekten aus aller welt im weltweit einmaligen<br />
masterstudiengang climadesign aus. die<br />
rede ist von prof. dr.-ing. gerhard hausladen.<br />
jedes<br />
gebäude<br />
ist ein<br />
prototyp<br />
? herr professor hausladen, ist ihre gemeinde<br />
kirchheim eigentlich im kommunalen<br />
bereich vorreiter in der nutzung von energie<br />
aus erdwärme?<br />
! In der Konstellation, dass sich drei Gemeinden<br />
zusammenschließen, um auf diesem Wege ihre<br />
Energieprobleme anzugehen, ein eindeutiges ” Ja“.<br />
Berning<br />
Tina<br />
? und wie tief muss man hier bohren,<br />
damit es etwas bringt? Illustration:
„Für unseren Master Studiengang systematisieren wir die Erkenntisse aus dem Bereich ClimaDesign und forschen in verschiedenen<br />
Sektoren.“
! Ungefähr 3000 Meter. Wenn die geologischen<br />
Bedingungen stimmen, kann man in diesen<br />
Tiefen die entsprechende Wärme finden, mit der<br />
man arbeiten kann. In Unterhaching – im Süden<br />
von München – reicht die Wärme in dieser Tiefe<br />
sogar aus, neben der Heizung für die Gemeinde<br />
auch noch Strom zu erzeugen. In jedem Fall<br />
werden aber bislang immer zwei Bohrungen<br />
vorgenommen, durch dessen erste Bohrung<br />
warmes Wasser aus der Erde entnommen und<br />
als Energielieferant genutzt wird, um durch die<br />
andere Bohrung das abgekühlte Wasser wieder in<br />
die Erde zurückzuführen. Damit kein unterirdischer<br />
” Kurzschluss“ zwischen entnommenem und<br />
rückgeführtem Wasser entsteht, müssen die Bohrungen<br />
etwa einen Kilometer auseinander liegen.<br />
Die Forschung weiß allerdings inzwischen, dass<br />
Erdwärme keine unendlich verfügbare Energie<br />
ist, sondern ” nur“ für die nächsten 50 Jahre<br />
reicht, weil sich durch die Nutzung, die Temperatur<br />
des Wassers aus der Tiefe um spürbare 5<br />
bis 10 Grad abgekühlt. Aber das macht nichts,<br />
denn die Geothermie hilft uns wenigstens über<br />
die nächsten 50 Jahre auf eine sehr saubere Art<br />
und Weise. Und wenn Sie sich mal die Nutzung<br />
des Erdöls anschauen, dann wird das auch erst so<br />
richtig seit 70 Jahren genutzt – richtet dabei aber<br />
eine Menge Schaden für unser Klima an.<br />
? und im bereich der geothermie<br />
forschen sie?<br />
! Nicht wirklich. Uns interessieren nicht<br />
die geologischen Fragen, sondern die Nutzungsfragen.<br />
Wir erforschen, wie Kommunen vorgehen<br />
müssen, um vom Gebrauch fossiler Energien auf<br />
die Nutzung regenerativer Energien umzusteigen.<br />
Also zum Beispiel die Frage: Was muss die Gemeinde<br />
X tun, um ihr Gemeindegebiet unabhängig<br />
vom Öl zu machen?<br />
? und zu welchen ergebnissen kommt<br />
man da?<br />
! Wenn Sie sich die jetzt schon absehbaren<br />
Veränderungen im Energie-Nutzungs-Prozess<br />
einmal genauer anschauen, dann sehen Sie: Die<br />
jetzige zentrale Energie-Versorgungsstruktur wird<br />
sich sehr bald in eine dezentrale Energieproduktion<br />
verwandeln. Oder besser gesagt: in eine<br />
Kombination von beidem. Man kann das an der<br />
Stromversorgung gut vorhersehen. Über zentrale<br />
Strukturen wird der Strom bald aus dem ” Desert-<br />
Tech“, also dem solaren Kraftwerk in der Wüste,<br />
zu uns geführt. Parallel dazu werden dezentrale<br />
Strukturen entstehen, die im Wesentlichen über<br />
Photovoltaik und Biomasse-Heizkraftwerke<br />
dezentral Strom erzeugen und die Abwärme<br />
nutzen. Und zusätzlich werden Gemeinden ihre<br />
Heizthematik durch Geothermie-Anlagen lösen.<br />
Energie wird also in Zukunft sehr vielschichtig<br />
produziert werden. Und da sind die Gemeinden<br />
ganz intensiv gefragt. Denn es macht doch weder<br />
ökonomisch noch ökologisch Sinn, dass sich<br />
jeder Häuslebauer unabhängig und unkoordiniert<br />
Holzpelletanlagen einbaut.<br />
? was halten sie von der initiative,<br />
bei der vw und der ökostromanbieter<br />
lichtblick zigtausend gasbetriebene blockkraftwerke<br />
made by vw, in denen wärme<br />
für heizung und warmwasser erzeugt werden<br />
soll, zum verkauf anbietet, um so große<br />
mengen strom zu erzeugen und ins öffentliche<br />
netz einzuspeisen? vorzugsweise, wenn<br />
am markt großer strombedarf besteht. das<br />
ziel sei es, die zum ausgleich schwankender<br />
stromnachfrage arbeitenden schattenkraftwerke<br />
überflüssig zu machen.<br />
! Ja, das ist ja ganz klar, dass die Autohersteller<br />
in diese Richtung denken. Die sagen<br />
sich, dass es doch viel zu schade wäre, wenn ihre<br />
guten Motoren nur auf den Straßen rumfahren.<br />
Die sollen auch in den Häusern stehen, Strom<br />
erzeugen und die Abwärme fürs Haus nutzbar<br />
machen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Der<br />
Energiebereich wird auch den Automobilsektor<br />
stark verändern. Die Diskussion um die Elektromobilität<br />
kam ja nicht dadurch auf, dass man<br />
die für so viel umweltfreundlicher als herkömmliche<br />
Autos gehalten hat. Diese Diskussion kam<br />
auf, weil man eine neue Generation von Batterien<br />
brauchte, um Strom zwischenspeichern zu<br />
können. Schauen Sie, bisher hatte man Grundlastkraftwerke<br />
gehabt, deren Stromproduktion<br />
gleich in den Verbrauch wanderte, und Spitzenlastkraftwerke,<br />
die in besonderen Spitzenzeiten<br />
dazugeschaltet wurden. Da hatte man auf der<br />
einen Seite einige Stromanbieter und auf der<br />
anderen Seite viele Abnehmer. Wenn die Entwicklung<br />
jetzt mehr in Richtung dezentrale und<br />
regenerative Stromerzeugung geht, dann wird nur<br />
Strom erzeugt, wenn Wind weht oder die Sonne<br />
scheint. Das heißt, die Stromerzeugung habe<br />
ich nicht mehr so im Griff und brauche deshalb<br />
effektive Zwischenspeicher – und da passt das<br />
Elektromobil sehr gut rein. Das kann daheim in<br />
der Garage geladen werden und vielleicht sogar<br />
auch noch nach der Fahrt erzeugten Strom ins<br />
Netz einspeisen.<br />
? stellt sich die frage, was denn die<br />
versorgerindustrie zu dieser entwicklung<br />
sagt? die verlieren doch ihre alleinstellungsrolle<br />
als stromerzeuger.<br />
! Es werden die großen Kraftwerke nicht<br />
mehr gebraucht. Das ist klar. Aber es werden<br />
andere Strukturen aufgebaut, zum Beispiel indem<br />
die großen Versorgerkonzerne die neue Rolle als<br />
Investoren für dezentrale Kraftwerkskonzepte<br />
übernehmen. Denn die Gemeinden suchen ja<br />
oftmals auch Partner für die Finanzierung solcher<br />
neuer Anlagen. Außerdem werden die Leitungen<br />
weiterhin gebraucht werden, um den Strom von<br />
Afrika zu uns her zu leiten und zu verteilen. Es<br />
werden außerdem andere Steuerungssysteme<br />
gebraucht werden, um die Stromanforderungen<br />
in Spitzenzeiten zu entzerren. In diesem Bereich<br />
werden die Versorgungsunternehmen aus meiner<br />
Sicht ebenfalls sehr aktiv werden.<br />
? ” andere steuerungssysteme“<br />
bedeutet?<br />
! Nehmen Sie dieses Haus, in dem wir hier<br />
arbeiten. Wir haben hier ein flächiges Heizsystem<br />
eingebaut, das mit einer Wärmepumpe betrieben<br />
wird. Wenn ich die Pumpe zu Spitzenlastzeiten<br />
für drei Stunden ausschalte, dann merkt das hier<br />
drinnen von der Temperatur gar keiner. Weil das<br />
Haus gut gedämmt ist und wenig Temperaturverlust<br />
hat. Wenn ich dagegen ein ” feinfühliges“<br />
System habe, bei dem man Temperaturschwankungen<br />
sofort merkt, dann bin ich natürlich<br />
abhängig davon, dass ich dieses System ständig<br />
mit Energie füttere. Das bedeutet, dass Gebäude<br />
und Energieversorgungssysteme dahingehend<br />
weiterentwickelt werden, so dass sie noch<br />
unempfindlicher auf das Abschalten reagieren –<br />
ob das Wärme oder Strom ist.<br />
? was meinen sie mit ” feinfühliges<br />
system“? zeichnen sich solche systeme<br />
durch schlechte isolierung aus?<br />
! Nein, das sind zum Beispiel Gebäude, die<br />
– um in der Nutzung flexibel zu sein – innen leichte<br />
Trennwände, abgehängte Decken und geständerte<br />
Böden haben. Meist haben diese Gebäude auch<br />
noch viele Fensterfronten, die im Sommer, wenn<br />
die Sonne herein scheint, so viel Wärme durchlassen,<br />
dass man sie runterkühlen muss. Solche<br />
Gebäude haben – trotz guter Dämmung nach<br />
außen – keine Speichermassen mehr – wie das<br />
zum Beispiel bei alten Häusern mit ihren dicken<br />
Wänden der Fall ist. Solche Bauten bieten wenig<br />
Spielraum – verschlingen dafür aber viel Energie.<br />
Im Winter zum Heizen, im Sommer zum Runterkühlen.<br />
Und da setzen wir mit unsrer Ausbildung<br />
ein, damit die jungen Leute die Zusammenhänge<br />
beim Bauen erlernen und gleich in der Planungsphase<br />
schon einbringen können. Man glaubt als<br />
Außenstehender ja eigentlich, solche Zusammen-<br />
hänge müssten allen längst bekannt sein. Sind sie<br />
aber nicht. Im Baubereich läuft es nämlich nicht<br />
so, wie im Automobilbereich. Da entwickeln ja<br />
Heerscharen von Ingenieuren neue Sachen und<br />
testen das Entwickelte fortlaufend, ehe es in Serie<br />
geht. Bei den Häusern wird geplant – und gleich<br />
gebaut. Fertig. Ob das funktioniert oder nicht. Ich<br />
wundere mich manchmal überhaupt, dass die Häuser<br />
so funktionieren, wie sie funktionieren. Denn<br />
es sind ja alles eigentlich Prototypen.<br />
? was lernen die studenten des climadesign<br />
während ihres studienganges? das<br />
ist ein masterstudiengang für gestandene<br />
ingenieure, oder?<br />
! Ja, und für Architekten! Die Alterstruktur<br />
ist sehr gemischt – von 26 bis 50 Jahren – ebenso<br />
wie die Herkunft der Studenten. Von Deutschland<br />
über Brasilien bis China ist alles vertreten. Das<br />
gibt natürlich eine sehr interessante Dynamik. Für<br />
den Studiengang systematisieren wir die Erkenntnisse<br />
aus dem Bereich ClimaDesign und forschen<br />
in verschiedenen Sektoren. Dadurch können wir<br />
– und unsere Studenten – in einem Bereich tätig<br />
werden, der bisher nicht abgedeckt wurde. Denn<br />
bisher haben Ingenieure zu wenig vom Baulichen<br />
verstanden – und Architekten zu wenig von den<br />
physikalischen Zusammenhängen.<br />
? apropos zusammenhänge: kann man<br />
eigentlich den faktor behaglichkeit messen?<br />
! Ja klar – sofern man ihn klar definiert.<br />
Dazu gehören zum Beispiel Größen wie die empfundene<br />
Lufttemperatur, die zum Beispiel durch<br />
Luftbewegungen im Raum – was man umgangssprachlich<br />
als Zug“ bezeichnet – ins Ungemütli-<br />
”<br />
che verändert werden kann. Oder kalte Flächen<br />
wie Wände, die ebenfalls sehr unangenehm sein<br />
können. Dann gehört die Luftfeuchtigkeit dazu, die<br />
Leuchtdichte, was zum Beispiel bei Arbeitsplätzen<br />
am Fenster von Bedeutung ist, und die Frage, ob<br />
sich das Auge ständig den Lichtschwankungen,<br />
zum Beispiel bei direkter Sonneneinstrahlung,<br />
und den Spiegelungen auf dem Computer anpasst.<br />
Das sind alles messbare Größen, bei denen man<br />
auch relativ gut definiert hat, was den Menschen<br />
zuträglich ist und was nicht. Es gibt aber auch<br />
nicht-messbare Größen, die in der Vergangenheit<br />
nicht so sehr beachtet wurden. So hat man früher<br />
Häuser gebaut, wo man zwar alle messbaren<br />
” Behaglichkeitsgrößen“ eingehalten hatte – und<br />
trotzdem haben sich die Menschen darin nicht<br />
wohl gefühlt, zum Beispiel weil man kein Fenster<br />
aufmachen konnte. Natürlich ist das bei Hochhäusern<br />
schwieriger zu realisieren, weil das von<br />
der Aerodynamik des Gebäudes abhängt und ob
Forschung an einem Fassadenelement mit offenen (links) und geschlossenen (rechts) Lamellen im rahmen der<br />
Doktorarbeit von Dipl.-Ing. Philipp Dreher<br />
man es in oder gegen den Wind gestellt hat. Aber<br />
das sind Entscheidungen des Architekten, die er<br />
bereits beim Entwurfsprozess berücksichtigen<br />
muss. Mit genau solchen Fragen konfrontieren wir<br />
unsere Studenten während des Studienganges.<br />
? an welchen aktuellen forschungsfragen<br />
arbeiten sie derzeit mit ihren studenten?<br />
! Im Themenbereich ” Fassade“ haben wir<br />
gerade das Thema ” Sonnenschutz“ im Fokus. Den<br />
Wärmeschutz hat man schon zum großen Teil mit<br />
recht guten Technologien so gelöst, dass immer<br />
weniger Energie im Winter verbraucht wird. Im<br />
Sommer hat man aber immer das Problem, dass<br />
man – wenn man Häuser großzügig verglast<br />
hat – außen Vorrichtungen installieren muss, die<br />
ähnlich wie Jalousien rauf- und runterfahren und<br />
die Sonneneinstrahlung wegblenden. Gleichzeitig<br />
ist die Außeninstallation windanfällig, was zum<br />
Beispiel gerade in München bei Föhnwinden,<br />
wenn die Jalousien unten sein sollten, bisweilen<br />
zu Problemen führen kann. Deshalb forschen wir<br />
jetzt an im Glas integrierten, sich selbststeuernden<br />
Sonnenschutzsystemen, die nicht aufwendig elektronisch<br />
gesteuert werden müssen.<br />
? kann man sich darunter so etwas<br />
vorstellen, wie die brillengläser, die sich<br />
selbst aktiv bei sonneneinstrahlung<br />
verdunkeln?<br />
! Nein. Es gab in diesem Bereich drei unterschiedliche<br />
Systeme. Das eine waren elektrochrome<br />
Systeme, die sich unter elektrischer Spannung<br />
farblich verändert hatten. Das andere waren<br />
gasochrome Systeme, wo man Gase zwischen<br />
Scheiben eingebracht hatte, die sich veränderten.<br />
Und das Dritte waren thermochrome Systeme,<br />
die sich – wie die Brillen – ab bestimmten Temperaturen<br />
verfärbt haben. In diesem Bereich haben<br />
wir schon vor Jahren mit japanischen Herstellern<br />
Langzeituntersuchungen initiiert. Wir setzen aber<br />
heute mit unseren Forschungen bei Gläsern an,<br />
die wie winzige, drehbare, bedruckte Lamellen in<br />
der Scheibe die Lichtdurchlässigkeit reduzieren<br />
können. Diese bedruckten Lamellen sind so klein,<br />
dass das Auge die bedruckten und unbedruckten<br />
Teile nicht mehr registrieren kann. Man kennt das<br />
ein bisschen von den feinen Drähten, die in den<br />
beheizbaren Heckscheiben beim Auto installiert<br />
sind. Hier erforschen wir die Zusammenhänge<br />
zwischen technischer Entwicklung und Wahrnehmungsphysiologie<br />
(s. Abb.).<br />
geld.<br />
? solche forschung kostet ja richtig<br />
! Ja, da sind jetzt zwei meiner ehemaligen<br />
Doktoranden dabei, ein Unternehmen zu gründen,<br />
das diese Ergebnisse vermarktet. Das Forschungsministerium<br />
unterstützt diesen Prozess. Vom<br />
Forscher zum Unternehmer. Denn wir machen ja<br />
nicht nur Anwendungsforschung, sondern haben<br />
auch den Anspruch, dass das, was wir gefunden<br />
haben, umgesetzt werden soll – statt in der Schublade<br />
zu vergammeln.<br />
? wie sehen sie die zukünftige entwicklung<br />
beim bau von gebäuden?<br />
! Ich denke, dass die hochkomplexen Tech-<br />
niken in unseren Breitengraden runtergefahren<br />
werden, hin zu sehr einfachen und robusten Systemen,<br />
eben weil die komplexen, technischen Lösungen<br />
nicht nur sehr energieaufwändig, sondern<br />
auch sehr schwer zu steuern sind – gerade weil<br />
jedes Gebäude ein Prototyp ist. Ich komme aus dem<br />
Flugzeugbau und empfinde es als echtes Dilemma,<br />
dass es immer noch nicht möglich ist, große Teile<br />
von Gebäuden durch zuende entwickelte, getestete<br />
Serienelemente herzustellen, sondern jedes Mal das<br />
Rad neu erfunden werden soll. Bei der standardisierten<br />
Fertigung in darauf spezialisierten Fabriken<br />
kann man doch ganz andere Qualitätsstandards<br />
einhalten als auf Baustellen, wo komplizierte Dinge<br />
bei jedem Wetter von Leuten erschaffen werden<br />
müssen, die nicht immer auf der Höhe der technischen<br />
Entwicklung ausgebildet sind. In diesem<br />
Bereich wird sich deshalb in den nächsten Jahren<br />
einiges tun. Man darf gespannt sein.<br />
N#<br />
Nachmann rechtsanwälte schätzen die Forschung am<br />
Lehrstuhl für Bauklimatik und Haustechnik der TU München unter<br />
ihrem Ordinarius Prof. Hausladen als unabdingbar für die<br />
Nachhaltigkeitsentwicklung beim Bauen.
NACHHALTIGKEIT<br />
Seite 32<br />
Interview mit Joachim Jürke,<br />
Jürke Architekten BDA<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
” the heat is on!“<br />
oder<br />
” nachhaltigkeit muss<br />
auch in den heissen<br />
städten unserer erde<br />
greifen!“<br />
überlegungen eines mannes, der als<br />
geheimtipp unter münchens architekten<br />
gilt, der wunderschöne häuser baut – und<br />
einrichtet – und der seinen blick in fragen<br />
der nachhaltigkeit über den europäischen<br />
tellerrand hinausgehen lässt. dabei heißt<br />
seine devise immer: proportionales handeln!<br />
? herr jürke, wie sehen sie als architekt<br />
das thema green building?<br />
! Zuallererst ist mir wichtig klarzustellen:<br />
Architektur hat mit Proportionen zu tun und<br />
mit Materialgegenüberstellungen, also mit etwas<br />
Sichtbarem, durch das das Gebäude für seine<br />
Bewohner bewohnenswert wird. Zur Architektur<br />
gehören für mich nicht Elemente dazu, sei es ein<br />
Aggregat oder etwas Ähnliches, die einem ins<br />
Auge springen und deutlich zu verstehen geben:<br />
Ich bin ein Primärenergiefänger der Zukunft.<br />
Das heißt nicht, dass es keine Energiesparmaßnahmen<br />
in Gebäuden geben soll. Im Gegenteil.<br />
Nur man soll sie nach meinen Vorstellungen<br />
nicht sehen. Darin unterscheide ich mich viel-<br />
leicht von Architekten, die ihre Energiesparmaßnahmen<br />
sehr ostentativ verbauen. Wie in einem<br />
Modellhaus. Ich habe aber oft erlebt, dass gerade<br />
technisch orientierte Architekten gerne selbst<br />
in Altbauten leben. Und das sagt ja eigentlich<br />
schon sehr viel.<br />
Nun zu Ihrer Frage: Natürlich soll ein<br />
Haus nachhaltig gebaut werden. Das geht so
weit, dass man berücksichtigen muss, welche<br />
Schadstoffe bei der Herstellung der Baumaterialien<br />
entstehen – also der Primärenergieaufwand<br />
von Beton, Ziegel usw. Das ist alles gut, notwendig<br />
und richtig. Trotzdem darf all das nicht<br />
zu Lasten der Architektur gehen. Sonst gibt es<br />
irgendwann einmal nur noch ein Einheitsmaterial<br />
und die Vielfalt der Architektur bleibt auf der<br />
Strecke. Beim Automobildesign, das inzwischen<br />
stark von den Windkanalwerten bestimmt wird,<br />
sieht man, wohin das führen kann: selbstähnliche<br />
Formen mit minimaler Unterscheidungsqualität,<br />
was nach einiger Zeit zu Retro-Design-Verherrlichungen<br />
führt, die Menschen von Zeiten<br />
schwärmen lässt, wo man noch ” geklotzt“ hat.<br />
? apropos ” klotzen“. sie sind ein<br />
architekt, der gerne beton verwendet. wie<br />
ist das mit den anforderungen des nachhaltigen<br />
bauens zu vereinbaren?<br />
! Das Material Beton deckt sich mit meinen<br />
Vorstellungen von archaischen Baukonzepten.<br />
Das heißt für mich, schwere Materialien zu<br />
verwenden, keine hohen Luftgeschwindigkeiten<br />
im Haus zu erzeugen, damit keine Klimaanlagen<br />
einzusetzen und Räume zu schaffen, in denen<br />
sich die Bewohner wohlfühlen. Das hat natürlich<br />
auch etwas mit dem Raumklima zu tun – und<br />
damit meine ich das jetzt nicht im übertragenen<br />
Sinne, sondern wirklich physikalisch als Luftraumtemperatur<br />
und Luftfeuchtigkeit.<br />
Beton eignet sich in diesem Punkt sehr<br />
gut für eine große Klimaausgeglichenheit im<br />
Raum. Es gibt dazu zum Beispiel die Betonkernaktivierung,<br />
bei der während des Betonierens<br />
neben der Armierung ein Schlauchsystem eingegossen<br />
wird, das über einen Wärmetauscher mit<br />
dem Grundwasser verbunden ist und die Temperaturdifferenz<br />
zwischen Umgebungstemperatur<br />
und Grundwasser nutzt. Denn im Winter ist das<br />
Grundwasser wärmer als die Außentemperatur<br />
und ist daher gut zum Heizen von Häusern<br />
geeignet. Während es im Sommer umgekehrt<br />
ist und man damit Räume kühlen kann. Das ist<br />
nachhaltig und schont sehr die Umwelt, weil<br />
man nur die Pumpleistung als Energieverbraucher<br />
hat. Das Grundwasser ist nun mal der<br />
größte Thermospeicher, den wir haben. Und zu<br />
dem fast überall ein Zugang möglich ist. Und<br />
das, was die Wärme respektive Kühlleistung betrifft,<br />
gratis ist. An diesem Beispiel versteht man<br />
übrigens, was ich damit meine, dass man die<br />
” grüne Technologie“ im Haus nicht unbedingt<br />
sehen muss.<br />
Ein solches geothermisches Heiz- respektive<br />
Kühlsystem braucht große Austauschflächen,<br />
weshalb es als Fußbodenheizung sehr<br />
geeignet ist. Naturgemäß reagiert ein solches<br />
System träge und erzielt keine Höchst- bzw.<br />
Tiefsttemperaturen, aber genau solche Temperaturpeaks<br />
sind für den Menschen auch gar nicht<br />
gesund. Jeder Mediziner wird bestätigen, dass es<br />
für den Organismus am gesündesten ist, wenn<br />
das Delta zwischen Außen- und Innentemperatur<br />
nicht zu groß wird. Außerdem lässt die Konzentrationsfähigkeit<br />
ab 26 Grad Innentemperatur<br />
stetig nach.<br />
? sind das noch exotische formen<br />
der energieeinsparung oder erfreuen die<br />
sich schon einer breiten beliebtheit?<br />
! Statistisch werden mittlerweile ca. 30<br />
Prozent aller gewerblichen Neubauten mit einer<br />
solchen Bauteilaktivierung ausgestattet, Tendenz<br />
steigend.<br />
? haben sie eine vision zum thema<br />
green building?<br />
! Was wir jetzt in unserem Lande an<br />
neuen Technologien bei den sogenannten Green<br />
Buildings einsetzen, ist ja erst der Anfang. Und<br />
kann auch nur der Anfang sein. Denn wenn<br />
man sich einmal die großen Kumulationspunkte<br />
der Menschheit anschaut, also Jakarta, Delhi,<br />
Kalkutta, Tokio, die in einem Breitengradgürtel<br />
von 28 Grad Nord bis 22 Grad Süd liegen, dann<br />
sieht man, dass die Primärenergie, die gebraucht<br />
wird, um diese Areale runterzukühlen, viel höher<br />
einzuschätzen ist als das, was wir hier in unseren<br />
Breitengarden zu Heizzwecken in Betracht<br />
ziehen. Deshalb können wir nur diejenigen sein,<br />
die als Technologie-Entwickler und -Tester die<br />
Möglichkeiten erforschen. Aber eigentlich geht<br />
es um diese heißen Regionen, auf die die Welt<br />
seine Energiesparanstrengungen konzentrieren<br />
muss.<br />
Sehen Sie, Städte erzeugen ihr eigenes<br />
Mikroklima, welches im Allgemeinen die Effekte<br />
des globalen Klimawandels noch verstärkt. Im<br />
Vergleich zu umliegenden ländlichen Gebieten<br />
erzeugen urbane Gebiete einen Anstieg der<br />
Temperaturen im Stadtzentrum von zwei bis<br />
sechs Grad Celsius. Durch Stadtplanungen und<br />
Gebäudeformen, die lokale klimatische Bedingungen<br />
missachten, gehen die kühlenden Effekte<br />
von Grünflächen und Windschneisen verloren.<br />
In der Folge heizen sich Gebäude und versiegelte<br />
Flächen beträchtlich auf.<br />
Wenn wir daher die Erkenntnisse aus<br />
dem Bau vom Green Building nicht umgehend in<br />
industriell gefertigte, preisgünstige Bauelemente<br />
für den Gebäudebau in aller Welt umsetzen,<br />
werden in den Megalopolen unserer Erde dank<br />
zunehmender Verstädterung und steigendem Lebensstandard<br />
die meisten Menschen als Lösung<br />
ihrer Klimawünsche auf die üblichen Klimaanlagen<br />
zurückgreifen. Und damit Energiefressern<br />
Tür und Tor öffnen, die den Energieverbrauch in<br />
Stadtgebieten steigern und durch Hitze-Immission<br />
zum Effekt städtischer Wärmeinseln beitragen.<br />
Im United Nations Population Fund (http://<br />
www.unfpa.org/swp/2007/english/chapter_5/<br />
climate_change.html) können Sie dazu Näheres<br />
erfahren.<br />
? welche elemente könnten wir denn<br />
in diese regionen exportieren?<br />
! Für den kontrollierten Erhalt des<br />
gebäudeinternen Klimas stehen ja bereits jetzt<br />
schon nahezu alle bauphysikalischen Mittel zur<br />
Verfügung, die in Großprojekten auch sicherlich<br />
überall umgesetzt werden. Aber die müssen auch<br />
für den einzelnen Hausbesitzer erschwinglich<br />
werden.<br />
Zum Beispiel Technologien, die in einer<br />
Art ” Umkehrschub“ solare Energie in Kühlenergie<br />
wandeln und zugleich auch Süßwasser erzeugen<br />
können. Mit solchen ” Energiewandlern“<br />
könnte die Aufzehrung der Ressourcen gestoppt<br />
und das entstehende Ungleichgewicht in den<br />
Mega-Metropolen gebremst werden.<br />
An einem technologischen Defizit für solche<br />
neuen Aggregate liegt es jedenfalls nicht. Es<br />
ist eher eine ökonomische Frage, weshalb solche<br />
Geräte preisgünstiger werden müssen, was man<br />
aber durch die Herstellung großer Stückzahlen<br />
oder auch Subventionen erreichen könnte.<br />
Daneben muss man bedenken, dass die<br />
riesigen Ölvorkommen ja nichts anderes sind<br />
als die in Jahrtausenden angelegten und unterirdisch<br />
verschlossenen Energie-Konten der Sonnenkraft,<br />
die jetzt in kürzester Zeit abgeschmolzen<br />
und in die Atmosphäre entlassen werden.<br />
Deshalb ist das Solar-Projekt DesertTech in der<br />
Sahara der richtige Schritt in diese Richtung,<br />
wenn solche nachhaltigen Großanlagen nicht<br />
nur für Europa, sondern auch – und gerade – für<br />
die heißen Regionen unseres Globus geschaffen<br />
werden.<br />
? sind zertifizierungen ein hilfreiches<br />
tool für die zunehmende verbreitung<br />
von energiesparmaßnahmen beim bauen?<br />
! Indirekt vielleicht. Weil sie im Zusammenhang<br />
mit den Herausforderungen des Klimawandels<br />
das Bewusstsein von Investoren fördern,<br />
die dank der zertifizierten Bauten höhere Renditen<br />
erzielen können – und damit die Verbreitung<br />
” grüner Gebäude“ erhöhen.<br />
Manchmal reicht aber auch der Taschenrechner,<br />
wie man am Sears Tower sehen<br />
kann. Er ist zur Zeit das höchste Gebäude der<br />
westlichen Welt und für eine energetische<br />
Sanierung in Planung. Das reicht von 104 neuen<br />
Fahrstühlen, die 40 Prozent weniger Strom<br />
verbrauchen, über 16.000 (!) Einscheibenfenster,<br />
die durch isolierende Fenster ersetzt werden,<br />
und ein Brennstoffzellen-Heizkraftwerk bis zu<br />
Windturbinen auf dem Dach, die für zusätzliche<br />
Energie sorgen. Die neuen Maßnahmen werden<br />
den Elektrizitätsbedarf um 80 Prozent senken.<br />
Das sind 80 Prozent weniger Kosten für Strom –<br />
immerhin 68 Millionen Kilowattstunden weniger<br />
pro Jahr. Das rechnet sich langfristig. Auch wenn<br />
für die anstehenden Sanierungsmaßnahmen 350<br />
Millionen Dollar veranschlagt sind. Aber gehen<br />
Sie davon aus, dass die Energiekosten in Zukunft<br />
nicht billiger, sondern teurer werden. Und noch<br />
ein Faktor ist wichtig: Für den Hauptnutzer<br />
des Gebäudes, den Versicherungsmakler Willis<br />
Group Holdings, ist dieses – im wahren Sinn<br />
des Wortes so zu nennende – Leuchtturmprojekt<br />
ein internationaler Imagegewinn, den man nur<br />
schwer quantifizieren kann. Sie sehen: Green<br />
Building senkt nicht nur die Kosten und hebt<br />
das Image, sondern macht ein Gebäude langfristig<br />
auch werthaltiger.<br />
Aber auch bei kleineren Objekten greift<br />
dieses Bewusstsein für die Vorzüge des Green<br />
Buildings. So werden wir in unserem Architekturbüro<br />
beim anstehenden Verkauf einer zu<br />
erstellenden Gewerbeimmobilie immer häufiger<br />
gefragt, welche Indikatoren wir im Sinne der<br />
Green-Building-Zertifizierung bieten können.<br />
Denn für die zukünftigen Nutzer sei das ein Asset,<br />
das den Einstieg in die Verhandlungen sehr<br />
vereinfachen würde. Dieses Denken ist in unseren<br />
Breitengraden inzwischen bei der breiten<br />
Bevölkerung angekommen und wird neben der<br />
Auswahl formaler Kriterien, dem Zuschnitt der<br />
Räume und wirtschaftlicher Bedingungen einen<br />
immer wichtigeren Beitrag bei der Betrachtung<br />
zukünftiger Immobilien darstellen. Und das ist<br />
erst der Anfang.<br />
Joachim Jürke lehrte von 1997 bis 2004 an der Akademie<br />
der Bildenden Künste im Fachbereich Innenarchitektur. In<br />
den Jahren 2004 bis 2007 war er Inhaber der Professur für<br />
Baukonstruktion und experimentelles Konstruieren.<br />
N#<br />
Nachmann rechtsanwälte arbeiten mit Joachim Jürke in<br />
rechtsangelegenheiten und bei Projektentwicklungen zusammen.<br />
Joachim Jürke hat die Büroräume von Nachmann rechtsanwälte<br />
gestaltet.
NACHHALTIGKEIT<br />
Seite 36<br />
Gespräch mit Dipl.-Ing. Hans M. Jappsen,<br />
Gesellschafter und Gründer der Jappsen Ingenieure Oberwesel GmbH<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
die beste aufzugsplanung<br />
in deutschland<br />
machen jappsen<br />
wer dahinter eine attacke fernöstlicher<br />
wettbewerber aus dem reich der aufgehenden<br />
sonne gegen deutsche ingenieurskunst<br />
vermutet, liegt falsch. gemeint sind die durch<br />
und durch einheimischen ingenieure von<br />
jappsen ingenieure, die im bilderbuch-idyllischen<br />
rheinstädtchen oberwesel unweit der<br />
loreley aufzüge für bauwerke planen, die bis<br />
370 meter in die höhe reichen. oder anders<br />
ausgedrückt: wer in frankfurts bankenwelt<br />
in den 25. stock zu seinem büro gehievt wird,<br />
erreicht seinen arbeitsplatz mit aufzügen,<br />
die jappsen ingenieure geplant haben. und<br />
das ist kein wunder, denn hans m. jappsen –<br />
der chef dieser handverlesenen aufzugspezialisten<br />
– ist der doyen der aufzugsplanung in<br />
deutschland.<br />
er hat uns einen kleinen einblick in<br />
seine arbeit gewährt. deshalb will ich auch<br />
gleich von ihm wissen, was die arbeit seines<br />
ingenieurbüros von der arbeit anderer<br />
ingenieurbüros unterscheidet? seine antwort<br />
ist ebenso bescheiden wie einfach: ” erfahrung,<br />
erfahrung, erfahrung. ich habe vor<br />
vielen jahren angefangen als aufzugverkäufer.<br />
und als verkäufer will man ja an erster<br />
stelle verkaufen. deshalb hatte ich damals<br />
für architekten und bauherren, denen ich<br />
meine aufzüge verkaufen wollte, die bedarfsermittlung<br />
an aufzügen für die von ihnen<br />
geplanten häuser einfach abgenommen und<br />
selbst gemacht, bis ich mir dachte, wenn ich<br />
das als unabhängiger berater mache, kann<br />
ich flexiblere und glaubwürdigere lösungen<br />
entwickeln, bei denen die bauherren nicht<br />
vermuten ich wolle nur so viel wie möglich<br />
an aufzügen verkaufen. und so habe ich<br />
mich 1972 selbständig gemacht. damals war<br />
ich der erste, der solche planungen auf dem<br />
deutschen markt angeboten hat – und das war<br />
zum anfang gar nicht so einfach. doch dann<br />
bekam ich den auftrag für das dresdner-bankhochhaus<br />
in frankfurt, heute silvertower<br />
genannt. tja, und dann sprach sich das rum,<br />
was und wie ich das mache“. inzwischen ist<br />
”<br />
er die nummer eins in deutschland. was ihn<br />
nicht davon abhält auch in der hauptstadt des<br />
united kingdom vertreten zu sein mit the<br />
”<br />
pinnacle“, einem 288 m hohen hochhaus –<br />
dem nach fertigstellung höchsten der city,<br />
aus der feder der new yorker hochhauslegenden<br />
kpf.<br />
überhaupt ist die liste der architekten,<br />
mit denen er zusammenarbeitet, nicht<br />
nur lang, sondern auch schillernd. herzog &<br />
de meuron finden sich da ebenso wie gmp,<br />
hpp, helmut jahn, coop himmelblau, ingenhoven,<br />
ksp oder jean nouvel. mit lord<br />
norman foster haben jappsen ingenieure die<br />
Frankfurt/Main<br />
wohl bekanntesten aufzüge deutschlands<br />
geplant – die im berliner reichstag. und<br />
Bank<br />
meinen ganz persönlichen lieblingsaufzug<br />
hat er auch geplant – den im post tower in<br />
bonn. mit 5 m/s schießt man dort in einem Dresdner<br />
gläsernen aufzug durch ein völlig aus glas<br />
bestehendes hochhaus und kommt sich vor<br />
wie ein datenpaket, das durch die prozessor-<br />
Ingeneure,<br />
architektur eines hochleistungscomputers<br />
geschossen wird. in münchen haben wir für<br />
”<br />
die 126 m hohen highlight towers sogar auf-<br />
©Jappsen<br />
züge mit 6 m/s geplant.“ da muss man ganz<br />
schön schlucken, bis man oben ist. <strong>Foto</strong>:<br />
? apropos ” schlucken“, wie viel<br />
energie schluckt ein solches aufzugsystem<br />
eigentlich und wo kann man dabei – im<br />
sinne der nachhaltigkeit – sparen?<br />
! Nun, worum geht es technisch bei Aufzügen?<br />
Es geht um zwei Dinge: Erstens um eine<br />
Kabine – mit entsprechendem Gegengewicht –,<br />
die ich über eine bestimmte Höhe bewegen muss.<br />
Für diese Bewegungsleistung (potentielle und kinetische<br />
Energie) muss ich einem Motor Energie<br />
zuführen. Zweitens definiert der Wirkungsgrad<br />
von Aufzug und Motor die Effektivität dieses<br />
Transports. Deshalb geht es bei Aufzügen darum,<br />
die Reibung in den Schienen, in denen die<br />
Aufzüge laufen, möglichst gering zu halten – und<br />
den Wirkungsgrad der Motoren zu erhöhen. So<br />
weit so gut. Die moderne Forschung und Motorentwicklung<br />
baut inzwischen frequenzgeregelte<br />
Synchronmotoren, die fast sämtliche Elektroenergie<br />
umsetzen – ohne viel Wärme abzugeben<br />
– und die dann aus der Abwärtsbewegung sogar<br />
noch neue Energie hinzugewinnen. Das ist heute<br />
Stand der Technik. Damit bin ich im Sinne der<br />
Nachhaltigkeit schon mal auf einem guten Wege.<br />
So weit das Technische.
Doch was ist mit dem Planerischen?<br />
Dazu muss man grundsätzlich feststellen: Jeder<br />
Aufzug, den man beim Bau einsparen kann,<br />
spart Energie. Logisch. Deshalb muss der Bedarf<br />
an Aufzügen richtig geplant sein. In dieser<br />
Planung muss die Anzahl der zu befördernden<br />
Menschen berücksichtigt werden und das<br />
Zeitfenster, in dem sie befördert werden sollen.<br />
Gibt es da Stoßzeiten – zum Beispiel wie bei<br />
Hotels, wo die Geschäftsreisenden am Morgen<br />
alle zum Auschecken nach unten wollen – oder<br />
verteilt sich der Personentransport auf den<br />
ganzen Tag? Findet viel Zwischengeschoss-<br />
Verkehr statt oder geht es immer nur von<br />
unten nach oben und umgekehrt? Kann ich<br />
durch Personenlenkung die Menschen dazu<br />
bewegen, dass nicht jeder allein einen Aufzug<br />
nimmt, sondern immer mehrere zusammen?<br />
Und dann – ganz wichtig – wie kann ich den<br />
Stillstandsverbrauch minimieren. Noch bis vor<br />
kurzem war es zum Beispiel üblich, dass die<br />
Fahrkorbtüren von Motoren zugehalten wurden.<br />
Diese Motoren standen natürlich immer<br />
unter Strom. Das hat sich mittlerweile völlig<br />
geändert. Die Türen werden heute mechanisch<br />
zugehalten – was keinen Strom mehr kostet.<br />
Oder die Beleuchtungen der Anzeigetafeln: Die<br />
erfolgt heute mehr und mehr mit LED-Leuchten,<br />
die ganz, ganz wenig Strom verbrauchen.<br />
Oder die Computersteuerung der Aufzüge: Die<br />
kann man heute im Stillstandsbetrieb abschalten.<br />
Oder die Außensignalisierung: Die kann<br />
im Stillstandbetrieb komplett abgeschaltet<br />
werden – bis zu dem Zeitpunkt, wo der Aufzug<br />
wieder angefordert wird. Das gehört alles zum<br />
Thema Nachhaltigkeit. Wobei die Maßnahmen<br />
übrigens so weit gehen, dass bei Lastenaufzügen<br />
die Last in der Mitte der Kabine stehen<br />
sollte – um die Reibung in den Schienen zu<br />
minimieren. Und die Aufforderung dazu lässt<br />
sich mit einem einfachen Quadrat aus Farbe auf<br />
dem Kabinenboden markieren. So kann man<br />
auch mit einfachen Mitteln schon im Sinne der<br />
Nachhaltigkeit Erfolge erzielen.<br />
Zu diesem Thema hat sich also viel getan.<br />
Und all das bekommt man für jede Aufzuggröße.<br />
Man muss es nur sagen. Doch um es zu<br />
sagen, muss man es wissen. Womit unser Büro<br />
wieder ins Spiel kommt, weil hier nur Leute<br />
arbeiten, die früher selber Aufzüge verkauft<br />
oder gebaut haben und wissen, was Marketing-<br />
Geraschel ist und was die Aufzüge tatsächlich<br />
leisten können.<br />
? die in aufzügen beförderten<br />
personen sind ja keine ” ware“, sondern<br />
individuen mit eigenen ansprüchen und<br />
vorstellungen. haben die auch etwas von<br />
E 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20<br />
21 22 23 24 25 26 27 28 29 30<br />
der nachhaltigkeit? oder bleibt der psychologische<br />
faktor in der ingenieurswelt<br />
ganz außen vor?<br />
! Denken wir das Thema systematisch<br />
an. Was ist der für den Nutzer wichtigste Teil<br />
am Aufzug? Die Türen. Öffnen die sich zu<br />
langsam oder schließen sie zu lahm, steigt bei<br />
den Fahrgästen das Gefühl, nicht vorwärts zu<br />
kommen, und man ist geneigt, in die Auslegeware<br />
zu beißen – um es mit Loriot auszudrücken.<br />
Deshalb planen wir mittig aufgehende Türen,<br />
weil die einseitig öffnenden Teleskoptüren den<br />
doppelten Weg zurücklegen müssen und langsamer<br />
sind. Den Zeitverlust, der dadurch entsteht,<br />
können Sie durch eine höhere Geschwindigkeit<br />
auf dem Weg nach oben nicht mehr aufholen.<br />
Also: zügige, mittig öffnende Türen erhöhen die<br />
Akzeptanz bei den Benutzern, lassen die Aufzüge<br />
in kürzerer Zeit ihre Wege zurücklegen und<br />
verbrauchen auch weniger Energie. Die Schnelligkeit<br />
der Türen ist also etwas, was den Nutzer<br />
erfreut und der Nachhaltigkeit dient. Auch das<br />
Thema Express-Aufzüge gehört hierher. Wer in<br />
den oberen Etagen arbeitet, soll sich nicht erst<br />
durch die vielen darunter liegenden Stockwerke<br />
kämpfen müssen, sondern gleich zum Beispiel<br />
bis ins obere Drittel durchfahren können und<br />
dann dort zu seinem Stockwerk kommen. Also<br />
auch das nützt den Nutzern gleichermaßen wie<br />
der Nachhaltigkeit.<br />
? das leuchtet ein. hat sich das<br />
bewusstsein zum thema nachhaltigkeit in<br />
letzter zeit eigentlich verändert?<br />
! Ich denke, dass das auf der Ingenieursseite<br />
etwas mit der neuen VDI Richtlinie 4707<br />
zu tun hat, an der wir auch mitgearbeitet haben.<br />
Darin werden Aufzüge – wie Kühlschränke – in<br />
Energie-Effizienz-Klassen von A (sehr gut) bis<br />
G (besonders schlecht) unterteilt. Das hat dem<br />
Thema Nachhaltigkeit bei Aufzügen ganz klar<br />
einen Schub gegeben. Und die Herstellerfirmen<br />
haben gemerkt, dass Green Building ein Thema<br />
ist, an dem heute keiner mehr vorbeikommt.<br />
Nicht zuletzt, weil auch die Investoren erkannt<br />
haben, dass es da um viel Geld geht, das man<br />
sparen – und verdienen kann.<br />
? nun werden ja nicht nur in<br />
deutschland hochhäuser gebaut, sondern<br />
auch in den usa, im vorderen orient oder<br />
in china. wie unterscheiden sich diese<br />
kulturkreise voneinander?<br />
! Das hat weniger mit Kulturkreisen als<br />
mit Arbeitsbestimmungen und Bauordnungen<br />
zu tun. Schauen Sie, wir haben bei jedem Hochhaus<br />
einen Kern – darin laufen die Aufzüge und<br />
die Versorgungsleitungen von unten nach oben.<br />
Um den Kern herum läuft in jedem Stockwerk<br />
ein Flur und von da bis zur Außenhaut sind es<br />
in deutschen Landen fünf bis sechs Meter für<br />
Büroräume. Das bedeutet, dass wir circa 50 bis<br />
80 Arbeitsplätze pro Geschoss haben. Die Geschosse<br />
bei den Amerikanern haben aber eine<br />
Tiefe von 15 Metern ab Flur. Da können 200<br />
bis 250 Leute in jedem Geschoss arbeiten. Und<br />
woran liegt das? Weil bei uns jeder am Fenster<br />
sitzen muss. Das bedeutet aber auch, dass die<br />
Aufzüge bei uns viel öfter halten müssen, weil<br />
sie viel mehr für den Zwischengeschoss-Verkehr<br />
benutzt werden. Und das bedeutet höhere<br />
Anforderungen an Technik und Planung. Auf<br />
der anderen Seite sind wir dadurch aber auch<br />
im Vorteil, weil wir in Europa einfach besser<br />
sein müssen. Ein anderes Beispiel: China. Dort<br />
nimmt die Wahrnehmung zu, dass die am<br />
Reißbrett entworfenen Hochhäuser oftmals<br />
nicht funktionieren – zum Beispiel wegen einer<br />
Aufzugplanung, die nur an den Erstellungskosten<br />
orientiert ist.<br />
In Dubai ist es ähnlich. Da sind viele<br />
Hochhäuser ebenfalls ” under-elevated“. Ein Beispiel:<br />
Da gibt es Hochhäuser mit Appartements,<br />
wo die Bewohner vielleicht einen Monat im Jahr<br />
dort sind. Bei einer solchen Frequenz funktionieren<br />
die Aufzüge einwandfrei. Aber lassen<br />
Sie nicht die Bewohner öfter dort sein – oder<br />
gar immer dort wohnen! Dann kollabiert das<br />
System. Kurz und gut: Es fängt sowohl in China<br />
als auch im Orient an, dass sich ein gewisser<br />
Sinneswandel einstellt. Und deshalb werden<br />
diese Regionen allmählich für uns interessant.<br />
? lassen sie uns in die zukunft blicken,<br />
was glauben sie wird – nachdem das<br />
green building gut vorangekommen ist<br />
– als nächstes thema beim bauen angegangen<br />
werden?<br />
! Das ist für mich glasklar: der Lärm.<br />
Und da möchte ich den großen Mediziner und<br />
Bakteriologen Robert Koch zitieren: ” Eines Tages<br />
wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich<br />
bekämpfen müssen wie die Cholera und die<br />
Pest.“ Die Zeit ist aus meiner Sicht reif dafür.<br />
N#<br />
Jappsen Ingenieure sind Marktführer bei der Aufzugsplanung<br />
in Deutschland und deshalb der ideale Ansprechpartner<br />
in solchen Fragen für Nachmann rechtsanwälte.
? herr schmidt, wie sind sie zu indoorlandscaping<br />
gekommen?<br />
! Tja, das war ein biografischer Unfall.<br />
Dergestalt dass mich ein Frankfurter Gärtner auf<br />
die Neue Messe Leipzig mitgenommen hat und<br />
mir die Glasarchitektur von Gerkan, Marg und<br />
Partner (gmp Architekten, Hamburg) gezeigt hat.<br />
Auf der Rückfahrt habe ich ihm Löcher dazu in<br />
den Bauch gefragt. Tenor: Da muss es doch ein<br />
Büro in Deutschland geben, das sich mit der<br />
Schnittstelle zwischen Innenraumbegrünung, so<br />
hieß das damals noch, und Architektur auskennt.<br />
Aber der hat nur mit dem Kopf geschüttelt und<br />
gesagt: ” Nee, gibt es nicht!“ Tja, und da habe ich<br />
mir gedacht: Das Thema, Natur in den Innenraum<br />
zu bringen, ist ja hochkomplex, hat viele Schnittstellen,<br />
viele Gewerke, und viel Kommunikation.<br />
Das ist doch genau das Richtige für mich.<br />
? das legt die frage nahe, ob der begriff<br />
” indoorlandscaping“ von ihnen erfunden<br />
wurde.<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
Seite 40<br />
Interview mit Andreas Schmidt,<br />
Geschäftsführer der Indoorlandscaping KG<br />
indoorlandscaping<br />
! Ja, weil der Ausdruck ” Innenraumbegrünung“<br />
nicht nur für Architekten ziemlich unsexy<br />
klingt. Andererseits will ich ja auch keine ” flowerpot<br />
strategy“ verfolgen, sondern Landschaft<br />
ins Gebäude ziehen. Ich will wie in einer Allee<br />
unter Bäumen wandeln, durch deren Blattwerk<br />
sich das Licht bricht und schöne Licht- und<br />
Schattenspiele auf den Boden wirft. Und zwar in<br />
Räumen. Diese Vision schwingt bei ” indoorlandscaping“<br />
mit.<br />
? ich habe gelesen, dass sie<br />
toxikologie und chemie studiert haben.<br />
! Ja, das stimmt. Ich habe das damals ganz<br />
spannend gefunden – als Sozialisierung.<br />
? hängt ihr jetziger beruf und ihr<br />
studium irgendwie zusammen?<br />
! Toxikologisch eher nicht, aber das<br />
vernetzte Denken des Chemikers kommt mir<br />
natürlich sehr zugute. <strong>Foto</strong>s: Visualisierung (c) indoorlandscaping
GrüneWand® 2005<br />
Boardroom HVB HQ, München<br />
Canali + Botti, Parma<br />
mit Susanne Burger, München<br />
? ich denke dabei eher daran, dass<br />
pflanzen in räumen ja etwas gesundes sind<br />
und vielleicht aus der sicht der chemie da<br />
besonderes leisten?<br />
! Ja, das tun sie natürlich. Aber die Anwesenheit<br />
von Pflanzen im Raum ist ja mehr als<br />
Photosynthese, Sauerstoffproduktion und CO 2 -<br />
Abbau. Deshalb versuche ich die Wirkung von<br />
Pflanzen im Raum eher in Fühlen und Erleben<br />
auszudrücken, als es mit chemischen Formeln zu<br />
analysieren.<br />
Trotzdem müssen natürlich einige biophysikalische<br />
Zusammenhänge berücksichtigt<br />
werden. Sprich, wir haben einen Innenraum,<br />
in dem es 1000 Lux sind, während es an einem<br />
typisch deutschen Tag mit 8/8-Bewölkung 10<br />
000 Lux hat. Das heißt, ich kann im Raum nur<br />
Pflanzen einsetzen, die mit diesen reduzierten<br />
Lichtbedingungen klarkommen. Außerdem gibt<br />
es im Innenraum keine Jahreszeiten, weil wir immer<br />
eine gleichmäßige Temperatur haben – plus<br />
minus zwei Grad. Das heißt aber nichts anderes,<br />
als dass nur tropische und subtropische Pflanzen<br />
in Frage kommen.<br />
<strong>Foto</strong>s: (c) Christian richters, Münster (arturimages)<br />
Das hat natürlich das Thema ” Grün im<br />
Innenraum“ lange Jahre stark eingeschränkt.<br />
Beim klassischen Innenraumbewuchs passierte<br />
früher viel mit dem Ficus ...<br />
? ... aber den kann doch kein mensch<br />
mehr sehen!<br />
! Ein anderes Beispiel für klassische Zimmerpflanzen,<br />
die die meisten als Solitär sicherlich<br />
ganz langweilig finden, die aber im richtigen<br />
innenarchitektonischen Konzept sehr witzig<br />
sein können, ist der Kastanienwein (botanisch:<br />
Tetrastigma). Das ist ja eine Kletterpflanze, die<br />
ich schon in so mancher Studentenbude gesehen<br />
habe – wo sie über Semester hin vor sich hin<br />
wucherte. Aber in so einem Arrangement wie<br />
in der Salvatorpassage der Fünf Höfe, wo sie<br />
vorkultiviert eingesetzt wurde, wirkt sie ziemlich<br />
klasse.<br />
Damit das klappen konnte, mussten wir<br />
für sie die Natur – im wahren Sinn des Wortes<br />
– auf den Kopf stellen. Die natürliche Strategie<br />
einer Kletterpflanze ist ja, am feuchten Boden<br />
Triebe zu bilden, um oben ans Licht zu kommen<br />
und sich über die Photosynthese ” Lichtnahrung“<br />
zu verschaffen. In den Hängenden Gärten wurde<br />
das Prinzip jedoch technisch umgekehrt: Der<br />
vorkultivierte Kastanienwein mit einer Länge<br />
von acht bis zehn Metern wächst hier nach<br />
unten. Dazu geben wir mit der Beleuchtung computergesteuert<br />
ganz früh morgens den Pflanzen<br />
einen Weckimpuls. Das sind viele Lux, die vor<br />
dem wirklichen Sonnenaufgang der Pflanze das<br />
Signal geben, ” unten spielt die Musik“ – und so<br />
wachsen sie in diese Richtung. Aber die Pflanzen<br />
haben ihre Wurzeln natürlich – wie Sie richtig<br />
sagen – weiterhin in den Töpfen oben, wo auch<br />
das natürliche Licht hinkommt.<br />
? wie kommen sie auf solche<br />
lösungen?<br />
! Dieser Lösungsprozess wurde gemeinsam<br />
mit einem Gartenbauingenieur erarbeitet,<br />
der schon 25 Jahre im Beruf ist. Er heißt<br />
Bernhard Häring, lebt in Niederbayern und ist in<br />
Europa der führende Kopf in Fragen der Bewässerungstechnik<br />
für solche Projekte.<br />
Bei diesem Projekt wurde keine große<br />
Designleistung erwartet, weil die Architekten<br />
Herzog & de Meuron aus Basel die Hülle und die<br />
Idee schon vorgegeben hatten.<br />
In jedem der fünf Höfe sind ja unterschiedliche<br />
art pieces untergebracht, wie zum<br />
Beispiel die große Kugel von Olafur Eliasson<br />
oder eben die 90 Meter langen Hängenden<br />
Gärten in der Salvatorpassage. Mein Partner<br />
Bernhard Häring hat das Engineering und in<br />
diesem speziellen Fall sogar die komplette Ausführung<br />
übernommen. Eigentlich gibt es immer<br />
zwei Ansatzmöglichkeiten bei unserer Arbeit:<br />
Entweder man kommt mit einer Idee für einen<br />
bestimmten Pflanzeneinsatz zu uns – und wir sagen<br />
dann geht“ oder geht nicht“ oder geht nur<br />
” ” ”<br />
so und so“. Oder man kommt mit einer architektonischen<br />
Hülle zu uns (wie die US-Architekten<br />
Perkins+Will beim Bank of America Tower) und<br />
sagt: Da soll Grün rein!“ Dann suchen wir dafür<br />
”<br />
eine Lösung und stimmen die mit den Architekten<br />
ab. An dieser Stelle wäre doch noch eine<br />
dritte bzw. vierte Möglichkeit erwähnenswert:<br />
Der Architekt sitzt mit uns früh am Tisch und<br />
unsere Gedanken beeinflussen seine Architektur.<br />
” Form follows green strategy.“ Oder wir haben<br />
die top Grün-Strategie in petto und sagen zum<br />
Architekten: Da muss Raum drum.“<br />
”<br />
Mittlerweile habe ich ein Team von zwölf<br />
Menschen aufgebaut – mit Mitarbeitern in Mexico<br />
City und Los Angeles. Das ist das Resultat aus<br />
zehn Jahren Netzwerkarbeit. Seit Januar 2009<br />
bin ich in einem neuen Büro in der Mayer’schen<br />
Hofkunstanstalt in München dabei, aus dem<br />
weltweiten Netzwerk ein Back-Office werden<br />
zu lassen: Eine Art Schaltzentrale - made in<br />
”<br />
Germany“. Dieses deutsche Know-how und Engineering<br />
sind weltweit hoch im Kurs und werden<br />
in der Fachwelt sehr geschätzt. Mein Team ist<br />
multidisziplinär zusammengestellt – vom 25-jährigen<br />
Kommunikationsdesigner Bensch Lüdiger<br />
über den oben erwähnten erfahrenen Gartenbauingenieur<br />
bis zum Münchner Lighting Designer<br />
MA Philipp Stegmüller.<br />
Gerade Philipp ist aus meiner Sicht sehr<br />
erhellend, weil er sehr engagiert und kenntnisreich<br />
auf dem Feld der Licht-Atmosphäre ist.<br />
Bei unserem 2007er Projekt für die Bank<br />
of America hat er eine sehr feine Lichtstudie<br />
entwickelt, um die Kletterpflanzen im Raum<br />
richtig aufleben“ zu lassen und zu inszenieren:<br />
”<br />
Pflanzenphysiologisch optimiert und visuell mit<br />
moderner LED-Technik gepaart.<br />
? sind sie ein mauern-<br />
einreißer?<br />
! Eher ein ” Perforierer“. Wenn Sie<br />
mal an Architekten denken wie Mies van<br />
der Rohe oder Richard Neutra, sehen Sie<br />
bei deren Arbeiten die Übergänge von<br />
außen und innen ja auch nicht – weil<br />
die Außenmauern mit Fensterfronten<br />
aufgelöst sind. Wir versuchen dagegen<br />
mit unserem gigantischen pflanzenphysiologischen<br />
und botanischen Know-how<br />
die Natur konsequent im Innenraum
weiterzuführen – quasi durch die Mauern<br />
hindurch. Natürlich gibt es dabei – wenn<br />
man genau hinschaut – immer einen<br />
Bruch, einen Wechsel von dem europäischen<br />
Bewuchs außen zu den tropischen<br />
Pflanzen im Innern. Zumindest in Europa.<br />
Unsere Baustellen in Los Angeles und<br />
Mexico City haben den Vorteil, dass wir<br />
die Pflanzenwelt oftmals von außen nach<br />
innen auch durchziehen können. In Europa<br />
nehmen wir den Outdoor-Habitus und<br />
die Textur gestalterisch auf und suchen<br />
botanisch gedacht die stimmige Indoor-<br />
Pflanzenalternative<br />
? wenn ich mir jetzt eine von ihnen<br />
entwickelte pflanzenwand anschaue, die<br />
sogenannte grüne wand®, welche pflanzen<br />
sind darin enthalten? moose?<br />
! Moose wären schön, aber da sind wir<br />
noch in der frühen Entwicklungsphase. Wir<br />
arbeiten zur Zeit mit einem Professor von der<br />
Uni Bonn an diesem Thema, weil er der Moose-<br />
Spezialist in Deutschland schlechthin ist. Das<br />
Problem ist nämlich, dass Moose eine hohe<br />
Luftfeuchte von 60 Prozent brauchen. Das wirft<br />
einige Fragen im Innenbereich auf, zum Beispiel<br />
wenn der Architekt für den Raum Parkettböden<br />
geplant hat. Hingegen liegen wir mit unseren<br />
subtropischen Pflanzen bei Holzfußböden ganz<br />
gut im Rennen.<br />
? und was hat es mit der grünen<br />
wand® nun auf sich?<br />
! Die besteht aus einzelnen Paneelen<br />
von 40 x 60 cm. Diese Platten werden<br />
in Münster in Gewächshäusern vorkultiviert.<br />
Die fertig kultivierten Platten kommen<br />
dann an die Baustelle und werden<br />
dort auf spezielle Unterkonstruktionen<br />
aufmontiert und an die Wassertechnik<br />
angeschlossen.<br />
? aber vertikal?<br />
! Ja genau: Sie werden horizontal kultiviert<br />
und vertikal installiert. Es gibt nämlich<br />
Pflanzen, die diese Veränderung der Licht- und<br />
Gravitationssituation ” verstehen“ und sich<br />
darauf einstellen können. Welche Pflanzen das<br />
können, haben wir in den letzten Jahren über<br />
trial and error herausgefunden. Derzeit werden<br />
in Münster übrigens weitere neue Pflanzen für<br />
den Vertikalbewuchs getestet.<br />
Die Münchner unter Ihren Lesern können<br />
sich eine solche Grüne Wand® übrigens im Re-<br />
staurant Qivasou auf der Karlstraße 27 (gegenüber<br />
der Kirche St. Bonifaz) einmal anschauen.<br />
Michael Schottenhamel, der Besitzer, wollte<br />
über die grüne Struktur hinaus einige rotlaubige<br />
Pflanzen, ein paar Farne und die eine oder andere<br />
Orchidee in seiner Grünen Wand® sehen. Was<br />
wir für ihn natürlich auch gemacht haben.<br />
So will er das Thema seines Restaurants,<br />
” fresh steamed food“, als räumliche Atmosphäre<br />
erlebbar machen und damit das kulinarische<br />
Erleben auf den Tellern optisch ergänzen.<br />
? wie werden solche vertikalen<br />
pflanzenplatten eigentlich bewässert? alles,<br />
was man oben reinschüttet, läuft doch<br />
unten wieder raus?<br />
! Ja, genau. Zuallererst mussten wir uns<br />
aber Gedanken machen, wie diese Platten am<br />
längsten halten können. Wir haben also einen<br />
Weg gefunden, die Pflanzenflächen auf anorganischen<br />
Strukturen zu kultivieren, die nicht wie<br />
zum Beispiel Hydrokulturen verkeimen. Hydrokulturen<br />
und alles, was Keimen eine Heimat<br />
bietet, darf ja zum Beispiel in Krankenhäusern<br />
nicht verwendet werden. Unser System ist<br />
dagegen hygienezertifiziert und darf in Kliniken<br />
eingesetzt werden. Das Zweite war die Frage<br />
der Bewässerung. Die haben wir inzwischen so<br />
weit entwickelt, dass es nach dem Motto plug<br />
”<br />
and play“ funktioniert. Deshalb ist meine Frage<br />
bei jedem neuen Projekt auch zu allererst: Wo<br />
ist der Wasserzu-, wo der -ablauf und wo ist die<br />
Steckdose? Wenn das geklärt ist, wird einem<br />
separaten Vorratsbecken über der Pflanzenfläche<br />
Frischwasser zugeführt, aus dem die Pflanzen<br />
über Absorption so viel Wasser aufnehmen, wie<br />
sie brauchen. Das Wasser, das nicht über das<br />
Substrat oder die Pflanzenoberfläche verdunstet,<br />
wird unten wieder aufgefangen und dem Vorratsbehälter<br />
wieder zugeführt.<br />
Der entscheidende Effekt bei dieser<br />
” Grünfläche“ ist, dass wir ein genau berechen-<br />
und messbares Verdunstungsvolumen haben,<br />
das aus 98 Prozent Luft und somit einer großen<br />
Oberfläche für die passive Kaltverdunstung“<br />
”<br />
– so heißt das natürliche physikalische Prinzip<br />
– besteht. Damit können wir mit Hilfe einer<br />
Steuereinheit, die Luftfeuchtigkeit im Raum regeln.<br />
Wenn ich die zum Beispiel von 25 Prozent<br />
auf 45 Prozent erhöhe, hat das im Winter den<br />
Vorteil eines höheren Energietransportes und im<br />
Sommer profitiert man von der adiabatischen<br />
Kühlleistung. Dabei geht es mir nicht so sehr um<br />
potentielle Energieeinsparungen, sondern um<br />
das Wohlfühlen. Architektur soll ja immer auch<br />
ein Raum sein, in dem Menschen sich wohlfühlen.<br />
Aus meiner Sicht zumindest. Schließlich Hängende Gärten 2002, Fünf Höfe, München, Herzog & de Meuron, Basel<br />
<strong>Foto</strong>s: (c) Hartmut Nägele, Düsseldorf
verbringen die meisten Menschen 8 bis 10 Stunden<br />
pro Tag in einer solchen Hülle. Und darum<br />
geht es mir primär: um Raumgestaltung und um<br />
Naturphänomene im Raum – zum Wohle der<br />
Menschen und Tiere, die darin leben. Wir koppeln<br />
gerade in einem Projekt das System Grüne Wand®<br />
mit einem Aquarium – ein biologischer Nährstoffkreislauf<br />
und die Ausweitung der natürlichen<br />
Wohlfühlstrategien auf die Tierwelt.<br />
? trotzdem werden sie aber sicherlich<br />
von den bauherren nach anderen dingen<br />
gefragt – wie zum beispiel kosteneinsparnis<br />
oder einer speziellen corporate identity?<br />
! Solche Bälle nehme ich natürlich zuerst<br />
einmal auf, entwickle eine Konzeption dafür und<br />
gebe ihnen das Wohlfühlen sozusagen obendrauf.<br />
Bislang hat sich noch keiner darüber beschwert.<br />
? was ist jetzt eigentlich ihre rolle<br />
ganz konkret bei dem ganzen prozess?<br />
! Ein amerikanischer Architekt hat zu mir<br />
einmal gesagt: ” Indoorlandscaping ist ein think<br />
tank, der an ein Projekt andockt, und Du schaffst<br />
es, genau die Menschen hinein zu bringen, die<br />
dieses Projekt-Grün bespielen.“ Ich finde das eine<br />
ganz gute Beschreibung.<br />
? bei so einer grünen wand® ist es<br />
ja sicherlich nicht mit der anschaffung<br />
und installation getan. wer ist für die<br />
maintainance zuständig?<br />
! Also prinzipiell sind wir ja ein Consultant-<br />
und Planungsbüro. Wir entwickeln<br />
also Konzepte. Deshalb haben wir dementsprechend<br />
erst einmal nichts mit der Ausführung<br />
zu tun.<br />
Für die Grüne Wand® haben wir jedoch<br />
seit 2006 eine Distribution aufgebaut, die<br />
ein Komplettpaket anbietet – von der Planung<br />
über die Belichtung bis zur Bewässerungstechnik<br />
ist darin alles enthalten.<br />
Die Bewässerungstechnik kann inzwischen<br />
sogar funkferngewartet werden. Es kann<br />
also abgerufen werden, wie viel Wasser heute<br />
verbraucht wurde, ob alle Pumpen einwandfrei<br />
arbeiten et cetera. Wir können das Ganze via<br />
Funk sogar ” re-seten“ oder ” re-booten“, ehe ein<br />
Techniker dorthin rausfahren muss.<br />
Außerdem ist in dem Paket ein halbes<br />
Jahr ” Anwachsgarantie“ drin, weil die Fertigstellungspflege<br />
immer ein Bestandteil des<br />
Auftrags ist – und auch sein muss. Schließlich<br />
soll das angelieferte Grün grün bleiben und<br />
nicht braun werden.<br />
? und was ist, wenn einmal was<br />
ist? vielleicht ein schädlingsbefall ” ins<br />
haus“ steht?<br />
! Da habe ich nach nunmehr zehn<br />
Jahren die Namen von gut 1000 Spezialisten<br />
in meinem Notizbuch, mit deren Hilfe ich<br />
– egal wo – die richtigen Fachkräfte habe<br />
für das auftretende Problem, konkret, die<br />
richtige biologische Maßnahme respektive<br />
grüne Konzepte und Ideen aller Art,<br />
realisieren kann. Weltweit. Und daneben<br />
habe ich eine ” Schublade“ mit Architekten.<br />
Und diese beiden Schubladen heißt es dann<br />
zu kombinieren: Architekt A aus B hat eine<br />
Frage und ich finde für ihn Gärtner Z aus<br />
Y, der diese Frage beantworten und dessen<br />
Lösung realisieren kann. Genau das ist<br />
mein Kapital.<br />
? sie sind also nicht nur wändeperforierer,<br />
kommunikator und grünerfinder,<br />
sie sind auch problemlöser?<br />
! Die ursprüngliche Idee von indoorlandscaping<br />
war ja, ein Kommunikationstool zu sein zwischen<br />
Architekten und Gärtnern, weil die beiden<br />
eine unterschiedliche Sprache sprechen und sich<br />
direkt miteinander nicht verständigen können. Und<br />
daraus hat sich im Laufe der zehn Jahre eben diese<br />
sehr feinstrukturierte Datenbank entwickelt.<br />
? und was kostet nun ein quadratmeter<br />
grüne wand®?<br />
! Das ist so, als würden Sie einen Quadratmeter<br />
BMW kaufen wollen. Da will der Händler natürlich<br />
zuerst wissen: ein Quadratmeter 1er BMW<br />
oder 7er BMW? Oder anders ausgedrückt: Wenn<br />
Sie eine Grüne Wand® von 8 Quadratmeter haben<br />
wollen, stellt sich eben die Frage 1 x 8 m – also 8<br />
qm übereinander aufgebaut – oder 8 x 1m– der<br />
Länge nach. Die Kosten sind jeweils unterschiedlich,<br />
weil die Statik und die Bewässerungstechnik<br />
ganz anders sein muss. Kurzum, das ist ein Madeto-Measure-Business,<br />
bei dem man erst die genauen<br />
Daten kennen muss, ehe man einen Kostenvoranschlag<br />
machen kann. Kennen wir diese, können wir<br />
die Kosten à-la-minute ausrechnen.<br />
München<br />
? ist die grüne wand®, die ja<br />
schon so was archaisch dschungelhaftes<br />
hat, auch schon mal für<br />
rosenberg,<br />
privatwohnungen installiert worden?<br />
! Anfragen gab es dafür schon mehrere –<br />
Simone (c)<br />
inklusive einer 16 Meter langen Wand für eine<br />
große Yacht – aber letztendlich hat es doch noch <strong>Foto</strong>:<br />
keiner realisiert. Ich nehme an, dass es nicht so<br />
sehr eine Frage des Geldes war als vielmehr die<br />
regelmäßige Abhängigkeit des privaten Raumes<br />
von externen Wassertechnikern.<br />
? ist das ein luxusprodukt, was sie<br />
da vertreiben?<br />
! Die Grüne Wand® würde ich mit der<br />
hochwertigen Materialität (Edelstahl) und der<br />
ganzen Technik – Funkfernüberwachung et<br />
cetera – zum jetzigen Zeitpunkt schon als ein<br />
Luxusprodukt ansehen, das aufgrund seiner Distribution<br />
eher die iPhone-Generation anspricht.<br />
Die Designleistung von indoorlandscaping<br />
dagegen ist eine Planungsleistung, die sich<br />
in Deutschland nach der HOAI, der Honorarordnung<br />
für Architekten und Landschaftsarchitekten,<br />
regelt.<br />
? nun leben wir ja in einer zeit, die<br />
wirtschaftlich enger werden soll. ist das<br />
für ihren beruf eher negativ oder betrifft<br />
sie das gar nicht?<br />
! Eher nicht. Zwar sind einige geplante<br />
US-Projekte im letzten Jahr ins Stocken geraten:<br />
Walt Disney in L.A. und das Coast Guard HQ<br />
in Washington DC haben ihre Planungen erst<br />
einmal mit dem Argument auf Eis gelegt, dass<br />
sie unter George W. Bush das Ganze nicht weiter<br />
voranbringen wollten.<br />
Das sieht seit Obamas Amtsantritt<br />
jetzt ganz anders aus. Die Projekte, die ich mit<br />
Perkins+Will am Laufen habe, bekommen durch<br />
Obama neuen Aufwind.<br />
Perkins+Will, ein traditionsreiches Architekturbüro<br />
gegründet 1935 in Chicago, hat nämlich<br />
sehr viel Schulbauten gemacht. Und weil<br />
Obama mit dem Anspruch angetreten ist, viel für<br />
das Schulsystem und öffentliche Bauten zu tun,<br />
ergeben sich da jetzt einige gute neue Chancen.<br />
Davon profitiere ich natürlich gern.<br />
? wenn jetzt eine fee käme, und ihnen<br />
die bekannten drei freien wünsche für<br />
ihre berufliche laufbahn offerieren würde,<br />
was würden sie ihr antworten?<br />
! Ich würde sagen: ” Liebe Fee, Du kommst<br />
zehn Jahre zu spät. Ich begegne in meinem Job<br />
super interessanten Menschen, baue mit denen<br />
Netzwerkstrukturen auf, arbeite im Bereich<br />
der social responsibilty und mit meinen drei<br />
Kindern kann ich dabei auch sehr oft zusammen<br />
sein. Weißt Du was, liebe Fee, am besten gehst<br />
Du zu einem anderen!“<br />
N#<br />
Nachmann rechtsanwälte beraten die<br />
Indoorlandscaping KG in rechtlichen Angelegenheiten.<br />
GrüneWand® 2008<br />
Qivasou, München
INVESTITIONEN IN rUSSLAND<br />
Seite 48<br />
Vor den Bau eines Hauses haben die Götter den Erwerb eines Grundstückes gesetzt.<br />
Allerdings nicht überall. In russland geht es auch anders.<br />
Ob und inwieweit das ratsam ist, auf was man achten muss und wo die Unterschiede liegen,<br />
erklären Juristin Olesya Wienold, LL.M. und Jurist Matthias Farian,<br />
der über russisches Grundstücksrecht promoviert.<br />
Nachmann rechtsanwälte<br />
worauf man<br />
beim thema<br />
” grundstück“<br />
in russland<br />
achten sollte<br />
i. grundstücksnutzung in russland<br />
Vor Durchführung eines Bauvorhabens durch einen<br />
ausländischen Investor sind<br />
- einerseits die bestehende Rechtslage am<br />
Grundstück,<br />
- andererseits die Möglichkeiten des<br />
Rechtserwerbs an diesem Grundstück<br />
durch den Investor zu klären.<br />
einführung<br />
Das russische Immobilienrecht ist durch die Besonderheit<br />
gekennzeichnet, dass Grundstückseigentum<br />
und Gebäudeeigentum verschiedenen Rechtssubjekten<br />
zugeordnet werden können. Im Gegensatz zum deutschen<br />
Recht besteht damit kein Einheitlichkeitsprinzip<br />
im Bezug auf den Inhaber des Eigentumsrechts an<br />
Grundstück und Gebäude. 1<br />
Ein ausländischer Investor kann das Grundstück, auf<br />
dem er sein Bauvorhaben realisieren möchte, als Eigentum<br />
erwerben, muss dies aber nicht. Es ist im russischen<br />
Recht möglich und zulässig, ein Grundstück zu<br />
bebauen, ohne eine dem deutschen Recht vergleichbare<br />
Eigentumsposition am Grundstück inne zu haben. 2<br />
Wird das Grundstück vor Baubeginn nicht gekauft<br />
und das Gebäude somit auf einem fremden Grundstück<br />
errichtet, so erwirbt der Bauherr nur Eigentum<br />
an diesem Gebäude. Er wird nicht Eigentümer des<br />
Grundstücks und der Grundstückseigentümer erwirbt<br />
seinerseits kein Eigentum am errichteten Gebäude.<br />
Es taucht daher auch immer wieder in der Beratungspraxis<br />
die Frage auf, auf welcher rechtlichen Grundlage<br />
ein Investor ein Nutzungsrecht am zugrunde liegenden<br />
Grundstück erhalten kann.<br />
Die Aktualität und Brisanz dieser Frage ist dadurch<br />
begründet, dass ausländische Investoren zwar<br />
Grundstückseigentum in Russland erwerben können,<br />
in der Praxis jedoch häufig daran gehindert werden.<br />
Besonders in den Wirtschaftszentren Moskau und St.<br />
Petersburg, in denen sich große Teile des Grund und<br />
Bodens noch in öffentlicher Hand befinden, gestaltet<br />
sich der Eigentumserwerb an Grundstücken schwierig.<br />
Die rechtliche Ausgestaltung der Grundstücksnutzung<br />
muss somit auf andere Art und Weise als durch Eigentumserwerb<br />
erfolgen.<br />
Das russische Recht kennt hierfür verschiedene<br />
schuldrechtliche und dingliche Nutzungsrechte an<br />
einem fremden Grundstück:<br />
- Das Recht der ständigen (unbefristeten) Nutzung<br />
- Das Recht auf lebenslangen Erbgrundbesitz<br />
- Das Recht auf unentgeltliche befristete Grundstücksnutzung<br />
3<br />
- Die Grunddienstbarkeit<br />
- Die Pacht<br />
1. recht der ständigen (unbefristeten)<br />
nutzung und recht auf lebenslangen<br />
erbgrundbesitz<br />
Als Besonderheit des russischen Grundstücksrechts<br />
bestehen zwei dingliche Rechtsinstitute, das Recht der<br />
ständigen (unbefristeten) Nutzung 4 und das Recht auf<br />
lebenslänglichen Erbgrundbesitz. 5<br />
Diese Rechte stammen aus der Sowjetzeit, in der<br />
Privateigentum an Grund und Boden ausgeschlossen,<br />
Privateigentum an Gebäuden jedoch zugelassen war.<br />
Für die Ausgestaltung der Grundstücksbeziehung<br />
bestand daher der Bedarf einer rechtlichen Regelung.<br />
Als Ersatz für das Eigentumsrecht wurde den Gebäudeeigentümern<br />
daher eines dieser Nutzungsrechte<br />
eingeräumt, welche deshalb auch als Eigentumssubstitute<br />
bezeichnet werden können. Sie sind in der Praxis<br />
bis heute weit verbreitet und entsprechen in einigen<br />
Punkten dem im deutschen Recht bekannten Erbbaurecht.<br />
In der geltenden russischen Gesetzgebung sind<br />
die beiden Rechte nach wie vor geregelt, werden jedoch<br />
zunehmend eingeschränkt.<br />
a. ständiges (unbefristetes)<br />
nutzungsrecht<br />
Das Recht der ständigen (unbefristeten) Nutzung<br />
gewährt dem Rechtsinhaber ein umfassendes Besitz-<br />
und Nutzungsrecht.<br />
Die Einräumung dieses Nutzungsrechts ist derzeit<br />
jedoch nur noch an einige russische juristische<br />
Personen und Einrichtungen vorgesehen, deren Organisationsform<br />
öffentlich-rechtlicher Natur ist. An<br />
natürliche und juristische Personen des Privatrechts<br />
hingegen ist die Vergabe dieses Rechts seit einigen<br />
Jahren nicht mehr vorgesehen. Viele natürliche und<br />
juristische Personen des Privatrechts sind aber noch<br />
Inhaber dieses Rechts, welches grundsätzlich Bestandsschutz<br />
genießt. Inhaber dieses Rechts müssen<br />
ihre Rechtsposition in ein Pachtrecht umwandeln<br />
oder das Grundstück zu Eigentum erwerben. Ausschließlich<br />
für juristische Personen ist zu diesem<br />
Zweck eine Frist vorgesehen. Die Umwandlung hat<br />
bis zum 1. Januar 2010 zu erfolgen. 6 Bisher ungeklärt<br />
ist das Verhältnis der gesetzlichen Regelungen<br />
zum Bestandsschutz einerseits und der Umwandlungspflicht<br />
andererseits.<br />
Eine Verfügung über das Grundstück durch den<br />
Inhaber des ständigen (unbefristeten) Nutzungsrechts<br />
ist nicht gestattet, womit jede Übertragung<br />
auf einen Dritten, die Belastung mit einem Recht,<br />
deren Aufhebung oder sonstige Inhaltsänderungen<br />
grundsätzlich nicht möglich ist.<br />
Vor allem zählt ein ausländischer Investor nicht<br />
zum Kreise möglicher Rechtssubjekte, die als<br />
Inhaber eines ständigen (unbefristeten) Nutzungsrechts<br />
in Frage kommen. Er kann dieses Recht<br />
daher nicht erwerben 7 und somit scheidet es als<br />
Nutzungsgrundlage für das Grundstück seines<br />
Bauvorhabens aus.<br />
b. erbgrundbesitz auf lebenszeit<br />
Auch das Recht auf lebenslangen Erbgrundbesitz gewährt<br />
ein umfassendes Besitz- und Nutzungsrecht<br />
an einem fremden Grundstück.<br />
Der Erbgrundbesitz auf Lebenszeit, der ursprünglich<br />
nur für natürliche Personen vorgesehen war,<br />
wird nicht mehr vergeben. Ein Erwerb des Rechts<br />
ist nur im Wege des Erbgangs möglich. Auch dieses<br />
Recht unterliegt der Umwandlung im oben dargestellten<br />
Sinne, für die jedoch keine Frist vorgesehen<br />
ist. Inhaber dieses Rechts können gleichfalls über<br />
das Grundstück nicht verfügen und es daher weder<br />
übertragen, belasten etc.<br />
Ein Erwerb dieses Nutzungsrechts durch einen<br />
ausländischen Investor ist somit nicht möglich.<br />
Als Nutzungsgrundlage für die Realisierung eines<br />
Bauvorhabens auf einem fremden Grundstück<br />
kommt dieses Rechtsinstitut daher ebenfalls nicht<br />
in Betracht.
<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />
2. grunddienstbarkeit<br />
Als weiteres dingliches Nutzungsrecht kennt das<br />
russische Recht die Grunddienstbarkeit 8 . Sofern es<br />
für die Nutzung eines Grundstücks erforderlich ist,<br />
kann eine Grunddienstbarkeit, etwa in Form eines<br />
Wege- bzw. Überfahrtsrechts, an einem benachbarten<br />
Grundstück bestellt werden. Die Grunddienstbarkeit<br />
regelt daher allein die Nutzungsbeziehung<br />
zwischen zwei benachbarten Grundstücken. Als<br />
Nutzungsgrundlage für den Eigentümer eines<br />
Gebäudes auf einem fremden Grundstück kommt<br />
es damit ebenso nicht in Betracht.<br />
3. pacht zu bauzwecken<br />
Die Grundstückspacht 9 nimmt im russischen<br />
Grundstücksmarkt mehr und mehr eine<br />
vorherrschende Rolle ein und stellt auch für<br />
einen ausländischen Investor eine geeignete und<br />
zufriedenstellende Nutzungsgrundlage für sein<br />
Bauvorhaben dar.<br />
Fremde Grundstücke können in Russland also<br />
auf Grundlage von Pachtverhältnissen genutzt<br />
werden, wie dies auch in Deutschland üblich ist. 10<br />
Pachtverträge bedürfen der Schriftform, wenn die<br />
Pachtzeit länger als ein Jahr dauert, oder wenn<br />
eine der Vertragsparteien eine juristische Person<br />
ist. Im Gegensatz zum deutschen Recht bedürfen<br />
Pachtverträge über Immobilien in Russland der<br />
staatlichen Registrierung im Immobilienregister, 11<br />
sofern nichts anderes gesetzlich geregelt ist. Eine<br />
Ausnahme von der Registrierungspflicht gilt für<br />
Pachtverträge, die über einen Zeitraum von<br />
weniger als einem Jahr abgeschlossen werden.<br />
Im Falle eines Eigentümerwechsels am Grundstück<br />
bleibt das Pachtrecht des Gebäudeeigentümers<br />
unberührt.<br />
a. erwerb des pachtrechts<br />
Beim Erwerb eines Pachtrechts zu Bauzwecken ist<br />
danach zu unterscheiden, ob sich das Grundstück<br />
in privatem Eigentum oder in staatlichem bzw.<br />
kommunalen Eigentum befindet.<br />
Sofern Verpächter des Grundstücks die öffentliche<br />
Hand, d.h. der Staat, das Land, die Kommune<br />
oder eine sonstige Gebietseinheit der Russischen<br />
Föderation ist, richtet sich die Einräumung des<br />
Pachtrechts an den Erwerber gem. Art. 30 Bodengesetzbuch<br />
nach einem besonderen Verfahren.<br />
Ein Grundstück wird entweder ohne die vorherige<br />
Abstimmung der Objektlage im Rahmen einer<br />
Versteigerung vergeben oder mit der vorherigen<br />
Abstimmung der Objektlage auf Antrag des Erwerbers.<br />
Nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens<br />
wird ein entsprechender Pachtvertrag mit dem<br />
Erwerber geschlossen.
. rechtliche konstruktion<br />
Die rechtliche Konstruktion der Nutzungsbeziehungen<br />
bei der Realisierung eines Bauvorhabens<br />
auf einem fremden Grundstück stellt sich dabei wie<br />
folgt dar:<br />
Vor Realisierung eines Bauvorhabens schließt der<br />
ausländische Investor mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer<br />
einen langfristigen Pachtvertrag<br />
ab. In der Regel wird die Pachtdauer auf einen<br />
Zeitraum von 49 Jahren festgelegt. Im Anschluss<br />
daran kann der Investor, nach Erhalt der erforderlichen<br />
Genehmigungen, sein Bauvorhaben beginnen.<br />
Nach Fertigstellung des Gebäudes und der entsprechenden<br />
Registrierung des Immobilienobjekts im<br />
Immobilienregister wird der Bauherr Eigentümer<br />
des von ihm errichteten Gebäudes.<br />
Wenn der Bauherr Eigentümer seines Gebäudes<br />
geworden ist, welches er auf einem Grundstück der<br />
öffentlichen Hand errichtet hat, hat er das ausschließliche<br />
Recht auf Ankauf des Grundstücks. Es<br />
entsteht also nach Fertigstellung des Gebäudes mit<br />
der Eigentümerstellung am Gebäude ein Anspruch<br />
auf Privatisierung des dem Gebäude zugrunde liegenden<br />
Grundstücks.<br />
Sofern der Gebäudeeigentümer an einer Privatisierung<br />
des (öffentlichen) Grundstücks nicht interessiert<br />
ist bzw. ein privates Grundstück gepachtet hat,<br />
besteht auch die Möglichkeit, das Pachtverhältnis<br />
nach Zeitablauf zu verlängern. Gegenüber anderen<br />
potentiellen Pächtern hat der bisherige Pächter in<br />
einem solchen Fall einen vorrangigen Anspruch auf<br />
Erneuerung des Pachtverhältnisses.<br />
Die Realisierung eines Bauvorhabens auf Grundlage<br />
eines Pachtverhältnisses über das Grundstück stellt<br />
ein in Russland verbreitetes und gängiges Verfahren<br />
dar, das auch für einen ausländischen Investor<br />
durchaus attraktiv ist.<br />
ii. registrierung des nutzungsrechts<br />
Mit dem Einheitlichen staatlichen Immobilienregister<br />
besteht in Russland ein mit dem deutschen<br />
Grundbuch vergleichbares Registersystem. In diesem<br />
Immobilienregister sind zwingend die vorgenannten<br />
Rechte an Immobilien, sowie die entsprechenden<br />
Rechtsgeschäfte mit Immobilien zu registrieren. Dies<br />
ist Entstehungsvoraussetzung für die Immobilienrechte,<br />
so dass der Registrierung auch im russischen<br />
Recht rechtsbegründende Wirkung zukommt.<br />
a. registrierung des pachtverhältnisses<br />
Die Registrierung des Pachtverhältnisses bestimmt<br />
sich nach Art. 26 Immobilienregistergesetz. Danach<br />
ist der Pachtvertrag auf Antrag einer Vertragspartei<br />
im Immobilienregister einzutragen. Im Falle der<br />
Grundstückspacht ist der entsprechende Kata-<br />
sterpass des Grundstücks, d.h. Auszug aus dem<br />
Bodenkataster, mit dem Antrag auf Eintragung bei<br />
der Registrierungsbehörde vorzulegen.<br />
b. unterschiede zum deutschen<br />
grundbuch<br />
Bei allen grundsätzlichen Gemeinsamkeiten des<br />
deutschen Grundbuchs und dem russischen Immobilienregister<br />
bestehen einige wesentliche Unterschiede,<br />
was die Bedeutung des Registers betrifft.<br />
So schützt das russische Immobilienregister (noch)<br />
nicht den guten Glauben an die Richtigkeit seines<br />
Inhalts, weshalb ein gutgläubiger Erwerb insofern<br />
ausscheidet. Zudem ist der Inhalt des Registers im<br />
Übrigen nicht zu 100 Prozent verlässlich und vollständig.<br />
Das Immobilienregister wurde erst im Jahre<br />
1997 eingerichtet. Die bis dahin existierenden Register<br />
wurden weder einheitlich, noch vollständig, noch<br />
ordnungsgemäß chronologisch geführt. Rechte, die<br />
vor Inkrafttreten des Immobilienregistrierungsgesetzes,<br />
also vor dem 31. Januar 1998, begründet wurden,<br />
unterliegen keiner nachträglichen Registrierung. Des<br />
Weiteren ist auch das Registerwesen nicht frei von<br />
Korruption, was zusätzlich zur Rechtsunsicherheit<br />
beiträgt.<br />
c. due diligence<br />
Aus diesen Gründen ist einem ausländischen<br />
Investor, der ein Bauvorhaben in Russland plant,<br />
dringend die Hinzuziehung rechtlich kompetenter<br />
Berater zu empfehlen. Vor dem Erwerb eines<br />
Grundstücksrechts ist eine sorgfältige Immobilien<br />
Due Diligence unabdingbar und für die erfolgreiche<br />
Durchführung der geplanten Investition von großer<br />
Bedeutung. Darüber hinaus ist auf die ausreichende<br />
Versicherung des Immobiliengeschäfts zu achten.<br />
d. katasterliche erfassung des<br />
grundstücks<br />
Im Zusammenhang mit der Registrierung und dem<br />
Erwerb eines Nutzungsrechts kann sich das Problem<br />
der katasterlichen Erfassung des Grundstücks, an<br />
dem ein Investor Interesse hat, stellen. Nur ein<br />
Grundstück, dessen Grenzen im Bodenkataster<br />
aufgenommen und registriert sind, stellt ein Rechtsobjekt<br />
dar, an dem Rechte erworben werden können.<br />
Weite Teile des Landes sind jedoch bis heute nicht<br />
katasterlich erfasst, was angesichts der Größe Russlands<br />
nicht überrascht. Insbesondere außerhalb der<br />
städtischen Ballungszentren, wo ein Investor möglicherweise<br />
Land für sein Vorhaben erwerben möchte,<br />
kann vor der Investition das Verfahren der katasterlichen<br />
Erfassung der Grundstücke notwendig sein.<br />
Dieser zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand ist in<br />
den Planungen entsprechend mit einzubeziehen.<br />
iii. kreditsicherung<br />
Im Rahmen jedes Investitionsvorhabens stellt sich<br />
auch die Frage der Kreditsicherung. Das in diesem<br />
Zusammenhang in Russland am weitesten verbreitete<br />
Sicherungsmittel ist die Verpfändung von Immobilienvermögen.<br />
Dies erfolgt durch die Bestellung einer<br />
Hypothek zugunsten des Kreditgebers. Die Hypothek<br />
muss wie alle Immobilienrechte und -geschäfte im<br />
Immobilienregister eingetragen werden.<br />
Ein der Grundschuld vergleichbares Institut ist dem<br />
russischen Recht hingegen nicht bekannt.<br />
Vor dem Hintergrund der Kapitalbeschaffung und<br />
Kreditsicherung besteht evtl. die Möglichkeit, das oben<br />
erwähnte Recht auf Privatisierung des Grundstücks<br />
an einen potentiellen Kreditgeber abzutreten. Auch<br />
in diesem Punkt kann eine professionelle juristische<br />
Untersuchung Klarheit schaffen.<br />
iv. fazit<br />
Abgesehen vom Erwerb des Eigentumsrechts an einem<br />
Grundstück bietet auch ein langfristiges Pachtverhältnis<br />
eine geeignete Nutzungsgrundlage für die Realisierung<br />
eines Bauvorhabens in Russland. Für einen<br />
ausländischen Investor ist diese Möglichkeit insofern<br />
interessant, als dass er auf diese Weise kein zusätzliches<br />
Kapital für das Grundstück aufbringen muss.<br />
Sofern dies seinem Interesse entspricht, kann der Investor<br />
das Grundstück zunächst pachten und zu einem<br />
späteren Zeitpunkt sein Recht auf Privatisierung des<br />
Grundstücks geltend machen und dadurch Eigentümer<br />
auch des Grundstücks werden. Ein solches Vorgehen<br />
ist möglicherweise insofern mit Risiken verbunden,<br />
als dass nicht ausgeschlossen werden kann, ob dem<br />
Begehren des Gebäudeeigentümers, das Grundstück<br />
anzukaufen, in der Praxis auch tatsächlich entsprochen<br />
werden wird. Gleiches gilt auch für die Möglichkeit der<br />
Erneuerung des Pachtverhältnisses nach Zeitablauf.<br />
Diese Unsicherheiten sollten dem Investor bei der Planung<br />
seines Investitionsvorhabens auch vor dem Hintergrund<br />
der Projektfinanzierung bewusst sein. So wird<br />
ein Projekt dann besonders geeignet sein, das innerhalb<br />
des vereinbarten Pachtzeitraums voraussichtlich<br />
einen Ertrag erwirtschaftet, der die volle Verzinsung<br />
und Rückzahlung des investierten Kapitals aus diesem<br />
Ertrag erwarten lässt (sog. self-liquidating project).<br />
Eine dingliche Nutzungsgrundlage wie etwa in<br />
Deutschland das Erbbaurecht kommt für einen ausländischen<br />
Investor nicht in Betracht.<br />
Bedingt durch die historische Entwicklung des Grundstücksmarktes<br />
und seine Neuformierung seit dem<br />
Ende der Sowjetzeit ist die rechtliche und tatsächliche<br />
Lage des russischen Immobilienmarktes noch nicht<br />
auf einem Niveau, welches mit dem des deutschen Immobilienmarktes<br />
vergleichbar wäre. Insgesamt ist aber<br />
eine positive und erfreuliche Entwicklungstendenz<br />
zu verzeichnen, welche ausländische Investitionen<br />
begünstigt. Trotz einzelner Unwägbarkeiten bietet der<br />
russische Markt ein insgesamt sicheres und seriöses<br />
Investitionsklima. Als Ergebnis der weltweiten Wirtschaftskrise,<br />
die mit all ihrer Kraft auch den russischen<br />
Markt erfasst hat, wird ein Sinken der Immobilienpreise<br />
erwartet, was einen zusätzlichen Investitionsanreiz<br />
bietet.<br />
1 In einzelnen Vorschriften des Zivilgesetz- und<br />
Bodengesetzbuchs wird das Einheitlichkeitsprinzip<br />
vorausgesetzt, so dass eine gewisse Tendenz zur Vereinheitlichung<br />
von Grundstücks- und Gebäudeeigentum<br />
durch den Gesetzgeber angelegt ist. Die Bebauung<br />
eines fremden Grundstücks ist nach derzeitiger Gesetzeslage<br />
aber ausdrücklich möglich.<br />
2 Im deutschen Recht gilt ein Gebäude als wesentlicher<br />
Bestandteil eines Grundstücks. Als solcher<br />
steht das Gebäude zwingend im Eigentum des Grundstückseigentümers.<br />
Eine Ausnahme hiervon ist nur auf<br />
Grundlage eines Erbbaurechts möglich.<br />
3 Art. 24 Bodengesetzbuch. Dieses Recht wurde<br />
erst 2001 mit dem Bodengesetzbuch eingeführt und<br />
ist bisher nur wenig verbreitet. Es eignet sich für einen<br />
ausländischen Investor nicht als Grundlage seines Bauvorhabens<br />
und wird vorliegend nicht näher betrachtet.<br />
4 Art. 268, 269 Zivilgesetzbuch, Art. 20<br />
Bodengesetzbuch. Der Klammerzusatz entspricht dem<br />
originalen Gesetzeswortlaut und wird daher vorliegend<br />
ebenfalls verwendet.<br />
5 Art. 265-267 Zivilgesetzbuch, Art. 21<br />
Bodengesetzbuch.<br />
6 Die Umwandlung bereitet offensichtlich<br />
Schwierigkeiten, weshalb die Frist bereits mehrfach<br />
verlängert wurde. Nach der ersten Gesetzesfassung<br />
(25.10.2001) war eine Rechtsänderungsfrist bis zum<br />
1.1.2004 vorgesehen.<br />
7 Eine möglicher mittelbarer Erwerb dieses<br />
Rechts durch einen ausländischen Investor kommt<br />
unter Umständen insofern in Betracht, als dass er eine<br />
Mehrheitsbeteiligung an einer russischen GmbH oder<br />
AG erwirbt, die noch Inhaberin eines ständigen (unbefristeten)<br />
Nutzungsrechts ist. Im Einzelfall besteht hier<br />
aber konkreter juristischer Überprüfungsbedarf. Zudem<br />
ist die gesetzgeberische Entwicklung hinsichtlich<br />
der Umwandlungspflicht abzuwarten und genauestens<br />
zu prüfen, um Risiken bestmöglich zu minimieren.<br />
8 Art. 274-277 Zivilgesetzbuch, Art. 23<br />
Bodengesetzbuch. Gemäß der römisch-rechtlichen<br />
Tradition wird die Grunddienstbarkeit im russischen<br />
Recht als ”Servitut“ bezeichnet.<br />
9 Art. 606 ff. Zivilgesetzbuch, Art. 22<br />
Bodengesetzbuch.<br />
10 Die rechtliche Qualifikation der Pacht ist in<br />
Russland umstritten. Überwiegend wird sie jedoch wie<br />
in Deutschland dem Schuldrecht zugeordnet.<br />
11 Dieses entspricht dem deutschen Grundbuch.<br />
Art. 6 Abs. 2 Immobilienregistergesetz.
INVESTITIONEN IN ITALIEN<br />
Seite 54<br />
Von Jens Magers, rechtsanwalt in der Kanzlei Nachmann rechtsanwälte,<br />
und Mario Dusi, Avvocato, Studio Legale, Mailand<br />
Beide beraten in Fragen des deutsch-italienischen rechtsverkehrs.<br />
schutz vor<br />
gläubigerzugriff<br />
auf immobilienvermögen<br />
in italien<br />
Bisher waren Möglichkeiten, bestimmte Vermögenswerte<br />
wie z. B. Immobilienvermögen vor dem<br />
Gläubigerzugriff in Italien zu schützen, nicht<br />
vorhanden. Es gilt auch dort wie in Deutschland<br />
der Grundsatz der allgemeinen Vermögenshaftung,<br />
d. h. jedes Rechtssubjekt, ob natürliche oder<br />
juristische Person, haftet für sämtliche Verbindlichkeiten<br />
mit seinem gesamten Vermögen (Art.<br />
2740 des italienischen Codice Civile).<br />
Im Jahre 2006 kam es zu einer entscheidenden<br />
Wende. Mit dem Reformgesetz Nr. 51<br />
vom 23. Februar 2006 wurde Artikel 2645 ” ter“<br />
in den Codice Civile eingefügt. Demgemäß kann<br />
ein Sondervermögen mit Hilfe des öffentlichen<br />
Registers gebildet werden. Immobilienvermögen<br />
können für die Dauer von maximal 90 Jahren<br />
einem bestimmten gemeinnützigen bzw. wohltätigen<br />
Zweck unterstellt werden. Das Gesetz<br />
erlaubt, die genannte Zweckbindung zugunsten<br />
von behinderten oder minderjährigen Personen<br />
oder – und dies stellt die für den ausländischen<br />
Investor interessantere Variante dar – zugunsten<br />
von Stiftungen oder Vereinen einzurichten. Durch<br />
die Zweckbindung der Immobilie kann sie vom<br />
restlichen Vermögen des Investors separiert werden,<br />
um sie dem genau festgeschriebenen Zweck<br />
zu widmen.<br />
Die Zweckbindung von Immobilien wird<br />
mittels notarieller Urkunde rechtswirksam errichtet<br />
und in das dafür vorgesehene öffentliche<br />
Register (eine Art Grundbuch) eingetragen. Die<br />
Zweckbindung kann ab dem Zeitpunkt der Eintragung<br />
über einen Zeitraum von 90 Jahren jedem<br />
Dritten entgegengehalten werden. Auf diese Weise<br />
wird das vinkulierte Objekt vor dem Zugriff<br />
anderer Gläubiger des Investors geschützt. Es<br />
unterliegt nur insoweit der Zwangsvollstreckung<br />
als es um Forderungen geht, die im Rahmen<br />
der Zweckbindung entstanden sind. Gehen wir<br />
vom empfehlenswerten Fall der Gründung einer<br />
Stiftung aus, so haftet das in sie eingebrachte<br />
Immobilienvermögen von daher ausschließlich<br />
für Verbindlichkeiten der Stiftung selbst.<br />
Ein weiterer Vorteil der Zweckbindung des<br />
Vermögens ist, dass die in der Stiftung gebundene<br />
Immobilie ebenso wie im deutschen Recht von<br />
der Erbfolge des Investors ausgeschlossen ist.<br />
Auch findet weder eine Berücksichtigung im Rahmen<br />
der ehelichen Zugewinngemeinschaft statt<br />
noch fällt die Immobilie im Falle des Gemeinschaftsvermögens<br />
der Eheleute in das gemeinschaftliche<br />
Vermögen.<br />
Abschließend sei noch darauf hingewiesen,<br />
dass zwischenzeitlich Einigkeit besteht, dass<br />
die neu in den Codice Civile eingeführte Norm<br />
nicht mit dem Trust, wie er im Allgemeinen im<br />
italienischen Recht verstanden wird, vergleichbar<br />
ist. Es bestehen maßgebliche Unterschiede,<br />
namentlich im Hinblick auf die Gültigkeitsdauer<br />
der notariellen Urkunde sowie hinsichtlich der<br />
Zweckbindung.<br />
Aufgrund der noch nicht lange zurückliegenden<br />
Einführung der Gesetzesänderung sind<br />
Einzelheiten nach wie vor umstritten. Um ein<br />
möglichst hohes Maß an Rechtssicherheit zu<br />
erlangen, ist es demnach von größter Wichtigkeit,<br />
die Formulierung der Zweckbestimmung der<br />
Immobilie umfassend und gleichzeitig unangreifbar<br />
zu gestalten. Die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
sind vielfältig. Die Formulierung der Urkunde<br />
sollte man jedenfalls nicht dem Notar überlassen.<br />
Qualifizierte Rechtsberatung im Vorfeld ist<br />
empfehlenswert.<br />
Nachmann Rechtsanwälte sind im<br />
deutsch-italienischen Wirtschaftsrecht tätig. Wir<br />
arbeiten seit vielen Jahren in enger Kooperation<br />
mit einer in Mailand ansässigen Wirtschaftskanzlei<br />
und betreuen Sie auch in München mit einem<br />
Team Italienisch sprechender Rechtsanwälte.
N# BAUEN<br />
Seite 56<br />
Von Hendrik Hunold,<br />
rechtswalt in der Kanzlei Nachmann rechtsanwälte<br />
Er berät in Fragen des Bau- und Immobilienrechts.<br />
bau- &<br />
immobilienlexikon<br />
<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />
alop-versicherung (Advance Loss of<br />
Profit)<br />
Oder auch Bauleistungsversicherung<br />
genannt, die Vergütungsausfälle während der<br />
Bauphase absichern soll. So z. B. im Rahmen von<br />
ÖPPs, wenn eine Immobilie verspätet fertig gestellt<br />
wird und die Projektgesellschaft daher vom<br />
öffentlichen Auftraggeber keine Vergütung erhält.<br />
Bei Fehlen einer solchen Versicherung muss sich<br />
etwa der Nachunternehmer im Baugewerk vertraglich<br />
verpflichten, Schadensersatz mindestens in<br />
Höhe der entgangenen Vergütung zu entrichten.<br />
after-sales-service (oder: After-Sales-<br />
Selling, Post-Sale-Selling)<br />
Kunden Nachbetreuung, welche nach der<br />
Durchführung des eigentlichen Projekts stattfindet.<br />
Zweck ist vor allem Kundenbindung und<br />
Imagebildung, um diese z. B. auch nach dem Kauf/<br />
Verkauf einer Immobilie zu binden. Es soll vor<br />
allem eine höhere Zufriedenheit des Käufers/Verkäufers<br />
sichergestellt werden. Ein moderner After-<br />
Sales-Service definiert sich nicht als Ereignis,<br />
sondern als fortlaufender Prozess.<br />
baumischverfahren<br />
Vorgang zur Bodenverfestigung, -stabilisierung<br />
und - verbesserung. Durch ein spezielles<br />
Mischgerät (z. B. Bodenfräse, Gummirad- oder<br />
Schaffußwalze) wird der Boden aufgelockert bzw.<br />
aufgerissen, sofern er nicht bereits mit einem<br />
speziellen Gemisch vorbereitet ist. Bei diesem<br />
Verfahren wird dem Boden dann Bindemittel,<br />
Wasser und ggf. Zusatzstoffe beigemischt (sog.<br />
” Mixed-In-Place-Verfahren“). Der Boden erfährt so<br />
eine deutliche Verbesserung gegen Verkehr und<br />
Klima.<br />
best value<br />
Wert einer Immobilie, der bei deren<br />
Verkauf ” bestenfalls“ am Markt erzielbar wäre.<br />
Berücksichtigt wird nur die aktuelle Marktlage.<br />
Ganz ungewöhnliche Ereignisse oder Interessen<br />
des Marktes werden nicht bewertet. Er bildet das<br />
Gegenstück zum Verkehrswert; der ” Best Value“<br />
liegt regelmäßig über dem Verkehrswert. Früher<br />
war auch die Bezeichnung ” Open Markt Value“<br />
gebräuchlich.<br />
chartered surveyor<br />
Mitglied des 1868 in London gegründeten<br />
Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS).<br />
Der RICS ist staatlich anerkannt und ein weltweit<br />
tätiger Fachverband von Immobiliensachverständigen,<br />
der hochqualifizierte Immobiliengutachter<br />
und Immobilienbewerter stellt. Die Mitglieder<br />
verfügen in allen Bereichen von Grundbesitz, Immobilien<br />
und Bauprojekten über hohe Sachkunde.<br />
caso4 (Calciumsulfat)<br />
Wird bei der Zementherstellung in geringen<br />
Mengen beigefügt, um auf das Erstarrungsverhalten<br />
Einfluss zu nehmen.<br />
din 276<br />
Vor allem bei Abrechnungen von Architekten-<br />
und Ingenieursleistungen nach § 10 Abs.<br />
2 HOAI im Rahmen der anrechenbaren Kosten<br />
zu beachten. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich<br />
klargestellt, dass die DIN 276 in der Fassung<br />
April 1981 anzuwenden ist und nicht die Fassung<br />
1993. Wird nach der DIN 276 1993 abgerechnet,<br />
ist die Honorarrechnung sachlich falsch und<br />
nicht lediglich ” nicht prüffähig“; es besteht also<br />
keine Korrekturmöglichkeit und dies führt zur<br />
Abweisung einer Honorarklage als endgültig<br />
unbegründet.<br />
due diligence real estate<br />
Analyseinstrument bei Immobilientransaktionen,<br />
um Informationen über die öffentlichrechtlichen,<br />
zivil- und steuerrechtlichen, baulichen,<br />
gebäude- und umwelttechnischen sowie<br />
wirtschaftlichen Faktoren der Immobilien zu eruieren.<br />
Es wird hierdurch eine objektive Entscheidungsgrundlage<br />
geschaffen, z.B. für die Kaufpreisfindung.<br />
Sie kann hilfreich sein, um bestehende<br />
Risiken angemessen in die Vertragsgestaltung<br />
und - verhandlung mit einfließen zu lassen.<br />
epoxidharze<br />
Werden als Injektionsharz für Abdichtungen<br />
oder als sogenannter ” 2-Komponenten-<br />
Klebstoff“ verwandt. Epoxidharze weisen sowohl<br />
sehr gute Hafteigenschaften als auch einen hohen<br />
Härtegrad sowie extreme Abriebfestigkeit auf. Sie<br />
wurden von dem Schweizer Chemiker P. Castan<br />
erfunden und im Jahre 1939 patentiert. Die<br />
Markteinführung erfolgte 1946 in der Schweiz.<br />
erfüllungsstadium<br />
Die Phase des Werkvertrages bis zur<br />
Abnahme der Leistung. Mit Abnahme endet das<br />
Erfüllungsstadium und der Vertrag tritt in die<br />
Gewährleistungsphase. Je nachdem, in welcher<br />
Phase der Vertrag sich befindet, bestehen<br />
unterschiedliche Rechtsfolgen (z. B. hinsichtlich<br />
Risikoverteilung, Haftung, Beweislast etc.).<br />
fertigstellungsbescheinigung<br />
In § 641a BGB bis 31.12.2008 geregeltes<br />
Verfahren, um mittels Gutachter die Abnahme<br />
von Bau- oder Werkleistungen herbeizuführen.<br />
Nachdem sich die mit der Einführung beabsichtigten<br />
Erwartungen in der Praxis nicht ansatzweise<br />
erfüllen konnten, wurde dieses Verfahren<br />
wieder abgeschafft und gilt nur noch für
Verträge, die bis zum 01.01.2009 geschlossen<br />
wurden. Nicht zu verwechseln ist die Fertigstellungsbescheinigung<br />
mit der in § 12 Nr. 5 Abs. 1<br />
VOB/B geregelten Fertigstellungsmitteilung, die<br />
zu einer Abnahme(fiktion) 12 Tage nach ihrem<br />
Zugang beim Auftraggeber führt.<br />
gpa (General Producement Agreement)<br />
Beschaffungsvereinbarung zwischen der<br />
Europäischen Union, Hongkong, Israel, Japan,<br />
Kanada, Norwegen, Schweiz, Singapur, USA und<br />
Korea, die eine Nichtdiskriminierung zwischen<br />
den Firmen aus verschiedenen Staaten fordert.<br />
hammerschlags- und leiterrecht<br />
Befugnis, für Bau- oder Instandsetzungsarbeiten<br />
am eigenen Haus vorübergehend das<br />
Nachbargrundstück zu betreten, um von dort<br />
aus Werkzeug besser einsetzen zu können<br />
(<strong>Hamm</strong>erschlagsrecht). Das Leiterrecht ermöglicht<br />
das Aufstellen einer Leiter bzw. eines<br />
Gerüstes. Diese Rechte sind – mit Ausnahme<br />
<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />
von Bayern und Bremen – in allen Bundesländern<br />
geregelt.<br />
Zur Ausübung ist regelmäßig erforderlich,<br />
dass die Arbeiten ohne das Betreten des<br />
Nachbargrundstücks nicht zweckdienlich oder<br />
nicht mit vernünftiger Kostenlast ausgeführt<br />
werden können. Die hierdurch entstehenden<br />
Belästigungen dürfen überdies für den Nachbarn<br />
nicht unverhältnismäßig sein und müssen alle<br />
öffentlich-rechtlichen Vorgaben einhalten.<br />
housing improvement districts (Immobilien-<br />
und Standortgemeinschaften, sog. ISG)<br />
Auch unter dem Namen ” Business Improvement<br />
Districts“ (BID) bekannte Geschäfts- oder<br />
Wohnviertel einer Stadt. Ziel ist es, deren Attraktivität<br />
zu steigern, indem entsprechende Initiativen<br />
von Geschäftsleuten bzw. Eigentümern gegründet<br />
werden und so das Nebeneinander von gewerblichen<br />
Niederlassungen und Wohnhäusern durch geeignete<br />
Maßnahmen gestärkt werden soll. (z. B. Erhöhung<br />
der Wohn- und Lebensqualitäten sowie Erhöhung
der Umfeldqualitäten der Beschäftigten). Gesetzliche<br />
Regelungen hierzu finden sich in den §§ 171 ff.<br />
BauGB.<br />
i-bausystem<br />
Modell zur ökonomischen Kellertrockenlegung,<br />
bei der Folien oder Noppen auf das alte<br />
Mauerwerk aufgebracht werden. Hinterher werden<br />
Putzträger aufgelegt, damit Oberflächenputz angebracht<br />
werden kann. Parallel wird die Temperatur<br />
der Oberfläche erhöht und/oder die Luftfeuchtigkeit<br />
abgesenkt, um so die Bildung von Kondensat zu<br />
verhindern. Die Folien und Noppen bestehen<br />
aus unverrottbaren Materialien. Damit soll der<br />
Ansatz von Schimmelpilzen verhindert werden.<br />
jahresmiete<br />
Gibt der Unternehmer die Zusage einer<br />
bestimmten Jahresmiete ab, so stellt dies eine<br />
selbständige Garantiezusage dar, für dessen<br />
Eintreten der Unternehmer sogar über die<br />
gesetzlichen Gewährleistungsansprüche hinaus<br />
haftet (BGH, Urteil vom 08.02.1977, Az.: VII ZR<br />
208/70).<br />
kreditanstalt für wiederaufbau<br />
1948 mit Sitz in Frankfurt/Main durch<br />
Gesetz gegründete Körperschaft des öffentlichen<br />
Rechts, an der der Bund mit 80 % und die Bundesländer<br />
mit 20 % beteiligt sind. So hat z. B.<br />
die KfW für den Sektor der finanziellen Zusammenarbeit<br />
des Bundes mit Entwicklungsländern<br />
spezielle Vergaberichtlinien erlassen und hat<br />
sie – obwohl sie weder Träger des Vergabeverfahrens<br />
noch Vertragspartner ist – darauf zu achten,<br />
dass ” öffentliche Mittel so effizient und wirtschaftlich<br />
wie möglich“ verwendet werden und<br />
dass die Ausschreibung fair, chancengleich und<br />
transparent verläuft und die wirkungsvollste Verwendung<br />
knapper Mittel gewährleistet ist. Über<br />
ähnliche Regularien verfügt auch die Weltbank.<br />
leverage effekt<br />
Die einfache Eigenkapitalbeteiligung, z. B.<br />
an einer Projektentwicklungsgesellschaft, führt<br />
regelmäßig zu einer höheren Verzinsung des<br />
Eigenkapitals; je kleiner der Eigenkapitalanteil,<br />
desto geringer das Risiko und desto höher die<br />
Verzinsung. Der Leverage Effekt befasst sich mit<br />
einer idealen Zusammensetzung von Eigen- und<br />
Fremdkapital und der Abhängigkeit der Rentabilität<br />
des Eigenkapitals vom Anteil der Fremdfinanzierung.<br />
Positiv ist er dann, wenn die Rendite<br />
des Gesamtkapitals höher ist als der Fremdkapitalzins.<br />
mabv (Makler- und Bauträgerverordnung)<br />
Sie ist insbesondere zu beachten, wenn<br />
ein Bauvorhaben unter Verwendung von Vermögenswerten<br />
des Käufers durchgeführt wird.<br />
Die MaBV dient dem Schutz des Käufers vor<br />
Übervorteilung durch den Bauträger und soll<br />
insoweit seine Risiken reduzieren. Dies wird<br />
insbesondere dadurch gewährleistet, dass die<br />
Regelungen der MaBV zwingend sind und durch<br />
vertragliche Gestaltung nicht umgangen werden<br />
können, § 12 MaBV.<br />
niedrigenergiehaus<br />
Gebäude, bei denen, der Jahresheizwärmebedarf<br />
ca. 25 bis 30 % unter dem der Wärmeschutzverordnung<br />
liegt. Der Begriff ist gesetzlich<br />
nicht definiert. Grundsätzlich verlangen Banken<br />
zur Baufinanzierung einen Wärmebedarfsausweis<br />
für das zu errichtende Gebäude, da Niedrigenergiehäuser<br />
heutzutage den Standard bilden.<br />
Grundlage der auch als Passiv- oder Energiesparhaus<br />
bezeichneten Objekte ist eine professionelle<br />
Wärmedämmung und eine sehr umweltfreundliche<br />
Haustechnik.<br />
objektbetreuung<br />
In der Honorarordnung für Architekten<br />
und Ingenieure als Leistungsphase 9 beschriebene<br />
Tätigkeit, die einen Schwerpunkt in der<br />
Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor<br />
Ablauf der Gewährleistungsfristen hat. Der<br />
mit der Objektbetreuung beauftragte Architekt<br />
oder Ingenieur ist zumindest nach OLG <strong>Hamm</strong><br />
(Urteil vom 09.01.2003, Az.: 17 U 91/01) nicht<br />
verpflichtet, während der Gewährleistungszeit<br />
laufend oder wiederholt Begehungen durchzuführen,<br />
sondern nur einmal kurz vor Ablauf der<br />
Verjährungsfrist.<br />
öffentliche private partnerschaft<br />
(ÖPP)<br />
Deutscher Begriff für PPP (Public Private<br />
Partnership) zur Vermeidung des Anglizismus.<br />
public private partnership (PPP)<br />
Form der Zusammenarbeit zwischen der<br />
öffentlichen Hand und Privaten. Trotz des in<br />
letzter Zeit sich mehrenden politischen Engagements<br />
ist der Begriff gesetzlich nicht geklärt,<br />
weitgehend unscharf und wird als ” diffus“<br />
bezeichnet. Initiative hat vor allem die Europäische<br />
Kommission gezeigt, indem sie im April<br />
2004 ein Diskussionspapier (Grünbuch) hierzu<br />
vorgelegt hat.<br />
quarz (SiO2)<br />
Mineral, meist in Kies oder Sand enthalten.<br />
Er wird teilweise zur Verdichtung von<br />
Fliesenfugen und als Eisenbahnschotterkörper<br />
verwandt, da seine hohe Festigkeit Pflanzen-<br />
bewuchs verhindert. Im Straßenbau kommt er<br />
nicht zum Einsatz, da er zu hart ist, schlecht bindet<br />
und einen raschen Verschleiß der Autoreifen<br />
verursacht.<br />
reit (Real Estate Investment Trust)<br />
Bezeichnet bestimmte Immobilien-Treuhandfonds.<br />
REITs dürfen auch Einkünfte erzielen,<br />
die nicht aus immobilienbezogenen Aktivitäten<br />
stammen, die jedoch einen Maximalanteil<br />
von 25 % der Gesamteinkünfte nicht übersteigen<br />
dürfen. Der Hauptgehalt des REITs muss mit<br />
mindestens 75 % eindeutig auf Immobilienanlagen<br />
liegen. Ein REIT soll vor allem Immobilien<br />
halten und nicht den Handel in den Vordergrund<br />
stellen.<br />
sigeko (Sicherheits- und Gesundheitskoordinator)<br />
Für größere Baustellen, auf denen auch<br />
Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig sind<br />
und auf denen besonders gefährliche Arbeiten<br />
ausgeführt werden, ist nach § 2 Abs. 3 der Baustellenverordnung<br />
ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan<br />
aufzustellen und nach § 3 ein<br />
Sicherheits- und Gesundheitskoordinator zu<br />
bestellen. Ob der Bauherr diese Aufgabe selbst<br />
ausführt oder auf einen Dritten delegiert, bleibt<br />
ihm überlassen.<br />
teleaustria-entscheidung<br />
Mit seiner Entscheidung vom 07.12.2000<br />
(Az.: C-324/98) hat der EuGH nicht nur bestätigt,<br />
dass unterhalb der vergaberechtlichen<br />
Schwellenwerte – mit der Folge der Nichtgeltung<br />
der Vergaberichtlinien – die Grundfreiheiten des<br />
EG-Vertrages zu beachten sind, sondern er hat<br />
hierauf basierend grundlegende Anforderungen<br />
an die Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte<br />
entwickelt. Die wichtigste Aussage ist, dass<br />
Aufträge bekannt gemacht werden müssen, es<br />
sei denn, sie sind von geringer wirtschaftlicher<br />
Bedeutung.<br />
unique selling proposition (USP)<br />
Einmaliger Produktnutzen und damit ein<br />
Vorteil, den keine konkurrierende Immobilie<br />
bieten oder erzielen kann. Der USP sollte bei<br />
der jeweiligen Immobilie zunächst gesucht bzw.<br />
konkret entwickelt, dann am Markt platziert und<br />
gezielt mittels Werbung herausgestellt werden.<br />
vob<br />
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen,<br />
die aus dem Bedürfnis des Baurechts<br />
geschaffen wurde, einen interessengerechten<br />
Ausgleich zwischen dem Bauherrn und dem<br />
Unternehmer zu erreichen. Die VOB gliedert<br />
sich in drei Teile: die VOB/A behandelt die<br />
” Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von<br />
Bauleistungen“, die VOB/B enthält Allgemeine<br />
”<br />
Vertragsbedingungen für die Ausführung von<br />
Bauleistungen“ und die VOB/C bringt Allgemei-<br />
”<br />
ne Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen“<br />
zum Ausdruck.<br />
wasserhaltung<br />
Vor allem Juristen bringen diesen Begriff<br />
in Verbindung mit der Rechtsprechung des<br />
BGH zum Umgang mit unklaren Leistungsbeschreibungen<br />
des Auftraggebers. Der BGH<br />
hat in seinen Entscheidungen Wasserhaltung<br />
”<br />
I-III“ den Umgang hiermit wie folgt dargestellt:<br />
Der Auftragnehmer hat das Risiko einer formal<br />
ordnungsgemäßen, jedoch undeutlichen, nicht<br />
kalkulierbaren Leistungsbeschreibung zu tragen,<br />
soweit er die Unklarheit zum Zeitpunkt seiner<br />
Kalkulation erkennen kann. Eine Kalkulation<br />
” ins Blaue“ bzw. eine spekulative Kalkulation ist<br />
ihm untersagt; gibt er jedoch ein Angebot für<br />
eine auch für ihn nicht kalkulierbare Leistung<br />
ab, ist er hieran gebunden.<br />
yellow book<br />
Im grenzüberschreitenden (Groß-)<br />
Anlagenbau finden die sog. ” FIDIC-Bauvertragsbedingungen“<br />
Anwendung, die ähnlich wie die<br />
VOB Bauverträgen zugrunde gelegt und von<br />
der Fédération Internationale des Ingénieurs-<br />
Conseils (FIDIC) in der Schweiz herausgegeben<br />
werden. Besondere Bedingungen – hauptsächlich<br />
für die Bedürfnisse des Anlagenbaus – enthält<br />
das sog. ” Yellow Book“. Das sog. ” Red Book“<br />
enthält hingegen Bestimmungen vergleichbar<br />
der VOB/B, also für spezielle auf den Baubereich<br />
zugeschnittene Regelungen.<br />
zusatzinvestitionen<br />
Dieser Begriff spielt z. B. bei der Risikoverteilung<br />
für allgemeine Gesetzesänderungen<br />
zwischen den Baubeteiligten eine Rolle. Oftmals<br />
findet sich eine Risikoteilung, soweit Gesetzesänderungen<br />
eine Zusatzinvestition (Capex)<br />
erfordern. Höhere Betriebskosten (Opex) hat<br />
jedoch regelmäßig der Auftragnehmer selbst zu<br />
tragen, da er in der Lage ist, die Auswirkungen<br />
solcher Gesetzesänderungen einzukalkulieren<br />
und zu handhaben.<br />
zwischenbauzustand<br />
Es kann sinnvoll sein, Zwischenbauzustände<br />
(z. B. Aufmaßnahmen später überbauter<br />
oder verdeckter Leistungen) zur Zustands- bzw.<br />
Beweissicherung festzuhalten. Hierfür eignen<br />
sich u. a. private Sachverständige.
N# BAUEN<br />
Seite 62<br />
Eine Analyse von Dr.-Ing. Norbert Preuß und Dipl.-Ing. Gerhard Wirth,<br />
geschäftsführende Gesellschafter der Preuss Projektmanagement GmbH<br />
projektmanagement<br />
im spannungsfeld<br />
der finanzkrise<br />
bei der abwicklung von großprojekten<br />
in den letzten zwei jahren mussten eine<br />
ganze reihe von einflussgrößen verkraftet<br />
werden, die neben der aktuellen finanzkrise<br />
auch von strukturellen veränderungen<br />
der bauindustrie überlagert wurden. was<br />
bedeutet das für das projektmanagement in<br />
der immobilienbranche? dazu ein gespräch<br />
mit dipl.-ing. gerhard wirth und dr.-ing.<br />
norbert preuß, die in den letzten jahren<br />
großprojekte wie die schloss-arkaden in<br />
braunschweig, weiterstadt shopping oder<br />
die trier-galerie mit ihrem unternehmen<br />
preuss projektmanagement durchgeführt<br />
haben.<br />
AKTUELLE AUSWIRKUNGEN AUF DIE<br />
PROJEKTABWICKLUNGEN<br />
meine herren, wie haben sie 2008 –<br />
und teilweise 2009 – in ihrer aufgabe als<br />
projektmanager erlebt?<br />
! Das haben wir als Wechselbad der Projektsituationen<br />
im Gedächtnis abgespeichert. Es war<br />
ein sehr arbeitsreiches Jahr, auch lohnend, aber<br />
ausgesprochen schwierig in den einzelnen Projekten.<br />
Die Frage nach dem warum ist sehr vielschichtig<br />
und hat neben den Einflüssen der aktuellen<br />
Finanzkrise auch mit den zurückliegenden Phasen<br />
der Hochkonjunktur und strukturellen Änderungen<br />
im Bereich der Bauwirtschaft zu tun.<br />
? können sie das konkretisieren?<br />
KONJUNKTURELLE HOCHPHASE<br />
! Wir hatten in den letzten Jahren eine<br />
konjunkturelle Hochphase für nahezu alle am Wirtschaftleben<br />
Beteiligten.<br />
<strong>Hamm</strong><br />
Dies spürte man insbesondere an der Preisentwicklung<br />
für Materialien, die im Zusammenhang<br />
mit der globalen Vernetzung der Weltwirtschaft<br />
<strong>Hubertus</strong><br />
einherging. Die Auslastung von Planern, Baufirmen<br />
und weiteren Beteiligten im Bauprozess war ausgesprochen<br />
hoch und sie hält auch noch partiell an, Collage:
Collage: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />
Abbildung 1<br />
Kosten<br />
Budget<br />
KoSch KoBe AngebotGU Kooperatives Verfahren<br />
wobei allmählich an der einen oder anderen Stelle<br />
Schwierigkeiten sichtbar werden, die uns in einem<br />
meiner Ansicht nach unangenehmen Überfluss von<br />
den Medien präsentiert werden.<br />
? sie haben eben erwähnt, dass auch<br />
strukturelle änderungen im bereich der bauwirtschaft<br />
ursache der aktuellen schwierigkeiten<br />
sind. welche sind das aus ihrer sicht?<br />
! Wir haben in den letzten zwei Jahren<br />
eine große Veränderung im Angebot der verschiedenen<br />
Unternehmenseinsatzformen feststellen<br />
können. Insbesondere die Abwicklungsform des<br />
Generalunternehmers stellt sich am Markt völlig<br />
verändert dar. Man erhält kaum noch qualifizierte<br />
Angebote von Generalunternehmern und wenn,<br />
dann häufig sehr verspätet und abweichend von<br />
den formulierten Anforderungen des Auftraggebers.<br />
Bedingt durch unterschiedlichste Einflüsse liegen<br />
die Generalunternehmerangebote weit über dem<br />
vorgegebenen Kostenrahmen, wobei das auch zum<br />
Teil mit zu niedrigen beauftragten Kostenvorgaben,<br />
stark gestiegenen Materialpreisen, Übertragung<br />
von erheblichen Risiken, sehr anspruchsvollen<br />
Terminvorgaben etc. in Verbindung stehen. Aus<br />
diesem Grunde werden größere Projekte heute fast<br />
ausschließlich über Einzelvergaben bzw. Paketvergaben<br />
realisiert.<br />
VERÄNDERUNG IM RISIKOTRANSFER<br />
? hat das etwas damit zu tun, dass die<br />
risikogarantien und schadensausfallgarantien<br />
zu hoch sind?<br />
Maßnahmen:<br />
- Erarbeitung von Einsparpotentialen<br />
- Kostensteuerung<br />
- Qualitätssteuerung<br />
- Priorisiertes Änderungsmanagement<br />
- Entscheidungsmanagement<br />
- Vergabestrategie<br />
! Bedingt durch die gute Konjunktur und<br />
Vollauslastung der ausführenden Firmen waren und<br />
sind diese nicht mehr bereit, den für Investoren in<br />
der Vergangenheit komfortablen Risikotransfer von<br />
der Schnittstelle Planung bis Ausschreibung in die<br />
Ausführung zu übernehmen. In der Vergangenheit<br />
hat sich bei einigen Großprojekten gezeigt, dass die<br />
ausführenden Generalunternehmer bereit waren,<br />
erhebliche Risiken zu übernehmen, die sich dann<br />
gerade bei sehr komplexen Bauten mit Unwägbarkeiten<br />
und zahlreichen Schnittstellen in großen<br />
Verlusten niedergeschlagen haben. Infolgedessen<br />
werden die Initiatoren großer Projekte aktuell damit<br />
konfrontiert, die Risiken selber zu bewerten, um<br />
diese bei der Projektabwicklung entsprechend zu<br />
berücksichtigen. Es wird sich in den kommenden<br />
Monaten zeigen, inwieweit der Einbruch der Wirtschaftsleistung<br />
diesen Trend wieder dreht.<br />
ERHÖHTE ANFORDERUNGEN AN DAS<br />
PROJEKTMANAGEMENT<br />
Zeit<br />
? wie haben sich diese einflüsse auf das<br />
projektmanagement ausgewirkt?<br />
! Die Auswirkungen der drei vorgenannten<br />
Einflüsse haben sich projektspezifisch naturgemäß<br />
unterschiedlich ausgeprägt. In aller Regel ergaben<br />
sich Kostenerhöhungen, die in Verbindung mit noch<br />
nicht abschließend budgetierten Risiken zum Erfordernis<br />
von Kosteneinsparungsrunden, Qualitätsreduzierungen<br />
und dadurch ausgelösten Projektstörungen<br />
geführt haben. Das eine oder andere Projekt<br />
ist auch daran gescheitert, zurückgestellt oder auch<br />
gestoppt worden.
? wie hat sich das jetzt auf die managementaufgaben<br />
ausgewirkt, die man ja<br />
als projektmanager leisten muss, um sein<br />
ziel zu erreichen ?<br />
! Die aktuelle Finanzkrise hat in der Entwicklung<br />
von Oktober 2008 bis jetzt die gegebenen<br />
Projektsituationen noch einmal sehr weit<br />
verschärft. Dies betrifft insbesondere Projekte, die<br />
noch keine abschließende Finanzierung hatten,<br />
oder aus den beschriebenen Einflüssen heraus<br />
Nachfinanzierungsbedarf aufweisen. Die finanzierenden<br />
Banken haben die Anforderungen an<br />
Investoren erheblich gesteigert.<br />
Aber nehmen wir einmal ein hypothetisches<br />
Projekt an und schauen wir mal, wie sich in<br />
einem konkreten Fall die verschiedenen Szenarien<br />
auf die Kosten und Organisationsentwicklung<br />
auswirken.<br />
SZENARIO DER KOSTEN- UND ORGA-<br />
NISATIONSENTWICKLUNG<br />
Zu Beginn des fiktiven Projektes steht wie<br />
immer ein ermitteltes Budget. Zum Zeitpunkt der<br />
Budgeterstellung hat das Projekt gerade die Entwicklungsphase<br />
mehr oder weniger durchlaufen<br />
und hat naturgemäß auch die Zielrichtung einer<br />
möglichst hohen Projektrendite. Häufig lassen<br />
sich die Budgets zu diesem Zeitpunkt zunächst<br />
nur über Kennwerte eingrenzen, da auch die<br />
konkreten Randbedingungen und bestehenden<br />
Projektrisiken noch nicht so klar erkennbar sind.<br />
Das Projekt geht nach freigegebenem Budget und<br />
Beauftragung der Planungsphase in die Vorplanung<br />
und schließt mit einem Vorplanungskonzept<br />
und einer Kostenschätzung ab, die je nach<br />
Planungstiefe eine unterschiedliche Schwankungsbreite<br />
haben mag.<br />
In unserem Beispiel hat die Kostenschätzung<br />
(s. Abb. 1) im Verhältnis zum Budget eine<br />
leichte Steigerung. Die Kostenschätzung wird in<br />
unserem Fall bauherrenseitig reduziert, mit der<br />
Maßgabe, dass in der anschließenden Entwurfsplanungsphase<br />
Kosteneinsparungen, verbunden mit<br />
Qualitätsreduzierungen, vorgenommen werden,<br />
damit das Budgetziel erreicht wird.<br />
In unserem Beispiel gelingt dies nicht. Trotz<br />
aller Bemühungen ist die Kostenberechnung (s.<br />
Abb. 1) noch einmal höher als die Kostenschätzung,<br />
wobei die Ursache durch die Planer mit<br />
Materialpreissteigerungen argumentiert wird.<br />
Als Unternehmenseinsatzform für<br />
dieses Projekt ist die Generalunternehmerform<br />
vorgesehen.<br />
Das Projekt steht inzwischen gedanklich<br />
vor der Ausschreibungsphase. Nun sind zwei<br />
Szenarien denkbar.<br />
Das Szenario 1 ist das Prinzip Hoffnung.<br />
Die Hoffnung besteht darin, dass die funktionale<br />
Leistungsbeschreibung als Grundlage des<br />
Generalunternehmerangebotes kostengünstige<br />
Angebote ergibt, die möglicherweise auch auf<br />
dem Verhandlungsweg das Ursprungsbudget<br />
erreichen lassen.<br />
Dieses Szenario endete häufig in der<br />
Erfahrung, dass nur zwei bis drei Angebote von<br />
Generalunternehmern eingingen, diese noch<br />
weit über der Vorgabe der Kostenberechnung<br />
lagen und sämtliche Risiken ausschlossen.<br />
Das Szenario 2 beinhaltet die Aufforderung<br />
des Bauherrn, das Ursprungsbudget durch<br />
geeignete Kosten- und Qualitätssteuerung unter<br />
Beibehaltung der Funktionalität und Grundsätzen<br />
der gestalterischen Vorgaben zu erreichen.<br />
Dies bedarf dann einer ganzen Reihe an Aktivitäten<br />
und Leistungen des Projektmanagements,<br />
um diesen Prozess auszulösen.<br />
Spätestens zu diesem Zeitpunkt kommt<br />
die Frage auf, ob nicht die Einzelvergabe die<br />
geeignetere Unternehmenseinsatzform ist. Wenn<br />
zu diesem Zeitpunkt diesbezüglich entschieden<br />
wird, ist naturgemäß auch schon ein projektspezifischer<br />
Zeitnachteil entstanden, weil nun die<br />
Leistungsverzeichnisse für den Rohbau neu<br />
angefertigt werden müssen und auch in Abhängigkeit<br />
eines Rohbaubeginns die Ausführungsplanung<br />
von den bauherrenseitigen Planern<br />
beauftragt werden muss.<br />
Ein Ausweg aus der Situation könnte in<br />
einem kooperativen Verfahren mit den Generalunternehmern<br />
liegen, die ein Angebot abgegeben<br />
haben, wobei sich bei näherer Betrachtung des<br />
Verfahrensansatzes zeigt, dass dies ein Irrweg<br />
ist, da er mit Sicherheit zu diesem späten Projektzeitpunkt<br />
für den Investor nur Projektnachteile<br />
bringt. Dies liegt in erster Hinsicht daran,<br />
dass ein kooperatives Verfahren weit früher begonnen<br />
werden müsste und auch diesbezüglich<br />
ganz andere Anforderungen bestehen als in dem<br />
hier dargestellten Fall. Falls man sich für diesen<br />
Weg entscheiden würde, werden der Zeitnachteil<br />
und damit auch die Kosten des Projektes noch<br />
weiter ansteigen.<br />
? man kann sich sehr gut vorstellen,<br />
das ihr beispiel eine ziemlich übliche entwicklung<br />
ist. angesichts der bautätigkeiten<br />
in unserem lande kann man jetzt aber sicherlich<br />
nicht den beteiligten unterstellen,<br />
<strong>Hamm</strong><br />
dass alle zu blauäugig an solche projekte<br />
herangehen, oder?<br />
<strong>Hubertus</strong><br />
! Die Ursache dieser Szenarien liegen sicher<br />
nicht im Einsatz unqualifizierter Planungsund<br />
Projektbeteiligter, sondern ergeben sich Collage:
durch die eben erwähnte Trias aus Veränderung<br />
der Rolle des Generalunternehmers, Risikotransfer<br />
und Wechsel von Hochkonjunktur in die<br />
Krisensituation.<br />
In dem dargestellten Szenario müssen<br />
natürlich insbesondere die Aufgaben des verantwortlichen<br />
Projektmanagers greifen. Er muss als<br />
Motor dafür sorgen, dass die aufgetretenen Kostenerhöhungen<br />
durch Kompensationen in den<br />
Standards des Bauprogramms und eine Vielzahl<br />
an Gegensteuerungsmaßnahmen auf die Kostenvergabe<br />
des Budgets zurückgeführt werden.<br />
Dies gelingt natürlich nur in dem Fall, dass der<br />
Investor bereit ist, Abstriche in den Qualitäten<br />
zu akzeptieren. Ich führe das Szenario allerdings<br />
auch in einer wesentlichen Erkenntnis zusammen.<br />
Es sollte sorgfältig abgewogen werden, ob<br />
die Unternehmenseinsatzform der Generalunternehmer<br />
bzw. -übernehmer bei bestimmten<br />
Randbedingungen (zum Beispiel bei Projekten<br />
mit komplexer Nutzungsstruktur, erhebliche<br />
Bestandsrisiken, Denkmalschutzproblematiken)<br />
überhaupt geeignet ist. Häufig entscheidet der<br />
Investor frühzeitig die Unternehmenseinsatzform<br />
ohne Berücksichtigung dieser Hinweise,<br />
weil dieser die Kosten- und Terminsicherheit der<br />
Kumulativleistungsträger-Modelle weit überschätzt.<br />
In einigen Fällen haben die Auswirkungen<br />
der Ende letzten Jahres eingetretenen<br />
Veränderungen im Baumarkt den einen oder<br />
anderen Projektbeteiligten bei seinen Auftraggebern<br />
in Misskredit gebracht. Insofern muss man<br />
in der Beurteilung unterscheiden, inwiefern die<br />
Schieflage von Projekten einzig und allein auf<br />
die Materialpreiserhöhungen bzw. auf konjunkturelle<br />
Einflüsse zurückzuführen sind oder ob<br />
die Aktivität des Planers oder Projektsteuerers<br />
als nicht ausreichend bewertet werden muss.<br />
Wir möchten deshalb kurz auf die eingetretenen<br />
Materialpreissteigerungen am Beispiel des Stahlpreises<br />
eingehen.<br />
DIE ENTWICKLUNG DES STAHLPREISES<br />
Vor dem Hintergrund der Entwicklungen<br />
bei den wichtigsten Einsatzstoffen für die<br />
Rohstahlerzeugung bis zur Jahresmitte 2008 kam<br />
es zu einem dramatischen Preisanstieg bei Stahl,<br />
der sich jedoch im Laufe des dritten Quartals im<br />
Laufe eines zunehmenden Überangebotes wieder<br />
umkehrte. Die großen Stahlhersteller reagierten<br />
auf die rückläufige Nachfrage seitens ihrer<br />
Abnehmer nun ihrerseits mit Produktionskürzungen.<br />
Es kann allerdings davon ausgegangen<br />
werden, dass nach Überwindung der Konjunkturkrise<br />
die Stahlnachfrage weltweit wieder anziehen<br />
wird. Der Stahlpreis selbst hängt mit der<br />
Preisentwicklung bei Kokskohle, Stahlschrott<br />
und den Kapazitäten von weltweit bestehenden<br />
Eisenerzminen zusammen. Falls die Investitionen<br />
in Erzminen aufgrund der Konjunkturkrise<br />
reduziert werden, laufen die Stahlhersteller mittelfristig<br />
in eine Versorgungslücke bei Eisenerz<br />
hinein, die in der Folge wieder erneute drastische<br />
Preiserhebungen auch auf der Stahlseite<br />
nach sich ziehen würden.<br />
Wir sagen das nur deshalb, weil in manchen<br />
Projekten bereits wieder das Prinzip Hoffnung<br />
eingekehrt ist, dass sich der Stahlpreis auf<br />
der aktuellen Preishöhe konsolidiert. Dies wird<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so bleiben.<br />
ERHÖHTE ANFORDERUNGEN AN DAS<br />
PROJEKTMANAGEMENT<br />
? gut – oder nicht gut. aber was<br />
heißt das jetzt für die aufgaben des projektmanagers?<br />
denn einer muss ja die kohlen<br />
aus dem feuer holen, oder?<br />
! Das bedeutet, dass ein Projektmanager<br />
eine ganz aktive Funktion in diesem Steuerungsprozess<br />
übernehmen muss. Sie müssen sich<br />
prinzipiell vorstellen, dass jede nachträgliche<br />
Änderung in der Steuerung eines Projektes, das<br />
einmal angelaufen ist, ein sehr hohes Störpotential<br />
hat. Denn Planer wollen geordnete Abläufe<br />
haben, um die geplanten Ziele zu verwirklichen.<br />
Ändern sich nun wesentliche Parameter – zum<br />
Beispiel, indem der Stahlpreis wieder anzieht<br />
und der Bauherr daraufhin sagt, dass wir an anderen<br />
Stellen Einsparungen vornehmen müssen<br />
– dann ist die Implementierung dieser neuen<br />
Ziele in den laufenden Produktionsprozess nicht<br />
so ganz einfach. Denn – und auch das ist wichtig<br />
zu wissen – die Planer bekommen in der Regel<br />
kein Geld für diese zusätzlichen Einsparungen,<br />
im Gegenteil. Meistens sind ihre Honorare an<br />
die anrechenbaren Kosten des Gebäudes gebunden,<br />
so dass sich Einsparungen für sie negativ<br />
auswirken. Hinzu kommt die Kommunikation<br />
mit dem Auftraggeber, der bei jedem Projekt<br />
bestimmte wirtschaftliche Ziele hat, die sich zum<br />
Beispiel in der Rendite eines Objektes ausdrücken<br />
können. Manchmal muss man – wenn das<br />
Projekt einen bestimmten Status erreicht hat<br />
– seinem Auftraggeber auch sagen, dass eine<br />
massive Einsparung – wenn er beispielsweise<br />
aufgrund eines neuen Kostendrucks glaubt, ein<br />
ganzes Geschoss einsparen zu müssen – die<br />
Folge hat, dass die gesamte Planung von vorne<br />
angefangen werden muss. Sie können an solchen<br />
Faktoren erkennen, welche Ansprüche an die<br />
kommunikativen Fähigkeiten eines Projektmanagers<br />
gestellt werden. Meist sind unsere<br />
Abbildung 2<br />
Wirtschaft<br />
Fachliche<br />
Kompetenz<br />
Methodische<br />
Kompetenz<br />
Auftraggeber Investoren, die die Prozessabläufe<br />
im Detail nicht interessieren, weshalb sie uns<br />
ja mit der Steuerung beauftragen. Das bedeutet:<br />
Sie vertrauen auf unsere Kompetenz, die sich aus<br />
der Schnittmenge der vier Kompetenzbereiche<br />
Technik, Wirtschaft, Recht und Organisation ergibt<br />
(s. Abb. 2). Aus dieser Position folgt natürlich<br />
auch eine Verantwortung unserem Auftraggeber<br />
gegenüber, weshalb wir ihm die Konsequenzen<br />
aufzeigen müssen, die sich aus bestimmten<br />
Entscheidungen ergeben. Eine solche Information<br />
darf – und muss – er von uns erwarten können.<br />
? sie erwähnten gerade die honorierung<br />
der planer. wie werden sie bezahlt?<br />
! Zu Beginn eines Projektes machen wir<br />
eine Personaleinsatzplanung, aus der unser Honorar<br />
resultiert. Was wir nicht machen – einige<br />
Wettbewerber aber schon – ist eine erfolgsabhängige<br />
Bezahlung. Wenn man zum Beispiel prozentual<br />
aus den Einsparungen honoriert wird, die<br />
man durchsetzt, dann prügelt man jede Einsparung<br />
durch – ob sie für den Bau Sinn macht oder<br />
nicht. Uns ist dagegen ganz wichtig, dass wir bei<br />
solchen großen Projekten – und da reden wir von<br />
200, 300 Euro Millionen Volumina – mit allen Beteiligten<br />
fair und partnerschaftlich umgehen. Und<br />
dazu müssen wir unabhängig sein. Denn manchmal<br />
gehört es auch zu unserem Management,<br />
dass wir uns schützend vor die Planer stellen,<br />
weil manche Bauherren mit ihrer Erwartungshal-<br />
Technik<br />
Projektleiter<br />
recht<br />
Soziale<br />
Kompetenz<br />
Organisation<br />
tung die Planer an die Wand pressen. Dann muss<br />
ihnen auch mal jemand sagen: ” Das geht nicht!“<br />
Man kann Planer nicht jede Woche auf neue Kosteneinsparungen<br />
ausrichten.<br />
? worin unterscheidet sich ihre<br />
arbeit vom partnering-konzept?<br />
! Wir wollen keine einzelnen Bauleistungen<br />
verkaufen, sondern sind beim Projektmanagement<br />
einzig und allein dem Bauherrn verpflichtet.<br />
Das will nichts aussagen über die Qualität des<br />
Partnering-Konzeptes, sondern lediglich, dass<br />
ein Unternehmen, das Bauleistungen anbietet,<br />
bestimmte Liefer- und Auftragsinteressen<br />
vertritt. Wir steuern jedoch den Gesamtentstehungsprozess.<br />
Bei Projekten, die in sogenannten<br />
Partnering-Konzepten organisiert sind, bringen<br />
wir uns entsprechend ein. Dabei kommt es darauf<br />
an, der geänderten Interessenlage leistungstechnisch<br />
Rechnung zu tragen. Gerade dann kommen<br />
die erwähnten erhöhten Anforderungen an das<br />
Projektmanagement zum Tragen.<br />
N# Nachmann rechtsanwälte beraten Investoren bei Großprojekten<br />
in rechtlichen Fragen des Projektmanagements.<br />
Dr.-Ing. Norbert Preuß ist auch Vorstand im DVP (Deutscher<br />
Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft<br />
e.V.) sowie Leiter der Fachkomission Projektmanagement/Projektsteuerung<br />
der AHO (Ausschuss der<br />
Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten<br />
für die Honorarordnung e.V. ).
N# BAUEN<br />
Seite 70<br />
Dipl.-Ing. Klaus Pöllath, Mitglied des Vorstandes der Ed. Züblin AG,<br />
im Gespräch mit Andreas Lukoschik<br />
” hickhack<br />
war früher!“<br />
die ed. züblin ag ist deutschlands marktführer<br />
im hoch- und ingenieurbau. sie hat<br />
köln mit dem bau eines der kranhäuser zu<br />
einem neuen wahrzeichen verholfen, baute<br />
mit dem mercedes benz museum eine höchst<br />
anspruchsvolle, architektonische konstruktion<br />
und hat sich in der jüngsten deutschen<br />
geschichte mit dem verschieben des zweigeschossigen<br />
kaisersaals auf luftkissen an berlins<br />
potsdamer platz technologisch ein kleines<br />
denkmal gesetzt.<br />
kurzum: züblin baut, was andere<br />
versprechen. das ist nicht nur eine herausforderung<br />
an die ingenieurskunst, sondern vor<br />
allem auch an das projekt-management.<br />
unser autor andreas lukoschik unterhielt<br />
sich deshalb über diese kunst mit dipl.ing.<br />
klaus pöllath, vorstandsmitglied bei der<br />
ed. züblin ag, und wollte von ihm wissen, wie<br />
züblin den bau solcher projekte leisten kann.<br />
” immer mehr mit partnering“, sagte pöllath<br />
und erklärt auch gleich warum:<br />
! Sehen Sie, wenn ein Bauherr ein Bürogebäude<br />
schlüsselfertig bauen will, dann hat er ein<br />
Grundstück, meist auch schon einen Großteil des<br />
Geldes für den Bau organisiert und – ganz wichtig<br />
– eine Vorstellung vom zukünftigen Gebäude.<br />
Jetzt sucht er sich einen Architekten und erklärt<br />
ihm, was er will. Der muss sich dann im Gegenzug<br />
erst einmal in die gestellte Aufgabe einarbeiten und<br />
gewinnt Zug um Zug klarere Vorstellungen. Für die<br />
Ausschreibung des Bürogebäudes lädt der Architekt<br />
verschiedene Bauunternehmer ein. Die fangen wieder<br />
bei Null an, arbeiten sich in das Projekt ein und<br />
geben ein Angebot ab. Der Preisgünstigste erhält den<br />
Zuschlag und setzt eine Projektleitung ein, die das<br />
Bürogebäude schlüsselfertig erstellt. Auch die fängt<br />
wieder von vorne an. Der zukünftige Nutzer des<br />
Bürogebäudes nimmt den Mieterausbau in die Hand<br />
und muss nun als vierte Partei anfangen, sich mit<br />
dem Gebäude auseinander zu setzen. Es ist, glaube<br />
ich, offensichtlich, dass dieser Prozess des Wissenstransfers<br />
im Laufe des Projektfortschritts optimiert<br />
werden kann – und muss. Allein schon wegen der<br />
volkswirtschaftlich unsinnigen Verschwendung von<br />
Human Ressources.<br />
Partnering ist der Ausweg aus diesem<br />
” Zuviel“. Es ist eine konkrete Arbeitsweise zur<br />
Abwicklung komplexer Projekte, bei dem klassische<br />
Vertragsbeziehungen so transformiert werden, dass<br />
das entstehende Projektteam auf Basis von Vertrauen<br />
und gemeinsamen Zielen sowie durch Maximierung<br />
der Ressourcen-Effizienz Projekte schneller, qualitativ<br />
besser und damit für alle zufriedenstellender<br />
abwickeln kann.<br />
Dabei darf man nicht vergessen, dass Partnerschaft<br />
zwischen Unternehmen an sich nichts<br />
Neues ist. Wir kennen im Bau bereits die Formen<br />
der Bietergemeinschaft, der Arbeitsgemeinschaft<br />
oder des Joint Ventures. Da existieren also schon<br />
Berning<br />
Erfahrungen zum Thema Kooperation“, auf denen<br />
”<br />
man aufbauen kann.<br />
Tina<br />
? das hört sich erst einmal sehr gut an.<br />
aber wie muss ich mir das konkret vorstellen? Illustration:
! Bereits in der Entwurfsphase ist es von<br />
großer Bedeutung, dass sich Bauherr, Architekt<br />
und Bauunternehmer an einen Tisch setzen und<br />
gemeinsam das Projekt besprechen und entwickeln.<br />
Denn die Höhe der Projektkosten ist zu Beginn<br />
der Projektierung und Planung am optimalsten zu<br />
steuern. In der Ausführungs- und Nutzungsphase<br />
sind die Gesamtkosten nur noch geringfügig zu<br />
beeinflussen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass<br />
die Schnittstellen zwischen den Beteiligten bekannt<br />
sind. Man muss sich also Zeit nehmen und miteinander<br />
die klare Aufgaben-, Rollen- und Funktionsverteilung<br />
diskutieren und anschließend schriftlich<br />
festlegen. Diese Festlegung orientiert sich an den<br />
tatsächlichen Kompetenzen und dem Fachwissen<br />
der Partner.<br />
? was ist, wenn sich der bauherr nicht<br />
so früh auf einen baupartner festlegen möchte,<br />
weil er einen für ihn vielleicht vorteilhaften<br />
wettbewerb nicht unterbinden will?<br />
! Dann sieht das Modell Partnering einen<br />
Kompetenzwettbewerb vor, der bereits vor der Projektierungsphase<br />
stattfindet und nicht erst nach der<br />
Planung, denn dann bleibt dem Bauunternehmer<br />
HighLight Munich Business Towers<br />
nur noch die bereits von anderen geplante Ausführung.<br />
Können sich die miteinander im Wettbewerb<br />
stehenden Bauunternehmer jedoch bereits vor der<br />
Projektierungsphase präsentieren, kann sich der<br />
Bauherr einen geeigneten Bauunternehmer nach<br />
den Kriterien auswählen, die für ihn wichtig sind,<br />
also zum Beispiel nach Bonität, Referenzen, Projektteam,<br />
Kooperationsbereitschaft oder Sachkompetenz.<br />
? kommen wir zur delikaten frage nach<br />
dem geld. gehört zum partnering auch die<br />
transparenz der kosten?<br />
! Mehr noch. Ich nenne es das ” Prinzip<br />
der gläsernen Taschen“. Dabei werden bei jedem<br />
einzelnen Gewerk die Kosten offengelegt. Auch<br />
beim Gewerk ” Rohbau“ muss sich der Bauunternehmer<br />
verpflichten – der diese Leistung ja selbst<br />
ausführt – sich in die Karten schauen zu lassen.<br />
Selbst hier gibt es keine Geheimniskrämerei, weil<br />
das Partnering jeden verpflichtet, seine Kompetenz<br />
und seine Kenntnis bezüglich der Kosten gegenüber<br />
den anderen offenzulegen und einzubringen.<br />
Damit ist gewährleistet, dass bei Anpassungen und<br />
Änderungen in der Planungsphase – aber auch zu<br />
jedem anderen Zeitpunkt – die Auswirkungen auf
HighLight Munich Business Towers
die Kosten sowohl als Erhöhung oder als Minderung<br />
transparent nachweisbar sind. Dadurch werden die<br />
üblichen Nachtragsdiskussionen überflüssig. Sie sind<br />
in einem Partnering-Verfahren deswegen auch erst<br />
gar nicht vorgesehen.<br />
? hört sich sehr interessant an. stellt<br />
sich die frage nach dem stellenwert des partnerings<br />
bei der realisierung von großprojekten.<br />
! Ich kann sagen, dass bei Züblin ein Drittel<br />
der Aufträge bereits im Partnering-Stil durchgeführt<br />
wird. Die anderen beiden Drittel arbeiten zur einen<br />
Hälfte mit Pauschalen – oder neudeutsch ” global<br />
maximum prices“ – und zur anderen sind es Einheitspreisverträge.<br />
In fünf Jahren wird jedoch – so meine<br />
Schätzung – Partnering in unserem Unternehmen 50<br />
Prozent der Projekte ausmachen. Deshalb bereiten<br />
wir unsere Mitarbeiter heute schon mit Schulungsmaßnahmen<br />
darauf vor, weil bei diesem Vorgehen<br />
nicht nur ein großes Potential an Ingenieurswissen<br />
notwendig ist, sondern auch ein hohes Maß an – ich<br />
nenne es mal so – ” menschlichem“ Potential. Denn<br />
am Ende kommt es auf die Bereitschaft an, tatsächlich<br />
miteinander ein gemeinsames Ziel zu erreichen – und<br />
zwar sowohl auf fachlichem und menschlichem Gebiet<br />
als auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.<br />
? ” wirtschaftlich“ ist ein gutes stichwort.<br />
welches dieser drei modelle ist am ende<br />
kostengünstiger für den bauherrn?<br />
! Mit großem Abstand das Partnering. Das<br />
ist auch logisch, denn Schnittstellen verursachen<br />
Kosten. Die Uni Dortmund hat das einmal wissenschaftlich<br />
untersucht und herausgefunden, dass<br />
man bei einer gewerkeweisen Ausschreibung auf 110<br />
Prozent der möglichen Kosten kommt. Bei Pauschalvereinbarungen<br />
kommt man auf 100 Prozent und<br />
beim Partnering liegen sie bei 88 bis 92 Prozent. Das<br />
Partnering ist also sehr lukrativ. Aber es muss bei<br />
demjenigen, der bei einem Gebäude das Geld investieren<br />
will, nicht nur das Verständnis von der Sache<br />
her da sein, sondern es muss bei ihm auch der Wille<br />
zur Verständigung vorhanden sein. Und er darf nicht<br />
ständig Planungsänderungen vornehmen.<br />
? die haltung, nur den niedrigsten<br />
preis zu akzeptieren und alles vertraglich<br />
bombenfest zu zurren, ist also teurer?<br />
! Klar.<br />
? warum?<br />
! Wenn ich weiß, dass ich als Bauunternehmer<br />
irgendwann an eine Stelle im Prozessablauf komme,<br />
bei dem – durch knallharte vertragliche Bindungen –<br />
nur mit 0 oder 1 entschieden wird, dann muss ich das<br />
in meiner Kalkulation berücksichtigen, weil ich weiß,<br />
dass dann an dieser Stelle Kosten für mich entstehen,<br />
die ich an anderer Stelle wieder ersetzt haben<br />
möchte.<br />
Wenn ich dagegen weiß, dass ich an dieser<br />
Stelle des Prozessablaufs mich mit den anderen Beteiligten<br />
zusammensetzen kann, um einen Lösungsweg<br />
zu finden, der auch für mich wirtschaftlich gangbar<br />
ist, dann muss ich das nicht mit einem Risikozuschlag<br />
abfedern.<br />
? und von der arbeitszeit? ist das nicht<br />
viel aufwendiger?<br />
! Nein, deutlich weniger. Als Vorstand hat<br />
man natürlich immer die schwierigen Fälle auf dem<br />
Tisch. Aber wenn ich da sehe, wie viele Dinge bei<br />
anderen Management-Stilen nur noch via Gericht<br />
entschieden werden können, weil es keine Gesprächs-<br />
und Klärungsmöglichkeit mehr gibt – oder vertraglich<br />
bedingt sogar nicht mehr erlaubt sind – dann ist<br />
der Vorteil des Partnering eineindeutig. Deshalb setzt<br />
sich diese Arbeitsweise auch immer mehr durch.<br />
? an erster stelle muss also der auftraggeber<br />
klar wissen, was für ein gebäude er<br />
haben will, um so alle parteien darauf einzuschwören?<br />
! Wenn Sie sich ein Auto kaufen, dann wissen<br />
Sie doch auch genau, was Sie haben wollen – welche<br />
Marke, welche Farbe, welche Motorisierung und auch<br />
welche Soft-Facts für Sie von Bedeutung sind. Da<br />
haben Sie sich doch auch gut vorbereitet. Und beim<br />
Bauen ist das nicht anders. Es handelt sich dabei<br />
einfach um einen sehr klaren auf Verständigung und<br />
Einigung ausgerichteten Management-Stil. So wie Sie<br />
Ihr Privatleben organisieren, so sollen Sie auch ein<br />
Gebäude gut vorbereitet planen und bauen.<br />
? nun sind sie ja nicht nur in deutschland<br />
aktiv, sondern auch in anderen kulturkreisen.<br />
wenn sie einen kulturvergleich<br />
vornehmen sollten, was das bauen betrifft, wie<br />
sähe der aus?<br />
! Also, die Deutschen sind nach meiner<br />
Erfahrung etwas regelungswütiger als zum Beispiel<br />
die Briten. In Australien, zum Beispiel, haben wir viele<br />
Projekte im Tiefbau im ” alliance contracting“ durchgeführt,<br />
da sitzt gleich zu Beginn ein Mediator mit am<br />
Tisch, der auch im Streitfall befugt ist, abschließend<br />
selbst die Entscheidung zu treffen, was das Beste für<br />
das Projekt ist. Das wird bereits im Vorfeld vertraglich<br />
so vereinbart.<br />
In Großbritannien werden viele Public Private<br />
Partnership Modelle realisiert – was in gewisser<br />
Weise ja auch ein Partnering-Modell ist. Das wird<br />
übrigens – wenn ich noch mal auf Deutschland<br />
zurückkommen darf – auch in Hessen, im Landkreis<br />
Offenbach, bei der Schulsanierung bereits langjährig<br />
und sehr intensiv gepflegt. Das hat den Vorteil, dass<br />
dieser Landkreis nicht nur sehr schnell sehr moderne<br />
Schulbauten bekommt, sondern auch einen großen<br />
Erfahrungsvorsprung hat, den er in anderen Bauprojekten<br />
einsetzen kann. Überhaupt sind die Hessen<br />
in diesem Bereich bundesweiter Spitzenreiter. Und<br />
weil sie auch schon so viele solcher Projekte realisiert<br />
haben, ist das Partnering auch schon besser in der<br />
Verwaltung implementiert.<br />
? wir haben dazu auch einen beitrag im<br />
heft (s. s. 78). bleiben wir in deutschland. wie<br />
sieht denn die baukultur in anderen bundesländern<br />
aus? sie sind ja gebürtiger bayer, wie ist<br />
zum beispiel der unterschied zwischen badenwürttemberg<br />
und bayern, was ihren umgang<br />
beim bauen betrifft?<br />
! Die Württemberger würde ich als<br />
professioneller ansehen. Die sind bereiter, ergebnisorientiert<br />
vorzugehen. Die Bayern diskutieren noch<br />
sehr viel auf politischer Ebene, zum Beispiel, ob<br />
Lösungsansätze einzelner Teilprojekte nicht doch zu<br />
einer gewerkeweisen Ausschreibung führen müssten.<br />
Vom Verkehrswegebau weiß ich, dass die Bayern dort<br />
allerdings ganz neue Wege ausprobieren und sich damit<br />
vermutlich an die Spitze einer neuen Bewegung setzen.<br />
? und andere bundesländer?<br />
! Brandenburg ist im Partnering-Gedanken<br />
auch schon ziemlich weit vorn. Nehmen Sie die jüngste<br />
Entscheidung zum Landtagsbau in Potsdam, das ist ein<br />
Paradebeispiel.<br />
Die Sachsen haben eine sehr gute Verwaltung<br />
und sind – das mag aber eine ganz subjektive Sicht<br />
sein – sehr streitlustig. Aber auch die werden sehen,<br />
dass Kollegen in anderen Ländern mit partnerschaftlich<br />
organisiertem Vorgehen Erfolge haben, die sie dann<br />
sicherlich auch selbst realisieren wollen.<br />
? warum, glauben sie, ist das partnering<br />
so erfolgreich?<br />
! Jeder Mensch möchte doch etwas haben, wo<br />
er sich nicht streiten muss. Und deshalb muss ich als<br />
Bauunternehmen alles daran setzen, meinen Kunden zu<br />
überzeugen, nicht ihn zu zwingen oder ihm die Pistole<br />
auf die Brust zu setzen, sondern mit ihm zu bauen. Es<br />
war viel zu lange normal, dass man Probleme in einem<br />
Hickhack zu lösen versuchte. Aber es ergaben sich daraus<br />
keine Lösungen – sondern nur weitere Streitereien.<br />
Und damit erreicht man auch nicht das, was man will,<br />
nämlich ein gutes Gebäude zu bauen. Außerdem ist<br />
Partnering der viel modernere Ansatz. Unsere jungen<br />
Mitarbeiter haben zum Beispiel einen anderen Arbeitsethos<br />
als frühere Generationen. Die sind sehr engagiert<br />
und ergebnisorientiert bei ihrer Arbeit, aber sie wollen<br />
auch geführt werden. Und deshalb gehört es zu unserer<br />
Unternehmens-Philosophie, dass wir ihnen sagen:<br />
” Ehe du dich streitest, musst du dich einigen!“ Und<br />
deshalb müssen wir ihnen Management-Instrumente<br />
an die Hand geben, mit denen sie tatsächlich zu solchen<br />
Lösungen kommen können. Verstehen Sie mich nicht<br />
falsch: Wir sind nicht harmoniesüchtig, sondern wir<br />
wollen effektiv arbeiten.<br />
? welche projekte haben sie nach der<br />
partnering-methode erstellt?<br />
! Das Airrail Center am Frankfurter Flughafen,<br />
in dem Sie mit der Bahn am Flughafen ankommen und<br />
an dem Sie auch mit dem Auto auf der Autobahn vorbeifahren,<br />
die Münchner HighLight Towers und – ganz<br />
aktuell – den Opernturm in Frankfurt.<br />
? zum abschluss eine ganz andere frage:<br />
sie haben eine eigene forschungsabteilung bei<br />
züblin. was erforscht die?<br />
! Wir haben 15 Mann in unserer Forschungs-<br />
und Entwicklungsabteilung und arbeiten auch als<br />
Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges<br />
Bauen. Wir forschen an sehr unterschiedlichen Themenbereichen.<br />
Das reicht von ” High Performance Betonen“<br />
für Off-Shore-Windparks über Energietübbings<br />
zur Nutzung geothermischer Energie in maschinell<br />
erstellten Tunnels bis hin zu ” REG“, der so genannten<br />
5-D-Planung von Gebäuden. Aus ” REG“ – was ausgesprochen<br />
” Ressourceneffiziente Gebäude“ heißt – kann<br />
zum Beispiel nicht nur die Gebäudegeometrie virtuell<br />
als 3-D-Modell erfasst werden, sondern es kann unter<br />
anderem auch die in den Bauteilen gebundene CO 2-<br />
Menge, das Ozonbildungspotenzial und die Höhe des<br />
erneuerbaren Primär-Energie-Bedarfs bilanziert werden.<br />
In einem anderen Projekt haben wir zusammen<br />
mit dem Fraunhofer-Institut einen Beton-Wärmespeicher<br />
entwickelt: Dabei wird der Beton tagsüber von Solarmodulen<br />
mit überschüssiger Energie erhitzt, woraus<br />
über ein in den Beton integriertes Öl-Leitungssystem<br />
nachts Strom erzeugt wird.<br />
Und wenn Sie mir diesen abschließenden Gedanken<br />
gestatten, ist auch diese Forschung eine Form<br />
von gesellschaftsübergreifendem Partnering, nämlich<br />
zwischen Züblin und der Gesellschaft, in der wir leben<br />
und arbeiten.<br />
N# Nachmann rechtsanwälte teilen mit der Ed. Züblin AG<br />
die Ansicht, dass Kommunikation am Bau das wichtigste Element<br />
des planerischen, technischen und juristischen Projektmanagements<br />
ist.
N# BAUEN<br />
Seite 78<br />
Dipl.-Ing. Friedrich M. Fillies, Architekt, Helaba Immobiliengruppe,<br />
der in Nordhessen das Projektmanagement von 22 Schulen geleitet hat –<br />
und dabei sehr neue Wege gegangen ist –<br />
im Dialog mit unserem Autor Andreas Lukoschik.<br />
ganzheitliche<br />
sanierung<br />
von schulen und das<br />
regionalitätsprinzip<br />
WIE ALLES BEGANN<br />
? herr fillies, wie ging ihr bemerkenswertes<br />
projekt damals los und was haben sie anders<br />
gemacht?<br />
! Im Jahre 1999 haben die politischen Gremien<br />
des Landkreises Kassel die ersten Gespräche mit unserem<br />
Unternehmen – der OFB Gruppe, einer 100-prozentigen<br />
Gruppe der Hessischen Landesbank – geführt.<br />
Das Thema: Wir sollten einen ganzheitlichen Weg der<br />
Schulsanierungen aufzeigen. Der damalige Landrat, Dr.<br />
Udo Schlitzberger und sein heutiger Nachfolgen, Uwe<br />
Schmidt, hatten diese Vision für den Landkreis Kassel.<br />
Das klingt heute normal. Aber das war 1999, also schon<br />
vor zehn Jahren – und da hatte es etwas von Pioniertat.<br />
Heute wird das Konjunkturpaket II gefeiert, weil mit<br />
dem Geld die Schultoiletten vieler Schulen saniert<br />
werden können – was mich im Übrigen fürchterlich<br />
ärgert. Ich frage mich, was die denn alle wohl mit ihren<br />
Schultoiletten gemacht hätten, wenn es das Konjunkturpaket<br />
II nicht gegeben hätte? Hätten die die Türen<br />
zugenagelt?<br />
Wie auch immer. Es gab damals diese Vision<br />
der ganzheitlichen Schulsanierungen und wir mussten<br />
nachdenken, wie wir das realisieren könnten. Und wollten.<br />
Nun muss man wissen, dass die Kommunen sehr<br />
häufig verschuldet und vielfach nicht als Wirtschaftsunternehmen<br />
geführt worden sind, weshalb man uns, also<br />
die OFB Gruppe, mit dem Projektmanagement beauftragt<br />
hatte. Bei einer ersten Beauftragung konnten wir<br />
unsere Ideen der ganzheitlichen Sanierung testen und<br />
mit den hinzugezogenen Architekten und Ingenieuren<br />
sowie den Mitarbeitern des Landkreises erste Erfahrungen<br />
in der Zusammenarbeit sammeln. Dabei haben wir<br />
vier Mitarbeitern des Landkreises einen Arbeitsplatz<br />
in unserem Büro gegeben, um langwierige Wege und<br />
zeitliche Abstimmungsverluste zu vermeiden. Dieser<br />
Vorgang war ein Meilenstein für die spätere Durchführung<br />
der Sanierung der Schulen.<br />
Nach der ersten Kostendiskussion sind – und<br />
das ist bemerkenswert – alle, bis auf eine Partei, für<br />
unsere Vorschläge zur ganzheitlichen Sanierung der<br />
Schulen gewesen. Festgesetzt wurde durch Beschluss<br />
der politischen Gremien, dass die Sanierung der ausgewählten<br />
Schulen die Summe von 200 Millionen nicht<br />
<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />
überschreiten solle und somit ein bestimmter Betrag<br />
an Zinsen und Tilgungen pro Jahr absolut begrenzt<br />
war. Das haben wir für unsere Finanzierung als<br />
Vorschrift in das Stammbuch“ bekommen.<br />
”<br />
Der erste Schritt war, die Schulen zu entkernen<br />
– und dann ganzheitlich zu sanieren. Und damit<br />
meine ich eine Sanierung zu konzipieren, die den<br />
heutigen pädagogischen Erkenntnissen entspricht.<br />
Das heißt zum Beispiel Folgendes: Wir haben in<br />
Deutschland meistens 2,5 qm pro Schüler in den<br />
Schulen zur Verfügung. In Skandinavien hat jeder<br />
Schüler 4 qm. Das bedeutet nicht nur mehr Platz<br />
im Klassenzimmer, sondern auch mehr Platz an<br />
Nebenräumen. So etwas haben wir in unsere Schulsanierungen<br />
aufgenommen. Ein anderes Beispiel: Es<br />
gibt bei uns nicht mehr diese end- und trostlosen<br />
Gänge. Die haben wir neu strukturiert, mehr Knicke<br />
und Kurven eingebaut, um entsprechende Räume<br />
zu schaffen. Oder: Die Klassenzimmer bekamen<br />
ein Fenster zum Flur hin, nicht damit die Schüler<br />
” rausgucken“ können, sondern damit man vom Flur<br />
sieht, wie der Unterricht in der Klasse läuft. Und viele<br />
andere Erkenntnisse aus anderen Ländern haben<br />
wir in unsere Konzepte aufgenommen. Denn man<br />
muss ja nicht immer das Rad neu erfinden.<br />
Sehen Sie, die Schule ist die zweite Heimat<br />
von jungen Menschen! Und das müssen sie auch<br />
so erleben können. Das heißt: Wir müssen ein<br />
Bauwerk wie ein kleines Kunstwerk anschauen –<br />
nicht übertrieben, sondern in einem Stil, den ein<br />
Kind versteht. Sowohl als Grundschüler als auch<br />
als Abiturient. Denn es gibt drei Pädagogen in einer<br />
Schule – erstens den Lehrer, zweitens die Mitschüler<br />
und drittens den Raum.<br />
Deshalb war es für uns, die wir das Gesamtmanagement<br />
haben, ganz wichtig, ein Architekturbüro<br />
zu finden, das diese Gedanken und Anforderungen<br />
versteht. Denn uns war klar: Wenn wir uns<br />
nicht entscheiden, nur mit solchen Architekten<br />
zusammen zu arbeiten, dann werden wir scheitern.<br />
Nicht mit dem Bau der Gebäude – das kriegt man<br />
immer hin – aber mit dem, was in diesen Gebäuden<br />
geschehen soll, nämlich jungen Menschen den Spaß<br />
am Lernen zu erhalten und zu fördern! Dazu gehört<br />
für uns auch, dass wir die Lehr- und Lernmittel<br />
ändern. Es gibt zwar in vielen Schulen Computer,
aber zum Beispiel im naturwissenschaftlichen Bereich<br />
wird immer noch derselbe Bunsenbrennertyp<br />
verwendet, den ich aus meiner Schulzeit kenne...<br />
? moment. sie sind der sanierer. sie greifen<br />
da ja in die pädagogik ein!<br />
! Aber gerade weil ich der Sanierer bin, haben<br />
wir all das in Abstimmung mit den Pädagogen gemacht.<br />
Sehen Sie, jeder Unternehmer schafft für seine<br />
Mitarbeiter erstklassige Arbeitsbedingungen und erstklassige<br />
Büroräume – sonst sind die Mitarbeiter nicht<br />
produktiv. Aber bei unseren Kindern gilt das in den<br />
Schulen bisher absolut nicht. Verdreckte Toiletten, verschmierte<br />
Gänge, desolate Klassenzimmer – soll da ein<br />
Kind eine vernünftige Einstellung zum Leben und Lernen<br />
bekommen? Lebenslang zu lernen, ist heute schon<br />
wichtig. Um wie viel wichtiger wird das erst für unsere<br />
Kinder. Das muss man doch mit ihnen einüben und<br />
sie dorthin führen. Deshalb sind wir der Meinung: Die<br />
Schüler (= Mitarbeiter) haben ein Anrecht auf einen<br />
guten Arbeitsplatz, der in den verschiedenen Bereichen<br />
kindgerecht respektive erwachsenengerecht ist. Dazu<br />
gehört zum Beispiel nicht eine einzige Stuhlgröße, bei<br />
denen die Kleinen ihre Füße baumeln lassen und die<br />
Großen nicht wissen, wohin mit ihrem Fahrgestell. Zu<br />
diesem Ansatz gehört auch eine vernünftige Mensa,<br />
in der eine Nahrung zubereitet wird, die den Kindern<br />
und Jugendlichen das Lernen erleichtert – und sie<br />
nicht pappsatt und müde macht. Ein Sachverhalt, der<br />
bisher vollkommen unterschätzt worden ist. Diese<br />
Einrichtung wurde und wird übrigens vielfach durch<br />
Fördervereine der Eltern aufrechterhalten. Woran man<br />
sieht, dass sich Eltern in solch einer ganzheitlichen, sanierten<br />
Schule zusammenschließen und diese Schule<br />
selbst sehr aktiv fördern.<br />
So weit so gut. Nach der Aktualisierung der<br />
Lehr- und Lernmittel in den naturwissenschaftlichen<br />
Räumen sowie den EDV-Bereichen mussten wir außerdem<br />
neue Platzierungen und Zuordnungen bestimmter<br />
Räume in den Schulen vornehmen – also die Musik-<br />
und Werkräume so platzieren, dass andere Schüler<br />
nicht gestört werden und die Schulen schalltechnisch<br />
besser sind als vorher.<br />
Wir haben die Schulen im Übrigen nicht allein<br />
und selbstherrlich umstrukturiert, sondern in Abstimmung<br />
mit einem Gremium aus Lehrern, Elternbeirat<br />
– und Schülerbeirat.<br />
UND DIE ZEIT?<br />
? in welchem zeitrahmen?<br />
! Sie werden staunen: Das gesamte Projekt mit<br />
allen 22 Schulen schließen wir 2011 ab, nach acht Jahren<br />
– mit allen Planungen, ” diplomatischem“ Aufwand<br />
für Abstimmungen und Bauzeit! Und der Standard, den<br />
wir entwickelt haben, kann sich in Deutschland sehen<br />
lassen. Deshalb haben wir derzeit auch Besucher en<br />
masse, die sich diese Schulen anschauen. In einer Schule<br />
waren es 3000 Besucher am Tag der offenen Tür!<br />
Und noch etwas ist ganz wichtig: Die Schüler<br />
entwickeln ein ganz anderes Verantwortungsgefühl für<br />
” ihre“ Schule. Das sieht dann zum Beispiel so aus, dass<br />
nicht nur die Klassenzimmer, sondern auch der Flur<br />
von den Schülern verantwortet wird. Die Erfahrung<br />
zeigt, dass die Schüler an dieser Verantwortungszunahme<br />
wachsen – und sie sehr gut verinnerlichen. Deshalb<br />
lässt sich auch ganz leicht – wie vor kurzem geschehen<br />
– derjenige finden, der eine Wand verschmiert hat. Der<br />
muss dann die Reparaturmaßnahme bezahlen. Dieses<br />
Vorgehen ist letztlich in der Stadt New York erfunden<br />
worden, wo die Einwohner auch erst lernen mussten,<br />
wie schnell eine Stadt schöner und sicherer wird, wenn<br />
sich jeder Bewohner um seinen“ Bezirk kümmert.<br />
”<br />
Tagtäglich und mit Aufmerksamkeit und Liebe. Verantwortungsgefühl<br />
beginnt nämlich im Kleinen. Und<br />
genau so lernen es die Schüler in unseren Schulen.<br />
Dadurch findet eine beachtliche Selbsterziehung unter<br />
den Kindern statt.<br />
? moment, herr fillies, sie sind ja<br />
eigentlich ein mann aus dem baumanagement<br />
und finanzbusiness. was veranlasst sie und die<br />
helaba-tochter ofb eigentlich, derartig humanistische<br />
projekte zu betreiben?<br />
! Ganz einfach. Meine Erziehung (lächelt). Oder<br />
sehen Sie es einmal so: Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen<br />
im Immobilienbereich der Helaba und<br />
machen Projektmanagement und Projektentwicklung.<br />
Das heißt: Guter Arbeit folgen neue Aufträge – nicht<br />
nur in der freien Wirtschaft. Auch im kommunalen<br />
Geschäft. Ich könnte Ihnen in der ganzen Bundesrepublik<br />
Beispiele zeigen, wo der Bürger staunen würde, was<br />
alles im kommunalen Bereich möglich ist, wenn die<br />
Verwaltungen nicht nur ” verwalten“.<br />
Aber Sie fragen nach der unternehmerischen<br />
Seite: Alle Projekte und ihre Finanzierungen sind<br />
durch Zustimmung unseres Aufsichtsrates zustande<br />
gekommen, in dem viele Vertreter unserer Anteilseigner<br />
sitzen. Denn: Wir gehören zum größten Teil ja den<br />
Sparkassen. Und der Gewährträger einer Sparkasse<br />
ist – die Kommune. Somit ist der Kreislauf geschlossen,<br />
was bedeutet, dass die Helaba für eine Kommune etwas<br />
tun kann. Wobei sie natürlich auch einen Profit hat.<br />
Das ist ganz klar und legitim.<br />
? verfolgt die helaba diese strategie<br />
immer noch?<br />
! Es gab eine Zeit – und die ist noch gar nicht<br />
so lange her – da hieß es bei den Banken ” big is<br />
beautiful“. Also mussten Großprojekte her. Je größer, je<br />
besser. Wir als Helaba haben an spekulativen Großprojekten<br />
nicht teilgenommen. Stichwort: Immobilien-<br />
krise in Amerika. Wir haben dagegen das Regionalitätsprinzip<br />
verfolgt. Nicht nur in Nordhessen.<br />
REGIONALITÄTSPRINZIP UND AUFTRAGS-<br />
VERGABE<br />
? wie sollte nach ihren erfahrungen bei<br />
einer public private partnership zum thema<br />
schule vorgegangen werden? öffentlich ausschreiben<br />
oder den auftrag gleich an unternehmen<br />
vergeben, von denen die kommunen wissen,<br />
dass die das können?<br />
! Die öffentliche Ausschreibung ist ja heutzutage<br />
Pflicht.<br />
Ich sage Ihnen einmal, wie wir das handhaben:<br />
Wenn ich heutzutage einen Architekten oder Unternehmer<br />
suche, dann muss der mir als Manager – zum<br />
Beispiel einer zu sanierenden Schule – nachweisen, ob<br />
er ein solches Projekt schon einmal gemacht hat. Von<br />
seinem Auftraggeber möchte ich dann wissen, ob der<br />
Architekt oder der Unternehmer seine Arbeit zur vollen<br />
Zufriedenheit gemacht, ob er die Kosten eingehalten,<br />
das Umfeld richtig betrachtet oder den pädagogischen<br />
Ansatz so verstanden hat, dass er ihn auch umsetzen<br />
konnte – und ob die erbrachten Leistungen schließlich<br />
und endlich auch von einem vereidigten Sachverständigen<br />
als fehlerfrei abgenommen worden sind.<br />
Als Zweites möchte ich wissen, ob der Unternehmer<br />
– wenn er denn das alles wie eben beschrieben<br />
leisten kann – bereit ist, mir auch eine Bürgschaft in<br />
gleicher Höhe des Bauvolumens zu geben. So etwas<br />
kann ich heute auch als Kommune verlangen, weil ich<br />
dann weiß, dass ich auf der sicheren Seite bin.<br />
Also, erstens die Frage nach der Qualität,<br />
zweitens nach der Bonität – und als Drittes kommt das<br />
Regionalitätsprinzip. Das war für mich immer das Muss:<br />
die Firmen aus der Region in die Aufträge mit einbeziehen.<br />
Warum? Ganz einfach: Wenn der Vater eines<br />
Schülers der ausführende Dachdecker ist, dann arbeitet<br />
der ganz anders als ein Dachdecker, der aus einem 500<br />
km entfernten Ort kommt. Wir sichern mit der Vergabe<br />
der Aufträge in die Region damit auch einen Teil des<br />
Einkommens der Beschäftigten und somit die Kaufkraft.<br />
Abgesehen davon, können Sie sich vorstellen,<br />
was es für das Steueraufkommen in Nordhessen heißt,<br />
wenn wir mit dem Landkreis, als kommunaler Auftraggeber<br />
200 Millionen in der Region lassen!<br />
? darf ich mal fragen, wie sie die entscheidungsträger<br />
in den kommunen und schulen<br />
überzeugen konnten, mit ihnen solche neuen<br />
wege zu gehen?<br />
! Jetzt kriegen Sie eine sehr altmodische<br />
Antwort von mir: Sie müssen bei solchen Gesprächen<br />
authentisch und mit dem Herzen dabei sein.<br />
Ihr Gegenüber muss Sie nämlich nicht nur verstehen<br />
und anerkennen, sondern Ihnen auch vertrauen. Und<br />
das Team – von den eigenen Mitarbeitern über die<br />
Architekten und Ingenieure bis hin zu den Eltern,<br />
Schülern, Lehrern und Schulleitern – muss am gleichen<br />
Strang ziehen. Schauen Sie – wie anfangs gesagt –<br />
haben wir von der Kommune vier Mitarbeiter in unser<br />
Büro geholt. Die haben das Projektmanagement mit<br />
uns gemeinsam gemacht. Und wenn wir dann – nach<br />
Abschluss der Sanierungen – wieder unseres Weges<br />
ziehen, dann gehen diese vier Mitarbeiter wieder in ihre<br />
kommunalen Büros zurück – und wissen jetzt wie man<br />
in der freien Wirtschaft solche Aufträge durchzieht. Sie<br />
haben alle Akten selbst bearbeitet, kennen den Inhalt,<br />
wissen um alle Details und tragen deshalb innerhalb<br />
der Kommune diese Erfahrungen weiter. Das ist etwas,<br />
was sonst nirgends gemacht wird. Aber das gehört aus<br />
meiner Sicht auch zur ganzheitlichen Abwicklung einer<br />
Aufgabe.<br />
UND WIE GEHT ES WEITER?<br />
? noch mal zum geld. es ging ja unlängst<br />
durch die presse, dass die länder von den vielen<br />
milliarden des konjunkturpaketes ii nur 200 milliarden<br />
angefordert haben. gleichzeitig sollten<br />
die förderbestimmungen des konjunkturpaketes<br />
ii so gelockert sein, dass es besonders einfach<br />
ist, innerhalb der länder bauliche investitionen<br />
vorzunehmen. klemmt da was, oder habe ich da<br />
was falsch verstanden?<br />
! Weder noch. Aus den Programmmitteln des<br />
Bundes und der Länder bekommt der Landkreis Kassel<br />
derzeit ca. 1.500 Euro pro Kind zur Sanierung der Schulen.<br />
Wir brauchen aber 22.000 Euro pro Kind, um das<br />
ordentlich zu machen. Da frage ich Sie: Was soll so ein<br />
Konjunkturpaket bewirken? Nachhaltige Sanierungen<br />
ermöglichen oder die anfänglich erwähnte Toiletten-<br />
Kosmetik fördern? Für diese Förderbeträge plus den<br />
zehn bis 15 Prozent, die die Kommunen vielleicht selbst<br />
noch dazulegen können, bekommen Sie noch nicht<br />
einmal Wärmedämmglas mit neuen Fenstern für die<br />
Schulen – obwohl das Konjunkturpaket II ja gerade für<br />
energetische Sanierungsmaßnahmen aufgelegt wurde.<br />
Das ist einfach zu wenig. Deshalb muss man die Kommunen<br />
dazu bewegen, sich – für unsere Kinder – zu verschulden!<br />
Und das macht Sinn. Der große Börsenguru<br />
André Kostolany hat einmal auf die Frage geantwortet,<br />
wo man sein Geld am einträglichsten investieren solle:<br />
” In Ihre Kinder!“ Und deshalb müssen die Vergabekriterien<br />
noch weiter gelockert und viel mehr in die<br />
diejenigen Menschen investiert werden, die unser Land<br />
einmal erfolgreich gestalten sollen – unsere Kinder.<br />
N# Nachmann rechtsanwälte beraten bei Public-Private-Partnership-Projekten<br />
die Beteiligten bei vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen<br />
Konstruktionen.
lange galt das geschäftsmodell der sparkassen<br />
als antiquiert und verstaubt. in der finanzmarktkrise<br />
haben sich die dezentralen und<br />
regional verankerten institute eindrucksvoll<br />
zurückgemeldet: sie haben sich einmal mehr<br />
als stabilitätsanker für die deutsche finanzbranche<br />
und die gesamte wirtschaft erwiesen.<br />
Seit Sommer 2007 hält die globale Finanzmarktkrise<br />
die Kreditwirtschaft fest im Griff. Zwar<br />
beginnen sich die Geld- und Kapitalmärkte allmählich<br />
wieder zu beleben. Darüber hinaus haben<br />
einige US-Großbanken für das zweite Quartal 2009<br />
bereits wieder hohe Gewinne gemeldet. Ob diese<br />
positiven Nachrichten aber tatsächlich schon den<br />
Anfang einer nachhaltigen Normalisierung markieren,<br />
weiß derzeit niemand zu sagen. Die Gefahr<br />
von Rückschlägen bleibt jedenfalls hoch. Vor dem<br />
Hintergrund der immensen Vermögensschäden, die<br />
die Finanzmarktkrise bisher angerichtet hat, bleibt<br />
Vorsicht angesagt: Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur<br />
Bloomberg hat die Krise die Finanzbranche<br />
in aller Welt bisher fast 1.500 Mrd. Dollar<br />
an Wertberichtigungen und Kreditausfällen gekostet.<br />
Der Internationale Währungsfonds geht sogar davon<br />
aus, dass sich der Gesamtverlust insgesamt auf rund<br />
4.000 Mrd. Dollar summieren wird. Sollte diese Prognose<br />
eintreffen, würde der Finanzbranche das dicke<br />
Ende der Krise somit erst noch bevorstehen.<br />
Schon heute hat die Finanzmarktkrise die<br />
globale Bankenlandschaft fundamental verändert.<br />
Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers<br />
<strong>Hamm</strong><br />
im September 2008 sandte Schockwellen in die<br />
Finanzwelt und bildete den vorläufigen Höhepunkt<br />
<strong>Hubertus</strong><br />
der Krise. In den USA haben renommierte Banken<br />
wie Merrill Lynch oder Bear Stearns ihre Selbstän- <strong>Foto</strong>:<br />
BAUFINANZIErUNG<br />
Seite 83<br />
Von Gerhard Grandke,<br />
geschäftsführender Präsident<br />
des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen<br />
bewährtes<br />
geschäftsmodell:<br />
sparkassen kommen<br />
gut durch die<br />
finanzmarktkrise<br />
digkeit verloren. Zugleich haben sich die beiden<br />
letzten verbliebenen selbständigen Investmentbanken<br />
Goldman Sachs und Morgan Stanley in<br />
Universalbanken umgewandelt. Aber auch kleinere<br />
Institute hat die Krise mit voller Wucht erwischt: Im<br />
Jahr 2008 wurden in den USA 25 Regionalbanken<br />
von den Aufsichtsbehörden geschlossen. In der ersten<br />
Hälfte des Jahres 2009 wurden knapp 50 weitere<br />
US-Institute dichtgemacht. Ein Ende des Bankensterbens<br />
ist somit nicht abzusehen. Die US-Immobilienfinanzierer<br />
Freddie Mac und Fannie Mae wurden<br />
inzwischen verstaatlicht. Der Versicherungskonzern<br />
AIG – der größte Versicherer der Welt – musste mit<br />
massiven Staatshilfen gestützt werden.<br />
Zu welch tief greifendem Paradigmenwechsel<br />
die Krise geführt hat, zeigt das Beispiel England.<br />
Ausgerechnet im Mutterland der freien Markt-<br />
wirtschaft musste unter anderem bei den Banken<br />
Northern Rock und Royal Bank of Scotland auf das<br />
Instrument der Verstaatlichung zurückgegriffen<br />
werden.<br />
Aber auch in Deutschland hat die Finanzmarktkrise<br />
tiefe Spuren hinterlassen. Die großen<br />
deutschen Geschäftsbanken und einige Landesbanken<br />
mussten auf ihren Wertpapierbestand<br />
Abschreibungen in Milliardenhöhe vornehmen. Die<br />
Sparkassen in Hessen und Thüringen sind sehr froh<br />
darüber, dass die Landesbank Hessen-Thüringen<br />
davon nur indirekt und in sehr überschaubarem<br />
Maße betroffen ist. Um die Finanzmarktkrise einzudämmen,<br />
haben die Regierungen weltweit in noch<br />
nicht gekannter Größenordnung Rettungspakete für<br />
die Finanzbranche aufgelegt. In Deutschland hat die<br />
Bundesregierung im Oktober 2008 einen ” Sonderfonds<br />
Finanzmarktstabilisierung“ eingerichtet, der
Banken mit Hilfe von Garantien und Mitteln zur<br />
Rekapitalisierung und Risikoübernahme unterstützt.<br />
Trotz der staatlichen Stützungsaktionen und Garantien<br />
kann derzeit niemand sagen, wann die Finanzmarktkrise<br />
überwunden sein wird.<br />
SCHATTENSEITEN DER GLOBALISIE-<br />
RUNG: DIE FINANZMARKTKRISE FRISST SICH IN<br />
DIE WELT<br />
Die Ursachen der Finanzmarktkrise sind vielfältig.<br />
Auslöser war die sogenannte Subprime-Krise<br />
in den USA. Noch vor kurzem wäre es unvorstellbar<br />
gewesen, dass überschuldete Eigenheimbesitzer in<br />
den USA einmal solche Turbulenzen an den weltweiten<br />
Kapitalmärkten auslösen würden und die Krise<br />
sich dann nach dem Muster eines Dominospiels<br />
unaufhaltsam ausbreiten würde. Aber genau das ist<br />
passiert. Zuerst konnten überschuldete Eigenheimbesitzer<br />
wegen steigender Zinsen und fallender Häuserpreise<br />
ihre Hypotheken nicht mehr bedienen. Im<br />
vierten Quartal 2008 befanden sich elf Prozent aller<br />
US-Hypothekendarlehen in Zahlungsverzug oder in<br />
der Zwangsversteigerung. Durch das Instrument der<br />
Kreditverbriefung fraß sich die Krise vom amerikanischen<br />
Markt für zweitklassige Hypotheken in das<br />
verschachtelte System der globalen Finanzmärkte:<br />
Hypothekenfinanzierer, Hedgefonds, Banken und<br />
Kreditversicherer, aber auch Kreditkartenanbieter<br />
mussten einen erheblichen Teil ihrer Forderungen<br />
abschreiben. Aus der Krise eines Teilsegments<br />
entwickelte sich eine Krise des Gesamtmarktes, die<br />
sich schnell zu einer Vertrauens- und Liquiditätskrise<br />
ausgewachsen hat.<br />
Viele Banken trauen einander nicht mehr,<br />
weil sie noch milliardenschwere Belastungen in und<br />
außerhalb der Bilanzen der anderen Institute vermuten.<br />
Die Geld- und Kapitalmärkte bleiben deshalb<br />
weiter gestört, auch wenn dort inzwischen wieder<br />
eine leichte Entspannung eingetreten ist. Diese Entspannung<br />
ist nicht zuletzt der konzertierten Aktion<br />
von Regierungen und Notenbanken in aller Welt zu<br />
verdanken. Die Notenbanken haben in den vergangenen<br />
Monaten die Leitzinsen im Rekordtempo massiv<br />
gesenkt und immer wieder Milliarden Euro, Dollar,<br />
Pfund und Renminbi in den Geldkreislauf gepumpt.<br />
Viele Regierungen – auch die Bundesregierung –<br />
haben größere Konjunkturpakete aufgelegt. Diese<br />
Maßnahmen beginnen allmählich zu wirken. Das<br />
Vertrauen an den Finanzmärkten und auch in der<br />
Realwirtschaft kehrt deshalb langsam wieder zurück.<br />
SPARKASSEN VERHINDERN<br />
KREDITKLEMME<br />
Die Finanzmarktkrise hat inzwischen längst<br />
die Realwirtschaft erreicht. Viele Volkswirtschaften<br />
wie die USA und der Euroraum sind in eine scharfe<br />
Rezession gerutscht. In Deutschland ist das Bruttoinlandsprodukt<br />
im ersten Quartal 2009 um 3,8 Prozent<br />
und damit zum vierten Mal in Folge gesunken.<br />
Gegenüber dem Zeitraum von Januar bis März 2008<br />
liegt das Minus preisbereinigt sogar bei 6,7 Prozent.<br />
So einen Einbruch hat es noch nie gegeben, seitdem<br />
das Bruttoinlandsprodukt 1970 zum ersten Mal quartalsweise<br />
verglichen wurde. Zwar hat der konjunkturelle<br />
Abschwung inzwischen im zweiten Quartal 2009<br />
deutlich an Dynamik verloren. An ein nennenswertes<br />
und nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist jedoch in<br />
absehbarer Zeit erst einmal nicht zu denken.<br />
In Deutschland hat die Finanzmarktkrise zu<br />
keiner Kreditklemme geführt. Das Kreditneugeschäft<br />
ist im Jahr 2008 sogar gewachsen. Dies lag insbesondere<br />
an den Sparkassen, die bei den Kreditzusagen<br />
und Darlehensauszahlungen jeweils ein Plus von<br />
rund zehn Prozent verzeichnen konnten. Zwischen<br />
Januar und Juni 2009 ist das Kreditvolumen in<br />
Deutschland nach Angaben der Europäischen Zentralbank<br />
zwar um 2,3 Prozent zurückgegangen. Dieses<br />
Minus ist aber vor allem mit der konjunkturell<br />
bedingten schwächeren Nachfrage nach Krediten zu<br />
erklären. Zum Teil versuchen Banken sich aber auch<br />
durch strengere Bedingungen bei der Kreditvergabe<br />
vor dem Risiko von Kreditausfällen zu schützen.<br />
Dieses Risiko ist in einer Rezession nun einmal<br />
höher als im Aufschwung. Dabei kommen Firmen<br />
nach einer Ifo-Umfrage bei Genossenschaftsbanken<br />
und Sparkassen leichter an Kredite als bei Landesbanken<br />
und privaten Geschäftsbanken. Im ersten<br />
Halbjahr 2009 haben die Sparkassen entgegen dem<br />
Trend und trotz einer rückläufigen Kreditnachfrage<br />
ihre Kreditzusagen an Unternehmen und Selbständige<br />
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um eine<br />
Mrd. Euro auf 30 Mrd. Euro gesteigert. Auch bei<br />
den Darlehensauszahlungen legten die Sparkassen<br />
in den ersten sechs Monaten des Jahres 2009 zu.<br />
Insgesamt wurden 25,6 Mrd. Euro an Unternehmen<br />
und Selbständige und damit 1,3 Mrd. Euro mehr als<br />
im 1. Halbjahr 2008 ausbezahlt. Sparkassen sind für<br />
kleine und mittlere Unternehmen nach wie vor der<br />
erste Ansprechpartner.<br />
Die Sparkassen können das auch deshalb<br />
leisten, weil sie insgesamt gut durch die Finanzmarktkrise<br />
gekommen sind. Ihr langfristig angelegtes<br />
und am Kunden ausgerichtetes Geschäftsmodell,<br />
das vor kurzem vielfach noch als altmodisch belächelt<br />
wurde, hat sich dabei hervorragend bewährt.<br />
In den vergangenen Monaten ist deutlich geworden,<br />
dass weltweit gerade die Institute von der Krise am<br />
stärksten betroffen sind, die in hohem Maße an den<br />
internationalen Kapitalmärkten engagiert waren. Je<br />
stärker sich die Geschäftsmodelle dieser Institute<br />
von der Realwirtschaft abgekoppelt haben und je<br />
stärker sie sich in virtuellen Märkten bewegt haben,<br />
desto stärker wurden sie von der Krise in Mitleidenschaft<br />
gezogen.<br />
SPARKASSEN HABEN IN DER KRISE ENT-<br />
SCHEIDEND ZUR STABILITÄT DES BANKENSYS-<br />
TEMS BEIGETRAGEN<br />
Kaum Probleme haben dagegen die Kreditinstitute,<br />
die sich wie die Sparkassen auf ihr traditionelles<br />
Kerngeschäft in der Region konzentriert haben. Zwar<br />
bieten das Privatkundengeschäft und das mittelständische<br />
Firmenkundengeschäft grundsätzlich geringere<br />
Margen als das Kapitalmarktgeschäft. Auf der anderen<br />
Seite sind damit aber auch nicht so hohe Risiken<br />
verbunden und die Erträge fallen wesentlich stabiler<br />
aus. Positiv für die Sparkassen hat sich außerdem<br />
ausgewirkt, dass sie sich im Wesentlichen über ihre<br />
Kundeneinlagen refinanzieren können. Für die Sparkassen<br />
bedeutet das eine weitgehende Unabhängigkeit<br />
von den Kapitalmärkten und Stabilität in der Refinanzierung,<br />
für ihre Kunden die Verlässlichkeit der Sparkassen<br />
als Finanzpartner. Denn die Sparkassen setzen<br />
die Kundeneinlagen in Form von Krediten wieder in<br />
der Region ein, aus der die Einlagengelder stammen.<br />
Dieser Kreislauf hat sich in der Finanzmarktkrise bewährt.<br />
Es ist eine der zentralen Lehren aus der Krise,<br />
dass sich die Banken nicht von der Realwirtschaft<br />
entfernen oder sogar abkoppeln dürfen.<br />
Die Sparkassen sind mit der Wirtschaft eng<br />
verbunden. Sie können auf eine solide Eigenkapitalausstattung<br />
zurückgreifen und sind somit auch<br />
für eine anziehende Kreditnachfrage gut gerüstet,<br />
wenn die Konjunktur wieder in Fahrt kommt. Die<br />
Sparkassen haben sich nicht an den Finanzmärkten<br />
verspekuliert. Sie haben keine zweifelhaften Kreditersatzgeschäfte<br />
getätigt und sich auch nicht an risikoreichen<br />
Engagements beteiligt. Sie haben ihr operatives<br />
Ergebnis gehalten und konnten aus den laufenden<br />
Erträgen erneut ihr Eigenkapital aufstocken. Es ist<br />
deshalb kein Zufall, dass sie in der Bevölkerung besonderes<br />
Vertrauen genießen. Umfragen zeigen, dass das<br />
Vertrauen in die Sicherheit der Geldanlagen bei den<br />
Sparkassen mit Abstand am größten ist. Ungefähr 70<br />
Prozent der Deutschen sind überzeugt, dass das Geld<br />
bei den Sparkassen sicher ist. Damit sind die Sparkassen<br />
” Vertrauenschampions“.<br />
Obwohl die Sparkassen die Finanzmarktkrise<br />
gut überstanden haben, stehen sie vor großen<br />
Herausforderungen. In den kommenden Jahren wird<br />
der Wettbewerb im Retailgeschäft in Deutschland<br />
weiter zunehmen, da dieses Segment aufgrund seiner<br />
Stabilität nun auch für die Banken attraktiv ist, die<br />
sich früher auf das Investmentbanking und das Kapitalmarktgeschäft<br />
konzentriert haben.<br />
Durch den intensiven Wettbewerb im Retailgeschäft<br />
wird der Druck auf die Zinsspanne und die Ertragskraft<br />
der Sparkassen hoch bleiben. Im Gegensatz<br />
zu anderen Banken gibt es für die Sparkassen aber keinen<br />
Anlass, ihr bewährtes Geschäftsmodell grundsätz-<br />
lich zu ändern. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die<br />
Sparkassenorganisation ihre Geschäftsstrategie nicht<br />
in regelmäßigen Abständen auf den Prüfstand stellt.<br />
So haben die Sparkassen schon vor der Finanzmarktkrise<br />
eine Feinjustierung und Weiterentwicklung ihrer<br />
Geschäftsstrategie beschlossen. Die Finanzmarktkrise<br />
hat die Richtigkeit dieser Entscheidung bestätigt.<br />
Um auch künftig Marktführer in Deutschland<br />
zu bleiben, wollen die Sparkassen ihre Beratungs-<br />
und Servicequalität weiter verbessern und damit ihre<br />
Kunden noch stärker als bisher in den Mittelpunkt<br />
stellen. Der Fokus wird deshalb künftig noch mehr auf<br />
die Kundenzufriedenheit und die Marktausschöpfung<br />
gerichtet sein. Auf der anderen Seite wird es aber auch<br />
in Zukunft richtungsweisende betriebswirtschaftliche<br />
Kennziffern geben. Die Aufwands-/Ertragsrelation von<br />
60 Prozent bleibt – wie im Strategiepapier von 2002<br />
vorgesehen – als Ausdruck der Effizienz bestehen.<br />
Die Zielgröße bei der Eigenkapitalrentabilität wurde<br />
allerdings an das veränderte Umfeld angepasst. Denn<br />
in der Vergangenheit haben viele Kreditinstitute und<br />
Analysten die Rendite viel zu sehr in den Mittelpunkt<br />
gestellt. Das hat so manche Bank dazu verleitet, im<br />
Interesse einer höheren Profitabilität höhere Risiken<br />
einzugehen – mit den bekannten Folgen. Im Gegensatz<br />
zu anderen Banken haben die Sparkassen mit<br />
ihrer bisherigen Zielvorgabe von 15 Prozent vor Steuern<br />
nie Höchstrendite angestrebt. Künftig wird die<br />
Zielgröße bei der Eigenkapitalrendite aber stärker an<br />
die Verhältnisse am Kapitalmarkt und in der Realwirtschaft<br />
gekoppelt. Die dynamische Mindestverzinsung,<br />
die dann für die Sparkassen maßgeblich ist, soll vor<br />
Steuern zwei Prozentpunkte über dem langfristigen<br />
Kapitalmarktzins liegen. Darüber hinaus wird den<br />
Kennziffern zur Risikolage und Liquidität größere<br />
Bedeutung zugemessen.<br />
Das Geschäftsmodell der Sparkassen hat sich<br />
somit in der Finanzmarktkrise bewährt. Ihre Chancen,<br />
aus der Krise gestärkt hervorzugehen, stehen nicht<br />
schlecht. Während in anderen Banken zurzeit schwierige<br />
Diskussionen über die richtige strategische Ausrichtung<br />
geführt werden, haben die Sparkassen keine<br />
Veranlassung, ihr Geschäftsmodell in Frage zu stellen.<br />
Mit ihrer regionalen Verwurzelung, ihrer dezentralen<br />
Ausrichtung und ihrer konservativen Risikopolitik<br />
haben die Sparkassen aber auch entscheidend dazu<br />
beigetragen, dass sich das deutsche Bankensystem in<br />
der Finanzmarktkrise insgesamt als außerordentlich<br />
strapazierfähig erwiesen hat. Das Dreisäulenmodell<br />
aus öffentlich-rechtlichen, genossenschaftlichen und<br />
privaten Banken hat sich somit einmal mehr bewährt.<br />
N# Alle Fragen der Baufinanzierung und deren Strukturierung<br />
liegen in der Kernkompetenz von Nachmann rechtsanwälte.
BAUFINANZIErUNG<br />
Seite 86<br />
Interview mit Dr. Otmar M. Stöcker,<br />
Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Pfandbriefbanken<br />
” es herrscht keine<br />
kreditklemme, sondern<br />
eine kredit-qualitätsklemme.“<br />
zumindest sagt das der geschäftsführer vom<br />
verband der pfandbriefbanken dr. otmar stöcker.<br />
wir wollten deshalb wissen:<br />
? was heißt das?<br />
! Wie sich das Kreditvolumen einer Bank entwickelt,<br />
hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere<br />
der Nachfrage der Kunden, dem Eigenkapital und der<br />
Risikopolitik der Bank, den Ertragserwartungen der<br />
Eigentümer der Bank und der Liquidität, über die eine<br />
Bank verfügt.<br />
? welche rolle spielt dabei das eigenkapital<br />
einer bank?<br />
! Das Eigenkapital dient dazu, unerwartete<br />
Risiken einer Bank aufzufangen, damit sie durch ihre Geschäfte<br />
nicht in Schwierigkeiten kommt, wenn zum Beispiel<br />
ein Kreditnehmer seinen Kredit nicht zurückzahlen<br />
kann. Eigenkapital ist für eine Bank sehr teuer. Je mehr<br />
Eigenkapital sie braucht, um ein Geschäft abzusichern,<br />
desto weniger dieser Geschäfte kann sie tätigen.<br />
? wie viel eigenkapital braucht eine bank?<br />
! Über viele Jahre sind hochkomplexe bankaufsichtliche<br />
Vorschriften entwickelt worden, die eine<br />
vernünftige Relation zwischen Eigenkapital und Risiko<br />
einer Bank anstreben. Während die früheren Empfehlungen,<br />
Basel I genannt, schematische Risikoeinstufungen<br />
vorsahen, wurden vor einigen Jahren mit den Basel-II-<br />
Empfehlungen striktere und besser justierte Vorgaben<br />
eingeführt.<br />
? für wen sind diese empfehlungen<br />
verbindlich?<br />
! Die Basler Regelungen gelten seit dem<br />
1.1.2008 verpflichtend für alle Kreditinstitute in allen<br />
EU-Staaten.<br />
? wird dies von allen an basel beteiligten<br />
so gehandhabt?<br />
! Nein. Insbesondere die USA, die den Konsultationsprozess<br />
zur Reform von Basel I initiiert und dominiert<br />
haben, haben Basel II bis heute nicht umgesetzt.<br />
? war dies verantwortlich für die finanzkrise,<br />
die in den usa ihren ursprung hatte?<br />
! Die Ursachen für diese Krise waren schon<br />
gelegt, bevor Basel II in Kraft trat. Wäre Basel II bereits<br />
fünf Jahre früher wirksam geworden, hätte die Finanzkrise<br />
sicherlich nicht diese Wucht gehabt. Soweit die<br />
Ursachen für die Finanzkrise im US-amerikanischen<br />
Immobilienmarkt liegen, hätte Basel II allerdings helfen<br />
können. Hypothekenkredite bleiben in den USA schon<br />
seit Jahrzehnten nicht über ihre gesamte Laufzeit auf<br />
den Bankbilanzen, sondern werden über Verbriefungstechniken<br />
an Kapitalmarktinvestoren verkauft. Hierzu<br />
werden die Kredite eigens gegründeten Spezialgesellschaften<br />
(SPV) verkauft, die wiederum Schuldverschreibungen<br />
oder Anteilscheine ausgeben, die von Investoren<br />
gekauft werden. Um diese Papiere verkäuflich zu<br />
machen, wurden dem SPV häufig kurzfristige Kreditlinien<br />
bereit gestellt, die die Rückzahlung der Papiere<br />
absicherten. Kreditlinien unter einem Jahr an SPV<br />
sind unter Basel II nun mit Eigenkapital zu unterlegen. Berning<br />
Damit wäre der Aufbau großer Spezialgesellschaften<br />
deutlich weniger attraktiv gewesen.<br />
Tina<br />
? was sind verbriefungen und welche rolle<br />
spielen sie für das eigenkapital einer bank? Illustration:
! Das Eigenkapital limitiert das Kreditvolumen<br />
einer Bank, da jeder Kredit mit Eigenkapital zu unterlegen<br />
ist und dadurch Eigenkapital bindet. Verbrieft eine<br />
Bank ihre Kredite, ” verkauft“ sie die Kredite also weiter<br />
und kann mit ihrem dann frei werdenden Eigenkapital<br />
neue Kredite ausgeben. Dadurch erhöht sich das gesamte<br />
Kreditvolumen einer Volkswirtschaft und folglich auch<br />
das Kreditangebot für die Kunden.<br />
? aber das ist doch gut für die volkswirtschaft.<br />
! Im Prinzip ja. Aber diese besondere Finanzierungstechnik<br />
war gleichzeitig mit weiteren Faktoren verbunden:<br />
einer hohen Arbeitsteilung – mit der Folge, dass<br />
sich niemand für das Schicksal des Kredits über dessen<br />
gesamte Laufzeit verantwortlich fühlte; einer mehrjährigen<br />
Niedrigzinspolitik, die eine hohe Kreditaufnahme<br />
erleichtert hat; einer langjährigen und zum Teil rasanten<br />
Steigerung der Immobilienpreise, die viele Haushalte<br />
dazu bewogen hat, ihre Immobilien für Konsumkredite<br />
exzessiv zu verpfänden; einem weitgehend erfolgsabhängigen<br />
Kreditmaklersystem, das zum Teil dazu geführt hat,<br />
dass die Bonität der Kunden nicht ausreichend oder gar<br />
nicht geprüft wurde; sogar betrügerische Vorgehensweisen<br />
bei der Kreditvergabe und vor allem bei der Immobilienbewertung<br />
gab es im größeren Stil. Zudem waren die<br />
Kreditzinsen am Anfang häufig sehr niedrig und wurden<br />
nach und nach deutlich angehoben. Im Ergebnis wurden<br />
zu viele Kredite an einkommensschwache Kunden gegeben<br />
– und gleichzeitig wurden diese Kredite mit Hilfe von<br />
komplexen Verbriefungsstrukturen in Form von Wertpapieren<br />
an den internationalen Kapitalmarkt verkauft.<br />
? wieso haben investoren solche wertpapiere<br />
dann erworben?<br />
! Auch dies ist nicht so einfach, wie es oft<br />
dargestellt wird. Ob Versicherungen, Pensionsfonds,<br />
Banken oder andere Anleger – alle Investoren stehen<br />
unter großem Erfolgsdruck. Da über mehrere Jahre die<br />
Zinsen weltweit gesunken sind, mussten die Investoren<br />
nach neuen Möglichkeiten suchen, mehr als nur die<br />
gerade üblichen Renditen für ihre Anlagen zu erzielen.<br />
Da waren die Wertpapiere aus den USA gerade recht,<br />
da sie aufgrund des großen Volumens und der Markttiefe<br />
leicht handelbar waren, etwas höhere Zinsen und<br />
vor allem erstklassige Noten von den Ratingagenturen<br />
hatten, so dass der interne Entscheidungsprozess, sie zu<br />
kaufen, schnell machbar war und auch risikobewusste<br />
Manager auf die guten Bewertungen der Ratingagenturen<br />
verweisen konnten. Dass man letzten Endes manchmal<br />
nicht mehr wusste, welche Kreditrisiken genau sich<br />
hinter diesen Wertpapieren verbargen, hat man dann<br />
möglicherweise als nicht wesentlich betrachtet.<br />
? wie konnte so die weltweite finanzkrise<br />
ausgelöst werden?<br />
! Zum einen waren viele Anleger geschockt, dass<br />
ihre Kapitalanlagen indirekt auf schlechten Krediten basierten.<br />
Dies betraf allerdings nur einen relativ kleinen<br />
Teil des weltweiten Anlagekapitals. Schlimmer war, dass<br />
viele Banken und andere Anleger nicht wussten, wer<br />
wie stark mit welchen Risiken belastet war. Dies brachte<br />
eine große Verunsicherung, die durch die weltweite Vernetzung<br />
des Banken- und Kapitalmarktes zu globalen<br />
Preis- und Wertausschlägen nach unten führte.<br />
? was hat das mit der kredit-qualitätsklemme<br />
in deutschland zu tun?<br />
! Diese Schwankungen wiederum machten es<br />
nahezu unmöglich, den Wert eines Vermögenswertes zu<br />
beurteilen. Banken und auch andere Investorengruppen<br />
müssen ihre Vermögenswerte regelmäßig neu bewerten.<br />
Bei Banken sind solche Vermögenswerte auch die von<br />
ihnen ausgereichten Kredite. Wegen der oben beschriebenen<br />
Vorschriften über das Verhältnis zwischen<br />
Eigenkapital und Kreditvolumen muss eine Bank also<br />
beurteilen, ob ihr Eigenkapital zur Abdeckung ihrer Kreditrisiken<br />
ausreicht. Wenn sie aber nicht weiß, wie diese<br />
Beurteilung in einer Woche, einem Monat oder einem<br />
Jahr – mit denselben Krediten – ausfallen wird, kann sie<br />
ihr jetzt an sich frei verfügbares Kapital nicht ruhigen<br />
Gewissens durch neue Kredite binden.<br />
? und wenn sie falsch liegt in ihrer einschätzung?<br />
! Verschätzt sie sich in der Vorausschau der<br />
künftigen Wertentwicklungen, hat sie nicht genug<br />
Eigenkapital – und muss dann Neues einwerben, was<br />
auf dem Höhepunkt der Finanzkrise nahezu unmöglich<br />
war; Die Alternative war, Kredite zu verkaufen. Aber<br />
an wen? Oder den Staat zu Hilfe rufen. Gelingt all dies<br />
nicht und sinkt die Eigenkapitalrelation unter die vom<br />
Bankaufsichtsrecht gesetzte Mindestgrenze, muss die<br />
Aufsichtsbehörde eingreifen – und die Bank letzten<br />
Endes schließen. Wohl gemerkt: All dies bezieht sich<br />
auf bereits vergebene Kredite, bei denen die Kunden<br />
vertragsgemäß ihre Zinsen zahlen. Denn alleine die<br />
Senkung der Werteinschätzung der als Sicherheiten<br />
dienenden Immobilien kann bei Hypothekarkrediten<br />
bereits zu einer stärkeren Belastung des Eigenkapitals<br />
führen.<br />
? wie reagieren banken darauf?<br />
! Diese Eigenkapitalfrage und weitere Komponenten<br />
führen dazu, dass die Banken heute Kreditrisiken<br />
anders in ihren Kreditkonditionen berücksichtigen.<br />
Kunden, die dem nachkommen können und wollen,<br />
erhalten Kredite. Wer diese Kreditkonditionen nicht<br />
akzeptieren kann oder will, nimmt dies als Kreditklemme<br />
wahr. Richtiger ist es aber, hier von einer Kredit-<br />
Qualitäts-Klemme zu sprechen.<br />
Neben der durch die Margengestaltung geprägten<br />
Zinshöhe spielt bei der Konditionengestaltung<br />
auch die Frage eine Rolle, wie hoch der Eigenkapitalanteil<br />
des Kunden liegen soll; dies wiederum hängt mit<br />
der Refinanzierung des Kredits zusammen, die zum<br />
Beispiel beim Pfandbrief günstig ist, aber möglicherweise<br />
nur einen Teil des Gesamtkredits erfassen kann.<br />
? warum?<br />
! Durch Hypothekenpfandbriefe refinanziert<br />
werden können Hypothekarkredite nur insoweit, als<br />
sie eine Beleihungsgrenze von 60 % des vorsichtig zu<br />
ermittelnden Beleihungswertes nicht überschreiten.<br />
Wenn Kunden nur einen Kredit in dieser Höhe benötigen,<br />
weil sie genug Eigenkapital mitbringen oder noch<br />
andere Finanzierungsquellen haben, dann können<br />
sie heute Kredite von Pfandbriefbanken erhalten, die<br />
aber teuerer sind als vor der Krise. Je näher sich ihr<br />
Finanzierungsbedarf also an dieser für die Deckungsbestimmungen<br />
des Pfandbriefgesetzes maßgeblichen<br />
Beleihungsgrenze orientiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass ihr Kreditwunsch erfüllt werden<br />
kann.<br />
Die Banken haben grundsätzlich mehrere<br />
Möglichkeiten, sich das Kapital zu beschaffen, um<br />
Hypothekarkredite geben zu können, zum Beispiel<br />
Kundeneinlagen, Interbanken-Kredite, Verbriefungen<br />
und Pfandbriefe.<br />
Der Pfandbrief hat sich damit in dieser Krise<br />
bewährt und ist als einziges funktionierendes Kapitalmarktprodukt<br />
ohne staatliche Garantie ausgekommen.<br />
? brauchen die banken dann überhaupt<br />
noch die verbriefung?<br />
! Ja. Weltweit wurden so viele Immobilienfinanzierungen<br />
und andere Kredite verbrieft, dass es<br />
unmöglich wäre, das Eigenkapital aufzubringen, das<br />
die Banken bräuchten, um diese Kredite auf ihre Bilanzen<br />
zu nehmen. Es ist also unbedingt erforderlich, dass<br />
der Verbriefungsmarkt wieder in Schwung kommt,<br />
auch um bereits verbriefte Immobilienfinanzierungen<br />
zu verlängern oder umzuschulden, die schon aufgrund<br />
ihres großen Gesamtvolumens von den Banken nicht<br />
übernommen werden können.<br />
? also zurück zu alten usancen und<br />
fehlern?<br />
! Nein. Sicherlich nicht. Die Auswüchse<br />
überzogen komplexer und intransparenter Verbriefungsstrukturen<br />
kann ich mir – jedenfalls sicherlich für<br />
die nächsten Jahre – nicht mehr vorstellen. Dies liegt<br />
weniger an bankrechtlichen Bestimmungen, da die<br />
verbrieften Kredite die Banken ja verlassen und daher<br />
vom Bankaufsichtsrecht nur teilweise erfasst werden<br />
können. Vielmehr werden die Investoren dafür sorgen,<br />
dass es solche Produkte bis auf Weiteres nicht mehr geben<br />
wird, da sie nicht bereit sein werden, sie zu kaufen.<br />
? kann man unter diesen bedingungen<br />
ein großprojekt heute überhaupt noch durch<br />
eine bank finanzieren?<br />
! Grundsätzlich ist dies möglich, allerdings<br />
unter anderen Bedingungen und mit anderen Finanzierungstechniken.<br />
Als im Laufe der 90er Jahre die Summen bei<br />
internationalen Immobilieninvestitionen anstiegen,<br />
haben die Banken diese hohen Kreditsummen mit<br />
Konsortialkrediten bereitgestellt. Wenn dann mehrere<br />
Banken, manchmal über zehn, mit dem Kunden<br />
verhandelten – und jede einzelne Bank ihren internen<br />
Entscheidungsprozess durchführen musste – führte<br />
dies zu insgesamt lang dauernden Prozessen. Dann<br />
haben große Banken die Engagements alleine oder<br />
mit wenigen Partnerbanken gestemmt – und anschließend<br />
möglichst schnell Teile dieses großen Kredits an<br />
weitere Banken verkauft; dies nennt man nachträgliche<br />
Syndizierung. Seit der Finanzkrise ist diese effiziente<br />
Finanzierungstechnik kaum mehr zu beobachten,<br />
jedenfalls nicht für die früher üblichen hohen Beträge,<br />
die zuweilen weit mehr als eine Milliarde Euro betrugen.<br />
Man wird also wohl – zumindest für eine gewisse<br />
Zeit – wieder zur früheren Technik der anfänglichen<br />
Konsortialfinanzierung zurückkommen.<br />
? bleibt die abschlussfrage: werden banken<br />
aus dem erfahrenen lernen?<br />
! Die Banken haben in den letzten beiden<br />
Jahren sehr viel gelernt. Regularien wie Basel II, die es ja<br />
erst seit wenigen Jahren gibt, greifen inzwischen. Auch<br />
viele andere Investoren, die in komplexe Strukturen<br />
investiert haben, werden dazu nicht so schnell wieder<br />
bereit sein. Auch die Kapitaleigner von Banken werden<br />
wohl noch einige Zeit einsehen, dass Banken keine<br />
exorbitant hohen Erträge auswerfen können, wenn sie<br />
vorsichtiges und traditionelles Hypothekengeschäft tätigen.<br />
Allerdings weiß ich nicht, wie lange das Gelernte<br />
im Gedächtnis der Beteiligten bleiben wird. Wenn Sie<br />
mir sagen können, wie lange die Krise noch dauert,<br />
kann ich Ihnen sagen, wann wohl die ersten ” Gedächtnisverluste“<br />
einsetzen könnten.<br />
Eine ständige Gedächtnisstütze stellen aber die<br />
zahlreichen Bestimmungen dar, denen Banken unterliegen.<br />
Dies gilt ganz besonders für das enge Regelwerk,<br />
das zur Sicherheit des Pfandbriefes besteht und an<br />
dessen Verbesserung wir im Verband deutscher Pfandbriefbanken<br />
mit unseren Gremien ständig arbeiten.<br />
N# Nachmann rechtsanwälte sind Experten in sämtlichen<br />
Fragen des Immobilienfinazierungs- und Finanzierungssicherungsrechts.
N# BAUEN<br />
Seite 90<br />
Ein Gespräch mit Dipl.-Ing. Jürgen Engel, Architekt S.M. Arch/MIT,<br />
geschäftsführender Gesellschafter der KSP Jürgen Engel Architekten GmbH<br />
Von Andreas Lukoschik<br />
über china,<br />
nachhaltigkeit<br />
und die stadtwerke<br />
er selbst verbindet als architekt die beiden wichtigen<br />
elemente für gutes bauen: ein händchen für<br />
ästhetik und gleichzeitig den finger am puls der<br />
technischen entwicklung zu haben. außerdem ist<br />
sein büro ” ksp jürgen engel architekten“ nicht<br />
nur legendär, sondern hat auch eine lange tradition<br />
beim einsatz alternativer energieformen in<br />
modernen gebäuden. der ideale gesprächspartner<br />
also, um über die erfahrungen eines innovativen<br />
architekten zu sprechen, der weltweit baut.<br />
? herr engel, was halten sie von green<br />
building?<br />
! Für uns ist dieser Ansatz nichts Neues. Wir<br />
bauen seit 15 Jahren nach den Kriterien des Green<br />
Building, sind Mitglied im DGNB und engagieren uns<br />
dafür. Wir haben schon immer alternative Technologien<br />
propagiert und schon vor zehn Jahren zum Beispiel ein<br />
Gebäude mit Erdwärme geheizt und gekühlt. Wir haben<br />
auch im seriellen Bereich erste Schritte unternommen,<br />
zum Beispiel mit einer gefältelten Betondecke, die auch<br />
als Fertigbauteil auf dem Markt ist und sowohl Räume<br />
heizt als auch kühlt. Deshalb begrüßen wir gerade aus<br />
dieser jahrelangen Auseinandersetzung mit diesem<br />
Thema natürlich, dass sich Green Building jetzt auch<br />
in der Breite durchsetzt. Dabei ist interessant, dass die<br />
Initiative des Gütesiegels LEED aus den USA kam, dort<br />
wo jahrzehntelang die Energien unseres Planeten in<br />
die Atmosphäre geblasen wurden. Und die Deutschen<br />
haben ihren großen technologischen Fortschritt nicht<br />
frühzeitig als solchen erkannt, um ihn als Marktvorteil<br />
zu nutzen. Da muss sich noch viel tun.<br />
? wer könnte denn etwas für die deutschen<br />
standards tun?<br />
! Wir tun das, wenn wir zum Beispiel in China<br />
bauen, die deutsche Umwelttechnologie mitnehmen<br />
und dort zu implementieren versuchen. Wir haben<br />
2007 die chinesische Nationalbibliothek fertiggestellt<br />
und während der Planungsphase mit den Chinesen<br />
auch viel über nachhaltiges Bauen diskutiert. Damals<br />
gingen sie darauf aber noch nicht so richtig ein. Eigentlich<br />
kein Wunder, weil der Ölpreis bis heute sehr<br />
günstig ist und es andererseits in China bis vor einem<br />
Jahr noch keine Subventionen für nachhaltiges Bauen<br />
gab. Und deshalb ist es dort wie überall: Ohne Incentives<br />
bleiben meistens auch sachlich richtige Worte<br />
ungehört. Aber in der Subventionsfrage ändert sich<br />
zur Zeit einiges in China, weshalb sich auch einiges in<br />
Richtung Nachhaltigkeit tun wird. Außerdem haben sie<br />
erkannt, dass sie als eine Nation, die sehr viele 10-Millionen-Städte<br />
hat, sich darüber schnell und kompetent<br />
Gedanken machen müssen.<br />
? wie sieht es denn ästhetisch bei den<br />
chinesen aus? orientieren die sich beim bauen<br />
an westlicher ästhetik oder wollen sie eher ihre<br />
eigenen traditionen bauliche form annehmen<br />
lassen?<br />
! Angefangen haben wir in China mit einem<br />
Wettbewerbsentwurf, der auf einem quadratischen<br />
Grundriss beruhte und der ganz abstrakt war. Wir<br />
haben den Wettbewerb damals nicht gewonnen, weil<br />
die Chinesen zu dieser Zeit – als Reaktion auf die<br />
Enthaltsamkeit der Kulturrevolution – das Individuelle Berning<br />
entdeckt hatten und mit vielen Türmchen, Dächern<br />
und anderen Gadgets sich gerade richtig austobten.<br />
Tina<br />
Dennoch wurde unser Entwurf sehr stark in China<br />
publiziert und in späteren Wettbewerben fanden wir<br />
diese Formensprache bei chinesischen Wettbewerbern Illustration:
<strong>Foto</strong>: Hans Schlupp, Nationalbibliothek Peking
häufig wieder. Kurzum: Die Chinesen lernen schnell.<br />
Was sie inzwischen auch erkannt haben, ist, dass man<br />
das Alleinstellungsmerkmal – was ja ein wichtiger<br />
Punkt bei der Lust am Individuellen ist – nicht nur<br />
durch eine pittoreske Architektur erhält, sondern auch<br />
durch eine gut gemachte Abstraktion erreichen kann.<br />
Das hat dann letztlich auch dazu geführt, dass unser<br />
Entwurf für die Nationalbibliothek in Peking den<br />
ersten Preis gewonnen hat.<br />
? werden inzwischen auch schon alte gebäude<br />
saniert und renoviert oder wird alles nur<br />
einfach platt gemacht und neues draufgestellt?<br />
! Mit einem Hutong – also der klassischen<br />
Wohnungsform der Chinesen – kann man die Wohnungsfrage<br />
in chinesischen Großstädten nicht lösen,<br />
weil dann alle Städte Flächenstädte wie Los Angeles<br />
wären und Shanghai vermutlich die Größe von Westdeutschland<br />
hätte. Von daher muss man die Städte also<br />
sehr hoch verdichten. Aber man darf natürlich nicht<br />
die alte Kultur über Bord werfen.<br />
In Shanghai werden derzeit die alten englischen<br />
Wohnblöcke aus der Jahrhundertwende renoviert,<br />
weil man darin viel ökonomisches Potential sieht.<br />
In Peking, das ja als Regierungsstadt etwas<br />
langsamer schwingt, viele Intellektuelle und Künstler<br />
hat, denen andere Lebensqualitäten wichtig sind als<br />
den Unternehmern und Handelsleuten Shanghais,<br />
werden Hutong-Bereiche inzwischen sogar geschützt<br />
und zu sehr hochkarätigen und teuren Wohnquartieren<br />
oder Hotels umgebaut. Dabei muss man aber<br />
wissen, dass es sehr schwer ist, ein Hutong umzubauen,<br />
weil kaum Abwasserinstallationen vorhanden<br />
sind und weil aufgrund der Enge dieser Quartiere die<br />
Abwasserentsorgung nur sehr aufwändig nachzurüsten<br />
ist. Hutong kommt übrigens aus dem mongolischen<br />
und heißt Quelle“ – weil diese Häuser ursprünglich<br />
”<br />
in der Nähe von Quellen errichtet worden sind. Diese<br />
” Quellen“ sind heute die zentralen Waschhäuser der<br />
Hutong-Quartiere. Wenn sie mal abends durch ein<br />
solches Quartier in Peking gehen, dann sehen sie viele<br />
Menschen in Schlafanzügen und mit Zahnbürsten<br />
bewaffnet zu den zentralen Waschhäusern gehen, dort<br />
ihre Abendwäsche verrichten und wieder zurückschlendern.<br />
Das hat natürlich auch eine kommunikative<br />
Funktion in den Vierteln und man weiß zur<br />
Zeit noch nicht, wie es sich auf die chinesische Seele<br />
auswirkt, wenn in den modernen Hochhäusern diese<br />
Gelegenheit zum Neuigkeitenaustausch nur noch sehr<br />
reduziert besteht. Aber das bleibt abzuwarten.<br />
? wie ist es denn überhaupt, in china als<br />
deutscher dienstleister zu arbeiten?<br />
! Die Chinesen mögen die Deutschen – weil es<br />
zum deutschen Selbstverständnis gehört, zu halten,<br />
was man verspricht. Außerdem sind die Chinesen –<br />
wie wir – sehr rationale Wesen. Auch in ihrer Philosophie.<br />
Kant ist ein durchaus beliebter deutscher Denker<br />
in China, der von Intellektuellen geschätzt wird. Außerdem<br />
sind Chinesen bei ihren Verträgen verlässlich.<br />
? aber ” intellectual property“ ist nicht so<br />
das thema?<br />
! Das kommt jetzt alles. Sie müssen sich<br />
vorstellen, dass China keine eigenen Forschungseinrichtungen<br />
hatte. Dadurch war es für diesen Milliardenstaat<br />
primär angesagt, möglichst schnell ihre Leute<br />
mit so vielem als möglich zu versorgen. Und dabei ging<br />
sehr viel unter. Seitdem China aber Universitäten baut,<br />
Leute hochkarätig ausbildet, selbst Forschung betreibt<br />
und darauf aus ist, die technischen Entwicklungen, die<br />
sie zur Zeit noch aus dem Ausland bekommen, bald<br />
selbst in die entsprechenden Länder zu exportieren,<br />
achten sie auf das geistige Eigentum und das Urheberrecht<br />
deutlich mehr. Das ist aber noch lange nicht ideal<br />
und ich will da nichts beschönigen. Aber das Thema ist<br />
auf dem Weg. Und dieser Weg ist schneller eingeschlagen<br />
worden als mancher das vermutet hat. So gibt es<br />
inzwischen zum Beispiel Beauftragte, die diesem Thema<br />
Gehör verschaffen und Verstöße dagegen verfolgen.<br />
? das lernt china also vom westen. was<br />
können wir von ihnen lernen?<br />
! Ich war mal in einer Delegation zu Besuch in<br />
China. Es ging die Frage an den chinesischen Staatspräsidenten,<br />
was er denn bei seinen Investitionen in<br />
Deutschland für Erfahrungen machen würde. Da lachte<br />
der Staatspräsident ganz verschmitzt und meinte,<br />
sein größtes Problem seien die Gewerkschaften.<br />
Die Chinesen schützen sich nicht vor Arbeit,<br />
sondern arbeiten mit maximaler Kraft. Sie wollen<br />
noch was erreichen, haben ein Ziel und kommen mir<br />
so vor wie Deutschland in der Nachkriegszeit. Man<br />
darf auch deren Geschichte in der Kulturrevolution<br />
nicht vergessen.<br />
? sprechen sie eigentlich chinesisch?<br />
rottendorf/Würzburg<br />
! Nein, es sprechen viele Chinesen Englisch.<br />
Mir hat zum Beispiel ein Intellektueller erzählt, wie<br />
er – als er während der Kulturrevolution für Jahre<br />
zur Feldarbeit in die Provinz geschickt wurde – sich<br />
Headquarters,<br />
nachts auf ein weites Feld gestohlen hat, wo er nicht<br />
gehört werden konnte aber jeden sehen konnte,<br />
Oliver<br />
der sich ihm näherte, um dort mit einem kleinen<br />
S.<br />
Langwellensender englische Sendungen zu hören und<br />
Englisch zu lernen. Wenn Sie sich vorstellen, dass<br />
diese nächtlichen Übungen ein lebensgefährliches<br />
Valentin,<br />
Sprachprogramm waren, können sie ermessen, welche<br />
unglaublichen Energien in den Menschen dieses<br />
Jean-Luc<br />
Volkes stecken. Denn von solchen Menschen gibt es<br />
viele in China. <strong>Foto</strong>:
? und die lebensfreude? haben sie den<br />
eindruck, dass die den chinesen bei ihrer vielen<br />
arbeit abhanden kommt?<br />
! Keineswegs. Das ist ja ein Volk, das sehr in<br />
und mit der Gemeinschaft lebt – und das sehr gerne<br />
isst. Essen ist ein ganz wesentlicher Kommunikationsanlass<br />
und wird immer zelebriert. Wie Deutschland<br />
nach dem Krieg. Übrigens mit ähnlichen Exzessen: Der<br />
Mangel an allem führte hier wie da zu einer unglaublichen<br />
Begeisterung für den Konsum. Was dabei aber<br />
zum Beispiel immer Vorrang hat, ist der Dienst für den<br />
Staat. Ein Beispiel war für mich ein Unternehmer, der<br />
seinen Jet im nahegelegenen Flughafen stehen hat,<br />
dessen Familie in Neuseeland lebt und der alles hat,<br />
was man sich vorstellen kann. Als eines Tages von der<br />
Regierung gerufen wurde, hat der alles Individuelle<br />
sofort hinten angestellt. Und das ist die Regel. Da ist<br />
keiner, der gegenüber dem Staat seinen individuellen<br />
Interessen den Vorrang gibt. Das interpretiere ich jetzt<br />
nicht nur als Hörigkeit, sondern auch so, dass China<br />
ein Staat für alle ist. Es ist nicht allein die Angst vor<br />
Konsequenzen – auch wenn der Staat im Umgang mit<br />
seinen Bürgern streng ist.<br />
? kommen wir noch einmal zur nachhaltigkeit<br />
zurück. wo, glauben sie, wird in zukunft<br />
die entwicklung beim bauen hingehen?<br />
! Die Fassade wird eine besondere Stellung<br />
einnehmen. Nicht im Sinn einer ästhetisierenden<br />
Oberflächlichkeit, sondern als ein wichtiges Organ des<br />
Hauskörpers. So ist es durchaus denkbar, das sie als<br />
photovoltaische Energiequelle das Haus mit Energie<br />
versorgen wird. Das ist bisher noch nicht möglich<br />
gewesen. Es gab kommunale Wirtschaftskräfte – und <strong>Foto</strong>: emptyforum/tjie, Moschee Algier<br />
teilweise gibt es sie noch – die nicht an einer nachhaltigen<br />
Entwicklung interessiert sind. Wir haben zum<br />
Beispiel das Polizeipräsidium hier in Frankfurt geplant<br />
und wollten eine große photovoltaische Anlage aufs<br />
Dach stellen. Das ist nicht an den Kosten gescheitert,<br />
sondern weil unsere Stadtwerke den Strom nicht zu<br />
einem anständigen Preis ins Netz stellen wollten. Das<br />
sind Dinge, die müssen sich deutlich verändern und<br />
dann kann man auch ganz anders denken.<br />
Neben der Energieproduktion werden die Fassaden<br />
aus meiner Sicht immer mehr die Funktionen der<br />
menschlichen Haut übernehmen – also in kühlen Zeiten<br />
Energie über die Photovoltaik aufnehmen und Wärme<br />
produzieren und wenn es warm ist, das System kühlen.<br />
Bei gewerblichen Bauten hat mit Sicherheit<br />
die Ausnutzung des Tageslichts im Innern noch großes<br />
Potential, ebenso wie die Entwicklung von Technologien<br />
zum Lärmschutz.<br />
Ich denke auch, dass die Menschen wieder mehr<br />
in die Innenstädte zurückziehen werden, weil diese<br />
einfach mehr Lebensqualität bieten, durch die Nähe<br />
von Arbeiten und Freizeit. Dann kann auch wieder<br />
weniger zuhause gearbeitet werden, weil ich denke, dass<br />
die Trennung von Familie und Arbeitswelt gut tut. Ein<br />
weiterer Grund für die Re-Urbanisierung der Innenstädte<br />
wird sein, dass unsere Gesellschaft älter wird, und<br />
so einer Isolierung vorgebeugt werden kann. Es gehört<br />
für mich auch zur Nachhaltigkeit, wenn mehr Orte der<br />
Kommunikation in den Städten gebaut werden. Und<br />
schließlich und endlich werden natürlich noch sehr viel<br />
mehr attraktive Alternativen für den Individualverkehr<br />
entwickelt werden müssen, weil der jetzige Zustand mit<br />
Millionen Autos pro Tag in den Städten auf Dauer nicht<br />
sinnvoll ist.<br />
? herr engel, der architekt an und für sich<br />
denkt ja alles bis ins detail zuende...<br />
! ... jetzt kommt wahrscheinlich eine Fangfrage...<br />
? ... keineswegs. mich interessiert bei einer<br />
notwendigerweise so akribischen vorgehensweise,<br />
wie ein architektenteam von immerhin<br />
200 mann auf die immer wieder gänzlich neuen<br />
formen ihrer bauten kommt?<br />
! Es gibt manchmal relativ schnell extrem<br />
gute Ideen, aber die Arbeit zur Formfindung ist meist<br />
immer ein langer und interdisziplinärer Prozess, bei<br />
dem viele Leute die Köpfe zusammenstecken. Bei<br />
uns sind auch schon in der Konzeptphase Ingenieure<br />
dabei – wie Tragwerksplaner und Energieberater –,<br />
um die Grundbedingungen, zum Beispiel die Lage des<br />
Grundstücks im Stadtbild, die Ausrichtung nach den<br />
Himmelsrichtungen, Windströme und dergleichen erst<br />
einmal zu analysieren und die Ziele zu finden. Und<br />
daraus versuchen wir dann eine Form zu entwickeln, die<br />
am Ende eine gestalterische Aussage trifft – Stichwort<br />
” Landmark“. Dieser Prozess ist iterativ, also schrittweise<br />
aber zielgerichtet. Wir gehen dabei voran, manchmal<br />
voller Zweifel auch wieder zurück und entwickeln den<br />
Bau in eine ganz andere Richtung. Doch am Ende findet<br />
sich eine Großform, die eine poetische Aussage trifft.<br />
Eine solche Aussage kann eine gewisse Zeichenhaftigkeit<br />
sein, also ein Gebäude, das ein Signal sein will und<br />
auf sich aufmerksam machen will, zum Beispiel, weil es<br />
in einer besonderen Lage steht, die das rechtfertigt. Das<br />
Palais Quartier hier in Frankfurt gehört zum Beispiel in<br />
diese Kategorie.<br />
Die Gebäudeaussage kann aber auch eine gewisse<br />
Modernität betonen, bei der man sieht, dass dieses<br />
Haus etwas kann, was andere Häuser nicht können. Das<br />
Westend-Duo, für das wir eine besondere Erwähnung<br />
für Nachhaltigkeit im Internationalen Hochhaus Preis“<br />
”<br />
bekommen haben, was eine ziemlich hohe Auszeichnung<br />
ist, ist ein Beispiel für ein solches besonders innovatives<br />
Gebäude – das aber nicht besonders lautstark auf<br />
sich aufmerksam macht.<br />
Eine Gebäudeaussage kann sich auch aus einem<br />
städtebaulichen oder historischen Kontext entwickeln,<br />
wie bei der Chinesischen Nationalbibliothek in Peking,<br />
die aus Prinzipien der chinesischen Kultur abgeleitet<br />
ist. In der klassischen chinesischen Architektur ist<br />
die Ordnung – Sockel, Mittelteil, Dach – nämlich sehr<br />
wichtig, weshalb wir diese Struktur in unserem Entwurf<br />
neu interpretiert haben und ihr eine moderne Gestalt<br />
gegeben haben. Dieses Gebäude hat aber auch eine städtebauliche<br />
Aussage, weil es als sehr flaches Gebäude aus<br />
seiner Hochhaus-Umgebung deutlich hervortritt.<br />
Solche Zeichen zu setzen, die sich aus der<br />
Geschichte oder der Umgebung ergeben, muss man<br />
als Architekt natürlich fühlen können. Und das Beste,<br />
was einem passieren kann, ist, dass die Menschen beim<br />
ersten Anblick eines neuen Hauses erst mal stutzen und<br />
es nach einer gewissen Zeit dann toll finden.<br />
? welche rolle spielt der chef bei solchen<br />
formfindungsprozessen?<br />
! Man entwickelt ja im Laufe des Berufslebens<br />
eine Nase und ein Gespür für Standorte und kann deswegen<br />
ganz gut entscheiden, welche Alternativen erfolgversprechend<br />
sind und welche weniger. Aber eigentlich<br />
fühle ich mich als ” Primus inter Pares“ in einer Gruppe<br />
von Architekten, die immer wieder neu Konzepten auf<br />
den Grund gehen, kreative Prozesse vorantreiben, interne<br />
Diskurse mit den Erfordernissen des Marktes vernetzen<br />
und Wettbewerbe als die Labore für die Entwicklung<br />
zukünftiger Architekturen verstehen. Und ich will Ihnen<br />
dazu eines sagen: Das macht richtig Spaß!<br />
N# Nachmann rechtsanwälte schätzen Jürgen Engel und<br />
seine architektonischen Großprojekte in ästhetischer Hinsicht<br />
ebenso wie wegen deren Umsetzung mit Nachhaltigkeit und<br />
Innovationen.
N# BAUEN<br />
Seite 98<br />
Erläuternde Gedanken von Josef Nachmann und Michael Vilgertshofer<br />
warum<br />
machen sie<br />
so ein heft?<br />
Josef Nachmann, Nachmann rechtsanwälte<br />
? nachmann rechtsanwälte sind eine<br />
wirtschaftskanzlei. warum machen sie so ein<br />
heft?<br />
nachmann: Wir haben diese Publikation<br />
initiiert, weil wir – wie mit unserem N Magazin auch<br />
– unseren Lesern die Welt von Nachmann Rechtsanwälte<br />
jenseits der juristischen Tätigkeit zeigen wollen,<br />
dieses Mal aber zum Schwerpunkt Bauen. Wir wollen<br />
unseren Lesern zum Beispiel die kreativen Köpfe,<br />
die für den Bau von außergewöhnlichen Gebäuden<br />
verantwortlich sind, näher bringen (siehe S. 90 Jürgen<br />
Engel). Wir wollen die Forschungsanstrengungen<br />
zeigen, die im Sinne der Nachhaltigkeit angestrengt<br />
werden (siehe S. 24 Gerhard Hausladen) und die dafür<br />
Sorge tragen sollen, dass unsere Welt auch noch<br />
morgen lebenswert sein kann. Und wir wollen die<br />
Erfahrungen skizzieren, die Architekten und Planer<br />
beim Bauen und Planen in anderen Kulturkreisen<br />
gesammelt haben (siehe S. 6 Gerhard Brand). All das,<br />
weil Bauen mehr ist als Investition und Rendite.<br />
vilgertshofer: Allerdings ist Bauen auch<br />
das. Deshalb kommen auch Banker zu Wort und<br />
erläutern die Geldpolitik ihres Instituts (siehe S. 83<br />
Gerhard Grandke) und erklären, wie die Kreditvergabe<br />
für Immobilien in den USA strukturell organisiert<br />
war, so dass es zu der Finanzkrise kommen konnte<br />
(siehe S. 86 Otmar M. Stöcker) und wie sie seitdem in<br />
unserem Lande wieder anläuft. Zum wirtschaftlichen<br />
Blickwinkel gehört auch, neue Modelle des Bauens<br />
aus der Sicht eines Bauunternehmers zu erfahren (auf<br />
S. 70 Klaus Pöllath) und auf was man achten muss,<br />
wenn man ein Bauvorhaben in Russland plant (auf<br />
S. 48 Olesya Wienold und Matthias Farian) oder wie<br />
man seine Immobilie in Italien schützt (siehe<br />
S. 54 Jens Magers & Mario Dusi). In den Bereich<br />
Investitionen gehört auch immer mehr das Thema<br />
Public Private Partnership und wie man daraus ein<br />
Erfolgsmodell macht (siehe S. 78 Friedrich M. Fillies).<br />
Während es eine Frage der Rendite ist, sowohl den<br />
Einbau von teuren Facilities zu optimieren (siehe S.<br />
36 Hans M. Jappsen) als auch durch klares Projektmanagement<br />
Planung und Bau einer Gewerbeimmobilie<br />
in ruhigen Bahnen laufen zu lassen (siehe S. 62<br />
Norbert Preuß & Gerhard Wirth).<br />
nachmann: Interessanterweise zeigt sich<br />
bei allen Gesprächen zu dieser Spezialausgabe von<br />
N, dass es einen roten Faden gibt, der sich durch<br />
den Entstehungsprozess eines Gebäudes zieht und<br />
der von Architekten, Planern, Projektmanagern und<br />
Bauunternehmern gleichermaßen als unabdingbar<br />
beschrieben wird: Es ist die Bereitschaft, auch und<br />
gerade in schwierigen Fällen miteinander zu kommunizieren.<br />
Streiten bringt – wenn überhaupt – erst sehr<br />
spät etwas, dann nämlich wenn schon viel Zeit und<br />
Geld investiert worden ist und die Gerichte endlich<br />
entschieden haben. Konstruktiver ist es, nach der<br />
Devise miteinander zu kommunizieren ” soft to the<br />
person, tough to the matter“. Der Erfolg einer solchen<br />
Kommunikationsbereitschaft entspricht nicht nur<br />
ebenfalls unserer Erfahrung, sondern ist auch der<br />
tiefere Grund weshalb der Schwerpunkt unsrer anwaltlichen<br />
Arbeit in dem Ermöglichen von wirtschaftlichen<br />
Prozessen und Kooperationen ist – und nicht<br />
im Streiten vor Gericht.<br />
vilgertshofer: Wir haben allerdings auch<br />
eine starke Prozessrechtspraxis und können den<br />
Mandanten in Streitfällen helfen, denn nur wer<br />
sein Recht kennt, kann auch vernünftig verhandeln.<br />
Allerdings kommt es meist zu rechtlichen Auseinandersetzungen,<br />
wenn der Erwerb der Immobilie oder<br />
der Beginn von Bauarbeiten ohne unsere Beratung<br />
durchgeführt wurde und nun wieder ins Lot gebracht<br />
werden muss.<br />
? verstehe. gestatten sie mir trotzdem<br />
die naive frage: warum ist das thema bauen für<br />
eine wirtschaftskanzlei so wichtig?<br />
vilgertshofer: Weil Immobilien – nach dem<br />
Menschen – das Kernstück und zentrale Investitionsgut<br />
einer jeden Wirtschaft sind. Fast das gesamte<br />
Bankgeschäft dreht sich letzten Endes um Immobilien,<br />
ebenso wie das Fondsgeschäft. Einfach weil<br />
Immobilien die größten Werte darstellen und eine<br />
gewisse Stabilität und Berechenbarkeit aufweisen.<br />
Der Marktpreis einer Immobilie mag sich im Laufe<br />
der Zeit ändern, aber er ist anhand des überschaubaren<br />
Marktes immer berechenbar. Deswegen ist eine<br />
Immobilie ja auch ein sehr beliebtes Sicherungsgut,<br />
nicht nur im Rahmen des An- und Verkaufs, sondern<br />
auch für allgemeine Bankkredite.<br />
nachmann: Die Bedeutung von Immobilien<br />
für den Wirtschaftskreislauf kann man außerdem<br />
ganz aktuell an der Finanzkrise ablesen, die uns ja<br />
erst als Immobilienkrise verkauft wurde. Dabei waren<br />
Immobilienkredite nur der Auslöser, weil sie unzureichend<br />
geprüft und fahrlässig bewertet von Institutionen<br />
vergeben wurden, die nicht der amerikanischen<br />
Bankenaufsicht unterstanden, sondern anschließend<br />
verbrieft, gestückelt und in immer neuen Mischungen<br />
in Form von Fonds in den internationalen Finanzkreislauf<br />
eingespeist wurden. Und das sowohl in<br />
gigantischer Höhe als auch in bis dahin unvorstellbarer<br />
Unübersichtlichkeit.<br />
vilgertshofer: Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt<br />
ist, dass Immobilien den Standort eines<br />
jeden Unternehmens definieren – ob als Mietobjekt<br />
oder als Eigentum. Es gibt niemanden, der nicht eine<br />
tragende Bindung zu einer Immobilie unterhält – ob<br />
als Privatperson oder als Unternehmer.
? sie kennen künstler nicht!<br />
vilgertshofer: Und wo hat der sein<br />
Atelier?<br />
nachmann: Lassen Sie mich noch ganz<br />
allgemein ergänzen, dass ein Schwerpunkt unserer<br />
Kanzlei das Immobilienrecht ist – von der Investition<br />
bis hin zur Abwicklung von Bauvorhaben im<br />
Bereich Mängelbeseitigung. Das heißt, dass wir als<br />
Kanzlei das gesamte Spektrum abdecken – von der<br />
Entwicklung von Grundstücken und Immobilien<br />
über das Architekten- und Baugewährleistungsrecht<br />
bis hin zum gesamten Sicherungsrecht für<br />
den Kauf von Grundstücken – all das sind Rechtsgebiete,<br />
die wir aus dem Effeff beherrschen.<br />
? gilt das international oder deutschlandweit?<br />
nachmann: Immobilienrecht ist grundsätzlich<br />
eine nationale Spezialität, weshalb der<br />
Schwerpunkt natürlich Deutschland ist. Wir haben<br />
aber auch Erfahrungen mit international operierenden<br />
Investoren, zum Beispiel haben wir eine sehr<br />
große Grundstücksentwicklung mit internationalen<br />
Investoren in Russland begleitet und intensive<br />
Erfahrungen aus der Veräußerung der Falk-Immobilien,<br />
wo wir Portfolien von mehreren hundert<br />
Millionen Euro auch an ausländische Investoren<br />
veräußert haben.<br />
vilgertshofer: Wir sehen darüber hinaus<br />
die regionale Verankerung und die vertiefte<br />
Kenntnis der örtlichen Verhältnisse – vom Baurecht<br />
bis zum Preis eines Grundstücks – als eine<br />
unserer Stärken an. Zumal man die Entwicklungen<br />
des Münchner Immobiliengeschäfts nicht aus<br />
der Zeitung erfährt, sondern nur wenn man die<br />
Marktteilnehmer gut kennt. Nur so kann man in<br />
der Anfangsphase von Projektentwicklungen und<br />
Investitionen die notwendigen Schritte einleiten.<br />
? wie schätzen sie die wirtschaftliche<br />
bedeutung von immobilien für die zukunft<br />
ein?<br />
nachmann: Der Wert einer Immobilie<br />
wird von der Nachfrage bestimmt. Deswegen wird<br />
der Wert einer Immobilie in wirtschaftlich gesunden<br />
Gebieten steigen, weil die Immobilie immer<br />
noch als die sicherste Anlageform gilt. Es wundert<br />
deshalb auch nicht, dass die Münchner die Immobilie<br />
als Anlageform wieder gefunden haben.<br />
? warum ” wiedergefunden“? waren<br />
immobilien in münchen nicht immer schon<br />
eine sehr gute anlage?<br />
vilgertshofer: Die Immobilienpreise in<br />
München waren 2006 in etwa auf der gleichen<br />
Höhe wie Mitte der Neunziger. Sie ziehen erst<br />
seitdem wieder an.<br />
nachmann: Hätte man vor zehn Jahren<br />
gesagt, ein Quadratmeterpreis von 10.000 DM<br />
sei in München unrealistisch, hätte man sicherlich<br />
von allen recht bekommen. Heute muss<br />
man dagegen feststellen, dass 5.000 Euro der<br />
Durchschnittspreis von Eigentumswohnungen in<br />
mittleren Wohnlagen ist.<br />
vilgertshofer: Zum Thema Wert einer<br />
Immobilie möchte ich noch hinzufügen, dass<br />
jede Immobilie, die man nicht als Geldanlage betrachtet,<br />
sondern selbst nutzen will, immer mit<br />
Emotionen verbunden ist. Warum fühlt man sich<br />
zum Beispiel in Pasing oder im Glockenbachviertel<br />
wohl? Weil es einem dort gefällt – und<br />
das ist eine emotionale Entscheidung. Für die<br />
Projektentwicklung einer Immobilie, die nach<br />
Fertigstellung gewerblich an private Eigentümer<br />
veräußert werden soll, ist es daher wichtig, die<br />
Möglichkeit zu solchen emotionalen Entscheidungen<br />
zu erahnen. Und dazu ist eine genaue<br />
Ortskenntnis unerlässlich. Wenn die der Bauherr<br />
oder Investor nicht hat, sollte sie zumindest die<br />
beratende Wirtschaftskanzlei haben.<br />
nachmann: Das ist ohnehin die Kunst<br />
beim Bauen, dass Sie in den großen Städten die<br />
Quartiere entdecken, die in der näheren Zukunft<br />
als attraktive Wohngebiete angesehen werden.<br />
Denken Sie an die Fleischhauer-Bezirke in New<br />
York oder die Werft-Areale entlang der Themse,<br />
aber auch ausgewählte Lagen in Münchens<br />
Isarvorstadt. All das sind letztlich wirtschaftliche<br />
Entscheidungen von Investoren. Aber wir<br />
als Kanzlei müssen darauf schauen, dass diese<br />
Entscheidungen durch gute Verträge rechtlich<br />
auf die bestmögliche Art abgesichert sind.<br />
? sie treten also erst auf, wenn die<br />
entscheidungen getroffen sind?<br />
vilgertshofer: Das kommt auf die<br />
Bedürfnisse der Investoren an. Wir können<br />
Investoren natürlich ihre Entscheidungen nicht<br />
abnehmen, aber wir können – und haben das<br />
auch schon oft gemacht – auf mögliche Entwicklungen<br />
und sich bietende Chancen aufmerksam<br />
machen und begleiten die Investoren dann auf<br />
diesem Weg.<br />
? was muss ein guter anwalt bei<br />
nachmann rechtsanwälte können, wenn er<br />
sich mit baufragen beschäftigt? Michael Vilgertshofer, Nachmann rechtsanwälte<br />
vilgertshofer: Obwohl jeder Bau eigentlich<br />
immer ein Prototyp ist, der für eine spezielle Lage<br />
und Nachfragesituation extra entwickelt worden ist,<br />
folgen doch die juristischen Fragen meist gleichen<br />
Prinzipien. Denn die Anzahl an rechtlichen Vorschriften<br />
zum Beispiel für die Abwicklung von baulichen<br />
Mängeln ist letztlich beschränkt. Deshalb ist es<br />
immer auch eine Frage des taktischen Geschicks, solche<br />
Fragen möglichst zügig zu einem befriedigenden<br />
Ende zu bringen.<br />
Das bedeutet aber natürlich nicht, dass alle<br />
Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Frage von<br />
Gebäuden gleich sind. Im Gegenteil. Beim Thema<br />
Immobilien geht es ja oftmals um ein Gut, das<br />
gehandelt wird, zum Beispiel in Investmentfonds. In<br />
solchen Fällen geht es darum, Finanzierungsfragen zu<br />
verstehen und Finanzierungsverhandlungen führen<br />
zu können. Bei Vermietungsfragen geht es darum,<br />
Verträge aufsetzen und Vertragsverhandlungen durch-<br />
führen zu können und im Vorfeld zu schauen, dass<br />
keine rechtlichen Lücken auftreten können.<br />
nachmann: Im Bereich ” Immobilie als<br />
Entwicklungsprojekt“ sind andere Fähigkeiten<br />
gefragt, das heißt, die öffentlich-rechtliche<br />
Bauseite abdecken, die richtigen Parteien zusammenzubringen<br />
und wenn sie zusammen sind auch<br />
vertraglich zu binden. Bis dahin, und das ist eben<br />
das Ende des Bauprozesses, dass es eben auch zu<br />
Problemen in der Bauausführung kommen kann,<br />
die möglichst schon im Team des Projektmanagements<br />
vor Ort behoben werden sollen, um<br />
langfristige gerichtliche Auseinandersetzungen<br />
überflüssig zu machen. Deshalb ist bei Großprojekten<br />
von Anfang an auch immer ein Jurist gleich<br />
im Team dabei. Am besten natürlich, einer von<br />
uns (lacht).
nachmann rechtsanwälte ist eine wirtschaftsrechtlich<br />
ausgerichtete kanzlei. dabei<br />
bilden bau- und immobilienrechtliche als auch<br />
sanierungs- und investitionsberatung wesentliche<br />
tätigkeitsschwerpunkte. besonderes gewicht hat<br />
die beratung bei immobilieninvestitionen.<br />
juristisches fachwissen<br />
Um diesem Anspruch gerecht zu werden,<br />
bieten Nachmann Rechtsanwälte hoch spezialisiertes<br />
juristisches Fachwissen auf den Gebieten des<br />
• Bau- und Immobilienrechts,<br />
• Gesellschaftsrechts,<br />
• Finanzierungsrechts,<br />
• Steuerrechts,<br />
• Bankrechts,<br />
• Insolvenzrechts sowie<br />
• Arbeitsrechts.<br />
betriebswirtschaftliche kompetenz<br />
Die enge Zusammenarbeit mit Bau- und Finanzierungsspezialisten,<br />
Betriebswirten und Unternehmensberatern<br />
aus verschiedenen Branchen garantiert die Bearbeitung<br />
komplexer bau- und immobilienrechtlicher Fragestellungen<br />
– und dies auf der Basis langjähriger Erfahrung<br />
bei Mandaten in- und ausländischer Auftraggeber. Durch<br />
eine umfangreiche Vernetzung von Rechtsberatung,<br />
wirtschaftlichem Know-how und praktischer Erfahrung<br />
wird eine ganzheitliche Bearbeitung hochkomplexer<br />
Sachverhalte gewährleistet.<br />
planen sie den kauf oder verkauf einer immobilie<br />
bzw. eines grundstückes?<br />
Kein Sachverhalt ist wie der andere. Nachmann Rechtsanwälte<br />
entwickeln auf der Basis langjähriger Erfahrung<br />
die für Sie optimale Lösung:<br />
zum beispiel als asset deal<br />
oder auch als share deal:<br />
• Begleitung der Investoren- und<br />
Objektsuche unter Rückgriff auf ein<br />
persönliches Netzwerk und fundierte<br />
Branchenkenntnisse<br />
• Gestaltung der Finanzierung<br />
• Due Diligence<br />
• Steueroptimierung<br />
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die kanzlei nachmann<br />
rechtsanwälte<br />
• Vertragsgestaltung<br />
• Exitgestaltung<br />
• Akquisitionsstrukturierung<br />
(gesellschafts- und steuerrechtlich)<br />
aber auch in allen anderen bereichen des immobilienrechts<br />
besitzen nachmann rechtsanwälte<br />
fundierte kenntnisse:<br />
• Projektentwicklung<br />
• Betreuung von Immobilien<br />
• Bauvertrags- und sonstiges<br />
privates Baurecht<br />
• Architekten- und Ingenieurrecht<br />
• Gewerbliches Miet- und Pachtrecht<br />
• Wohnungseigentumsrecht<br />
zudem erhalten sie bei nachmann rechtsanwälte<br />
ganzheitliche beratung auf sämtlichen gebieten<br />
des finanzierungs- und kapitalmarktrechts:<br />
• Kapitalmarkttransaktionen<br />
• Mergers & Acquisitions<br />
• Restrukturierungen<br />
• Sanierungsberatung<br />
• Kredit- und Finanzierungsverträge<br />
• Entwicklung von<br />
Finanzierungsmodellen<br />
• Bankrecht<br />
mehrsprachig:<br />
Um diese Ansprüche auf hohem Niveau leisten zu<br />
können, ist die Kanzlei Nachmann Rechtsanwälte<br />
mehrsprachig.<br />
Die Mitarbeiter sprechen :<br />
• Englisch<br />
• Russisch<br />
• Italienisch<br />
• Französisch<br />
• Koreanisch<br />
• Lettisch<br />
Hochspezialisiertes Fachwissen, aber auch die<br />
Innovationskraft und das Gespür für die<br />
Anforderungen einer jeden rechtlichen Problemstellung<br />
stehen im Mittelpunkt der Arbeit unseres Teams von<br />
Rechtsanwälten.<br />
gesellschaftsrecht<br />
Nachmann Rechtsanwälte sind Spezialisten auf dem<br />
Gebiet des Gesellschaftsrechts. Unsere hohe fachliche<br />
Qualifikation sowie langjährige Erfahrung gewährleisten<br />
eine optimale Lösung sämtlicher komplexer Fragestellungen,<br />
auch in ökonomischer Hinsicht. In jeder gesellschaftsrechtlich<br />
relevanten Phase, von der Gründung<br />
über die Gestaltung notwendiger unternehmerischer<br />
Strukturmaßnahmen bis hin zur Liquidation, werden<br />
Sie umfassend betreut.<br />
• Mergers & Acquisitions<br />
• Gesellschaftsgründungen und<br />
rechtliche Strukturierung von<br />
Gesellschaften<br />
• Fusionen, Umwandlung,<br />
Verschmelzung und Umstrukturierung<br />
• Joint Ventures<br />
• Unternehmensverträge<br />
• Liquidationsberatung und<br />
- begleitung<br />
• Gesellschaftsrechtliche<br />
Streitigkeiten<br />
allgemeines wirtschafts- und handelsrecht<br />
Als traditionell wirtschaftsrechtlich ausgerichtete<br />
Kanzlei verfügen Nachmann Rechtsanwälte selbstverständlich<br />
über besonderes Know-how im allgemeinen<br />
Wirtschafts- und Handelsrecht. Kostspielige Rechtsstreitigkeiten<br />
werden somit bereits im Ansatz vermieden.<br />
steuerrecht<br />
In dem Bewusstsein, dass im Rahmen jeder wirtschaftsrechtlichen<br />
Transaktion steuerrechtlich relevante<br />
Gesichtspunkte berührt werden, können Nachmann<br />
Rechtsanwälte auf diesem Gebiet besonders qualifizierte<br />
Mitarbeiter vorweisen. Diese entwickeln in Absprache<br />
mit in Kooperation arbeitenden Steuerberatern die steuerlich<br />
optimierte Ausgestaltung eines jeden einzelnen<br />
Falles.<br />
• Mergers & Acquisitions /<br />
Unternehmensakquisition<br />
und - umstrukturierung<br />
• Unternehmensgründung<br />
einschließlich Rechtsformwahl<br />
• Internationales Steuerrecht<br />
• Steueroptimierung von Finanzierungen<br />
• Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht<br />
• Public Private Partnership<br />
• Unternehmens- und Vermögensnachfolge-<br />
beratung<br />
• Steuerplanung einschließlich Beantragung<br />
verbindlicher Auskünfte<br />
• Führung von Rechtsbehelfsverfahren und<br />
Finanzgerichtsprozessen<br />
• Steuerliche Selbstanzeige und<br />
Nacherklärung<br />
• Prävention und Verteidigung in<br />
Wirtschafts- und Steuerstrafsachen<br />
insolvenzrecht<br />
Rechtsanwalt Josef Nachmann wird seit Jahren gerichtlich<br />
als Insolvenzverwalter bestellt. Ein junges, hochqualifiziertes<br />
Team unter der Leitung von Frau Rechtsanwältin<br />
Embacher und Herrn Rechtsanwalt Krompaß<br />
bearbeitet anspruchsvolle Fälle aus dem Insolvenzrecht.<br />
gewerblicher rechtsschutz, urheber- und medienrecht<br />
Um den wirtschaftlichen Erfolg unserer Mandanten auch<br />
in Bezug auf deren geistiges Eigentum vollumfänglich<br />
zu sichern, arbeiten Nachmann Rechtsanwälte engagiert<br />
auf allen Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes,<br />
einschließlich des Marken- und Urheberrechts. Zusätzlich<br />
bieten wir Vertragsgestaltungen, insbesondere die<br />
Ausformulierung von Lizenzverträgen.<br />
• Umfassende Beratung von<br />
Medienunternehmen<br />
• Urheber-, Presse- und Verlagsrecht<br />
• Rundfunkrecht<br />
• Nationale sowie internationale<br />
Markenanmeldungen<br />
• Erstellung und Betreuung von<br />
Markenportfolios<br />
• Wettbewerbsrecht<br />
• Design- und Geschmacksmusterrecht<br />
• Vertragsgestaltung, vorwiegend auch<br />
Lizenzvertragsrecht<br />
• Prozessführung, insbesondere im<br />
einstweiligen Rechtsschutz<br />
erbrecht und unternehmensnachfolge<br />
Nachmann Rechtsanwälte halten auch für den sensiblen<br />
Bereich der Vermögensnachfolge auf die individuellen<br />
Bedürfnisse ihrer Mandanten zugeschnittene Gestaltungsmöglichkeiten<br />
bereit.<br />
• Gestaltung von Testamenten und<br />
Erbverträgen im Privat- und<br />
Unternehmensbereich<br />
• Nachfolgeregelungen in<br />
Gesellschaftsverträgen<br />
• Vorweggenommene<br />
Erbfolge durch Schenkungs- und Übergabe-<br />
verträge<br />
• Testamentsvollstreckung<br />
arbeitsrecht<br />
Nachmann Rechtsanwälte bieten auf allen Ebenen des<br />
individuellen und kollektiven Arbeitsrechts ausgefeilten<br />
Service. Wir unterstützen betriebliche Restrukturierungen<br />
ebenso wie Outsourcing.<br />
• Ausgestaltung, Änderung und Aufhebung<br />
von Arbeits- und Dienstverträgen<br />
• Betriebsverfassungsrecht<br />
• Tarifrecht / betriebliche Vereinbarungen<br />
• Deutsches und europäisches Sozialversicherungsrecht<br />
• Prozessführung
<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />
N# Nachmann rechtsanwälte bedanken sich beim <strong>Foto</strong>grafen<br />
<strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong> für die großzügige Unterstützung bei der grafischen<br />
Gestaltung des Heftes mit einigen seiner Bilder.<br />
www.hubertushamm.de<br />
ANSCHrIFT<br />
Nachmann rechtsanwälte<br />
Theatinerstr. 15<br />
80333 München<br />
www.nachmann.com<br />
Telefon +49 89 24 20 74 0<br />
IMPrESSUM<br />
Herausgeber: Josef Nachmann<br />
Beratung und Supervision: Andreas Lukoschik<br />
Chefredaktion: Hendrik Hunold<br />
Art Direction: Bureau Mirko Borsche<br />
Textredaktion: Amadeus AG, Schwyz