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Foto: Hubertus Hamm

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<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong>


” Die Kanzlei Nachmann Rechtsanwälte<br />

hat uns - neben der fundierten juristischen Expertise -<br />

vor allem durch eine überdurchschnittliche Identifikation<br />

mit unserem Unternehmen als Kunden<br />

und den betreffenden Themen überzeugt.“<br />

Ulrich Höller FrICS<br />

Vorsitzender des Vorstandes der DIC,<br />

der Deutschen Immobilien Chancen AG,<br />

die mit einem Immobilienbestand von knapp 4 Milliarden Euro<br />

zu den größten „Playern“ der Gewerbeimmobilienbranche<br />

in Deutschland gehört.<br />

N#<br />

Nachmann rechtsanwälte haben die Deutsche<br />

Immobilien Chancen AG (DIC) in Frankfurt/Main beim<br />

Standortwechsel von Evonik Industries AG beraten.<br />

<strong>Foto</strong>: Hans Schlupp, Nationalbibliothek Peking<br />

6<br />

albert speer & partner,<br />

ihre eco-city in china<br />

und die möglichkeiten<br />

in russland<br />

Gespräch mit Gerhard Brand<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

Albert Speer & Partner GmbH<br />

20<br />

green building spart– geld!<br />

Eine Einführung in das Thema mit<br />

Ingemar Hunold, enco energie consulting GmbH<br />

24<br />

jedes gebäude ist ein prototyp<br />

Interview mit Gerhard Hausladen<br />

Ordinarius am Lehrstuhl für Bauklimatik<br />

und Haustechnik, TU München<br />

32<br />

” the heat is on!“ oder<br />

” nachhaltigkeit muss auch in den<br />

heissen städten unserer erde<br />

greifen!“<br />

Interview mit Joachim Jürke, Jürke Architekten BDA<br />

36<br />

die beste aufzugsplanung in<br />

deutschland machen jappsen<br />

Gespräch mit Hans M. Jappsen<br />

Gründer Jappsen Ingenieure GmbH<br />

40<br />

indoorlandscaping<br />

Interview mit Andreas Schmidt<br />

Indoorlandscaping KG<br />

48<br />

worauf man beim thema<br />

” grundstück“ in russland<br />

achten sollte<br />

Von Olesya Wienold und Matthias Farian<br />

Nachmann rechtsanwälte<br />

54<br />

schutz vor gläubigerzugriff auf<br />

immobilienvermögen in italien<br />

Von Jens Magers, Nachmann rechtsanwälte, und<br />

Mario Dusi, Studio Legale, Mailand<br />

56<br />

bau- & immobilienlexikon<br />

Von Hendrik Hunold<br />

Nachmann rechtsanwälte<br />

62<br />

projektmanagement<br />

im spannungsfeld der finanzkrise<br />

Eine Analyse von Norbert Preuß<br />

und Gerhard Wirth<br />

Preuss Projektmanagement GmbH<br />

70<br />

” hickhack war früher!“<br />

Interview mit Klaus Pöllath<br />

Vorstand Ed. Züblin AG<br />

78<br />

ganzheitliche sanierung von<br />

schulen und das<br />

regionalitätsprinzip<br />

Ein Dialog mit Friedrich M. Fillies<br />

Helaba Immobiliengruppe<br />

83<br />

bewährtes geschäftsmodell:<br />

sparkassen kommen gut durch<br />

die finanzmarktkrise<br />

Von Gerhard Grandke<br />

Geschäftsführender Präsident Sparkassen- und<br />

Giroverband Hessen-Thüringen<br />

86<br />

” es herrscht keine kreditklemme,<br />

sondern eine<br />

kredit-qualitäts-klemme.“<br />

Interview mit Otmar M. Stöcker<br />

Geschäftsführer Verband<br />

Deutscher Pfandbriefbanken<br />

90<br />

über china, nachhaltigkeit<br />

und die stadtwerke<br />

Ein Gespräch mit Jürgen Engel<br />

KSP Jürgen Engel Architekten GmbH<br />

98<br />

warum machen sie so ein heft?<br />

Erläuternde Gedanken von Josef Nachmann<br />

und Michael Vilgertshofer


NACHHALTIGKEIT<br />

Seite 6<br />

Gespräch mit Dipl.-Ing. Gerhard Brand, Architekt, BDA, AIV,<br />

geschäftsführender Gesellschafter der Albert Speer & Partner GmbH<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

albert speer & partner,<br />

ihre eco-city in china<br />

und<br />

die möglichkeiten<br />

in russland<br />

die lage ist für ein unternehmen dieser güteklasse<br />

geradezu bilderbuchartig. denn das<br />

architektur- und stadtplanungsbüro ” as&palbert<br />

speer und partner“ befindet sich exakt<br />

über der bibliothek des architekturmuseums<br />

in frankfurt. besser kann man nicht liegen,<br />

besonders dann nicht, wenn man einen solch<br />

exzellenten ruf genießt. hier werden regierungen,<br />

bürgermeister und großinvestoren<br />

vorstellig, wenn sie ein besonders großes<br />

und wichtiges projekt geplant, begleitet und<br />

ausgeführt haben wollen. und hier werden<br />

neue wege beschritten, die bemerkenswert im<br />

wahren wortsinn sind – nämlich dass sie es<br />

wert sind, bemerkt zu werden.<br />

einer der drei geschäftsführenden gesellschafter,<br />

gerhard brand, ist ” gelernter<br />

architekt“ (o-ton brand) und hat sich mit<br />

uns über die erfahrungen bei der planung<br />

der green city changchun, über die chancen<br />

für neubauprojekte in russland und über das<br />

bauen in diktaturen unterhalten.<br />

? herr brand, in wie vielen ländern<br />

arbeitet ihr büro?<br />

! In 15 Ländern sind wir derzeit als Raumund<br />

Umweltplaner aktiv. Das ist die eine Seite des<br />

Büros. Die andere in etwa gleichgroße Seite ist für<br />

Architekturprojekte zuständig. Dadurch haben wir<br />

eine relativ große Bandbreite: Vom Wohnungs- und<br />

Hochhausbau über den Kulturbau bis hin zu großen<br />

Stadtplanungsprojekten decken wir alles ab. Und<br />

genau dieses Denken aus zwei verschiedenen Richtungen<br />

macht das Besondere unseres Büros aus. Das<br />

heißt, unsere Stadtplaner haben auch immer einen<br />

Architekten im Team, der sofort überlegt, wie das<br />

Geplante in Gestalt von Gebäuden aussehen könnte.<br />

Und bei großen Architekturprojekten nehmen wir<br />

auch immer einen Stadtplaner – manchmal sogar Berning<br />

einen Verkehrsplaner, den wir auch im Hause<br />

haben – mit dazu, um die räumliche Wirkung eines<br />

Tina<br />

Gebäudes im Stadtgefüge besser beurteilen zu<br />

können. Stichwort Landmarks“. Generell gilt aber:<br />

”<br />

Der Stadtplaner legt das Verhältnis von öffentlichem Illustration:


Visualisierung Kommunarka in Moskau<br />

AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt


zu privatem Raum fest. Er legt Kubaturen, die zum<br />

öffentlichen Raum gerichtet sind, fest. Er legt Bebauungsdichten<br />

fest. Aber innerhalb dieses Rahmens ist<br />

dann die Architektur frei.<br />

? nun gibt es räume, gebäude, ja<br />

manchmal sogar gegenden, in denen man sich<br />

sofort wohlfühlt. als erklärung dafür hört<br />

man dann etwas von energiefeldern“ und<br />

”<br />

” kraftlinien“. gibt es das wirklich oder ist<br />

das spökenkiekerei eines esoterikhungrigen<br />

medienzeitalters?<br />

! Subsumieren wir das mal alles unter Feng<br />

Shui. Ein Thema, mit dem wir uns schon lange<br />

befassen, weil wir vor zwölf Jahren unser erstes<br />

Büro in China eröffnet haben. Damals war das noch<br />

kein Thema in Europa, aber wir mussten uns in<br />

China damit beschäftigen. Wenn man dieses Feng<br />

Shui als Nährboden nimmt für die Entwicklung von<br />

Architektur und Städteplanung und die Erkenntnisse<br />

daraus auf die moderne Architektur und Stadt-<br />

Masterplan JingYue Ecological City, Changchun, China (links)<br />

Visualisierung JingYue Ecological City (rechts)<br />

baukunst runterbricht, dann finden Sie 90 Prozent<br />

davon auch im europäischen Städtebau. Allerdings<br />

Darmstadt<br />

nicht so poetisch formuliert.<br />

Tjie,<br />

Andersherum betrachtet: Nehmen Sie die<br />

Gründerzeitviertel in Frankfurt oder München. Wa-<br />

Peter<br />

rum fühlen wir uns da so wohl? Weil der öffentliche<br />

Raum klar gegliedert ist: Es gibt eine Hierarchie von<br />

Straßenbreiten. Es gibt Plätze. Es gibt Wege. Es gibt<br />

emptyform,<br />

eine Geschossigkeit, die nahezu festgeschrieben ist.<br />

Und es gibt Ausbrecher nur an besonderen Stellen,<br />

zum Beispiel für eine Kirche oder an einem großen<br />

Platz.<br />

Wohlbefinden in einem Stadtviertel resul-<br />

Visualisierung:<br />

tiert aus einem Gefüge, in dem das Verhältnis von<br />

Breite zu Höhe, von Offenheit zu Geschlossenheit,<br />

Partner;<br />

von Platzaufweitung zu engen Strassen stimmt.<br />

&<br />

Und wenn ausreichend grüne Erholungsflächen im<br />

öffentlichen Raum zur Verfügung stehen.<br />

Speer<br />

? noch mal zu feng shui: sie mussten<br />

Albert -<br />

also noch kein gebäude drehen, weil es auf<br />

dem auge des drachen“ stand? AS&P<br />


Visualisierung eines städtischen Zentrums und eines Wohngebietes, Kommunarka in Moskau, Hauptzentrum<br />

! Nein, das Drehen kennen wir eher aus dem<br />

arabischen Raum, wo wir Moscheen in Richtung<br />

Mekka ausrichten müssen. Aber das gab es und gibt<br />

es auch im christlichen Kulturraum, wo die Kirchen<br />

in Ost-West-Richtung ausgerichtet sind. Das gibt<br />

es übrigens auch im Wohnungsbau in China, wo<br />

bis vor kurzem die Länge aller Wohnungsbauten<br />

von Osten nach Westen ausgerichtet sein musste.<br />

Denn Wärmedämmung von Gebäuden gab es bis<br />

vor kurzem in China noch nicht und weil die Winter<br />

dort sehr kalt sind, wurde die Sonne als zusätzliche<br />

Wärmequelle zu den Kohleöfen angezapft, indem<br />

man die Fensterfronten der Hauptwohnräume nach<br />

Süden ausrichten ließ. Solche Vorschriften wurden<br />

bis vor kurzem von Peking aus für dieses gesamte<br />

Riesenreich erlassen. Aber seitdem sich die politischen<br />

Verhältnisse dort allmählich ändern, werden<br />

auch solche Regularien flexibler gehandhabt, so<br />

dass Gebäude oder ganze Stadtteile auch schon mal<br />

andere Richtungen einnehmen können.<br />

? wie muss man sich unter solchen<br />

bedingungen den chinesischen bauherrn vorstellen?<br />

! Es gibt drei große Gruppen: Das eine ist<br />

natürlich der Staat. Diese Gruppe hat die stärksten<br />

Restriktionen und für die zu arbeiten, ist deshalb<br />

am schwierigsten. Die zweite Gruppe besteht aus<br />

Entwicklungsgesellschaften, die staatliche Gelder<br />

verwalten, aber privat geführt sind. Diese Gesellschaften<br />

haben sich schon immer in der Welt umgeschaut<br />

und orientiert, was in der Welt so los ist. Und<br />

das Dritte sind die privaten Bauherrn, die meistens<br />

schon im Ausland gelebt haben und zurückgegangen<br />

sind als sich das Land geöffnet hatte. Die sind am<br />

besten organisiert und können ihre Wünsche durch<br />

ihr Verständnis des Chinesischen am leichtesten<br />

umsetzen.<br />

Es gibt allerdings Ausnahmen bei den staatlichen<br />

Auftraggebern, weil es im Zuge einer gewissen<br />

Dezentralisierung inzwischen Städte gibt, die mehr<br />

Planungs- und Baurechte bekommen haben, und die<br />

sich auf die Fahne geschrieben haben, eine ” ecological<br />

city“ zu werden. Dazu gehört Changchun, für<br />

die wir die Planung übernommen haben. Und wo es<br />

richtig Spaß macht zu arbeiten, weil man sehr, sehr<br />

fortschrittlichen Ansätzen begegnet.<br />

Changchun ist 1000 km nördlich von Peking,<br />

eine Stadt, die sich zwar als Industrie- und Autoproduktionsstadt<br />

versteht, aber auch als ” Green City“.<br />

Das ist eine interessante Herausforderung für uns<br />

gewesen, weil die Winter dort bis zu minus 20<br />

Grad kalt werden können. Die Stadt hat jetzt schon<br />

7,5 Millionen Einwohner und erwartet innerhalb<br />

der nächsten 10 bis 15 Jahre ein Wachstum auf 10<br />

AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt<br />

Kommunarka in Moskau – Überblick<br />

Millionen. Und damit sich dieses Wachstum nicht<br />

unkontrolliert schleichend ausbreitet, haben sie uns<br />

mit der Stadterweiterung für 300 000 neue Einwohner<br />

beauftragt, und zwar ganz klar unter dem<br />

Gesichtspunkt, hier eine ökologische Musterstadt zu<br />

konzipieren.<br />

? welche möglichkeiten hat man denn da?<br />

! Sehen Sie, was ist Nachhaltigkeit generell?<br />

Wir sagen: mit den Ressourcen, die uns die Erde<br />

bietet, so schonend und pfleglich wie möglich umzugehen.<br />

Das bedeutet Erstens: Je weniger Grund und<br />

Boden ich benutze, umso besser. Oder: Je mehr ich<br />

schon genutztes Land nutze – sogenannte ” brown<br />

fields“ und keine ” green fields“ –, umso besser.<br />

Also versuchen wir bei Stadterweiterungen immer,<br />

vorhandene Strukturen wie ungenutzte Industrieflächen<br />

oder aufgegebene landwirtschaftliche Flächen<br />

aufzugreifen, um nicht in ein ökologisches Gleichgewicht<br />

in der Landschaft einzugreifen. Das war auch<br />

unser Ansatz bei der eco-city.<br />

Das Zweite, wir verdichten die Gebäude in<br />

dieser Stadterweiterung sehr stark. Wir bauen also<br />

eher Hongkong als Los Angeles mit seinen ewigen<br />

Einfamilienhaussiedlungen.<br />

Und der dritte Hauptpunkt ist, sofort mit<br />

dem öffentlichen Personennahverkehr anzufangen.<br />

Da startet man mit Bussen, weil die sehr flexibel<br />

einsetzbar sind, fährt dann mit Straßenbahnen fort,<br />

um dann später – wenn die Häuser alle gebaut und<br />

bewohnt sind – die großen Hauptverkehrsadern<br />

durch U-Bahnen sicherzustellen. An den Hauptverkehrsknotenpunkten<br />

bauen wir übrigens noch<br />

dichter als an den Rändern, was nicht unbedingt<br />

bedeutet, dass wir hoch bauen, sondern dicht – also<br />

keine achtspurigen Avenidas, sondern durchaus<br />

schmale Straßen. Ganz im Sinne dessen, was ich<br />

eben über das Wohlfühlen in Städten gesagt habe.<br />

Ein weiterer Gesichtspunkt ist das Mischen<br />

zwischen Wohnen und Arbeiten: also keine weiten<br />

Wege von der Wohnstadt zum Arbeitsplatz oder zu<br />

Kulturstätten. In Changchun versuchen wir alles in<br />

den Quartieren zu mischen. Dazu gehört auch, dass<br />

wir keine gigantischen Shopping Malls auf die Wiese<br />

setzen, sondern Malls innerhalb der Quartiere platzieren,<br />

wobei die dann eben auch schon mal durch<br />

eine Strasse durchquert werden können. Unser Ziel<br />

ist, ohne motorisierten Verkehr alles zu erreichen,<br />

was ich zum täglichen Leben brauche. Also die<br />

Staffelung, nahe Ziele zu Fuß zu erreichen, etwas<br />

weitere Ziele mit dem Fahrrad ansteuern zu können,<br />

noch weitere Ziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr<br />

anzufahren und nur im äußersten Fall<br />

den motorisierten Individualverkehr notwendig zu<br />

machen. Dabei versuchen wir die Radfahrtradition


Visualisierung JingYue Ecological City, Kernbereich<br />

AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt


der Chinesen nicht wie in Peking aus dem Verkehrsbild<br />

wegzudrücken, sondern durch spezielle Expresswege<br />

in Grünanlagen noch zu fördern.<br />

? was ist denn in bezug auf energieeinsparung<br />

in changchun durchsetzbar?<br />

! Zum Beispiel das Thema Wärmedämmung.<br />

Als wir bei unserem ersten Projekt in der Nähe von<br />

Shanghai etwas von Wärmedämmung erzählt hatten,<br />

haben die nur den Kopf geschüttelt und gefragt, wer<br />

denn so was bezahlen soll. Inzwischen – und das ist<br />

erst acht Jahre her – ist etwas Ähnliches, was wir in<br />

Deutschland mit der Energieeinsparverordnung par<br />

excellence geregelt haben, in China ins Regierungsprogramm<br />

übernommen worden. Das heißt, für jedes neue<br />

Haus muss eine bestimmte Menge Dämmmaterial<br />

verbaut werden. Außerdem müssen alle Leitungen gedämmt<br />

werden, damit auch da keine Energie verloren<br />

geht. Und was die Zertifizierung betrifft, so möchten<br />

die Chinesen eine eigene Plakette haben. Was ich auch<br />

richtig finde. Denn es muss ja nicht alles immer so<br />

hoch reguliert sein wie bei uns in Deutschland. Aber<br />

genauso wenig brauchen sie eine Fast-Food-Plakette<br />

wie LEED. Da traue ich ihnen einen vernünftigen, eigenen<br />

Weg zu. Und zwar in maximal drei bis vier Jahren.<br />

Wo sie noch nicht so weit sind, sind die Wasserpreise.<br />

Wasser wird in China staatlich subventioniert,<br />

was dazu führt, dass die Chinesen kein Verhältnis<br />

dazu haben, dass Wasser eigentlich ein teures Gut<br />

ist. In diesem Punkt der Preisregulierung öffentlicher<br />

Energien ist China noch etwas zurück. Das hat natürlich<br />

etwas mit der kommunistischen Ideologie und<br />

ihrem Ideal der Gemeinschaft zu tun. Dieses Denken<br />

kann aber auch ein Vorteil sein.<br />

So ist es zum Beispiel für die Chinesen ganz<br />

normal, dass der Bau von allem, wofür die Gemeinschaft<br />

zuständig ist, auch schon sehr frühzeitig in<br />

Angriff genommen wird. Die warten also nicht so<br />

lange wie in Deutschland, wo die ersten Bewohner<br />

einer Siedlung schon drei Jahre dort wohnen, bevor<br />

der erste Kindergarten aufmacht. Die Chinesen sagen<br />

vielmehr, die Bürger müssen schon von Anfang an so<br />

etwas wie eine funktionierende Stadt haben. Insofern<br />

sind die Chinesen von der Denke her ein ganzes Stück<br />

weiter als wir.<br />

? eine mentalitätsfrage?<br />

! Nicht unbedingt. In einem in jeder Hinsicht<br />

zentralistisch geführten Land wird ex cathedra entschieden,<br />

wann und wo wie viel Geld hingeht. Da ist<br />

Planen und Ausführen immer schneller und effektiver<br />

zu machen. Aber wir versuchen trotz der Schnelligkeit<br />

eine solide und nachhaltige Konzeption durchzusetzen.<br />

Ein anderes Beispiel ist Dubai. Da haben wir<br />

immer abgelehnt zu arbeiten, weil dort so schnell von<br />

oben nach unten die Projekte verordnet und umgesetzt<br />

wurden, dass es nicht möglich war, gründlich<br />

zu planen. Was man heute zum Teil auch sieht. Die<br />

” Palme Eins“ hat Riesenprobleme, weil einfach nicht<br />

nachgedacht wurde, was im Ökosystem durch eine<br />

solche Anlage passiert. Die Lagunen fangen teilweise<br />

an zu stinken. Die Infrastruktur ist zum Teil nicht<br />

ausreichend dimensioniert. Und der gesamte Verkehr<br />

läuft quasi nur über den Stiel der Palme. Wenn<br />

da mal eine Unterbrechung ist, dann geht gar nichts<br />

mehr und alles steht bei der Hitze im Stau, lässt die<br />

Motoren wegen der Klimaanlage laufen, was nicht<br />

nur aus ökologischer Sicht sehr fragwürdig ist. All<br />

das sind aus unserer Sicht Anfangsfehler für einen<br />

Stadtplaner – aber die Palme“ sieht natürlich spek-<br />

”<br />

takulär aus. Aus dem Weltraum!<br />

? in dubai arbeiten sie also nicht?<br />

! Wir arbeiten seit 30 Jahren in Saudi Arabien<br />

und zur Zeit auch in Abu Dhabi und Katar, aber<br />

Dubai war uns immer zu schnell. Und wenn die<br />

einzige Ansage vom obersten Herrscher des Landes<br />

das ” Ich will‘s sofort“ ist, dann muss man als Planer<br />

auch mal nein sagen können.<br />

? wo würden sie noch nein sagen?<br />

! Ganz klar zur Zeit im Iran. Auch in bestimmten<br />

Diktaturen Lateinamerikas. Aber damit<br />

sind wir bei einem heißen Thema. Wenn Sie SPIE-<br />

GEL-Leser sind, dann wissen Sie ja, dass ” Bauen in<br />

Diktaturen“ zur Zeit ein sehr heißes Thema ist. Wir<br />

sind für uns inzwischen der Meinung, dass – wenn<br />

es uns gelingt, nicht reine Repräsentationsarchitektur<br />

oder -planung zu machen, sondern eine nachhaltige<br />

Stadt- und Architekturplanung – wir der Umwelt<br />

und den Menschen dort helfen. Das heißt für<br />

uns, dass wir durchaus ein Museum, in dem sich ein<br />

Staat repräsentiert, bauen können, weil das letztlich<br />

neutral ist. Was wir jedoch nicht machen würden,<br />

wäre diese Riesenpyramide in Kasachstan, die unser<br />

berühmter Kollege Sir Norman Foster geplant und<br />

gebaut hat. Das ist eine reine Zurschaustellung eines<br />

Machtanspruches. Das machen wir nicht.<br />

Was wir dagegen machen ist das Justizministerium<br />

in Riad – nicht ohne vorher sehr gründlich<br />

zu recherchieren. Ich habe dazu im Vorfeld ein<br />

langes, intensives, mehrstündiges Gespräch mit dem<br />

deutschen Botschafter in Riad geführt. Er ist selbst<br />

Jurist, war dort drei Jahre tätig und hat mir gesagt,<br />

dass er unzählige Gespräche geführt hat, zur Reformierung<br />

des saudi-arabischen Rechtswesens. Die<br />

Saudis können natürlich nicht von der Scharia weg.<br />

Das ist ganz klar. Aber sie wollen die Rechtssprechung<br />

nachvollziehbarer machen – also mehrstufig<br />

gliedern, Einspruchsmöglichkeiten schaffen, jedem<br />

Angeklagten von Anfang an einen Verteidiger zur<br />

AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt<br />

Visualisierung JingYue Ecological City - Zentrale Achse<br />

Seite stellen und so weiter. Der Botschafter hat mich<br />

darin bestärkt, diese Reformbestrebung zu unterstützen,<br />

indem wir diese Gedanken langfristig auch in<br />

der Struktur eines Gebäudes ausdrücken. Unter diesem<br />

Gesichtspunkt haben wir an dem Wettbewerb<br />

teilgenommen. Sonst hätten wir das nicht gemacht.<br />

? hat eine solche haltung zu diktaturen<br />

etwas mit den familiären erfahrungen von<br />

professor speer zu tun?<br />

! Das will ich nicht ausschließen, aber im<br />

Prinzip sind wir uns in diesem Punkt hier alle einig.<br />

Diese Entscheidung ruht deshalb auf den Schultern<br />

aller.<br />

? kommen wir zu einem anderen land,<br />

in dem auch von oben gesagt wird, wo es<br />

lang geht, wo aber die erste generation der<br />

führungselite bereits im ausland studiert und<br />

gelebt hat und diese internationalen standards<br />

jetzt mit zu sich nach hause genommen<br />

hat. kommen wir zu russland. ist es dort<br />

einfacher zu bauen? oder ganz anders? und<br />

wie sieht es da aus?<br />

! Wir haben uns als Büro immer gescheut<br />

nach Russland zu gehen, weil wir dachten: Mit<br />

unserem Namen brauchen wir in Russland erst gar<br />

nicht zu akquirieren, da finden wir nur verschlossene<br />

Türen. Das genaue Gegenteil war der Fall.<br />

Vor vier, fünf Jahren, als der Boom in Russland so<br />

richtig losging, sind wir von einigen Entwicklern<br />

angesprochen worden, warum wir nicht in Russland<br />

tätig sind. Und wir haben dann relativ schnell Kontakt<br />

zu großen Entwicklern bekommen, die nicht<br />

pompöse Milliardärsvillen bauen wollten, sondern<br />

Wohnungsbau für die breite Masse. Dahinter stand<br />

und steht die Überlegung, dass der Reichtum, der<br />

sich zur Zeit an der Spitze der Pyramide angesammelt<br />

hat, langsam auch in die tieferen Regionen<br />

sacken wird. Und wenn sich das mittlere Einkommen<br />

deutlich erhöhen wird, werden die Russen<br />

nach neuem Wohnraum nachfragen. Und da kann<br />

es nicht sein, dass sie keine Alternative zu den oftmals<br />

sehr heruntergekommenen Wohnungen in den<br />

Städten haben. Nun wollen wir aber keine Sanierungsarbeit<br />

leisten, sondern wir wollen vermeiden,<br />

dass in Moskau ein zweites Los Angeles entsteht.<br />

Mit diesen endlosen Weiten voller Einfamilienhäusern,<br />

deren Einwohner sich morgens und abends<br />

auf breiten Straßen in die Stadt wälzen. Deshalb<br />

haben wir in der Oblast Moskau für 30 000<br />

Menschen ” Westquadrant“ entwickelt, eine Stadterweiterung<br />

nach den Kriterien, denen wir uns<br />

verpflichtet fühlen. In Petersburg sind wir sogar<br />

direkt in die Stadtentwicklung eingebunden und für<br />

die Russische Föderation haben wir unter anderem<br />

Entwicklungsprojekte für sechs touristische ” Sonderzonen“<br />

konzipiert. All das ist inzwischen durch<br />

die Finanzkrise zum Erliegen gekommen, nimmt<br />

aber langsam wieder Fahrt auf.


? welche quadratmeterpreise kann –<br />

oder konnte – man ihrer erfahrung nach in<br />

moskau erzielen?<br />

! Vor zwei Jahren lag der Quadratmeterpreis<br />

für eine Eigentumswohnung in sehr guter<br />

Lage bei 30 000 Euro. Bis zum dritten Ring –<br />

und das ist schon recht weit draußen – lag der<br />

Preis aber immer noch zwischen 6000 und 8000<br />

Euro – pro Quadratmeter. Jetzt ist der Preis im<br />

Innenstadtbereich auf 7500 Euro gesackt, wird<br />

aber wohl bald wieder anziehen. In St. Petersburg<br />

ist es noch schwieriger, weil im Innenstadtbereich<br />

ja fast alles denkmalgeschützt ist.<br />

Sie können da also nicht viel Neues bauen. Und<br />

jetzt hat unlängst die Stadt – Gott sei’s gedankt<br />

– die Reißleine gezogen und die maximale<br />

Gebäudehöhe stark limitiert. Dadurch konnte<br />

der gewaltige Gazprom-Tower zwar nicht gebaut<br />

werden, aber der hätte Petersburg auch bestimmt<br />

den Weltkulturerbe-Status gekostet. Und<br />

einige Gebäude, die während der Boom-Zeit drei<br />

Stockwerke zu hoch gebaut wurden, hat man<br />

wieder zurückbauen lassen. Das bedeutet eine<br />

Neubauflächenverknappung, die den Quadratmeterpreis<br />

natürlich wieder teurer werden lässt.<br />

? kommen wir noch einmal zur<br />

nachhaltigkeit zurück. welche chancen<br />

sehen sie in der zukünftigen entwicklung<br />

auf diesem sektor für die gebäudearchitektur?<br />

! Durch das neue Gütesiegel und die Zertifizierung<br />

bekommt jetzt das Einsparen von Primärenergie<br />

eine neue Bedeutung. Also, wie kann<br />

ich Häuser bauen, die so wenig Primärenergie<br />

verbrauchen wie möglich. Wir haben jetzt hier<br />

in Frankfurt einige Häuser mit Passivhausstandard<br />

gebaut, was so viel heißt wie, dass sie nur<br />

circa zehn Prozent des normalen Energieverbrauchs<br />

haben. Aber das nächste Ziel wird sein,<br />

Gebäude so zu konstruieren, dass sie Energie<br />

abgeben können – durch Einsatz von Geothermie<br />

oder durch Abwärme von Menschen. Jeder<br />

Mensch hat ja 300 Watt und ist damit ein kleines<br />

Kraftwerk. Warum also nicht die Brennstoffzelle<br />

Mensch anzapfen...?<br />

? ... und der brennstoff kommt von aldi?<br />

! Ja, genau (lacht). Ziel ist es, über Wärmetauscher<br />

die überschüssige Energie vom menschlichen<br />

Wärmehaushalt aufzunehmen und zu speichern<br />

oder ins Netz zurückzugeben hypothetisch gesprochen.<br />

N#<br />

? halten sie denn so was für realisierbar?<br />

! Ja klar, wir sind auf dem besten Wege dazu.<br />

Nachmann rechtsanwälte finden die architektonischen<br />

und raumplanerischen Arbeiten von Albert Speer & Partner in<br />

China und russland zukunftsweisend.<br />

AS&P - Albert Speer & Partner; Visualisierung: emptyform, Peter Tjie, Darmstadt


NACHHALTIGKEIT<br />

Seite 20<br />

Eine Einführung in das Thema mit Dipl.-Ing. Ingemar Hunold,<br />

enco energie consulting GmbH<br />

green building spart–<br />

geld!<br />

er ist zwar noch jung, hat das thema green<br />

building aber sozusagen in den genen. sein<br />

vater – fritjoff hunold – hat im jahre 1979<br />

das ingenieurbüro enco in kassel gegründet<br />

und schon in den 1980ern eine von der eu<br />

geförderte kampagne durchgeführt zur verbreitung<br />

von dezentralen energiekonzepten<br />

für kommunen. enco ist zwar eine klassische<br />

ingenieurgesellschaft an den standorten<br />

münchen, frankfurt und kassel, die technische<br />

gebäudeausrüstung wie klimaanlagen,<br />

sanitär, abwasser und elektro plant, versteht<br />

sich aber mittlerweile als dienstleister und<br />

partner für bauherren und architekten für<br />

die gesamte palette der haustechnik und<br />

befasst sich seit der gründung auch mit ökologischen<br />

themen. mittlerweile ist das büro<br />

in die hände vier junger motivierter gesellschafter<br />

unter der leitung von andreas vogt<br />

übergegangen.<br />

ingemar hunold ist architekt und hat<br />

sich seine ersten sporen in chicago bei skidmore,<br />

owings & merrill verdient, wo er auch<br />

am illinois institute of technology studiert<br />

hat. inzwischen arbeitet er in der münchner<br />

dependance der enco und ist für das thema<br />

nachhaltiges bauen – green building im gesamten<br />

unternehmen verantwortlich.<br />

? herr hunold, was sollte man auf jeden<br />

fall haben, wenn man an der schnittstelle<br />

zwischen den spezialisten für das schöne<br />

”<br />

am bau“ – also den architekten – und den<br />

” spezialisten für das nützliche am bau“ – den<br />

ingenieuren arbeitet?<br />

! Sehr viel diplomatisches Fingerspitzengefühl<br />

(lacht). Im Ernst, da muss man schon<br />

Verständnis für beide Parteien aufbringen, um die<br />

unterschiedlichen Charaktere zusammenzubringen.<br />

Aber das kennen sicherlich alle, die sich mit dem<br />

Thema ” integrale Planung“ beschäftigen. Unser<br />

Ansatz als Ingenieurbüro geht generell dahin, dass<br />

die für den Gebäudebau wichtigen Partner – also<br />

Architekten, Planer, Bauherren und Ingenieure<br />

– möglichst früh zusammenkommen sollten, am<br />

besten in der anfänglichen Planungsphase, um die<br />

Fragen des Green Buildings schon im Grundkonzept<br />

zu klären und damit die Weichen für nachhaltige<br />

Gebäude zu stellen.<br />

? bedeutet denn green building primär,<br />

sich um ökologische fragen beim bauen<br />

gedanken zu machen?<br />

! Nein, das wäre zu einseitig. Es geht um<br />

Nachhaltigkeit – und dabei darum, die drei Säulen<br />

der Nachhaltigkeit im Gebäude zu vereinen – also<br />

die Ökologie, die Ökonomie und das Sozio-Kulturelle<br />

(s. Abb.). Dabei geht es darum, die Schnittmenge<br />

möglichst groß zu gestalten.<br />

An der Universität wird gelehrt, dass es so<br />

sein soll. Aber in der Praxis hängt es sehr stark von<br />

dem Goodwill aller Beteiligten ab, damit es gelingt.<br />

Und eben von der Kommunikation miteinander.<br />

Das ist zwar banal, aber es hilft nichts, das zu<br />

verleugnen. Wie in vielen Bereichen, wo Menschen<br />

zusammen arbeiten, ist die Bereitschaft partnerschaftlich<br />

und freundlich miteinander zu kommunizieren<br />

das A und O. Und wenn ein Einziger<br />

anfängt zu mauern, um seine originären Ziele zu<br />

verfolgen, dann tut das der Sache nicht unbedingt<br />

gut. Wenn in der Konzeption eines Gebäudes schon<br />

einige Dinge klar geplant werden können, zum Beispiel<br />

in Richtung Gebäudeklima, dann kann man in<br />

der Technik einiges reduzieren, was letztlich auch<br />

der Ökonomie zugute kommt. Hier wird von enco<br />

die Vision gelebt: ” Ein Gebäude ohne Technik ist<br />

das bessere Gebäude.“<br />

? thema klimaanlagen. ich kenne<br />

deren vor- und nachteile bei großen passagierschiffen,<br />

wo es mich immer stört, dass<br />

man die fenster nicht aufmachen kann bzw.<br />

Ökonomie<br />

Ökologie Soziales<br />

dass sie erkältungen von einer kabine in die<br />

nächste tragen. oder anders gefragt: kann<br />

man im green building die fenster öffnen –<br />

trotz klimaanlage?<br />

! Man sollte es eigentlich können müssen.<br />

Denn im Mittelpunkt jedes Gebäudebaus muss ja<br />

der Nutzer stehen. Also der Mensch. Jedes Gebäude<br />

muss dem Nutzer dienen, denn er soll sich ja darin<br />

wohlfühlen. In Green Buildings arbeitet es sich<br />

generell besser, was sich nicht nur im Sozialen,<br />

sondern auch bei der Ökonomie positiv auswirkt.<br />

Dazu gehört die Frage: Wie bekomme ich im Haus<br />

das Klima ohne Klimaanlage hin? Da steht dann<br />

zum Beispiel auch das Thema Pflanzen auf dem<br />

Tapet.<br />

? da frage ich doch gleich mal nach der<br />

abgrenzung zum indoorlandscaping?<br />

! Beim Indoorlandscaping geht es darum,<br />

das Organische in die Architektur zu integrieren,<br />

also neben Steinen auch mit biologischen Inhaltsstoffen<br />

zu gestalten. Green Building ist heute – entgegen<br />

den Anfängen, wo es noch genügte wie beim<br />

Commerzbank-Gebäude in Frankfurt, viele grüne<br />

Inseln im Gebäude zu verteilen – ein ganzheitlicherer<br />

und vielseitigerer Ansatz in Richtung von Öko-


Kosten<br />

Konzept<br />

Beeinflussbarkeit<br />

der Kosten<br />

Planung<br />

und Energiebilanz des Gebäudes. Oder mit anderen<br />

Worten: Indoorlandscaping ist ein Bestandteil eines<br />

Green Buildings.<br />

? ich fasse zusammen: ein bauherr sollte<br />

das architekturbüro und das ingenieurbüro<br />

zur gleichen zeit von seinem projekt eines<br />

green buildings informieren und sie auch<br />

gleich briefen?<br />

! Genau.<br />

? das erhöht natürlich erst mal die planungskosten,<br />

nehme ich an?<br />

! Korrekt.<br />

Bauausführung<br />

Diese Abbildung ist nicht maßstäblich zu verstehen, sondern als Tendenz.<br />

? aber sie sagen, langfristig spart dieses<br />

vorzeitige, gemeinsame vorgehen dem bauherrn<br />

geld ein?<br />

! So ist es. Es gibt dazu eine grafische<br />

Darstellung, aus der Sie den Unterschied ersehen<br />

können (s. Abb.). Daraus wird deutlich, dass je<br />

länger Sie ein Gebäude nutzen, um so größer ist<br />

die Einsparung bei Green Buildings.<br />

Konventionelle<br />

Planung<br />

Nutzungsphase<br />

Nachhaltige<br />

Planung<br />

? ist das thema green building eigentlich<br />

neu in deutschland?<br />

Zeit<br />

! Das kann man eigentlich nicht sagen.<br />

Schauen Sie sich einmal den Grundriss alter<br />

Bauernhöfe an, da ist der Wohnraum umgeben<br />

von den Ställen – die sowohl Wärme abgeben als<br />

auch eine Art Luftraum-Isolation darstellen.<br />

Oder die Neigung der Stadeldächer. Die<br />

sorgen dafür, dass im Winter der Schnee auf dem<br />

Dach liegen bleibt und so eine zusätzliche Dämmung<br />

darstellt, weil der Schnee letzten Endes<br />

Luft auf ganz engem Raum zusammenfasst.<br />

Oder denken Sie – wenn es etwas High-<br />

Tech sein soll – an den Reichstag, der hat eine<br />

Geothermie-Anlage, die sich die Erdwärmespeicherung<br />

zu Heizzwecken nutzbar macht. Und<br />

die ist von 1991 bis 1999 gebaut worden. Es gibt<br />

Gedanken zum Ökologischen Bauen also schon<br />

lange.<br />

Und wenn Sie das Buch von Buckminster<br />

Fuller ” Bedienungsanleitung für das Raumschiff<br />

Erde“ von 1963 lesen, dann werden Sie auch dort<br />

schon ganz viele solche Ideen finden.<br />

Aber durch die Zertifizierung bekommt<br />

das Thema Green Building im Augenblick einen<br />

neuen Schwung, weil jetzt auch Investoren den<br />

Sinn und Nutzen des nachhaltigen Bauens<br />

erkennen. Denn durch die Zertifizierung wird<br />

die integrale Planung, über die wir sprechen, gewissermaßen<br />

messbar und transparent gemacht.<br />

Und solche greifbaren Daten sind für Bauherren<br />

natürlich sehr wichtig, da sie dadurch sehen<br />

können, wie ihr Geld eingesetzt wird. Und ein<br />

zertifiziertes Gebäude erzielt im Verkaufsfall und<br />

bei der Vermarktung einen höheren Preis – eben<br />

weil die Gestehungs-, Verbrauchs- und Betriebskosten<br />

verlässlich messbar sind. Es ist quasi ein<br />

Gütesiegel für die Zukunftsträchtigkeit eines<br />

Gebäudes. (Grüne) Immobilienfonds werden<br />

sicherlich sehr bald auf solchen Zertifizierungen<br />

bestehen. Beim oben erwähnten Commerzbank-<br />

Gebäude in Frankfurt zum Beispiel gab es diese<br />

Zertifizierung noch nicht, weshalb man heute<br />

auch nicht genau weiß, wie effektiv und nachhaltig<br />

die dabei gewählte Bauform wirklich ist.<br />

Amüsanterweise haben gerade die<br />

Amerikaner, die ja nicht im Ruf stehen mit den<br />

eigenen Energieressourcen (und denen anderer)<br />

besonders sparsam umzugehen, 1998 ein<br />

System zur Klassifizierung mit einer Reihe von<br />

Standards für umweltfreundliches, ressourcenschonendes<br />

und nachhaltiges Bauen als<br />

Vorreiter entwickelt – das LEED (Leadership in<br />

Energy and Environmental Design). Allerdings<br />

lässt sich diese Zertifizierung, die ich während<br />

meiner Arbeit in Chicago studiert habe, nicht<br />

einfach auf den europäischen Markt übertragen,<br />

da andere nationale Regelungen zu befolgen<br />

sind. In Deutschland gibt es daher seit einem<br />

Jahr das ” Deutsche Gütesiegel für Nachhaltiges<br />

Bauen“ (DGNB). Das ist ein umfassendes Bewertungssystem<br />

für nachhaltige Gebäude. Ich bin in<br />

der ersten Ausbildungsgruppe zum Auditor für<br />

dieses Siegel.<br />

? woher kommt diese aktuelle aufmerksamkeit<br />

für das thema?<br />

! Wenn Sie sich einmal die CO2-Emissionen<br />

weltweit anschauen, dann werden Sie feststellen,<br />

dass zwischen 30 und 40 Prozent durch<br />

die Bauindustrie entstehen – und nicht durch<br />

das Verkehrsaufkommen! Da ist eingeschlossen<br />

die Entnahme von Rohstoffen, der Bauprozess,<br />

die Lebensdauer und die Energieversorgung.<br />

Das heißt doch, dass wir eigentlich keine<br />

andere Wahl haben, als neue Ideen beim Bauen<br />

zu entwickeln. Und diese Ideen in der breiten<br />

Masse durchzusetzen. Das gilt aber nicht nur<br />

für den Neubau, sondern auch für Sanierungsmaßnahmen.<br />

Denn was nützt es supernachhaltige<br />

Neubauten hinzustellen, wenn der Bestand<br />

hinterherhinkt.<br />

? und was kann man konkret bei<br />

sanierungen tun?<br />

? Zurzeit gehen die Maßnahmen in<br />

Richtung energetische Sanierung, das heißt, man<br />

wechselt die Fenster aus und ersetzt sie durch<br />

Dreischeibenfenster und packt das Gebäude in<br />

einen Dämmmantel, weil das erhebliche Energiekosten<br />

spart und schon eine Menge bringt. Aber<br />

eigentlich muss es noch ein Stück weitergehen,<br />

indem wir die Infrastruktur der Gebäude – also<br />

zum Beispiel die Heizungs-, Kälte- und Klimaanlagen<br />

– berücksichtigen. Erst wenn all das im<br />

Lot ist, hat die energetische Sanierung Hand und<br />

Fuß. Nicht nur in Bezug auf die Ökologie, sondern<br />

vor allem für die Ökonomie des Gebäudes.<br />

Und letztlich müssten auch die Kommunen anfangen<br />

umzudenken. Der Ansatz von Kirchheim<br />

zum Beispiel, wo eine Geothermie-Anlage für die<br />

ganze Gemeinde gebaut worden ist, die sie autark<br />

vom allgemeinen Wärmeheiznetz gemacht hat,<br />

sollte viel größere Akzeptanz bei vielen Kommunen<br />

finden. Denn diese Dezentralisierung macht<br />

nicht nur unabhängiger, sondern spart auch<br />

Kosten – und schont die Umwelt.<br />

? letzte frage: wenn sie einen ausblick<br />

wagen sollten auf die neuen technologien<br />

im bereich green building, wie sähe<br />

der aus?<br />

! Wenn Sie sich die technologischen<br />

Entwicklungen im Auto-, Schiffs- oder Flugzeugbau<br />

der letzten Jahre anschauen und das<br />

mit dem Fortschritt im Bauwesen vergleichen,<br />

dann schneidet das Bauen sehr schlecht ab. Die<br />

systematische Herangehensweise an die Herausforderungen,<br />

die an ein Schiff, Flugzeug oder<br />

Auto gestellt sind, müssen wir erst noch lernen.<br />

Mit großem Staunen schauen wir nach Japan, wo<br />

man im Bereich der Vorfertigung von Bauteilen<br />

so weit ist, dass dort Hochhäuser fast allein von<br />

Maschinen und Robotern hochgezogen werden.<br />

Da läuft alles über Barcodes. Und der ” Handwerker“<br />

ist eigentlich nur noch der Mann, der<br />

am Computer die Ausführung überwacht. Das<br />

Gleiche gibt es auch in Japan mit dem Rückbau –<br />

um Ressourcen zu schonen und das rückgebaute<br />

Material wieder verwenden zu können. Damit<br />

will ich diese Technologie nicht nach Europa<br />

holen. Aber ich will damit sagen, dass wir erst<br />

am Anfang zu ganz neuen Bauformen und -technologien<br />

stehen. Für einen Architekten in einem<br />

Ingenieurbüro eine spannende Zeit.<br />

N#<br />

Nachmann rechtsanwälte vertreten und beraten die enco<br />

energie consulting GmbH in allen rechtlichen Angelegenheiten.


NACHHALTIGKEIT<br />

Seite 24<br />

Interview mit Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hausladen,<br />

Ordinarius am Lehrstuhl für Bauklimatik und Haustechnik der Technischen Universität München sowie<br />

geschäftsführender Gesellschafter der Ingenieurbüro Hausladen GmbH<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

wenn sich gemeindeväter für die energie aus<br />

dem bauch von mutter erde erwärmen wollen,<br />

fragen sie gerne erst mal den bayrischen<br />

professor aus kirchheim bei münchen. denn<br />

der ist nicht nur ordinarius am lehrstuhl<br />

für bauklimatik und haustechnik der technischen<br />

universität münchen. er bildet auch<br />

eine handverlesene schar von ingenieuren und<br />

architekten aus aller welt im weltweit einmaligen<br />

masterstudiengang climadesign aus. die<br />

rede ist von prof. dr.-ing. gerhard hausladen.<br />

jedes<br />

gebäude<br />

ist ein<br />

prototyp<br />

? herr professor hausladen, ist ihre gemeinde<br />

kirchheim eigentlich im kommunalen<br />

bereich vorreiter in der nutzung von energie<br />

aus erdwärme?<br />

! In der Konstellation, dass sich drei Gemeinden<br />

zusammenschließen, um auf diesem Wege ihre<br />

Energieprobleme anzugehen, ein eindeutiges ” Ja“.<br />

Berning<br />

Tina<br />

? und wie tief muss man hier bohren,<br />

damit es etwas bringt? Illustration:


„Für unseren Master Studiengang systematisieren wir die Erkenntisse aus dem Bereich ClimaDesign und forschen in verschiedenen<br />

Sektoren.“


! Ungefähr 3000 Meter. Wenn die geologischen<br />

Bedingungen stimmen, kann man in diesen<br />

Tiefen die entsprechende Wärme finden, mit der<br />

man arbeiten kann. In Unterhaching – im Süden<br />

von München – reicht die Wärme in dieser Tiefe<br />

sogar aus, neben der Heizung für die Gemeinde<br />

auch noch Strom zu erzeugen. In jedem Fall<br />

werden aber bislang immer zwei Bohrungen<br />

vorgenommen, durch dessen erste Bohrung<br />

warmes Wasser aus der Erde entnommen und<br />

als Energielieferant genutzt wird, um durch die<br />

andere Bohrung das abgekühlte Wasser wieder in<br />

die Erde zurückzuführen. Damit kein unterirdischer<br />

” Kurzschluss“ zwischen entnommenem und<br />

rückgeführtem Wasser entsteht, müssen die Bohrungen<br />

etwa einen Kilometer auseinander liegen.<br />

Die Forschung weiß allerdings inzwischen, dass<br />

Erdwärme keine unendlich verfügbare Energie<br />

ist, sondern ” nur“ für die nächsten 50 Jahre<br />

reicht, weil sich durch die Nutzung, die Temperatur<br />

des Wassers aus der Tiefe um spürbare 5<br />

bis 10 Grad abgekühlt. Aber das macht nichts,<br />

denn die Geothermie hilft uns wenigstens über<br />

die nächsten 50 Jahre auf eine sehr saubere Art<br />

und Weise. Und wenn Sie sich mal die Nutzung<br />

des Erdöls anschauen, dann wird das auch erst so<br />

richtig seit 70 Jahren genutzt – richtet dabei aber<br />

eine Menge Schaden für unser Klima an.<br />

? und im bereich der geothermie<br />

forschen sie?<br />

! Nicht wirklich. Uns interessieren nicht<br />

die geologischen Fragen, sondern die Nutzungsfragen.<br />

Wir erforschen, wie Kommunen vorgehen<br />

müssen, um vom Gebrauch fossiler Energien auf<br />

die Nutzung regenerativer Energien umzusteigen.<br />

Also zum Beispiel die Frage: Was muss die Gemeinde<br />

X tun, um ihr Gemeindegebiet unabhängig<br />

vom Öl zu machen?<br />

? und zu welchen ergebnissen kommt<br />

man da?<br />

! Wenn Sie sich die jetzt schon absehbaren<br />

Veränderungen im Energie-Nutzungs-Prozess<br />

einmal genauer anschauen, dann sehen Sie: Die<br />

jetzige zentrale Energie-Versorgungsstruktur wird<br />

sich sehr bald in eine dezentrale Energieproduktion<br />

verwandeln. Oder besser gesagt: in eine<br />

Kombination von beidem. Man kann das an der<br />

Stromversorgung gut vorhersehen. Über zentrale<br />

Strukturen wird der Strom bald aus dem ” Desert-<br />

Tech“, also dem solaren Kraftwerk in der Wüste,<br />

zu uns geführt. Parallel dazu werden dezentrale<br />

Strukturen entstehen, die im Wesentlichen über<br />

Photovoltaik und Biomasse-Heizkraftwerke<br />

dezentral Strom erzeugen und die Abwärme<br />

nutzen. Und zusätzlich werden Gemeinden ihre<br />

Heizthematik durch Geothermie-Anlagen lösen.<br />

Energie wird also in Zukunft sehr vielschichtig<br />

produziert werden. Und da sind die Gemeinden<br />

ganz intensiv gefragt. Denn es macht doch weder<br />

ökonomisch noch ökologisch Sinn, dass sich<br />

jeder Häuslebauer unabhängig und unkoordiniert<br />

Holzpelletanlagen einbaut.<br />

? was halten sie von der initiative,<br />

bei der vw und der ökostromanbieter<br />

lichtblick zigtausend gasbetriebene blockkraftwerke<br />

made by vw, in denen wärme<br />

für heizung und warmwasser erzeugt werden<br />

soll, zum verkauf anbietet, um so große<br />

mengen strom zu erzeugen und ins öffentliche<br />

netz einzuspeisen? vorzugsweise, wenn<br />

am markt großer strombedarf besteht. das<br />

ziel sei es, die zum ausgleich schwankender<br />

stromnachfrage arbeitenden schattenkraftwerke<br />

überflüssig zu machen.<br />

! Ja, das ist ja ganz klar, dass die Autohersteller<br />

in diese Richtung denken. Die sagen<br />

sich, dass es doch viel zu schade wäre, wenn ihre<br />

guten Motoren nur auf den Straßen rumfahren.<br />

Die sollen auch in den Häusern stehen, Strom<br />

erzeugen und die Abwärme fürs Haus nutzbar<br />

machen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Der<br />

Energiebereich wird auch den Automobilsektor<br />

stark verändern. Die Diskussion um die Elektromobilität<br />

kam ja nicht dadurch auf, dass man<br />

die für so viel umweltfreundlicher als herkömmliche<br />

Autos gehalten hat. Diese Diskussion kam<br />

auf, weil man eine neue Generation von Batterien<br />

brauchte, um Strom zwischenspeichern zu<br />

können. Schauen Sie, bisher hatte man Grundlastkraftwerke<br />

gehabt, deren Stromproduktion<br />

gleich in den Verbrauch wanderte, und Spitzenlastkraftwerke,<br />

die in besonderen Spitzenzeiten<br />

dazugeschaltet wurden. Da hatte man auf der<br />

einen Seite einige Stromanbieter und auf der<br />

anderen Seite viele Abnehmer. Wenn die Entwicklung<br />

jetzt mehr in Richtung dezentrale und<br />

regenerative Stromerzeugung geht, dann wird nur<br />

Strom erzeugt, wenn Wind weht oder die Sonne<br />

scheint. Das heißt, die Stromerzeugung habe<br />

ich nicht mehr so im Griff und brauche deshalb<br />

effektive Zwischenspeicher – und da passt das<br />

Elektromobil sehr gut rein. Das kann daheim in<br />

der Garage geladen werden und vielleicht sogar<br />

auch noch nach der Fahrt erzeugten Strom ins<br />

Netz einspeisen.<br />

? stellt sich die frage, was denn die<br />

versorgerindustrie zu dieser entwicklung<br />

sagt? die verlieren doch ihre alleinstellungsrolle<br />

als stromerzeuger.<br />

! Es werden die großen Kraftwerke nicht<br />

mehr gebraucht. Das ist klar. Aber es werden<br />

andere Strukturen aufgebaut, zum Beispiel indem<br />

die großen Versorgerkonzerne die neue Rolle als<br />

Investoren für dezentrale Kraftwerkskonzepte<br />

übernehmen. Denn die Gemeinden suchen ja<br />

oftmals auch Partner für die Finanzierung solcher<br />

neuer Anlagen. Außerdem werden die Leitungen<br />

weiterhin gebraucht werden, um den Strom von<br />

Afrika zu uns her zu leiten und zu verteilen. Es<br />

werden außerdem andere Steuerungssysteme<br />

gebraucht werden, um die Stromanforderungen<br />

in Spitzenzeiten zu entzerren. In diesem Bereich<br />

werden die Versorgungsunternehmen aus meiner<br />

Sicht ebenfalls sehr aktiv werden.<br />

? ” andere steuerungssysteme“<br />

bedeutet?<br />

! Nehmen Sie dieses Haus, in dem wir hier<br />

arbeiten. Wir haben hier ein flächiges Heizsystem<br />

eingebaut, das mit einer Wärmepumpe betrieben<br />

wird. Wenn ich die Pumpe zu Spitzenlastzeiten<br />

für drei Stunden ausschalte, dann merkt das hier<br />

drinnen von der Temperatur gar keiner. Weil das<br />

Haus gut gedämmt ist und wenig Temperaturverlust<br />

hat. Wenn ich dagegen ein ” feinfühliges“<br />

System habe, bei dem man Temperaturschwankungen<br />

sofort merkt, dann bin ich natürlich<br />

abhängig davon, dass ich dieses System ständig<br />

mit Energie füttere. Das bedeutet, dass Gebäude<br />

und Energieversorgungssysteme dahingehend<br />

weiterentwickelt werden, so dass sie noch<br />

unempfindlicher auf das Abschalten reagieren –<br />

ob das Wärme oder Strom ist.<br />

? was meinen sie mit ” feinfühliges<br />

system“? zeichnen sich solche systeme<br />

durch schlechte isolierung aus?<br />

! Nein, das sind zum Beispiel Gebäude, die<br />

– um in der Nutzung flexibel zu sein – innen leichte<br />

Trennwände, abgehängte Decken und geständerte<br />

Böden haben. Meist haben diese Gebäude auch<br />

noch viele Fensterfronten, die im Sommer, wenn<br />

die Sonne herein scheint, so viel Wärme durchlassen,<br />

dass man sie runterkühlen muss. Solche<br />

Gebäude haben – trotz guter Dämmung nach<br />

außen – keine Speichermassen mehr – wie das<br />

zum Beispiel bei alten Häusern mit ihren dicken<br />

Wänden der Fall ist. Solche Bauten bieten wenig<br />

Spielraum – verschlingen dafür aber viel Energie.<br />

Im Winter zum Heizen, im Sommer zum Runterkühlen.<br />

Und da setzen wir mit unsrer Ausbildung<br />

ein, damit die jungen Leute die Zusammenhänge<br />

beim Bauen erlernen und gleich in der Planungsphase<br />

schon einbringen können. Man glaubt als<br />

Außenstehender ja eigentlich, solche Zusammen-<br />

hänge müssten allen längst bekannt sein. Sind sie<br />

aber nicht. Im Baubereich läuft es nämlich nicht<br />

so, wie im Automobilbereich. Da entwickeln ja<br />

Heerscharen von Ingenieuren neue Sachen und<br />

testen das Entwickelte fortlaufend, ehe es in Serie<br />

geht. Bei den Häusern wird geplant – und gleich<br />

gebaut. Fertig. Ob das funktioniert oder nicht. Ich<br />

wundere mich manchmal überhaupt, dass die Häuser<br />

so funktionieren, wie sie funktionieren. Denn<br />

es sind ja alles eigentlich Prototypen.<br />

? was lernen die studenten des climadesign<br />

während ihres studienganges? das<br />

ist ein masterstudiengang für gestandene<br />

ingenieure, oder?<br />

! Ja, und für Architekten! Die Alterstruktur<br />

ist sehr gemischt – von 26 bis 50 Jahren – ebenso<br />

wie die Herkunft der Studenten. Von Deutschland<br />

über Brasilien bis China ist alles vertreten. Das<br />

gibt natürlich eine sehr interessante Dynamik. Für<br />

den Studiengang systematisieren wir die Erkenntnisse<br />

aus dem Bereich ClimaDesign und forschen<br />

in verschiedenen Sektoren. Dadurch können wir<br />

– und unsere Studenten – in einem Bereich tätig<br />

werden, der bisher nicht abgedeckt wurde. Denn<br />

bisher haben Ingenieure zu wenig vom Baulichen<br />

verstanden – und Architekten zu wenig von den<br />

physikalischen Zusammenhängen.<br />

? apropos zusammenhänge: kann man<br />

eigentlich den faktor behaglichkeit messen?<br />

! Ja klar – sofern man ihn klar definiert.<br />

Dazu gehören zum Beispiel Größen wie die empfundene<br />

Lufttemperatur, die zum Beispiel durch<br />

Luftbewegungen im Raum – was man umgangssprachlich<br />

als Zug“ bezeichnet – ins Ungemütli-<br />

”<br />

che verändert werden kann. Oder kalte Flächen<br />

wie Wände, die ebenfalls sehr unangenehm sein<br />

können. Dann gehört die Luftfeuchtigkeit dazu, die<br />

Leuchtdichte, was zum Beispiel bei Arbeitsplätzen<br />

am Fenster von Bedeutung ist, und die Frage, ob<br />

sich das Auge ständig den Lichtschwankungen,<br />

zum Beispiel bei direkter Sonneneinstrahlung,<br />

und den Spiegelungen auf dem Computer anpasst.<br />

Das sind alles messbare Größen, bei denen man<br />

auch relativ gut definiert hat, was den Menschen<br />

zuträglich ist und was nicht. Es gibt aber auch<br />

nicht-messbare Größen, die in der Vergangenheit<br />

nicht so sehr beachtet wurden. So hat man früher<br />

Häuser gebaut, wo man zwar alle messbaren<br />

” Behaglichkeitsgrößen“ eingehalten hatte – und<br />

trotzdem haben sich die Menschen darin nicht<br />

wohl gefühlt, zum Beispiel weil man kein Fenster<br />

aufmachen konnte. Natürlich ist das bei Hochhäusern<br />

schwieriger zu realisieren, weil das von<br />

der Aerodynamik des Gebäudes abhängt und ob


Forschung an einem Fassadenelement mit offenen (links) und geschlossenen (rechts) Lamellen im rahmen der<br />

Doktorarbeit von Dipl.-Ing. Philipp Dreher<br />

man es in oder gegen den Wind gestellt hat. Aber<br />

das sind Entscheidungen des Architekten, die er<br />

bereits beim Entwurfsprozess berücksichtigen<br />

muss. Mit genau solchen Fragen konfrontieren wir<br />

unsere Studenten während des Studienganges.<br />

? an welchen aktuellen forschungsfragen<br />

arbeiten sie derzeit mit ihren studenten?<br />

! Im Themenbereich ” Fassade“ haben wir<br />

gerade das Thema ” Sonnenschutz“ im Fokus. Den<br />

Wärmeschutz hat man schon zum großen Teil mit<br />

recht guten Technologien so gelöst, dass immer<br />

weniger Energie im Winter verbraucht wird. Im<br />

Sommer hat man aber immer das Problem, dass<br />

man – wenn man Häuser großzügig verglast<br />

hat – außen Vorrichtungen installieren muss, die<br />

ähnlich wie Jalousien rauf- und runterfahren und<br />

die Sonneneinstrahlung wegblenden. Gleichzeitig<br />

ist die Außeninstallation windanfällig, was zum<br />

Beispiel gerade in München bei Föhnwinden,<br />

wenn die Jalousien unten sein sollten, bisweilen<br />

zu Problemen führen kann. Deshalb forschen wir<br />

jetzt an im Glas integrierten, sich selbststeuernden<br />

Sonnenschutzsystemen, die nicht aufwendig elektronisch<br />

gesteuert werden müssen.<br />

? kann man sich darunter so etwas<br />

vorstellen, wie die brillengläser, die sich<br />

selbst aktiv bei sonneneinstrahlung<br />

verdunkeln?<br />

! Nein. Es gab in diesem Bereich drei unterschiedliche<br />

Systeme. Das eine waren elektrochrome<br />

Systeme, die sich unter elektrischer Spannung<br />

farblich verändert hatten. Das andere waren<br />

gasochrome Systeme, wo man Gase zwischen<br />

Scheiben eingebracht hatte, die sich veränderten.<br />

Und das Dritte waren thermochrome Systeme,<br />

die sich – wie die Brillen – ab bestimmten Temperaturen<br />

verfärbt haben. In diesem Bereich haben<br />

wir schon vor Jahren mit japanischen Herstellern<br />

Langzeituntersuchungen initiiert. Wir setzen aber<br />

heute mit unseren Forschungen bei Gläsern an,<br />

die wie winzige, drehbare, bedruckte Lamellen in<br />

der Scheibe die Lichtdurchlässigkeit reduzieren<br />

können. Diese bedruckten Lamellen sind so klein,<br />

dass das Auge die bedruckten und unbedruckten<br />

Teile nicht mehr registrieren kann. Man kennt das<br />

ein bisschen von den feinen Drähten, die in den<br />

beheizbaren Heckscheiben beim Auto installiert<br />

sind. Hier erforschen wir die Zusammenhänge<br />

zwischen technischer Entwicklung und Wahrnehmungsphysiologie<br />

(s. Abb.).<br />

geld.<br />

? solche forschung kostet ja richtig<br />

! Ja, da sind jetzt zwei meiner ehemaligen<br />

Doktoranden dabei, ein Unternehmen zu gründen,<br />

das diese Ergebnisse vermarktet. Das Forschungsministerium<br />

unterstützt diesen Prozess. Vom<br />

Forscher zum Unternehmer. Denn wir machen ja<br />

nicht nur Anwendungsforschung, sondern haben<br />

auch den Anspruch, dass das, was wir gefunden<br />

haben, umgesetzt werden soll – statt in der Schublade<br />

zu vergammeln.<br />

? wie sehen sie die zukünftige entwicklung<br />

beim bau von gebäuden?<br />

! Ich denke, dass die hochkomplexen Tech-<br />

niken in unseren Breitengraden runtergefahren<br />

werden, hin zu sehr einfachen und robusten Systemen,<br />

eben weil die komplexen, technischen Lösungen<br />

nicht nur sehr energieaufwändig, sondern<br />

auch sehr schwer zu steuern sind – gerade weil<br />

jedes Gebäude ein Prototyp ist. Ich komme aus dem<br />

Flugzeugbau und empfinde es als echtes Dilemma,<br />

dass es immer noch nicht möglich ist, große Teile<br />

von Gebäuden durch zuende entwickelte, getestete<br />

Serienelemente herzustellen, sondern jedes Mal das<br />

Rad neu erfunden werden soll. Bei der standardisierten<br />

Fertigung in darauf spezialisierten Fabriken<br />

kann man doch ganz andere Qualitätsstandards<br />

einhalten als auf Baustellen, wo komplizierte Dinge<br />

bei jedem Wetter von Leuten erschaffen werden<br />

müssen, die nicht immer auf der Höhe der technischen<br />

Entwicklung ausgebildet sind. In diesem<br />

Bereich wird sich deshalb in den nächsten Jahren<br />

einiges tun. Man darf gespannt sein.<br />

N#<br />

Nachmann rechtsanwälte schätzen die Forschung am<br />

Lehrstuhl für Bauklimatik und Haustechnik der TU München unter<br />

ihrem Ordinarius Prof. Hausladen als unabdingbar für die<br />

Nachhaltigkeitsentwicklung beim Bauen.


NACHHALTIGKEIT<br />

Seite 32<br />

Interview mit Joachim Jürke,<br />

Jürke Architekten BDA<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

” the heat is on!“<br />

oder<br />

” nachhaltigkeit muss<br />

auch in den heissen<br />

städten unserer erde<br />

greifen!“<br />

überlegungen eines mannes, der als<br />

geheimtipp unter münchens architekten<br />

gilt, der wunderschöne häuser baut – und<br />

einrichtet – und der seinen blick in fragen<br />

der nachhaltigkeit über den europäischen<br />

tellerrand hinausgehen lässt. dabei heißt<br />

seine devise immer: proportionales handeln!<br />

? herr jürke, wie sehen sie als architekt<br />

das thema green building?<br />

! Zuallererst ist mir wichtig klarzustellen:<br />

Architektur hat mit Proportionen zu tun und<br />

mit Materialgegenüberstellungen, also mit etwas<br />

Sichtbarem, durch das das Gebäude für seine<br />

Bewohner bewohnenswert wird. Zur Architektur<br />

gehören für mich nicht Elemente dazu, sei es ein<br />

Aggregat oder etwas Ähnliches, die einem ins<br />

Auge springen und deutlich zu verstehen geben:<br />

Ich bin ein Primärenergiefänger der Zukunft.<br />

Das heißt nicht, dass es keine Energiesparmaßnahmen<br />

in Gebäuden geben soll. Im Gegenteil.<br />

Nur man soll sie nach meinen Vorstellungen<br />

nicht sehen. Darin unterscheide ich mich viel-<br />

leicht von Architekten, die ihre Energiesparmaßnahmen<br />

sehr ostentativ verbauen. Wie in einem<br />

Modellhaus. Ich habe aber oft erlebt, dass gerade<br />

technisch orientierte Architekten gerne selbst<br />

in Altbauten leben. Und das sagt ja eigentlich<br />

schon sehr viel.<br />

Nun zu Ihrer Frage: Natürlich soll ein<br />

Haus nachhaltig gebaut werden. Das geht so


weit, dass man berücksichtigen muss, welche<br />

Schadstoffe bei der Herstellung der Baumaterialien<br />

entstehen – also der Primärenergieaufwand<br />

von Beton, Ziegel usw. Das ist alles gut, notwendig<br />

und richtig. Trotzdem darf all das nicht<br />

zu Lasten der Architektur gehen. Sonst gibt es<br />

irgendwann einmal nur noch ein Einheitsmaterial<br />

und die Vielfalt der Architektur bleibt auf der<br />

Strecke. Beim Automobildesign, das inzwischen<br />

stark von den Windkanalwerten bestimmt wird,<br />

sieht man, wohin das führen kann: selbstähnliche<br />

Formen mit minimaler Unterscheidungsqualität,<br />

was nach einiger Zeit zu Retro-Design-Verherrlichungen<br />

führt, die Menschen von Zeiten<br />

schwärmen lässt, wo man noch ” geklotzt“ hat.<br />

? apropos ” klotzen“. sie sind ein<br />

architekt, der gerne beton verwendet. wie<br />

ist das mit den anforderungen des nachhaltigen<br />

bauens zu vereinbaren?<br />

! Das Material Beton deckt sich mit meinen<br />

Vorstellungen von archaischen Baukonzepten.<br />

Das heißt für mich, schwere Materialien zu<br />

verwenden, keine hohen Luftgeschwindigkeiten<br />

im Haus zu erzeugen, damit keine Klimaanlagen<br />

einzusetzen und Räume zu schaffen, in denen<br />

sich die Bewohner wohlfühlen. Das hat natürlich<br />

auch etwas mit dem Raumklima zu tun – und<br />

damit meine ich das jetzt nicht im übertragenen<br />

Sinne, sondern wirklich physikalisch als Luftraumtemperatur<br />

und Luftfeuchtigkeit.<br />

Beton eignet sich in diesem Punkt sehr<br />

gut für eine große Klimaausgeglichenheit im<br />

Raum. Es gibt dazu zum Beispiel die Betonkernaktivierung,<br />

bei der während des Betonierens<br />

neben der Armierung ein Schlauchsystem eingegossen<br />

wird, das über einen Wärmetauscher mit<br />

dem Grundwasser verbunden ist und die Temperaturdifferenz<br />

zwischen Umgebungstemperatur<br />

und Grundwasser nutzt. Denn im Winter ist das<br />

Grundwasser wärmer als die Außentemperatur<br />

und ist daher gut zum Heizen von Häusern<br />

geeignet. Während es im Sommer umgekehrt<br />

ist und man damit Räume kühlen kann. Das ist<br />

nachhaltig und schont sehr die Umwelt, weil<br />

man nur die Pumpleistung als Energieverbraucher<br />

hat. Das Grundwasser ist nun mal der<br />

größte Thermospeicher, den wir haben. Und zu<br />

dem fast überall ein Zugang möglich ist. Und<br />

das, was die Wärme respektive Kühlleistung betrifft,<br />

gratis ist. An diesem Beispiel versteht man<br />

übrigens, was ich damit meine, dass man die<br />

” grüne Technologie“ im Haus nicht unbedingt<br />

sehen muss.<br />

Ein solches geothermisches Heiz- respektive<br />

Kühlsystem braucht große Austauschflächen,<br />

weshalb es als Fußbodenheizung sehr<br />

geeignet ist. Naturgemäß reagiert ein solches<br />

System träge und erzielt keine Höchst- bzw.<br />

Tiefsttemperaturen, aber genau solche Temperaturpeaks<br />

sind für den Menschen auch gar nicht<br />

gesund. Jeder Mediziner wird bestätigen, dass es<br />

für den Organismus am gesündesten ist, wenn<br />

das Delta zwischen Außen- und Innentemperatur<br />

nicht zu groß wird. Außerdem lässt die Konzentrationsfähigkeit<br />

ab 26 Grad Innentemperatur<br />

stetig nach.<br />

? sind das noch exotische formen<br />

der energieeinsparung oder erfreuen die<br />

sich schon einer breiten beliebtheit?<br />

! Statistisch werden mittlerweile ca. 30<br />

Prozent aller gewerblichen Neubauten mit einer<br />

solchen Bauteilaktivierung ausgestattet, Tendenz<br />

steigend.<br />

? haben sie eine vision zum thema<br />

green building?<br />

! Was wir jetzt in unserem Lande an<br />

neuen Technologien bei den sogenannten Green<br />

Buildings einsetzen, ist ja erst der Anfang. Und<br />

kann auch nur der Anfang sein. Denn wenn<br />

man sich einmal die großen Kumulationspunkte<br />

der Menschheit anschaut, also Jakarta, Delhi,<br />

Kalkutta, Tokio, die in einem Breitengradgürtel<br />

von 28 Grad Nord bis 22 Grad Süd liegen, dann<br />

sieht man, dass die Primärenergie, die gebraucht<br />

wird, um diese Areale runterzukühlen, viel höher<br />

einzuschätzen ist als das, was wir hier in unseren<br />

Breitengarden zu Heizzwecken in Betracht<br />

ziehen. Deshalb können wir nur diejenigen sein,<br />

die als Technologie-Entwickler und -Tester die<br />

Möglichkeiten erforschen. Aber eigentlich geht<br />

es um diese heißen Regionen, auf die die Welt<br />

seine Energiesparanstrengungen konzentrieren<br />

muss.<br />

Sehen Sie, Städte erzeugen ihr eigenes<br />

Mikroklima, welches im Allgemeinen die Effekte<br />

des globalen Klimawandels noch verstärkt. Im<br />

Vergleich zu umliegenden ländlichen Gebieten<br />

erzeugen urbane Gebiete einen Anstieg der<br />

Temperaturen im Stadtzentrum von zwei bis<br />

sechs Grad Celsius. Durch Stadtplanungen und<br />

Gebäudeformen, die lokale klimatische Bedingungen<br />

missachten, gehen die kühlenden Effekte<br />

von Grünflächen und Windschneisen verloren.<br />

In der Folge heizen sich Gebäude und versiegelte<br />

Flächen beträchtlich auf.<br />

Wenn wir daher die Erkenntnisse aus<br />

dem Bau vom Green Building nicht umgehend in<br />

industriell gefertigte, preisgünstige Bauelemente<br />

für den Gebäudebau in aller Welt umsetzen,<br />

werden in den Megalopolen unserer Erde dank<br />

zunehmender Verstädterung und steigendem Lebensstandard<br />

die meisten Menschen als Lösung<br />

ihrer Klimawünsche auf die üblichen Klimaanlagen<br />

zurückgreifen. Und damit Energiefressern<br />

Tür und Tor öffnen, die den Energieverbrauch in<br />

Stadtgebieten steigern und durch Hitze-Immission<br />

zum Effekt städtischer Wärmeinseln beitragen.<br />

Im United Nations Population Fund (http://<br />

www.unfpa.org/swp/2007/english/chapter_5/<br />

climate_change.html) können Sie dazu Näheres<br />

erfahren.<br />

? welche elemente könnten wir denn<br />

in diese regionen exportieren?<br />

! Für den kontrollierten Erhalt des<br />

gebäudeinternen Klimas stehen ja bereits jetzt<br />

schon nahezu alle bauphysikalischen Mittel zur<br />

Verfügung, die in Großprojekten auch sicherlich<br />

überall umgesetzt werden. Aber die müssen auch<br />

für den einzelnen Hausbesitzer erschwinglich<br />

werden.<br />

Zum Beispiel Technologien, die in einer<br />

Art ” Umkehrschub“ solare Energie in Kühlenergie<br />

wandeln und zugleich auch Süßwasser erzeugen<br />

können. Mit solchen ” Energiewandlern“<br />

könnte die Aufzehrung der Ressourcen gestoppt<br />

und das entstehende Ungleichgewicht in den<br />

Mega-Metropolen gebremst werden.<br />

An einem technologischen Defizit für solche<br />

neuen Aggregate liegt es jedenfalls nicht. Es<br />

ist eher eine ökonomische Frage, weshalb solche<br />

Geräte preisgünstiger werden müssen, was man<br />

aber durch die Herstellung großer Stückzahlen<br />

oder auch Subventionen erreichen könnte.<br />

Daneben muss man bedenken, dass die<br />

riesigen Ölvorkommen ja nichts anderes sind<br />

als die in Jahrtausenden angelegten und unterirdisch<br />

verschlossenen Energie-Konten der Sonnenkraft,<br />

die jetzt in kürzester Zeit abgeschmolzen<br />

und in die Atmosphäre entlassen werden.<br />

Deshalb ist das Solar-Projekt DesertTech in der<br />

Sahara der richtige Schritt in diese Richtung,<br />

wenn solche nachhaltigen Großanlagen nicht<br />

nur für Europa, sondern auch – und gerade – für<br />

die heißen Regionen unseres Globus geschaffen<br />

werden.<br />

? sind zertifizierungen ein hilfreiches<br />

tool für die zunehmende verbreitung<br />

von energiesparmaßnahmen beim bauen?<br />

! Indirekt vielleicht. Weil sie im Zusammenhang<br />

mit den Herausforderungen des Klimawandels<br />

das Bewusstsein von Investoren fördern,<br />

die dank der zertifizierten Bauten höhere Renditen<br />

erzielen können – und damit die Verbreitung<br />

” grüner Gebäude“ erhöhen.<br />

Manchmal reicht aber auch der Taschenrechner,<br />

wie man am Sears Tower sehen<br />

kann. Er ist zur Zeit das höchste Gebäude der<br />

westlichen Welt und für eine energetische<br />

Sanierung in Planung. Das reicht von 104 neuen<br />

Fahrstühlen, die 40 Prozent weniger Strom<br />

verbrauchen, über 16.000 (!) Einscheibenfenster,<br />

die durch isolierende Fenster ersetzt werden,<br />

und ein Brennstoffzellen-Heizkraftwerk bis zu<br />

Windturbinen auf dem Dach, die für zusätzliche<br />

Energie sorgen. Die neuen Maßnahmen werden<br />

den Elektrizitätsbedarf um 80 Prozent senken.<br />

Das sind 80 Prozent weniger Kosten für Strom –<br />

immerhin 68 Millionen Kilowattstunden weniger<br />

pro Jahr. Das rechnet sich langfristig. Auch wenn<br />

für die anstehenden Sanierungsmaßnahmen 350<br />

Millionen Dollar veranschlagt sind. Aber gehen<br />

Sie davon aus, dass die Energiekosten in Zukunft<br />

nicht billiger, sondern teurer werden. Und noch<br />

ein Faktor ist wichtig: Für den Hauptnutzer<br />

des Gebäudes, den Versicherungsmakler Willis<br />

Group Holdings, ist dieses – im wahren Sinn<br />

des Wortes so zu nennende – Leuchtturmprojekt<br />

ein internationaler Imagegewinn, den man nur<br />

schwer quantifizieren kann. Sie sehen: Green<br />

Building senkt nicht nur die Kosten und hebt<br />

das Image, sondern macht ein Gebäude langfristig<br />

auch werthaltiger.<br />

Aber auch bei kleineren Objekten greift<br />

dieses Bewusstsein für die Vorzüge des Green<br />

Buildings. So werden wir in unserem Architekturbüro<br />

beim anstehenden Verkauf einer zu<br />

erstellenden Gewerbeimmobilie immer häufiger<br />

gefragt, welche Indikatoren wir im Sinne der<br />

Green-Building-Zertifizierung bieten können.<br />

Denn für die zukünftigen Nutzer sei das ein Asset,<br />

das den Einstieg in die Verhandlungen sehr<br />

vereinfachen würde. Dieses Denken ist in unseren<br />

Breitengraden inzwischen bei der breiten<br />

Bevölkerung angekommen und wird neben der<br />

Auswahl formaler Kriterien, dem Zuschnitt der<br />

Räume und wirtschaftlicher Bedingungen einen<br />

immer wichtigeren Beitrag bei der Betrachtung<br />

zukünftiger Immobilien darstellen. Und das ist<br />

erst der Anfang.<br />

Joachim Jürke lehrte von 1997 bis 2004 an der Akademie<br />

der Bildenden Künste im Fachbereich Innenarchitektur. In<br />

den Jahren 2004 bis 2007 war er Inhaber der Professur für<br />

Baukonstruktion und experimentelles Konstruieren.<br />

N#<br />

Nachmann rechtsanwälte arbeiten mit Joachim Jürke in<br />

rechtsangelegenheiten und bei Projektentwicklungen zusammen.<br />

Joachim Jürke hat die Büroräume von Nachmann rechtsanwälte<br />

gestaltet.


NACHHALTIGKEIT<br />

Seite 36<br />

Gespräch mit Dipl.-Ing. Hans M. Jappsen,<br />

Gesellschafter und Gründer der Jappsen Ingenieure Oberwesel GmbH<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

die beste aufzugsplanung<br />

in deutschland<br />

machen jappsen<br />

wer dahinter eine attacke fernöstlicher<br />

wettbewerber aus dem reich der aufgehenden<br />

sonne gegen deutsche ingenieurskunst<br />

vermutet, liegt falsch. gemeint sind die durch<br />

und durch einheimischen ingenieure von<br />

jappsen ingenieure, die im bilderbuch-idyllischen<br />

rheinstädtchen oberwesel unweit der<br />

loreley aufzüge für bauwerke planen, die bis<br />

370 meter in die höhe reichen. oder anders<br />

ausgedrückt: wer in frankfurts bankenwelt<br />

in den 25. stock zu seinem büro gehievt wird,<br />

erreicht seinen arbeitsplatz mit aufzügen,<br />

die jappsen ingenieure geplant haben. und<br />

das ist kein wunder, denn hans m. jappsen –<br />

der chef dieser handverlesenen aufzugspezialisten<br />

– ist der doyen der aufzugsplanung in<br />

deutschland.<br />

er hat uns einen kleinen einblick in<br />

seine arbeit gewährt. deshalb will ich auch<br />

gleich von ihm wissen, was die arbeit seines<br />

ingenieurbüros von der arbeit anderer<br />

ingenieurbüros unterscheidet? seine antwort<br />

ist ebenso bescheiden wie einfach: ” erfahrung,<br />

erfahrung, erfahrung. ich habe vor<br />

vielen jahren angefangen als aufzugverkäufer.<br />

und als verkäufer will man ja an erster<br />

stelle verkaufen. deshalb hatte ich damals<br />

für architekten und bauherren, denen ich<br />

meine aufzüge verkaufen wollte, die bedarfsermittlung<br />

an aufzügen für die von ihnen<br />

geplanten häuser einfach abgenommen und<br />

selbst gemacht, bis ich mir dachte, wenn ich<br />

das als unabhängiger berater mache, kann<br />

ich flexiblere und glaubwürdigere lösungen<br />

entwickeln, bei denen die bauherren nicht<br />

vermuten ich wolle nur so viel wie möglich<br />

an aufzügen verkaufen. und so habe ich<br />

mich 1972 selbständig gemacht. damals war<br />

ich der erste, der solche planungen auf dem<br />

deutschen markt angeboten hat – und das war<br />

zum anfang gar nicht so einfach. doch dann<br />

bekam ich den auftrag für das dresdner-bankhochhaus<br />

in frankfurt, heute silvertower<br />

genannt. tja, und dann sprach sich das rum,<br />

was und wie ich das mache“. inzwischen ist<br />

”<br />

er die nummer eins in deutschland. was ihn<br />

nicht davon abhält auch in der hauptstadt des<br />

united kingdom vertreten zu sein mit the<br />

”<br />

pinnacle“, einem 288 m hohen hochhaus –<br />

dem nach fertigstellung höchsten der city,<br />

aus der feder der new yorker hochhauslegenden<br />

kpf.<br />

überhaupt ist die liste der architekten,<br />

mit denen er zusammenarbeitet, nicht<br />

nur lang, sondern auch schillernd. herzog &<br />

de meuron finden sich da ebenso wie gmp,<br />

hpp, helmut jahn, coop himmelblau, ingenhoven,<br />

ksp oder jean nouvel. mit lord<br />

norman foster haben jappsen ingenieure die<br />

Frankfurt/Main<br />

wohl bekanntesten aufzüge deutschlands<br />

geplant – die im berliner reichstag. und<br />

Bank<br />

meinen ganz persönlichen lieblingsaufzug<br />

hat er auch geplant – den im post tower in<br />

bonn. mit 5 m/s schießt man dort in einem Dresdner<br />

gläsernen aufzug durch ein völlig aus glas<br />

bestehendes hochhaus und kommt sich vor<br />

wie ein datenpaket, das durch die prozessor-<br />

Ingeneure,<br />

architektur eines hochleistungscomputers<br />

geschossen wird. in münchen haben wir für<br />

”<br />

die 126 m hohen highlight towers sogar auf-<br />

©Jappsen<br />

züge mit 6 m/s geplant.“ da muss man ganz<br />

schön schlucken, bis man oben ist. <strong>Foto</strong>:<br />

? apropos ” schlucken“, wie viel<br />

energie schluckt ein solches aufzugsystem<br />

eigentlich und wo kann man dabei – im<br />

sinne der nachhaltigkeit – sparen?<br />

! Nun, worum geht es technisch bei Aufzügen?<br />

Es geht um zwei Dinge: Erstens um eine<br />

Kabine – mit entsprechendem Gegengewicht –,<br />

die ich über eine bestimmte Höhe bewegen muss.<br />

Für diese Bewegungsleistung (potentielle und kinetische<br />

Energie) muss ich einem Motor Energie<br />

zuführen. Zweitens definiert der Wirkungsgrad<br />

von Aufzug und Motor die Effektivität dieses<br />

Transports. Deshalb geht es bei Aufzügen darum,<br />

die Reibung in den Schienen, in denen die<br />

Aufzüge laufen, möglichst gering zu halten – und<br />

den Wirkungsgrad der Motoren zu erhöhen. So<br />

weit so gut. Die moderne Forschung und Motorentwicklung<br />

baut inzwischen frequenzgeregelte<br />

Synchronmotoren, die fast sämtliche Elektroenergie<br />

umsetzen – ohne viel Wärme abzugeben<br />

– und die dann aus der Abwärtsbewegung sogar<br />

noch neue Energie hinzugewinnen. Das ist heute<br />

Stand der Technik. Damit bin ich im Sinne der<br />

Nachhaltigkeit schon mal auf einem guten Wege.<br />

So weit das Technische.


Doch was ist mit dem Planerischen?<br />

Dazu muss man grundsätzlich feststellen: Jeder<br />

Aufzug, den man beim Bau einsparen kann,<br />

spart Energie. Logisch. Deshalb muss der Bedarf<br />

an Aufzügen richtig geplant sein. In dieser<br />

Planung muss die Anzahl der zu befördernden<br />

Menschen berücksichtigt werden und das<br />

Zeitfenster, in dem sie befördert werden sollen.<br />

Gibt es da Stoßzeiten – zum Beispiel wie bei<br />

Hotels, wo die Geschäftsreisenden am Morgen<br />

alle zum Auschecken nach unten wollen – oder<br />

verteilt sich der Personentransport auf den<br />

ganzen Tag? Findet viel Zwischengeschoss-<br />

Verkehr statt oder geht es immer nur von<br />

unten nach oben und umgekehrt? Kann ich<br />

durch Personenlenkung die Menschen dazu<br />

bewegen, dass nicht jeder allein einen Aufzug<br />

nimmt, sondern immer mehrere zusammen?<br />

Und dann – ganz wichtig – wie kann ich den<br />

Stillstandsverbrauch minimieren. Noch bis vor<br />

kurzem war es zum Beispiel üblich, dass die<br />

Fahrkorbtüren von Motoren zugehalten wurden.<br />

Diese Motoren standen natürlich immer<br />

unter Strom. Das hat sich mittlerweile völlig<br />

geändert. Die Türen werden heute mechanisch<br />

zugehalten – was keinen Strom mehr kostet.<br />

Oder die Beleuchtungen der Anzeigetafeln: Die<br />

erfolgt heute mehr und mehr mit LED-Leuchten,<br />

die ganz, ganz wenig Strom verbrauchen.<br />

Oder die Computersteuerung der Aufzüge: Die<br />

kann man heute im Stillstandsbetrieb abschalten.<br />

Oder die Außensignalisierung: Die kann<br />

im Stillstandbetrieb komplett abgeschaltet<br />

werden – bis zu dem Zeitpunkt, wo der Aufzug<br />

wieder angefordert wird. Das gehört alles zum<br />

Thema Nachhaltigkeit. Wobei die Maßnahmen<br />

übrigens so weit gehen, dass bei Lastenaufzügen<br />

die Last in der Mitte der Kabine stehen<br />

sollte – um die Reibung in den Schienen zu<br />

minimieren. Und die Aufforderung dazu lässt<br />

sich mit einem einfachen Quadrat aus Farbe auf<br />

dem Kabinenboden markieren. So kann man<br />

auch mit einfachen Mitteln schon im Sinne der<br />

Nachhaltigkeit Erfolge erzielen.<br />

Zu diesem Thema hat sich also viel getan.<br />

Und all das bekommt man für jede Aufzuggröße.<br />

Man muss es nur sagen. Doch um es zu<br />

sagen, muss man es wissen. Womit unser Büro<br />

wieder ins Spiel kommt, weil hier nur Leute<br />

arbeiten, die früher selber Aufzüge verkauft<br />

oder gebaut haben und wissen, was Marketing-<br />

Geraschel ist und was die Aufzüge tatsächlich<br />

leisten können.<br />

? die in aufzügen beförderten<br />

personen sind ja keine ” ware“, sondern<br />

individuen mit eigenen ansprüchen und<br />

vorstellungen. haben die auch etwas von<br />

E 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20<br />

21 22 23 24 25 26 27 28 29 30<br />

der nachhaltigkeit? oder bleibt der psychologische<br />

faktor in der ingenieurswelt<br />

ganz außen vor?<br />

! Denken wir das Thema systematisch<br />

an. Was ist der für den Nutzer wichtigste Teil<br />

am Aufzug? Die Türen. Öffnen die sich zu<br />

langsam oder schließen sie zu lahm, steigt bei<br />

den Fahrgästen das Gefühl, nicht vorwärts zu<br />

kommen, und man ist geneigt, in die Auslegeware<br />

zu beißen – um es mit Loriot auszudrücken.<br />

Deshalb planen wir mittig aufgehende Türen,<br />

weil die einseitig öffnenden Teleskoptüren den<br />

doppelten Weg zurücklegen müssen und langsamer<br />

sind. Den Zeitverlust, der dadurch entsteht,<br />

können Sie durch eine höhere Geschwindigkeit<br />

auf dem Weg nach oben nicht mehr aufholen.<br />

Also: zügige, mittig öffnende Türen erhöhen die<br />

Akzeptanz bei den Benutzern, lassen die Aufzüge<br />

in kürzerer Zeit ihre Wege zurücklegen und<br />

verbrauchen auch weniger Energie. Die Schnelligkeit<br />

der Türen ist also etwas, was den Nutzer<br />

erfreut und der Nachhaltigkeit dient. Auch das<br />

Thema Express-Aufzüge gehört hierher. Wer in<br />

den oberen Etagen arbeitet, soll sich nicht erst<br />

durch die vielen darunter liegenden Stockwerke<br />

kämpfen müssen, sondern gleich zum Beispiel<br />

bis ins obere Drittel durchfahren können und<br />

dann dort zu seinem Stockwerk kommen. Also<br />

auch das nützt den Nutzern gleichermaßen wie<br />

der Nachhaltigkeit.<br />

? das leuchtet ein. hat sich das<br />

bewusstsein zum thema nachhaltigkeit in<br />

letzter zeit eigentlich verändert?<br />

! Ich denke, dass das auf der Ingenieursseite<br />

etwas mit der neuen VDI Richtlinie 4707<br />

zu tun hat, an der wir auch mitgearbeitet haben.<br />

Darin werden Aufzüge – wie Kühlschränke – in<br />

Energie-Effizienz-Klassen von A (sehr gut) bis<br />

G (besonders schlecht) unterteilt. Das hat dem<br />

Thema Nachhaltigkeit bei Aufzügen ganz klar<br />

einen Schub gegeben. Und die Herstellerfirmen<br />

haben gemerkt, dass Green Building ein Thema<br />

ist, an dem heute keiner mehr vorbeikommt.<br />

Nicht zuletzt, weil auch die Investoren erkannt<br />

haben, dass es da um viel Geld geht, das man<br />

sparen – und verdienen kann.<br />

? nun werden ja nicht nur in<br />

deutschland hochhäuser gebaut, sondern<br />

auch in den usa, im vorderen orient oder<br />

in china. wie unterscheiden sich diese<br />

kulturkreise voneinander?<br />

! Das hat weniger mit Kulturkreisen als<br />

mit Arbeitsbestimmungen und Bauordnungen<br />

zu tun. Schauen Sie, wir haben bei jedem Hochhaus<br />

einen Kern – darin laufen die Aufzüge und<br />

die Versorgungsleitungen von unten nach oben.<br />

Um den Kern herum läuft in jedem Stockwerk<br />

ein Flur und von da bis zur Außenhaut sind es<br />

in deutschen Landen fünf bis sechs Meter für<br />

Büroräume. Das bedeutet, dass wir circa 50 bis<br />

80 Arbeitsplätze pro Geschoss haben. Die Geschosse<br />

bei den Amerikanern haben aber eine<br />

Tiefe von 15 Metern ab Flur. Da können 200<br />

bis 250 Leute in jedem Geschoss arbeiten. Und<br />

woran liegt das? Weil bei uns jeder am Fenster<br />

sitzen muss. Das bedeutet aber auch, dass die<br />

Aufzüge bei uns viel öfter halten müssen, weil<br />

sie viel mehr für den Zwischengeschoss-Verkehr<br />

benutzt werden. Und das bedeutet höhere<br />

Anforderungen an Technik und Planung. Auf<br />

der anderen Seite sind wir dadurch aber auch<br />

im Vorteil, weil wir in Europa einfach besser<br />

sein müssen. Ein anderes Beispiel: China. Dort<br />

nimmt die Wahrnehmung zu, dass die am<br />

Reißbrett entworfenen Hochhäuser oftmals<br />

nicht funktionieren – zum Beispiel wegen einer<br />

Aufzugplanung, die nur an den Erstellungskosten<br />

orientiert ist.<br />

In Dubai ist es ähnlich. Da sind viele<br />

Hochhäuser ebenfalls ” under-elevated“. Ein Beispiel:<br />

Da gibt es Hochhäuser mit Appartements,<br />

wo die Bewohner vielleicht einen Monat im Jahr<br />

dort sind. Bei einer solchen Frequenz funktionieren<br />

die Aufzüge einwandfrei. Aber lassen<br />

Sie nicht die Bewohner öfter dort sein – oder<br />

gar immer dort wohnen! Dann kollabiert das<br />

System. Kurz und gut: Es fängt sowohl in China<br />

als auch im Orient an, dass sich ein gewisser<br />

Sinneswandel einstellt. Und deshalb werden<br />

diese Regionen allmählich für uns interessant.<br />

? lassen sie uns in die zukunft blicken,<br />

was glauben sie wird – nachdem das<br />

green building gut vorangekommen ist<br />

– als nächstes thema beim bauen angegangen<br />

werden?<br />

! Das ist für mich glasklar: der Lärm.<br />

Und da möchte ich den großen Mediziner und<br />

Bakteriologen Robert Koch zitieren: ” Eines Tages<br />

wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich<br />

bekämpfen müssen wie die Cholera und die<br />

Pest.“ Die Zeit ist aus meiner Sicht reif dafür.<br />

N#<br />

Jappsen Ingenieure sind Marktführer bei der Aufzugsplanung<br />

in Deutschland und deshalb der ideale Ansprechpartner<br />

in solchen Fragen für Nachmann rechtsanwälte.


? herr schmidt, wie sind sie zu indoorlandscaping<br />

gekommen?<br />

! Tja, das war ein biografischer Unfall.<br />

Dergestalt dass mich ein Frankfurter Gärtner auf<br />

die Neue Messe Leipzig mitgenommen hat und<br />

mir die Glasarchitektur von Gerkan, Marg und<br />

Partner (gmp Architekten, Hamburg) gezeigt hat.<br />

Auf der Rückfahrt habe ich ihm Löcher dazu in<br />

den Bauch gefragt. Tenor: Da muss es doch ein<br />

Büro in Deutschland geben, das sich mit der<br />

Schnittstelle zwischen Innenraumbegrünung, so<br />

hieß das damals noch, und Architektur auskennt.<br />

Aber der hat nur mit dem Kopf geschüttelt und<br />

gesagt: ” Nee, gibt es nicht!“ Tja, und da habe ich<br />

mir gedacht: Das Thema, Natur in den Innenraum<br />

zu bringen, ist ja hochkomplex, hat viele Schnittstellen,<br />

viele Gewerke, und viel Kommunikation.<br />

Das ist doch genau das Richtige für mich.<br />

? das legt die frage nahe, ob der begriff<br />

” indoorlandscaping“ von ihnen erfunden<br />

wurde.<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

Seite 40<br />

Interview mit Andreas Schmidt,<br />

Geschäftsführer der Indoorlandscaping KG<br />

indoorlandscaping<br />

! Ja, weil der Ausdruck ” Innenraumbegrünung“<br />

nicht nur für Architekten ziemlich unsexy<br />

klingt. Andererseits will ich ja auch keine ” flowerpot<br />

strategy“ verfolgen, sondern Landschaft<br />

ins Gebäude ziehen. Ich will wie in einer Allee<br />

unter Bäumen wandeln, durch deren Blattwerk<br />

sich das Licht bricht und schöne Licht- und<br />

Schattenspiele auf den Boden wirft. Und zwar in<br />

Räumen. Diese Vision schwingt bei ” indoorlandscaping“<br />

mit.<br />

? ich habe gelesen, dass sie<br />

toxikologie und chemie studiert haben.<br />

! Ja, das stimmt. Ich habe das damals ganz<br />

spannend gefunden – als Sozialisierung.<br />

? hängt ihr jetziger beruf und ihr<br />

studium irgendwie zusammen?<br />

! Toxikologisch eher nicht, aber das<br />

vernetzte Denken des Chemikers kommt mir<br />

natürlich sehr zugute. <strong>Foto</strong>s: Visualisierung (c) indoorlandscaping


GrüneWand® 2005<br />

Boardroom HVB HQ, München<br />

Canali + Botti, Parma<br />

mit Susanne Burger, München<br />

? ich denke dabei eher daran, dass<br />

pflanzen in räumen ja etwas gesundes sind<br />

und vielleicht aus der sicht der chemie da<br />

besonderes leisten?<br />

! Ja, das tun sie natürlich. Aber die Anwesenheit<br />

von Pflanzen im Raum ist ja mehr als<br />

Photosynthese, Sauerstoffproduktion und CO 2 -<br />

Abbau. Deshalb versuche ich die Wirkung von<br />

Pflanzen im Raum eher in Fühlen und Erleben<br />

auszudrücken, als es mit chemischen Formeln zu<br />

analysieren.<br />

Trotzdem müssen natürlich einige biophysikalische<br />

Zusammenhänge berücksichtigt<br />

werden. Sprich, wir haben einen Innenraum,<br />

in dem es 1000 Lux sind, während es an einem<br />

typisch deutschen Tag mit 8/8-Bewölkung 10<br />

000 Lux hat. Das heißt, ich kann im Raum nur<br />

Pflanzen einsetzen, die mit diesen reduzierten<br />

Lichtbedingungen klarkommen. Außerdem gibt<br />

es im Innenraum keine Jahreszeiten, weil wir immer<br />

eine gleichmäßige Temperatur haben – plus<br />

minus zwei Grad. Das heißt aber nichts anderes,<br />

als dass nur tropische und subtropische Pflanzen<br />

in Frage kommen.<br />

<strong>Foto</strong>s: (c) Christian richters, Münster (arturimages)<br />

Das hat natürlich das Thema ” Grün im<br />

Innenraum“ lange Jahre stark eingeschränkt.<br />

Beim klassischen Innenraumbewuchs passierte<br />

früher viel mit dem Ficus ...<br />

? ... aber den kann doch kein mensch<br />

mehr sehen!<br />

! Ein anderes Beispiel für klassische Zimmerpflanzen,<br />

die die meisten als Solitär sicherlich<br />

ganz langweilig finden, die aber im richtigen<br />

innenarchitektonischen Konzept sehr witzig<br />

sein können, ist der Kastanienwein (botanisch:<br />

Tetrastigma). Das ist ja eine Kletterpflanze, die<br />

ich schon in so mancher Studentenbude gesehen<br />

habe – wo sie über Semester hin vor sich hin<br />

wucherte. Aber in so einem Arrangement wie<br />

in der Salvatorpassage der Fünf Höfe, wo sie<br />

vorkultiviert eingesetzt wurde, wirkt sie ziemlich<br />

klasse.<br />

Damit das klappen konnte, mussten wir<br />

für sie die Natur – im wahren Sinn des Wortes<br />

– auf den Kopf stellen. Die natürliche Strategie<br />

einer Kletterpflanze ist ja, am feuchten Boden<br />

Triebe zu bilden, um oben ans Licht zu kommen<br />

und sich über die Photosynthese ” Lichtnahrung“<br />

zu verschaffen. In den Hängenden Gärten wurde<br />

das Prinzip jedoch technisch umgekehrt: Der<br />

vorkultivierte Kastanienwein mit einer Länge<br />

von acht bis zehn Metern wächst hier nach<br />

unten. Dazu geben wir mit der Beleuchtung computergesteuert<br />

ganz früh morgens den Pflanzen<br />

einen Weckimpuls. Das sind viele Lux, die vor<br />

dem wirklichen Sonnenaufgang der Pflanze das<br />

Signal geben, ” unten spielt die Musik“ – und so<br />

wachsen sie in diese Richtung. Aber die Pflanzen<br />

haben ihre Wurzeln natürlich – wie Sie richtig<br />

sagen – weiterhin in den Töpfen oben, wo auch<br />

das natürliche Licht hinkommt.<br />

? wie kommen sie auf solche<br />

lösungen?<br />

! Dieser Lösungsprozess wurde gemeinsam<br />

mit einem Gartenbauingenieur erarbeitet,<br />

der schon 25 Jahre im Beruf ist. Er heißt<br />

Bernhard Häring, lebt in Niederbayern und ist in<br />

Europa der führende Kopf in Fragen der Bewässerungstechnik<br />

für solche Projekte.<br />

Bei diesem Projekt wurde keine große<br />

Designleistung erwartet, weil die Architekten<br />

Herzog & de Meuron aus Basel die Hülle und die<br />

Idee schon vorgegeben hatten.<br />

In jedem der fünf Höfe sind ja unterschiedliche<br />

art pieces untergebracht, wie zum<br />

Beispiel die große Kugel von Olafur Eliasson<br />

oder eben die 90 Meter langen Hängenden<br />

Gärten in der Salvatorpassage. Mein Partner<br />

Bernhard Häring hat das Engineering und in<br />

diesem speziellen Fall sogar die komplette Ausführung<br />

übernommen. Eigentlich gibt es immer<br />

zwei Ansatzmöglichkeiten bei unserer Arbeit:<br />

Entweder man kommt mit einer Idee für einen<br />

bestimmten Pflanzeneinsatz zu uns – und wir sagen<br />

dann geht“ oder geht nicht“ oder geht nur<br />

” ” ”<br />

so und so“. Oder man kommt mit einer architektonischen<br />

Hülle zu uns (wie die US-Architekten<br />

Perkins+Will beim Bank of America Tower) und<br />

sagt: Da soll Grün rein!“ Dann suchen wir dafür<br />

”<br />

eine Lösung und stimmen die mit den Architekten<br />

ab. An dieser Stelle wäre doch noch eine<br />

dritte bzw. vierte Möglichkeit erwähnenswert:<br />

Der Architekt sitzt mit uns früh am Tisch und<br />

unsere Gedanken beeinflussen seine Architektur.<br />

” Form follows green strategy.“ Oder wir haben<br />

die top Grün-Strategie in petto und sagen zum<br />

Architekten: Da muss Raum drum.“<br />

”<br />

Mittlerweile habe ich ein Team von zwölf<br />

Menschen aufgebaut – mit Mitarbeitern in Mexico<br />

City und Los Angeles. Das ist das Resultat aus<br />

zehn Jahren Netzwerkarbeit. Seit Januar 2009<br />

bin ich in einem neuen Büro in der Mayer’schen<br />

Hofkunstanstalt in München dabei, aus dem<br />

weltweiten Netzwerk ein Back-Office werden<br />

zu lassen: Eine Art Schaltzentrale - made in<br />

”<br />

Germany“. Dieses deutsche Know-how und Engineering<br />

sind weltweit hoch im Kurs und werden<br />

in der Fachwelt sehr geschätzt. Mein Team ist<br />

multidisziplinär zusammengestellt – vom 25-jährigen<br />

Kommunikationsdesigner Bensch Lüdiger<br />

über den oben erwähnten erfahrenen Gartenbauingenieur<br />

bis zum Münchner Lighting Designer<br />

MA Philipp Stegmüller.<br />

Gerade Philipp ist aus meiner Sicht sehr<br />

erhellend, weil er sehr engagiert und kenntnisreich<br />

auf dem Feld der Licht-Atmosphäre ist.<br />

Bei unserem 2007er Projekt für die Bank<br />

of America hat er eine sehr feine Lichtstudie<br />

entwickelt, um die Kletterpflanzen im Raum<br />

richtig aufleben“ zu lassen und zu inszenieren:<br />

”<br />

Pflanzenphysiologisch optimiert und visuell mit<br />

moderner LED-Technik gepaart.<br />

? sind sie ein mauern-<br />

einreißer?<br />

! Eher ein ” Perforierer“. Wenn Sie<br />

mal an Architekten denken wie Mies van<br />

der Rohe oder Richard Neutra, sehen Sie<br />

bei deren Arbeiten die Übergänge von<br />

außen und innen ja auch nicht – weil<br />

die Außenmauern mit Fensterfronten<br />

aufgelöst sind. Wir versuchen dagegen<br />

mit unserem gigantischen pflanzenphysiologischen<br />

und botanischen Know-how<br />

die Natur konsequent im Innenraum


weiterzuführen – quasi durch die Mauern<br />

hindurch. Natürlich gibt es dabei – wenn<br />

man genau hinschaut – immer einen<br />

Bruch, einen Wechsel von dem europäischen<br />

Bewuchs außen zu den tropischen<br />

Pflanzen im Innern. Zumindest in Europa.<br />

Unsere Baustellen in Los Angeles und<br />

Mexico City haben den Vorteil, dass wir<br />

die Pflanzenwelt oftmals von außen nach<br />

innen auch durchziehen können. In Europa<br />

nehmen wir den Outdoor-Habitus und<br />

die Textur gestalterisch auf und suchen<br />

botanisch gedacht die stimmige Indoor-<br />

Pflanzenalternative<br />

? wenn ich mir jetzt eine von ihnen<br />

entwickelte pflanzenwand anschaue, die<br />

sogenannte grüne wand®, welche pflanzen<br />

sind darin enthalten? moose?<br />

! Moose wären schön, aber da sind wir<br />

noch in der frühen Entwicklungsphase. Wir<br />

arbeiten zur Zeit mit einem Professor von der<br />

Uni Bonn an diesem Thema, weil er der Moose-<br />

Spezialist in Deutschland schlechthin ist. Das<br />

Problem ist nämlich, dass Moose eine hohe<br />

Luftfeuchte von 60 Prozent brauchen. Das wirft<br />

einige Fragen im Innenbereich auf, zum Beispiel<br />

wenn der Architekt für den Raum Parkettböden<br />

geplant hat. Hingegen liegen wir mit unseren<br />

subtropischen Pflanzen bei Holzfußböden ganz<br />

gut im Rennen.<br />

? und was hat es mit der grünen<br />

wand® nun auf sich?<br />

! Die besteht aus einzelnen Paneelen<br />

von 40 x 60 cm. Diese Platten werden<br />

in Münster in Gewächshäusern vorkultiviert.<br />

Die fertig kultivierten Platten kommen<br />

dann an die Baustelle und werden<br />

dort auf spezielle Unterkonstruktionen<br />

aufmontiert und an die Wassertechnik<br />

angeschlossen.<br />

? aber vertikal?<br />

! Ja genau: Sie werden horizontal kultiviert<br />

und vertikal installiert. Es gibt nämlich<br />

Pflanzen, die diese Veränderung der Licht- und<br />

Gravitationssituation ” verstehen“ und sich<br />

darauf einstellen können. Welche Pflanzen das<br />

können, haben wir in den letzten Jahren über<br />

trial and error herausgefunden. Derzeit werden<br />

in Münster übrigens weitere neue Pflanzen für<br />

den Vertikalbewuchs getestet.<br />

Die Münchner unter Ihren Lesern können<br />

sich eine solche Grüne Wand® übrigens im Re-<br />

staurant Qivasou auf der Karlstraße 27 (gegenüber<br />

der Kirche St. Bonifaz) einmal anschauen.<br />

Michael Schottenhamel, der Besitzer, wollte<br />

über die grüne Struktur hinaus einige rotlaubige<br />

Pflanzen, ein paar Farne und die eine oder andere<br />

Orchidee in seiner Grünen Wand® sehen. Was<br />

wir für ihn natürlich auch gemacht haben.<br />

So will er das Thema seines Restaurants,<br />

” fresh steamed food“, als räumliche Atmosphäre<br />

erlebbar machen und damit das kulinarische<br />

Erleben auf den Tellern optisch ergänzen.<br />

? wie werden solche vertikalen<br />

pflanzenplatten eigentlich bewässert? alles,<br />

was man oben reinschüttet, läuft doch<br />

unten wieder raus?<br />

! Ja, genau. Zuallererst mussten wir uns<br />

aber Gedanken machen, wie diese Platten am<br />

längsten halten können. Wir haben also einen<br />

Weg gefunden, die Pflanzenflächen auf anorganischen<br />

Strukturen zu kultivieren, die nicht wie<br />

zum Beispiel Hydrokulturen verkeimen. Hydrokulturen<br />

und alles, was Keimen eine Heimat<br />

bietet, darf ja zum Beispiel in Krankenhäusern<br />

nicht verwendet werden. Unser System ist<br />

dagegen hygienezertifiziert und darf in Kliniken<br />

eingesetzt werden. Das Zweite war die Frage<br />

der Bewässerung. Die haben wir inzwischen so<br />

weit entwickelt, dass es nach dem Motto plug<br />

”<br />

and play“ funktioniert. Deshalb ist meine Frage<br />

bei jedem neuen Projekt auch zu allererst: Wo<br />

ist der Wasserzu-, wo der -ablauf und wo ist die<br />

Steckdose? Wenn das geklärt ist, wird einem<br />

separaten Vorratsbecken über der Pflanzenfläche<br />

Frischwasser zugeführt, aus dem die Pflanzen<br />

über Absorption so viel Wasser aufnehmen, wie<br />

sie brauchen. Das Wasser, das nicht über das<br />

Substrat oder die Pflanzenoberfläche verdunstet,<br />

wird unten wieder aufgefangen und dem Vorratsbehälter<br />

wieder zugeführt.<br />

Der entscheidende Effekt bei dieser<br />

” Grünfläche“ ist, dass wir ein genau berechen-<br />

und messbares Verdunstungsvolumen haben,<br />

das aus 98 Prozent Luft und somit einer großen<br />

Oberfläche für die passive Kaltverdunstung“<br />

”<br />

– so heißt das natürliche physikalische Prinzip<br />

– besteht. Damit können wir mit Hilfe einer<br />

Steuereinheit, die Luftfeuchtigkeit im Raum regeln.<br />

Wenn ich die zum Beispiel von 25 Prozent<br />

auf 45 Prozent erhöhe, hat das im Winter den<br />

Vorteil eines höheren Energietransportes und im<br />

Sommer profitiert man von der adiabatischen<br />

Kühlleistung. Dabei geht es mir nicht so sehr um<br />

potentielle Energieeinsparungen, sondern um<br />

das Wohlfühlen. Architektur soll ja immer auch<br />

ein Raum sein, in dem Menschen sich wohlfühlen.<br />

Aus meiner Sicht zumindest. Schließlich Hängende Gärten 2002, Fünf Höfe, München, Herzog & de Meuron, Basel<br />

<strong>Foto</strong>s: (c) Hartmut Nägele, Düsseldorf


verbringen die meisten Menschen 8 bis 10 Stunden<br />

pro Tag in einer solchen Hülle. Und darum<br />

geht es mir primär: um Raumgestaltung und um<br />

Naturphänomene im Raum – zum Wohle der<br />

Menschen und Tiere, die darin leben. Wir koppeln<br />

gerade in einem Projekt das System Grüne Wand®<br />

mit einem Aquarium – ein biologischer Nährstoffkreislauf<br />

und die Ausweitung der natürlichen<br />

Wohlfühlstrategien auf die Tierwelt.<br />

? trotzdem werden sie aber sicherlich<br />

von den bauherren nach anderen dingen<br />

gefragt – wie zum beispiel kosteneinsparnis<br />

oder einer speziellen corporate identity?<br />

! Solche Bälle nehme ich natürlich zuerst<br />

einmal auf, entwickle eine Konzeption dafür und<br />

gebe ihnen das Wohlfühlen sozusagen obendrauf.<br />

Bislang hat sich noch keiner darüber beschwert.<br />

? was ist jetzt eigentlich ihre rolle<br />

ganz konkret bei dem ganzen prozess?<br />

! Ein amerikanischer Architekt hat zu mir<br />

einmal gesagt: ” Indoorlandscaping ist ein think<br />

tank, der an ein Projekt andockt, und Du schaffst<br />

es, genau die Menschen hinein zu bringen, die<br />

dieses Projekt-Grün bespielen.“ Ich finde das eine<br />

ganz gute Beschreibung.<br />

? bei so einer grünen wand® ist es<br />

ja sicherlich nicht mit der anschaffung<br />

und installation getan. wer ist für die<br />

maintainance zuständig?<br />

! Also prinzipiell sind wir ja ein Consultant-<br />

und Planungsbüro. Wir entwickeln<br />

also Konzepte. Deshalb haben wir dementsprechend<br />

erst einmal nichts mit der Ausführung<br />

zu tun.<br />

Für die Grüne Wand® haben wir jedoch<br />

seit 2006 eine Distribution aufgebaut, die<br />

ein Komplettpaket anbietet – von der Planung<br />

über die Belichtung bis zur Bewässerungstechnik<br />

ist darin alles enthalten.<br />

Die Bewässerungstechnik kann inzwischen<br />

sogar funkferngewartet werden. Es kann<br />

also abgerufen werden, wie viel Wasser heute<br />

verbraucht wurde, ob alle Pumpen einwandfrei<br />

arbeiten et cetera. Wir können das Ganze via<br />

Funk sogar ” re-seten“ oder ” re-booten“, ehe ein<br />

Techniker dorthin rausfahren muss.<br />

Außerdem ist in dem Paket ein halbes<br />

Jahr ” Anwachsgarantie“ drin, weil die Fertigstellungspflege<br />

immer ein Bestandteil des<br />

Auftrags ist – und auch sein muss. Schließlich<br />

soll das angelieferte Grün grün bleiben und<br />

nicht braun werden.<br />

? und was ist, wenn einmal was<br />

ist? vielleicht ein schädlingsbefall ” ins<br />

haus“ steht?<br />

! Da habe ich nach nunmehr zehn<br />

Jahren die Namen von gut 1000 Spezialisten<br />

in meinem Notizbuch, mit deren Hilfe ich<br />

– egal wo – die richtigen Fachkräfte habe<br />

für das auftretende Problem, konkret, die<br />

richtige biologische Maßnahme respektive<br />

grüne Konzepte und Ideen aller Art,<br />

realisieren kann. Weltweit. Und daneben<br />

habe ich eine ” Schublade“ mit Architekten.<br />

Und diese beiden Schubladen heißt es dann<br />

zu kombinieren: Architekt A aus B hat eine<br />

Frage und ich finde für ihn Gärtner Z aus<br />

Y, der diese Frage beantworten und dessen<br />

Lösung realisieren kann. Genau das ist<br />

mein Kapital.<br />

? sie sind also nicht nur wändeperforierer,<br />

kommunikator und grünerfinder,<br />

sie sind auch problemlöser?<br />

! Die ursprüngliche Idee von indoorlandscaping<br />

war ja, ein Kommunikationstool zu sein zwischen<br />

Architekten und Gärtnern, weil die beiden<br />

eine unterschiedliche Sprache sprechen und sich<br />

direkt miteinander nicht verständigen können. Und<br />

daraus hat sich im Laufe der zehn Jahre eben diese<br />

sehr feinstrukturierte Datenbank entwickelt.<br />

? und was kostet nun ein quadratmeter<br />

grüne wand®?<br />

! Das ist so, als würden Sie einen Quadratmeter<br />

BMW kaufen wollen. Da will der Händler natürlich<br />

zuerst wissen: ein Quadratmeter 1er BMW<br />

oder 7er BMW? Oder anders ausgedrückt: Wenn<br />

Sie eine Grüne Wand® von 8 Quadratmeter haben<br />

wollen, stellt sich eben die Frage 1 x 8 m – also 8<br />

qm übereinander aufgebaut – oder 8 x 1m– der<br />

Länge nach. Die Kosten sind jeweils unterschiedlich,<br />

weil die Statik und die Bewässerungstechnik<br />

ganz anders sein muss. Kurzum, das ist ein Madeto-Measure-Business,<br />

bei dem man erst die genauen<br />

Daten kennen muss, ehe man einen Kostenvoranschlag<br />

machen kann. Kennen wir diese, können wir<br />

die Kosten à-la-minute ausrechnen.<br />

München<br />

? ist die grüne wand®, die ja<br />

schon so was archaisch dschungelhaftes<br />

hat, auch schon mal für<br />

rosenberg,<br />

privatwohnungen installiert worden?<br />

! Anfragen gab es dafür schon mehrere –<br />

Simone (c)<br />

inklusive einer 16 Meter langen Wand für eine<br />

große Yacht – aber letztendlich hat es doch noch <strong>Foto</strong>:<br />

keiner realisiert. Ich nehme an, dass es nicht so<br />

sehr eine Frage des Geldes war als vielmehr die<br />

regelmäßige Abhängigkeit des privaten Raumes<br />

von externen Wassertechnikern.<br />

? ist das ein luxusprodukt, was sie<br />

da vertreiben?<br />

! Die Grüne Wand® würde ich mit der<br />

hochwertigen Materialität (Edelstahl) und der<br />

ganzen Technik – Funkfernüberwachung et<br />

cetera – zum jetzigen Zeitpunkt schon als ein<br />

Luxusprodukt ansehen, das aufgrund seiner Distribution<br />

eher die iPhone-Generation anspricht.<br />

Die Designleistung von indoorlandscaping<br />

dagegen ist eine Planungsleistung, die sich<br />

in Deutschland nach der HOAI, der Honorarordnung<br />

für Architekten und Landschaftsarchitekten,<br />

regelt.<br />

? nun leben wir ja in einer zeit, die<br />

wirtschaftlich enger werden soll. ist das<br />

für ihren beruf eher negativ oder betrifft<br />

sie das gar nicht?<br />

! Eher nicht. Zwar sind einige geplante<br />

US-Projekte im letzten Jahr ins Stocken geraten:<br />

Walt Disney in L.A. und das Coast Guard HQ<br />

in Washington DC haben ihre Planungen erst<br />

einmal mit dem Argument auf Eis gelegt, dass<br />

sie unter George W. Bush das Ganze nicht weiter<br />

voranbringen wollten.<br />

Das sieht seit Obamas Amtsantritt<br />

jetzt ganz anders aus. Die Projekte, die ich mit<br />

Perkins+Will am Laufen habe, bekommen durch<br />

Obama neuen Aufwind.<br />

Perkins+Will, ein traditionsreiches Architekturbüro<br />

gegründet 1935 in Chicago, hat nämlich<br />

sehr viel Schulbauten gemacht. Und weil<br />

Obama mit dem Anspruch angetreten ist, viel für<br />

das Schulsystem und öffentliche Bauten zu tun,<br />

ergeben sich da jetzt einige gute neue Chancen.<br />

Davon profitiere ich natürlich gern.<br />

? wenn jetzt eine fee käme, und ihnen<br />

die bekannten drei freien wünsche für<br />

ihre berufliche laufbahn offerieren würde,<br />

was würden sie ihr antworten?<br />

! Ich würde sagen: ” Liebe Fee, Du kommst<br />

zehn Jahre zu spät. Ich begegne in meinem Job<br />

super interessanten Menschen, baue mit denen<br />

Netzwerkstrukturen auf, arbeite im Bereich<br />

der social responsibilty und mit meinen drei<br />

Kindern kann ich dabei auch sehr oft zusammen<br />

sein. Weißt Du was, liebe Fee, am besten gehst<br />

Du zu einem anderen!“<br />

N#<br />

Nachmann rechtsanwälte beraten die<br />

Indoorlandscaping KG in rechtlichen Angelegenheiten.<br />

GrüneWand® 2008<br />

Qivasou, München


INVESTITIONEN IN rUSSLAND<br />

Seite 48<br />

Vor den Bau eines Hauses haben die Götter den Erwerb eines Grundstückes gesetzt.<br />

Allerdings nicht überall. In russland geht es auch anders.<br />

Ob und inwieweit das ratsam ist, auf was man achten muss und wo die Unterschiede liegen,<br />

erklären Juristin Olesya Wienold, LL.M. und Jurist Matthias Farian,<br />

der über russisches Grundstücksrecht promoviert.<br />

Nachmann rechtsanwälte<br />

worauf man<br />

beim thema<br />

” grundstück“<br />

in russland<br />

achten sollte<br />

i. grundstücksnutzung in russland<br />

Vor Durchführung eines Bauvorhabens durch einen<br />

ausländischen Investor sind<br />

- einerseits die bestehende Rechtslage am<br />

Grundstück,<br />

- andererseits die Möglichkeiten des<br />

Rechtserwerbs an diesem Grundstück<br />

durch den Investor zu klären.<br />

einführung<br />

Das russische Immobilienrecht ist durch die Besonderheit<br />

gekennzeichnet, dass Grundstückseigentum<br />

und Gebäudeeigentum verschiedenen Rechtssubjekten<br />

zugeordnet werden können. Im Gegensatz zum deutschen<br />

Recht besteht damit kein Einheitlichkeitsprinzip<br />

im Bezug auf den Inhaber des Eigentumsrechts an<br />

Grundstück und Gebäude. 1<br />

Ein ausländischer Investor kann das Grundstück, auf<br />

dem er sein Bauvorhaben realisieren möchte, als Eigentum<br />

erwerben, muss dies aber nicht. Es ist im russischen<br />

Recht möglich und zulässig, ein Grundstück zu<br />

bebauen, ohne eine dem deutschen Recht vergleichbare<br />

Eigentumsposition am Grundstück inne zu haben. 2<br />

Wird das Grundstück vor Baubeginn nicht gekauft<br />

und das Gebäude somit auf einem fremden Grundstück<br />

errichtet, so erwirbt der Bauherr nur Eigentum<br />

an diesem Gebäude. Er wird nicht Eigentümer des<br />

Grundstücks und der Grundstückseigentümer erwirbt<br />

seinerseits kein Eigentum am errichteten Gebäude.<br />

Es taucht daher auch immer wieder in der Beratungspraxis<br />

die Frage auf, auf welcher rechtlichen Grundlage<br />

ein Investor ein Nutzungsrecht am zugrunde liegenden<br />

Grundstück erhalten kann.<br />

Die Aktualität und Brisanz dieser Frage ist dadurch<br />

begründet, dass ausländische Investoren zwar<br />

Grundstückseigentum in Russland erwerben können,<br />

in der Praxis jedoch häufig daran gehindert werden.<br />

Besonders in den Wirtschaftszentren Moskau und St.<br />

Petersburg, in denen sich große Teile des Grund und<br />

Bodens noch in öffentlicher Hand befinden, gestaltet<br />

sich der Eigentumserwerb an Grundstücken schwierig.<br />

Die rechtliche Ausgestaltung der Grundstücksnutzung<br />

muss somit auf andere Art und Weise als durch Eigentumserwerb<br />

erfolgen.<br />

Das russische Recht kennt hierfür verschiedene<br />

schuldrechtliche und dingliche Nutzungsrechte an<br />

einem fremden Grundstück:<br />

- Das Recht der ständigen (unbefristeten) Nutzung<br />

- Das Recht auf lebenslangen Erbgrundbesitz<br />

- Das Recht auf unentgeltliche befristete Grundstücksnutzung<br />

3<br />

- Die Grunddienstbarkeit<br />

- Die Pacht<br />

1. recht der ständigen (unbefristeten)<br />

nutzung und recht auf lebenslangen<br />

erbgrundbesitz<br />

Als Besonderheit des russischen Grundstücksrechts<br />

bestehen zwei dingliche Rechtsinstitute, das Recht der<br />

ständigen (unbefristeten) Nutzung 4 und das Recht auf<br />

lebenslänglichen Erbgrundbesitz. 5<br />

Diese Rechte stammen aus der Sowjetzeit, in der<br />

Privateigentum an Grund und Boden ausgeschlossen,<br />

Privateigentum an Gebäuden jedoch zugelassen war.<br />

Für die Ausgestaltung der Grundstücksbeziehung<br />

bestand daher der Bedarf einer rechtlichen Regelung.<br />

Als Ersatz für das Eigentumsrecht wurde den Gebäudeeigentümern<br />

daher eines dieser Nutzungsrechte<br />

eingeräumt, welche deshalb auch als Eigentumssubstitute<br />

bezeichnet werden können. Sie sind in der Praxis<br />

bis heute weit verbreitet und entsprechen in einigen<br />

Punkten dem im deutschen Recht bekannten Erbbaurecht.<br />

In der geltenden russischen Gesetzgebung sind<br />

die beiden Rechte nach wie vor geregelt, werden jedoch<br />

zunehmend eingeschränkt.<br />

a. ständiges (unbefristetes)<br />

nutzungsrecht<br />

Das Recht der ständigen (unbefristeten) Nutzung<br />

gewährt dem Rechtsinhaber ein umfassendes Besitz-<br />

und Nutzungsrecht.<br />

Die Einräumung dieses Nutzungsrechts ist derzeit<br />

jedoch nur noch an einige russische juristische<br />

Personen und Einrichtungen vorgesehen, deren Organisationsform<br />

öffentlich-rechtlicher Natur ist. An<br />

natürliche und juristische Personen des Privatrechts<br />

hingegen ist die Vergabe dieses Rechts seit einigen<br />

Jahren nicht mehr vorgesehen. Viele natürliche und<br />

juristische Personen des Privatrechts sind aber noch<br />

Inhaber dieses Rechts, welches grundsätzlich Bestandsschutz<br />

genießt. Inhaber dieses Rechts müssen<br />

ihre Rechtsposition in ein Pachtrecht umwandeln<br />

oder das Grundstück zu Eigentum erwerben. Ausschließlich<br />

für juristische Personen ist zu diesem<br />

Zweck eine Frist vorgesehen. Die Umwandlung hat<br />

bis zum 1. Januar 2010 zu erfolgen. 6 Bisher ungeklärt<br />

ist das Verhältnis der gesetzlichen Regelungen<br />

zum Bestandsschutz einerseits und der Umwandlungspflicht<br />

andererseits.<br />

Eine Verfügung über das Grundstück durch den<br />

Inhaber des ständigen (unbefristeten) Nutzungsrechts<br />

ist nicht gestattet, womit jede Übertragung<br />

auf einen Dritten, die Belastung mit einem Recht,<br />

deren Aufhebung oder sonstige Inhaltsänderungen<br />

grundsätzlich nicht möglich ist.<br />

Vor allem zählt ein ausländischer Investor nicht<br />

zum Kreise möglicher Rechtssubjekte, die als<br />

Inhaber eines ständigen (unbefristeten) Nutzungsrechts<br />

in Frage kommen. Er kann dieses Recht<br />

daher nicht erwerben 7 und somit scheidet es als<br />

Nutzungsgrundlage für das Grundstück seines<br />

Bauvorhabens aus.<br />

b. erbgrundbesitz auf lebenszeit<br />

Auch das Recht auf lebenslangen Erbgrundbesitz gewährt<br />

ein umfassendes Besitz- und Nutzungsrecht<br />

an einem fremden Grundstück.<br />

Der Erbgrundbesitz auf Lebenszeit, der ursprünglich<br />

nur für natürliche Personen vorgesehen war,<br />

wird nicht mehr vergeben. Ein Erwerb des Rechts<br />

ist nur im Wege des Erbgangs möglich. Auch dieses<br />

Recht unterliegt der Umwandlung im oben dargestellten<br />

Sinne, für die jedoch keine Frist vorgesehen<br />

ist. Inhaber dieses Rechts können gleichfalls über<br />

das Grundstück nicht verfügen und es daher weder<br />

übertragen, belasten etc.<br />

Ein Erwerb dieses Nutzungsrechts durch einen<br />

ausländischen Investor ist somit nicht möglich.<br />

Als Nutzungsgrundlage für die Realisierung eines<br />

Bauvorhabens auf einem fremden Grundstück<br />

kommt dieses Rechtsinstitut daher ebenfalls nicht<br />

in Betracht.


<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />

2. grunddienstbarkeit<br />

Als weiteres dingliches Nutzungsrecht kennt das<br />

russische Recht die Grunddienstbarkeit 8 . Sofern es<br />

für die Nutzung eines Grundstücks erforderlich ist,<br />

kann eine Grunddienstbarkeit, etwa in Form eines<br />

Wege- bzw. Überfahrtsrechts, an einem benachbarten<br />

Grundstück bestellt werden. Die Grunddienstbarkeit<br />

regelt daher allein die Nutzungsbeziehung<br />

zwischen zwei benachbarten Grundstücken. Als<br />

Nutzungsgrundlage für den Eigentümer eines<br />

Gebäudes auf einem fremden Grundstück kommt<br />

es damit ebenso nicht in Betracht.<br />

3. pacht zu bauzwecken<br />

Die Grundstückspacht 9 nimmt im russischen<br />

Grundstücksmarkt mehr und mehr eine<br />

vorherrschende Rolle ein und stellt auch für<br />

einen ausländischen Investor eine geeignete und<br />

zufriedenstellende Nutzungsgrundlage für sein<br />

Bauvorhaben dar.<br />

Fremde Grundstücke können in Russland also<br />

auf Grundlage von Pachtverhältnissen genutzt<br />

werden, wie dies auch in Deutschland üblich ist. 10<br />

Pachtverträge bedürfen der Schriftform, wenn die<br />

Pachtzeit länger als ein Jahr dauert, oder wenn<br />

eine der Vertragsparteien eine juristische Person<br />

ist. Im Gegensatz zum deutschen Recht bedürfen<br />

Pachtverträge über Immobilien in Russland der<br />

staatlichen Registrierung im Immobilienregister, 11<br />

sofern nichts anderes gesetzlich geregelt ist. Eine<br />

Ausnahme von der Registrierungspflicht gilt für<br />

Pachtverträge, die über einen Zeitraum von<br />

weniger als einem Jahr abgeschlossen werden.<br />

Im Falle eines Eigentümerwechsels am Grundstück<br />

bleibt das Pachtrecht des Gebäudeeigentümers<br />

unberührt.<br />

a. erwerb des pachtrechts<br />

Beim Erwerb eines Pachtrechts zu Bauzwecken ist<br />

danach zu unterscheiden, ob sich das Grundstück<br />

in privatem Eigentum oder in staatlichem bzw.<br />

kommunalen Eigentum befindet.<br />

Sofern Verpächter des Grundstücks die öffentliche<br />

Hand, d.h. der Staat, das Land, die Kommune<br />

oder eine sonstige Gebietseinheit der Russischen<br />

Föderation ist, richtet sich die Einräumung des<br />

Pachtrechts an den Erwerber gem. Art. 30 Bodengesetzbuch<br />

nach einem besonderen Verfahren.<br />

Ein Grundstück wird entweder ohne die vorherige<br />

Abstimmung der Objektlage im Rahmen einer<br />

Versteigerung vergeben oder mit der vorherigen<br />

Abstimmung der Objektlage auf Antrag des Erwerbers.<br />

Nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens<br />

wird ein entsprechender Pachtvertrag mit dem<br />

Erwerber geschlossen.


. rechtliche konstruktion<br />

Die rechtliche Konstruktion der Nutzungsbeziehungen<br />

bei der Realisierung eines Bauvorhabens<br />

auf einem fremden Grundstück stellt sich dabei wie<br />

folgt dar:<br />

Vor Realisierung eines Bauvorhabens schließt der<br />

ausländische Investor mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer<br />

einen langfristigen Pachtvertrag<br />

ab. In der Regel wird die Pachtdauer auf einen<br />

Zeitraum von 49 Jahren festgelegt. Im Anschluss<br />

daran kann der Investor, nach Erhalt der erforderlichen<br />

Genehmigungen, sein Bauvorhaben beginnen.<br />

Nach Fertigstellung des Gebäudes und der entsprechenden<br />

Registrierung des Immobilienobjekts im<br />

Immobilienregister wird der Bauherr Eigentümer<br />

des von ihm errichteten Gebäudes.<br />

Wenn der Bauherr Eigentümer seines Gebäudes<br />

geworden ist, welches er auf einem Grundstück der<br />

öffentlichen Hand errichtet hat, hat er das ausschließliche<br />

Recht auf Ankauf des Grundstücks. Es<br />

entsteht also nach Fertigstellung des Gebäudes mit<br />

der Eigentümerstellung am Gebäude ein Anspruch<br />

auf Privatisierung des dem Gebäude zugrunde liegenden<br />

Grundstücks.<br />

Sofern der Gebäudeeigentümer an einer Privatisierung<br />

des (öffentlichen) Grundstücks nicht interessiert<br />

ist bzw. ein privates Grundstück gepachtet hat,<br />

besteht auch die Möglichkeit, das Pachtverhältnis<br />

nach Zeitablauf zu verlängern. Gegenüber anderen<br />

potentiellen Pächtern hat der bisherige Pächter in<br />

einem solchen Fall einen vorrangigen Anspruch auf<br />

Erneuerung des Pachtverhältnisses.<br />

Die Realisierung eines Bauvorhabens auf Grundlage<br />

eines Pachtverhältnisses über das Grundstück stellt<br />

ein in Russland verbreitetes und gängiges Verfahren<br />

dar, das auch für einen ausländischen Investor<br />

durchaus attraktiv ist.<br />

ii. registrierung des nutzungsrechts<br />

Mit dem Einheitlichen staatlichen Immobilienregister<br />

besteht in Russland ein mit dem deutschen<br />

Grundbuch vergleichbares Registersystem. In diesem<br />

Immobilienregister sind zwingend die vorgenannten<br />

Rechte an Immobilien, sowie die entsprechenden<br />

Rechtsgeschäfte mit Immobilien zu registrieren. Dies<br />

ist Entstehungsvoraussetzung für die Immobilienrechte,<br />

so dass der Registrierung auch im russischen<br />

Recht rechtsbegründende Wirkung zukommt.<br />

a. registrierung des pachtverhältnisses<br />

Die Registrierung des Pachtverhältnisses bestimmt<br />

sich nach Art. 26 Immobilienregistergesetz. Danach<br />

ist der Pachtvertrag auf Antrag einer Vertragspartei<br />

im Immobilienregister einzutragen. Im Falle der<br />

Grundstückspacht ist der entsprechende Kata-<br />

sterpass des Grundstücks, d.h. Auszug aus dem<br />

Bodenkataster, mit dem Antrag auf Eintragung bei<br />

der Registrierungsbehörde vorzulegen.<br />

b. unterschiede zum deutschen<br />

grundbuch<br />

Bei allen grundsätzlichen Gemeinsamkeiten des<br />

deutschen Grundbuchs und dem russischen Immobilienregister<br />

bestehen einige wesentliche Unterschiede,<br />

was die Bedeutung des Registers betrifft.<br />

So schützt das russische Immobilienregister (noch)<br />

nicht den guten Glauben an die Richtigkeit seines<br />

Inhalts, weshalb ein gutgläubiger Erwerb insofern<br />

ausscheidet. Zudem ist der Inhalt des Registers im<br />

Übrigen nicht zu 100 Prozent verlässlich und vollständig.<br />

Das Immobilienregister wurde erst im Jahre<br />

1997 eingerichtet. Die bis dahin existierenden Register<br />

wurden weder einheitlich, noch vollständig, noch<br />

ordnungsgemäß chronologisch geführt. Rechte, die<br />

vor Inkrafttreten des Immobilienregistrierungsgesetzes,<br />

also vor dem 31. Januar 1998, begründet wurden,<br />

unterliegen keiner nachträglichen Registrierung. Des<br />

Weiteren ist auch das Registerwesen nicht frei von<br />

Korruption, was zusätzlich zur Rechtsunsicherheit<br />

beiträgt.<br />

c. due diligence<br />

Aus diesen Gründen ist einem ausländischen<br />

Investor, der ein Bauvorhaben in Russland plant,<br />

dringend die Hinzuziehung rechtlich kompetenter<br />

Berater zu empfehlen. Vor dem Erwerb eines<br />

Grundstücksrechts ist eine sorgfältige Immobilien<br />

Due Diligence unabdingbar und für die erfolgreiche<br />

Durchführung der geplanten Investition von großer<br />

Bedeutung. Darüber hinaus ist auf die ausreichende<br />

Versicherung des Immobiliengeschäfts zu achten.<br />

d. katasterliche erfassung des<br />

grundstücks<br />

Im Zusammenhang mit der Registrierung und dem<br />

Erwerb eines Nutzungsrechts kann sich das Problem<br />

der katasterlichen Erfassung des Grundstücks, an<br />

dem ein Investor Interesse hat, stellen. Nur ein<br />

Grundstück, dessen Grenzen im Bodenkataster<br />

aufgenommen und registriert sind, stellt ein Rechtsobjekt<br />

dar, an dem Rechte erworben werden können.<br />

Weite Teile des Landes sind jedoch bis heute nicht<br />

katasterlich erfasst, was angesichts der Größe Russlands<br />

nicht überrascht. Insbesondere außerhalb der<br />

städtischen Ballungszentren, wo ein Investor möglicherweise<br />

Land für sein Vorhaben erwerben möchte,<br />

kann vor der Investition das Verfahren der katasterlichen<br />

Erfassung der Grundstücke notwendig sein.<br />

Dieser zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand ist in<br />

den Planungen entsprechend mit einzubeziehen.<br />

iii. kreditsicherung<br />

Im Rahmen jedes Investitionsvorhabens stellt sich<br />

auch die Frage der Kreditsicherung. Das in diesem<br />

Zusammenhang in Russland am weitesten verbreitete<br />

Sicherungsmittel ist die Verpfändung von Immobilienvermögen.<br />

Dies erfolgt durch die Bestellung einer<br />

Hypothek zugunsten des Kreditgebers. Die Hypothek<br />

muss wie alle Immobilienrechte und -geschäfte im<br />

Immobilienregister eingetragen werden.<br />

Ein der Grundschuld vergleichbares Institut ist dem<br />

russischen Recht hingegen nicht bekannt.<br />

Vor dem Hintergrund der Kapitalbeschaffung und<br />

Kreditsicherung besteht evtl. die Möglichkeit, das oben<br />

erwähnte Recht auf Privatisierung des Grundstücks<br />

an einen potentiellen Kreditgeber abzutreten. Auch<br />

in diesem Punkt kann eine professionelle juristische<br />

Untersuchung Klarheit schaffen.<br />

iv. fazit<br />

Abgesehen vom Erwerb des Eigentumsrechts an einem<br />

Grundstück bietet auch ein langfristiges Pachtverhältnis<br />

eine geeignete Nutzungsgrundlage für die Realisierung<br />

eines Bauvorhabens in Russland. Für einen<br />

ausländischen Investor ist diese Möglichkeit insofern<br />

interessant, als dass er auf diese Weise kein zusätzliches<br />

Kapital für das Grundstück aufbringen muss.<br />

Sofern dies seinem Interesse entspricht, kann der Investor<br />

das Grundstück zunächst pachten und zu einem<br />

späteren Zeitpunkt sein Recht auf Privatisierung des<br />

Grundstücks geltend machen und dadurch Eigentümer<br />

auch des Grundstücks werden. Ein solches Vorgehen<br />

ist möglicherweise insofern mit Risiken verbunden,<br />

als dass nicht ausgeschlossen werden kann, ob dem<br />

Begehren des Gebäudeeigentümers, das Grundstück<br />

anzukaufen, in der Praxis auch tatsächlich entsprochen<br />

werden wird. Gleiches gilt auch für die Möglichkeit der<br />

Erneuerung des Pachtverhältnisses nach Zeitablauf.<br />

Diese Unsicherheiten sollten dem Investor bei der Planung<br />

seines Investitionsvorhabens auch vor dem Hintergrund<br />

der Projektfinanzierung bewusst sein. So wird<br />

ein Projekt dann besonders geeignet sein, das innerhalb<br />

des vereinbarten Pachtzeitraums voraussichtlich<br />

einen Ertrag erwirtschaftet, der die volle Verzinsung<br />

und Rückzahlung des investierten Kapitals aus diesem<br />

Ertrag erwarten lässt (sog. self-liquidating project).<br />

Eine dingliche Nutzungsgrundlage wie etwa in<br />

Deutschland das Erbbaurecht kommt für einen ausländischen<br />

Investor nicht in Betracht.<br />

Bedingt durch die historische Entwicklung des Grundstücksmarktes<br />

und seine Neuformierung seit dem<br />

Ende der Sowjetzeit ist die rechtliche und tatsächliche<br />

Lage des russischen Immobilienmarktes noch nicht<br />

auf einem Niveau, welches mit dem des deutschen Immobilienmarktes<br />

vergleichbar wäre. Insgesamt ist aber<br />

eine positive und erfreuliche Entwicklungstendenz<br />

zu verzeichnen, welche ausländische Investitionen<br />

begünstigt. Trotz einzelner Unwägbarkeiten bietet der<br />

russische Markt ein insgesamt sicheres und seriöses<br />

Investitionsklima. Als Ergebnis der weltweiten Wirtschaftskrise,<br />

die mit all ihrer Kraft auch den russischen<br />

Markt erfasst hat, wird ein Sinken der Immobilienpreise<br />

erwartet, was einen zusätzlichen Investitionsanreiz<br />

bietet.<br />

1 In einzelnen Vorschriften des Zivilgesetz- und<br />

Bodengesetzbuchs wird das Einheitlichkeitsprinzip<br />

vorausgesetzt, so dass eine gewisse Tendenz zur Vereinheitlichung<br />

von Grundstücks- und Gebäudeeigentum<br />

durch den Gesetzgeber angelegt ist. Die Bebauung<br />

eines fremden Grundstücks ist nach derzeitiger Gesetzeslage<br />

aber ausdrücklich möglich.<br />

2 Im deutschen Recht gilt ein Gebäude als wesentlicher<br />

Bestandteil eines Grundstücks. Als solcher<br />

steht das Gebäude zwingend im Eigentum des Grundstückseigentümers.<br />

Eine Ausnahme hiervon ist nur auf<br />

Grundlage eines Erbbaurechts möglich.<br />

3 Art. 24 Bodengesetzbuch. Dieses Recht wurde<br />

erst 2001 mit dem Bodengesetzbuch eingeführt und<br />

ist bisher nur wenig verbreitet. Es eignet sich für einen<br />

ausländischen Investor nicht als Grundlage seines Bauvorhabens<br />

und wird vorliegend nicht näher betrachtet.<br />

4 Art. 268, 269 Zivilgesetzbuch, Art. 20<br />

Bodengesetzbuch. Der Klammerzusatz entspricht dem<br />

originalen Gesetzeswortlaut und wird daher vorliegend<br />

ebenfalls verwendet.<br />

5 Art. 265-267 Zivilgesetzbuch, Art. 21<br />

Bodengesetzbuch.<br />

6 Die Umwandlung bereitet offensichtlich<br />

Schwierigkeiten, weshalb die Frist bereits mehrfach<br />

verlängert wurde. Nach der ersten Gesetzesfassung<br />

(25.10.2001) war eine Rechtsänderungsfrist bis zum<br />

1.1.2004 vorgesehen.<br />

7 Eine möglicher mittelbarer Erwerb dieses<br />

Rechts durch einen ausländischen Investor kommt<br />

unter Umständen insofern in Betracht, als dass er eine<br />

Mehrheitsbeteiligung an einer russischen GmbH oder<br />

AG erwirbt, die noch Inhaberin eines ständigen (unbefristeten)<br />

Nutzungsrechts ist. Im Einzelfall besteht hier<br />

aber konkreter juristischer Überprüfungsbedarf. Zudem<br />

ist die gesetzgeberische Entwicklung hinsichtlich<br />

der Umwandlungspflicht abzuwarten und genauestens<br />

zu prüfen, um Risiken bestmöglich zu minimieren.<br />

8 Art. 274-277 Zivilgesetzbuch, Art. 23<br />

Bodengesetzbuch. Gemäß der römisch-rechtlichen<br />

Tradition wird die Grunddienstbarkeit im russischen<br />

Recht als ”Servitut“ bezeichnet.<br />

9 Art. 606 ff. Zivilgesetzbuch, Art. 22<br />

Bodengesetzbuch.<br />

10 Die rechtliche Qualifikation der Pacht ist in<br />

Russland umstritten. Überwiegend wird sie jedoch wie<br />

in Deutschland dem Schuldrecht zugeordnet.<br />

11 Dieses entspricht dem deutschen Grundbuch.<br />

Art. 6 Abs. 2 Immobilienregistergesetz.


INVESTITIONEN IN ITALIEN<br />

Seite 54<br />

Von Jens Magers, rechtsanwalt in der Kanzlei Nachmann rechtsanwälte,<br />

und Mario Dusi, Avvocato, Studio Legale, Mailand<br />

Beide beraten in Fragen des deutsch-italienischen rechtsverkehrs.<br />

schutz vor<br />

gläubigerzugriff<br />

auf immobilienvermögen<br />

in italien<br />

Bisher waren Möglichkeiten, bestimmte Vermögenswerte<br />

wie z. B. Immobilienvermögen vor dem<br />

Gläubigerzugriff in Italien zu schützen, nicht<br />

vorhanden. Es gilt auch dort wie in Deutschland<br />

der Grundsatz der allgemeinen Vermögenshaftung,<br />

d. h. jedes Rechtssubjekt, ob natürliche oder<br />

juristische Person, haftet für sämtliche Verbindlichkeiten<br />

mit seinem gesamten Vermögen (Art.<br />

2740 des italienischen Codice Civile).<br />

Im Jahre 2006 kam es zu einer entscheidenden<br />

Wende. Mit dem Reformgesetz Nr. 51<br />

vom 23. Februar 2006 wurde Artikel 2645 ” ter“<br />

in den Codice Civile eingefügt. Demgemäß kann<br />

ein Sondervermögen mit Hilfe des öffentlichen<br />

Registers gebildet werden. Immobilienvermögen<br />

können für die Dauer von maximal 90 Jahren<br />

einem bestimmten gemeinnützigen bzw. wohltätigen<br />

Zweck unterstellt werden. Das Gesetz<br />

erlaubt, die genannte Zweckbindung zugunsten<br />

von behinderten oder minderjährigen Personen<br />

oder – und dies stellt die für den ausländischen<br />

Investor interessantere Variante dar – zugunsten<br />

von Stiftungen oder Vereinen einzurichten. Durch<br />

die Zweckbindung der Immobilie kann sie vom<br />

restlichen Vermögen des Investors separiert werden,<br />

um sie dem genau festgeschriebenen Zweck<br />

zu widmen.<br />

Die Zweckbindung von Immobilien wird<br />

mittels notarieller Urkunde rechtswirksam errichtet<br />

und in das dafür vorgesehene öffentliche<br />

Register (eine Art Grundbuch) eingetragen. Die<br />

Zweckbindung kann ab dem Zeitpunkt der Eintragung<br />

über einen Zeitraum von 90 Jahren jedem<br />

Dritten entgegengehalten werden. Auf diese Weise<br />

wird das vinkulierte Objekt vor dem Zugriff<br />

anderer Gläubiger des Investors geschützt. Es<br />

unterliegt nur insoweit der Zwangsvollstreckung<br />

als es um Forderungen geht, die im Rahmen<br />

der Zweckbindung entstanden sind. Gehen wir<br />

vom empfehlenswerten Fall der Gründung einer<br />

Stiftung aus, so haftet das in sie eingebrachte<br />

Immobilienvermögen von daher ausschließlich<br />

für Verbindlichkeiten der Stiftung selbst.<br />

Ein weiterer Vorteil der Zweckbindung des<br />

Vermögens ist, dass die in der Stiftung gebundene<br />

Immobilie ebenso wie im deutschen Recht von<br />

der Erbfolge des Investors ausgeschlossen ist.<br />

Auch findet weder eine Berücksichtigung im Rahmen<br />

der ehelichen Zugewinngemeinschaft statt<br />

noch fällt die Immobilie im Falle des Gemeinschaftsvermögens<br />

der Eheleute in das gemeinschaftliche<br />

Vermögen.<br />

Abschließend sei noch darauf hingewiesen,<br />

dass zwischenzeitlich Einigkeit besteht, dass<br />

die neu in den Codice Civile eingeführte Norm<br />

nicht mit dem Trust, wie er im Allgemeinen im<br />

italienischen Recht verstanden wird, vergleichbar<br />

ist. Es bestehen maßgebliche Unterschiede,<br />

namentlich im Hinblick auf die Gültigkeitsdauer<br />

der notariellen Urkunde sowie hinsichtlich der<br />

Zweckbindung.<br />

Aufgrund der noch nicht lange zurückliegenden<br />

Einführung der Gesetzesänderung sind<br />

Einzelheiten nach wie vor umstritten. Um ein<br />

möglichst hohes Maß an Rechtssicherheit zu<br />

erlangen, ist es demnach von größter Wichtigkeit,<br />

die Formulierung der Zweckbestimmung der<br />

Immobilie umfassend und gleichzeitig unangreifbar<br />

zu gestalten. Die Gestaltungsmöglichkeiten<br />

sind vielfältig. Die Formulierung der Urkunde<br />

sollte man jedenfalls nicht dem Notar überlassen.<br />

Qualifizierte Rechtsberatung im Vorfeld ist<br />

empfehlenswert.<br />

Nachmann Rechtsanwälte sind im<br />

deutsch-italienischen Wirtschaftsrecht tätig. Wir<br />

arbeiten seit vielen Jahren in enger Kooperation<br />

mit einer in Mailand ansässigen Wirtschaftskanzlei<br />

und betreuen Sie auch in München mit einem<br />

Team Italienisch sprechender Rechtsanwälte.


N# BAUEN<br />

Seite 56<br />

Von Hendrik Hunold,<br />

rechtswalt in der Kanzlei Nachmann rechtsanwälte<br />

Er berät in Fragen des Bau- und Immobilienrechts.<br />

bau- &<br />

immobilienlexikon<br />

<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />

alop-versicherung (Advance Loss of<br />

Profit)<br />

Oder auch Bauleistungsversicherung<br />

genannt, die Vergütungsausfälle während der<br />

Bauphase absichern soll. So z. B. im Rahmen von<br />

ÖPPs, wenn eine Immobilie verspätet fertig gestellt<br />

wird und die Projektgesellschaft daher vom<br />

öffentlichen Auftraggeber keine Vergütung erhält.<br />

Bei Fehlen einer solchen Versicherung muss sich<br />

etwa der Nachunternehmer im Baugewerk vertraglich<br />

verpflichten, Schadensersatz mindestens in<br />

Höhe der entgangenen Vergütung zu entrichten.<br />

after-sales-service (oder: After-Sales-<br />

Selling, Post-Sale-Selling)<br />

Kunden Nachbetreuung, welche nach der<br />

Durchführung des eigentlichen Projekts stattfindet.<br />

Zweck ist vor allem Kundenbindung und<br />

Imagebildung, um diese z. B. auch nach dem Kauf/<br />

Verkauf einer Immobilie zu binden. Es soll vor<br />

allem eine höhere Zufriedenheit des Käufers/Verkäufers<br />

sichergestellt werden. Ein moderner After-<br />

Sales-Service definiert sich nicht als Ereignis,<br />

sondern als fortlaufender Prozess.<br />

baumischverfahren<br />

Vorgang zur Bodenverfestigung, -stabilisierung<br />

und - verbesserung. Durch ein spezielles<br />

Mischgerät (z. B. Bodenfräse, Gummirad- oder<br />

Schaffußwalze) wird der Boden aufgelockert bzw.<br />

aufgerissen, sofern er nicht bereits mit einem<br />

speziellen Gemisch vorbereitet ist. Bei diesem<br />

Verfahren wird dem Boden dann Bindemittel,<br />

Wasser und ggf. Zusatzstoffe beigemischt (sog.<br />

” Mixed-In-Place-Verfahren“). Der Boden erfährt so<br />

eine deutliche Verbesserung gegen Verkehr und<br />

Klima.<br />

best value<br />

Wert einer Immobilie, der bei deren<br />

Verkauf ” bestenfalls“ am Markt erzielbar wäre.<br />

Berücksichtigt wird nur die aktuelle Marktlage.<br />

Ganz ungewöhnliche Ereignisse oder Interessen<br />

des Marktes werden nicht bewertet. Er bildet das<br />

Gegenstück zum Verkehrswert; der ” Best Value“<br />

liegt regelmäßig über dem Verkehrswert. Früher<br />

war auch die Bezeichnung ” Open Markt Value“<br />

gebräuchlich.<br />

chartered surveyor<br />

Mitglied des 1868 in London gegründeten<br />

Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS).<br />

Der RICS ist staatlich anerkannt und ein weltweit<br />

tätiger Fachverband von Immobiliensachverständigen,<br />

der hochqualifizierte Immobiliengutachter<br />

und Immobilienbewerter stellt. Die Mitglieder<br />

verfügen in allen Bereichen von Grundbesitz, Immobilien<br />

und Bauprojekten über hohe Sachkunde.<br />

caso4 (Calciumsulfat)<br />

Wird bei der Zementherstellung in geringen<br />

Mengen beigefügt, um auf das Erstarrungsverhalten<br />

Einfluss zu nehmen.<br />

din 276<br />

Vor allem bei Abrechnungen von Architekten-<br />

und Ingenieursleistungen nach § 10 Abs.<br />

2 HOAI im Rahmen der anrechenbaren Kosten<br />

zu beachten. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich<br />

klargestellt, dass die DIN 276 in der Fassung<br />

April 1981 anzuwenden ist und nicht die Fassung<br />

1993. Wird nach der DIN 276 1993 abgerechnet,<br />

ist die Honorarrechnung sachlich falsch und<br />

nicht lediglich ” nicht prüffähig“; es besteht also<br />

keine Korrekturmöglichkeit und dies führt zur<br />

Abweisung einer Honorarklage als endgültig<br />

unbegründet.<br />

due diligence real estate<br />

Analyseinstrument bei Immobilientransaktionen,<br />

um Informationen über die öffentlichrechtlichen,<br />

zivil- und steuerrechtlichen, baulichen,<br />

gebäude- und umwelttechnischen sowie<br />

wirtschaftlichen Faktoren der Immobilien zu eruieren.<br />

Es wird hierdurch eine objektive Entscheidungsgrundlage<br />

geschaffen, z.B. für die Kaufpreisfindung.<br />

Sie kann hilfreich sein, um bestehende<br />

Risiken angemessen in die Vertragsgestaltung<br />

und - verhandlung mit einfließen zu lassen.<br />

epoxidharze<br />

Werden als Injektionsharz für Abdichtungen<br />

oder als sogenannter ” 2-Komponenten-<br />

Klebstoff“ verwandt. Epoxidharze weisen sowohl<br />

sehr gute Hafteigenschaften als auch einen hohen<br />

Härtegrad sowie extreme Abriebfestigkeit auf. Sie<br />

wurden von dem Schweizer Chemiker P. Castan<br />

erfunden und im Jahre 1939 patentiert. Die<br />

Markteinführung erfolgte 1946 in der Schweiz.<br />

erfüllungsstadium<br />

Die Phase des Werkvertrages bis zur<br />

Abnahme der Leistung. Mit Abnahme endet das<br />

Erfüllungsstadium und der Vertrag tritt in die<br />

Gewährleistungsphase. Je nachdem, in welcher<br />

Phase der Vertrag sich befindet, bestehen<br />

unterschiedliche Rechtsfolgen (z. B. hinsichtlich<br />

Risikoverteilung, Haftung, Beweislast etc.).<br />

fertigstellungsbescheinigung<br />

In § 641a BGB bis 31.12.2008 geregeltes<br />

Verfahren, um mittels Gutachter die Abnahme<br />

von Bau- oder Werkleistungen herbeizuführen.<br />

Nachdem sich die mit der Einführung beabsichtigten<br />

Erwartungen in der Praxis nicht ansatzweise<br />

erfüllen konnten, wurde dieses Verfahren<br />

wieder abgeschafft und gilt nur noch für


Verträge, die bis zum 01.01.2009 geschlossen<br />

wurden. Nicht zu verwechseln ist die Fertigstellungsbescheinigung<br />

mit der in § 12 Nr. 5 Abs. 1<br />

VOB/B geregelten Fertigstellungsmitteilung, die<br />

zu einer Abnahme(fiktion) 12 Tage nach ihrem<br />

Zugang beim Auftraggeber führt.<br />

gpa (General Producement Agreement)<br />

Beschaffungsvereinbarung zwischen der<br />

Europäischen Union, Hongkong, Israel, Japan,<br />

Kanada, Norwegen, Schweiz, Singapur, USA und<br />

Korea, die eine Nichtdiskriminierung zwischen<br />

den Firmen aus verschiedenen Staaten fordert.<br />

hammerschlags- und leiterrecht<br />

Befugnis, für Bau- oder Instandsetzungsarbeiten<br />

am eigenen Haus vorübergehend das<br />

Nachbargrundstück zu betreten, um von dort<br />

aus Werkzeug besser einsetzen zu können<br />

(<strong>Hamm</strong>erschlagsrecht). Das Leiterrecht ermöglicht<br />

das Aufstellen einer Leiter bzw. eines<br />

Gerüstes. Diese Rechte sind – mit Ausnahme<br />

<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />

von Bayern und Bremen – in allen Bundesländern<br />

geregelt.<br />

Zur Ausübung ist regelmäßig erforderlich,<br />

dass die Arbeiten ohne das Betreten des<br />

Nachbargrundstücks nicht zweckdienlich oder<br />

nicht mit vernünftiger Kostenlast ausgeführt<br />

werden können. Die hierdurch entstehenden<br />

Belästigungen dürfen überdies für den Nachbarn<br />

nicht unverhältnismäßig sein und müssen alle<br />

öffentlich-rechtlichen Vorgaben einhalten.<br />

housing improvement districts (Immobilien-<br />

und Standortgemeinschaften, sog. ISG)<br />

Auch unter dem Namen ” Business Improvement<br />

Districts“ (BID) bekannte Geschäfts- oder<br />

Wohnviertel einer Stadt. Ziel ist es, deren Attraktivität<br />

zu steigern, indem entsprechende Initiativen<br />

von Geschäftsleuten bzw. Eigentümern gegründet<br />

werden und so das Nebeneinander von gewerblichen<br />

Niederlassungen und Wohnhäusern durch geeignete<br />

Maßnahmen gestärkt werden soll. (z. B. Erhöhung<br />

der Wohn- und Lebensqualitäten sowie Erhöhung


der Umfeldqualitäten der Beschäftigten). Gesetzliche<br />

Regelungen hierzu finden sich in den §§ 171 ff.<br />

BauGB.<br />

i-bausystem<br />

Modell zur ökonomischen Kellertrockenlegung,<br />

bei der Folien oder Noppen auf das alte<br />

Mauerwerk aufgebracht werden. Hinterher werden<br />

Putzträger aufgelegt, damit Oberflächenputz angebracht<br />

werden kann. Parallel wird die Temperatur<br />

der Oberfläche erhöht und/oder die Luftfeuchtigkeit<br />

abgesenkt, um so die Bildung von Kondensat zu<br />

verhindern. Die Folien und Noppen bestehen<br />

aus unverrottbaren Materialien. Damit soll der<br />

Ansatz von Schimmelpilzen verhindert werden.<br />

jahresmiete<br />

Gibt der Unternehmer die Zusage einer<br />

bestimmten Jahresmiete ab, so stellt dies eine<br />

selbständige Garantiezusage dar, für dessen<br />

Eintreten der Unternehmer sogar über die<br />

gesetzlichen Gewährleistungsansprüche hinaus<br />

haftet (BGH, Urteil vom 08.02.1977, Az.: VII ZR<br />

208/70).<br />

kreditanstalt für wiederaufbau<br />

1948 mit Sitz in Frankfurt/Main durch<br />

Gesetz gegründete Körperschaft des öffentlichen<br />

Rechts, an der der Bund mit 80 % und die Bundesländer<br />

mit 20 % beteiligt sind. So hat z. B.<br />

die KfW für den Sektor der finanziellen Zusammenarbeit<br />

des Bundes mit Entwicklungsländern<br />

spezielle Vergaberichtlinien erlassen und hat<br />

sie – obwohl sie weder Träger des Vergabeverfahrens<br />

noch Vertragspartner ist – darauf zu achten,<br />

dass ” öffentliche Mittel so effizient und wirtschaftlich<br />

wie möglich“ verwendet werden und<br />

dass die Ausschreibung fair, chancengleich und<br />

transparent verläuft und die wirkungsvollste Verwendung<br />

knapper Mittel gewährleistet ist. Über<br />

ähnliche Regularien verfügt auch die Weltbank.<br />

leverage effekt<br />

Die einfache Eigenkapitalbeteiligung, z. B.<br />

an einer Projektentwicklungsgesellschaft, führt<br />

regelmäßig zu einer höheren Verzinsung des<br />

Eigenkapitals; je kleiner der Eigenkapitalanteil,<br />

desto geringer das Risiko und desto höher die<br />

Verzinsung. Der Leverage Effekt befasst sich mit<br />

einer idealen Zusammensetzung von Eigen- und<br />

Fremdkapital und der Abhängigkeit der Rentabilität<br />

des Eigenkapitals vom Anteil der Fremdfinanzierung.<br />

Positiv ist er dann, wenn die Rendite<br />

des Gesamtkapitals höher ist als der Fremdkapitalzins.<br />

mabv (Makler- und Bauträgerverordnung)<br />

Sie ist insbesondere zu beachten, wenn<br />

ein Bauvorhaben unter Verwendung von Vermögenswerten<br />

des Käufers durchgeführt wird.<br />

Die MaBV dient dem Schutz des Käufers vor<br />

Übervorteilung durch den Bauträger und soll<br />

insoweit seine Risiken reduzieren. Dies wird<br />

insbesondere dadurch gewährleistet, dass die<br />

Regelungen der MaBV zwingend sind und durch<br />

vertragliche Gestaltung nicht umgangen werden<br />

können, § 12 MaBV.<br />

niedrigenergiehaus<br />

Gebäude, bei denen, der Jahresheizwärmebedarf<br />

ca. 25 bis 30 % unter dem der Wärmeschutzverordnung<br />

liegt. Der Begriff ist gesetzlich<br />

nicht definiert. Grundsätzlich verlangen Banken<br />

zur Baufinanzierung einen Wärmebedarfsausweis<br />

für das zu errichtende Gebäude, da Niedrigenergiehäuser<br />

heutzutage den Standard bilden.<br />

Grundlage der auch als Passiv- oder Energiesparhaus<br />

bezeichneten Objekte ist eine professionelle<br />

Wärmedämmung und eine sehr umweltfreundliche<br />

Haustechnik.<br />

objektbetreuung<br />

In der Honorarordnung für Architekten<br />

und Ingenieure als Leistungsphase 9 beschriebene<br />

Tätigkeit, die einen Schwerpunkt in der<br />

Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor<br />

Ablauf der Gewährleistungsfristen hat. Der<br />

mit der Objektbetreuung beauftragte Architekt<br />

oder Ingenieur ist zumindest nach OLG <strong>Hamm</strong><br />

(Urteil vom 09.01.2003, Az.: 17 U 91/01) nicht<br />

verpflichtet, während der Gewährleistungszeit<br />

laufend oder wiederholt Begehungen durchzuführen,<br />

sondern nur einmal kurz vor Ablauf der<br />

Verjährungsfrist.<br />

öffentliche private partnerschaft<br />

(ÖPP)<br />

Deutscher Begriff für PPP (Public Private<br />

Partnership) zur Vermeidung des Anglizismus.<br />

public private partnership (PPP)<br />

Form der Zusammenarbeit zwischen der<br />

öffentlichen Hand und Privaten. Trotz des in<br />

letzter Zeit sich mehrenden politischen Engagements<br />

ist der Begriff gesetzlich nicht geklärt,<br />

weitgehend unscharf und wird als ” diffus“<br />

bezeichnet. Initiative hat vor allem die Europäische<br />

Kommission gezeigt, indem sie im April<br />

2004 ein Diskussionspapier (Grünbuch) hierzu<br />

vorgelegt hat.<br />

quarz (SiO2)<br />

Mineral, meist in Kies oder Sand enthalten.<br />

Er wird teilweise zur Verdichtung von<br />

Fliesenfugen und als Eisenbahnschotterkörper<br />

verwandt, da seine hohe Festigkeit Pflanzen-<br />

bewuchs verhindert. Im Straßenbau kommt er<br />

nicht zum Einsatz, da er zu hart ist, schlecht bindet<br />

und einen raschen Verschleiß der Autoreifen<br />

verursacht.<br />

reit (Real Estate Investment Trust)<br />

Bezeichnet bestimmte Immobilien-Treuhandfonds.<br />

REITs dürfen auch Einkünfte erzielen,<br />

die nicht aus immobilienbezogenen Aktivitäten<br />

stammen, die jedoch einen Maximalanteil<br />

von 25 % der Gesamteinkünfte nicht übersteigen<br />

dürfen. Der Hauptgehalt des REITs muss mit<br />

mindestens 75 % eindeutig auf Immobilienanlagen<br />

liegen. Ein REIT soll vor allem Immobilien<br />

halten und nicht den Handel in den Vordergrund<br />

stellen.<br />

sigeko (Sicherheits- und Gesundheitskoordinator)<br />

Für größere Baustellen, auf denen auch<br />

Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig sind<br />

und auf denen besonders gefährliche Arbeiten<br />

ausgeführt werden, ist nach § 2 Abs. 3 der Baustellenverordnung<br />

ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan<br />

aufzustellen und nach § 3 ein<br />

Sicherheits- und Gesundheitskoordinator zu<br />

bestellen. Ob der Bauherr diese Aufgabe selbst<br />

ausführt oder auf einen Dritten delegiert, bleibt<br />

ihm überlassen.<br />

teleaustria-entscheidung<br />

Mit seiner Entscheidung vom 07.12.2000<br />

(Az.: C-324/98) hat der EuGH nicht nur bestätigt,<br />

dass unterhalb der vergaberechtlichen<br />

Schwellenwerte – mit der Folge der Nichtgeltung<br />

der Vergaberichtlinien – die Grundfreiheiten des<br />

EG-Vertrages zu beachten sind, sondern er hat<br />

hierauf basierend grundlegende Anforderungen<br />

an die Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte<br />

entwickelt. Die wichtigste Aussage ist, dass<br />

Aufträge bekannt gemacht werden müssen, es<br />

sei denn, sie sind von geringer wirtschaftlicher<br />

Bedeutung.<br />

unique selling proposition (USP)<br />

Einmaliger Produktnutzen und damit ein<br />

Vorteil, den keine konkurrierende Immobilie<br />

bieten oder erzielen kann. Der USP sollte bei<br />

der jeweiligen Immobilie zunächst gesucht bzw.<br />

konkret entwickelt, dann am Markt platziert und<br />

gezielt mittels Werbung herausgestellt werden.<br />

vob<br />

Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen,<br />

die aus dem Bedürfnis des Baurechts<br />

geschaffen wurde, einen interessengerechten<br />

Ausgleich zwischen dem Bauherrn und dem<br />

Unternehmer zu erreichen. Die VOB gliedert<br />

sich in drei Teile: die VOB/A behandelt die<br />

” Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von<br />

Bauleistungen“, die VOB/B enthält Allgemeine<br />

”<br />

Vertragsbedingungen für die Ausführung von<br />

Bauleistungen“ und die VOB/C bringt Allgemei-<br />

”<br />

ne Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen“<br />

zum Ausdruck.<br />

wasserhaltung<br />

Vor allem Juristen bringen diesen Begriff<br />

in Verbindung mit der Rechtsprechung des<br />

BGH zum Umgang mit unklaren Leistungsbeschreibungen<br />

des Auftraggebers. Der BGH<br />

hat in seinen Entscheidungen Wasserhaltung<br />

”<br />

I-III“ den Umgang hiermit wie folgt dargestellt:<br />

Der Auftragnehmer hat das Risiko einer formal<br />

ordnungsgemäßen, jedoch undeutlichen, nicht<br />

kalkulierbaren Leistungsbeschreibung zu tragen,<br />

soweit er die Unklarheit zum Zeitpunkt seiner<br />

Kalkulation erkennen kann. Eine Kalkulation<br />

” ins Blaue“ bzw. eine spekulative Kalkulation ist<br />

ihm untersagt; gibt er jedoch ein Angebot für<br />

eine auch für ihn nicht kalkulierbare Leistung<br />

ab, ist er hieran gebunden.<br />

yellow book<br />

Im grenzüberschreitenden (Groß-)<br />

Anlagenbau finden die sog. ” FIDIC-Bauvertragsbedingungen“<br />

Anwendung, die ähnlich wie die<br />

VOB Bauverträgen zugrunde gelegt und von<br />

der Fédération Internationale des Ingénieurs-<br />

Conseils (FIDIC) in der Schweiz herausgegeben<br />

werden. Besondere Bedingungen – hauptsächlich<br />

für die Bedürfnisse des Anlagenbaus – enthält<br />

das sog. ” Yellow Book“. Das sog. ” Red Book“<br />

enthält hingegen Bestimmungen vergleichbar<br />

der VOB/B, also für spezielle auf den Baubereich<br />

zugeschnittene Regelungen.<br />

zusatzinvestitionen<br />

Dieser Begriff spielt z. B. bei der Risikoverteilung<br />

für allgemeine Gesetzesänderungen<br />

zwischen den Baubeteiligten eine Rolle. Oftmals<br />

findet sich eine Risikoteilung, soweit Gesetzesänderungen<br />

eine Zusatzinvestition (Capex)<br />

erfordern. Höhere Betriebskosten (Opex) hat<br />

jedoch regelmäßig der Auftragnehmer selbst zu<br />

tragen, da er in der Lage ist, die Auswirkungen<br />

solcher Gesetzesänderungen einzukalkulieren<br />

und zu handhaben.<br />

zwischenbauzustand<br />

Es kann sinnvoll sein, Zwischenbauzustände<br />

(z. B. Aufmaßnahmen später überbauter<br />

oder verdeckter Leistungen) zur Zustands- bzw.<br />

Beweissicherung festzuhalten. Hierfür eignen<br />

sich u. a. private Sachverständige.


N# BAUEN<br />

Seite 62<br />

Eine Analyse von Dr.-Ing. Norbert Preuß und Dipl.-Ing. Gerhard Wirth,<br />

geschäftsführende Gesellschafter der Preuss Projektmanagement GmbH<br />

projektmanagement<br />

im spannungsfeld<br />

der finanzkrise<br />

bei der abwicklung von großprojekten<br />

in den letzten zwei jahren mussten eine<br />

ganze reihe von einflussgrößen verkraftet<br />

werden, die neben der aktuellen finanzkrise<br />

auch von strukturellen veränderungen<br />

der bauindustrie überlagert wurden. was<br />

bedeutet das für das projektmanagement in<br />

der immobilienbranche? dazu ein gespräch<br />

mit dipl.-ing. gerhard wirth und dr.-ing.<br />

norbert preuß, die in den letzten jahren<br />

großprojekte wie die schloss-arkaden in<br />

braunschweig, weiterstadt shopping oder<br />

die trier-galerie mit ihrem unternehmen<br />

preuss projektmanagement durchgeführt<br />

haben.<br />

AKTUELLE AUSWIRKUNGEN AUF DIE<br />

PROJEKTABWICKLUNGEN<br />

meine herren, wie haben sie 2008 –<br />

und teilweise 2009 – in ihrer aufgabe als<br />

projektmanager erlebt?<br />

! Das haben wir als Wechselbad der Projektsituationen<br />

im Gedächtnis abgespeichert. Es war<br />

ein sehr arbeitsreiches Jahr, auch lohnend, aber<br />

ausgesprochen schwierig in den einzelnen Projekten.<br />

Die Frage nach dem warum ist sehr vielschichtig<br />

und hat neben den Einflüssen der aktuellen<br />

Finanzkrise auch mit den zurückliegenden Phasen<br />

der Hochkonjunktur und strukturellen Änderungen<br />

im Bereich der Bauwirtschaft zu tun.<br />

? können sie das konkretisieren?<br />

KONJUNKTURELLE HOCHPHASE<br />

! Wir hatten in den letzten Jahren eine<br />

konjunkturelle Hochphase für nahezu alle am Wirtschaftleben<br />

Beteiligten.<br />

<strong>Hamm</strong><br />

Dies spürte man insbesondere an der Preisentwicklung<br />

für Materialien, die im Zusammenhang<br />

mit der globalen Vernetzung der Weltwirtschaft<br />

<strong>Hubertus</strong><br />

einherging. Die Auslastung von Planern, Baufirmen<br />

und weiteren Beteiligten im Bauprozess war ausgesprochen<br />

hoch und sie hält auch noch partiell an, Collage:


Collage: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />

Abbildung 1<br />

Kosten<br />

Budget<br />

KoSch KoBe AngebotGU Kooperatives Verfahren<br />

wobei allmählich an der einen oder anderen Stelle<br />

Schwierigkeiten sichtbar werden, die uns in einem<br />

meiner Ansicht nach unangenehmen Überfluss von<br />

den Medien präsentiert werden.<br />

? sie haben eben erwähnt, dass auch<br />

strukturelle änderungen im bereich der bauwirtschaft<br />

ursache der aktuellen schwierigkeiten<br />

sind. welche sind das aus ihrer sicht?<br />

! Wir haben in den letzten zwei Jahren<br />

eine große Veränderung im Angebot der verschiedenen<br />

Unternehmenseinsatzformen feststellen<br />

können. Insbesondere die Abwicklungsform des<br />

Generalunternehmers stellt sich am Markt völlig<br />

verändert dar. Man erhält kaum noch qualifizierte<br />

Angebote von Generalunternehmern und wenn,<br />

dann häufig sehr verspätet und abweichend von<br />

den formulierten Anforderungen des Auftraggebers.<br />

Bedingt durch unterschiedlichste Einflüsse liegen<br />

die Generalunternehmerangebote weit über dem<br />

vorgegebenen Kostenrahmen, wobei das auch zum<br />

Teil mit zu niedrigen beauftragten Kostenvorgaben,<br />

stark gestiegenen Materialpreisen, Übertragung<br />

von erheblichen Risiken, sehr anspruchsvollen<br />

Terminvorgaben etc. in Verbindung stehen. Aus<br />

diesem Grunde werden größere Projekte heute fast<br />

ausschließlich über Einzelvergaben bzw. Paketvergaben<br />

realisiert.<br />

VERÄNDERUNG IM RISIKOTRANSFER<br />

? hat das etwas damit zu tun, dass die<br />

risikogarantien und schadensausfallgarantien<br />

zu hoch sind?<br />

Maßnahmen:<br />

- Erarbeitung von Einsparpotentialen<br />

- Kostensteuerung<br />

- Qualitätssteuerung<br />

- Priorisiertes Änderungsmanagement<br />

- Entscheidungsmanagement<br />

- Vergabestrategie<br />

! Bedingt durch die gute Konjunktur und<br />

Vollauslastung der ausführenden Firmen waren und<br />

sind diese nicht mehr bereit, den für Investoren in<br />

der Vergangenheit komfortablen Risikotransfer von<br />

der Schnittstelle Planung bis Ausschreibung in die<br />

Ausführung zu übernehmen. In der Vergangenheit<br />

hat sich bei einigen Großprojekten gezeigt, dass die<br />

ausführenden Generalunternehmer bereit waren,<br />

erhebliche Risiken zu übernehmen, die sich dann<br />

gerade bei sehr komplexen Bauten mit Unwägbarkeiten<br />

und zahlreichen Schnittstellen in großen<br />

Verlusten niedergeschlagen haben. Infolgedessen<br />

werden die Initiatoren großer Projekte aktuell damit<br />

konfrontiert, die Risiken selber zu bewerten, um<br />

diese bei der Projektabwicklung entsprechend zu<br />

berücksichtigen. Es wird sich in den kommenden<br />

Monaten zeigen, inwieweit der Einbruch der Wirtschaftsleistung<br />

diesen Trend wieder dreht.<br />

ERHÖHTE ANFORDERUNGEN AN DAS<br />

PROJEKTMANAGEMENT<br />

Zeit<br />

? wie haben sich diese einflüsse auf das<br />

projektmanagement ausgewirkt?<br />

! Die Auswirkungen der drei vorgenannten<br />

Einflüsse haben sich projektspezifisch naturgemäß<br />

unterschiedlich ausgeprägt. In aller Regel ergaben<br />

sich Kostenerhöhungen, die in Verbindung mit noch<br />

nicht abschließend budgetierten Risiken zum Erfordernis<br />

von Kosteneinsparungsrunden, Qualitätsreduzierungen<br />

und dadurch ausgelösten Projektstörungen<br />

geführt haben. Das eine oder andere Projekt<br />

ist auch daran gescheitert, zurückgestellt oder auch<br />

gestoppt worden.


? wie hat sich das jetzt auf die managementaufgaben<br />

ausgewirkt, die man ja<br />

als projektmanager leisten muss, um sein<br />

ziel zu erreichen ?<br />

! Die aktuelle Finanzkrise hat in der Entwicklung<br />

von Oktober 2008 bis jetzt die gegebenen<br />

Projektsituationen noch einmal sehr weit<br />

verschärft. Dies betrifft insbesondere Projekte, die<br />

noch keine abschließende Finanzierung hatten,<br />

oder aus den beschriebenen Einflüssen heraus<br />

Nachfinanzierungsbedarf aufweisen. Die finanzierenden<br />

Banken haben die Anforderungen an<br />

Investoren erheblich gesteigert.<br />

Aber nehmen wir einmal ein hypothetisches<br />

Projekt an und schauen wir mal, wie sich in<br />

einem konkreten Fall die verschiedenen Szenarien<br />

auf die Kosten und Organisationsentwicklung<br />

auswirken.<br />

SZENARIO DER KOSTEN- UND ORGA-<br />

NISATIONSENTWICKLUNG<br />

Zu Beginn des fiktiven Projektes steht wie<br />

immer ein ermitteltes Budget. Zum Zeitpunkt der<br />

Budgeterstellung hat das Projekt gerade die Entwicklungsphase<br />

mehr oder weniger durchlaufen<br />

und hat naturgemäß auch die Zielrichtung einer<br />

möglichst hohen Projektrendite. Häufig lassen<br />

sich die Budgets zu diesem Zeitpunkt zunächst<br />

nur über Kennwerte eingrenzen, da auch die<br />

konkreten Randbedingungen und bestehenden<br />

Projektrisiken noch nicht so klar erkennbar sind.<br />

Das Projekt geht nach freigegebenem Budget und<br />

Beauftragung der Planungsphase in die Vorplanung<br />

und schließt mit einem Vorplanungskonzept<br />

und einer Kostenschätzung ab, die je nach<br />

Planungstiefe eine unterschiedliche Schwankungsbreite<br />

haben mag.<br />

In unserem Beispiel hat die Kostenschätzung<br />

(s. Abb. 1) im Verhältnis zum Budget eine<br />

leichte Steigerung. Die Kostenschätzung wird in<br />

unserem Fall bauherrenseitig reduziert, mit der<br />

Maßgabe, dass in der anschließenden Entwurfsplanungsphase<br />

Kosteneinsparungen, verbunden mit<br />

Qualitätsreduzierungen, vorgenommen werden,<br />

damit das Budgetziel erreicht wird.<br />

In unserem Beispiel gelingt dies nicht. Trotz<br />

aller Bemühungen ist die Kostenberechnung (s.<br />

Abb. 1) noch einmal höher als die Kostenschätzung,<br />

wobei die Ursache durch die Planer mit<br />

Materialpreissteigerungen argumentiert wird.<br />

Als Unternehmenseinsatzform für<br />

dieses Projekt ist die Generalunternehmerform<br />

vorgesehen.<br />

Das Projekt steht inzwischen gedanklich<br />

vor der Ausschreibungsphase. Nun sind zwei<br />

Szenarien denkbar.<br />

Das Szenario 1 ist das Prinzip Hoffnung.<br />

Die Hoffnung besteht darin, dass die funktionale<br />

Leistungsbeschreibung als Grundlage des<br />

Generalunternehmerangebotes kostengünstige<br />

Angebote ergibt, die möglicherweise auch auf<br />

dem Verhandlungsweg das Ursprungsbudget<br />

erreichen lassen.<br />

Dieses Szenario endete häufig in der<br />

Erfahrung, dass nur zwei bis drei Angebote von<br />

Generalunternehmern eingingen, diese noch<br />

weit über der Vorgabe der Kostenberechnung<br />

lagen und sämtliche Risiken ausschlossen.<br />

Das Szenario 2 beinhaltet die Aufforderung<br />

des Bauherrn, das Ursprungsbudget durch<br />

geeignete Kosten- und Qualitätssteuerung unter<br />

Beibehaltung der Funktionalität und Grundsätzen<br />

der gestalterischen Vorgaben zu erreichen.<br />

Dies bedarf dann einer ganzen Reihe an Aktivitäten<br />

und Leistungen des Projektmanagements,<br />

um diesen Prozess auszulösen.<br />

Spätestens zu diesem Zeitpunkt kommt<br />

die Frage auf, ob nicht die Einzelvergabe die<br />

geeignetere Unternehmenseinsatzform ist. Wenn<br />

zu diesem Zeitpunkt diesbezüglich entschieden<br />

wird, ist naturgemäß auch schon ein projektspezifischer<br />

Zeitnachteil entstanden, weil nun die<br />

Leistungsverzeichnisse für den Rohbau neu<br />

angefertigt werden müssen und auch in Abhängigkeit<br />

eines Rohbaubeginns die Ausführungsplanung<br />

von den bauherrenseitigen Planern<br />

beauftragt werden muss.<br />

Ein Ausweg aus der Situation könnte in<br />

einem kooperativen Verfahren mit den Generalunternehmern<br />

liegen, die ein Angebot abgegeben<br />

haben, wobei sich bei näherer Betrachtung des<br />

Verfahrensansatzes zeigt, dass dies ein Irrweg<br />

ist, da er mit Sicherheit zu diesem späten Projektzeitpunkt<br />

für den Investor nur Projektnachteile<br />

bringt. Dies liegt in erster Hinsicht daran,<br />

dass ein kooperatives Verfahren weit früher begonnen<br />

werden müsste und auch diesbezüglich<br />

ganz andere Anforderungen bestehen als in dem<br />

hier dargestellten Fall. Falls man sich für diesen<br />

Weg entscheiden würde, werden der Zeitnachteil<br />

und damit auch die Kosten des Projektes noch<br />

weiter ansteigen.<br />

? man kann sich sehr gut vorstellen,<br />

das ihr beispiel eine ziemlich übliche entwicklung<br />

ist. angesichts der bautätigkeiten<br />

in unserem lande kann man jetzt aber sicherlich<br />

nicht den beteiligten unterstellen,<br />

<strong>Hamm</strong><br />

dass alle zu blauäugig an solche projekte<br />

herangehen, oder?<br />

<strong>Hubertus</strong><br />

! Die Ursache dieser Szenarien liegen sicher<br />

nicht im Einsatz unqualifizierter Planungsund<br />

Projektbeteiligter, sondern ergeben sich Collage:


durch die eben erwähnte Trias aus Veränderung<br />

der Rolle des Generalunternehmers, Risikotransfer<br />

und Wechsel von Hochkonjunktur in die<br />

Krisensituation.<br />

In dem dargestellten Szenario müssen<br />

natürlich insbesondere die Aufgaben des verantwortlichen<br />

Projektmanagers greifen. Er muss als<br />

Motor dafür sorgen, dass die aufgetretenen Kostenerhöhungen<br />

durch Kompensationen in den<br />

Standards des Bauprogramms und eine Vielzahl<br />

an Gegensteuerungsmaßnahmen auf die Kostenvergabe<br />

des Budgets zurückgeführt werden.<br />

Dies gelingt natürlich nur in dem Fall, dass der<br />

Investor bereit ist, Abstriche in den Qualitäten<br />

zu akzeptieren. Ich führe das Szenario allerdings<br />

auch in einer wesentlichen Erkenntnis zusammen.<br />

Es sollte sorgfältig abgewogen werden, ob<br />

die Unternehmenseinsatzform der Generalunternehmer<br />

bzw. -übernehmer bei bestimmten<br />

Randbedingungen (zum Beispiel bei Projekten<br />

mit komplexer Nutzungsstruktur, erhebliche<br />

Bestandsrisiken, Denkmalschutzproblematiken)<br />

überhaupt geeignet ist. Häufig entscheidet der<br />

Investor frühzeitig die Unternehmenseinsatzform<br />

ohne Berücksichtigung dieser Hinweise,<br />

weil dieser die Kosten- und Terminsicherheit der<br />

Kumulativleistungsträger-Modelle weit überschätzt.<br />

In einigen Fällen haben die Auswirkungen<br />

der Ende letzten Jahres eingetretenen<br />

Veränderungen im Baumarkt den einen oder<br />

anderen Projektbeteiligten bei seinen Auftraggebern<br />

in Misskredit gebracht. Insofern muss man<br />

in der Beurteilung unterscheiden, inwiefern die<br />

Schieflage von Projekten einzig und allein auf<br />

die Materialpreiserhöhungen bzw. auf konjunkturelle<br />

Einflüsse zurückzuführen sind oder ob<br />

die Aktivität des Planers oder Projektsteuerers<br />

als nicht ausreichend bewertet werden muss.<br />

Wir möchten deshalb kurz auf die eingetretenen<br />

Materialpreissteigerungen am Beispiel des Stahlpreises<br />

eingehen.<br />

DIE ENTWICKLUNG DES STAHLPREISES<br />

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen<br />

bei den wichtigsten Einsatzstoffen für die<br />

Rohstahlerzeugung bis zur Jahresmitte 2008 kam<br />

es zu einem dramatischen Preisanstieg bei Stahl,<br />

der sich jedoch im Laufe des dritten Quartals im<br />

Laufe eines zunehmenden Überangebotes wieder<br />

umkehrte. Die großen Stahlhersteller reagierten<br />

auf die rückläufige Nachfrage seitens ihrer<br />

Abnehmer nun ihrerseits mit Produktionskürzungen.<br />

Es kann allerdings davon ausgegangen<br />

werden, dass nach Überwindung der Konjunkturkrise<br />

die Stahlnachfrage weltweit wieder anziehen<br />

wird. Der Stahlpreis selbst hängt mit der<br />

Preisentwicklung bei Kokskohle, Stahlschrott<br />

und den Kapazitäten von weltweit bestehenden<br />

Eisenerzminen zusammen. Falls die Investitionen<br />

in Erzminen aufgrund der Konjunkturkrise<br />

reduziert werden, laufen die Stahlhersteller mittelfristig<br />

in eine Versorgungslücke bei Eisenerz<br />

hinein, die in der Folge wieder erneute drastische<br />

Preiserhebungen auch auf der Stahlseite<br />

nach sich ziehen würden.<br />

Wir sagen das nur deshalb, weil in manchen<br />

Projekten bereits wieder das Prinzip Hoffnung<br />

eingekehrt ist, dass sich der Stahlpreis auf<br />

der aktuellen Preishöhe konsolidiert. Dies wird<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so bleiben.<br />

ERHÖHTE ANFORDERUNGEN AN DAS<br />

PROJEKTMANAGEMENT<br />

? gut – oder nicht gut. aber was<br />

heißt das jetzt für die aufgaben des projektmanagers?<br />

denn einer muss ja die kohlen<br />

aus dem feuer holen, oder?<br />

! Das bedeutet, dass ein Projektmanager<br />

eine ganz aktive Funktion in diesem Steuerungsprozess<br />

übernehmen muss. Sie müssen sich<br />

prinzipiell vorstellen, dass jede nachträgliche<br />

Änderung in der Steuerung eines Projektes, das<br />

einmal angelaufen ist, ein sehr hohes Störpotential<br />

hat. Denn Planer wollen geordnete Abläufe<br />

haben, um die geplanten Ziele zu verwirklichen.<br />

Ändern sich nun wesentliche Parameter – zum<br />

Beispiel, indem der Stahlpreis wieder anzieht<br />

und der Bauherr daraufhin sagt, dass wir an anderen<br />

Stellen Einsparungen vornehmen müssen<br />

– dann ist die Implementierung dieser neuen<br />

Ziele in den laufenden Produktionsprozess nicht<br />

so ganz einfach. Denn – und auch das ist wichtig<br />

zu wissen – die Planer bekommen in der Regel<br />

kein Geld für diese zusätzlichen Einsparungen,<br />

im Gegenteil. Meistens sind ihre Honorare an<br />

die anrechenbaren Kosten des Gebäudes gebunden,<br />

so dass sich Einsparungen für sie negativ<br />

auswirken. Hinzu kommt die Kommunikation<br />

mit dem Auftraggeber, der bei jedem Projekt<br />

bestimmte wirtschaftliche Ziele hat, die sich zum<br />

Beispiel in der Rendite eines Objektes ausdrücken<br />

können. Manchmal muss man – wenn das<br />

Projekt einen bestimmten Status erreicht hat<br />

– seinem Auftraggeber auch sagen, dass eine<br />

massive Einsparung – wenn er beispielsweise<br />

aufgrund eines neuen Kostendrucks glaubt, ein<br />

ganzes Geschoss einsparen zu müssen – die<br />

Folge hat, dass die gesamte Planung von vorne<br />

angefangen werden muss. Sie können an solchen<br />

Faktoren erkennen, welche Ansprüche an die<br />

kommunikativen Fähigkeiten eines Projektmanagers<br />

gestellt werden. Meist sind unsere<br />

Abbildung 2<br />

Wirtschaft<br />

Fachliche<br />

Kompetenz<br />

Methodische<br />

Kompetenz<br />

Auftraggeber Investoren, die die Prozessabläufe<br />

im Detail nicht interessieren, weshalb sie uns<br />

ja mit der Steuerung beauftragen. Das bedeutet:<br />

Sie vertrauen auf unsere Kompetenz, die sich aus<br />

der Schnittmenge der vier Kompetenzbereiche<br />

Technik, Wirtschaft, Recht und Organisation ergibt<br />

(s. Abb. 2). Aus dieser Position folgt natürlich<br />

auch eine Verantwortung unserem Auftraggeber<br />

gegenüber, weshalb wir ihm die Konsequenzen<br />

aufzeigen müssen, die sich aus bestimmten<br />

Entscheidungen ergeben. Eine solche Information<br />

darf – und muss – er von uns erwarten können.<br />

? sie erwähnten gerade die honorierung<br />

der planer. wie werden sie bezahlt?<br />

! Zu Beginn eines Projektes machen wir<br />

eine Personaleinsatzplanung, aus der unser Honorar<br />

resultiert. Was wir nicht machen – einige<br />

Wettbewerber aber schon – ist eine erfolgsabhängige<br />

Bezahlung. Wenn man zum Beispiel prozentual<br />

aus den Einsparungen honoriert wird, die<br />

man durchsetzt, dann prügelt man jede Einsparung<br />

durch – ob sie für den Bau Sinn macht oder<br />

nicht. Uns ist dagegen ganz wichtig, dass wir bei<br />

solchen großen Projekten – und da reden wir von<br />

200, 300 Euro Millionen Volumina – mit allen Beteiligten<br />

fair und partnerschaftlich umgehen. Und<br />

dazu müssen wir unabhängig sein. Denn manchmal<br />

gehört es auch zu unserem Management,<br />

dass wir uns schützend vor die Planer stellen,<br />

weil manche Bauherren mit ihrer Erwartungshal-<br />

Technik<br />

Projektleiter<br />

recht<br />

Soziale<br />

Kompetenz<br />

Organisation<br />

tung die Planer an die Wand pressen. Dann muss<br />

ihnen auch mal jemand sagen: ” Das geht nicht!“<br />

Man kann Planer nicht jede Woche auf neue Kosteneinsparungen<br />

ausrichten.<br />

? worin unterscheidet sich ihre<br />

arbeit vom partnering-konzept?<br />

! Wir wollen keine einzelnen Bauleistungen<br />

verkaufen, sondern sind beim Projektmanagement<br />

einzig und allein dem Bauherrn verpflichtet.<br />

Das will nichts aussagen über die Qualität des<br />

Partnering-Konzeptes, sondern lediglich, dass<br />

ein Unternehmen, das Bauleistungen anbietet,<br />

bestimmte Liefer- und Auftragsinteressen<br />

vertritt. Wir steuern jedoch den Gesamtentstehungsprozess.<br />

Bei Projekten, die in sogenannten<br />

Partnering-Konzepten organisiert sind, bringen<br />

wir uns entsprechend ein. Dabei kommt es darauf<br />

an, der geänderten Interessenlage leistungstechnisch<br />

Rechnung zu tragen. Gerade dann kommen<br />

die erwähnten erhöhten Anforderungen an das<br />

Projektmanagement zum Tragen.<br />

N# Nachmann rechtsanwälte beraten Investoren bei Großprojekten<br />

in rechtlichen Fragen des Projektmanagements.<br />

Dr.-Ing. Norbert Preuß ist auch Vorstand im DVP (Deutscher<br />

Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft<br />

e.V.) sowie Leiter der Fachkomission Projektmanagement/Projektsteuerung<br />

der AHO (Ausschuss der<br />

Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten<br />

für die Honorarordnung e.V. ).


N# BAUEN<br />

Seite 70<br />

Dipl.-Ing. Klaus Pöllath, Mitglied des Vorstandes der Ed. Züblin AG,<br />

im Gespräch mit Andreas Lukoschik<br />

” hickhack<br />

war früher!“<br />

die ed. züblin ag ist deutschlands marktführer<br />

im hoch- und ingenieurbau. sie hat<br />

köln mit dem bau eines der kranhäuser zu<br />

einem neuen wahrzeichen verholfen, baute<br />

mit dem mercedes benz museum eine höchst<br />

anspruchsvolle, architektonische konstruktion<br />

und hat sich in der jüngsten deutschen<br />

geschichte mit dem verschieben des zweigeschossigen<br />

kaisersaals auf luftkissen an berlins<br />

potsdamer platz technologisch ein kleines<br />

denkmal gesetzt.<br />

kurzum: züblin baut, was andere<br />

versprechen. das ist nicht nur eine herausforderung<br />

an die ingenieurskunst, sondern vor<br />

allem auch an das projekt-management.<br />

unser autor andreas lukoschik unterhielt<br />

sich deshalb über diese kunst mit dipl.ing.<br />

klaus pöllath, vorstandsmitglied bei der<br />

ed. züblin ag, und wollte von ihm wissen, wie<br />

züblin den bau solcher projekte leisten kann.<br />

” immer mehr mit partnering“, sagte pöllath<br />

und erklärt auch gleich warum:<br />

! Sehen Sie, wenn ein Bauherr ein Bürogebäude<br />

schlüsselfertig bauen will, dann hat er ein<br />

Grundstück, meist auch schon einen Großteil des<br />

Geldes für den Bau organisiert und – ganz wichtig<br />

– eine Vorstellung vom zukünftigen Gebäude.<br />

Jetzt sucht er sich einen Architekten und erklärt<br />

ihm, was er will. Der muss sich dann im Gegenzug<br />

erst einmal in die gestellte Aufgabe einarbeiten und<br />

gewinnt Zug um Zug klarere Vorstellungen. Für die<br />

Ausschreibung des Bürogebäudes lädt der Architekt<br />

verschiedene Bauunternehmer ein. Die fangen wieder<br />

bei Null an, arbeiten sich in das Projekt ein und<br />

geben ein Angebot ab. Der Preisgünstigste erhält den<br />

Zuschlag und setzt eine Projektleitung ein, die das<br />

Bürogebäude schlüsselfertig erstellt. Auch die fängt<br />

wieder von vorne an. Der zukünftige Nutzer des<br />

Bürogebäudes nimmt den Mieterausbau in die Hand<br />

und muss nun als vierte Partei anfangen, sich mit<br />

dem Gebäude auseinander zu setzen. Es ist, glaube<br />

ich, offensichtlich, dass dieser Prozess des Wissenstransfers<br />

im Laufe des Projektfortschritts optimiert<br />

werden kann – und muss. Allein schon wegen der<br />

volkswirtschaftlich unsinnigen Verschwendung von<br />

Human Ressources.<br />

Partnering ist der Ausweg aus diesem<br />

” Zuviel“. Es ist eine konkrete Arbeitsweise zur<br />

Abwicklung komplexer Projekte, bei dem klassische<br />

Vertragsbeziehungen so transformiert werden, dass<br />

das entstehende Projektteam auf Basis von Vertrauen<br />

und gemeinsamen Zielen sowie durch Maximierung<br />

der Ressourcen-Effizienz Projekte schneller, qualitativ<br />

besser und damit für alle zufriedenstellender<br />

abwickeln kann.<br />

Dabei darf man nicht vergessen, dass Partnerschaft<br />

zwischen Unternehmen an sich nichts<br />

Neues ist. Wir kennen im Bau bereits die Formen<br />

der Bietergemeinschaft, der Arbeitsgemeinschaft<br />

oder des Joint Ventures. Da existieren also schon<br />

Berning<br />

Erfahrungen zum Thema Kooperation“, auf denen<br />

”<br />

man aufbauen kann.<br />

Tina<br />

? das hört sich erst einmal sehr gut an.<br />

aber wie muss ich mir das konkret vorstellen? Illustration:


! Bereits in der Entwurfsphase ist es von<br />

großer Bedeutung, dass sich Bauherr, Architekt<br />

und Bauunternehmer an einen Tisch setzen und<br />

gemeinsam das Projekt besprechen und entwickeln.<br />

Denn die Höhe der Projektkosten ist zu Beginn<br />

der Projektierung und Planung am optimalsten zu<br />

steuern. In der Ausführungs- und Nutzungsphase<br />

sind die Gesamtkosten nur noch geringfügig zu<br />

beeinflussen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass<br />

die Schnittstellen zwischen den Beteiligten bekannt<br />

sind. Man muss sich also Zeit nehmen und miteinander<br />

die klare Aufgaben-, Rollen- und Funktionsverteilung<br />

diskutieren und anschließend schriftlich<br />

festlegen. Diese Festlegung orientiert sich an den<br />

tatsächlichen Kompetenzen und dem Fachwissen<br />

der Partner.<br />

? was ist, wenn sich der bauherr nicht<br />

so früh auf einen baupartner festlegen möchte,<br />

weil er einen für ihn vielleicht vorteilhaften<br />

wettbewerb nicht unterbinden will?<br />

! Dann sieht das Modell Partnering einen<br />

Kompetenzwettbewerb vor, der bereits vor der Projektierungsphase<br />

stattfindet und nicht erst nach der<br />

Planung, denn dann bleibt dem Bauunternehmer<br />

HighLight Munich Business Towers<br />

nur noch die bereits von anderen geplante Ausführung.<br />

Können sich die miteinander im Wettbewerb<br />

stehenden Bauunternehmer jedoch bereits vor der<br />

Projektierungsphase präsentieren, kann sich der<br />

Bauherr einen geeigneten Bauunternehmer nach<br />

den Kriterien auswählen, die für ihn wichtig sind,<br />

also zum Beispiel nach Bonität, Referenzen, Projektteam,<br />

Kooperationsbereitschaft oder Sachkompetenz.<br />

? kommen wir zur delikaten frage nach<br />

dem geld. gehört zum partnering auch die<br />

transparenz der kosten?<br />

! Mehr noch. Ich nenne es das ” Prinzip<br />

der gläsernen Taschen“. Dabei werden bei jedem<br />

einzelnen Gewerk die Kosten offengelegt. Auch<br />

beim Gewerk ” Rohbau“ muss sich der Bauunternehmer<br />

verpflichten – der diese Leistung ja selbst<br />

ausführt – sich in die Karten schauen zu lassen.<br />

Selbst hier gibt es keine Geheimniskrämerei, weil<br />

das Partnering jeden verpflichtet, seine Kompetenz<br />

und seine Kenntnis bezüglich der Kosten gegenüber<br />

den anderen offenzulegen und einzubringen.<br />

Damit ist gewährleistet, dass bei Anpassungen und<br />

Änderungen in der Planungsphase – aber auch zu<br />

jedem anderen Zeitpunkt – die Auswirkungen auf


HighLight Munich Business Towers


die Kosten sowohl als Erhöhung oder als Minderung<br />

transparent nachweisbar sind. Dadurch werden die<br />

üblichen Nachtragsdiskussionen überflüssig. Sie sind<br />

in einem Partnering-Verfahren deswegen auch erst<br />

gar nicht vorgesehen.<br />

? hört sich sehr interessant an. stellt<br />

sich die frage nach dem stellenwert des partnerings<br />

bei der realisierung von großprojekten.<br />

! Ich kann sagen, dass bei Züblin ein Drittel<br />

der Aufträge bereits im Partnering-Stil durchgeführt<br />

wird. Die anderen beiden Drittel arbeiten zur einen<br />

Hälfte mit Pauschalen – oder neudeutsch ” global<br />

maximum prices“ – und zur anderen sind es Einheitspreisverträge.<br />

In fünf Jahren wird jedoch – so meine<br />

Schätzung – Partnering in unserem Unternehmen 50<br />

Prozent der Projekte ausmachen. Deshalb bereiten<br />

wir unsere Mitarbeiter heute schon mit Schulungsmaßnahmen<br />

darauf vor, weil bei diesem Vorgehen<br />

nicht nur ein großes Potential an Ingenieurswissen<br />

notwendig ist, sondern auch ein hohes Maß an – ich<br />

nenne es mal so – ” menschlichem“ Potential. Denn<br />

am Ende kommt es auf die Bereitschaft an, tatsächlich<br />

miteinander ein gemeinsames Ziel zu erreichen – und<br />

zwar sowohl auf fachlichem und menschlichem Gebiet<br />

als auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.<br />

? ” wirtschaftlich“ ist ein gutes stichwort.<br />

welches dieser drei modelle ist am ende<br />

kostengünstiger für den bauherrn?<br />

! Mit großem Abstand das Partnering. Das<br />

ist auch logisch, denn Schnittstellen verursachen<br />

Kosten. Die Uni Dortmund hat das einmal wissenschaftlich<br />

untersucht und herausgefunden, dass<br />

man bei einer gewerkeweisen Ausschreibung auf 110<br />

Prozent der möglichen Kosten kommt. Bei Pauschalvereinbarungen<br />

kommt man auf 100 Prozent und<br />

beim Partnering liegen sie bei 88 bis 92 Prozent. Das<br />

Partnering ist also sehr lukrativ. Aber es muss bei<br />

demjenigen, der bei einem Gebäude das Geld investieren<br />

will, nicht nur das Verständnis von der Sache<br />

her da sein, sondern es muss bei ihm auch der Wille<br />

zur Verständigung vorhanden sein. Und er darf nicht<br />

ständig Planungsänderungen vornehmen.<br />

? die haltung, nur den niedrigsten<br />

preis zu akzeptieren und alles vertraglich<br />

bombenfest zu zurren, ist also teurer?<br />

! Klar.<br />

? warum?<br />

! Wenn ich weiß, dass ich als Bauunternehmer<br />

irgendwann an eine Stelle im Prozessablauf komme,<br />

bei dem – durch knallharte vertragliche Bindungen –<br />

nur mit 0 oder 1 entschieden wird, dann muss ich das<br />

in meiner Kalkulation berücksichtigen, weil ich weiß,<br />

dass dann an dieser Stelle Kosten für mich entstehen,<br />

die ich an anderer Stelle wieder ersetzt haben<br />

möchte.<br />

Wenn ich dagegen weiß, dass ich an dieser<br />

Stelle des Prozessablaufs mich mit den anderen Beteiligten<br />

zusammensetzen kann, um einen Lösungsweg<br />

zu finden, der auch für mich wirtschaftlich gangbar<br />

ist, dann muss ich das nicht mit einem Risikozuschlag<br />

abfedern.<br />

? und von der arbeitszeit? ist das nicht<br />

viel aufwendiger?<br />

! Nein, deutlich weniger. Als Vorstand hat<br />

man natürlich immer die schwierigen Fälle auf dem<br />

Tisch. Aber wenn ich da sehe, wie viele Dinge bei<br />

anderen Management-Stilen nur noch via Gericht<br />

entschieden werden können, weil es keine Gesprächs-<br />

und Klärungsmöglichkeit mehr gibt – oder vertraglich<br />

bedingt sogar nicht mehr erlaubt sind – dann ist<br />

der Vorteil des Partnering eineindeutig. Deshalb setzt<br />

sich diese Arbeitsweise auch immer mehr durch.<br />

? an erster stelle muss also der auftraggeber<br />

klar wissen, was für ein gebäude er<br />

haben will, um so alle parteien darauf einzuschwören?<br />

! Wenn Sie sich ein Auto kaufen, dann wissen<br />

Sie doch auch genau, was Sie haben wollen – welche<br />

Marke, welche Farbe, welche Motorisierung und auch<br />

welche Soft-Facts für Sie von Bedeutung sind. Da<br />

haben Sie sich doch auch gut vorbereitet. Und beim<br />

Bauen ist das nicht anders. Es handelt sich dabei<br />

einfach um einen sehr klaren auf Verständigung und<br />

Einigung ausgerichteten Management-Stil. So wie Sie<br />

Ihr Privatleben organisieren, so sollen Sie auch ein<br />

Gebäude gut vorbereitet planen und bauen.<br />

? nun sind sie ja nicht nur in deutschland<br />

aktiv, sondern auch in anderen kulturkreisen.<br />

wenn sie einen kulturvergleich<br />

vornehmen sollten, was das bauen betrifft, wie<br />

sähe der aus?<br />

! Also, die Deutschen sind nach meiner<br />

Erfahrung etwas regelungswütiger als zum Beispiel<br />

die Briten. In Australien, zum Beispiel, haben wir viele<br />

Projekte im Tiefbau im ” alliance contracting“ durchgeführt,<br />

da sitzt gleich zu Beginn ein Mediator mit am<br />

Tisch, der auch im Streitfall befugt ist, abschließend<br />

selbst die Entscheidung zu treffen, was das Beste für<br />

das Projekt ist. Das wird bereits im Vorfeld vertraglich<br />

so vereinbart.<br />

In Großbritannien werden viele Public Private<br />

Partnership Modelle realisiert – was in gewisser<br />

Weise ja auch ein Partnering-Modell ist. Das wird<br />

übrigens – wenn ich noch mal auf Deutschland<br />

zurückkommen darf – auch in Hessen, im Landkreis<br />

Offenbach, bei der Schulsanierung bereits langjährig<br />

und sehr intensiv gepflegt. Das hat den Vorteil, dass<br />

dieser Landkreis nicht nur sehr schnell sehr moderne<br />

Schulbauten bekommt, sondern auch einen großen<br />

Erfahrungsvorsprung hat, den er in anderen Bauprojekten<br />

einsetzen kann. Überhaupt sind die Hessen<br />

in diesem Bereich bundesweiter Spitzenreiter. Und<br />

weil sie auch schon so viele solcher Projekte realisiert<br />

haben, ist das Partnering auch schon besser in der<br />

Verwaltung implementiert.<br />

? wir haben dazu auch einen beitrag im<br />

heft (s. s. 78). bleiben wir in deutschland. wie<br />

sieht denn die baukultur in anderen bundesländern<br />

aus? sie sind ja gebürtiger bayer, wie ist<br />

zum beispiel der unterschied zwischen badenwürttemberg<br />

und bayern, was ihren umgang<br />

beim bauen betrifft?<br />

! Die Württemberger würde ich als<br />

professioneller ansehen. Die sind bereiter, ergebnisorientiert<br />

vorzugehen. Die Bayern diskutieren noch<br />

sehr viel auf politischer Ebene, zum Beispiel, ob<br />

Lösungsansätze einzelner Teilprojekte nicht doch zu<br />

einer gewerkeweisen Ausschreibung führen müssten.<br />

Vom Verkehrswegebau weiß ich, dass die Bayern dort<br />

allerdings ganz neue Wege ausprobieren und sich damit<br />

vermutlich an die Spitze einer neuen Bewegung setzen.<br />

? und andere bundesländer?<br />

! Brandenburg ist im Partnering-Gedanken<br />

auch schon ziemlich weit vorn. Nehmen Sie die jüngste<br />

Entscheidung zum Landtagsbau in Potsdam, das ist ein<br />

Paradebeispiel.<br />

Die Sachsen haben eine sehr gute Verwaltung<br />

und sind – das mag aber eine ganz subjektive Sicht<br />

sein – sehr streitlustig. Aber auch die werden sehen,<br />

dass Kollegen in anderen Ländern mit partnerschaftlich<br />

organisiertem Vorgehen Erfolge haben, die sie dann<br />

sicherlich auch selbst realisieren wollen.<br />

? warum, glauben sie, ist das partnering<br />

so erfolgreich?<br />

! Jeder Mensch möchte doch etwas haben, wo<br />

er sich nicht streiten muss. Und deshalb muss ich als<br />

Bauunternehmen alles daran setzen, meinen Kunden zu<br />

überzeugen, nicht ihn zu zwingen oder ihm die Pistole<br />

auf die Brust zu setzen, sondern mit ihm zu bauen. Es<br />

war viel zu lange normal, dass man Probleme in einem<br />

Hickhack zu lösen versuchte. Aber es ergaben sich daraus<br />

keine Lösungen – sondern nur weitere Streitereien.<br />

Und damit erreicht man auch nicht das, was man will,<br />

nämlich ein gutes Gebäude zu bauen. Außerdem ist<br />

Partnering der viel modernere Ansatz. Unsere jungen<br />

Mitarbeiter haben zum Beispiel einen anderen Arbeitsethos<br />

als frühere Generationen. Die sind sehr engagiert<br />

und ergebnisorientiert bei ihrer Arbeit, aber sie wollen<br />

auch geführt werden. Und deshalb gehört es zu unserer<br />

Unternehmens-Philosophie, dass wir ihnen sagen:<br />

” Ehe du dich streitest, musst du dich einigen!“ Und<br />

deshalb müssen wir ihnen Management-Instrumente<br />

an die Hand geben, mit denen sie tatsächlich zu solchen<br />

Lösungen kommen können. Verstehen Sie mich nicht<br />

falsch: Wir sind nicht harmoniesüchtig, sondern wir<br />

wollen effektiv arbeiten.<br />

? welche projekte haben sie nach der<br />

partnering-methode erstellt?<br />

! Das Airrail Center am Frankfurter Flughafen,<br />

in dem Sie mit der Bahn am Flughafen ankommen und<br />

an dem Sie auch mit dem Auto auf der Autobahn vorbeifahren,<br />

die Münchner HighLight Towers und – ganz<br />

aktuell – den Opernturm in Frankfurt.<br />

? zum abschluss eine ganz andere frage:<br />

sie haben eine eigene forschungsabteilung bei<br />

züblin. was erforscht die?<br />

! Wir haben 15 Mann in unserer Forschungs-<br />

und Entwicklungsabteilung und arbeiten auch als<br />

Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges<br />

Bauen. Wir forschen an sehr unterschiedlichen Themenbereichen.<br />

Das reicht von ” High Performance Betonen“<br />

für Off-Shore-Windparks über Energietübbings<br />

zur Nutzung geothermischer Energie in maschinell<br />

erstellten Tunnels bis hin zu ” REG“, der so genannten<br />

5-D-Planung von Gebäuden. Aus ” REG“ – was ausgesprochen<br />

” Ressourceneffiziente Gebäude“ heißt – kann<br />

zum Beispiel nicht nur die Gebäudegeometrie virtuell<br />

als 3-D-Modell erfasst werden, sondern es kann unter<br />

anderem auch die in den Bauteilen gebundene CO 2-<br />

Menge, das Ozonbildungspotenzial und die Höhe des<br />

erneuerbaren Primär-Energie-Bedarfs bilanziert werden.<br />

In einem anderen Projekt haben wir zusammen<br />

mit dem Fraunhofer-Institut einen Beton-Wärmespeicher<br />

entwickelt: Dabei wird der Beton tagsüber von Solarmodulen<br />

mit überschüssiger Energie erhitzt, woraus<br />

über ein in den Beton integriertes Öl-Leitungssystem<br />

nachts Strom erzeugt wird.<br />

Und wenn Sie mir diesen abschließenden Gedanken<br />

gestatten, ist auch diese Forschung eine Form<br />

von gesellschaftsübergreifendem Partnering, nämlich<br />

zwischen Züblin und der Gesellschaft, in der wir leben<br />

und arbeiten.<br />

N# Nachmann rechtsanwälte teilen mit der Ed. Züblin AG<br />

die Ansicht, dass Kommunikation am Bau das wichtigste Element<br />

des planerischen, technischen und juristischen Projektmanagements<br />

ist.


N# BAUEN<br />

Seite 78<br />

Dipl.-Ing. Friedrich M. Fillies, Architekt, Helaba Immobiliengruppe,<br />

der in Nordhessen das Projektmanagement von 22 Schulen geleitet hat –<br />

und dabei sehr neue Wege gegangen ist –<br />

im Dialog mit unserem Autor Andreas Lukoschik.<br />

ganzheitliche<br />

sanierung<br />

von schulen und das<br />

regionalitätsprinzip<br />

WIE ALLES BEGANN<br />

? herr fillies, wie ging ihr bemerkenswertes<br />

projekt damals los und was haben sie anders<br />

gemacht?<br />

! Im Jahre 1999 haben die politischen Gremien<br />

des Landkreises Kassel die ersten Gespräche mit unserem<br />

Unternehmen – der OFB Gruppe, einer 100-prozentigen<br />

Gruppe der Hessischen Landesbank – geführt.<br />

Das Thema: Wir sollten einen ganzheitlichen Weg der<br />

Schulsanierungen aufzeigen. Der damalige Landrat, Dr.<br />

Udo Schlitzberger und sein heutiger Nachfolgen, Uwe<br />

Schmidt, hatten diese Vision für den Landkreis Kassel.<br />

Das klingt heute normal. Aber das war 1999, also schon<br />

vor zehn Jahren – und da hatte es etwas von Pioniertat.<br />

Heute wird das Konjunkturpaket II gefeiert, weil mit<br />

dem Geld die Schultoiletten vieler Schulen saniert<br />

werden können – was mich im Übrigen fürchterlich<br />

ärgert. Ich frage mich, was die denn alle wohl mit ihren<br />

Schultoiletten gemacht hätten, wenn es das Konjunkturpaket<br />

II nicht gegeben hätte? Hätten die die Türen<br />

zugenagelt?<br />

Wie auch immer. Es gab damals diese Vision<br />

der ganzheitlichen Schulsanierungen und wir mussten<br />

nachdenken, wie wir das realisieren könnten. Und wollten.<br />

Nun muss man wissen, dass die Kommunen sehr<br />

häufig verschuldet und vielfach nicht als Wirtschaftsunternehmen<br />

geführt worden sind, weshalb man uns, also<br />

die OFB Gruppe, mit dem Projektmanagement beauftragt<br />

hatte. Bei einer ersten Beauftragung konnten wir<br />

unsere Ideen der ganzheitlichen Sanierung testen und<br />

mit den hinzugezogenen Architekten und Ingenieuren<br />

sowie den Mitarbeitern des Landkreises erste Erfahrungen<br />

in der Zusammenarbeit sammeln. Dabei haben wir<br />

vier Mitarbeitern des Landkreises einen Arbeitsplatz<br />

in unserem Büro gegeben, um langwierige Wege und<br />

zeitliche Abstimmungsverluste zu vermeiden. Dieser<br />

Vorgang war ein Meilenstein für die spätere Durchführung<br />

der Sanierung der Schulen.<br />

Nach der ersten Kostendiskussion sind – und<br />

das ist bemerkenswert – alle, bis auf eine Partei, für<br />

unsere Vorschläge zur ganzheitlichen Sanierung der<br />

Schulen gewesen. Festgesetzt wurde durch Beschluss<br />

der politischen Gremien, dass die Sanierung der ausgewählten<br />

Schulen die Summe von 200 Millionen nicht<br />

<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />

überschreiten solle und somit ein bestimmter Betrag<br />

an Zinsen und Tilgungen pro Jahr absolut begrenzt<br />

war. Das haben wir für unsere Finanzierung als<br />

Vorschrift in das Stammbuch“ bekommen.<br />

”<br />

Der erste Schritt war, die Schulen zu entkernen<br />

– und dann ganzheitlich zu sanieren. Und damit<br />

meine ich eine Sanierung zu konzipieren, die den<br />

heutigen pädagogischen Erkenntnissen entspricht.<br />

Das heißt zum Beispiel Folgendes: Wir haben in<br />

Deutschland meistens 2,5 qm pro Schüler in den<br />

Schulen zur Verfügung. In Skandinavien hat jeder<br />

Schüler 4 qm. Das bedeutet nicht nur mehr Platz<br />

im Klassenzimmer, sondern auch mehr Platz an<br />

Nebenräumen. So etwas haben wir in unsere Schulsanierungen<br />

aufgenommen. Ein anderes Beispiel: Es<br />

gibt bei uns nicht mehr diese end- und trostlosen<br />

Gänge. Die haben wir neu strukturiert, mehr Knicke<br />

und Kurven eingebaut, um entsprechende Räume<br />

zu schaffen. Oder: Die Klassenzimmer bekamen<br />

ein Fenster zum Flur hin, nicht damit die Schüler<br />

” rausgucken“ können, sondern damit man vom Flur<br />

sieht, wie der Unterricht in der Klasse läuft. Und viele<br />

andere Erkenntnisse aus anderen Ländern haben<br />

wir in unsere Konzepte aufgenommen. Denn man<br />

muss ja nicht immer das Rad neu erfinden.<br />

Sehen Sie, die Schule ist die zweite Heimat<br />

von jungen Menschen! Und das müssen sie auch<br />

so erleben können. Das heißt: Wir müssen ein<br />

Bauwerk wie ein kleines Kunstwerk anschauen –<br />

nicht übertrieben, sondern in einem Stil, den ein<br />

Kind versteht. Sowohl als Grundschüler als auch<br />

als Abiturient. Denn es gibt drei Pädagogen in einer<br />

Schule – erstens den Lehrer, zweitens die Mitschüler<br />

und drittens den Raum.<br />

Deshalb war es für uns, die wir das Gesamtmanagement<br />

haben, ganz wichtig, ein Architekturbüro<br />

zu finden, das diese Gedanken und Anforderungen<br />

versteht. Denn uns war klar: Wenn wir uns<br />

nicht entscheiden, nur mit solchen Architekten<br />

zusammen zu arbeiten, dann werden wir scheitern.<br />

Nicht mit dem Bau der Gebäude – das kriegt man<br />

immer hin – aber mit dem, was in diesen Gebäuden<br />

geschehen soll, nämlich jungen Menschen den Spaß<br />

am Lernen zu erhalten und zu fördern! Dazu gehört<br />

für uns auch, dass wir die Lehr- und Lernmittel<br />

ändern. Es gibt zwar in vielen Schulen Computer,


aber zum Beispiel im naturwissenschaftlichen Bereich<br />

wird immer noch derselbe Bunsenbrennertyp<br />

verwendet, den ich aus meiner Schulzeit kenne...<br />

? moment. sie sind der sanierer. sie greifen<br />

da ja in die pädagogik ein!<br />

! Aber gerade weil ich der Sanierer bin, haben<br />

wir all das in Abstimmung mit den Pädagogen gemacht.<br />

Sehen Sie, jeder Unternehmer schafft für seine<br />

Mitarbeiter erstklassige Arbeitsbedingungen und erstklassige<br />

Büroräume – sonst sind die Mitarbeiter nicht<br />

produktiv. Aber bei unseren Kindern gilt das in den<br />

Schulen bisher absolut nicht. Verdreckte Toiletten, verschmierte<br />

Gänge, desolate Klassenzimmer – soll da ein<br />

Kind eine vernünftige Einstellung zum Leben und Lernen<br />

bekommen? Lebenslang zu lernen, ist heute schon<br />

wichtig. Um wie viel wichtiger wird das erst für unsere<br />

Kinder. Das muss man doch mit ihnen einüben und<br />

sie dorthin führen. Deshalb sind wir der Meinung: Die<br />

Schüler (= Mitarbeiter) haben ein Anrecht auf einen<br />

guten Arbeitsplatz, der in den verschiedenen Bereichen<br />

kindgerecht respektive erwachsenengerecht ist. Dazu<br />

gehört zum Beispiel nicht eine einzige Stuhlgröße, bei<br />

denen die Kleinen ihre Füße baumeln lassen und die<br />

Großen nicht wissen, wohin mit ihrem Fahrgestell. Zu<br />

diesem Ansatz gehört auch eine vernünftige Mensa,<br />

in der eine Nahrung zubereitet wird, die den Kindern<br />

und Jugendlichen das Lernen erleichtert – und sie<br />

nicht pappsatt und müde macht. Ein Sachverhalt, der<br />

bisher vollkommen unterschätzt worden ist. Diese<br />

Einrichtung wurde und wird übrigens vielfach durch<br />

Fördervereine der Eltern aufrechterhalten. Woran man<br />

sieht, dass sich Eltern in solch einer ganzheitlichen, sanierten<br />

Schule zusammenschließen und diese Schule<br />

selbst sehr aktiv fördern.<br />

So weit so gut. Nach der Aktualisierung der<br />

Lehr- und Lernmittel in den naturwissenschaftlichen<br />

Räumen sowie den EDV-Bereichen mussten wir außerdem<br />

neue Platzierungen und Zuordnungen bestimmter<br />

Räume in den Schulen vornehmen – also die Musik-<br />

und Werkräume so platzieren, dass andere Schüler<br />

nicht gestört werden und die Schulen schalltechnisch<br />

besser sind als vorher.<br />

Wir haben die Schulen im Übrigen nicht allein<br />

und selbstherrlich umstrukturiert, sondern in Abstimmung<br />

mit einem Gremium aus Lehrern, Elternbeirat<br />

– und Schülerbeirat.<br />

UND DIE ZEIT?<br />

? in welchem zeitrahmen?<br />

! Sie werden staunen: Das gesamte Projekt mit<br />

allen 22 Schulen schließen wir 2011 ab, nach acht Jahren<br />

– mit allen Planungen, ” diplomatischem“ Aufwand<br />

für Abstimmungen und Bauzeit! Und der Standard, den<br />

wir entwickelt haben, kann sich in Deutschland sehen<br />

lassen. Deshalb haben wir derzeit auch Besucher en<br />

masse, die sich diese Schulen anschauen. In einer Schule<br />

waren es 3000 Besucher am Tag der offenen Tür!<br />

Und noch etwas ist ganz wichtig: Die Schüler<br />

entwickeln ein ganz anderes Verantwortungsgefühl für<br />

” ihre“ Schule. Das sieht dann zum Beispiel so aus, dass<br />

nicht nur die Klassenzimmer, sondern auch der Flur<br />

von den Schülern verantwortet wird. Die Erfahrung<br />

zeigt, dass die Schüler an dieser Verantwortungszunahme<br />

wachsen – und sie sehr gut verinnerlichen. Deshalb<br />

lässt sich auch ganz leicht – wie vor kurzem geschehen<br />

– derjenige finden, der eine Wand verschmiert hat. Der<br />

muss dann die Reparaturmaßnahme bezahlen. Dieses<br />

Vorgehen ist letztlich in der Stadt New York erfunden<br />

worden, wo die Einwohner auch erst lernen mussten,<br />

wie schnell eine Stadt schöner und sicherer wird, wenn<br />

sich jeder Bewohner um seinen“ Bezirk kümmert.<br />

”<br />

Tagtäglich und mit Aufmerksamkeit und Liebe. Verantwortungsgefühl<br />

beginnt nämlich im Kleinen. Und<br />

genau so lernen es die Schüler in unseren Schulen.<br />

Dadurch findet eine beachtliche Selbsterziehung unter<br />

den Kindern statt.<br />

? moment, herr fillies, sie sind ja<br />

eigentlich ein mann aus dem baumanagement<br />

und finanzbusiness. was veranlasst sie und die<br />

helaba-tochter ofb eigentlich, derartig humanistische<br />

projekte zu betreiben?<br />

! Ganz einfach. Meine Erziehung (lächelt). Oder<br />

sehen Sie es einmal so: Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen<br />

im Immobilienbereich der Helaba und<br />

machen Projektmanagement und Projektentwicklung.<br />

Das heißt: Guter Arbeit folgen neue Aufträge – nicht<br />

nur in der freien Wirtschaft. Auch im kommunalen<br />

Geschäft. Ich könnte Ihnen in der ganzen Bundesrepublik<br />

Beispiele zeigen, wo der Bürger staunen würde, was<br />

alles im kommunalen Bereich möglich ist, wenn die<br />

Verwaltungen nicht nur ” verwalten“.<br />

Aber Sie fragen nach der unternehmerischen<br />

Seite: Alle Projekte und ihre Finanzierungen sind<br />

durch Zustimmung unseres Aufsichtsrates zustande<br />

gekommen, in dem viele Vertreter unserer Anteilseigner<br />

sitzen. Denn: Wir gehören zum größten Teil ja den<br />

Sparkassen. Und der Gewährträger einer Sparkasse<br />

ist – die Kommune. Somit ist der Kreislauf geschlossen,<br />

was bedeutet, dass die Helaba für eine Kommune etwas<br />

tun kann. Wobei sie natürlich auch einen Profit hat.<br />

Das ist ganz klar und legitim.<br />

? verfolgt die helaba diese strategie<br />

immer noch?<br />

! Es gab eine Zeit – und die ist noch gar nicht<br />

so lange her – da hieß es bei den Banken ” big is<br />

beautiful“. Also mussten Großprojekte her. Je größer, je<br />

besser. Wir als Helaba haben an spekulativen Großprojekten<br />

nicht teilgenommen. Stichwort: Immobilien-<br />

krise in Amerika. Wir haben dagegen das Regionalitätsprinzip<br />

verfolgt. Nicht nur in Nordhessen.<br />

REGIONALITÄTSPRINZIP UND AUFTRAGS-<br />

VERGABE<br />

? wie sollte nach ihren erfahrungen bei<br />

einer public private partnership zum thema<br />

schule vorgegangen werden? öffentlich ausschreiben<br />

oder den auftrag gleich an unternehmen<br />

vergeben, von denen die kommunen wissen,<br />

dass die das können?<br />

! Die öffentliche Ausschreibung ist ja heutzutage<br />

Pflicht.<br />

Ich sage Ihnen einmal, wie wir das handhaben:<br />

Wenn ich heutzutage einen Architekten oder Unternehmer<br />

suche, dann muss der mir als Manager – zum<br />

Beispiel einer zu sanierenden Schule – nachweisen, ob<br />

er ein solches Projekt schon einmal gemacht hat. Von<br />

seinem Auftraggeber möchte ich dann wissen, ob der<br />

Architekt oder der Unternehmer seine Arbeit zur vollen<br />

Zufriedenheit gemacht, ob er die Kosten eingehalten,<br />

das Umfeld richtig betrachtet oder den pädagogischen<br />

Ansatz so verstanden hat, dass er ihn auch umsetzen<br />

konnte – und ob die erbrachten Leistungen schließlich<br />

und endlich auch von einem vereidigten Sachverständigen<br />

als fehlerfrei abgenommen worden sind.<br />

Als Zweites möchte ich wissen, ob der Unternehmer<br />

– wenn er denn das alles wie eben beschrieben<br />

leisten kann – bereit ist, mir auch eine Bürgschaft in<br />

gleicher Höhe des Bauvolumens zu geben. So etwas<br />

kann ich heute auch als Kommune verlangen, weil ich<br />

dann weiß, dass ich auf der sicheren Seite bin.<br />

Also, erstens die Frage nach der Qualität,<br />

zweitens nach der Bonität – und als Drittes kommt das<br />

Regionalitätsprinzip. Das war für mich immer das Muss:<br />

die Firmen aus der Region in die Aufträge mit einbeziehen.<br />

Warum? Ganz einfach: Wenn der Vater eines<br />

Schülers der ausführende Dachdecker ist, dann arbeitet<br />

der ganz anders als ein Dachdecker, der aus einem 500<br />

km entfernten Ort kommt. Wir sichern mit der Vergabe<br />

der Aufträge in die Region damit auch einen Teil des<br />

Einkommens der Beschäftigten und somit die Kaufkraft.<br />

Abgesehen davon, können Sie sich vorstellen,<br />

was es für das Steueraufkommen in Nordhessen heißt,<br />

wenn wir mit dem Landkreis, als kommunaler Auftraggeber<br />

200 Millionen in der Region lassen!<br />

? darf ich mal fragen, wie sie die entscheidungsträger<br />

in den kommunen und schulen<br />

überzeugen konnten, mit ihnen solche neuen<br />

wege zu gehen?<br />

! Jetzt kriegen Sie eine sehr altmodische<br />

Antwort von mir: Sie müssen bei solchen Gesprächen<br />

authentisch und mit dem Herzen dabei sein.<br />

Ihr Gegenüber muss Sie nämlich nicht nur verstehen<br />

und anerkennen, sondern Ihnen auch vertrauen. Und<br />

das Team – von den eigenen Mitarbeitern über die<br />

Architekten und Ingenieure bis hin zu den Eltern,<br />

Schülern, Lehrern und Schulleitern – muss am gleichen<br />

Strang ziehen. Schauen Sie – wie anfangs gesagt –<br />

haben wir von der Kommune vier Mitarbeiter in unser<br />

Büro geholt. Die haben das Projektmanagement mit<br />

uns gemeinsam gemacht. Und wenn wir dann – nach<br />

Abschluss der Sanierungen – wieder unseres Weges<br />

ziehen, dann gehen diese vier Mitarbeiter wieder in ihre<br />

kommunalen Büros zurück – und wissen jetzt wie man<br />

in der freien Wirtschaft solche Aufträge durchzieht. Sie<br />

haben alle Akten selbst bearbeitet, kennen den Inhalt,<br />

wissen um alle Details und tragen deshalb innerhalb<br />

der Kommune diese Erfahrungen weiter. Das ist etwas,<br />

was sonst nirgends gemacht wird. Aber das gehört aus<br />

meiner Sicht auch zur ganzheitlichen Abwicklung einer<br />

Aufgabe.<br />

UND WIE GEHT ES WEITER?<br />

? noch mal zum geld. es ging ja unlängst<br />

durch die presse, dass die länder von den vielen<br />

milliarden des konjunkturpaketes ii nur 200 milliarden<br />

angefordert haben. gleichzeitig sollten<br />

die förderbestimmungen des konjunkturpaketes<br />

ii so gelockert sein, dass es besonders einfach<br />

ist, innerhalb der länder bauliche investitionen<br />

vorzunehmen. klemmt da was, oder habe ich da<br />

was falsch verstanden?<br />

! Weder noch. Aus den Programmmitteln des<br />

Bundes und der Länder bekommt der Landkreis Kassel<br />

derzeit ca. 1.500 Euro pro Kind zur Sanierung der Schulen.<br />

Wir brauchen aber 22.000 Euro pro Kind, um das<br />

ordentlich zu machen. Da frage ich Sie: Was soll so ein<br />

Konjunkturpaket bewirken? Nachhaltige Sanierungen<br />

ermöglichen oder die anfänglich erwähnte Toiletten-<br />

Kosmetik fördern? Für diese Förderbeträge plus den<br />

zehn bis 15 Prozent, die die Kommunen vielleicht selbst<br />

noch dazulegen können, bekommen Sie noch nicht<br />

einmal Wärmedämmglas mit neuen Fenstern für die<br />

Schulen – obwohl das Konjunkturpaket II ja gerade für<br />

energetische Sanierungsmaßnahmen aufgelegt wurde.<br />

Das ist einfach zu wenig. Deshalb muss man die Kommunen<br />

dazu bewegen, sich – für unsere Kinder – zu verschulden!<br />

Und das macht Sinn. Der große Börsenguru<br />

André Kostolany hat einmal auf die Frage geantwortet,<br />

wo man sein Geld am einträglichsten investieren solle:<br />

” In Ihre Kinder!“ Und deshalb müssen die Vergabekriterien<br />

noch weiter gelockert und viel mehr in die<br />

diejenigen Menschen investiert werden, die unser Land<br />

einmal erfolgreich gestalten sollen – unsere Kinder.<br />

N# Nachmann rechtsanwälte beraten bei Public-Private-Partnership-Projekten<br />

die Beteiligten bei vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen<br />

Konstruktionen.


lange galt das geschäftsmodell der sparkassen<br />

als antiquiert und verstaubt. in der finanzmarktkrise<br />

haben sich die dezentralen und<br />

regional verankerten institute eindrucksvoll<br />

zurückgemeldet: sie haben sich einmal mehr<br />

als stabilitätsanker für die deutsche finanzbranche<br />

und die gesamte wirtschaft erwiesen.<br />

Seit Sommer 2007 hält die globale Finanzmarktkrise<br />

die Kreditwirtschaft fest im Griff. Zwar<br />

beginnen sich die Geld- und Kapitalmärkte allmählich<br />

wieder zu beleben. Darüber hinaus haben<br />

einige US-Großbanken für das zweite Quartal 2009<br />

bereits wieder hohe Gewinne gemeldet. Ob diese<br />

positiven Nachrichten aber tatsächlich schon den<br />

Anfang einer nachhaltigen Normalisierung markieren,<br />

weiß derzeit niemand zu sagen. Die Gefahr<br />

von Rückschlägen bleibt jedenfalls hoch. Vor dem<br />

Hintergrund der immensen Vermögensschäden, die<br />

die Finanzmarktkrise bisher angerichtet hat, bleibt<br />

Vorsicht angesagt: Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur<br />

Bloomberg hat die Krise die Finanzbranche<br />

in aller Welt bisher fast 1.500 Mrd. Dollar<br />

an Wertberichtigungen und Kreditausfällen gekostet.<br />

Der Internationale Währungsfonds geht sogar davon<br />

aus, dass sich der Gesamtverlust insgesamt auf rund<br />

4.000 Mrd. Dollar summieren wird. Sollte diese Prognose<br />

eintreffen, würde der Finanzbranche das dicke<br />

Ende der Krise somit erst noch bevorstehen.<br />

Schon heute hat die Finanzmarktkrise die<br />

globale Bankenlandschaft fundamental verändert.<br />

Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers<br />

<strong>Hamm</strong><br />

im September 2008 sandte Schockwellen in die<br />

Finanzwelt und bildete den vorläufigen Höhepunkt<br />

<strong>Hubertus</strong><br />

der Krise. In den USA haben renommierte Banken<br />

wie Merrill Lynch oder Bear Stearns ihre Selbstän- <strong>Foto</strong>:<br />

BAUFINANZIErUNG<br />

Seite 83<br />

Von Gerhard Grandke,<br />

geschäftsführender Präsident<br />

des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen<br />

bewährtes<br />

geschäftsmodell:<br />

sparkassen kommen<br />

gut durch die<br />

finanzmarktkrise<br />

digkeit verloren. Zugleich haben sich die beiden<br />

letzten verbliebenen selbständigen Investmentbanken<br />

Goldman Sachs und Morgan Stanley in<br />

Universalbanken umgewandelt. Aber auch kleinere<br />

Institute hat die Krise mit voller Wucht erwischt: Im<br />

Jahr 2008 wurden in den USA 25 Regionalbanken<br />

von den Aufsichtsbehörden geschlossen. In der ersten<br />

Hälfte des Jahres 2009 wurden knapp 50 weitere<br />

US-Institute dichtgemacht. Ein Ende des Bankensterbens<br />

ist somit nicht abzusehen. Die US-Immobilienfinanzierer<br />

Freddie Mac und Fannie Mae wurden<br />

inzwischen verstaatlicht. Der Versicherungskonzern<br />

AIG – der größte Versicherer der Welt – musste mit<br />

massiven Staatshilfen gestützt werden.<br />

Zu welch tief greifendem Paradigmenwechsel<br />

die Krise geführt hat, zeigt das Beispiel England.<br />

Ausgerechnet im Mutterland der freien Markt-<br />

wirtschaft musste unter anderem bei den Banken<br />

Northern Rock und Royal Bank of Scotland auf das<br />

Instrument der Verstaatlichung zurückgegriffen<br />

werden.<br />

Aber auch in Deutschland hat die Finanzmarktkrise<br />

tiefe Spuren hinterlassen. Die großen<br />

deutschen Geschäftsbanken und einige Landesbanken<br />

mussten auf ihren Wertpapierbestand<br />

Abschreibungen in Milliardenhöhe vornehmen. Die<br />

Sparkassen in Hessen und Thüringen sind sehr froh<br />

darüber, dass die Landesbank Hessen-Thüringen<br />

davon nur indirekt und in sehr überschaubarem<br />

Maße betroffen ist. Um die Finanzmarktkrise einzudämmen,<br />

haben die Regierungen weltweit in noch<br />

nicht gekannter Größenordnung Rettungspakete für<br />

die Finanzbranche aufgelegt. In Deutschland hat die<br />

Bundesregierung im Oktober 2008 einen ” Sonderfonds<br />

Finanzmarktstabilisierung“ eingerichtet, der


Banken mit Hilfe von Garantien und Mitteln zur<br />

Rekapitalisierung und Risikoübernahme unterstützt.<br />

Trotz der staatlichen Stützungsaktionen und Garantien<br />

kann derzeit niemand sagen, wann die Finanzmarktkrise<br />

überwunden sein wird.<br />

SCHATTENSEITEN DER GLOBALISIE-<br />

RUNG: DIE FINANZMARKTKRISE FRISST SICH IN<br />

DIE WELT<br />

Die Ursachen der Finanzmarktkrise sind vielfältig.<br />

Auslöser war die sogenannte Subprime-Krise<br />

in den USA. Noch vor kurzem wäre es unvorstellbar<br />

gewesen, dass überschuldete Eigenheimbesitzer in<br />

den USA einmal solche Turbulenzen an den weltweiten<br />

Kapitalmärkten auslösen würden und die Krise<br />

sich dann nach dem Muster eines Dominospiels<br />

unaufhaltsam ausbreiten würde. Aber genau das ist<br />

passiert. Zuerst konnten überschuldete Eigenheimbesitzer<br />

wegen steigender Zinsen und fallender Häuserpreise<br />

ihre Hypotheken nicht mehr bedienen. Im<br />

vierten Quartal 2008 befanden sich elf Prozent aller<br />

US-Hypothekendarlehen in Zahlungsverzug oder in<br />

der Zwangsversteigerung. Durch das Instrument der<br />

Kreditverbriefung fraß sich die Krise vom amerikanischen<br />

Markt für zweitklassige Hypotheken in das<br />

verschachtelte System der globalen Finanzmärkte:<br />

Hypothekenfinanzierer, Hedgefonds, Banken und<br />

Kreditversicherer, aber auch Kreditkartenanbieter<br />

mussten einen erheblichen Teil ihrer Forderungen<br />

abschreiben. Aus der Krise eines Teilsegments<br />

entwickelte sich eine Krise des Gesamtmarktes, die<br />

sich schnell zu einer Vertrauens- und Liquiditätskrise<br />

ausgewachsen hat.<br />

Viele Banken trauen einander nicht mehr,<br />

weil sie noch milliardenschwere Belastungen in und<br />

außerhalb der Bilanzen der anderen Institute vermuten.<br />

Die Geld- und Kapitalmärkte bleiben deshalb<br />

weiter gestört, auch wenn dort inzwischen wieder<br />

eine leichte Entspannung eingetreten ist. Diese Entspannung<br />

ist nicht zuletzt der konzertierten Aktion<br />

von Regierungen und Notenbanken in aller Welt zu<br />

verdanken. Die Notenbanken haben in den vergangenen<br />

Monaten die Leitzinsen im Rekordtempo massiv<br />

gesenkt und immer wieder Milliarden Euro, Dollar,<br />

Pfund und Renminbi in den Geldkreislauf gepumpt.<br />

Viele Regierungen – auch die Bundesregierung –<br />

haben größere Konjunkturpakete aufgelegt. Diese<br />

Maßnahmen beginnen allmählich zu wirken. Das<br />

Vertrauen an den Finanzmärkten und auch in der<br />

Realwirtschaft kehrt deshalb langsam wieder zurück.<br />

SPARKASSEN VERHINDERN<br />

KREDITKLEMME<br />

Die Finanzmarktkrise hat inzwischen längst<br />

die Realwirtschaft erreicht. Viele Volkswirtschaften<br />

wie die USA und der Euroraum sind in eine scharfe<br />

Rezession gerutscht. In Deutschland ist das Bruttoinlandsprodukt<br />

im ersten Quartal 2009 um 3,8 Prozent<br />

und damit zum vierten Mal in Folge gesunken.<br />

Gegenüber dem Zeitraum von Januar bis März 2008<br />

liegt das Minus preisbereinigt sogar bei 6,7 Prozent.<br />

So einen Einbruch hat es noch nie gegeben, seitdem<br />

das Bruttoinlandsprodukt 1970 zum ersten Mal quartalsweise<br />

verglichen wurde. Zwar hat der konjunkturelle<br />

Abschwung inzwischen im zweiten Quartal 2009<br />

deutlich an Dynamik verloren. An ein nennenswertes<br />

und nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist jedoch in<br />

absehbarer Zeit erst einmal nicht zu denken.<br />

In Deutschland hat die Finanzmarktkrise zu<br />

keiner Kreditklemme geführt. Das Kreditneugeschäft<br />

ist im Jahr 2008 sogar gewachsen. Dies lag insbesondere<br />

an den Sparkassen, die bei den Kreditzusagen<br />

und Darlehensauszahlungen jeweils ein Plus von<br />

rund zehn Prozent verzeichnen konnten. Zwischen<br />

Januar und Juni 2009 ist das Kreditvolumen in<br />

Deutschland nach Angaben der Europäischen Zentralbank<br />

zwar um 2,3 Prozent zurückgegangen. Dieses<br />

Minus ist aber vor allem mit der konjunkturell<br />

bedingten schwächeren Nachfrage nach Krediten zu<br />

erklären. Zum Teil versuchen Banken sich aber auch<br />

durch strengere Bedingungen bei der Kreditvergabe<br />

vor dem Risiko von Kreditausfällen zu schützen.<br />

Dieses Risiko ist in einer Rezession nun einmal<br />

höher als im Aufschwung. Dabei kommen Firmen<br />

nach einer Ifo-Umfrage bei Genossenschaftsbanken<br />

und Sparkassen leichter an Kredite als bei Landesbanken<br />

und privaten Geschäftsbanken. Im ersten<br />

Halbjahr 2009 haben die Sparkassen entgegen dem<br />

Trend und trotz einer rückläufigen Kreditnachfrage<br />

ihre Kreditzusagen an Unternehmen und Selbständige<br />

im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um eine<br />

Mrd. Euro auf 30 Mrd. Euro gesteigert. Auch bei<br />

den Darlehensauszahlungen legten die Sparkassen<br />

in den ersten sechs Monaten des Jahres 2009 zu.<br />

Insgesamt wurden 25,6 Mrd. Euro an Unternehmen<br />

und Selbständige und damit 1,3 Mrd. Euro mehr als<br />

im 1. Halbjahr 2008 ausbezahlt. Sparkassen sind für<br />

kleine und mittlere Unternehmen nach wie vor der<br />

erste Ansprechpartner.<br />

Die Sparkassen können das auch deshalb<br />

leisten, weil sie insgesamt gut durch die Finanzmarktkrise<br />

gekommen sind. Ihr langfristig angelegtes<br />

und am Kunden ausgerichtetes Geschäftsmodell,<br />

das vor kurzem vielfach noch als altmodisch belächelt<br />

wurde, hat sich dabei hervorragend bewährt.<br />

In den vergangenen Monaten ist deutlich geworden,<br />

dass weltweit gerade die Institute von der Krise am<br />

stärksten betroffen sind, die in hohem Maße an den<br />

internationalen Kapitalmärkten engagiert waren. Je<br />

stärker sich die Geschäftsmodelle dieser Institute<br />

von der Realwirtschaft abgekoppelt haben und je<br />

stärker sie sich in virtuellen Märkten bewegt haben,<br />

desto stärker wurden sie von der Krise in Mitleidenschaft<br />

gezogen.<br />

SPARKASSEN HABEN IN DER KRISE ENT-<br />

SCHEIDEND ZUR STABILITÄT DES BANKENSYS-<br />

TEMS BEIGETRAGEN<br />

Kaum Probleme haben dagegen die Kreditinstitute,<br />

die sich wie die Sparkassen auf ihr traditionelles<br />

Kerngeschäft in der Region konzentriert haben. Zwar<br />

bieten das Privatkundengeschäft und das mittelständische<br />

Firmenkundengeschäft grundsätzlich geringere<br />

Margen als das Kapitalmarktgeschäft. Auf der anderen<br />

Seite sind damit aber auch nicht so hohe Risiken<br />

verbunden und die Erträge fallen wesentlich stabiler<br />

aus. Positiv für die Sparkassen hat sich außerdem<br />

ausgewirkt, dass sie sich im Wesentlichen über ihre<br />

Kundeneinlagen refinanzieren können. Für die Sparkassen<br />

bedeutet das eine weitgehende Unabhängigkeit<br />

von den Kapitalmärkten und Stabilität in der Refinanzierung,<br />

für ihre Kunden die Verlässlichkeit der Sparkassen<br />

als Finanzpartner. Denn die Sparkassen setzen<br />

die Kundeneinlagen in Form von Krediten wieder in<br />

der Region ein, aus der die Einlagengelder stammen.<br />

Dieser Kreislauf hat sich in der Finanzmarktkrise bewährt.<br />

Es ist eine der zentralen Lehren aus der Krise,<br />

dass sich die Banken nicht von der Realwirtschaft<br />

entfernen oder sogar abkoppeln dürfen.<br />

Die Sparkassen sind mit der Wirtschaft eng<br />

verbunden. Sie können auf eine solide Eigenkapitalausstattung<br />

zurückgreifen und sind somit auch<br />

für eine anziehende Kreditnachfrage gut gerüstet,<br />

wenn die Konjunktur wieder in Fahrt kommt. Die<br />

Sparkassen haben sich nicht an den Finanzmärkten<br />

verspekuliert. Sie haben keine zweifelhaften Kreditersatzgeschäfte<br />

getätigt und sich auch nicht an risikoreichen<br />

Engagements beteiligt. Sie haben ihr operatives<br />

Ergebnis gehalten und konnten aus den laufenden<br />

Erträgen erneut ihr Eigenkapital aufstocken. Es ist<br />

deshalb kein Zufall, dass sie in der Bevölkerung besonderes<br />

Vertrauen genießen. Umfragen zeigen, dass das<br />

Vertrauen in die Sicherheit der Geldanlagen bei den<br />

Sparkassen mit Abstand am größten ist. Ungefähr 70<br />

Prozent der Deutschen sind überzeugt, dass das Geld<br />

bei den Sparkassen sicher ist. Damit sind die Sparkassen<br />

” Vertrauenschampions“.<br />

Obwohl die Sparkassen die Finanzmarktkrise<br />

gut überstanden haben, stehen sie vor großen<br />

Herausforderungen. In den kommenden Jahren wird<br />

der Wettbewerb im Retailgeschäft in Deutschland<br />

weiter zunehmen, da dieses Segment aufgrund seiner<br />

Stabilität nun auch für die Banken attraktiv ist, die<br />

sich früher auf das Investmentbanking und das Kapitalmarktgeschäft<br />

konzentriert haben.<br />

Durch den intensiven Wettbewerb im Retailgeschäft<br />

wird der Druck auf die Zinsspanne und die Ertragskraft<br />

der Sparkassen hoch bleiben. Im Gegensatz<br />

zu anderen Banken gibt es für die Sparkassen aber keinen<br />

Anlass, ihr bewährtes Geschäftsmodell grundsätz-<br />

lich zu ändern. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die<br />

Sparkassenorganisation ihre Geschäftsstrategie nicht<br />

in regelmäßigen Abständen auf den Prüfstand stellt.<br />

So haben die Sparkassen schon vor der Finanzmarktkrise<br />

eine Feinjustierung und Weiterentwicklung ihrer<br />

Geschäftsstrategie beschlossen. Die Finanzmarktkrise<br />

hat die Richtigkeit dieser Entscheidung bestätigt.<br />

Um auch künftig Marktführer in Deutschland<br />

zu bleiben, wollen die Sparkassen ihre Beratungs-<br />

und Servicequalität weiter verbessern und damit ihre<br />

Kunden noch stärker als bisher in den Mittelpunkt<br />

stellen. Der Fokus wird deshalb künftig noch mehr auf<br />

die Kundenzufriedenheit und die Marktausschöpfung<br />

gerichtet sein. Auf der anderen Seite wird es aber auch<br />

in Zukunft richtungsweisende betriebswirtschaftliche<br />

Kennziffern geben. Die Aufwands-/Ertragsrelation von<br />

60 Prozent bleibt – wie im Strategiepapier von 2002<br />

vorgesehen – als Ausdruck der Effizienz bestehen.<br />

Die Zielgröße bei der Eigenkapitalrentabilität wurde<br />

allerdings an das veränderte Umfeld angepasst. Denn<br />

in der Vergangenheit haben viele Kreditinstitute und<br />

Analysten die Rendite viel zu sehr in den Mittelpunkt<br />

gestellt. Das hat so manche Bank dazu verleitet, im<br />

Interesse einer höheren Profitabilität höhere Risiken<br />

einzugehen – mit den bekannten Folgen. Im Gegensatz<br />

zu anderen Banken haben die Sparkassen mit<br />

ihrer bisherigen Zielvorgabe von 15 Prozent vor Steuern<br />

nie Höchstrendite angestrebt. Künftig wird die<br />

Zielgröße bei der Eigenkapitalrendite aber stärker an<br />

die Verhältnisse am Kapitalmarkt und in der Realwirtschaft<br />

gekoppelt. Die dynamische Mindestverzinsung,<br />

die dann für die Sparkassen maßgeblich ist, soll vor<br />

Steuern zwei Prozentpunkte über dem langfristigen<br />

Kapitalmarktzins liegen. Darüber hinaus wird den<br />

Kennziffern zur Risikolage und Liquidität größere<br />

Bedeutung zugemessen.<br />

Das Geschäftsmodell der Sparkassen hat sich<br />

somit in der Finanzmarktkrise bewährt. Ihre Chancen,<br />

aus der Krise gestärkt hervorzugehen, stehen nicht<br />

schlecht. Während in anderen Banken zurzeit schwierige<br />

Diskussionen über die richtige strategische Ausrichtung<br />

geführt werden, haben die Sparkassen keine<br />

Veranlassung, ihr Geschäftsmodell in Frage zu stellen.<br />

Mit ihrer regionalen Verwurzelung, ihrer dezentralen<br />

Ausrichtung und ihrer konservativen Risikopolitik<br />

haben die Sparkassen aber auch entscheidend dazu<br />

beigetragen, dass sich das deutsche Bankensystem in<br />

der Finanzmarktkrise insgesamt als außerordentlich<br />

strapazierfähig erwiesen hat. Das Dreisäulenmodell<br />

aus öffentlich-rechtlichen, genossenschaftlichen und<br />

privaten Banken hat sich somit einmal mehr bewährt.<br />

N# Alle Fragen der Baufinanzierung und deren Strukturierung<br />

liegen in der Kernkompetenz von Nachmann rechtsanwälte.


BAUFINANZIErUNG<br />

Seite 86<br />

Interview mit Dr. Otmar M. Stöcker,<br />

Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Pfandbriefbanken<br />

” es herrscht keine<br />

kreditklemme, sondern<br />

eine kredit-qualitätsklemme.“<br />

zumindest sagt das der geschäftsführer vom<br />

verband der pfandbriefbanken dr. otmar stöcker.<br />

wir wollten deshalb wissen:<br />

? was heißt das?<br />

! Wie sich das Kreditvolumen einer Bank entwickelt,<br />

hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere<br />

der Nachfrage der Kunden, dem Eigenkapital und der<br />

Risikopolitik der Bank, den Ertragserwartungen der<br />

Eigentümer der Bank und der Liquidität, über die eine<br />

Bank verfügt.<br />

? welche rolle spielt dabei das eigenkapital<br />

einer bank?<br />

! Das Eigenkapital dient dazu, unerwartete<br />

Risiken einer Bank aufzufangen, damit sie durch ihre Geschäfte<br />

nicht in Schwierigkeiten kommt, wenn zum Beispiel<br />

ein Kreditnehmer seinen Kredit nicht zurückzahlen<br />

kann. Eigenkapital ist für eine Bank sehr teuer. Je mehr<br />

Eigenkapital sie braucht, um ein Geschäft abzusichern,<br />

desto weniger dieser Geschäfte kann sie tätigen.<br />

? wie viel eigenkapital braucht eine bank?<br />

! Über viele Jahre sind hochkomplexe bankaufsichtliche<br />

Vorschriften entwickelt worden, die eine<br />

vernünftige Relation zwischen Eigenkapital und Risiko<br />

einer Bank anstreben. Während die früheren Empfehlungen,<br />

Basel I genannt, schematische Risikoeinstufungen<br />

vorsahen, wurden vor einigen Jahren mit den Basel-II-<br />

Empfehlungen striktere und besser justierte Vorgaben<br />

eingeführt.<br />

? für wen sind diese empfehlungen<br />

verbindlich?<br />

! Die Basler Regelungen gelten seit dem<br />

1.1.2008 verpflichtend für alle Kreditinstitute in allen<br />

EU-Staaten.<br />

? wird dies von allen an basel beteiligten<br />

so gehandhabt?<br />

! Nein. Insbesondere die USA, die den Konsultationsprozess<br />

zur Reform von Basel I initiiert und dominiert<br />

haben, haben Basel II bis heute nicht umgesetzt.<br />

? war dies verantwortlich für die finanzkrise,<br />

die in den usa ihren ursprung hatte?<br />

! Die Ursachen für diese Krise waren schon<br />

gelegt, bevor Basel II in Kraft trat. Wäre Basel II bereits<br />

fünf Jahre früher wirksam geworden, hätte die Finanzkrise<br />

sicherlich nicht diese Wucht gehabt. Soweit die<br />

Ursachen für die Finanzkrise im US-amerikanischen<br />

Immobilienmarkt liegen, hätte Basel II allerdings helfen<br />

können. Hypothekenkredite bleiben in den USA schon<br />

seit Jahrzehnten nicht über ihre gesamte Laufzeit auf<br />

den Bankbilanzen, sondern werden über Verbriefungstechniken<br />

an Kapitalmarktinvestoren verkauft. Hierzu<br />

werden die Kredite eigens gegründeten Spezialgesellschaften<br />

(SPV) verkauft, die wiederum Schuldverschreibungen<br />

oder Anteilscheine ausgeben, die von Investoren<br />

gekauft werden. Um diese Papiere verkäuflich zu<br />

machen, wurden dem SPV häufig kurzfristige Kreditlinien<br />

bereit gestellt, die die Rückzahlung der Papiere<br />

absicherten. Kreditlinien unter einem Jahr an SPV<br />

sind unter Basel II nun mit Eigenkapital zu unterlegen. Berning<br />

Damit wäre der Aufbau großer Spezialgesellschaften<br />

deutlich weniger attraktiv gewesen.<br />

Tina<br />

? was sind verbriefungen und welche rolle<br />

spielen sie für das eigenkapital einer bank? Illustration:


! Das Eigenkapital limitiert das Kreditvolumen<br />

einer Bank, da jeder Kredit mit Eigenkapital zu unterlegen<br />

ist und dadurch Eigenkapital bindet. Verbrieft eine<br />

Bank ihre Kredite, ” verkauft“ sie die Kredite also weiter<br />

und kann mit ihrem dann frei werdenden Eigenkapital<br />

neue Kredite ausgeben. Dadurch erhöht sich das gesamte<br />

Kreditvolumen einer Volkswirtschaft und folglich auch<br />

das Kreditangebot für die Kunden.<br />

? aber das ist doch gut für die volkswirtschaft.<br />

! Im Prinzip ja. Aber diese besondere Finanzierungstechnik<br />

war gleichzeitig mit weiteren Faktoren verbunden:<br />

einer hohen Arbeitsteilung – mit der Folge, dass<br />

sich niemand für das Schicksal des Kredits über dessen<br />

gesamte Laufzeit verantwortlich fühlte; einer mehrjährigen<br />

Niedrigzinspolitik, die eine hohe Kreditaufnahme<br />

erleichtert hat; einer langjährigen und zum Teil rasanten<br />

Steigerung der Immobilienpreise, die viele Haushalte<br />

dazu bewogen hat, ihre Immobilien für Konsumkredite<br />

exzessiv zu verpfänden; einem weitgehend erfolgsabhängigen<br />

Kreditmaklersystem, das zum Teil dazu geführt hat,<br />

dass die Bonität der Kunden nicht ausreichend oder gar<br />

nicht geprüft wurde; sogar betrügerische Vorgehensweisen<br />

bei der Kreditvergabe und vor allem bei der Immobilienbewertung<br />

gab es im größeren Stil. Zudem waren die<br />

Kreditzinsen am Anfang häufig sehr niedrig und wurden<br />

nach und nach deutlich angehoben. Im Ergebnis wurden<br />

zu viele Kredite an einkommensschwache Kunden gegeben<br />

– und gleichzeitig wurden diese Kredite mit Hilfe von<br />

komplexen Verbriefungsstrukturen in Form von Wertpapieren<br />

an den internationalen Kapitalmarkt verkauft.<br />

? wieso haben investoren solche wertpapiere<br />

dann erworben?<br />

! Auch dies ist nicht so einfach, wie es oft<br />

dargestellt wird. Ob Versicherungen, Pensionsfonds,<br />

Banken oder andere Anleger – alle Investoren stehen<br />

unter großem Erfolgsdruck. Da über mehrere Jahre die<br />

Zinsen weltweit gesunken sind, mussten die Investoren<br />

nach neuen Möglichkeiten suchen, mehr als nur die<br />

gerade üblichen Renditen für ihre Anlagen zu erzielen.<br />

Da waren die Wertpapiere aus den USA gerade recht,<br />

da sie aufgrund des großen Volumens und der Markttiefe<br />

leicht handelbar waren, etwas höhere Zinsen und<br />

vor allem erstklassige Noten von den Ratingagenturen<br />

hatten, so dass der interne Entscheidungsprozess, sie zu<br />

kaufen, schnell machbar war und auch risikobewusste<br />

Manager auf die guten Bewertungen der Ratingagenturen<br />

verweisen konnten. Dass man letzten Endes manchmal<br />

nicht mehr wusste, welche Kreditrisiken genau sich<br />

hinter diesen Wertpapieren verbargen, hat man dann<br />

möglicherweise als nicht wesentlich betrachtet.<br />

? wie konnte so die weltweite finanzkrise<br />

ausgelöst werden?<br />

! Zum einen waren viele Anleger geschockt, dass<br />

ihre Kapitalanlagen indirekt auf schlechten Krediten basierten.<br />

Dies betraf allerdings nur einen relativ kleinen<br />

Teil des weltweiten Anlagekapitals. Schlimmer war, dass<br />

viele Banken und andere Anleger nicht wussten, wer<br />

wie stark mit welchen Risiken belastet war. Dies brachte<br />

eine große Verunsicherung, die durch die weltweite Vernetzung<br />

des Banken- und Kapitalmarktes zu globalen<br />

Preis- und Wertausschlägen nach unten führte.<br />

? was hat das mit der kredit-qualitätsklemme<br />

in deutschland zu tun?<br />

! Diese Schwankungen wiederum machten es<br />

nahezu unmöglich, den Wert eines Vermögenswertes zu<br />

beurteilen. Banken und auch andere Investorengruppen<br />

müssen ihre Vermögenswerte regelmäßig neu bewerten.<br />

Bei Banken sind solche Vermögenswerte auch die von<br />

ihnen ausgereichten Kredite. Wegen der oben beschriebenen<br />

Vorschriften über das Verhältnis zwischen<br />

Eigenkapital und Kreditvolumen muss eine Bank also<br />

beurteilen, ob ihr Eigenkapital zur Abdeckung ihrer Kreditrisiken<br />

ausreicht. Wenn sie aber nicht weiß, wie diese<br />

Beurteilung in einer Woche, einem Monat oder einem<br />

Jahr – mit denselben Krediten – ausfallen wird, kann sie<br />

ihr jetzt an sich frei verfügbares Kapital nicht ruhigen<br />

Gewissens durch neue Kredite binden.<br />

? und wenn sie falsch liegt in ihrer einschätzung?<br />

! Verschätzt sie sich in der Vorausschau der<br />

künftigen Wertentwicklungen, hat sie nicht genug<br />

Eigenkapital – und muss dann Neues einwerben, was<br />

auf dem Höhepunkt der Finanzkrise nahezu unmöglich<br />

war; Die Alternative war, Kredite zu verkaufen. Aber<br />

an wen? Oder den Staat zu Hilfe rufen. Gelingt all dies<br />

nicht und sinkt die Eigenkapitalrelation unter die vom<br />

Bankaufsichtsrecht gesetzte Mindestgrenze, muss die<br />

Aufsichtsbehörde eingreifen – und die Bank letzten<br />

Endes schließen. Wohl gemerkt: All dies bezieht sich<br />

auf bereits vergebene Kredite, bei denen die Kunden<br />

vertragsgemäß ihre Zinsen zahlen. Denn alleine die<br />

Senkung der Werteinschätzung der als Sicherheiten<br />

dienenden Immobilien kann bei Hypothekarkrediten<br />

bereits zu einer stärkeren Belastung des Eigenkapitals<br />

führen.<br />

? wie reagieren banken darauf?<br />

! Diese Eigenkapitalfrage und weitere Komponenten<br />

führen dazu, dass die Banken heute Kreditrisiken<br />

anders in ihren Kreditkonditionen berücksichtigen.<br />

Kunden, die dem nachkommen können und wollen,<br />

erhalten Kredite. Wer diese Kreditkonditionen nicht<br />

akzeptieren kann oder will, nimmt dies als Kreditklemme<br />

wahr. Richtiger ist es aber, hier von einer Kredit-<br />

Qualitäts-Klemme zu sprechen.<br />

Neben der durch die Margengestaltung geprägten<br />

Zinshöhe spielt bei der Konditionengestaltung<br />

auch die Frage eine Rolle, wie hoch der Eigenkapitalanteil<br />

des Kunden liegen soll; dies wiederum hängt mit<br />

der Refinanzierung des Kredits zusammen, die zum<br />

Beispiel beim Pfandbrief günstig ist, aber möglicherweise<br />

nur einen Teil des Gesamtkredits erfassen kann.<br />

? warum?<br />

! Durch Hypothekenpfandbriefe refinanziert<br />

werden können Hypothekarkredite nur insoweit, als<br />

sie eine Beleihungsgrenze von 60 % des vorsichtig zu<br />

ermittelnden Beleihungswertes nicht überschreiten.<br />

Wenn Kunden nur einen Kredit in dieser Höhe benötigen,<br />

weil sie genug Eigenkapital mitbringen oder noch<br />

andere Finanzierungsquellen haben, dann können<br />

sie heute Kredite von Pfandbriefbanken erhalten, die<br />

aber teuerer sind als vor der Krise. Je näher sich ihr<br />

Finanzierungsbedarf also an dieser für die Deckungsbestimmungen<br />

des Pfandbriefgesetzes maßgeblichen<br />

Beleihungsgrenze orientiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass ihr Kreditwunsch erfüllt werden<br />

kann.<br />

Die Banken haben grundsätzlich mehrere<br />

Möglichkeiten, sich das Kapital zu beschaffen, um<br />

Hypothekarkredite geben zu können, zum Beispiel<br />

Kundeneinlagen, Interbanken-Kredite, Verbriefungen<br />

und Pfandbriefe.<br />

Der Pfandbrief hat sich damit in dieser Krise<br />

bewährt und ist als einziges funktionierendes Kapitalmarktprodukt<br />

ohne staatliche Garantie ausgekommen.<br />

? brauchen die banken dann überhaupt<br />

noch die verbriefung?<br />

! Ja. Weltweit wurden so viele Immobilienfinanzierungen<br />

und andere Kredite verbrieft, dass es<br />

unmöglich wäre, das Eigenkapital aufzubringen, das<br />

die Banken bräuchten, um diese Kredite auf ihre Bilanzen<br />

zu nehmen. Es ist also unbedingt erforderlich, dass<br />

der Verbriefungsmarkt wieder in Schwung kommt,<br />

auch um bereits verbriefte Immobilienfinanzierungen<br />

zu verlängern oder umzuschulden, die schon aufgrund<br />

ihres großen Gesamtvolumens von den Banken nicht<br />

übernommen werden können.<br />

? also zurück zu alten usancen und<br />

fehlern?<br />

! Nein. Sicherlich nicht. Die Auswüchse<br />

überzogen komplexer und intransparenter Verbriefungsstrukturen<br />

kann ich mir – jedenfalls sicherlich für<br />

die nächsten Jahre – nicht mehr vorstellen. Dies liegt<br />

weniger an bankrechtlichen Bestimmungen, da die<br />

verbrieften Kredite die Banken ja verlassen und daher<br />

vom Bankaufsichtsrecht nur teilweise erfasst werden<br />

können. Vielmehr werden die Investoren dafür sorgen,<br />

dass es solche Produkte bis auf Weiteres nicht mehr geben<br />

wird, da sie nicht bereit sein werden, sie zu kaufen.<br />

? kann man unter diesen bedingungen<br />

ein großprojekt heute überhaupt noch durch<br />

eine bank finanzieren?<br />

! Grundsätzlich ist dies möglich, allerdings<br />

unter anderen Bedingungen und mit anderen Finanzierungstechniken.<br />

Als im Laufe der 90er Jahre die Summen bei<br />

internationalen Immobilieninvestitionen anstiegen,<br />

haben die Banken diese hohen Kreditsummen mit<br />

Konsortialkrediten bereitgestellt. Wenn dann mehrere<br />

Banken, manchmal über zehn, mit dem Kunden<br />

verhandelten – und jede einzelne Bank ihren internen<br />

Entscheidungsprozess durchführen musste – führte<br />

dies zu insgesamt lang dauernden Prozessen. Dann<br />

haben große Banken die Engagements alleine oder<br />

mit wenigen Partnerbanken gestemmt – und anschließend<br />

möglichst schnell Teile dieses großen Kredits an<br />

weitere Banken verkauft; dies nennt man nachträgliche<br />

Syndizierung. Seit der Finanzkrise ist diese effiziente<br />

Finanzierungstechnik kaum mehr zu beobachten,<br />

jedenfalls nicht für die früher üblichen hohen Beträge,<br />

die zuweilen weit mehr als eine Milliarde Euro betrugen.<br />

Man wird also wohl – zumindest für eine gewisse<br />

Zeit – wieder zur früheren Technik der anfänglichen<br />

Konsortialfinanzierung zurückkommen.<br />

? bleibt die abschlussfrage: werden banken<br />

aus dem erfahrenen lernen?<br />

! Die Banken haben in den letzten beiden<br />

Jahren sehr viel gelernt. Regularien wie Basel II, die es ja<br />

erst seit wenigen Jahren gibt, greifen inzwischen. Auch<br />

viele andere Investoren, die in komplexe Strukturen<br />

investiert haben, werden dazu nicht so schnell wieder<br />

bereit sein. Auch die Kapitaleigner von Banken werden<br />

wohl noch einige Zeit einsehen, dass Banken keine<br />

exorbitant hohen Erträge auswerfen können, wenn sie<br />

vorsichtiges und traditionelles Hypothekengeschäft tätigen.<br />

Allerdings weiß ich nicht, wie lange das Gelernte<br />

im Gedächtnis der Beteiligten bleiben wird. Wenn Sie<br />

mir sagen können, wie lange die Krise noch dauert,<br />

kann ich Ihnen sagen, wann wohl die ersten ” Gedächtnisverluste“<br />

einsetzen könnten.<br />

Eine ständige Gedächtnisstütze stellen aber die<br />

zahlreichen Bestimmungen dar, denen Banken unterliegen.<br />

Dies gilt ganz besonders für das enge Regelwerk,<br />

das zur Sicherheit des Pfandbriefes besteht und an<br />

dessen Verbesserung wir im Verband deutscher Pfandbriefbanken<br />

mit unseren Gremien ständig arbeiten.<br />

N# Nachmann rechtsanwälte sind Experten in sämtlichen<br />

Fragen des Immobilienfinazierungs- und Finanzierungssicherungsrechts.


N# BAUEN<br />

Seite 90<br />

Ein Gespräch mit Dipl.-Ing. Jürgen Engel, Architekt S.M. Arch/MIT,<br />

geschäftsführender Gesellschafter der KSP Jürgen Engel Architekten GmbH<br />

Von Andreas Lukoschik<br />

über china,<br />

nachhaltigkeit<br />

und die stadtwerke<br />

er selbst verbindet als architekt die beiden wichtigen<br />

elemente für gutes bauen: ein händchen für<br />

ästhetik und gleichzeitig den finger am puls der<br />

technischen entwicklung zu haben. außerdem ist<br />

sein büro ” ksp jürgen engel architekten“ nicht<br />

nur legendär, sondern hat auch eine lange tradition<br />

beim einsatz alternativer energieformen in<br />

modernen gebäuden. der ideale gesprächspartner<br />

also, um über die erfahrungen eines innovativen<br />

architekten zu sprechen, der weltweit baut.<br />

? herr engel, was halten sie von green<br />

building?<br />

! Für uns ist dieser Ansatz nichts Neues. Wir<br />

bauen seit 15 Jahren nach den Kriterien des Green<br />

Building, sind Mitglied im DGNB und engagieren uns<br />

dafür. Wir haben schon immer alternative Technologien<br />

propagiert und schon vor zehn Jahren zum Beispiel ein<br />

Gebäude mit Erdwärme geheizt und gekühlt. Wir haben<br />

auch im seriellen Bereich erste Schritte unternommen,<br />

zum Beispiel mit einer gefältelten Betondecke, die auch<br />

als Fertigbauteil auf dem Markt ist und sowohl Räume<br />

heizt als auch kühlt. Deshalb begrüßen wir gerade aus<br />

dieser jahrelangen Auseinandersetzung mit diesem<br />

Thema natürlich, dass sich Green Building jetzt auch<br />

in der Breite durchsetzt. Dabei ist interessant, dass die<br />

Initiative des Gütesiegels LEED aus den USA kam, dort<br />

wo jahrzehntelang die Energien unseres Planeten in<br />

die Atmosphäre geblasen wurden. Und die Deutschen<br />

haben ihren großen technologischen Fortschritt nicht<br />

frühzeitig als solchen erkannt, um ihn als Marktvorteil<br />

zu nutzen. Da muss sich noch viel tun.<br />

? wer könnte denn etwas für die deutschen<br />

standards tun?<br />

! Wir tun das, wenn wir zum Beispiel in China<br />

bauen, die deutsche Umwelttechnologie mitnehmen<br />

und dort zu implementieren versuchen. Wir haben<br />

2007 die chinesische Nationalbibliothek fertiggestellt<br />

und während der Planungsphase mit den Chinesen<br />

auch viel über nachhaltiges Bauen diskutiert. Damals<br />

gingen sie darauf aber noch nicht so richtig ein. Eigentlich<br />

kein Wunder, weil der Ölpreis bis heute sehr<br />

günstig ist und es andererseits in China bis vor einem<br />

Jahr noch keine Subventionen für nachhaltiges Bauen<br />

gab. Und deshalb ist es dort wie überall: Ohne Incentives<br />

bleiben meistens auch sachlich richtige Worte<br />

ungehört. Aber in der Subventionsfrage ändert sich<br />

zur Zeit einiges in China, weshalb sich auch einiges in<br />

Richtung Nachhaltigkeit tun wird. Außerdem haben sie<br />

erkannt, dass sie als eine Nation, die sehr viele 10-Millionen-Städte<br />

hat, sich darüber schnell und kompetent<br />

Gedanken machen müssen.<br />

? wie sieht es denn ästhetisch bei den<br />

chinesen aus? orientieren die sich beim bauen<br />

an westlicher ästhetik oder wollen sie eher ihre<br />

eigenen traditionen bauliche form annehmen<br />

lassen?<br />

! Angefangen haben wir in China mit einem<br />

Wettbewerbsentwurf, der auf einem quadratischen<br />

Grundriss beruhte und der ganz abstrakt war. Wir<br />

haben den Wettbewerb damals nicht gewonnen, weil<br />

die Chinesen zu dieser Zeit – als Reaktion auf die<br />

Enthaltsamkeit der Kulturrevolution – das Individuelle Berning<br />

entdeckt hatten und mit vielen Türmchen, Dächern<br />

und anderen Gadgets sich gerade richtig austobten.<br />

Tina<br />

Dennoch wurde unser Entwurf sehr stark in China<br />

publiziert und in späteren Wettbewerben fanden wir<br />

diese Formensprache bei chinesischen Wettbewerbern Illustration:


<strong>Foto</strong>: Hans Schlupp, Nationalbibliothek Peking


häufig wieder. Kurzum: Die Chinesen lernen schnell.<br />

Was sie inzwischen auch erkannt haben, ist, dass man<br />

das Alleinstellungsmerkmal – was ja ein wichtiger<br />

Punkt bei der Lust am Individuellen ist – nicht nur<br />

durch eine pittoreske Architektur erhält, sondern auch<br />

durch eine gut gemachte Abstraktion erreichen kann.<br />

Das hat dann letztlich auch dazu geführt, dass unser<br />

Entwurf für die Nationalbibliothek in Peking den<br />

ersten Preis gewonnen hat.<br />

? werden inzwischen auch schon alte gebäude<br />

saniert und renoviert oder wird alles nur<br />

einfach platt gemacht und neues draufgestellt?<br />

! Mit einem Hutong – also der klassischen<br />

Wohnungsform der Chinesen – kann man die Wohnungsfrage<br />

in chinesischen Großstädten nicht lösen,<br />

weil dann alle Städte Flächenstädte wie Los Angeles<br />

wären und Shanghai vermutlich die Größe von Westdeutschland<br />

hätte. Von daher muss man die Städte also<br />

sehr hoch verdichten. Aber man darf natürlich nicht<br />

die alte Kultur über Bord werfen.<br />

In Shanghai werden derzeit die alten englischen<br />

Wohnblöcke aus der Jahrhundertwende renoviert,<br />

weil man darin viel ökonomisches Potential sieht.<br />

In Peking, das ja als Regierungsstadt etwas<br />

langsamer schwingt, viele Intellektuelle und Künstler<br />

hat, denen andere Lebensqualitäten wichtig sind als<br />

den Unternehmern und Handelsleuten Shanghais,<br />

werden Hutong-Bereiche inzwischen sogar geschützt<br />

und zu sehr hochkarätigen und teuren Wohnquartieren<br />

oder Hotels umgebaut. Dabei muss man aber<br />

wissen, dass es sehr schwer ist, ein Hutong umzubauen,<br />

weil kaum Abwasserinstallationen vorhanden<br />

sind und weil aufgrund der Enge dieser Quartiere die<br />

Abwasserentsorgung nur sehr aufwändig nachzurüsten<br />

ist. Hutong kommt übrigens aus dem mongolischen<br />

und heißt Quelle“ – weil diese Häuser ursprünglich<br />

”<br />

in der Nähe von Quellen errichtet worden sind. Diese<br />

” Quellen“ sind heute die zentralen Waschhäuser der<br />

Hutong-Quartiere. Wenn sie mal abends durch ein<br />

solches Quartier in Peking gehen, dann sehen sie viele<br />

Menschen in Schlafanzügen und mit Zahnbürsten<br />

bewaffnet zu den zentralen Waschhäusern gehen, dort<br />

ihre Abendwäsche verrichten und wieder zurückschlendern.<br />

Das hat natürlich auch eine kommunikative<br />

Funktion in den Vierteln und man weiß zur<br />

Zeit noch nicht, wie es sich auf die chinesische Seele<br />

auswirkt, wenn in den modernen Hochhäusern diese<br />

Gelegenheit zum Neuigkeitenaustausch nur noch sehr<br />

reduziert besteht. Aber das bleibt abzuwarten.<br />

? wie ist es denn überhaupt, in china als<br />

deutscher dienstleister zu arbeiten?<br />

! Die Chinesen mögen die Deutschen – weil es<br />

zum deutschen Selbstverständnis gehört, zu halten,<br />

was man verspricht. Außerdem sind die Chinesen –<br />

wie wir – sehr rationale Wesen. Auch in ihrer Philosophie.<br />

Kant ist ein durchaus beliebter deutscher Denker<br />

in China, der von Intellektuellen geschätzt wird. Außerdem<br />

sind Chinesen bei ihren Verträgen verlässlich.<br />

? aber ” intellectual property“ ist nicht so<br />

das thema?<br />

! Das kommt jetzt alles. Sie müssen sich<br />

vorstellen, dass China keine eigenen Forschungseinrichtungen<br />

hatte. Dadurch war es für diesen Milliardenstaat<br />

primär angesagt, möglichst schnell ihre Leute<br />

mit so vielem als möglich zu versorgen. Und dabei ging<br />

sehr viel unter. Seitdem China aber Universitäten baut,<br />

Leute hochkarätig ausbildet, selbst Forschung betreibt<br />

und darauf aus ist, die technischen Entwicklungen, die<br />

sie zur Zeit noch aus dem Ausland bekommen, bald<br />

selbst in die entsprechenden Länder zu exportieren,<br />

achten sie auf das geistige Eigentum und das Urheberrecht<br />

deutlich mehr. Das ist aber noch lange nicht ideal<br />

und ich will da nichts beschönigen. Aber das Thema ist<br />

auf dem Weg. Und dieser Weg ist schneller eingeschlagen<br />

worden als mancher das vermutet hat. So gibt es<br />

inzwischen zum Beispiel Beauftragte, die diesem Thema<br />

Gehör verschaffen und Verstöße dagegen verfolgen.<br />

? das lernt china also vom westen. was<br />

können wir von ihnen lernen?<br />

! Ich war mal in einer Delegation zu Besuch in<br />

China. Es ging die Frage an den chinesischen Staatspräsidenten,<br />

was er denn bei seinen Investitionen in<br />

Deutschland für Erfahrungen machen würde. Da lachte<br />

der Staatspräsident ganz verschmitzt und meinte,<br />

sein größtes Problem seien die Gewerkschaften.<br />

Die Chinesen schützen sich nicht vor Arbeit,<br />

sondern arbeiten mit maximaler Kraft. Sie wollen<br />

noch was erreichen, haben ein Ziel und kommen mir<br />

so vor wie Deutschland in der Nachkriegszeit. Man<br />

darf auch deren Geschichte in der Kulturrevolution<br />

nicht vergessen.<br />

? sprechen sie eigentlich chinesisch?<br />

rottendorf/Würzburg<br />

! Nein, es sprechen viele Chinesen Englisch.<br />

Mir hat zum Beispiel ein Intellektueller erzählt, wie<br />

er – als er während der Kulturrevolution für Jahre<br />

zur Feldarbeit in die Provinz geschickt wurde – sich<br />

Headquarters,<br />

nachts auf ein weites Feld gestohlen hat, wo er nicht<br />

gehört werden konnte aber jeden sehen konnte,<br />

Oliver<br />

der sich ihm näherte, um dort mit einem kleinen<br />

S.<br />

Langwellensender englische Sendungen zu hören und<br />

Englisch zu lernen. Wenn Sie sich vorstellen, dass<br />

diese nächtlichen Übungen ein lebensgefährliches<br />

Valentin,<br />

Sprachprogramm waren, können sie ermessen, welche<br />

unglaublichen Energien in den Menschen dieses<br />

Jean-Luc<br />

Volkes stecken. Denn von solchen Menschen gibt es<br />

viele in China. <strong>Foto</strong>:


? und die lebensfreude? haben sie den<br />

eindruck, dass die den chinesen bei ihrer vielen<br />

arbeit abhanden kommt?<br />

! Keineswegs. Das ist ja ein Volk, das sehr in<br />

und mit der Gemeinschaft lebt – und das sehr gerne<br />

isst. Essen ist ein ganz wesentlicher Kommunikationsanlass<br />

und wird immer zelebriert. Wie Deutschland<br />

nach dem Krieg. Übrigens mit ähnlichen Exzessen: Der<br />

Mangel an allem führte hier wie da zu einer unglaublichen<br />

Begeisterung für den Konsum. Was dabei aber<br />

zum Beispiel immer Vorrang hat, ist der Dienst für den<br />

Staat. Ein Beispiel war für mich ein Unternehmer, der<br />

seinen Jet im nahegelegenen Flughafen stehen hat,<br />

dessen Familie in Neuseeland lebt und der alles hat,<br />

was man sich vorstellen kann. Als eines Tages von der<br />

Regierung gerufen wurde, hat der alles Individuelle<br />

sofort hinten angestellt. Und das ist die Regel. Da ist<br />

keiner, der gegenüber dem Staat seinen individuellen<br />

Interessen den Vorrang gibt. Das interpretiere ich jetzt<br />

nicht nur als Hörigkeit, sondern auch so, dass China<br />

ein Staat für alle ist. Es ist nicht allein die Angst vor<br />

Konsequenzen – auch wenn der Staat im Umgang mit<br />

seinen Bürgern streng ist.<br />

? kommen wir noch einmal zur nachhaltigkeit<br />

zurück. wo, glauben sie, wird in zukunft<br />

die entwicklung beim bauen hingehen?<br />

! Die Fassade wird eine besondere Stellung<br />

einnehmen. Nicht im Sinn einer ästhetisierenden<br />

Oberflächlichkeit, sondern als ein wichtiges Organ des<br />

Hauskörpers. So ist es durchaus denkbar, das sie als<br />

photovoltaische Energiequelle das Haus mit Energie<br />

versorgen wird. Das ist bisher noch nicht möglich<br />

gewesen. Es gab kommunale Wirtschaftskräfte – und <strong>Foto</strong>: emptyforum/tjie, Moschee Algier<br />

teilweise gibt es sie noch – die nicht an einer nachhaltigen<br />

Entwicklung interessiert sind. Wir haben zum<br />

Beispiel das Polizeipräsidium hier in Frankfurt geplant<br />

und wollten eine große photovoltaische Anlage aufs<br />

Dach stellen. Das ist nicht an den Kosten gescheitert,<br />

sondern weil unsere Stadtwerke den Strom nicht zu<br />

einem anständigen Preis ins Netz stellen wollten. Das<br />

sind Dinge, die müssen sich deutlich verändern und<br />

dann kann man auch ganz anders denken.<br />

Neben der Energieproduktion werden die Fassaden<br />

aus meiner Sicht immer mehr die Funktionen der<br />

menschlichen Haut übernehmen – also in kühlen Zeiten<br />

Energie über die Photovoltaik aufnehmen und Wärme<br />

produzieren und wenn es warm ist, das System kühlen.<br />

Bei gewerblichen Bauten hat mit Sicherheit<br />

die Ausnutzung des Tageslichts im Innern noch großes<br />

Potential, ebenso wie die Entwicklung von Technologien<br />

zum Lärmschutz.<br />

Ich denke auch, dass die Menschen wieder mehr<br />

in die Innenstädte zurückziehen werden, weil diese<br />

einfach mehr Lebensqualität bieten, durch die Nähe<br />

von Arbeiten und Freizeit. Dann kann auch wieder<br />

weniger zuhause gearbeitet werden, weil ich denke, dass<br />

die Trennung von Familie und Arbeitswelt gut tut. Ein<br />

weiterer Grund für die Re-Urbanisierung der Innenstädte<br />

wird sein, dass unsere Gesellschaft älter wird, und<br />

so einer Isolierung vorgebeugt werden kann. Es gehört<br />

für mich auch zur Nachhaltigkeit, wenn mehr Orte der<br />

Kommunikation in den Städten gebaut werden. Und<br />

schließlich und endlich werden natürlich noch sehr viel<br />

mehr attraktive Alternativen für den Individualverkehr<br />

entwickelt werden müssen, weil der jetzige Zustand mit<br />

Millionen Autos pro Tag in den Städten auf Dauer nicht<br />

sinnvoll ist.<br />

? herr engel, der architekt an und für sich<br />

denkt ja alles bis ins detail zuende...<br />

! ... jetzt kommt wahrscheinlich eine Fangfrage...<br />

? ... keineswegs. mich interessiert bei einer<br />

notwendigerweise so akribischen vorgehensweise,<br />

wie ein architektenteam von immerhin<br />

200 mann auf die immer wieder gänzlich neuen<br />

formen ihrer bauten kommt?<br />

! Es gibt manchmal relativ schnell extrem<br />

gute Ideen, aber die Arbeit zur Formfindung ist meist<br />

immer ein langer und interdisziplinärer Prozess, bei<br />

dem viele Leute die Köpfe zusammenstecken. Bei<br />

uns sind auch schon in der Konzeptphase Ingenieure<br />

dabei – wie Tragwerksplaner und Energieberater –,<br />

um die Grundbedingungen, zum Beispiel die Lage des<br />

Grundstücks im Stadtbild, die Ausrichtung nach den<br />

Himmelsrichtungen, Windströme und dergleichen erst<br />

einmal zu analysieren und die Ziele zu finden. Und<br />

daraus versuchen wir dann eine Form zu entwickeln, die<br />

am Ende eine gestalterische Aussage trifft – Stichwort<br />

” Landmark“. Dieser Prozess ist iterativ, also schrittweise<br />

aber zielgerichtet. Wir gehen dabei voran, manchmal<br />

voller Zweifel auch wieder zurück und entwickeln den<br />

Bau in eine ganz andere Richtung. Doch am Ende findet<br />

sich eine Großform, die eine poetische Aussage trifft.<br />

Eine solche Aussage kann eine gewisse Zeichenhaftigkeit<br />

sein, also ein Gebäude, das ein Signal sein will und<br />

auf sich aufmerksam machen will, zum Beispiel, weil es<br />

in einer besonderen Lage steht, die das rechtfertigt. Das<br />

Palais Quartier hier in Frankfurt gehört zum Beispiel in<br />

diese Kategorie.<br />

Die Gebäudeaussage kann aber auch eine gewisse<br />

Modernität betonen, bei der man sieht, dass dieses<br />

Haus etwas kann, was andere Häuser nicht können. Das<br />

Westend-Duo, für das wir eine besondere Erwähnung<br />

für Nachhaltigkeit im Internationalen Hochhaus Preis“<br />

”<br />

bekommen haben, was eine ziemlich hohe Auszeichnung<br />

ist, ist ein Beispiel für ein solches besonders innovatives<br />

Gebäude – das aber nicht besonders lautstark auf<br />

sich aufmerksam macht.<br />

Eine Gebäudeaussage kann sich auch aus einem<br />

städtebaulichen oder historischen Kontext entwickeln,<br />

wie bei der Chinesischen Nationalbibliothek in Peking,<br />

die aus Prinzipien der chinesischen Kultur abgeleitet<br />

ist. In der klassischen chinesischen Architektur ist<br />

die Ordnung – Sockel, Mittelteil, Dach – nämlich sehr<br />

wichtig, weshalb wir diese Struktur in unserem Entwurf<br />

neu interpretiert haben und ihr eine moderne Gestalt<br />

gegeben haben. Dieses Gebäude hat aber auch eine städtebauliche<br />

Aussage, weil es als sehr flaches Gebäude aus<br />

seiner Hochhaus-Umgebung deutlich hervortritt.<br />

Solche Zeichen zu setzen, die sich aus der<br />

Geschichte oder der Umgebung ergeben, muss man<br />

als Architekt natürlich fühlen können. Und das Beste,<br />

was einem passieren kann, ist, dass die Menschen beim<br />

ersten Anblick eines neuen Hauses erst mal stutzen und<br />

es nach einer gewissen Zeit dann toll finden.<br />

? welche rolle spielt der chef bei solchen<br />

formfindungsprozessen?<br />

! Man entwickelt ja im Laufe des Berufslebens<br />

eine Nase und ein Gespür für Standorte und kann deswegen<br />

ganz gut entscheiden, welche Alternativen erfolgversprechend<br />

sind und welche weniger. Aber eigentlich<br />

fühle ich mich als ” Primus inter Pares“ in einer Gruppe<br />

von Architekten, die immer wieder neu Konzepten auf<br />

den Grund gehen, kreative Prozesse vorantreiben, interne<br />

Diskurse mit den Erfordernissen des Marktes vernetzen<br />

und Wettbewerbe als die Labore für die Entwicklung<br />

zukünftiger Architekturen verstehen. Und ich will Ihnen<br />

dazu eines sagen: Das macht richtig Spaß!<br />

N# Nachmann rechtsanwälte schätzen Jürgen Engel und<br />

seine architektonischen Großprojekte in ästhetischer Hinsicht<br />

ebenso wie wegen deren Umsetzung mit Nachhaltigkeit und<br />

Innovationen.


N# BAUEN<br />

Seite 98<br />

Erläuternde Gedanken von Josef Nachmann und Michael Vilgertshofer<br />

warum<br />

machen sie<br />

so ein heft?<br />

Josef Nachmann, Nachmann rechtsanwälte<br />

? nachmann rechtsanwälte sind eine<br />

wirtschaftskanzlei. warum machen sie so ein<br />

heft?<br />

nachmann: Wir haben diese Publikation<br />

initiiert, weil wir – wie mit unserem N Magazin auch<br />

– unseren Lesern die Welt von Nachmann Rechtsanwälte<br />

jenseits der juristischen Tätigkeit zeigen wollen,<br />

dieses Mal aber zum Schwerpunkt Bauen. Wir wollen<br />

unseren Lesern zum Beispiel die kreativen Köpfe,<br />

die für den Bau von außergewöhnlichen Gebäuden<br />

verantwortlich sind, näher bringen (siehe S. 90 Jürgen<br />

Engel). Wir wollen die Forschungsanstrengungen<br />

zeigen, die im Sinne der Nachhaltigkeit angestrengt<br />

werden (siehe S. 24 Gerhard Hausladen) und die dafür<br />

Sorge tragen sollen, dass unsere Welt auch noch<br />

morgen lebenswert sein kann. Und wir wollen die<br />

Erfahrungen skizzieren, die Architekten und Planer<br />

beim Bauen und Planen in anderen Kulturkreisen<br />

gesammelt haben (siehe S. 6 Gerhard Brand). All das,<br />

weil Bauen mehr ist als Investition und Rendite.<br />

vilgertshofer: Allerdings ist Bauen auch<br />

das. Deshalb kommen auch Banker zu Wort und<br />

erläutern die Geldpolitik ihres Instituts (siehe S. 83<br />

Gerhard Grandke) und erklären, wie die Kreditvergabe<br />

für Immobilien in den USA strukturell organisiert<br />

war, so dass es zu der Finanzkrise kommen konnte<br />

(siehe S. 86 Otmar M. Stöcker) und wie sie seitdem in<br />

unserem Lande wieder anläuft. Zum wirtschaftlichen<br />

Blickwinkel gehört auch, neue Modelle des Bauens<br />

aus der Sicht eines Bauunternehmers zu erfahren (auf<br />

S. 70 Klaus Pöllath) und auf was man achten muss,<br />

wenn man ein Bauvorhaben in Russland plant (auf<br />

S. 48 Olesya Wienold und Matthias Farian) oder wie<br />

man seine Immobilie in Italien schützt (siehe<br />

S. 54 Jens Magers & Mario Dusi). In den Bereich<br />

Investitionen gehört auch immer mehr das Thema<br />

Public Private Partnership und wie man daraus ein<br />

Erfolgsmodell macht (siehe S. 78 Friedrich M. Fillies).<br />

Während es eine Frage der Rendite ist, sowohl den<br />

Einbau von teuren Facilities zu optimieren (siehe S.<br />

36 Hans M. Jappsen) als auch durch klares Projektmanagement<br />

Planung und Bau einer Gewerbeimmobilie<br />

in ruhigen Bahnen laufen zu lassen (siehe S. 62<br />

Norbert Preuß & Gerhard Wirth).<br />

nachmann: Interessanterweise zeigt sich<br />

bei allen Gesprächen zu dieser Spezialausgabe von<br />

N, dass es einen roten Faden gibt, der sich durch<br />

den Entstehungsprozess eines Gebäudes zieht und<br />

der von Architekten, Planern, Projektmanagern und<br />

Bauunternehmern gleichermaßen als unabdingbar<br />

beschrieben wird: Es ist die Bereitschaft, auch und<br />

gerade in schwierigen Fällen miteinander zu kommunizieren.<br />

Streiten bringt – wenn überhaupt – erst sehr<br />

spät etwas, dann nämlich wenn schon viel Zeit und<br />

Geld investiert worden ist und die Gerichte endlich<br />

entschieden haben. Konstruktiver ist es, nach der<br />

Devise miteinander zu kommunizieren ” soft to the<br />

person, tough to the matter“. Der Erfolg einer solchen<br />

Kommunikationsbereitschaft entspricht nicht nur<br />

ebenfalls unserer Erfahrung, sondern ist auch der<br />

tiefere Grund weshalb der Schwerpunkt unsrer anwaltlichen<br />

Arbeit in dem Ermöglichen von wirtschaftlichen<br />

Prozessen und Kooperationen ist – und nicht<br />

im Streiten vor Gericht.<br />

vilgertshofer: Wir haben allerdings auch<br />

eine starke Prozessrechtspraxis und können den<br />

Mandanten in Streitfällen helfen, denn nur wer<br />

sein Recht kennt, kann auch vernünftig verhandeln.<br />

Allerdings kommt es meist zu rechtlichen Auseinandersetzungen,<br />

wenn der Erwerb der Immobilie oder<br />

der Beginn von Bauarbeiten ohne unsere Beratung<br />

durchgeführt wurde und nun wieder ins Lot gebracht<br />

werden muss.<br />

? verstehe. gestatten sie mir trotzdem<br />

die naive frage: warum ist das thema bauen für<br />

eine wirtschaftskanzlei so wichtig?<br />

vilgertshofer: Weil Immobilien – nach dem<br />

Menschen – das Kernstück und zentrale Investitionsgut<br />

einer jeden Wirtschaft sind. Fast das gesamte<br />

Bankgeschäft dreht sich letzten Endes um Immobilien,<br />

ebenso wie das Fondsgeschäft. Einfach weil<br />

Immobilien die größten Werte darstellen und eine<br />

gewisse Stabilität und Berechenbarkeit aufweisen.<br />

Der Marktpreis einer Immobilie mag sich im Laufe<br />

der Zeit ändern, aber er ist anhand des überschaubaren<br />

Marktes immer berechenbar. Deswegen ist eine<br />

Immobilie ja auch ein sehr beliebtes Sicherungsgut,<br />

nicht nur im Rahmen des An- und Verkaufs, sondern<br />

auch für allgemeine Bankkredite.<br />

nachmann: Die Bedeutung von Immobilien<br />

für den Wirtschaftskreislauf kann man außerdem<br />

ganz aktuell an der Finanzkrise ablesen, die uns ja<br />

erst als Immobilienkrise verkauft wurde. Dabei waren<br />

Immobilienkredite nur der Auslöser, weil sie unzureichend<br />

geprüft und fahrlässig bewertet von Institutionen<br />

vergeben wurden, die nicht der amerikanischen<br />

Bankenaufsicht unterstanden, sondern anschließend<br />

verbrieft, gestückelt und in immer neuen Mischungen<br />

in Form von Fonds in den internationalen Finanzkreislauf<br />

eingespeist wurden. Und das sowohl in<br />

gigantischer Höhe als auch in bis dahin unvorstellbarer<br />

Unübersichtlichkeit.<br />

vilgertshofer: Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt<br />

ist, dass Immobilien den Standort eines<br />

jeden Unternehmens definieren – ob als Mietobjekt<br />

oder als Eigentum. Es gibt niemanden, der nicht eine<br />

tragende Bindung zu einer Immobilie unterhält – ob<br />

als Privatperson oder als Unternehmer.


? sie kennen künstler nicht!<br />

vilgertshofer: Und wo hat der sein<br />

Atelier?<br />

nachmann: Lassen Sie mich noch ganz<br />

allgemein ergänzen, dass ein Schwerpunkt unserer<br />

Kanzlei das Immobilienrecht ist – von der Investition<br />

bis hin zur Abwicklung von Bauvorhaben im<br />

Bereich Mängelbeseitigung. Das heißt, dass wir als<br />

Kanzlei das gesamte Spektrum abdecken – von der<br />

Entwicklung von Grundstücken und Immobilien<br />

über das Architekten- und Baugewährleistungsrecht<br />

bis hin zum gesamten Sicherungsrecht für<br />

den Kauf von Grundstücken – all das sind Rechtsgebiete,<br />

die wir aus dem Effeff beherrschen.<br />

? gilt das international oder deutschlandweit?<br />

nachmann: Immobilienrecht ist grundsätzlich<br />

eine nationale Spezialität, weshalb der<br />

Schwerpunkt natürlich Deutschland ist. Wir haben<br />

aber auch Erfahrungen mit international operierenden<br />

Investoren, zum Beispiel haben wir eine sehr<br />

große Grundstücksentwicklung mit internationalen<br />

Investoren in Russland begleitet und intensive<br />

Erfahrungen aus der Veräußerung der Falk-Immobilien,<br />

wo wir Portfolien von mehreren hundert<br />

Millionen Euro auch an ausländische Investoren<br />

veräußert haben.<br />

vilgertshofer: Wir sehen darüber hinaus<br />

die regionale Verankerung und die vertiefte<br />

Kenntnis der örtlichen Verhältnisse – vom Baurecht<br />

bis zum Preis eines Grundstücks – als eine<br />

unserer Stärken an. Zumal man die Entwicklungen<br />

des Münchner Immobiliengeschäfts nicht aus<br />

der Zeitung erfährt, sondern nur wenn man die<br />

Marktteilnehmer gut kennt. Nur so kann man in<br />

der Anfangsphase von Projektentwicklungen und<br />

Investitionen die notwendigen Schritte einleiten.<br />

? wie schätzen sie die wirtschaftliche<br />

bedeutung von immobilien für die zukunft<br />

ein?<br />

nachmann: Der Wert einer Immobilie<br />

wird von der Nachfrage bestimmt. Deswegen wird<br />

der Wert einer Immobilie in wirtschaftlich gesunden<br />

Gebieten steigen, weil die Immobilie immer<br />

noch als die sicherste Anlageform gilt. Es wundert<br />

deshalb auch nicht, dass die Münchner die Immobilie<br />

als Anlageform wieder gefunden haben.<br />

? warum ” wiedergefunden“? waren<br />

immobilien in münchen nicht immer schon<br />

eine sehr gute anlage?<br />

vilgertshofer: Die Immobilienpreise in<br />

München waren 2006 in etwa auf der gleichen<br />

Höhe wie Mitte der Neunziger. Sie ziehen erst<br />

seitdem wieder an.<br />

nachmann: Hätte man vor zehn Jahren<br />

gesagt, ein Quadratmeterpreis von 10.000 DM<br />

sei in München unrealistisch, hätte man sicherlich<br />

von allen recht bekommen. Heute muss<br />

man dagegen feststellen, dass 5.000 Euro der<br />

Durchschnittspreis von Eigentumswohnungen in<br />

mittleren Wohnlagen ist.<br />

vilgertshofer: Zum Thema Wert einer<br />

Immobilie möchte ich noch hinzufügen, dass<br />

jede Immobilie, die man nicht als Geldanlage betrachtet,<br />

sondern selbst nutzen will, immer mit<br />

Emotionen verbunden ist. Warum fühlt man sich<br />

zum Beispiel in Pasing oder im Glockenbachviertel<br />

wohl? Weil es einem dort gefällt – und<br />

das ist eine emotionale Entscheidung. Für die<br />

Projektentwicklung einer Immobilie, die nach<br />

Fertigstellung gewerblich an private Eigentümer<br />

veräußert werden soll, ist es daher wichtig, die<br />

Möglichkeit zu solchen emotionalen Entscheidungen<br />

zu erahnen. Und dazu ist eine genaue<br />

Ortskenntnis unerlässlich. Wenn die der Bauherr<br />

oder Investor nicht hat, sollte sie zumindest die<br />

beratende Wirtschaftskanzlei haben.<br />

nachmann: Das ist ohnehin die Kunst<br />

beim Bauen, dass Sie in den großen Städten die<br />

Quartiere entdecken, die in der näheren Zukunft<br />

als attraktive Wohngebiete angesehen werden.<br />

Denken Sie an die Fleischhauer-Bezirke in New<br />

York oder die Werft-Areale entlang der Themse,<br />

aber auch ausgewählte Lagen in Münchens<br />

Isarvorstadt. All das sind letztlich wirtschaftliche<br />

Entscheidungen von Investoren. Aber wir<br />

als Kanzlei müssen darauf schauen, dass diese<br />

Entscheidungen durch gute Verträge rechtlich<br />

auf die bestmögliche Art abgesichert sind.<br />

? sie treten also erst auf, wenn die<br />

entscheidungen getroffen sind?<br />

vilgertshofer: Das kommt auf die<br />

Bedürfnisse der Investoren an. Wir können<br />

Investoren natürlich ihre Entscheidungen nicht<br />

abnehmen, aber wir können – und haben das<br />

auch schon oft gemacht – auf mögliche Entwicklungen<br />

und sich bietende Chancen aufmerksam<br />

machen und begleiten die Investoren dann auf<br />

diesem Weg.<br />

? was muss ein guter anwalt bei<br />

nachmann rechtsanwälte können, wenn er<br />

sich mit baufragen beschäftigt? Michael Vilgertshofer, Nachmann rechtsanwälte<br />

vilgertshofer: Obwohl jeder Bau eigentlich<br />

immer ein Prototyp ist, der für eine spezielle Lage<br />

und Nachfragesituation extra entwickelt worden ist,<br />

folgen doch die juristischen Fragen meist gleichen<br />

Prinzipien. Denn die Anzahl an rechtlichen Vorschriften<br />

zum Beispiel für die Abwicklung von baulichen<br />

Mängeln ist letztlich beschränkt. Deshalb ist es<br />

immer auch eine Frage des taktischen Geschicks, solche<br />

Fragen möglichst zügig zu einem befriedigenden<br />

Ende zu bringen.<br />

Das bedeutet aber natürlich nicht, dass alle<br />

Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Frage von<br />

Gebäuden gleich sind. Im Gegenteil. Beim Thema<br />

Immobilien geht es ja oftmals um ein Gut, das<br />

gehandelt wird, zum Beispiel in Investmentfonds. In<br />

solchen Fällen geht es darum, Finanzierungsfragen zu<br />

verstehen und Finanzierungsverhandlungen führen<br />

zu können. Bei Vermietungsfragen geht es darum,<br />

Verträge aufsetzen und Vertragsverhandlungen durch-<br />

führen zu können und im Vorfeld zu schauen, dass<br />

keine rechtlichen Lücken auftreten können.<br />

nachmann: Im Bereich ” Immobilie als<br />

Entwicklungsprojekt“ sind andere Fähigkeiten<br />

gefragt, das heißt, die öffentlich-rechtliche<br />

Bauseite abdecken, die richtigen Parteien zusammenzubringen<br />

und wenn sie zusammen sind auch<br />

vertraglich zu binden. Bis dahin, und das ist eben<br />

das Ende des Bauprozesses, dass es eben auch zu<br />

Problemen in der Bauausführung kommen kann,<br />

die möglichst schon im Team des Projektmanagements<br />

vor Ort behoben werden sollen, um<br />

langfristige gerichtliche Auseinandersetzungen<br />

überflüssig zu machen. Deshalb ist bei Großprojekten<br />

von Anfang an auch immer ein Jurist gleich<br />

im Team dabei. Am besten natürlich, einer von<br />

uns (lacht).


nachmann rechtsanwälte ist eine wirtschaftsrechtlich<br />

ausgerichtete kanzlei. dabei<br />

bilden bau- und immobilienrechtliche als auch<br />

sanierungs- und investitionsberatung wesentliche<br />

tätigkeitsschwerpunkte. besonderes gewicht hat<br />

die beratung bei immobilieninvestitionen.<br />

juristisches fachwissen<br />

Um diesem Anspruch gerecht zu werden,<br />

bieten Nachmann Rechtsanwälte hoch spezialisiertes<br />

juristisches Fachwissen auf den Gebieten des<br />

• Bau- und Immobilienrechts,<br />

• Gesellschaftsrechts,<br />

• Finanzierungsrechts,<br />

• Steuerrechts,<br />

• Bankrechts,<br />

• Insolvenzrechts sowie<br />

• Arbeitsrechts.<br />

betriebswirtschaftliche kompetenz<br />

Die enge Zusammenarbeit mit Bau- und Finanzierungsspezialisten,<br />

Betriebswirten und Unternehmensberatern<br />

aus verschiedenen Branchen garantiert die Bearbeitung<br />

komplexer bau- und immobilienrechtlicher Fragestellungen<br />

– und dies auf der Basis langjähriger Erfahrung<br />

bei Mandaten in- und ausländischer Auftraggeber. Durch<br />

eine umfangreiche Vernetzung von Rechtsberatung,<br />

wirtschaftlichem Know-how und praktischer Erfahrung<br />

wird eine ganzheitliche Bearbeitung hochkomplexer<br />

Sachverhalte gewährleistet.<br />

planen sie den kauf oder verkauf einer immobilie<br />

bzw. eines grundstückes?<br />

Kein Sachverhalt ist wie der andere. Nachmann Rechtsanwälte<br />

entwickeln auf der Basis langjähriger Erfahrung<br />

die für Sie optimale Lösung:<br />

zum beispiel als asset deal<br />

oder auch als share deal:<br />

• Begleitung der Investoren- und<br />

Objektsuche unter Rückgriff auf ein<br />

persönliches Netzwerk und fundierte<br />

Branchenkenntnisse<br />

• Gestaltung der Finanzierung<br />

• Due Diligence<br />

• Steueroptimierung<br />

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die kanzlei nachmann<br />

rechtsanwälte<br />

• Vertragsgestaltung<br />

• Exitgestaltung<br />

• Akquisitionsstrukturierung<br />

(gesellschafts- und steuerrechtlich)<br />

aber auch in allen anderen bereichen des immobilienrechts<br />

besitzen nachmann rechtsanwälte<br />

fundierte kenntnisse:<br />

• Projektentwicklung<br />

• Betreuung von Immobilien<br />

• Bauvertrags- und sonstiges<br />

privates Baurecht<br />

• Architekten- und Ingenieurrecht<br />

• Gewerbliches Miet- und Pachtrecht<br />

• Wohnungseigentumsrecht<br />

zudem erhalten sie bei nachmann rechtsanwälte<br />

ganzheitliche beratung auf sämtlichen gebieten<br />

des finanzierungs- und kapitalmarktrechts:<br />

• Kapitalmarkttransaktionen<br />

• Mergers & Acquisitions<br />

• Restrukturierungen<br />

• Sanierungsberatung<br />

• Kredit- und Finanzierungsverträge<br />

• Entwicklung von<br />

Finanzierungsmodellen<br />

• Bankrecht<br />

mehrsprachig:<br />

Um diese Ansprüche auf hohem Niveau leisten zu<br />

können, ist die Kanzlei Nachmann Rechtsanwälte<br />

mehrsprachig.<br />

Die Mitarbeiter sprechen :<br />

• Englisch<br />

• Russisch<br />

• Italienisch<br />

• Französisch<br />

• Koreanisch<br />

• Lettisch<br />

Hochspezialisiertes Fachwissen, aber auch die<br />

Innovationskraft und das Gespür für die<br />

Anforderungen einer jeden rechtlichen Problemstellung<br />

stehen im Mittelpunkt der Arbeit unseres Teams von<br />

Rechtsanwälten.<br />

gesellschaftsrecht<br />

Nachmann Rechtsanwälte sind Spezialisten auf dem<br />

Gebiet des Gesellschaftsrechts. Unsere hohe fachliche<br />

Qualifikation sowie langjährige Erfahrung gewährleisten<br />

eine optimale Lösung sämtlicher komplexer Fragestellungen,<br />

auch in ökonomischer Hinsicht. In jeder gesellschaftsrechtlich<br />

relevanten Phase, von der Gründung<br />

über die Gestaltung notwendiger unternehmerischer<br />

Strukturmaßnahmen bis hin zur Liquidation, werden<br />

Sie umfassend betreut.<br />

• Mergers & Acquisitions<br />

• Gesellschaftsgründungen und<br />

rechtliche Strukturierung von<br />

Gesellschaften<br />

• Fusionen, Umwandlung,<br />

Verschmelzung und Umstrukturierung<br />

• Joint Ventures<br />

• Unternehmensverträge<br />

• Liquidationsberatung und<br />

- begleitung<br />

• Gesellschaftsrechtliche<br />

Streitigkeiten<br />

allgemeines wirtschafts- und handelsrecht<br />

Als traditionell wirtschaftsrechtlich ausgerichtete<br />

Kanzlei verfügen Nachmann Rechtsanwälte selbstverständlich<br />

über besonderes Know-how im allgemeinen<br />

Wirtschafts- und Handelsrecht. Kostspielige Rechtsstreitigkeiten<br />

werden somit bereits im Ansatz vermieden.<br />

steuerrecht<br />

In dem Bewusstsein, dass im Rahmen jeder wirtschaftsrechtlichen<br />

Transaktion steuerrechtlich relevante<br />

Gesichtspunkte berührt werden, können Nachmann<br />

Rechtsanwälte auf diesem Gebiet besonders qualifizierte<br />

Mitarbeiter vorweisen. Diese entwickeln in Absprache<br />

mit in Kooperation arbeitenden Steuerberatern die steuerlich<br />

optimierte Ausgestaltung eines jeden einzelnen<br />

Falles.<br />

• Mergers & Acquisitions /<br />

Unternehmensakquisition<br />

und - umstrukturierung<br />

• Unternehmensgründung<br />

einschließlich Rechtsformwahl<br />

• Internationales Steuerrecht<br />

• Steueroptimierung von Finanzierungen<br />

• Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht<br />

• Public Private Partnership<br />

• Unternehmens- und Vermögensnachfolge-<br />

beratung<br />

• Steuerplanung einschließlich Beantragung<br />

verbindlicher Auskünfte<br />

• Führung von Rechtsbehelfsverfahren und<br />

Finanzgerichtsprozessen<br />

• Steuerliche Selbstanzeige und<br />

Nacherklärung<br />

• Prävention und Verteidigung in<br />

Wirtschafts- und Steuerstrafsachen<br />

insolvenzrecht<br />

Rechtsanwalt Josef Nachmann wird seit Jahren gerichtlich<br />

als Insolvenzverwalter bestellt. Ein junges, hochqualifiziertes<br />

Team unter der Leitung von Frau Rechtsanwältin<br />

Embacher und Herrn Rechtsanwalt Krompaß<br />

bearbeitet anspruchsvolle Fälle aus dem Insolvenzrecht.<br />

gewerblicher rechtsschutz, urheber- und medienrecht<br />

Um den wirtschaftlichen Erfolg unserer Mandanten auch<br />

in Bezug auf deren geistiges Eigentum vollumfänglich<br />

zu sichern, arbeiten Nachmann Rechtsanwälte engagiert<br />

auf allen Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes,<br />

einschließlich des Marken- und Urheberrechts. Zusätzlich<br />

bieten wir Vertragsgestaltungen, insbesondere die<br />

Ausformulierung von Lizenzverträgen.<br />

• Umfassende Beratung von<br />

Medienunternehmen<br />

• Urheber-, Presse- und Verlagsrecht<br />

• Rundfunkrecht<br />

• Nationale sowie internationale<br />

Markenanmeldungen<br />

• Erstellung und Betreuung von<br />

Markenportfolios<br />

• Wettbewerbsrecht<br />

• Design- und Geschmacksmusterrecht<br />

• Vertragsgestaltung, vorwiegend auch<br />

Lizenzvertragsrecht<br />

• Prozessführung, insbesondere im<br />

einstweiligen Rechtsschutz<br />

erbrecht und unternehmensnachfolge<br />

Nachmann Rechtsanwälte halten auch für den sensiblen<br />

Bereich der Vermögensnachfolge auf die individuellen<br />

Bedürfnisse ihrer Mandanten zugeschnittene Gestaltungsmöglichkeiten<br />

bereit.<br />

• Gestaltung von Testamenten und<br />

Erbverträgen im Privat- und<br />

Unternehmensbereich<br />

• Nachfolgeregelungen in<br />

Gesellschaftsverträgen<br />

• Vorweggenommene<br />

Erbfolge durch Schenkungs- und Übergabe-<br />

verträge<br />

• Testamentsvollstreckung<br />

arbeitsrecht<br />

Nachmann Rechtsanwälte bieten auf allen Ebenen des<br />

individuellen und kollektiven Arbeitsrechts ausgefeilten<br />

Service. Wir unterstützen betriebliche Restrukturierungen<br />

ebenso wie Outsourcing.<br />

• Ausgestaltung, Änderung und Aufhebung<br />

von Arbeits- und Dienstverträgen<br />

• Betriebsverfassungsrecht<br />

• Tarifrecht / betriebliche Vereinbarungen<br />

• Deutsches und europäisches Sozialversicherungsrecht<br />

• Prozessführung


<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />

N# Nachmann rechtsanwälte bedanken sich beim <strong>Foto</strong>grafen<br />

<strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong> für die großzügige Unterstützung bei der grafischen<br />

Gestaltung des Heftes mit einigen seiner Bilder.<br />

www.hubertushamm.de<br />

ANSCHrIFT<br />

Nachmann rechtsanwälte<br />

Theatinerstr. 15<br />

80333 München<br />

www.nachmann.com<br />

Telefon +49 89 24 20 74 0<br />

IMPrESSUM<br />

Herausgeber: Josef Nachmann<br />

Beratung und Supervision: Andreas Lukoschik<br />

Chefredaktion: Hendrik Hunold<br />

Art Direction: Bureau Mirko Borsche<br />

Textredaktion: Amadeus AG, Schwyz

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