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Warum der erhobene Zeigefinger nichts bringt

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6<br />

Pneumologie<br />

DFP-Literaturstudium<br />

Ärzte W o c<br />

o<strong>der</strong> Verbote, die von <strong>der</strong> Gruppe nicht akzeptiert<br />

werden, sind kontraproduktiv und führen<br />

zu ei ner Vergrößerung von Randgruppen<br />

und damit zu einer Erhöhung <strong>der</strong> Anzahl jener<br />

Jugendlichen, die Suchtmittel konsumieren.<br />

Die Verbesserung <strong>der</strong> sozialen Situation<br />

Jugendlicher ist ein ganz zentraler Faktor.<br />

Wenn ein Jugend licher aufgrund seines schulischen<br />

Versagens auch noch die Gruppe verliert,<br />

ist dies ein Risikofaktor für die weitere<br />

Entwicklung. Je klarer die sozialen Entwicklungsmöglichkeiten<br />

für Jugendliche sind,<br />

umso geringer ist <strong>der</strong>en Suchtmitteleinnahme.<br />

Die soziale Sicherheit in <strong>der</strong> Familie, im<br />

Freundeskreis, aber auch in <strong>der</strong> ei genen beruflichen<br />

Situation sind Schutzfaktoren gegen<br />

Suchtmittel gebrauch. Je sinnvoller den<br />

Jugend lichen ihre Tätigkeit erscheint und je<br />

klarer die Rolle in diesen Tätigkeiten definiert<br />

ist, umso geringer ist die Gefahr, dass sie ein<br />

Suchtmittel regelmäßig konsumieren.<br />

Richtige Solidarität kann das Suchtrisiko<br />

senken<br />

In <strong>der</strong> Pubertät fällt es noch vie len Jugendlichen<br />

schwer, eine eigene Identität zu<br />

entwickeln. Die moralischen und ethischen<br />

Vorgaben geliebter Erwachsener können oft<br />

kaum eingehalten werden. Sie benötigen daher<br />

Experimentierfel<strong>der</strong>, in denen sie versuchen<br />

können, ihre eigene Identität zu entwickeln<br />

und Grenzen für sich selbst auszuprobieren.<br />

Diese Experimentierfel<strong>der</strong> sollten von <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Hand unterstützt werden, sodass die<br />

Gefährdung <strong>der</strong> Jugendlichen so gering wie<br />

möglich ist. Der Einfluss <strong>der</strong> Erwachsenen<br />

sollte freilich auch so gering wie möglich gehalten<br />

werden. Manche Menschen können für<br />

sich selbst nur dann et was als wahr annehmen,<br />

wenn sie es selbst erlebt haben. Und dieses Erleben<br />

ist oft schmerzhaft. Wenn eine Gruppe<br />

diesen Schmerz ohne Erwachsene auffangen<br />

kann, dann kann sich eine solidarische Gruppe<br />

bilden, die ein guter Schutz gegen Gefährdungen<br />

durch Suchtmittel ist.<br />

Unterschiedliche Maßnahmen für<br />

unterschiedliche Risikogruppen<br />

Beson<strong>der</strong>e Präventionsstrategien sollten<br />

für Risikogruppen angeboten werden, wobei je<br />

nach Risikogruppe ganz unterschiedliche<br />

Maßnahmen notwendig sind. Ein mit schwerer<br />

Intoxikation stationär aufgenommener Jugendlicher<br />

ist ein Notfall, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> medizinischen<br />

Behandlung sicher eine psychologischpsychiat<br />

rische Unterstützung braucht (Krisenkonzept!).<br />

Familien mit mehreren Abhängigen<br />

brauchen Hilfe für das gesamte System. Die<br />

Kin<strong>der</strong> dieser Familien sind hoch gefährdet<br />

und brauchen intensive Betreuung. Diese Zielgruppen<br />

benötigen auch ohne die Diagnose<br />

Abhängigkeit die Hilfe durch ein therapeutisches<br />

Team (Sozialarbeiter, Psychologen, Mediziner<br />

usw.), welches die Betroffenen über<br />

Jahre begleiten sollte. Diese profes sionellen<br />

Teams sollte man auch viel stärker in die Pflicht<br />

nehmen, wenn es zu negativen Entwicklungen<br />

<strong>der</strong> Betroffenen kommt.<br />

Tertiäre Prävention<br />

Wie bereits ausgeführt, raucht fast die<br />

Hälfte aller Jugendlichen biologisch abhängig<br />

(Fagerström 5 o<strong>der</strong> mehr). Bei diesen Gruppen<br />

wird man mit den oben genannten Maßnahmen<br />

keine Reduktion <strong>der</strong> Suchtmitteleinnahme erreichen,<br />

son<strong>der</strong>n die Jugendlichen werden sich<br />

in ihrem Rauchverhalten unwohler fühlen,<br />

aber nur selten das Rauchverhalten auch wirklich<br />

än<strong>der</strong>n können.<br />

Professionelle Hilfe von<br />

außerhalb des Systems<br />

Alkoholabhängige sind Kranke im medizinischen<br />

Sinn und benötigen daher therapeutische<br />

Hilfe. Es macht wenig Sinn, ihnen Vorschriften<br />

zu machen, und schon gar nicht, ih-<br />

Grafik 2:<br />

Suchtmittelgebrauch – Faktoren, die den Gebrauch in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft bestimmen<br />

Suchtmittel<br />

Gesellschaft<br />

Erreichbarkeit<br />

Einstellung <strong>der</strong> Peergruppe<br />

Image <strong>der</strong> Droge<br />

(Alkohol/Tabak ein Genussmittel)<br />

Grad <strong>der</strong> Wirksamkeit<br />

Preis<br />

Individuum<br />

Lebensqualität<br />

Grad <strong>der</strong> Zufriedenheit<br />

(Happinessforschung)<br />

Psychisches Leiden<br />

Neugierde<br />

Konflikt<br />

Toleranz<br />

gesellschaftliche Freiheit<br />

soziale Absicherung und<br />

soziale Ausgewogenheit<br />

Einkommen<br />

Sicherheit<br />

soziales Klima<br />

kulturelles Klima<br />

Grad <strong>der</strong> Industrialisierung<br />

23. Jahrgang, Nr. 36, September 2009, Ärzte Woche

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