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die <strong>ZWIEBEL</strong> 05/2012 domjubiläum<br />
Viele Bamberger kennen ihren<br />
Dom vor allem vom Vorbeifahren:<br />
ist doch der Domplatz mangels<br />
Alternative noch immer fester Bestandteil<br />
der inoffiziellen Bergverbindung.<br />
Doch ein Halt an der<br />
Kathedrale lohnt sich immer. In<br />
diesen Tagen noch mehr, denn eine<br />
faszinierende Ausstellung verführt<br />
dazu, sich näher mit der Geschichte<br />
des Bauwerks zu befassen. Für einen<br />
Vorgeschmack hat unser Gastautor,<br />
der Kunsthistoriker und Bauforscher<br />
Wolfgang Neustadt eine<br />
kritische Würdigung verfasst – und<br />
das keineswegs nur für „Zugreiste“.<br />
Natürlich kann diese Darstellung<br />
nicht dem Anspruch gerecht werden,<br />
umfassend über den Dom, seine<br />
Baugeschichte oder Ausstattung<br />
zu informieren. Für weitere Informationen<br />
wird im Anhang auf die<br />
hier verwendete, empfehlenswerte<br />
und noch im Handel verfügbare Literatur<br />
verwiesen.<br />
EInFührunG<br />
Wer ahnt es schon: Bamberg war – ähnlich<br />
wie Jerusalem und Rom – als sakrale Hauptstadt<br />
geplant. Nichts weniger als dieses Ansinnen<br />
bestimmte das Konzept für die Bamberger<br />
Stadtanlage, die ihren Ursprung fand<br />
in der Neubebauung des Burgbergs durch<br />
König und Kaiser Heinrich II. Rom hatte bereits<br />
sieben Hügel, Bamberg bekam sie. Rom<br />
hatte bereits mit Alt-Sankt Peter das Vorbild<br />
gebaut, Kaiser Heinrich baute nach diesem<br />
Muster ab 1012 seinen Heinrichsdom. Alt-<br />
Sankt Peter hatte und behielt auch mit dem<br />
berühmten römischen Nachfolger sein liturgisches<br />
Zentrum im Westen. Exakt das war<br />
und blieb Programm für Bamberg.<br />
Und: dieser erste Bamberger Dom wurde architektonisch<br />
beispielgebend für viele Nachfolgebauten<br />
im Reich. Auch für den schließlich<br />
bis heute überkommenen zweiten Dom,<br />
den sog. Ekbertbau (nach dem zur Bauzeit<br />
amtierenden Bischof Ekbert von Andechs-<br />
Meranien). Von seiner erhaltenen Substanz<br />
her hat dieser Bau heute fast gar nichts mehr<br />
zu tun mit dem jetzt gefeierten Ursprungsbau,<br />
dem Heinrichsdom. Mehrmals brannte<br />
es lichterloh auf dem Domberg (1081, 1185,<br />
1227), auch die Erde bebte, nicht nur auf dem<br />
Michelsberg. Der Brand 1185 schließlich war<br />
Anlass für den bis heute bestehenden Neubau,<br />
der 1237 geweiht wurde.<br />
Mit diesem ging insbesondere die jüngere<br />
Geschichte keineswegs glimpflich um. Noch<br />
bis ins 19. Jahrhundert hinein waren Bausubstanz<br />
und insbesondere die mobile Ausstattung<br />
ein aussagestarker Palimpsest, d.h.<br />
nahezu alle über ihn hinweggegangenen<br />
Zeitläufte und Veränderungen blieben ablesbar.<br />
Sie machten den Innenraum zu einer einzigartigen<br />
Bildergeschichte des Evangeliums<br />
und Glaubens. Von Bildern und enthaltenen<br />
Infomationen begann der Glauben exakt<br />
zum Zeitpunkt des heute überkommenen<br />
Neubaus zu leben. Das bezeugt die recht vollständig<br />
erhaltene baufeste skulpturale Ausstattung.<br />
Von dem prachtvollen Überangebot<br />
in Form von Altären, Bleiverglasungen und<br />
Böden, Epitaphien und Malereien ist leider<br />
nicht mehr allzuviel zu erleben. Genauso wenig<br />
wie vom mittelalterlichen starkfarbigen<br />
Farbenkosmos. Die Ausstattung zusammen<br />
mit der Farbigkeit müssen überwältigend<br />
gewesen sein, sie konnten den geringsten<br />
Kopfreliquiare des Kaiserpaars: in Zuge der<br />
Säkularisierung wurden viele Domschätze<br />
nach München verbracht. Doch das für die<br />
Gläubigen Wertvollste blieb erhalten, meint<br />
Domcustos Dr. Norbert Jung: „Die Schädel<br />
von Heinrich und Kunigunde waren der<br />
eigentliche Schatz. Das haben die Münchner<br />
nicht begriffen“. Foto: Anny Maurer<br />
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