Wo man singt... - Kirchenkreis Unna
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Zum 400. Geburtstag von paul<br />
Gerhardt am 12. März 2007<br />
In wenigen <strong>Wo</strong>chen jährt sich der<br />
Geburtstag Paul Gerhardts zum 400.<br />
Male. Er ist, nimmt <strong>man</strong> die Anzahl der<br />
Lieder und die Zahl der Strophen, der<br />
Dichter, der am meisten im Gesangbuch<br />
vertreten ist - neben Martin Luther.<br />
Wir wissen eigentlich erstaunlich wenig<br />
über das Leben dieses Mannes. Vermutlich<br />
am 12. März 1607 in Gräfenhainichen<br />
geboren, hat er ein Leben gelebt, das fast<br />
zur Hälfte durch den 30jährigen Krieg<br />
(1618-1648) überschattet war. Mehr<br />
noch aber ist es durch die Sterblichkeit<br />
der damaligen Zeit geprägt: Schon früh<br />
verstarben seine Eltern, von den vier<br />
Kindern, die ihm geboren wurden, hat<br />
nur ein Sohn ihn überlebt, auch seine<br />
Ehefrau starb vor ihm.<br />
Ansonsten hat er ein durchschnittliches<br />
Leben geführt: Besuch einer Lateinschule,<br />
langes Theologiestudium in Wittenberg,<br />
Hauslehrer in Berlin, bis er dann 1651,<br />
mit 44 Jahren, seine erste Pfarrstelle<br />
in Mittenwalde bekam. Sechs Jahre<br />
später wurde er der 4. Pfarrer an St.<br />
Nicolai in Berlin. Im Lauf des Berliner<br />
Kirchenstreites wurde er 1667 abgesetzt,<br />
war dann von 1668 bis zu seinem Tod<br />
Pastor in Lübben im Spreewald. Dort<br />
starb er am 27. Mai 1676.<br />
Eine Pastorenbiografie wie 1000<br />
andere und sie wäre nicht der Rede<br />
und des Feierns wert, wenn da eben<br />
nicht die Lieder wären, die ihn zu<br />
einem der bedeutendsten Prediger,<br />
Glaubensverbreiter und Tröster<br />
gemacht haben.<br />
Thema<br />
Seine Lieder haben eine so große<br />
Wirkung gehabt, weil sie von Johann<br />
Crüger und Gerhard Ebeling geniale<br />
Melodien bekommen haben.<br />
Nur in einem ist er typisch für seine<br />
Zeit: seine Lieder sind lang, sehr lang.<br />
Aber und damit fängt das Untypische<br />
schon an: er ist niemals langweilig. Für<br />
seine Zeit ist er unmodern, benutzt nicht<br />
den damals modischen Rhythmus, das<br />
modische Versmaß und ist darum eben<br />
auch bis heute singbar, er ist für einen<br />
Barockdichter untypisch bescheiden<br />
und unauffällig, und so bildkräftig alle<br />
seine Lieder sind, sie lassen doch<br />
wenig Individuelles, Biografisches<br />
erkennen. Einfache Versmaße, gehobene<br />
Umgangssprache machen seine Lieder<br />
volksliedhaft, so sehr, dass eine Braut<br />
im Traugespräch einmal sagte: „Schade,<br />
dass in der Kirche bei der Trauung keine<br />
Volkslieder gesungen werden können.“<br />
Auf die Nachfrage, welches Volkslied<br />
sie denn bei ihrer Hochzeit gern hätte,<br />
antwortete sie: „Geh aus mein Herz<br />
und suche Freud“. Auf die Antwort des<br />
Pastors, dass dies kein Volkslied sei,<br />
sondern ein Gesangbuchlied, sagte sie<br />
erstaunt: „Tatsächlich? Aber es klingt so<br />
normal!“<br />
Eben, in seinen Naturbildern, die ihm<br />
zum Gleichnis für Gottes Wirken und<br />
Gottes Welt werden, ist er normal<br />
und einfach verständlich. Versucht <strong>man</strong><br />
zusammenfassend zu sagen, um was es<br />
ihm ging, kann <strong>man</strong> sagen: Um das Lob<br />
Gottes als Schöpfer und Heiland, um die<br />
Spannung zwischen dem gekommenen<br />
Erlöser und dem wiederkommenden<br />
Heiland und vor allem um Trost der<br />
geplagten und gepeinigten Menschen.<br />
Anja Josefowitz<br />
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