PASSAGE II
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PASSAGE II
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<strong>PASSAGE</strong> <strong>II</strong><br />
Regieausstellung - Leipziger Künstler und ART-Gäste<br />
1510: oder Ich in Italien oder<br />
Dürer, Ich und Venedig 2010<br />
Klaus Hentschel, venezianisches Objekt<br />
Wolfgang Böttcher “Venezianische Fundstücke” und “Genuesische Beutestücke”, Fotografie<br />
Ausstellung<br />
4.6.2010 bis 17.9.2010<br />
Malerei-Grafik-Zeichnung-Objekt-Fotografie-<br />
Plastik-Reisezeichnungen-Beutestücke
Brigida Böttcher “musizierende Zephir-Tochter”, Radierung<br />
Rainer Behrends Madonnenkopf, Aquileia, Fotografie<br />
Albrecht Dürer “Bildnis einer jungen Venezianerin”<br />
P I K A N T A e. V.<br />
KUNSTVEREIN LEIPZIG<br />
Wolfgang Böttcher “Venezianisches Muster”, Fotografie<br />
GALERIE P I K A N T A<br />
PIKANTA-AKADEMIE<br />
Lützowstraße 19<br />
04157 Leipzig<br />
Telefon & Fax:<br />
0341 912 2 642<br />
http://www.pikanta.de<br />
Bankverbindung: Sachsen Bank: Konto 7471 500 345 / BLZ 600 501 01<br />
Wolfgang Böttcher “Geschütze Betrachtung”, Fotografie
Käte Müller o.T., Collage<br />
“<strong>PASSAGE</strong> <strong>II</strong>” ist mehr... als Durchgehen,<br />
Überqueren, Durchgang, Durchfahren... Einerseits<br />
vertieft und fügt sie neue Facetten zu <strong>PASSAGE</strong> I<br />
hinzu. Andererseits reflektiert <strong>PASSAGE</strong> <strong>II</strong> die zwanzigjährige<br />
Durchfahrung oder Überquerung, den Lauf,<br />
den Trab des Kunstvereins mit und in und durch die<br />
Leipziger Welt der Kultur und Kunst. <strong>PASSAGE</strong> <strong>II</strong><br />
verweist zum dritten auf die zwanzigste PIKANTA<br />
Kunst- und Studienreise jährlich im April nach Italien -<br />
quer von Nord nach Süd, von Ost nach West.<br />
Der “Passage-Rote-Faden” verästelt sich in dieser<br />
Ausstellung. Sporadisch authentische Kunstformulierung,<br />
entstanden im Reiseambiente, stehen im Kontext<br />
zu Contemporaneo-Bildfindungen aus dem Atelier.<br />
Georg Böttcher, Ulrich Forchner, Klaus Hentschel,<br />
Christine Leweke, Jutta Mirtschin, Peter Vogel und der<br />
sechsjährige Titus Gowor als jüngster Reisender<br />
zeichnen verantwortlich für spontane Zeichenlust im<br />
REISEKALENDER.<br />
Der Zeitvergleich - 1510 / 2010 - wird fortgesetzt: Dürer<br />
im Fokus, seine Reisen nach Venedig, seine Suche<br />
nach einem neuen Level, seine Erkenntnis, dass er “in<br />
Venedig ein Herr und daheim ein Schmarotzer ist”...<br />
Background für Leipziger, für sächsische Künstler, die<br />
500 Jahre später in der Biennale-Città-Venedig auf der<br />
Suche nach Bildstoff, nach Möglichkeiten der Wandlung<br />
sind, sich selbst in Beziehung zu Zeit, imaginären<br />
Art-Kollegen und realem “Man with a frog” von Charles<br />
Ray setzen. Passage <strong>II</strong> - eine große Reise mit Materialspiel,<br />
Formenmix, Farbrausch, mit artifiziellen Konven-<br />
Schmidt). Für den Zeichner, den Maler wird die Geschwindigkeit<br />
der Gegenwart und damit auch der Reise<br />
schon ein wenig zum Handicap: schneller Strich, punktgenau<br />
gesetzte Farbbündel sind gefordert, da ist nichts<br />
mit Lasieren oder Übermalen... Allerdings wird der fahrende<br />
Bus zum Atelier, wo sein Rhythmus auf den<br />
unterschiedlichen Straßenbelägen den Duktus für den<br />
Zeichenstift liefert.<br />
Reflexionen sind immanent im doppeldeutigen Sinn:<br />
Einerseits: Nachdenken, Neues schaffen - sowie andererseits:<br />
“Zurückstrahlen”, womit eine neuartige Beleuchtung<br />
der eigenen Umgebung einhergeht. (Gerald<br />
Müller-Simons Leipziger Häuser bekommen bei ‘richtiger’<br />
Betrachtung den venezianischen Touch.) Auslöser<br />
für sich anschließende Atelierarbeit für Kunstproduktion,<br />
die Anreicherung des individuellen Œuvres<br />
impliziert, setzt mit notwendigem Abstand, im konkreten<br />
Erleben die ZEIT<strong>PASSAGE</strong> 1510 / 2010 als Form-,<br />
Farb-, Struktur-Parcour in Gang. (u.a.: Wolfgang<br />
Böttcher, Dietrich Wenzel, Käte Müller, Gerald Müller-<br />
Simon, Patrick Fauck, Brigida Böttcher, Tim von Veh,<br />
Karl-Heinz Schmidt, Jörg Sittauer, Peter Vogel )<br />
Hierbei kommt Dürer ins Spiel. Wir wählten ihn und sein<br />
Werk pars pro toto, um auf die gigantischen Veränderungen<br />
zu verweisen, die in dieser Zeitpassage stattfinden.<br />
In der Ära der ‘Wiedergeburt’, der Renaissance<br />
als geistig progressive, als kulturelle, Umwälzung, mit<br />
Ulrich Forchner “Cinque Terror”, Zeichnung im fahrenden Bus /<br />
Reisekalender<br />
Gerald Müller-Simon “Häuser”, Kaltnadel<br />
ist Dürer schon nicht mehr allen ein Begriff, seine<br />
Stiche oder Schnitte lösen bei manchen jugendlichen<br />
Betrachtern Bedrängnis aus, machen Angst vor “so<br />
viel Schwarz”... Unsere Sehgewohnheiten haben sich<br />
grundlegend geändert. Sind wir angekommen im<br />
neuen visuellen Habitat Nimmt heute vielleicht Keith<br />
Harings Malerei, seine künstlerische Formulierung<br />
eine derartige Position ein, ist Überbringer einer Message<br />
in Sachen Kunst so wie Dürers Kunst Maßstäbe<br />
setzte, Vorbildfunktion hatte Wie Dürers Frau die<br />
Kunst des Meisters auf Märkten und Messen bekannt<br />
machte, so Kenntnis über ihn “vervielfältigte”, sind<br />
Harings Arbeiten vom Schulbuch über Werbe-Symbiosen,<br />
bis hin zur adaptierenden Schülerzeichnung<br />
oder Interpretation seiner Arbeiten in Projekten in<br />
Köpfen anwesend. Was den Vergleich Dürer =<br />
Deutschland = Vaterland betrifft, lassen sich aktuell<br />
neue Gefühlswelten erkennen. Was noch vor 10<br />
Jahren unvorstellbar gewesen wäre, tritt im Jahr 10<br />
des dritten Jahrtausend im medialen Hype als Selbstverständlichkeit<br />
in Person von Lena mit schwarz-rotgoldenem<br />
Blumen-Haarkranz ein wie auf: “Ich liebe<br />
‘Deutscheland’” und ein x-tausendfacher Chor antwortet<br />
ihr einstimmig. Das Vaterland ist da - nur Dürer<br />
fehlt... Auch das ist eine Passage, die wir gemeinsam<br />
zurücklegen konnten: Veränderung wahrnehmen, darauf<br />
reagieren. Die PIKANTA Kunst- und Studienreise,<br />
die nunmehr die 20. gewesen ist, steht als
tionen und exemplarischen Verweigerungen.<br />
So versteht sich <strong>PASSAGE</strong> <strong>II</strong> als eine Fusion unterschiedlicher<br />
Blickwinkel inklusive bildkünstlerischer<br />
Strömungen, die wiederum Basis sind, um schadlos,<br />
dem Ruf von Skylla und Charybdis widerstehend,<br />
durch Meerengen hindurch zu gelangen.<br />
Die 20. Kunst und Studienreise nach Italien im April war<br />
wieder einmal ganz reale Energiezufuhr, lieferte Input<br />
und Anregung für Bildfindung. Einerseits mutiert der<br />
Reisende zum Jäger und Sammler. Pfeil und Bogen<br />
oder Waffe werden von Digicam und multifunktionalem<br />
Handy ersetzt. Alles wird eingefangen, was nicht vergessen<br />
werden soll. Schnell und effektiv, die Nachhal-<br />
Wolfgang Böttcher “Signaturen”, Radierung<br />
tigkeit liegt dann in der Entwicklungstechnik... Schöne<br />
Wolkenformationen, architektonische Superdetails,<br />
Menschen, Reflexe im Wasser - ob Fluss, Brunnen<br />
oder Pfütze -, Heiteres, Dramatisches, Komisches,<br />
Subtiles... Oft wird das Foto zum “Gedächtnis” oder<br />
zum Tagebuch. Hierbei ist nicht das einzigartige, das<br />
spektakuläre Foto von Bedeutung. Die Regie wird der<br />
Chronologie übertragen, um im Nachhinein den Verlauf<br />
der Reise, die Stationen zu analysieren, zu genießen.<br />
Nichts soll verpasst, nichts ausgelassen werden.<br />
Der Fotograf, die Fotografin begibt sich auf optische<br />
Entdeckungsreise, sucht nach zuvor nicht Gesehenem,<br />
nach dem ganz besonderen Licht, nach<br />
sensationell Einzigartigem, im Großen sucht er das<br />
exemplarisch Originale (Margit Emmrich, Sigrid<br />
ihren wahrlich revolutionären Veränderungen, lebte<br />
und arbeitete Dürer, war selbst darin involviert. Im übertragenen<br />
Sinn treffen derartige revolutionierende Umwälzungen<br />
auch auf unsere Zeit zu. Das magische Jahr<br />
2000 läutete mit dem neuen Jahrtausend totale Veränderung<br />
ein. Es war sozusagen eine Tür in ein neues,<br />
unbekanntes Terrain. Vertrautes, Bekanntes von Worten<br />
bis hin zu “Maschinen”, von Lebensformen bis hin<br />
zur Verwandlung der Begriffe sind im Jahr ZEHN schon<br />
Realität geworden, keine Utopie mehr, wir sind im<br />
Neuen angekommen: Was in Dürers Zeiten z.B. die von<br />
Gutenberg entwickelte bewegliche Metallletter war, die<br />
den Buchdruck auslösen konnte, so existieren heute für<br />
uns ganz andere Selbstverständlichkeiten: als alltägliche<br />
Normalität können wir im Internet surfen, chatten,<br />
twittern, mailen, facebooken. Ein Smartphone nutzen<br />
wir als wäre es Messer und Gabel, wir müssen nicht<br />
mehr durch mittelalterliche Städte spazieren oder uns<br />
im tiefen dunklen Tann fürchten - den Kick beschaffen<br />
wir uns mit online Games. Über-/auf-/entlang deutscher<br />
und sonstiger Straßen geleitet uns kein rettender Engel<br />
sondern ein GPS. Die Blicke vom Sofa in die Welt<br />
werden noch schöner mit HDTV, ohne UMTS würde<br />
rein gar nichts mehr “gehen”. Ferne erreichen wir in<br />
einem ‘Wimpernschlag’ per Airbus A 830. Wo Dürer<br />
noch mühselig mit Kutsche und Pferd voran- wie<br />
hinkam, bewegen wir uns als - elitär terrestrisch - Reisende<br />
mit der Bahn, dem Bus, dem Auto...<br />
Hermann Grimm, deutscher Kunsthistoriker (1828 -<br />
1901), sagte über Dürer: “Die, die ihn nicht kennen,<br />
denen fehlt ein Teil Kenntnis unserer Geschichte; die<br />
ihn aber kennen, für die muß, wo Dürer genannt wird,<br />
sein Name einen Klang haben, als wenn gesagt wird:<br />
‘Deutschland, Vaterland’.” Heute hält man bei diesem<br />
patriotischen Vergleich förmlich die Luft an. Allerdings<br />
Wolfgang Böttcher “Metamorphose einer Venezianerin”, Kupferstich<br />
Margit Emmrich, o. T., Fotografie<br />
Modell dafür, war stets Anregung und symbolisiert die<br />
Arbeit des Kunstvereins seit 20 Jahren. Bei dem Vergleich<br />
kommt das Thema der Reise ins Spiel: Allegro<br />
Furioso im April 2010 zu den beiden schönen Schwestern<br />
La Superba und La Serenissima. Bewegt,<br />
lebhaft, leidenschaftlich, wild war die Zeitspanne, die<br />
<strong>PASSAGE</strong> (die Plagen des Alltags und die Mühen der<br />
Ebene im Kunstvereins-Kosmos soll man ja auch<br />
nicht sehen und erwähnen). 20 Jahre sind Ewigkeiten<br />
und gleichzeitig Nichts. 20 Jahre sind Spiele im Sandkasten,<br />
aber auch Lebenswerk. Die beiden ganz konträren<br />
Schönen - Genova & Venezia - stehen für Prozesse,<br />
die PIKANTA auslöste, durchlebte und mit<br />
Kunstproduktion anreicherte, stehen für PIKANTA<br />
Philosophie und zeigen damit Überlebensstrategie<br />
und Zukunftswille an.<br />
Brigida Böttcher
ABBILDUNGEN<br />
linke Seite:<br />
oben: Christine Leweke,<br />
Mitte: Jutta Mirtschin,<br />
unten: Titus Gowor<br />
Mitte:<br />
oben: Ulrich Forchner<br />
i.a von Michel<br />
Mitte: Klaus Hentschel<br />
unten: Peter Vogel<br />
rechte Seite:<br />
von oben nach unten:<br />
Georg Böttcher<br />
Margit Emmrich<br />
Georg Böttcher<br />
Klaus Hentschel<br />
Aus dem REISEKALENDER 2010
Philipp Karp “ReiseTorte-AD”, Zeichnung, Tusche, laviert<br />
Ulrich Becker “1510-2010”, Zeichnung, Tusche, laviert<br />
AUSSTELLER<br />
Brigida Böttcher<br />
Wolfgang Böttcher<br />
Rainer Behrends<br />
Margit Emmrich<br />
Patrick Fauck<br />
Ulrich Forchner<br />
Dieter Gilfert<br />
Christa Göckeritz<br />
Christa Jahr<br />
Elke Hentschel<br />
Klaus Hentschel<br />
Dagmar Hettstedt<br />
Philipp Karp<br />
Maria Köhler<br />
Günter Köhler<br />
Wolfgang Lazarus<br />
Franziska Lützkendorf<br />
Jutta Mirtschin<br />
Helga Morck<br />
Käte Müller<br />
Gerald Müller-Simon<br />
Angelika Pohler<br />
Gisela Ritter<br />
Erika Rosenfeld<br />
Gernot Schimmel<br />
Sigrid Schmidt<br />
Karl-Heinz Schmidt<br />
Hans-Jörg Sittauer<br />
Tim von Veh<br />
Peter Vogel<br />
Karla Voigt<br />
Karin Wieckhorst<br />
Dietrich Wenzel<br />
&<br />
“MUSE ICH & AD”<br />
von Eleonore Gebauer, Sofie Schirmacher,<br />
Alrun Faber Eleonore Dahmen<br />
Ulrich Forchner “Titus”, Zeichnung<br />
Christa Göckeritz o.T. Zeichnung, Tusche, laviert