VG Düsseldorf - Versagung der 70er bei Unzuverlässigkeit
VG Düsseldorf - Versagung der 70er bei Unzuverlässigkeit
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Gericht:<br />
<strong>VG</strong> Düsseldorf 6. Kammer<br />
Entscheidungsdatum: 04.07.2003<br />
Aktenzeichen: 6 L 2394/03<br />
Dokumenttyp:<br />
Beschluss<br />
Quelle:<br />
Normen: § 32d StVZO, § 34 StVZO, §<br />
36 StVZO, § 70 Abs 1 Nr 1<br />
StVZO, § 70 Abs 1 Nr 2<br />
StVZO<br />
Keine Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO<br />
Sonstiger Orientierungssatz<br />
Der Verkehrsteilnehmer ist nicht zuverlässig, wenn er innerhalb <strong>der</strong> letzten drei Jahre vorsätzlich o<strong>der</strong> fahrlässig<br />
einen Verkehr ohne die erfor<strong>der</strong>liche Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 StVZO und/o<strong>der</strong> Erlaubnis gemäß<br />
§ 29 Abs. 3 StVO vorgenommen und/o<strong>der</strong> gegen die Bedingungen und/o<strong>der</strong> Auflagen einer Erlaubnis<br />
o<strong>der</strong> Ausnahmegenehmigung verstoßen o<strong>der</strong> in sonstiger Weise seinen Halterverpflichtungen zuwi<strong>der</strong>gehandelt<br />
hat. (Rn.17)<br />
Eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO kann nicht erteilt werden, wenn <strong>der</strong> Betreffende bereits durch<br />
sicherheitsrelevante Verstöße, wie Überladungen des Fahrzeuges und Überschreitung <strong>der</strong> Lenkzeiten aufgefallen<br />
ist. (Rn.18)<br />
Tenor<br />
Der Antrag wird abgelehnt.<br />
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.<br />
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.<br />
Gründe<br />
1 Die sinngemäßen Anträge <strong>der</strong> Antragstellerin,<br />
2 1. die Antragsgegnerin im Wege einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten,<br />
<strong>der</strong> Antragstellerin die am 23. Juni 2003 beantragte Ausnahmegenehmigung gemäß § 70<br />
StVZO für eine Einzelfahrt von Kirchberg nach Stuhr für die Fahrzeuge NN-NN 001 (Fahrzeugidentnr.<br />
0001) und NN-NN 002 (Fahrzeugidentnr.0002) für einen Transport eines Staplers einstweilig zu erteilen;<br />
3 2. im Wege einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten,<br />
auch die bis zum 24. Juli 2003 eingehenden Anträge <strong>der</strong> Antragstellerin auf Erteilung von<br />
- Seite 1 von 4 -
Ausnahmegenehmigungen gemäß § 70 StVZO <strong>bei</strong> Vorliegen <strong>der</strong> gesetzlichen Voraussetzungen einstweilig<br />
positiv zu bescheiden,<br />
4 haben keinen Erfolg.<br />
5 Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), <strong>der</strong> hier als Grundlage einer einstweiligen<br />
Anordnung allein in Betracht kommt, sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen<br />
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem<br />
<strong>bei</strong> dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden o<strong>der</strong> drohende Gewalt<br />
zu verhin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> aus sonstigen Gründen nötig erscheint.<br />
6 Die hier angestrebten Regelungen zielen selbst dann, wenn die Anträge dahin ausgelegt werden, dass<br />
sie nicht uneingeschränkt, son<strong>der</strong>n nur zeitlich beschränkt auf die Verpflichtung <strong>der</strong> Antragsgegnerin<br />
zur vorläufigen Erteilung <strong>der</strong> begehrten Ausnahmegenehmigungen gerichtet sind, nicht auf einen vorläufigen<br />
Zustand, son<strong>der</strong>n auf eine jedenfalls zeitweilige Vorwegnahme <strong>der</strong> Hauptsache. Denn die begehrten<br />
Regelungen zeitigen während <strong>der</strong> Dauer ihres Bestandes die gleichen Wirkungen wie die im<br />
Verwaltungsverfahren begehrten. Eine Vorwegnahme <strong>der</strong> Hauptsache im Verfahren auf Erlass einer<br />
einstweiligen Anordnung kommt aber lediglich ausnahmsweise unter hier nicht vorliegenden beson<strong>der</strong>s<br />
strengen Voraussetzungen in Betracht.<br />
7 Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, <strong>der</strong> die Kammer folgt, kann eine die Entscheidung<br />
<strong>der</strong> Hauptsache vorwegnehmende einstweilige Anordnung ausnahmsweise getroffen werden,<br />
wenn die Antragstellerin eine Entscheidung in <strong>der</strong> Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirken<br />
kann und ihr Begehren schon auf Grund <strong>der</strong> im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden<br />
summarischen Prüfung <strong>der</strong> Erfolgsaussichten <strong>bei</strong> Anlegung eines strengen Maßstabes erkennbar<br />
Aussicht auf Erfolg haben muss.<br />
8 Vgl. Beschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1/99 -, in BVerwGE 109, S. 258- 268 = NVwZ 2000, S. 189<br />
f. = NJW 2000, S. 160 f. unter Berufung auf Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Dezember<br />
1989 - 2 ER 301/89 -, in: Buchholz 310, § 321 VwGO Nr. 15.<br />
9 Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil eine für die Antragstellerin erkennbar günstige Entscheidung<br />
in <strong>der</strong> Hauptsache <strong>bei</strong> Anlegung eines strengen Maßstabes nicht vorausgesagt werden kann.<br />
10 Nach § 70 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 StVZO können die zuständigen höheren Verwaltungsbehörden - hier die<br />
Antragsgegnerin - in bestimmten Einzelfällen o<strong>der</strong> allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller unter<br />
an<strong>der</strong>em von den Vorschriften <strong>der</strong> §§ 32, 32 d, 34 und 36 StVZO Ausnahmen genehmigen. Wie sich<br />
aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt und in <strong>der</strong> Rechtsprechung anerkannt ist,<br />
11 vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Februar 2002 - 3 C 33/01 -, in: DAR 2002, S. 281 f.;<br />
O<strong>VG</strong> NRW, Urteil vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, in: NZV 2000, S. 514 ff.,<br />
12 ist <strong>der</strong> Antragsgegnerin <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Frage, ob sie eine solche Ausnahmegenehmigung erteilt, Ermessen<br />
eingeräumt, das das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt daraufhin überprüfen kann,<br />
ob die Antragsgegnerin die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten o<strong>der</strong> von dem Ermessen<br />
in einer dem Zweck <strong>der</strong> Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Nur<br />
dann, wenn jede an<strong>der</strong>e Entscheidung als die Erteilung <strong>der</strong> begehrten Ausnahmegenehmigung sich als<br />
ermessensfehlerhaft und lediglich die Erteilung dieser Genehmigung sich als sachgerecht erweist, mithin<br />
eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, die die Antragsgegnerin verpflichten würde, dem Begehren<br />
<strong>der</strong> Antragstellerin zu entsprechen, sind die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung<br />
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ezüglich <strong>der</strong> Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung<br />
- ZPO -) insoweit als erfüllt anzusehen. Davon kann vorliegend auf Grund <strong>der</strong> dem Gericht<br />
zugänglichen Unterlagen im Rahmen <strong>der</strong> hier nur gebotenen summarischen Überprüfung nicht<br />
ausgegangen werden.<br />
13 In Ergänzung zu den Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid <strong>der</strong> Antragsgegnerin vom 25. Juni<br />
2003, auf den wegen <strong>der</strong> Begründung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO zur Vermeidung entbehrlicher Wie<strong>der</strong>holungen<br />
Bezug genommen wird, wird auf Folgendes hingewiesen: Nach dem Willen des Verordnunggebers<br />
stehen unter an<strong>der</strong>em die Vorschriften des § 32 StVZO und des § 70 Abs. 1 StVZO in einem<br />
strengen Regel-Ausnahmeverhältnis zueinan<strong>der</strong>. Dieser Wille kommt etwa in <strong>der</strong> Formulierung<br />
„höchstzulässige Breite" bzw. „höchstzulässige Länge" in § 32 StVZO und in <strong>der</strong> Verwendung des Wortes<br />
„Ausnahme" in § 70 Abs. 1 StVZO zum Ausdruck.<br />
14 Vgl. Bundesverwaltungsgericht, a.a.O., S. 282; <strong>VG</strong>H München, Urteil vom 10. Februar 1992 - 11 B<br />
91.552 -, in: NZV 1993, S. 87 f.<br />
15 Die Funktion <strong>der</strong> Ausnahmevorschrift des § 70 Abs. 1 StVZO besteht darin, eine beson<strong>der</strong>e Härte zu<br />
beheben, die über die in §§ 32 ff. StVZO liegende allgemeine Härte hinausgeht, wo<strong>bei</strong> <strong>der</strong> jeweilige Antragsteller<br />
alle ihm zumutbaren Eigenmaßnahmen zu treffen hat.<br />
16 Vgl. <strong>VG</strong>H München, a.a.O., S. 88.<br />
17 Über die Ergreifung aller technisch wie wirtschaftlich zumutbaren Anstrengungen zur Einhaltung <strong>der</strong><br />
Vorschriften <strong>der</strong> StVZO hinaus kann in die Ermessenserwägungen insoweit auch eingestellt werden,<br />
welche Maßnahmen die Antragstellerin zur Einhaltung <strong>der</strong> mit den früher erteilten Ausnahmegenehmigungen<br />
verbundenen Bedingungen und Auflagen und zur Gewährleistung eines auch im Übrigen beanstandungsfreien<br />
Transports <strong>der</strong> fraglichen Güter getroffen hat. Nr. 1.10 <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Antragsgegnerin<br />
seit Jahren gleichmäßig angewandten Grundsätze <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Erteilung von Ausnahmegenehmigungen<br />
nach § 70 StVZO, die in einem Richtlinienentwurf zu § 70 StVZO nie<strong>der</strong>gelegt sind, den das - daran allerdings<br />
nicht unmittelbar gebundene - Gericht im Rahmen <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> anzustellenden Ermessenserwägungen<br />
mit heranziehen kann, bringt diesen Gesichtspunkt dadurch zum Ausdruck, dass<br />
sie inhaltlich beanstandungsfrei regelt, ein Antragsteller sei dann nicht zuverlässig, wenn er innerhalb<br />
<strong>der</strong> letzten drei Jahre vorsätzlich o<strong>der</strong> fahrlässig einen Verkehr ohne die erfor<strong>der</strong>liche Ausnahmegenehmigung<br />
gemäß § 70 StVZO und/o<strong>der</strong> Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 3 StVO vorgenommen und/o<strong>der</strong><br />
gegen die Bedingungen und/o<strong>der</strong> Auflagen einer Erlaubnis o<strong>der</strong> Ausnahmegenehmigung verstoßen<br />
o<strong>der</strong> in sonstiger Weise seinen Halterverpflichtungen zuwi<strong>der</strong>gehandelt hat.<br />
18 Insoweit kann offen bleiben, ob sämtliche von <strong>der</strong> Antragsgegnerin aufgelisteten Verstöße und Auffälligkeiten<br />
<strong>der</strong> Antragstellerin im Rahmen des angegriffenen Bescheides vorgehalten und zur Grundlage<br />
einer ablehnenden Entscheidung gemacht werden können. Wie die Antragstellerin selbst einräumt,<br />
sind jedoch in <strong>der</strong> Vergangenheit immer wie<strong>der</strong> - zum Teil rechtskräftig geahndete - Verstöße vorgekommen,<br />
die zumindest Bedenken an <strong>der</strong> Zuverlässigkeit <strong>der</strong> Antragstellerin aufkommen lassen und<br />
dazu führen, eine Ermessensreduzierung auf Null und damit das Bestehen des für den Erlass einer<br />
einstweiligen Anordnung erfor<strong>der</strong>lichen Anordnungsanspruchs zu verneinen. Insoweit ist zu berücksichtigen,<br />
dass es sich auch <strong>bei</strong> den von <strong>der</strong> Antragstellerin eingeräumten Auffälligkeiten zum Teil um sicherheitsrelevante<br />
Verstöße (etwa Überladungen und das Überschreiten <strong>der</strong> Lenkzeiten <strong>der</strong> Fahrer)<br />
handelt, <strong>der</strong>en Schwere die Antragstellerin im Hinblick auf ihre eigenen Kontroll- und Überwachungspflichten<br />
nicht mit dem Hinweis darauf relativieren kann, die jeweiligen Kunden hätten insoweit falsche<br />
Angaben gemacht. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin nach dem Vortrag <strong>der</strong> Antragsgegnerin, dem<br />
die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten ist, auf diese Situation bereits im Jahr 2002<br />
mehrfach aufmerksam gemacht und auf die möglichen Konsequenzen hingewiesen worden ist, ohne<br />
dass dies zu in je<strong>der</strong> Hinsicht beanstandungsfreien Transporten geführt hätte. Vielmehr sind auch nach<br />
dem letzten insoweit an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 25. November 2002 weitere Ver-<br />
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stöße - zuletzt eine weitere Überladung um 26 Tonnen am 14. April 2003 und eine erhebliche Überschreitung<br />
<strong>der</strong> Hinterachslast <strong>der</strong> Sattelzugmaschine am 9. Mai 2003, die die Antragstellerin ebenfalls<br />
nicht bestreitet - hinzugetreten.<br />
19 Die Antragsgegnerin hat in die ihr obliegende Abwägung <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Allgemeinheit an <strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ung<br />
übermäßiger Straßenabnutzung und an <strong>der</strong> Einhaltung aller die Sicherheit des Straßenverkehrs<br />
berührenden Vorschriften mit dem Interesse <strong>der</strong> - mehrfach vorgewarnten - Antragstellerin an<br />
dem Erhalt <strong>der</strong> durch Schreiben vom 23. Juni 2003 beantragten Ausnahmegenehmigung auch die betriebliche<br />
Situation <strong>der</strong> Antragstellerin eingestellt.<br />
20 Insgesamt erweist sich die Ablehnung <strong>der</strong> beantragten Ausnahmegenehmigung durch Bescheid <strong>der</strong><br />
Antragsgegnerin vom 25. Juni 2003 nicht als sachwidrig mit <strong>der</strong> Folge, dass die Voraussetzungen für<br />
den Erlass <strong>der</strong> mit dem Antrag zu 1. begehrten einstweiligen Anordnung nicht gegeben sind.<br />
21 Aus den selben Gründen scheitert auch die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs bezüglich<br />
<strong>der</strong> mit dem Antrag zu 2. sinngemäß begehrten Verpflichtung <strong>der</strong> Antragsgegnerin zur positiven Bescheidung<br />
aller bis zum 24. Juli 2003 gestellten Anträge auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung<br />
gemäß § 70 StVZO.<br />
22 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.<br />
23 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG. Die Kammer legt in Übereinstimmung<br />
mit Nr. 45.7 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 1996, in: NVwZ<br />
1996, S. 563 ff., 567) <strong>bei</strong> einer verkehrsregelnden Anordnung im Hauptsacheverfahren den Auffangwert<br />
des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG, in Verfahren betreffend die Gewährung vorläufigen gerichtlichen<br />
Rechtsschutzes in <strong>der</strong> Regel die Hälfte dieses Wertes zu Grunde. Im Hinblick darauf, dass es vorliegend<br />
zumindest teilweise um die Vorwegnahme <strong>der</strong> Hauptsache geht, hat die Kammer den vollen Auffangwert<br />
des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG angesetzt.<br />
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