Mehr als Kenntnisse und Fertigkeiten - SINUS transfer
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Mathematik <strong>als</strong> Tätigkeit …<br />
So wie die Worte „Kunst“ <strong>und</strong> „Musik“ nicht nur für etwas schon Fertiges stehen – die<br />
Bilder oder die Musikstücke – sondern auch für das, was Künstler <strong>und</strong> Musiker tun,<br />
nämlich malen <strong>und</strong> musizieren, so steht „Mathematik“ auch für eine Tätigkeit, bei der<br />
• Intuition, Phantasie <strong>und</strong> schöpferisches Denken beteiligt sind,<br />
• man durch eigenes <strong>und</strong> gemeinschaftliches Nachdenken Einsichten erwerben <strong>und</strong><br />
Verständnis gewinnen kann <strong>und</strong><br />
• selbstständig Entdeckungen machen <strong>und</strong> dabei Vertrauen in die eigene Denkfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Freude am Denken aufbauen kann (vgl. Spiegel & Selter 2003, S. 47).<br />
Für viele Leserinnen <strong>und</strong> Leser ist das vermutlich eine neue <strong>und</strong> unvertraute Sichtweise.<br />
Dass Mathematik etwas mit Kreativität zu tun haben soll, ist für viele schwer vorstellbar.<br />
Wenn Sie aber das Buch „Der Zahlenteufel“ von Hans Magnus Enzensberger<br />
(1997) gelesen haben, wird Ihnen das Obige nicht so fremd sein. Auch nicht, dass eigentlich<br />
jeder Mensch ein Mathematiker ist – auch jedes Kind.<br />
Die Mathematik existiert nur im Intellekt. Jeder, der sie erlernt, muss sie daher<br />
nachempfinden bzw. neu gestalten. In diesem Sinn kann Mathematik nur erlernt<br />
werden, indem sie geschöpft wird. Wir glauben nicht, dass ein klarer Trennstrich<br />
gezogen werden kann zwischen der Tätigkeit des forschenden Mathematikers<br />
<strong>und</strong> der eines Kindes, das Mathematik lernt. Das Kind hat andere Hilfsmittel <strong>und</strong><br />
andere Erfahrungen, aber beide sind in den gleichen schöpferischen Akt einbezogen.<br />
Wir möchten betonen, dass die Mathematik, die ein Kind beherrscht, tatsächlich<br />
sein Besitz ist, weil das Kind diese Mathematik durch persönliche Handlung<br />
entdeckt hat (Wheeler 1970, S. 8).<br />
Mathematik fängt schon da an, wo ein Kind für sich allein entdeckt, dass es „gerechte“<br />
<strong>und</strong> „ungerechte“ Zahlen gibt (wir Erwachsenen nennen sie „gerade“ <strong>und</strong> „ungerade“).<br />
Oder wo es für die Zahl 101, die wir „h<strong>und</strong>erteins“ nennen, „einh<strong>und</strong>ert“ sagt, weil es<br />
das Prinzip der Zahlwortbildung für zweistellige Zahlen auf dreistellige überträgt. Was<br />
im letzten Satz des obigen Zitats <strong>als</strong> Folgerung für den Unterricht angedeutet ist, wird<br />
in der folgenden Äußerung von Freudenthal (1982) noch pointierter ausgedrückt.<br />
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