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Ein Tag im Leben - zero one film

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Gespräch mit Volker Heise, Künstlerischer Leiter 24h Berlin<br />

Herr Heise, wie sind Sie auf die Idee zu 24h Berlin gekommen?<br />

Das ist nicht so einfach zu erklären. Es gibt den einen Punkt und den einen Ort, an dem es<br />

‚Aha’ gemacht hat. Aber eine Idee reift natürlich über einen längeren Zeitraum. Zuerst gab<br />

es die Grundidee von einem soziokulturellen Abbild der Stadt – die Milieus, die Schichten,<br />

die Gruppen und Interessen – aber dann ist über die Zeit etwas ganz anderes daraus geworden.<br />

Wie hat sich Ihre Idee entwickelt? Gab es Vorbilder dafür?<br />

Es gab einige Punkte, über die ich <strong>im</strong>mer wieder nachgedacht habe, zum Beispiel: Wie<br />

erzählt man heute eine Großstadt? Es gibt ja Vorbilder in der Literatur: Döblin, James<br />

Joyce, vor allem John Dos Passos’ Roman Manhattan Transfer. Und solche Filme wie<br />

Menschen am Sonntag von Wilder und den Brüdern Siodmak, der so wunderbar entspannt<br />

ist, und mir <strong>im</strong>mer näher war als Ruttmann’s Berlin: Die Sinfonie der Großstadt.<br />

Aber heute leben andere Menschen mit anderen Medien. Wie erzählt man mit diesen neuen<br />

Medien? Wie erzählt man Großstadt adäquat <strong>im</strong> Fernsehen? Indem man wieder einen<br />

90-Minuten-Film, also wieder Kino macht? Das konnte es nicht sein.<br />

Dann las ich einen Artikel von einem Britischen Historiker, der seine Landsleute aufrief, in<br />

einer kurzen E-Mail einen best<strong>im</strong>mten <strong>Tag</strong> in ihrem <strong>Leben</strong> zu protokollieren. Ich dachte:<br />

Warum E-Mail? Jeder hat doch ein Handy mit Videofunktion, jeder kann Filme machen. Ist<br />

doch viel besser. Und dann dachte ich: Wir machen ein Fernsehprogramm daraus. Wir<br />

drehen einen <strong>Tag</strong>, wir senden einen <strong>Tag</strong>; jeder kann mitmachen, aber wir geben eine<br />

Grundstruktur vor. Es klickte noch einmal und ich wusste: Ja. So könnte man die Stadt <strong>im</strong><br />

Fernsehen erzählen: Als einen <strong>Tag</strong> in ihrem <strong>Leben</strong>.<br />

Warum gleich 24 Stunden?<br />

Die Stadt ist nicht in einem Satz zu erzählen, sie entzieht sich der Beschreibung. Schon<br />

von ihrem Grundwesen her ist sie max<strong>im</strong>ale Verschiedenheit auf engstem Raum. Darum<br />

fand ich die Idee, die Stadt nicht in Form eines Films zu erzählen, sondern in Form eines<br />

Fernsehprogramms, die adäquate Lösung. Programme erlauben Verschiedenheit, während<br />

Filme geschlossene Erzählungen sind. Programme dauern aber auch ihre Zeit.<br />

Mich hat Fernsehen auch <strong>im</strong>mer mehr interessiert als Film. Aber die großen Künstler <strong>im</strong><br />

Fernsehen sind ja die Programmmacher. Die Leute, die die ganze Fläche des <strong>Tag</strong>es bespielen.<br />

Und da habe ich mich gefragt, was passiert, wenn ich, ein Dokumentar<strong>film</strong>er, ein<br />

Fernsehprogramm mache, was passiert, wenn ich nicht <strong>im</strong> Raster spiele, sondern mit dem<br />

Raster.<br />

Darum ist das Programm auch ein Spiel mit dem Medium Fernsehen. Wir greifen Elemente<br />

auf, die es schon gibt, drehen sie hin und her und setzen sie neu ein. Es gibt Elemente<br />

der Serie, Elemente von Nachrichten. Die Grundstruktur des Programms habe ich bei<br />

CNN geklaut: Regelmäßig Nachrichten - nur sind es bei uns keine Weltnachrichten, sondern<br />

Frau Bullack geht einkaufen, und statt Werbung gibt es bei uns die Videos der Zuschauer.<br />

Ich wollte auch der Ursprungsidee treu bleiben: Die Vielschichtigkeit erzählen, die Milieus<br />

und Interessengruppen. Es sollte nur keine dröge Vorlesung werden, darum haben wir uns<br />

früh entschlossen, die Stadt über Menschen zu erzählen.<br />

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