Ein Tag im Leben - zero one film
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Wir folgen ihnen den ganzen <strong>Tag</strong> - vom Aufstehen bis zum Schlafengehen - und wir verzahnen<br />
ihre Geschichten miteinander. Sie kommentieren sich gegenseitig, sie reiben sich<br />
aneinander, widersprechen sich oder harmonieren; sie erzeugen Echos und gemeinsam<br />
einen neuen Klang. Das geht nur <strong>im</strong> Medium Fernsehen, wo man einen ganzen <strong>Tag</strong> lang<br />
senden kann, und das geht nur, wenn man sich auch an die Gesetze des Fernsehens hält.<br />
Was wird in den 24 Stunden erzählt, was das Fernsehformat bedingt?<br />
Die Form des Programms erlaubt es, den Alltag der Menschen zu erzählen; all das, was<br />
wir jeden <strong>Tag</strong> machen, was 99 Prozent unseres <strong>Leben</strong>s ausmacht, was uns aber aus dem<br />
Blick gerät, weil es selbstverständlich ist, oder wir glauben, es sei selbstverständlich. Wie<br />
stehen wir auf? Was essen wir zum Frühstück? Wie sind wir eingerichtet, was ziehen wir<br />
an, wie kommen wir zur Arbeit oder in die Schule? Solche Fragen klingen ganz banal, aber<br />
wenn man länger darüber nachdenkt, entdeckt man, dass Städte Wunder sind, weil sie<br />
diese Fragen auf unterschiedlichste Art und Weise zu klären vermögen.<br />
Dann verlangt das Format, diese Geschichten auf Augenhöhe zu erzählen. Wir erzählen<br />
nicht über, sondern von Menschen. Es ist nicht unsere Aufgabe, ein Urteil über sie abzugeben,<br />
egal, ob sie Bürgermeister sind oder Junkie, Chefredakteur oder Schornsteinfeger.<br />
Wir führen sie nicht vor, sondern versuchen, sie aus ihrem <strong>Leben</strong>sentwurf heraus zu<br />
verstehen. Wir zeigen auch nicht, wie das <strong>Leben</strong> sein sollte, oder wir es gerne gehabt hätten,<br />
sondern wie wir es am 5. September 2008 vorgefunden haben.<br />
Schließlich mussten wir uns an die Zeitleiste halten: Was gegen neun Uhr passierte, wird<br />
auch gegen neun Uhr gesendet. Wir hatten nie den Ehrgeiz, auf die Minute genau zu sein,<br />
aber wir hatten doch den Ehrgeiz, <strong>im</strong> Zeitrahmen zu bleiben, um die Stadt am Sendetag<br />
spiegeln zu können.<br />
Natürlich mussten wir uns <strong>im</strong> Schnitt <strong>im</strong>mer wieder für oder gegen eine Geschichte und<br />
damit für oder gegen einen Protagonisten entscheiden – entweder, um der Erzählung einen<br />
Fluss zu geben, oder um die Vielschichtigkeit des Programms zu wahren. Wir durften<br />
einem Protagonisten oder einer Geschichte nicht zu viel Gewicht geben, weil sonst die<br />
Stadt verloren ging. Wir durften aber auch nicht zu lange abstrakte Stadt zeigen, weil es<br />
dann sehr schnell blutleer wurde. Das war der eigentliche Balanceakt: Nähe und Totale,<br />
der einzelne Mensch und die Stadt.<br />
Wer entscheidet darüber, was ins Programm kommt und was nicht?<br />
Als künstlerischer Leiter habe letztlich ich darüber zu entscheiden. Ich bin dafür verantwortlich,<br />
dass das Endprodukt so aussieht, wie es aussieht. Aber ich bin mir bewusst, dass<br />
es das Programm nur gibt, weil viele, viele Menschen ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihr<br />
Können eingebracht haben, ob Rechercheure, Regisseure, Cutter oder andere...<br />
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Regisseuren gestaltet? Kann man ihre individuelle<br />
Handschrift in der Endfassung wieder erkennen?<br />
Den meisten Regisseuren war klar, dass es nicht darum ging, einen Autoren<strong>film</strong> zu machen.<br />
Wir haben sie eingeladen, bei diesem Projekt mitzuwirken und die Dreharbeiten als<br />
Exper<strong>im</strong>ent oder Happening zu sehen. Alle kannten die Spielregeln: Wir recherchieren, sie<br />
drehen, wir schneiden. Die meisten haben sofort ja gesagt und hatten Lust auf das Exper<strong>im</strong>ent,<br />
mit einigen mussten wir länger reden und Überzeugungsarbeit leisten.<br />
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