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Auf dem Weg zur vierten industriellen Revolution?<br />
Industrie 4.0: Fraunhofer IWU in Chemnitz kooperiert mit Autoherstellern<br />
„Fabrik der Zukunft“ verknüpft Mensch<br />
und Maschine auf neue Art und Weise<br />
Aufträge werden dezentral in<br />
den Produktionstakt aufgenommen.<br />
Die Versorgung mit Zulieferteilen<br />
und Rohstoffen erfolgt<br />
automatisch.<br />
Der Produktionsprozess wird von<br />
einem umfassenden Energie- und/oder<br />
Logistikmanagement begleitet. Intelligente<br />
Fabriken, die so arbeiten, können<br />
wesentlich effizienter wirken. Dennoch<br />
gibt es bislang nur wenige Beispiele für<br />
die durchgängige Umsetzung solcher<br />
Konzepte. Dies liegt wohl zum einen daran,<br />
dass intelligente Fabriksysteme umfassende<br />
Investitionen erfordern. Zum<br />
anderen stellt eine solche Umstellung<br />
hohe Ansprüche an die Mitarbeiter, die<br />
eine weitgehend neue Herangehensweise<br />
an ihre Tätigkeiten lernen müssen –<br />
ganz abgesehen vom Vertrauen in die<br />
unternehmensinterne IT einschließlich<br />
deren Sicherheitsvorkehrungen.<br />
Zumindest in einzelnen Sequenzen zu<br />
sehen ist die neue Verknüpfung von Maschinen<br />
und Anlagen am Fraunhofer Institut<br />
für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />
(IWU) in Chemnitz. Dort<br />
ist seit Mitte vergangenen Jahres unter<br />
der Bezeichnung „E³“ die deutschlandweit<br />
erste Forschungsfabrik zu diesem<br />
Thema in Betrieb genommen worden.<br />
In dem Technikum von den Ausmaßen<br />
Außenansicht der<br />
Forschungsfabrik<br />
„Ressourceneffiziente<br />
Produktion“<br />
auf dem Gelände<br />
des Fraunhofer<br />
IWU in Chemnitz.<br />
einer mittelgroßen Fabrikhalle sollen an<br />
Beispielen aus der Automobilproduktion<br />
Lösungen für die energie- und ressourceneffiziente<br />
Fertigung sowie interaktive<br />
Mensch-Maschine-Systeme entwickelt<br />
werden.<br />
Mehr als zwanzig Millionen Euro haben<br />
das Gebäude und die Fertigungslinie<br />
gekostet, wo auf 1 600 Quadratmetern<br />
Roboter Türen des VW Golf formen<br />
und zusammenschweißen, wo Antriebswellen<br />
geschmiedet und innen gebohrt<br />
werden und durch Kaltwalzen ihre Laufverzahnungen<br />
erhalten. Was auf den ersten<br />
Blick wie eine zu klein geratene<br />
Produktionsstätte eines Autoherstellers<br />
aussieht, hat es technisch in sich: An 160<br />
Messstellen und 1 600 Datenpunkten<br />
werden mit jedem Arbeitsschritt Informationen<br />
über den Verbrauch an Ressourcen<br />
und Energie ermittelt und im<br />
Leitsystem ausgewertet. Das ermöglicht<br />
nicht nur, die reichlich vorhandenen Potenziale<br />
für Einsparungen zu ermitteln,<br />
sondern auch die Kommunikation des<br />
Menschen mit den Maschinen auf ein<br />
Niveau zu heben, wie es mit der unter<br />
dem Stichwort „Industrie 4.0“ diskutierten<br />
Entwicklung angestrebt wird.<br />
Roboter und Mensch agieren<br />
Davon ist auch der Titel „E³“ abgeleitet,<br />
der für Energie- und Ressourceneffizienz,<br />
für eine emissionsneutrale Fabrik<br />
und für die Einbindung des Menschen<br />
Blick in die Forschungsfabrik.<br />
steht. „Das Warnschild an unseren Robotern,<br />
dass dieser Bereich nicht betreten<br />
werden darf, wird schon bald verschwinden“,<br />
sagt Institutsleiter Professor<br />
Matthias Putz, der das Projekt in den<br />
zurückliegenden drei Jahren umgesetzt<br />
hat. Der Roboter wird künftig nicht<br />
mehr stur seine Programmschritte abarbeiten,<br />
sondern mit seinen Nachbarn,<br />
aber auch mit dem Bedienpersonal in<br />
Interaktion treten – durchaus auch im<br />
Arbeitsbereich des Menschen. Zugleich<br />
wird es möglich, die Fertigungsabläufe<br />
so zu steuern, dass die Zahl der Prozessschritte<br />
drastisch reduziert werden kann<br />
und die energieintensiven Bereitschaftszeiten<br />
der Maschinen minimiert werden.<br />
„Bislang fallen überall Wartezeiten<br />
von wenigen Sekunden bis zu einigen<br />
Minuten an, weil die nächsten oder vorangehenden<br />
Bearbeitungsschritte nicht<br />
genau dieselbe Taktung haben“, erklärt<br />
Bereichsleiter Andreas Schlegel. Dafür<br />
müssen die Teilprozesse in der Fabrik<br />
bauteilbezogen geplant werden. Deshalb<br />
sollen jetzt Softwaretools entwickelt<br />
werden, die solche Arbeitsschritte zu<br />
Blöcken zusammenfügen. Damit müssen<br />
die Maschinen nicht mehr in Bereitschaft<br />
gehalten, sondern können kurzzeitig<br />
ausgeschaltet werden.<br />
10 <strong>wirtschaft</strong> 1-2/2015