dräum | ausgabe 1 | 03/2015
dräum ist ein periodikum von andreas leonhard hilzensauer – dräum is a periodical by andreas leonhard hilzensauer
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RAUSCH<br />
RAUSCH<br />
RAUSCH<br />
RAUSCH<br />
Hochkomplexem Geschwafel<br />
RAUSCH<br />
Gestern<br />
RAUSCH<br />
Vielfach Neunhundert<br />
Konvex und Konkav<br />
Tom du bist Ekel<br />
Gelegentlich kam eine Schaufensterpuppe an einem<br />
Peter bist brav<br />
Schaufenster vorbei, dachte an die Tage der Sklaverei, machte<br />
böse Mine zum guten Spiel und fragte sich, warum sie<br />
Bekleidet am Meer<br />
Mit Zungen und Leinen<br />
trotz Freiheit gelegentlich in nostalgischen Sehnsüchten<br />
Schielt die Nacht daher.<br />
versinkt, hat schließlich einige Gliedmaßen und Löcher im Alles eins. Vielfach Neunhundert. Alles keins. Die Seele rudert.<br />
Hier kommt das jüngste Gericht, schlägt den Gläubigen<br />
Kopf gekostet, ehe meine Vorfahr’n meine Freiheit ausverhandelt<br />
hatten, da sollt‘ ich mich doch freuen – ja, wenn ins ... in die Fresse – wo ist nun euer Himmel, wo euer Lohn?<br />
da das gottverdammte Paradox des freien Willens nicht Nichts als Enttäuschung macht sich breit unter den Freunden<br />
der Sitte; hier gibt es nichts zu sehen, Augen nutzlos,<br />
wäre – zu viele Möglichkeiten machen kirre im Kopf, im<br />
Schlimmstfall fesseln sie bis zur Untätigkeit, bis man sich Ohren taub, die Zunge rein zur Deko, machen wir uns mal<br />
aus lauter Hilflosigkeit im Kampf um die Entscheidung in bloß nichts vor, hier ist das Nichts zu Hause, und ohne anzuklopfen<br />
sind wir eingestürmt, auf Gutdünken, auf Hollad-<br />
Phötushaltung unters Bett legt und wartet, bis alles vorüber<br />
ist. Schon schlimm, schon schlimm, schon schlimm diese ri-Oh, der Wächter kommt, leuchtet in unsre blinden Gesichter,<br />
fragt unsere tauben Ohren, was wir hier zu suchen hätten,<br />
Freiheiten, aber Gefangensein ist ja auch nicht das Wahre,<br />
ist ja auch oasch, macht auch keinen Sinn, aber ein bisschen wir machen einen Knicks, wissen nicht, was sonst, und biegen<br />
die Kurve, verstauben uns nach dahin, wo wir glauben,<br />
leichter ist das schon irgendwie, darf man ja eigentlich gar<br />
nicht sagen und muss man schon differenziert betrachten, unfassbar zu sein, stoßen uns den Kopf mit unsren blinden<br />
kommt auch auf den Halter an, wie der dich da behandelt – Augen, an Dingen, die wir nie verstehen werden, brechen<br />
am Ende waren sich die Philosophen einig, dass von hohlen uns Nasen, Wangen, Zähne an der mathematischen Unbekannten.<br />
Vielfach ist es ein Segen, neunhundert zu kennen,<br />
Leuten recht wenig zu erwarten sei, und man Nonsense auch<br />
als solchen abtun kann, wenn die grade wieder mal aus der stressig aber, so viel Zeit hat doch keiner. Mit Pauken und<br />
Heute und der Österreich und der NEWS ins echte Leben Trompeten verprügeln Pauker Tom und Peter, zeigen ihnen<br />
aufschauen und die Pappm aufreißen, dass die Ohren grade die Geometrie des Schmerzes, so fühlt konvex, so konkav<br />
nicht aus den Angeln fliegen. Mit Pauken und Trompeten sich an, macht euch mal nichts vor, alles ist eins und nichts<br />
Pauken Tom und Peter ist aus Zungen und Leinen. Heut noch stürzt die Hochburg,<br />
Geometrie brennende Leichen stürzen brennend in Teiche, sinken runter<br />
Neunzehn Ecken zu den Perlen, vorbei an der toten alten Frau, deren Versuch<br />
Eine Grade missglückt ward. Ein Apfel ist aufgespießt auf einer langen<br />
Längen- und auch Breiten- Lanze, spitz, geschärft und blutrot lockt er mit zuckersüßem<br />
Hunderte Seiten mit Nektar, Göttern gleich, Göttern zum Schlürfen, inmitten von<br />
Luft und Kohlenmonoxid blickt er unschuldig, genau wissend<br />
jedoch, dass er gesuchter Straftäter in Huxtebude ist, dass die<br />
Gestapo und die UNO und die CIA nach ihm fahnden, und die<br />
Interpol und die Kripo und eigentlich alle, denen von Rechts<br />
wegen die Staatsgewalt in die vertrauenswürdigen Hände gelegt<br />
worden war; jaja, die gemeingefährlichen Äpfel sind mit<br />
die gewieftesten, wäre da nicht die Birne, die dem Apfel unter<br />
der Hand viel Geld geliehen hatte, und sich nun mächtig<br />
für den Zahlungsverzug rächt – bis zum Kernhaus drang das<br />
Wurfgeschoss, ein Spitznasenkrokodil aus Tschibuti, selbst ein<br />
gelernter Spengler, aber was soll man bei der Lage am Arbeitsmarkt?<br />
Am frühen Morgen ist das alles wieder vergessen und<br />
nie geschehen, denn aufgewacht – ja, aufgewacht! – sind die<br />
Nashörner vom Tigris, strecken sich gähnend in der Morgenluft<br />
und kneifen die Augen zu dem Blinken am Horizont – ein<br />
silberner Jeep, sechs Stockwerke lang und mit Rädern, so viel<br />
kann man als Nashorn gar nicht zählen – da sitzt doch einer<br />
drin, ein Präsident mit Platzwunde am Kopf, der Lebenssaft<br />
tröpfelt ehrgeizig über die Nase, er blickt sich laufend nervös<br />
gegen die Fahrtrichtung um, ob die Verfolger noch da sind<br />
– und ja, da reiten sie noch, hoch oben auf ihren dicken Wälzern,<br />
die Zungen draußen wie kleine Kinder, freuen sich ob<br />
des Versteckspiels mit tödlichem Ausgang – zweihundertfünfzig<br />
Jahre später kann der Präsident den Nashörnern immer<br />
noch nicht genug für ihre Unterstützung danken; einst war er<br />
Staatsoberhaupt, seit dem Zwischenfall ist er dankbarer Diener<br />
unter König Urban III., er ist ein gütiger König, gütiger als<br />
sein Vater, der dem Volk noch das Korn aus dem Mund stahl,<br />
um es in seinem großen Rucksack für schlechte Zeiten zu bewahren<br />
– ja, dieser war netter, auch adretter, ein Schwarm bei<br />
den Weibchen und nicht unterzukriegen – so einem macht<br />
man gerne die Verbeugung, auch wenn eigentlich in Schweden<br />
die Schwester auf ein Lebenszeichen warten würde. Ein<br />
Brief traf ein, kein Stempel drauf, bloß ein Datum, komisch,<br />
so schnell war die Post noch nie – aber so dicke Schenkel wie<br />
RAUSCH<br />
RAUSCH<br />
RAUSCH<br />
RAUSCH<br />
RAU4CH<br />
RAUSCH<br />
RAUSCH TEIL 3<br />
RAUSCH<br />
der neue Briefträger hatte auch noch keiner vor ihm – was<br />
drin steht, fragt ihr Mann, nichts besonderes, antwortete sie,<br />
ist ein Sonderangebot von einem Süßwarentandler in der<br />
Mongolei, hat Zuckerstangen im Angebot, wachsen wie wild<br />
da unten, jetzt ist Abverkauf, alles soll raus, schließlich muss<br />
irgendwo das neue Olympia-Stadion hin; von dem hat man<br />
schon in der Zeitung gelesen – 40 Milliarden in europäischer<br />
Währung soll es kosten, wobei man jetzt schon weiß, dass<br />
die Hälfte in korrupten Schmierhänden landen wird; bei der<br />
Eröffnung dann großes Feuerwerk, eine geheuchelte Rede<br />
von Menschenrechten und internationalen Beziehungen, ein<br />
paar Medaillen, dann Krieg – genug gute PR für 14 Tage, jetzt<br />
kann man sich wieder ein wenig gegen die Regeln aufspielen,<br />
kann einem sowieso niemand was, sollen sie doch alle in ihre<br />
Löcher kriechen und hoffen, dass sie meine Wut nicht trifft.<br />
Gleiten, wo der Wind hinbläst<br />
Treiben, wo die Strömung fließt<br />
Fahren, wo die Gleise liegen<br />
Gehen, wo der Weg entsteht<br />
Sehen, wo der Schatten wächst<br />
Hören, wo die Stille herrscht<br />
Bluten, wo die Kugeln fliegen<br />
Sterben, wo die Kriege enden<br />
Beten, wo der Glaube fehlt<br />
Knien, wo die Füße fehlen<br />
Essen, wo der Hunger herrscht<br />
Lesen, wo die Worte schweigen<br />
Lieben, wo der Hass regiert<br />
Fühlen, wo die Haut erblasst<br />
Schmecken, wo der Kiefer sperrt<br />
Atmen, wo die Luft weg bleibt<br />
Ruhen, wo das Fallen ist<br />
Brechen, wo der Riss entsteht<br />
Machen, wo nichts zu machen ist.