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<strong>FahrRad</strong><br />
40 <strong>FahrRad</strong> Herbst 2011<br />
Pro<br />
Dem Beispiel Gurtpflicht folgen<br />
„Mir ist noch nie was passiert, ich kann<br />
Rad fahren, soll ich zum Brötchen holen einen<br />
Helm aufsetzen?“<br />
So oder ähnlich denkt mancher über die<br />
Helmpflicht für Radfahrer. So oder ähnlich<br />
lauteten auch Argumente gegen die Anschnallpflicht<br />
im Kfz, die für Vordersitze 1976<br />
und für Rücksitze 1984 gegen erbitterten<br />
Widerstand eingeführt wurde. Inzwischen<br />
ist die Diskussion über das Für und Wider<br />
versiegt. Der Gurt gehört heute zum Autofahren<br />
wie der Blick in den Rückspiegel. Wir<br />
haben die Einschränkung persönlicher Entscheidungsfreiheit<br />
hingenommen und uns<br />
daran gewöhnt. Der eine oder andere kann<br />
schon gar nicht mehr ohne.<br />
Sicherheitsaspekte waren für die Einführung<br />
maßgeblich, denn experimentell und<br />
statistisch war nachgewiesen, dass das Anlegen<br />
von Gurten die Verletzungshäufigkeit<br />
und –schwere bei Unfällen verringert.<br />
Motorrad- und Kleinkrafträder müssen<br />
seit 1976/78 ebenso aus Sicherheitsgründen<br />
einen Helm tragen. Auch diese Helmvorschrift<br />
steht heutzutage außer Frage,<br />
wobei man vor allem an den bei hoher<br />
Geschwindigkeit gefährdeten, durch keine<br />
Karosserie geschützten Fahrer denkt.<br />
Aber schon der Gesetzgeber stufte die<br />
Bedeutung der Geschwindigkeit herab,<br />
indem er die langsameren Kleinkrafträder,<br />
Höchstgeschwindigkeit ursprünglich 40<br />
km/h, seit Einführung des EU-Führerscheins<br />
45 km/h, in die Helmpflicht einschloss.<br />
Der wichtigste Unterschied zwischen<br />
Kleinkrafträdern und Fahrrädern besteht<br />
in der wiederum geringeren, meist sehr<br />
unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeit<br />
der Fahrräder. Gefahrensituationen bei<br />
Geschwindigkeiten bis 25 km/h, wie unverschuldet<br />
angefahren zu werden, auf einer<br />
Eisplatte auszurutschen u.s.w., sind dagegen<br />
für beide Zweiradarten vergleichbar.<br />
Reicht der Unterschied im oberen Ge-<br />
Helmp<br />
schwindigkeitsbereich nun aus, um eine<br />
Helmpflicht bei Fahrrädern für unnötig zu<br />
betrachten?<br />
Die Alltagserfahrung zeigt, dass ich<br />
nur spazierengehen muss, um über ein<br />
Hindernis zu fallen und<br />
mich zu verletzen. Durch<br />
geschicktes Fallen oder<br />
Abrollen bin ich aber in<br />
den meisten Fällen in der<br />
Lage, den Aufprall zu mindern<br />
und meinen Kopf zu<br />
schützen. Wenn ich will,<br />
kann ich das Fallen sogar<br />
üben.<br />
Anders ist die Situation<br />
mit einem Fahrrad. Stürze<br />
ich zur Seite, hänge ich<br />
unter dem Rad, die Hände<br />
womöglich noch am<br />
Lenker. Fliege ich über<br />
den Lenker, gleicht mein<br />
Fallen einem Kopfsprung<br />
auf den Asphalt. Niemand<br />
wird auf die Idee kommen<br />
solches zu üben,<br />
schon gar nicht ohne<br />
Schutzmaßnahmen und<br />
bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h. Es<br />
drohen schwere Kopfverletzungen.<br />
Viele Helmträger haben Unfälle erlebt,<br />
sind halbwegs davongekommen und aus<br />
Schaden klug geworden. Sie fühlen sich<br />
heute ohne Helm nicht mehr wohl.<br />
Wo Einsicht mangelt oder Bequemlichkeit<br />
ausgeprägt ist, sollte im Interesse des<br />
Einzelnen nachgeholfen werden Wir können<br />
aus positiven Erfahrungen mit Gurt-<br />
und Helmpflicht im motorisierten Bereich<br />
lernen und zuversichtlich sein, dass man<br />
sich auch an die Helmpflicht für Fahrradfahrer<br />
gewöhnen wird.<br />
Helmut Lücke