15.04.2015 Aufrufe

Mit dem Blick des Künstlers

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

92 Tiere in der Kunst<br />

93<br />

DEN SPIEGEL VORGEHALTEN<br />

Alexandra Vogt lebt mit Pferden zusammen<br />

und macht diese auch zum Thema ihrer Kunst.<br />

EIN KLASSIKER DER TIERDARSTELLUNG<br />

Der „Große Zoologische Garten“ (1912) von August Macke,<br />

einer der zentralen Figuren <strong>des</strong> Blauen Reiter.<br />

Die Kunstphilosophin Claudia Fischer hat<br />

sich anlässlich einer Werkschau im Künstlerhaus<br />

Marktoberdorf 2009 im Vortrag „Wollen<br />

wir das sehen?“ intensiv mit den bisweilen irritierenden<br />

Motiven Alexandra Vogts auseinandergesetzt.<br />

Fischer sieht im Werk der Künstlerin<br />

das Fluchttier Pferd als Gefährten „in ein anderes<br />

Leben mit gemeinsamer Freiheit in einer<br />

Zeit der überbordenden erotischen Bedürfnisse<br />

und der transzendenten Sehnsüchte“.<br />

Zuschauer eingebunden<br />

Die Künstlerin selbst hat sich in<strong>des</strong> weiterentwickelt.<br />

„Leben und Werk wachsen aneinander“,<br />

sagt sie und antwortete jüngst in einem Interview<br />

in der „Süddeutschen Zeitung“ auf die Frage,<br />

wie viel Tier im Menschen steckt, mit der<br />

gleichen Empathie, die man in ihrem Werk wiederfindet:<br />

„Leider wenig. Das Zerlieben und Zernützen<br />

der Tiere sollten wir lassen.<br />

Als Menschen.“<br />

Auch Alexandra Vogt spielt mit<br />

der Inklusion <strong>des</strong> Zuschauers. Sie<br />

setzt Kontraste, in<strong>dem</strong> sie etwa<br />

Tiere ins Projekt involviert. <strong>Mit</strong><br />

<strong>dem</strong> Auftritt ändert sie die Perspektive<br />

<strong>des</strong> Publikums. Pferd<br />

und Künstlerin stehen im Raum,<br />

der Besucher wird Teil der Szene.<br />

Teil ihrer Darbietung zu sein,<br />

wünscht man sich bei der Performancekünstlerin<br />

Marina Abramovic<br />

hingegen nicht unbedingt.<br />

Ihre Erfahrungen mit fünf<br />

PICASSO UND DIE TIERE<br />

In Pablo Picassos Werk – hier die Kröte<br />

(„Le Crapaud“, 1949) – hatten Tiere<br />

eine bedeutende Stellung.<br />

MUSEUM OSTWALL/© VG BILD-KUNST, BONN 2014/FOTO: JÜRGEN SPILER<br />

ALEXANDRA VOGT<br />

Würge schlangen schildert Abramovic so: „<strong>Mit</strong><br />

all den Schlangen um mich wurde ich zur Skulptur.<br />

Eine Schlange war so gewaltig, sie hätte<br />

mich beinahe umgebracht. Bevor die Zuschauer<br />

kamen, legte sie sich um meinen Hals. Und der<br />

Trainer sagte: „Du musst dich total entspannen.<br />

Denn je mehr dein Puls schlägt, <strong>des</strong>to mehr will<br />

sie dich würgen.“ Ich musste mich also total entspannen,<br />

während ich in Panik war. Ich wurde<br />

zu einer Art Baum. Das war wirklich ein gutes<br />

Training. Es ist extrem wichtig, die eigenen<br />

Ängste zu überwinden. Was ich in meiner Arbeit<br />

mache, ist diese Angst vor den Zuschauern<br />

zu überwinden. Ich könnte das nicht zu Hause<br />

machen. Vor <strong>dem</strong> Publikum bekomme ich diese<br />

Extraportion an Energie, die ich für die Performance<br />

brauche.“<br />

Die Kunst der Marina Abramovic ist radikal<br />

und gegenwärtig. Das „Time Magazine“ hat sie<br />

zu den hundert wichtigsten Menschen <strong>des</strong> Jahres<br />

2014 gewählt. Immer wieder hat die Performancekünstlerin<br />

Tiere in ihre Arbeit eingebaut.<br />

Mal war es ein Skorpion auf ihrem Gesicht, mal<br />

ein Lamm in ihrem Schoß, mal ein Falke auf<br />

<strong>dem</strong> Arm. Abramovic hat sich in ihrer Kunst<br />

nicht nur auf lebende Tiere beschränkt. Im Jahr<br />

1975 war sie eine jener Künstlerinnen, die beim<br />

Wiener Aktionismus <strong>des</strong> Hermann Nitsch das<br />

Blut rituell geschlachteter Tiere über ihren<br />

nackten Körper fließen ließ.<br />

„Perspektiven wandeln“<br />

1997 hat Abramovic anlässlich der Biennale in<br />

Venedig 1500 Rinderknochen täglich geschrubbt.<br />

Dazu sang sie Volkslieder ihrer Heimat – die<br />

Soloperformance Balkan Baroque, die vor <strong>dem</strong><br />

Hintergrund <strong>des</strong> Jugoslawienkrieges entstand,<br />

wurde mit <strong>dem</strong> Goldenen Löwen ausgezeichnet.<br />

„Ein Großteil der Kunst besteht darin, Perspektiven<br />

zu wandeln“, sagt Céleste Boursier-<br />

MUSEUM OSTWALL/FOTO: JÜRGEN SPILER<br />

Universum Magazin 3 | 2015<br />

3 | 2015 Universum Magazin

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!