Triebachse statt Ballast - Paul Forrer AG
Triebachse statt Ballast - Paul Forrer AG
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36 LANDTECHNIK | <strong>Triebachse</strong> diegrüne | Nr. 4/2009<br />
<strong>Triebachse</strong> <strong>statt</strong> <strong>Ballast</strong><br />
Die Zugkraft kann erhöht werden indem man den Traktor ballastiert oder beim<br />
Anhänger zusätzliche Räder antreibt. <strong>Paul</strong> <strong>Forrer</strong> bietet neu einen hydrostatischen<br />
Fahrantrieb mit Drehmomentregelung für Anhänger an, der neben vielen anderen<br />
Einsatzmöglichkeiten auch bei Quader- und Rundballenpressen eingesetzt wird.<br />
die Antriebsräder<br />
«Wenn<br />
durchdrehen<br />
und deswegen der Traktor ballastiert<br />
werden muss, damit<br />
die Räder wieder greifen,<br />
muss man sich schon fragen,<br />
ob es nicht besser wäre, zusätzlich<br />
die Anhängerräder<br />
anzutreiben», berichtet Erich<br />
Guggisberg, technischer Leiter<br />
bei der Firma <strong>Paul</strong> <strong>Forrer</strong><br />
in Zürich. Wie das Diagramm<br />
auf Seite 39 zeigt, wird das<br />
Zugvermögen eines Antriebsrads<br />
durch den Zustand des<br />
Untergrunds bestimmt. Je<br />
trockener und fester ein<br />
Ackerboden ist, desto mehr<br />
Antriebsdrehmoment kann<br />
ein Reifen in Zugkraft umsetzen.<br />
Dabei spielt die Radlast<br />
eine wichtige Rolle. Und deshalb<br />
bringt das <strong>Ballast</strong>ieren<br />
eine Verbesserung, weil der<br />
Reifen fester auf den Ackerboden<br />
gedrückt wird und so<br />
mehr «ziehen» kann. Gleich<br />
wie beim spulen vor dem<br />
Pflug, wenn man das Hydraulikgestänge<br />
anhebt und die<br />
Reifen auf den Boden gepresst<br />
werden und wieder greifen.<br />
Durchdrehenden Traktoren<br />
auf die Sprünge helfen<br />
Mit Anhängern sind solche<br />
Tricks nicht ohne weiteres<br />
möglich. Man müsste schon<br />
von vornherein den Traktor<br />
ballastieren, damit die Räder<br />
fester auf den Boden gepresst<br />
werden. Das ist jedoch nicht<br />
wirtschaftlich, da das zusätzliche<br />
Gewicht in vielleicht<br />
90 Prozent des Einsatzes nicht<br />
benötigt jedoch bewegt wird.<br />
Erich Guggisberg entwickelte<br />
ein Radantriebssystem namens<br />
TDS (Trailer Drive System)<br />
für Anhänger, das durchdrehenden<br />
Traktoren auf die<br />
Sprünge hilft.<br />
Den Einsatz für den Radantrieb<br />
sieht Guggisberg nicht<br />
nur in den Steilhängen bei der<br />
Berglandwirtschaft. Auch im<br />
Hügelgebiet oder sogar im<br />
Flachland soll das System Vorteile<br />
bringen. Vor allem deshalb,<br />
weil bei der Wahl des<br />
vorgespannten Traktors, beispielsweise<br />
an einer Grossballenpresse,<br />
nicht mehr sein<br />
Gewicht, sondern seine Antriebsleistung<br />
entscheidend<br />
ist. Da der Trend im Traktorenbau<br />
zu leistungsstarken<br />
und dennoch nicht allzu<br />
schweren Traktoren erkennbar<br />
ist, kann eine angetriebene<br />
Geräteachse in einigen Fäl-<br />
len die passende Ergänzung<br />
sein.<br />
So auch bei Lohnunternehmer<br />
Thomas Wirz aus St. Urban<br />
LU. Er setzt zur Bodenschonung<br />
auf leichte aber leistungsstarke<br />
Traktoren. Das<br />
TDS von <strong>Forrer</strong> kam ihm gerade<br />
recht, damit er die Quaderballenpresse<br />
nicht mehr länger<br />
mit dem schweren 800er-<br />
Fendt, sondern mit dem leichten<br />
412er-Fendt antreiben<br />
kann. «Beim Pressen von Silage<br />
kann man sowieso nicht so<br />
schnell fahren, dass ein grosser<br />
6-Zylinder-Traktor ausgelastet<br />
wäre. Eigentlich<br />
braucht es ihn nur deshalb,<br />
weil er mit seinem hohen Gewicht<br />
die Grasnarbe weniger<br />
aufreisst, wenn die Presse einen<br />
Hang hinaufgezogen werden<br />
muss», so Wirz.<br />
Deichselsensor erkennt<br />
Betriebszustand<br />
Beim TDS erkennt ein Sensor<br />
in der Deichsel ob der Anhänger<br />
auf Zug oder auf Druck
Bild: zVg<br />
Nr. 4/2009 | diegrüne<br />
zum Traktor steht. Diese Informationen<br />
werden vom<br />
Rechner an den Steuerblock<br />
geleitet, wonach sich der Vorschub<br />
des Anhängers so einstellt,<br />
dass der Deichselsensor<br />
das Gleichgewicht erreicht.<br />
Bei der Quaderballenpresse<br />
von Thomas Wirz mussten die<br />
«Ich brauche die<br />
Betriebsbremse praktisch<br />
nicht mehr»<br />
Josef Suter<br />
Entwickler ein zusätzliches<br />
Hindernis umgehen: Die 46<br />
Kolbenhübe pro Minute der<br />
Presse bringen die Maschine<br />
in eine schaukelnde Längsbewegung,<br />
die auch die Deichsel<br />
mit dem Sensor erfasst. Damit<br />
dieser die dauernden Lastwechsel<br />
nicht als Impuls an<br />
IN KÜRZE<br />
TDS-Eigenschaften<br />
■ Hydraulischer Antrieb,<br />
geregelt über Drehmoment<br />
■ Deichselsensor erkennt Fahrzustand<br />
■ Keine Traktoranpassung<br />
■ Drehmoment 4-stufig einstellbar<br />
an Bedienkasten<br />
■ Fahrtrichtungserkennung<br />
manuell am Bedienkasten<br />
oder automatisch an Getriebestellung<br />
■ System geht ab einer<br />
definierten Geschwindigkeit<br />
automatisch in Freilauf.<br />
■ Investitionskosten ab<br />
Fr. 35 000.–<br />
■ Weitere Infos:<br />
www.paul-forrer.ch<br />
den Steuerblock liefert, gelang<br />
es den Entwicklern von<br />
<strong>Forrer</strong>, mit einem speziellen<br />
Programm, die Impulse durch<br />
die Kolbenhübe herauszufiltern.<br />
Gemäss Lohnunternehmer<br />
Wirz funktioniert dies<br />
in der Praxis ohne Probleme.<br />
Im Weiteren schätzt Wirz die<br />
erhöhte Sicherheit bergab.<br />
«Im Grenzbereich hat sich<br />
der TDS-Antrieb als besonders<br />
sicher bewährt, da sich<br />
die Presse selbst bremst und<br />
durch die feine Einstellung<br />
nahe an die Haftreibungsgrenze<br />
geführt werden kann»,<br />
so Wirz.<br />
Ähnliches erzählt Lohnunternehmer<br />
Josef Suter aus Küssnacht<br />
am Rigi SZ: «Ich brauche<br />
die Betriebsbremse praktisch<br />
nicht mehr.» Der Lohnunternehmer<br />
hat an seiner<br />
Rundballenpresse das gleiche<br />
Antriebssystem wie Thomas<br />
Wirz. Beide haben die Achsen<br />
ihrer Maschinen abmontiert<br />
und mit einem neuen Achskörper<br />
ersetzt, an dessen<br />
Ende Radnabenmotoren angeflanscht<br />
sind. Möglich ist auch<br />
der Einbau einer <strong>Triebachse</strong><br />
mit Zentralantrieb.<br />
Fahren wie ohne Anhänger<br />
Josef Suter ist zuweilen auch<br />
in sehr steilem Gelände am<br />
Pressen. Bei ihm geht es nicht<br />
wie bei Wirz darum, einen<br />
kleineren Traktor einsetzen<br />
zu können, sondern dass er<br />
überhaupt noch fahren kann.<br />
Und zwar hat er hohe Ansprüche<br />
an seine Arbeit: «Je<br />
steiler es wird, desto schwieriger<br />
ist es, die Grasnarbe nicht<br />
zu verletzen. Aber genau das<br />
will ich in jeder Situation<br />
vermeiden, denn wo Landschaden<br />
entsteht, wachsen<br />
rasch Blacken», so Suter. Da<br />
jetzt auch die Rundballenpresse<br />
für Vorschub sorgt,<br />
kann er seinen Qualitätsansprüchen<br />
auch dann gerecht<br />
werden, wenn die Bedingungen<br />
bei der Silageernte<br />
nass und feucht sind. «Würde<br />
ich nur Heu pressen, bräuchte<br />
ich den zusätzlichen An-<br />
Bild: bs<br />
Bild: zVg<br />
Bild: zVg<br />
trieb nicht, da der Vorgespannte<br />
Rigitrac an sich über<br />
ein enormes Traktionsvermögen<br />
verfügt», so Suter. Dennoch<br />
sei es so, dass auch bei<br />
guten Bedingungen das TDS<br />
Vorteile bringe. So habe man<br />
ein Fahrgefühl, als hätte man<br />
keine Presse angehängt und<br />
wäre mit dem Traktor solo unterwegs,<br />
wie Suter feststellte.<br />
Im Weiteren konnte er die<br />
Leistung, besonders in steilen<br />
<strong>Triebachse</strong> | LANDTECHNIK<br />
37<br />
Wenn der Einbauraum, wie bei der Rundballenpresse, für eine <strong>Triebachse</strong><br />
mit Zentralantrieb zu klein ist, verwendet <strong>Paul</strong> <strong>Forrer</strong> Radantriebsmotoren.<br />
«Jetzt presse ich mit<br />
dem kleinen Traktor»<br />
Thomas Wirz<br />
Parzellen steigern. Musste er<br />
früher häufig mit einer Leerfahrt<br />
oben an das Feld fahren<br />
und konnte nur bei der Talfahrt<br />
pressen, muss er heute<br />
darauf keine Rücksicht mehr<br />
nehmen. «Ich kann fahren<br />
wie ich will, es geht immer.<br />
Wo ich jedoch in einem steilen<br />
Hang die Ballen absetze,<br />
muss ich immer noch genau<br />
überlegen», schmunzelt Josef<br />
Suter.<br />
Öldruck vom Traktor<br />
oder der Bordhydraulik<br />
Gemäss Erich Guggisberg kostet<br />
das System in seiner einfachsten<br />
Ausführung um<br />
35 000 Franken. Dabei wird<br />
der hydraulische Druck direkt<br />
von der Hydraulikpumpe des<br />
Traktors angezapft. Ab 50 bis<br />
70 Liter pro Minute können<br />
leichtere Anhänger betrieben<br />
werden. Liefert der Traktor zu<br />
wenig Öl, wird auf dem Anhänger<br />
zusätzlich eine Bordhydraulik<br />
notwendig. «Kann<br />
mit einem neuen Traktor<br />
mit einer leistungsfähigeren<br />
In der Deichsel misst ein Sensor den Betriebszustand (Zug, Druck, neutral).<br />
Am Bedienkasten wird mit 4 Leistungsstufen der Synchronlauf optimiert.
Nr. 4/2009 | diegrüne<br />
Load-Sensing-Pumpe auf eine<br />
Bordhydraulik verzichtet<br />
werden, kann es sogar sinnvoll<br />
sein, den Traktor zu ersetzen»,<br />
so Guggisberg. Kosten<br />
entstehen auch durch die<br />
Achsen die ersetzt werden<br />
und kaum anderweitig verkauft<br />
werden können. Je nach<br />
Profil werden auch neue Reifen<br />
fällig.<br />
«Die notwendigen Komponenten<br />
müssen für jeden Anhänger<br />
im Einzellfall berechnet<br />
werden. Je genauer die<br />
Radlast, das Einsatzgelände<br />
und der Geschwindigkeitsbereich<br />
definiert sind, desto<br />
exakter kann die Grösse der<br />
hydraulischen Komponenten<br />
bestimmt werden», sagt Erich<br />
Guggisberg.<br />
Lohnen sich die Kosten?<br />
Die Kosten um Anhängerräder<br />
antreiben zu können,<br />
sind insgesamt hoch. Und ob<br />
es sich lohnt, muss vorab genau<br />
berechnet werden.<br />
Bild: zVg<br />
Eine solche Rechnung könnte<br />
zum Beispiel so aussehen:<br />
Angenommen auf einem Betrieb<br />
steht ein 180-PS-Traktor<br />
einzig der Presse wegen und<br />
macht im Jahr insgesamt<br />
1000 Stunden, so kostet dieser<br />
Traktor gemäss aktuellem Tarif<br />
der Agroscope Tänikon-<br />
Reckenholz (ART) jährlich<br />
72 500 Franken (Ansatz:<br />
Fr. 72.50/Std.). Kann dank<br />
den angetriebenen Anhängerrädern<br />
«nur» ein 150-PS-Traktor<br />
eingesetzt werden der ansonsten<br />
die gleichen Arbeiten<br />
macht, in ebenfalls 1000 Stunden,<br />
kostet dieser Traktor<br />
jährlich 55 400 Franken (Ansatz:<br />
Fr. 55.40/Std.).<br />
Die Variante mit Triebachsanhänger<br />
und kleinerem Traktor<br />
<strong>Triebachse</strong> | LANDTECHNIK<br />
39<br />
Die Motorenleistung des Fendt Vario 412 von Lohnunternehmer Thomas Wirz reicht aus, um die Presse zu treiben.<br />
Ohne <strong>Triebachse</strong> an der Presse, wäre der Traktor jedoch zu leicht, um die Presse ohne Spurschäden bergauf zu ziehen.<br />
Radlast und Bodenzustand bestimmen das Traktionsvermögen<br />
Je nach Radlast und Untergrund<br />
ändert sich das Drehmoment,<br />
das ein Antriebsrad in Traktion<br />
umsetzen kann. Je griffiger der<br />
Untergrund ist, desto mehr Antriebskraft<br />
kann umgesetzt werden.<br />
Soll ein maximaler Schlupf<br />
von 20 Prozent nicht überschritten<br />
werden, kann bei einem<br />
trockenen Ackerboden ein Rad<br />
rund 50 Prozent von seiner Radlast<br />
in Triebkraft umsetzen (Triebkraftbeiwert).<br />
Bei nassem Acker-<br />
Mögliche Antriebskraft in % vom Gewicht<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
boden vermag das Rad nur rund<br />
20 Prozent seiner Radlast in<br />
Triebkraft umzusetzen. Für detaillierte<br />
Analysen müssen auch die<br />
Pneuart, die Kontaktflächen und<br />
der Reifendruck berücksichtigt<br />
werden.<br />
Um das Antriebsdrehmoment dem<br />
jeweiligen Triebkraftbeiwert des<br />
Bodens anzupassen, verfügt das<br />
System von <strong>Forrer</strong> über einen Leistungsregler.<br />
Dadurch kann bei<br />
nassem Boden die Antriebskraft<br />
nass<br />
20 40 60<br />
Schlupf in %<br />
80<br />
so weit gedrosselt werden, dass<br />
nicht zu viel Schlupf entsteht.<br />
Der gleiche Effekt entsteht bei<br />
der Bergabfahrt, wenn das System<br />
nicht antreibt, sondern bremst.<br />
Auch hier wird mit der Leistungseinstellung<br />
das Drehmoment so<br />
gewählt, dass die Räder am Boden<br />
abrollen und nicht blockieren.<br />
So kann die Haftreibung im<br />
Grenzbereich besser eingestellt<br />
werden, als dies mit der üblichen<br />
Betriebsbremse möglich ist. Zu-<br />
trocken<br />
Asphalt<br />
ist jährlich 17 100 Franken<br />
günstiger. Dieser Betrag kann<br />
für die Finanzierung des Radantriebs<br />
verwendet werden.<br />
Solche Berechnungen müssen<br />
letztlich auf die tatsächlichen<br />
Betriebszahlen gestützt sein.<br />
Es ist jedoch abschätzbar, dass<br />
ein Radantriebssystem wirtschaftlich<br />
interessant sein<br />
kann. | Beat Schmid<br />
sätzlich erreicht das System von<br />
<strong>Forrer</strong> eine ABS-ähnliche Wirkung:<br />
Entsteht durch ein zu hoch eingestelltes<br />
Drehmoment Schlupf,<br />
halbiert sich das Drehmoment<br />
automatisch. Wenn der Fahrer die<br />
Betriebsbremse betätigt, schaltet<br />
sich das System komplett aus und<br />
die Anhängerräder werden über<br />
die normale Betriebsbremse gebremst.<br />
Ausserhalb des Arbeitsbereichs<br />
schaltet der Antrieb<br />
ebenfalls automatisch aus und<br />
die Räder gehen in den Freilauf.<br />
Wie hoch die Leistung eines hydraulischen<br />
Achs- oder Radnabenantriebs<br />
bei einem Anhänger sein<br />
muss, lässt sich mit komplexen<br />
Berechnungen ermitteln. Wichtige<br />
Einflussgrössen neben der Radlast<br />
sind die maximale Arbeitsgeschwindigkeit,<br />
sowie bedeutende<br />
Fahrwiderstände wie Rollwiderstand<br />
und Steigungswiderstand.<br />
Daraus ergibt sich<br />
die erforderliche hydraulische<br />
Leistung für den Öldruck und die<br />
Ölfördermenge.