Das Magazin des Wiener Burgtheaters
Das Magazin des Wiener Burgtheaters
Das Magazin des Wiener Burgtheaters
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Mai/Juni 2005 Nr.30<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>des</strong> <strong>Wiener</strong> <strong>Burgtheaters</strong><br />
vorspiel<br />
„In Wirklichkeit ist je<strong>des</strong> Ich<br />
Ein kleiner Sternenhimmel.<br />
Ein Chaos von Erbschaften und Möglichkeiten.<br />
Und erst die ewige Hingabe<br />
<strong>des</strong> Ichs an die Wandlung<br />
führt zur Unsterblichkeit<br />
und zur Vollendung!“ „Der Steppenwolf“ von Hermann Hesse<br />
Ensemble
vorgefühlt<br />
<strong>Das</strong> Theater als kraftvolle kulturelle Potenz<br />
Auszüge aus einem Vortrag von Artak Grigorjan und Allan Janik über die aktuelle Situation <strong>des</strong> Theaters, gehalten im Rahmen der Reihe<br />
„Kontroversen im Brenner-Forum“. Diese Gesprächs-Reihe informiert über wichtige Themen bzw. Bücher aus den Bereichen Literatur /<br />
Philosophie / Theologie / Politikwissenschaft / Kunst, aber auch aus den Grenzbereichen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften.<br />
In einem gewissen Sinn ist Theater immer in<br />
einer Krise. Da das Theater auf nichts anderes<br />
zielt, als das menschliche Leben in all<br />
seiner Komplexität und Widersprüchlichkeit<br />
zu beleuchten, sollte uns also nicht überraschen,<br />
dass das Theater kontinuierlich in<br />
Phasen der Krise eintritt, genauso wie unser<br />
Leben, weil das Leben sich in permanenter<br />
Veränderung befindet. Daraus folgt, dass die<br />
Krise <strong>des</strong> Theaters eng verbunden ist mit der<br />
Krise der Gesellschaft.<br />
Was erhebt das Theater über das Niveau der<br />
bloßen Unterhaltung, <strong>des</strong> bloßen Spektakels<br />
oder der Kultivierung der Form als Eigenzweck,<br />
und was verleiht dem Theater eine<br />
kraftvolle kulturelle Potenz? Unsere Behauptung<br />
ist so alt wie die altgriechische Tragödie:<br />
es sei dem Theater möglich, ein Forum<br />
für die kritische Auseinandersetzung mit<br />
unseren eigenen Werten und Gefühlen zu<br />
werden und uns durch emotionalen Austausch<br />
zur Katharsis zu führen. Dadurch wird<br />
es dem Theater möglich sein, seine gesellschaftliche<br />
Funktion zurückzuerobern. Diese<br />
Funktion ist selbstverständlich eine politischethische,<br />
religiös-spirituelle, ohne dass sie<br />
ideologisch oder parteiisch ist.<br />
Die politisch-ethische und religiös-spirituelle<br />
Bedeutung <strong>des</strong> Theaters hängt damit<br />
zusammen, dass das Theater sowohl unser<br />
kognitives Vermögen anhand der Emotionen<br />
als auch unsere emotionale Sphäre durch<br />
die Kognition erreicht. Theater kann also<br />
Gedanken und Gefühle in Bewegung setzen<br />
und durch die daraus entstehende Konfrontation<br />
eine Veränderung im Zuschauer bewirken,<br />
d. h. zu Katharsis führen.<br />
Uns drängen die Gefühle zur äußersten<br />
Anspannung der Vernunft, und die Vernunft<br />
reinigt unsere Gefühle. (BERTOLT BRECHT)<br />
Aber wenn das, was kommuniziert wird, nur<br />
unsere Vor-Urteile befriedigt, indem es<br />
bestätigt, was wir sowieso schon wissen,<br />
was wir sowieso fühlen und wie wir sowieso<br />
schon sind, d. h. uns in unseren Konventionen<br />
und unserem idiomatischen Verhalten<br />
bestätigt, dann heißt es doch, dass Konfrontation<br />
– und daraus folgende Kommunikation<br />
– im tieferen Sinn nicht stattgefunden hat.<br />
<strong>Das</strong> ist die reine Bestätigung unserer Urteile.<br />
Bestätigung entwertet das Theater: Was<br />
bestätigt, kann nur Show sein, die amüsieren<br />
und unterhalten, aber nie bewegen (in Bewegung<br />
setzen) kann. Aus diesem Grund ist<br />
das Klischee, das Idiomatische, der Tod der<br />
vollständigen theatralischen Kommunikation.<br />
Die theatralische Kommunikation hingegen<br />
ist tatsächlich etwas, das uns aus bestimmten<br />
Tendenzen <strong>des</strong> Solipsismus und der<br />
Selbstabkapselung herausreißt. Wenn solche<br />
Kommunikation während einer Vorstellung<br />
wirklich stattfindet, dann ist sicherlich der<br />
Zuschauer noch einige Zeit mit der Aufführung<br />
beschäftigt, d.h. der kathartische<br />
Prozess findet auch außerhalb <strong>des</strong> Theaters<br />
statt. Wenn das Theater volles Potential für<br />
echte Konfrontation realisieren möchte,<br />
muss es sich der Frage <strong>des</strong> Inhalts und seiner<br />
adäquaten Wirkung ernsthaft stellen. Es<br />
genügt nicht, wenn Theater nur Erkenntnisse<br />
der Wirklichkeit vermittelt. Es soll bei dem<br />
Publikum die Lust an der Veränderung der<br />
Realität in Bewegung setzen, sei es im individuellen<br />
Bereich oder im sozialen Umfeld.<br />
Wenn ein Stück uns nicht aus dem<br />
Gleichgewicht bringt, war der Abend<br />
aus dem Gleichgewicht. (PETER BROOK)<br />
Katharsis ist ein kritischer Moment intensiven<br />
Fühlens, der uns emotional von unserer<br />
Beschäftigung mit uns selbst (im extremen<br />
Fall mit einer solipsistischen Selbstabkapselung)<br />
befreit. Katharsis entsteht durch das<br />
Eintreten der Emotionen <strong>des</strong> Zuschauers in<br />
einen Dialog mit den Emotionen <strong>des</strong> Schauspielers<br />
auf der Bühne.<br />
Wir, das Publikum, betreten alle in einem<br />
weiteren Sinne als Glaubende das Theater –<br />
in dem Glauben, dort etwas Bewegen<strong>des</strong><br />
und Wertvolles zu finden. Wir sind von<br />
Anfang an bereit, an alles, was uns die Bühne<br />
bietet, uneingeschränkt zu glauben.<br />
Wir wagen zu behaupten, dass Theaterbesucher<br />
die Katharsis erwarten, ob sie sich <strong>des</strong>sen<br />
bewusst sind oder nicht (die Idee, dass<br />
wir also mehr Probleme in uns tragen als die,<br />
deren wir uns explizit bewusst sind, ist hier<br />
ausschlaggebend).<br />
Wir behaupten, dass das Publikum, das<br />
sogenannte implizite Publikum, das Theater<br />
betritt und in dem Moment durchaus willig<br />
und bereit ist, jedwede Kontinuität <strong>des</strong> täglichen<br />
Lebens oder der Alltagsrealität aufzugeben<br />
und sich mit der Inszenierung/Aufführung<br />
auseinanderzusetzen. Es (das Publikum) hofft<br />
ganz explizit auf eine vage Art, seinen Horizont<br />
zu erweitern und etwas Außergewöhnliches<br />
zu erleben. Implizit jedoch, d. h. ohne<br />
sich <strong>des</strong>sen wirklich bewusst zu sein, sucht<br />
es nichts anderes als Katharsis.<br />
Die Menschen mit all ihrem Sinn für Sicherheit<br />
und Wohlergehen haben auch zu ihren<br />
besten Zeiten wenigstens ein Gespür dafür,<br />
dass etwas – nennen wir es Ganzheit, Erfüllung,<br />
Integrität oder Harmonie – in ihrem<br />
Leben fehlt. Als Theaterbesucher bin ich mir<br />
in gewissem Sinn einer psychischen Armut<br />
bewusst. Ich bin skeptisch bezüglich der<br />
eigenen Erfahrung und <strong>des</strong>wegen neugierig<br />
in Hinblick auf ihre Erweiterung. Kurzum: Ich<br />
bin mir bewusst, dass ich nicht die ganze<br />
Wirklichkeit bin. Wir behaupten hier, dass<br />
das Publikum in dem Moment, in dem es<br />
das Theater betritt, implizit Reinigung, Befreiung,<br />
Entlastung und Heilung sucht.<br />
Die Hauptforderung <strong>des</strong> Zuschauers, d. h.<br />
die, die der Zuschauer stillschweigend stellt,<br />
hängt typischerweise mit dem Problem der<br />
Selbsterkenntnis/Identität zusammen. Es ist<br />
hier erforderlich, uns an die griechischen<br />
Quellen <strong>des</strong> westlichen Theaters zu erinnern,<br />
die besagen, dass das Leben problematisch<br />
werden kann, schlicht aus der Tatsache heraus,<br />
dass wir so sind, wie wir sind. <strong>Das</strong> ist<br />
die Lage jeder tragischen Figur von der Antike<br />
bis zur Moderne. Die einzige Möglichkeit,<br />
solche Probleme zu ‚lösen’, besteht darin,<br />
dass wir unsere Lebens-Form ändern.<br />
Impressum<br />
vorspiel. <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>des</strong> <strong>Wiener</strong> <strong>Burgtheaters</strong> erscheint fünfmal jährlich als Sonderbeilage der Tageszeitung der Standard.<br />
Medieninhaber und Herausgeber: Burgtheater GesmbH, 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 2. Redaktion: Dramaturgie Burgtheater.<br />
Gestaltung: richy oberriedmüller, section.d. Hersteller: Goldmann-Zeitungsdruck GesmbH, 3430 Tulln, Königstetter Strasse 132<br />
Aus dieser Perspektive ist es kaum zufällig,<br />
dass das Bedürfnis, die Sitten zu verändern<br />
(Orest) oder aufzubewahren (Antigone), am<br />
Ursprung der abendländischen dramatischen<br />
Tradition thematisiert wurde. Die Alt-Griechen<br />
hatten hohe Erwartungen an das Theater,<br />
nicht weil sie naiv waren, sondern weil sie seine<br />
befreienden Eigenschaften verstanden,<br />
und zwar genau die, die wir zu vergessen<br />
neigen. Es ist allgemein bekannt, dass das<br />
Problem der Selbsterkenntnis keinen bloß<br />
normalen Schwierigkeitsgrad darstellt.<br />
Wir brauchen eine emotionale Auseinandersetzung<br />
mit uns selbst. Anders gesagt, das<br />
Wissen-in-uns impliziert, dass es eine gewisse<br />
Art von Problemen gibt, die in unserem<br />
Körper – in unserer Psycho-Physis – liegen,<br />
Probleme, die uns belasten und quälen.<br />
Ohne die Konfrontation suchen wir die<br />
Lösung in einer verworrenen und letzten<br />
En<strong>des</strong> selbstzerstörerischen Flucht vor<br />
Selbsterkenntnis. Die großen Dramatiker<br />
sind die, die die Logik einer solchen Situation<br />
dichterisch auslegen. Darin zeigen sie die<br />
Kontinuität zwischen normalem Denken und<br />
selbstzerstörerischem Wahnsinn, was unser<br />
Bedürfnis für Katharsis verstärkt.<br />
Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen<br />
einem bloßen Mitgefühl und einer echten<br />
Katharsis, insofern letzteres nicht lediglich<br />
eine Sache der emotionalen Reaktion auf<br />
die Aufführung ist, sondern eine Sache <strong>des</strong><br />
Mit-Erlebens und der Entfaltung einer Situation<br />
im ‘inneren Theater’ unserer Phantasie.<br />
Jenes ist bloß passiv und sentimental-emotional,<br />
während dieses eine aktive und analytische<br />
emotionale Teilnahme an der Logik<br />
der Theateraufführung ist. Es besteht kein<br />
Zweifel, dass nur durch die Außenkonzentration,<br />
die Konzentration auf das Kunstwerk<br />
(die eine spezifisch ästhetische Haltung ist),<br />
das Kunstwerk in seinen Werten erkannt<br />
wird, im Gegensatz zur Innenkonzentration,<br />
wo das Kunstwerk als Mittel für die eigene<br />
sentimentale Befriedigung ausgenutzt wird.<br />
<strong>Das</strong> Kunstwerk wird hier als Genussanreger<br />
benutzt. Wir genießen unsere Gefühle<br />
anstatt die Theateraufführung.<br />
Die Fähigkeit, fühlend auf eine Situation zu<br />
reagieren, ist eine notwendige, aber keinesfalls<br />
hinreichende Bedingung für Katharsis.<br />
Katharsis impliziert eine bewusste Entscheidung,<br />
an der Handlung teilzunehmen.<br />
Bloßes Mitgefühl mit der Handlung führt<br />
manchmal zu Erregung und Aufregung,<br />
während das Mit-Erleben der Entfaltung<br />
einer gespannten Situation den Zuschauer<br />
bis zur Veränderung <strong>des</strong> Gemüts bewegt.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis ist keine bloß oberflächliche<br />
Erfahrung, die man hat, sondern ein Erlebnis,<br />
das eine reinigende Veränderung ist.<br />
<strong>Das</strong> Brenner-Archiv (der Name geht auf die Kulturzeitschrift<br />
„Der Brenner“ zurück) ist ein Forschungsinstitut<br />
der Universität Innsbruck und zugleich das Tiroler Literaturarchiv.<br />
Es dient der Bewahrung und Kritik <strong>des</strong> kulturellen<br />
Gedächtnisses. Univ. Prof. Artak Grigorjan<br />
unterrichtet Rollengestaltung am Max-Reinhardt-Seminar<br />
in Wien; Allan Janik ist Honorarprofessor für Philosophie<br />
an der Universität Wien und seit 1995 am Brenner<br />
Archiv der Universität Innsbruck tätig.
vor hof<br />
Der Totentanz I und II<br />
von August Strindberg – Deutsch von Elisabeth Plessen<br />
„Ich schaudere vor dem bodenlosen<br />
Elend <strong>des</strong> bloßen Lebens. Neulich<br />
verbrannte ich ein Drama, weil es so<br />
aufrichtig war, daß mir graute.<br />
Was ich nicht begreife, ist dies: ob<br />
man die Niedertracht verbergen und<br />
den Menschen schmeicheln soll. Ich<br />
will heiter und schön schreiben, darf<br />
aber nicht, kann nicht. Fasse es als<br />
eine Schreckenspflicht,<br />
wahr zu sein.“August Strindberg<br />
Peter Zadek inszeniert zum ersten Mal ein<br />
Werk <strong>des</strong> Schweden August Strindberg,<br />
nachdem er sich bisher einer Reihe von<br />
Stücken <strong>des</strong> anderen großen skandinavischen<br />
Dramatikers, Henrik Ibsen, widmete<br />
(„Die Wildente“, „Nora“, „Hedda Gabler“,<br />
„Baumeister Solness“, „Wenn wir Toten<br />
erwachen“ – zuletzt am Akademietheater<br />
„Rosmersholm“ mit Angela Winkler und<br />
Gert Voss und „Peer Gynt“ am Berliner<br />
Ensemble).<br />
<strong>Das</strong> zweiteilige Drama „Totentanz“, 1900<br />
geschrieben und seit seiner Erstveröffentlichung<br />
immer wieder umstritten, aufgeführt<br />
und kommentiert, ist bekannt als die<br />
wohl extremste Geschichte in der modernen<br />
Dramatik über das Zusammenleben<br />
von Mann und Frau, als die Vorlage für alle<br />
nachfolgenden Werke über Ehekrieg und<br />
selbstverschuldete Isolation. – Dennoch ist<br />
die Ehe nicht das einzige oder wichtigste<br />
Thema <strong>des</strong> Dramas.<br />
Strindberg, der sein eigenes Leben und<br />
seine Werke „als Versuchsfeld, um Menschen<br />
schildern zu können“, verstand,<br />
spielt anhand der Geschichte von Alice,<br />
Edgar, Kurt und ihren Kindern grundsätzliche<br />
Fragen der menschlichen Existenz<br />
durch.<br />
„Der Totentanz“, Strindbergs am häufigsten<br />
gespieltes Stück, ist Teil seines<br />
lebenslangen furchtlosen Experimentierens,<br />
seiner Suche nach Wahrheit,<br />
nach Hintergründen und Antrieben im<br />
Zusammenleben der Menschen.<br />
Vielleicht ist niemand so interpretiert und analysiert<br />
wie Strindberg, nach dem Durchforsten<br />
seiner persönlichen Biographie. <strong>Das</strong> ist keine<br />
Kleinigkeit. Tausende von Briefen! Allein das.<br />
Man riskiert allerdings eine Reduzierung <strong>des</strong>sen,<br />
was man den universellen Klang im persönlichen<br />
Erleben eines Dichters nennen möchte.<br />
Und so tappt man denn hinein in eine Welt, die<br />
der Welt ähnlicher sieht als die eigentliche Welt.<br />
Da irgendwo liegt das Geheimnis jeder großen<br />
Kunst.<br />
In Strindbergs Gestalten spielt sich oft ein heftiger<br />
Kampf <strong>des</strong> Erhabenen mit dem Trivialen ab,<br />
herrschen die trivialen Bedingungen von Baufälligkeit,<br />
in dem sehr eigentümlichen, frohgemuten<br />
Schicksal zu leben.<br />
Körperlicher Verfall. Seelischer Verfall. Und das<br />
Jagen nach Versöhnung. Egozentrik. Senilität.<br />
An den „Charakteren“ Strindbergs erschüttert<br />
einen auch das Unangenehme nahezu unwiderstehlich.<br />
Ununterbrochen stößt Sublimes auf<br />
Triviales. Er rebelliert gegen den Alltag und<br />
sehnt sich danach. Es stürmt, und er sehnt sich<br />
nach Flaute. Es wird still, und er sucht den<br />
Sturm. Unruhe droht, und Unruhe befreit.<br />
Strindbergs Sprache gehört zu den verlässlichsten<br />
der gesamten Weltliteratur, auch beim<br />
Beschreiben von Unsicherheiten. Er ist ein<br />
blendender Stilist, auch wenn er Unschlüssigkeit<br />
konkretisiert. Er gehört zu denen, die Sprache<br />
schöpferisch ermöglichen. Darum bleibt er<br />
immer modern. Zeitgeist wird Kulisse für Zeitloses.<br />
Die Unschlüssigkeiten sind erstaunlich<br />
konkret, die Widersprüche subtil und handfest<br />
zugleich. Man sieht sie, hört sie, riecht sie, und<br />
auch scheinbar Unwirkliches wird wirklich.<br />
Erstaunt sagt man sich: So war es ja! So ist es<br />
ja! So wird es sein.<br />
Schon vor Freud verwendet Strindberg Versprecher<br />
als Ausdruck verdrängter Einsichten,<br />
Begehrlichkeiten, Aggressionen. Der Mensch<br />
verrät die Wahrheit auch, wenn er die Unwahrheit<br />
sagt. Er „verspricht“ sich ständig. Für die<br />
szenische Gestaltung ist das von unschätzbarem<br />
Wert. Schauspieler lieben Strindberg,<br />
wenn er am schlimmsten drauflos redet, dann<br />
vielleicht erst recht.<br />
Niemand kann so wild mild sein wie er.<br />
Heroisch, und nicht immer erfolgreich, schlägt<br />
er sich mit seinem Selbstmitleid herum. Er gibt<br />
dem Kinderkram gigantische Proportionen.<br />
Handfeste Absurditäten stellt er her. Absur<strong>des</strong><br />
ist kein Bild vom Leben, das Leben ist das Bild,<br />
schön und erhaben, dreckig und verführerisch,<br />
alles Absurde ist das Resultat akribischer Forschung<br />
und zugleich eigentümliche Phantasie<br />
auf vermeintlich wissenschaftlichem Grund.<br />
Manchmal sieht alles nur so seltsam aus, zerrissen<br />
und zufällig, wird aber zusammengehalten<br />
von einem neugierigen, rasenden Temperament.<br />
Und was macht nun der Schauspieler in dem<br />
Chaos zerrissener Gefühle und widersprüchlicher<br />
Fakten? Verschreckt sucht er nach dem,<br />
was er einen Charakter nennen möchte, und<br />
sieht, daß schon der nächste Satz seine Entscheidungen<br />
wieder sabotiert. Hier herrscht<br />
strengste Unordnung. Körper, Gesicht, Gesten<br />
und Stimme müssen sie halten.<br />
Und trotz aller Konfusion diese paradoxe<br />
Ordnung im Text! Klarheit.<br />
Erstaunliches erweist sich mit einmal als selbstverständlich.<br />
Man sieht, was man nie gesehen<br />
hat, und erkennt es doch genau.<br />
Merkwürdig, daß ein so ungewöhnlicher Mensch<br />
wie Strindberg so erkennbar sein kann.<br />
Der Vorhang fällt.<br />
Oder man schlägt das Buch zu.<br />
<strong>Das</strong> Gewitter ist vorbeigezogen.<br />
Und die Luft ist sehr klar.<br />
Erland Josephson1 , 1999<br />
1 Erland Josephson, schwedischer Schauspieler, Regisseur<br />
und Schriftsteller, leitete von 1966 bis 1975 das<br />
Stockholmer Theater DRAMATEN, spielte in Filmen von<br />
Ingmar Berman (u.a. „Szenen einer Ehe“), István Szabo<br />
(u.a. „Hanussen“), Andrej Tarkowskij (u.a. „Opfer“) und<br />
Theo Angelopoulos („Der Blick <strong>des</strong> Odysseus“).<br />
Hannelore Hoger, Gert Voss (Probenfoto)<br />
August Strindberg, Stockholm 1899<br />
DER TOTENTANZ I und II<br />
von August Strindberg – Deutsch von Elisabeth Plessen<br />
(nach einer Rohübersetzung von Hans Christian Brandt)<br />
REGIE Peter Zadek<br />
AUSSTATTUNG UND LICHTDESIGN Karl Kneidl<br />
MIT Hannelore Hoger, Friederike Pasch, Johanna Wokalek;<br />
Michele Cuciuffo, Philipp Hauß, Peter Simonischek, Gert Voss<br />
Premiere am 1. Juni im Akademietheater<br />
Weitere Vorstellungen am 3., 5., 12., 15., 22., 24. und 26. Juni<br />
Koproduktion mit den <strong>Wiener</strong> Festwochen
vor uns<br />
Häuser gegen Etuis<br />
HÄUSER GEGEN ETUIS von René Pollesch – Uraufführung<br />
REGIE René Pollesch AUSSTATTUNG Janina Audick<br />
MIT Stefanie Dvorak, Johanna Eiworth, Sachiko Hara,<br />
Libgart Schwarz, Elisa Seydel<br />
Premiere am 3. Juni im Kasino am Schwarzenbergplatz<br />
Weiter Vorstellungen am 4., 20., 21. und 23. Juni<br />
Eine Stadt, die nicht nur durch die Summe privatkapitalistischer<br />
Entscheidungen entsteht, sondern Geschichte hat.<br />
Natürlich war das mal Europa und natürlich sind das – im<br />
neoliberalen Sinne – progressivere Gebiete: Accra in Ghana<br />
oder Lagos in Nigeria, aber wir haben was, was die nicht<br />
haben, Orte der Erinnerung an diese ungeheure Biopolitik<br />
und IG-Farben zum Beispiel. Also irgendeine Erinnerung,<br />
und die muss doch noch was wert sein... Und trotzdem weiß<br />
ich nicht, warum ich ein historisches Stadtmodell noch verteidigen<br />
soll. Obwohl ich auch lieber an einem Fluss herumliegen<br />
würde als an einem unsichtbaren Kapitalstrom. Durch<br />
die Abwesenheit von Geschichte in dieser Stadt liegen plötzlich<br />
die Wochenendhäuser von Millionären und die Etuis<br />
direkt nebeneinander. Wie kam das? Nimm da bloß dein Etui<br />
weg, du STÜCK SCHEISSE! ... und dass wir hier herumliegen,<br />
neben luxuriösen Wochenendhäusern, die mal im Grünen<br />
gebaut wurden, am früheren Stadtrand. Nur wuchern die<br />
Städte dermaßen, dass wir hier jetzt auch in unseren Etuis<br />
herumliegen, zwischen Wochenendhäusern und Villen. Eine<br />
kommende Gemeinschaft kann die zwischen diesen privatkapitalistischen<br />
Entscheidungen organisiert werden? Oder<br />
auf welchen Entscheidungen müsste die basieren?<br />
Du bist nichts wert, aber ich kann es dir nicht sagen. Ich<br />
muss es immer verschweigen. Die Verachtung muss hinter<br />
unserem Rücken stattfinden. Aber da sich die Liebe jetzt da<br />
hinten breitgemacht hat, will die Verachtung unbedingt<br />
nach vorne. Diese Beziehung muss ohne Solidarität auskommen,<br />
damit wir in ihr, oder die in uns, überhaupt Energien<br />
erzeugt, die uns an der Geborgenheit arbeiten lässt.<br />
Und an der Sicherheit und am Geld. Und vielleicht sind wir<br />
damit hinter unserem Rücken solidarisch. Anders geht’s<br />
nicht, mein Schatz. Da vorne, vor uns, können wir nicht<br />
mehr solidarisch sein, und wir können uns auch nicht mehr<br />
ansehen oder uns küssen, wir können uns hier vorne – vor<br />
uns – nur Angst einjagen. Damit wir hier leben können.<br />
René Pollesch<br />
René Pollesch, 1962 in Friedberg/Hessen geboren, leitet<br />
seit der Saison 2001/02 die Spielstätte Prater der Volksbühne<br />
Berlin. In Wien gastierte René Pollesch im Rahmen<br />
der <strong>Wiener</strong> Festwochen mit „Heidi Hoh 3 – Die Interessen<br />
der Firma können nicht die Interessen sein, die Heidi Hoh<br />
hat“. Für das Burgtheater schrieb und inszenierte René Pollesch<br />
im Juni 2004 „Hallo Hotel… !“ als Koproduktion mit<br />
dem Festival Theaterformen in Braunschweig und Hannover.<br />
Danach arbeitete Pollesch als Gast-Professor am Max<br />
Reinhardt-Seminar.<br />
„Häuser gegen Etuis“ ist eine neue Auftragsarbeit und<br />
Polleschs zweite Inszenierung für das Burgtheater.
CHRISTOPH SCHLINGENSIEF MARIA-ALICE BAHRA KATJA HASS<br />
spielzeit 2005/2006<br />
BURGTHEATER 1776 1888 1955*<br />
IN DER SPIELZEIT 2005/06 feiert das Burgtheater das 50-jährige Jubiläum der Wiedereröffnung<br />
<strong>des</strong> Hauses am Ring. Der Spielplan der Jubiläumssaison präsentiert unter<br />
anderem Werke von Franz Grillparzer und Ferdinand Raimund, mit denen das Haus<br />
damals wiedereröffnet wurde, sowie zahlreiche Ur- und Erstaufführungen und eine einmalige<br />
Aktion <strong>des</strong> Orgien Mysterien Theaters von Hermann Nitsch.<br />
Informationen zu allen neuen Premieren und ein ausführliches Heft mit allen Serviceangeboten<br />
<strong>des</strong> <strong>Burgtheaters</strong> finden Sie in unserer neuen Saisonvorschau. Neben zahlreichen<br />
Fotos von wichtigen Aufführungen der letzten sechs Jahre enthält die Mappe ein<br />
von Hermann Nitsch gestaltetes Blatt sowie neun Skizzen von Bühnenbildnern und<br />
Regisseuren, die in der kommenden Saison am Burgtheater arbeiten werden.<br />
Die Saisonvorschau 2005/06 ist im Burg- und Akademietheater sowie in den Zentralen Kassen<br />
in der Operngasse und im neuen e-shop auf www.burgtheater.at für € 2,40 erhältlich.
Der Verschwender<br />
von Ferdinand Raimund<br />
REGIE STEFAN BACHMANN // PREMIERE AM 16. SEPTEMBER // BURGTHEATER<br />
Die versunkene Kathedrale<br />
von Gert Jonke / Uraufführung<br />
REGIE CHRISTIANE POHLE // PREMIERE AM 18. SEPTEMBER 05 // AKADEMIETHEATER<br />
Die bitteren Tränen der Petra von Kant<br />
von Rainer Werner Fassbinder<br />
REGIE SEBASTIAN HARTMANN // PREMIERE IM OKTOBER 05 // KASINO<br />
Wir wollen den Messias jetzt<br />
oder Die beschleunigte Familie<br />
von Franzobel / Uraufführung<br />
REGIE KARIN BEIER // PREMIERE IM OKTOBER 05 // AKADEMIETHEATER<br />
König Ottokars Glück und Ende<br />
von Franz Grillparzer<br />
REGIE MARTIN KUˇSEJ // PREMIERE AM 15. OKTOBER 05 // BURGTHEATER<br />
// KOPRODUKTION MIT DEN SALZBURGER FESTSPIELEN<br />
Neues schreiben_<br />
Theater-Schreiben / Werkstatttage 2005<br />
Inter-Text / Stückaufträge<br />
WERKSTATTNACHT AM 23. OKTOBER 05 // KASINO<br />
Der Bus (<strong>Das</strong> Zeug einer Heiligen)<br />
von Lukas Bärfuss / Österreichische Erstaufführung<br />
REGIE THOMAS LANGHOFF // PREMIERE IM OKTOBER 05 // AKADEMIETHEATER<br />
Die Brüder Karamasow<br />
nach Fjodor M. Dostojewskij / Wohlstand in Gefahr 3<br />
REGIE NICOLAS STEMANN // PREMIERE IM DEZEMBER 05 // AKADEMIETHEATER<br />
Minna von Barnhelm oder <strong>Das</strong> Soldatenglück<br />
von Gotthold Ephraim Lessing<br />
REGIE ANDREA BRETH // PREMIERE IM DEZEMBER 05 // BURGTHEATER<br />
Sadochris Matthäus<br />
von Christoph Schlingensief / Uraufführung<br />
REGIE CHRISTOPH SCHLINGENSIEF // PREMIERE IM JÄNNER 06 // BURGTHEATER<br />
Torquato Tasso<br />
von Johann Wolfgang Goethe<br />
REGIE STEPHAN KIMMIG // PREMIERE IM FEBRUAR 06 // BURGTHEATER<br />
Ein Medea-Projekt<br />
von Grzegorz Jarzyna<br />
REGIE GRZEGORZ JARZYNA // PREMIERE IM MÄRZ 06 // KASINO<br />
Boulevard Sevastopol<br />
von Igor Bauersima / Uraufführung<br />
REGIE IGOR BAUERSIMA // PREMIERE IM APRIL 06 // AKADEMIETHEATER<br />
Die Entführung aus dem Serail<br />
von Wolfgang Amadeus Mozart<br />
MUSIKALISCHE LEITUNG PHILIPPE JORDAN //<br />
REGIE KARIN BEIER // PREMIERE AM 1. MAI 06 // BURGTHEATER<br />
// KOPRODUKTION MIT DER WIENER STAATSOPER<br />
Arsen und Spitzenhäubchen<br />
von Joseph Kesselring<br />
REGIE BARBARA FREY // PREMIERE IM JUNI 06 // AKADEMIETHEATER<br />
Inszenierungen<br />
von Niklaus Helbling<br />
und Friederike Heller<br />
KASINO
vorgestellt<br />
Ulrike Spann, Sponsoring<br />
Mareike Sedl, Schauspielerin<br />
Die gebürtige Erfurterin erhielt ihre Schauspielausbildung an der Berliner Ernst-Busch-Hochschule. Dort spielte<br />
sie in George Taboris „Peepshow“. 2001 debütierte Mareike Sedl am Burgtheater in Bernard-Marie Koltès’<br />
ROBERTO ZUCCO (R. Klaus Michael Grüber), wofür sie als Beste Nachwuchsschauspielerin mit dem Nestroy-<br />
Preis 2001 ausgezeichnet wurde. Danach war sie als Abigail in Christopher Marlowes DER JUDE VON MALTA<br />
(R. Peter Zadek, 2000), in verschiedenen Rollen in DER NARR UND SEINE FRAU HEUTE ABEND IN PANCO-<br />
MEDIA von Botho Strauß (R. Dieter Giesing, 2002), als Charlotte Goodall in DIE NACHT DES LEGUAN von Tennessee<br />
Williams (R. Peter Zadek, 2002), Anna in DAS FEUERWERK von Charell/Amstein/Burkhard (R. Michael<br />
Wallner, 2003), Ismene in ÖDIPUS IN KOLONOS von Peter Handke/Sophokles (R. Klaus Michael Grüber, 2003)<br />
sowie als Gretel in HÄNSEL UND GRETEL nach den Brüdern Grimm (R. Wolfgang Wiens, 2003) zu sehen.<br />
Derzeit steht Mareike Sedl als Gora in DAS GOLDENE VLIESS von Franz Grillparzer (R. Stephan Kimmig, 2004),<br />
Recha in NATHAN DER WEISE von Gotthold Ephraim Lessing (R. Lukas Hemleb, 2004) und als Aixa in<br />
VERSUCHUNG von Carles Batlle (R. Michael Schöndorf, 2004) auf der Bühne.<br />
Was wäre für Sie das größte Unglück?<br />
Einen Fahrradunfall zu haben und zu merken: das ist nicht das Schlimmste im Leben<br />
Wo möchten Sie leben?<br />
Dort wo die Möwen schreien, die Luft nach Salz schmeckt und die Sonne Glückshormone in den Körper schickt<br />
Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?<br />
Verliebt sein in die ganze Welt und sich so verschenken<br />
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?<br />
Solche, die mir vertraut sind und die mir auch immer wieder passieren<br />
Ihre liebste Romanheldin?<br />
Ronja Räubertochter<br />
Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?<br />
Die kleine Meerjungfrau<br />
Ihre Lieblingsheldinnen in der Wirklichkeit?<br />
Bleibt mein Geheimnis<br />
Ihre Lieblingsheldinnen in der Dichtung?<br />
Kassandra<br />
Ihre Lieblingsmaler?<br />
Marc Chagall, Picasso<br />
Ihr Lieblingskomponist?<br />
Gibt’s bei mir nicht<br />
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten?<br />
<strong>Das</strong> praktische Denken und Anpacken<br />
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?<br />
Ihr inneres Wissen, was sie schlecht im Außen erklären kann,<br />
bzw. Gefühlsduselei, die sich als Intuition herausstellt<br />
Ihre Lieblingstugend?<br />
Zu lieben<br />
Ihre Lieblingsbeschäftigung?<br />
Singend mit dem Fahrrad ins Theater fahren, Französisch lernen, fremde Gedanken lesen, Tagträumen<br />
Wer oder was hätten Sie sein mögen?<br />
Für drei Tage ein Mann, um zu wissen, wie das ist<br />
Ihr Hauptcharakterzug?<br />
Mich in fremden Situationen immer wieder neu zu erleben<br />
Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten?<br />
Ehrlichkeit, dass sie mich manchmal in den Arm nehmen und ein Gefühl von Geborgenheit ausstrahlen<br />
Ihr größter Fehler?<br />
Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann muss das auch so passieren<br />
Ihr Traum vom Glück?<br />
All das genießen, was im Moment ist und damit zufrieden sein<br />
Was möchten Sie sein?<br />
Alles<br />
Ihre Lieblingsfarbe?<br />
Blau<br />
Ihre Lieblingsblume?<br />
Weiße Lilie<br />
Ihr Lieblingsvogel?<br />
Ich mag die alle<br />
Ihr Lieblingslyriker?<br />
Ändert sich immer wieder<br />
Ihr Lieblingsdramatiker?<br />
<strong>Das</strong> Schicksal<br />
Ihr Lieblingsstück?<br />
Ändert sich immer wieder<br />
Ihre Helden in der Wirklichkeit?<br />
Wird nicht verraten<br />
Ihre Heldinnen in der Geschichte?<br />
Alle Frauen, die ihren Weg gegangen sind, auch die, von denen wir noch nichts gehört haben<br />
Ihre Lieblingsnamen?<br />
Ich treffe immer wieder auf Steffis und Sebastians in meinem Leben<br />
Was verabscheuen Sie am meisten?<br />
Alles, was Angst erzeugt<br />
Welche geschichtlichen Gestalten verachten Sie am meisten?<br />
Niemand<br />
Welche militärischen Leistungen bewundern Sie am meisten?<br />
Gar keine<br />
Welche Reform bewundern Sie am meisten?<br />
Keine<br />
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?<br />
Da gibt es viele<br />
Wie möchten Sie sterben?<br />
Wissend, das ist meine letzte Tat<br />
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?<br />
Es geht so<br />
Ihr Motto?<br />
Bleib am Lieben! Und: ein kleiner Augenblick kann alles verändern<br />
Mareike Sedl in: Hänsel und Gretel, <strong>Das</strong> goldene Vließ, Nathan der Weise, Versuchung<br />
Ulrike Spann, Sponsoring & PR mit Anna im Volksgarten; Alexandra Wiegand und Konstanze Schäfer, Pressesprecherin<br />
KUNST UND KOMMERZ<br />
Burgtheater Bühneneingang: Eine Frau im kleinen Schwarzen springt von einer Suzuki, nimmt den<br />
Sturzhelm ab, schüttelt ihr dunkelblon<strong>des</strong> Haar und schiebt es mit einer großen Sonnenbrille aus<br />
der Stirn. Die drei Stufen nimmt sie mit einem Satz. „Na Ulli? Wie hammas?“ grüßt der Portier<br />
freundlich. „Alles bestens! Sponsorenempfang in einer halben Stunde!“, lacht sie und verschwindet<br />
Richtung Fahrstuhl...<br />
Burgtheater, 2. Stock, Pressebüro: Am Gang stapeln sich große Aushangfotos, Plakate, Monatsspielpläne,<br />
Saisonvorschauen. Ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen bietet Platz für die kurze Rauchpause<br />
oder die Tasse Tee zwischendurch – wenn die Zeit dafür bleibt. Im beengten Büro selbst<br />
scheint kaum Platz für Computer, Adresskarteien, Berge von Büchern, Fotos, Aktenordnern voller<br />
Pressespiegel und Stapel von Zeitungen. Dazwischen Sponsorenartikel – Aschenbecher, Kulis, ein<br />
Marmeladeglas von Staud’s: „’Bald können Sie hier Ihr eigenes Geschäft aufmachen’, hat Direktor<br />
Bachler gestern angesichts unseres Chaos gescherzt“, schmunzelt Ulrike Spann. Die gebürtige<br />
Steirerin ist am Burgtheater zuständig für Sponsoring und teilt sich das Büro mit ihrer Kollegin Konstanze<br />
Schäfer, ihres Zeichens Pressesprecherin der Burg.<br />
Ihr Arbeitsalltag ist vielfältig, temporeich, „buntscheckig“: „Eigentlich mag ich es klar und schlicht.<br />
Aber ich beherrsche das Chaos ganz gut!“ Konstanze Schäfer und Ulrike Spann sind ein „eingespieltes<br />
Team“ – sie finden mit sicherer Hand, wonach gerade gefragt wird. Für zwei ist das jedoch<br />
kaum zu bewältigen: „Unterstützt werden wir von Alexandra Wiegand, die unsere Webpage speist,<br />
die Fotos bearbeitet und auch noch eine wesentliche Stütze der Dramaturgie ist.“ Und Christine<br />
Langsner – sie ist ausschließlich für die Bereiche Sponsoring und Anzeigenakquirierung zuständig<br />
und unterstützt sehr durch ihre guten Kontakte und ihre Hartnäckigkeit. „Bei allem ist Informationsaustausch<br />
ganz wichtig, aber leider manchmal nur ein hehres Ziel“ – weil Hektik und schnelles Agieren<br />
den Tagesablauf bestimmen. Nur Ulrikes Hund Anna, ein vier Jahre alter Briard und echter<br />
Theaterhund, lässt sich davon nicht beeindrucken, sie hält friedlich Siesta unterm Schreibtisch. Die<br />
Telefone klingeln im Duett – Fragen nach Pressematerial, Interview- und Fototerminen. Und wenn<br />
Premieren bevorstehen, Pressetexte oder Drucksorten verfasst werden, „hauen Konstanze und ich<br />
in die Tasten, als ob wir Beethovens Fünfte spielen müssten.“<br />
Ulrike Spann ist gelernte Tourismusfachfrau. Und studierte – nach vier Jahren Arbeit für die Österreich-Werbung<br />
in Hamburg – Publizistik und Theaterwissenschaft, ehe sie Klaus Bachler 1999 an<br />
die Burg holte. Erfahrungen aus Praxis und Theorie kommen der Vielseitigen, die zusätzlich noch für<br />
das VORspiel schreibt und lange Kolumnistin für die <strong>Wiener</strong> Zeitung war, zugute. Denn neben der<br />
klassischen Pressearbeit laufen im Pressebüro auch die Fäden für verkaufsfördernde Maßnahmen<br />
und Marketing zusammen - Ideen für Gewinnspiele, Aktionen, Kooperationen werden ausgetüftelt<br />
und umgesetzt, wobei ihr der enge Kontakt zur Universität besonders am Herzen liegt. Sie selbst<br />
leitet Lehrveranstaltungen zu Kultursponsoring am Institut für Theaterwissenschaft, in denen sie ihre<br />
Erfahrungen aus der Praxis an Studenten weitergibt.<br />
Presse und Sponsoring arbeiten eng mit Direktion, Dramaturgie und kaufmännischer Geschäftsführung<br />
zusammen. Zum „Handwerkszeug“ gehören Kommunikation und Fingerspitzengefühl:<br />
„Intern kommuniziere ich, warum ein Partner zu uns passt, wie Kunst und Kommerz harmonieren<br />
können. <strong>Das</strong>s Sponsoring nicht Mitbestimmung von Außen bedeutet, die künstlerische Autonomie<br />
in jedem Fall gewahrt bleibt. Extern geht es vor allem darum: Was ist attraktiv, um Sponsor zu werden?<br />
Und das heißt nicht: Geld gegen Logo!“ Kultursponsoring wird oft missverstanden: „Niemand<br />
ist doch an einem Logofriedhof interessiert.“ Für je<strong>des</strong> Unternehmen müssen individuelle Lösungen<br />
gefunden werden, egal ob Haupt- oder Sachsponsoring. <strong>Das</strong> Wichtigste dabei ist stets der exklusive<br />
Zugang zum Theater, „den man sich mit einer Eintrittskarte nicht kaufen kann.“<br />
A1 ist seit 1999 einer der Hauptsponsoren <strong>des</strong> <strong>Burgtheaters</strong>: „Der Auftritt mit der Mobiltelefon-<br />
Ansage vor Vorstellungsbeginn ist ein Glücksfall – dezent, klar, in keiner Weise schrill, und entspricht<br />
damit der Linie unseres Hauses.“ Eine ebenfalls langjährige Partnerschaft – sie begann 2001 mit<br />
einer Sonderbriefmarke zum Nestroyjahr – verbindet Burgtheater und Österreichische Post AG,<br />
auch die nächste Saison wird von der Post als Jubiläumssponsor unterstützt.<br />
Im Bereich Sachsponsoring reagiert Ulrike Spann auf konkrete Anfragen: Für MOZART WERKE<br />
Ges.m.b.H. etwa bat Bühnenbildner Thomas Dreißigacker um Hilfe: „Zum einen ging es um Einblick<br />
in den Produktionsablauf von Mozartkugeln, zum anderen wurde echtes Fabriksinventar benötigt.<br />
Und natürlich jede Menge Mozartkugeln! Die Firma Manner war begeistert von der Idee und hat uns<br />
großzügig unterstützt – Teile <strong>des</strong> Bühnenbilds stammen direkt aus ihrem Victor-Schmidt-Mozartkugelwerk<br />
in Wolkersdorf. Und die Mozartkugeln, die jeder Besucher als kleine Wegzehrung erhält,<br />
waren nur durch Sponsoring möglich.“<br />
Zu „ihren“ Sponsoren hält Ulrike Spann <strong>des</strong>halb auch engen Kontakt – es geht um die Zukunft von<br />
Kunst und Wirtschaft. Sie informiert über aktuelle Premieren und Sonderveranstaltungen, reserviert<br />
Karten, organisiert einen Blick hinter die Kulissen, Werkeinführungen, Schauspielergespräche oder<br />
Empfänge in festlichem Ambiente. Auch auf den Premieren achtet sie darauf, dass sich Sponsoren<br />
wohlfühlen. Respekt, Anerkennung, Kontinuität.<br />
Es ist früher Nachmittag, und langsam meldet sich der Hunger: „Ich bin oft hungrig wie ein Wolf“<br />
lacht sie. Gutes Essen und Genuss sind das Credo <strong>des</strong> bekennenden Slow-Food-Fans. Oft eilt sie<br />
durch die halbe Stadt auf der Suche nach guten Schaumrollen – kein Wunder, ist sie doch praktisch<br />
in der Bäckerei ihrer Eltern in St. Anna am Aigen aufgewachsen. Kochen ist Leidenschaft und zur<br />
Ruhe kommen – selbst nach Arbeitstagen von 10 Stunden. Packerlsuppen sind tabu. Abschalten<br />
kann sie auch beim Lesen oder beim allmorgendlichen Lauf durch den Prater mit Mann und Anna.<br />
Mit ihrem Lebenspartner teilt sie auch die Liebe zu alten schnellen Autos, z.B. einem Alfa Spider<br />
Rosso, Baujahr 76, günstig erstanden „ums Eck von Portofino“ und liebevoll hergerichtet. Portofino<br />
ist übrigens eine ihrer liebsten Destinationen, „obwohl mein Mann lieber ganz unmondän nach Lunz<br />
am See fährt!“<br />
Hans Mrak
vordem Ruin<br />
Der Verschwender Ein Original-Zaubermärchen in drei Aufzügen von Ferdinand Raimund<br />
Ein Gespräch mit Stefan Bachmann vier<br />
Wochen vor Probenbeginn und kurz nach<br />
Fertigstellung der ersten Probenfassung von<br />
Ferdinand Raimunds Stück:<br />
vorspiel: Es ist nicht das erste Mal, dass Sie in<br />
Wien arbeiten?<br />
Stefan Bachmann: Ich hab zweimal in Wien<br />
gearbeitet. Beide Male am Schauspielhaus, unter<br />
Hans Gratzer, Gott hab ihn selig. <strong>Das</strong> eine Mal<br />
war es eine Uraufführung von Wolfgang Bauer,<br />
„Skizzenbuch“ hieß das, dafür hab ich den Förderpreis<br />
der Kainzmedaille bekommen. Und das<br />
zweite Mal habe ich eine Koproduktion gemacht<br />
mit dem Schauspielhaus, den <strong>Wiener</strong> Festwochen,<br />
der Zürcher Gessner Allee und meiner freien<br />
Gruppe Theater Affekt, das war ein Stück aus<br />
der Shakespearezeit, aus der elisabethanischen<br />
Zeit, „Die Tragödie der Rächer“, in einer Übersetzung<br />
von H.C. Artmann, dem es, glaub ich, dann<br />
aber überhaupt nicht gefallen hat.<br />
Ich weiß, dass Sie eine besondere Affinität zu<br />
Wien haben...<br />
Ich hab sehr gerne in Wien gearbeitet, weil Wien<br />
ein großes Theater ist. Man macht hier eigentlich<br />
Theater im Theater, man ist umgeben von Theatralik.<br />
Ich hatte am Morgen auf dem Weg zur Probe<br />
immer schon so viele Dinge erlebt, auf der<br />
Straße, bizarre, merkwürdige, schräge, surreale<br />
Situationen, die sich abspielten, dass man, wenn<br />
man zur Probe kam, immer schon einen<br />
bestimmten Ideenschatz mitbringen konnte. <strong>Das</strong><br />
hat mir gut gefallen, das stellt sich sehr schnell in<br />
Wien her. Man hat hier immer einen Ausgangspunkt.<br />
Beide Stücke haben sich dann auch mit<br />
Österreich, so wie ich es ganz subjektiv empfunden<br />
habe, auseinandergesetzt. „Skizzenbuch“,<br />
ganz klar, das war ja eine Uraufführung von Wolfgang<br />
Bauer, mit Hanno Pöschl, auch einem <strong>Wiener</strong><br />
Original, in der Hauptrolle. In der zweiten<br />
Arbeit, „Tragödie der Rächer“, bildete Wien einen<br />
wichtigen Rahmen. Der Kern <strong>des</strong> Stückes ist,<br />
dass die ganze Welt eine einzige Intrige ist, und<br />
ich habe die Handlung komplett nach Wien verlegt.<br />
Da gab es ein großes Schlachtfest samt Heurigen-<br />
Seligkeit, und die ganze Geschichte spielte<br />
hauptsächlich an einem Würstelstand. Die Käsekrainer<br />
wurde immer sinnbildlich zerschnippelt, mit<br />
der Schere. Wien ist natürlich ein Theaterparadies,<br />
ganz klar. Theater gehört zum Leben, es scheint<br />
geradezu selbstverständlich, dass man ins Theater<br />
geht, dass Theater das kulturelle Leben bestimmt.<br />
<strong>Das</strong> ist natürlich für einen Theatermacher ganz toll.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Wiener</strong> Geschenk, etwas, das in Deutschland<br />
nicht mehr so selbstverständlich ist.<br />
Sie arbeiten nach sieben Jahren wieder in Wien.<br />
Und inszenieren einen österreichischen Klassiker,<br />
Ferdinand Raimunds „Der Verschwender“.<br />
Ich fühle mich sozusagen eingeladen, einen fremden<br />
Blick auf ein lokales Werk zu werfen. Und<br />
dabei genieße ich, dass ich das Stück noch nie<br />
gesehen habe. Ich hab auch noch nie einen Raimund<br />
in Österreich gesehen. Ich weiß also nicht,<br />
wie man Raimund hier „üblicherweise“ inszeniert,<br />
wenn man das überhaupt so sagen kann. Ich<br />
habe das Stück ganz unbefangen gelesen, so wie<br />
man einen Klassiker liest, nämlich unter dem<br />
Gesichtspunkt, interessiert mich die Geschichte,<br />
so wie sie da erzählt wird, oder interessiert sie<br />
mich nicht? Im Falle vom „Verschwender“ hat<br />
mich die Geschichte sehr interessiert.<br />
Welche Geschichte haben Sie im „Verschwender“<br />
entdeckt?<br />
Ich glaube, es springt einen sofort an, dass da ein<br />
hochaktuelles Thema drinsteckt, dass sich der<br />
Verschwender, das ist natürlich die zentrale Figur,<br />
dass dieser Julius von Flottwell, der mit unermesslichem<br />
Reichtum gesegnet ist, mit diesem Reichtum<br />
auf eine geradezu fahrlässige Weise verfährt.<br />
Da ist also einer, dem in materieller Hinsicht keine<br />
Grenzen gesetzt sind, der mit dem Geld nur so<br />
um sich schmeißt, Freunde einlädt, die Nächte<br />
durchzuzechen, doch allmählich zeigt sich, dass<br />
das eine Lebensform ist, die mit Glücklichsein<br />
oder einem erfüllten Leben nichts zu tun hat. Und<br />
das ist der zentrale Punkt im Stück, das die Frage<br />
aufwirft, worin besteht denn eigentlich das<br />
Lebensglück? Damit geht eine Sinnsuche einher,<br />
und zwar bei allen Figuren, beim Flottwell ebenso<br />
wie beim Valentin. Man fragt sich: Wo führt es hin,<br />
oder was brauch ich wirklich, um glücklich zu<br />
sein, oder was muss ich tun? <strong>Das</strong> erinnert schon<br />
ein bisschen an die Phase der New Economy, die<br />
mittlerweile hinter uns liegt und in der man in dem<br />
Gefühl lebte, es gäbe eine „Transzendenz <strong>des</strong><br />
Kapitalismus“ – ich weiß, dass das paradox klingt.<br />
Man dachte in virtuellen Räumen: Börse, Internet,<br />
und meinte, dass die Ressourcen unerschöpflich<br />
wären, man nicht mehr an realen Werten, an der<br />
Realität gemessen würde. Vielmehr gab es die<br />
Vorstellung, man könne sich unermesslichen<br />
Reichtum auf eine Weise erwirtschaften, die<br />
nichts Wirkliches mehr hatte. Man arbeitete nicht<br />
mehr dafür, sondern musste lediglich geschickt<br />
jonglieren, mit „fiktiven“ Zahlen und Werten, die<br />
bloß auf dem Papier existierten bzw. nicht mal<br />
mehr auf dem Papier, sondern virtuell, im Computer.<br />
Und ich nenne das Transzendenz, weil ich<br />
glaube, dass man ein Gefühl hatte, alles besäße<br />
eine fast schon kosmische Unendlichkeit, und das<br />
Geld, der Mammon, eine fast religiöse Verehrung<br />
erfuhr, zum Religionsersatz wurde. Der Tanz ums<br />
goldene Kalb. Heute leben wir in einer Zeit, in der<br />
man wieder verstärkt eine Sinnsuche erlebt. Einfach<br />
weil man merkte, dem Reichtum, dem Materiellen,<br />
dem Kapitalismus sind natürlich Grenzen<br />
gesetzt, und es ist erstens nichts von Bestand,<br />
also man kann sich auf nichts verlassen, und zweitens<br />
brauchen wir, glaube ich, für unsere Existenz<br />
etwas ganz anderes als mehr oder weniger fiktiv<br />
angehäuften Reichtum. Und unser Flottwell befindet<br />
sich da in einer ganz ähnlichen Situation.<br />
Sie haben aber nicht nur Raimund für sich entdeckt,<br />
sondern auch Kreutzers Musik.<br />
<strong>Das</strong> ist etwas, das mir an dem Stück sehr gut<br />
gefällt, und das gibt dem Stück auch etwas vom<br />
barocken Welttheater. Ich denke, das kann man<br />
durchaus sagen, das ist nicht zu hoch gegriffen.<br />
Zum Barocken gehört eben, dass sich das Stück<br />
aus unterschiedlichsten Ebenen und, sagen wir<br />
mal, Theaterformen zusammensetzt. <strong>Das</strong> ist<br />
schon in der Sprache angelegt, es gibt den Vers,<br />
in dem sich die Adeligen unterhalten, es gibt das<br />
Umgangssprachliche, also das fast realistische<br />
österreichische Idiom auf der Dienstbotenebene,<br />
und es gibt die Gedichtform <strong>des</strong> Feenreichs. Vom<br />
Feenreich bezieht das Stück auch seinen Untertitel:<br />
„Ein Original-Zaubermärchen“. Und dieses<br />
Märchenhafte, samt seiner typisierten Figuren, die<br />
immer für etwas Bestimmtes stehen, fast als Allegorien<br />
zu bezeichnen sind, und die Musik, die das<br />
gesamte Stück durchzieht, sind von größter<br />
Bedeutung. <strong>Das</strong> war eigentlich eine erste Intuition,<br />
dass wir die Originalmusik komplett haben möchten.<br />
Und dann haben wir begonnen zu recherchieren<br />
und gemerkt, das Stück besteht keineswegs<br />
nur aus den Couplets, die man so kennt, die<br />
teilweise auch in den Heurigen-Lied-Kanon Eingang<br />
gefunden haben, sondern die Musik geht viel weiter.<br />
Es ist eigentlich, würde man heute sagen, eine<br />
durchkomponierte, große Filmmusik. Es gibt eine<br />
Ouvertüre, es gibt Zwischenspiele und Verwandlungsmusiken,<br />
die für Umbauten vorgesehen<br />
sind, es gibt Chöre, es gibt Duette, es gibt melodramatische<br />
Untermalung, es gibt einen Sturm,<br />
der mittels Musik heraufbeschworen wird. Wir<br />
haben eine Dirigentin gefunden, die sich dieser<br />
Partitur nun annimmt, die Musik wieder zu neuem<br />
Leben erweckt, und wir werden sie richtig mit<br />
Orchester spielen.<br />
Sie freuen sich also auf Wien?<br />
(Lacht) Nein! (Lacht)<br />
Stefan Bachmann, geboren 1966 in Zürich. Studium an<br />
der Universität Zürich und an der FU Berlin. 1992 Gründungsmitglied<br />
der freien Gruppe Theater Affekt zusammen<br />
mit Ricarda Beilharz, Thomas Jonigk, Tom Till und Lars-Ole<br />
Walburg in Berlin. Bis 1998 freier Regisseur mit Arbeiten in<br />
Bonn, Berlin, Zürich, Wien und Hamburg. 1998–2003:<br />
Schauspieldirektor am Theater Basel. Von Juli 2003 bis Juli<br />
2004 Weltreise mit seiner Frau und seinem Sohn. Seit seiner<br />
Rückkehr arbeitet Stefan Bachmann wieder als freier Regisseur.<br />
Eigene Inszenierungen: 1994 „Du sollst mir Enkel schenken“<br />
von Thomas Jonigk, Schauspiel Bonn, eingeladen zu den<br />
Mülheimer Theatertagen. 1995 „Wahlverwandtschaften<br />
nach Goethe“ in einer Theaterfassung von Stefan Bachmann<br />
und Lars-Ole Walburg, Theater Neumarkt, eingeladen<br />
zum Berliner Theatertreffen 1996. 1995 „Lila“ von J.W.<br />
Goethe, Theater Affekt1996 „Skizzenbuch“ von Wolfgang<br />
Bauer, Schauspielhaus Wien/<strong>Wiener</strong> Festwochen. 1997<br />
„Triumph der Illusionen“ von Corneille, Schauspielhaus<br />
Hamburg, eingeladen zum Berliner Theatertreffen 1997.<br />
„Tragödie der Rächer“ von Cyril Tourneur, Koproduktion <strong>des</strong><br />
Theater Affekt, Schauspielhaus Wien, <strong>Wiener</strong> Festwochen,<br />
Gessnerallee Zürich. 1998 „Troilus und Cressida“ von<br />
Shakespeare Koproduktion <strong>des</strong> Theater Basel mit den Salzburger<br />
Festspielen. 1999 „Jeff Koons“ von Rainald Goetz,<br />
Hamburger Schauspielhaus. Eingeladen zum Berliner Theatertreffen<br />
2001 und zu den Mülheimer Theatertagen 2001.<br />
2000 „Täter“ von Thomas Jonigk, Theater Basel, eingeladen<br />
zu den Mülheimer Theatertagen 2001. „Cosi fan tutte“ von<br />
Mozart, Opera National Lyon. „Die Zauberflöte“ von Mozart,<br />
Theater Basel. 2002 „Hamlet“ von Shakespeare, Theater<br />
Basel. 2003 „Der seidene Schuh“ von Paul Claudel,<br />
Koproduktion <strong>des</strong> Theater Basel mit der Ruhrtriennale.<br />
DER VERSCHWENDER<br />
Ein Original-Zaubermärchen in 3 Aufzügen<br />
von Ferdinand Raimund<br />
REGIE Stefan Bachmann<br />
MUSIKALISCHE LEITUNG Elisabeth Attl<br />
BÜHNE Barbara Ehnes KOSTÜME Annabelle<br />
Witt LICHT Åsa Frankenberg<br />
MIT Regina Fritsch, Kitty Speiser, Teresa<br />
Weißbach; Patrick O. Beck, Gerd Böckmann,<br />
Karim Chérif, Christian Nickel, Cornelius<br />
Obonya, Denis Petković, Branko Samarovski,<br />
Hermann Scheidleder, Michael Wittenborn,<br />
Peter Wolfsberger<br />
Premiere am 16. September im Burgtheater
vorsommer<br />
Mozart Werke Ges.m.b.H.<br />
Aufgrund <strong>des</strong> großen Erfolges wird<br />
ab 5. Juni Franz Wittenbrinks<br />
Mozart-Revue ins Burgtheater übernommen!<br />
Hermann Scheidleder, Kirsten Dene, Charles Maxwell,<br />
Daniela Mühlbauer, Juergen Maurer, Raphael von Bargen,<br />
Denis Petković<br />
Ein grandios inszenierter, begeistert akklamierter<br />
(Musiktheater-)Abend, der zwei Stunden ungetrübtes<br />
Vergnügen garantiert. [...] Eine nur auf den ersten Blick<br />
respektlose, liebevoll-schräge Vorschau auf das kommende<br />
Mozart-Jahr, dazu eine Ensembleleistung, wie<br />
man sie in solcher Perfektion schon lange nicht mehr<br />
gesehen hat. (<strong>Wiener</strong> Zeitung)<br />
Pauline Knof, Bernd Birkhahn, Kirsten Dene<br />
Mit einer Magenverstimmung ist nicht zu rechnen bei<br />
Franz Wittenbrinks herrlich komischer Abrechnung mit<br />
Kitsch, Kunst, Kommerz, Mozart und <strong>des</strong>sen Koordinatoren.<br />
Ganz im Gegenteil. Denn was das Ensemble <strong>des</strong><br />
<strong>Burgtheaters</strong> bei Wittenbrinks – er führte auch Regie<br />
und sitzt am Klavier – kluger Mozart-Paraphrase leistet,<br />
ist sensationell. (Kurier)<br />
Gusti Wolf<br />
Bernd Birkhahn, Kirsten Dene, Juergen Maurer, Dorothee<br />
Hartinger, Denis Petković, Raphael von Bargen, Hermann<br />
Scheidleder, Gusti Wolf und die beiden Burgtheater-<br />
Debütanten, der Countertenor Charles Maxwell und die<br />
junge Schauspielerin Pauline Knof, vereinen musikalisches<br />
Können und absolute Spielfreude zu einer wunderbaren<br />
Satire auf den Künstler-Vermarktungsbetrieb.<br />
(Kleine Zeitung)<br />
Dernieren und Wiederaufnahmen<br />
Nutzen sie die Gelegenheit, vor der Sommerpause noch vier Inszenierungen zu sehen, die<br />
zum letzten Mal auf dem Spielplan stehen und freuen Sie sich auf Aufführungen, die<br />
wiederaufgenommen werden!<br />
Letzte Vorstellungen von Botho Strauß’ Gesellschaftspanoptikum DER NARR UND SEINE FRAU HEUTE ABEND<br />
IN PANCOMEDIA mit Uwe Bohm und Anne Bennent als Über-Lebenskünstler in einer aus dem Fugen geratenen<br />
Welt, eine opulente Inszenierung von Dieter Giesing, am 6. und 11. Juni. Und von Gerhart Hauptmanns Drama<br />
VOR SONNENUNTERGANG, das von der späten Liebe eines alten Mannes zu einem jungen Mädchen erzählt,<br />
bilderstark von Sebastian Hartmann mit Martin Schwab und Stefanie Dvorak inszeniert, am 22. Juni.<br />
„Der Narr und seine Frau...“<br />
Anne Bennent, Mareike Sedl<br />
„Vor Sonnenuntergang“<br />
Martin Schwab, Stefanie Dvorak<br />
Im Kasino können Sie am 13. und 15. Juni in SCHWARZENBERGPLATZ, einem Theaterprojekt von Rimini Protokoll,<br />
noch ein Mal mit Hilfe von Experten wie Botschaftsräten, Sekretären und Polizisten die oftmals skurrilen Gesetze<br />
der Diplomatie erforschen. Und im Vestibül führen Sie Maresa Hörbiger und Dunja Sowinetz am 26. Juni in ihrem<br />
Programm BÖSE ERBSEN zum letzten Mal in das Reich von Hexen und Prinzessinnen.<br />
„Schwarzenbergplatz“<br />
„Emilia Galotti“<br />
Andrea Clausen, Roland Koch<br />
„Hamlet“<br />
Michael Maertens<br />
„Böse Erbsen“<br />
Dunja Sowinetz, Maresa Hörbiger<br />
Wiederaufgenommen werden zwei Klassiker-Inszenierungen von Andrea Breth: im Burgtheater rechtzeitig zum<br />
Schiller-Jahr MARIA STUART mit Corinna Kirchhoff und Elisabeth Orth als verfeindete Königinnen (ab 28. Mai) und im<br />
Akademietheater Lessings EMILIA GALOTTI (Einladung zum Berliner Theatertreffen 2004) mit Sven-Eric Bechtolf als<br />
Prinz und Johanna Wokalek in der Titelrolle (ab 21. Juni). Außerdem steht Klaus Maria Brandauers Inszenierung von<br />
Shakespeares HAMLET mit Michael Maertens als Dänenprinz ab 20. Mai wieder auf dem Spielplan <strong>des</strong> <strong>Burgtheaters</strong>.<br />
„Maria Stuart“<br />
Elisabeth Orth, Martin Schwab<br />
Die Theaterferien beginnen am 1. Juli – wir begrüßen Sie wieder ab 1. September im Burgtheater<br />
zur neuen Spielzeit 2005/06, der Jubiläumssaison. Schauen Sie noch mal vorbei!<br />
Wir wünschen<br />
Ihnen einen<br />
schönen Sommer!
nachspiel<br />
Die versunkene Kathedrale<br />
Von Gert Jonke – Uraufführung<br />
In Gert Jonkes neuem Stück, das im Auftrag <strong>des</strong> <strong>Burgtheaters</strong> entstand, verbindet sich die Frage nach dem privaten Glück zu zweit mit der<br />
Sehnsucht nach Erlösung, die (wie Paulus im Römerbrief mitteilt) die ganze Schöpfung erfasst hat. Die Dimension, in der bei<strong>des</strong> miteinander<br />
vermittelt ist, sich bewähren muss und womöglich zur Entfaltung kommt, ist die Zeit. Eine rätselhafte Krankheit, der Morbus ritardando, bei<br />
der die Lebensäußerungen der Erkrankten extrem verlangsamt werden, hat ein eben von seiner Hochzeitsreise zurückgekehrtes Paar erfasst.<br />
Die einzig wirksame Therapie besteht angeblich im Beten „uralter Litaneien“, die den Schöpfer dazu auffordern, seinen Sohn als Erlöser in<br />
Gestalt aller denkbarer Einzelwesen und Dinge nacheinander in die Welt zu schicken. Gleichzeitig ist der Wörthersee ausgelaufen, <strong>des</strong>sen<br />
Entstehung nach einer alten Kärntner Legende auf eine Art regional begrenzter Mini-Sintflut zurückgeht. Bietet Gott also ausgerechnet in<br />
Kärnten den Menschen die versöhnende Hand zu einer zweiten (bzw. dritten) Schöpfung, einem völligen Neubeginn? Im Folgenden drucken<br />
wir – mit freundlicher Genehmigung <strong>des</strong> Autors – das dem Stück angefügte Nachspiel oder Ersatz-Ende, in dem ein Bestattungsunternehmer<br />
einem Theaterintendanten ein Angebot macht, das dieser nicht ablehnen kann:<br />
BESTATTUNGSUNTERNEHMER: Herr Intendant, Grüß Gott.<br />
Sie werden mich nicht kennen. Ich bin der erste städtische<br />
Bestattungsunternehmer. Es wird Ihnen vielleicht nicht ganz<br />
unbekannt geblieben sein, dass es mir gelungen ist, die Beerdigungen<br />
zumin<strong>des</strong>t in unserer Stadt zu reformieren. So wie ein<br />
Begräbnis bisher ablief, war das den Kunden nicht mehr zuzumuten.<br />
Sie zahlten für eine Bestattung ein halbes Vermögen und<br />
bekamen dafür so gut wie nichts geboten. Immer den gleichen<br />
muffigen Klingklang und das gleiche öde Geleier. Nein, so nicht,<br />
dachte ich mir, und lud ab und an einen Flötenspieler ein. Oder<br />
auch ein Streichquartett. Ein Bläserquintett. Akkordeonspieler,<br />
um das Ganze etwas aufzulockern. Dann auch hin und wieder<br />
einen Schauspieler, um ein passen<strong>des</strong> Gedicht oder eine dazugehörige<br />
Geschichte<br />
vorlesen zu lassen. Daraufhin<br />
ergab es sich<br />
bald, dass wir kleinere<br />
Szenen am Grab von<br />
zunehmend bekannteren<br />
Schauspielern aufführen<br />
ließen.<br />
Natürlich konnten die<br />
Angehörigen oder der<br />
oder die Verblichene<br />
auch im Voraus mitbestimmen<br />
und Wünsche<br />
äußern. Aber eines ließ<br />
ich erst gar nicht einreißen:Unprofessionalität<br />
und schlechte Qualität.<br />
Nur die erste Sahne<br />
ist gut genug für uns<br />
und mich. <strong>Das</strong> war von<br />
allem Anfang an klar. Und mit der Zeit kam es immer häufiger<br />
vor, dass die Besucher der Begräbnisse weniger zur Beerdigung<br />
kamen, um sich von dem oder der Verblichenen zu verabschieden,<br />
sondern ausschließlich <strong>des</strong>halb, um unsere Vorstellung auf<br />
den Bestattungen anzuschauen. Wir machten bald auch schon<br />
ganze Nachmittage ausfüllende Stücke oder Opern. Natürlich<br />
waren wir auch hin und wieder gezwungen, Eintritt zu verlangen.<br />
Die Angehörigen und näheren Bekannten <strong>des</strong> oder der<br />
Verblichenen wurden natürlich mit Freikarten ausgestattet, um<br />
bei der Kasse am Friedhofstor beim Kartenabreißer keine Missverständnisse<br />
entstehen zu lassen. Ein Komponist hat sich<br />
letztens, weil er in argen Geldnöten war, seine eigene Trauermusik<br />
für sein Begräbnis schon vorauskomponiert, und ich habe<br />
sie ihm auch vorausbezahlt und bin so indirekt auch als Mäzen<br />
tätig geworden. Die Komposition darf natürlich erst posthum bei<br />
seinem Begräbnis uraufgeführt werden und ist bis dahin<br />
gesperrt. Für einen weltberühmten Fußballer haben wir für seine<br />
Einsegnung das städtische Stadion, natürlich mit unbekanntem<br />
Termin, vorausangemietet. Der Mann spielt zwar immer<br />
schlechter, aber er lebt noch. Für sein Begräbnis ist das Stadion<br />
aber schon jetzt ausverkaufter als für je<strong>des</strong> seiner Spiele. Sie<br />
sehen, wir sind gezwungen, manchmal zu gastieren, weil der<br />
Besucherandrang mit unseren verfüglichen Ressourcen manchmal<br />
nicht mehr zu kompatibilisieren ist. Die letzten Allerheiligen<br />
zum Beispiel waren ein einziges großes Theatertreffen im Zentralfriedhof,<br />
welches es mit den <strong>Wiener</strong> Festwochen spielend<br />
aufnehmen könnte. Natürlich gibt es immer wieder auch<br />
Schwierigkeiten. Nach<br />
einem großen Bestattungsevent<br />
sind min<strong>des</strong>tens die<br />
Hälfte der nicht betroffenen<br />
umliegenden Gräber <strong>des</strong><br />
gesamten Friedhofs zertreten,<br />
um nicht zu sagen zertrampelt.<br />
Aber meine tüchtigen<br />
Gärtner haben spätestens<br />
zwei Stunden nach<br />
der Veranstaltung alles wieder<br />
spurenlos picobello hergerichtet<br />
oder hingerichtet.<br />
Schwieriger ist es, dass letztens<br />
die Friedhofsverwaltung,<br />
die neuerdings angehalten<br />
ist, finanziell positiv zu<br />
arbeiten, den zahlreichen<br />
Würstelständen, die bisher<br />
nur außerhalb der Friedhofsmauern<br />
ihre Geschäfte machten, den Würstelverkauf auch<br />
innerhalb <strong>des</strong> Friedhofs gestattet hat. In der Nacht kommen die<br />
Wildschweine aus dem Wald und suchen nicht nur nach weggeworfenen<br />
Essensresten, sondern wühlen auch hin und wieder<br />
den Gottesacker auf. <strong>Das</strong> hat ein wenig Unruhe und Staub aufgewirbelt.<br />
Aber auch dafür wird sich eine Lösung finden lassen.<br />
Nun habe ich folgende Frage, werter Herr Intendant: Wollen Sie<br />
nicht endlich mit Ihrem Theaterensemble auch bei mir gastieren?<br />
Am Friedhof oder wo auch immer. Dafür dürfte ich dann im Austausch<br />
sozusagen: ab und an jemanden hier bei Ihnen im Theater<br />
beerdigen, bestatten?<br />
INTENDANT: <strong>Das</strong> machen wir doch glatt!<br />
DIE VERSUNKENE KATHEDRALE<br />
von Gert Jonke – Uraufführung<br />
REGIE Christiane Pohle AUSSTATTUNG Maria-Alice Bahra VIDEO Robert Lehninger MUSIK Thomas Kürstner / Sebastian Vogel LICHT Marek Lamprecht<br />
MIT Elisabeth Augustin, Nicola Kirsch, Petra Morzé, Gusti Wolf, Bibiana Zeller, Michael Gempart, Urs Hefti, Markus Hering, Dietmar König, Peter Matic`, Karl Mittner, Martin Schwab<br />
Premiere am 18. September im Akademietheater
vorschläge<br />
GEFAHR-BAR<br />
GEFAHR-BAR 4: DIE GEFAHR-BAR EXPERIMENTIERT<br />
Es ist nicht verwunderlich, dass Pflanzen auch Musik hören<br />
und verschiedene Arten von Musik durchaus voneinander<br />
unterscheiden können. Wir haben eine Zimmerpflanze jeden<br />
Tag 25 Minuten mit einem Lauten-ähnlichen Instrument<br />
bespielt und besungen. Im Laufe der 5. Woche überholte die<br />
Versuchspflanze allmählich ihre Artgenossen, denen keine<br />
Musik vorgespielt wurde. Nach einigen Monaten hatte jene<br />
durchschnittlich 72 % mehr Blätter entwickelt und war 20 %<br />
höher gewachsen als herkömmliche Pflanzen.<br />
Wir freuen uns auf Euch!<br />
Viele Grüße von Eurer Gefahr-Bar<br />
Im Kasino (Bar) am 21. Mai,<br />
Beginn 22 Uhr 30<br />
GEFAHR-BAR 5: LEIWAND: DIE GEFAHR-BAR<br />
IM JUNI IST GEGEN DEUTSCHE!<br />
Liebe Freunde, sie sind dumm, sie haben von nichts eine<br />
Ahnung, sie können überhaupt gar nichts, sie machen alles<br />
falsch, sie sind einfach so richtig blöd! Sie können noch<br />
nicht einmal einen Kaffe bestellen, ihr Humor passt auf eine<br />
Stecknadelspitze und ihre Sprache klingt wie eine fade<br />
Eierspeis (von gestern!). Trotzdem sind sie überall. Kein<br />
Ort, wo sie sich nicht breit machen würden, mit ihrem ewigen<br />
Grinsen und Alles-Besser-Können (arrogant wie Nachbars<br />
Lumpi). Und jetzt sind sie auch noch Papst!<br />
Ganz klar: Die Rede ist von den Deutschen. Grund genug,<br />
zu sagen: „Es reicht! Wien darf nicht Halle an der Saale<br />
werden!“ Die Gefahr-Bar im Juni ist <strong>des</strong>halb mal so richtig<br />
gegen Deutsche. Aber so richtig!<br />
Viele Grüße – Eure Gefahr-Bar (T. Kürstner/Berlin,<br />
S. Vogel/Halle a.d. Saale, N. Stemann/Hamburg)!<br />
P.S.: Diesmal mit echten <strong>Wiener</strong> Liedern und Käsekrainern.<br />
Eintritt: € 5,- (für Österreicher u.ä.), € 25,- oder mehr<br />
(für Deutsche – nur Stehplätze!!!)<br />
Im Kasino (Bar) am 17. Juni, Beginn 22 Uhr<br />
UNBEKANNTES BEKANNTES<br />
TEXTE AUS DEM ALTEN EUROPA<br />
NR. 8: NATURRECHT UND DIE WÜRDE DES MENSCHEN<br />
Thomas Hobbes, Jean-Jacques Rousseau, Ernst Bloch<br />
über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.<br />
„Was Rechtens sei? – darum kommt man nicht herum.<br />
Diese Frage lässt immer aufhorchen. Sie drängt und richtet.“<br />
Es lesen Ignaz Kirchner, Cornelius Obonya, Udo Samel<br />
Im Akademietheater am 22. Mai, Beginn 11 Uhr<br />
NR. 9: VOLTAIRES BRIEFE VON DER LONDONER BÖRSE<br />
UND ANDERE AUFKLÄRUNGEN<br />
BRÜDERLICHKEIT, FREIHEIT, GLEICHHEIT<br />
„Gehen Sie in die Börse, dieser Ort ist respektierlicher als<br />
mancher Hof; Sie sehen dort die Abgesandten aller Völker<br />
zum Wohle der Menschheit versammelt. Da handeln der<br />
Jude, der Mohammedaner und der Christ einer mit dem<br />
anderen, als seien sie <strong>des</strong>selben Glaubens. Beim Verlassen<br />
dieser friedfertigen und freien Versammlungen gehen<br />
die einen zur Synagoge, die anderen trinken; dieser läßt<br />
sich in einer großen Wanne taufen ... und alle sind zufrieden.<br />
Wenn es nur einen Glauben gäbe, müßte man Despotismus<br />
fürchten; gäbe es zwei, schnitten sie sich die<br />
Hälse ab, aber es gibt dreißig davon, und sie leben glücklich<br />
und in Frieden.“ (Voltaire)<br />
Im Akademietheater am 12. Juni, Beginn 11 Uhr<br />
WIR SCHLAFEN NICHT<br />
LIBGART SCHWARZ ERZÄHLT<br />
AUS KATHRIN RÖGGLAS ROMAN<br />
Sie schlafen nicht, denn es geht um Organisation und<br />
Kommunikation, um Erfolg und Hierarchien. Sie schlafen<br />
nicht, denn ihr Leben ist Arbeit und Arbeit ihre Droge. Sie<br />
erzählen von unseren Berufen und nebenher: wie man sich<br />
als Mensch verliert.<br />
„sehen sie, man verdoppelt sich ja mal schnell in einer<br />
pose, man hat ja auch selbstironie zur verfügung. ja, die sei<br />
bei jedem einzelnen ihrer kollegen intakt. die könnten schon<br />
ganz gut über sich lachen, die könnten sich durchaus auch<br />
mal von außen sehen, und das müssten sie auch.“<br />
Im Kasino (Bar) am 26. Mai, Beginn 20 Uhr<br />
Wir danken unseren HAUPTSPONSOREN:<br />
HITLERS VOLKSSTAAT<br />
BUCHPRÄSENTATION MIT GÖTZ ALY<br />
Der Historiker Götz Aly findet in seinem derzeit heftig diskutierten<br />
Buch „Hitlers Volksstaat“ eine verblüffend einfach<br />
klingende Antwort auf die zentrale Frage aller Beschäftigung<br />
mit dem Nationalsozialismus in den vergangenen<br />
sechzig Jahren: „Wie konnte ein im Nachhinein so offenkundig<br />
betrügerisches, größenwahnsinniges und verbrecherisches<br />
Unternehmen ein derart hohes, den Heutigen<br />
kaum erklärbares Maß an innenpolitischer Integration erreichen?<br />
Um zu einer überzeugenden Antwort beizutragen,<br />
betrachte ich die NS-Herrschaft aus einem Blickwinkel, der<br />
sie als Gefälligkeitsdiktatur zeigt.“ Aly beschreibt, wie der<br />
NS-Staat die Juden und die Bevölkerung der besetzten<br />
Gebiete ausraubte und die Beute möglichst schnell und<br />
unkompliziert den „Volksgenossen“ zugute kommen ließ,<br />
um sich deren Wohlwollen zu sichern. Der private, materielle<br />
Vorteil, den die deutsche und österreichische Bevölkerung<br />
aus den Verbrechen <strong>des</strong> Nationalsozialismus zog, sei<br />
für die Treue weiter Teile der Bevölkerung zum Regime verantwortlich<br />
gewesen. „Hitler, die Gauleiter der NSDAP, ein<br />
Gutteil der Minister, Staatssekretäre und Berater agierten<br />
als klassische Stimmungspolitiker. Auf der Basis von<br />
Geben und Nehmen errichteten sie eine jederzeit mehrheitsfähige<br />
Zustimmungsdiktatur.“<br />
IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEM INSTITUT FÜR ZEITGESCHICHTE UND DER STANDARD<br />
Im Kasino am 9. Juni, Beginn 20 Uhr<br />
SUCHERS LEIDENSCHAFTEN<br />
ANTON TSCHECHOW<br />
Anton Tschechow ist wahrscheinlich der bedeutendste<br />
Dramatiker – nach William Shakespeare. Aber er ist auch<br />
bedeutender Erzähler gewesen, ein scharfer Theaterkritiker,<br />
ein Philosoph und ein großer Liebender. Im Zentrum<br />
<strong>des</strong> Vortrags von C. Bernd Sucher steht der Dramatiker,<br />
aber viel Raum wird auch dem Erzähler eingeräumt und<br />
dem Menschen Tschechow, der – geleitet von seiner<br />
lebenslangen Marc Aurel-Lektüre – sich einsetzte für soziale<br />
Verbesserungen, für ein funktionieren<strong>des</strong> Schulsystem in<br />
Russland, für Naturschutz. Nicht zuletzt soll das Verhältnis<br />
zu Olga Knipper Thema sein. <strong>Das</strong> heißt: Warum konnte,<br />
wollte sich Tschechow nicht wirklich binden, warum fürchtete<br />
er ein Eheleben mit der Schauspielerin, und warum<br />
unternahm sie ihrerseits nichts, dem Mann, den sie verehrte<br />
und begehrte, nah zu sein? Beide widmeten sich fernab<br />
von einander ihrer Arbeit. Er schrieb auf Jalta, sie spielte<br />
am Moskauer Künstlertheater. Waren ihnen ihre Karrieren<br />
wichtiger als die Liebe? Oder war Tschechows Schwester<br />
Maria stärker als Olga Knipper? Die Liebe dominiert das<br />
ganze Werk Tschechows. Und nur selten findet das<br />
Begehren der Tschechowschen Menschen Erfüllung.<br />
Im Kasino (Bar) am 16. Juni, Beginn 20 Uhr<br />
LACHEN MACHT GESUND!<br />
KARLHEINZ HACKL<br />
beweist dies mit seinem neuen literarischen Programm,<br />
bei dem er mit viel Witz, Charme und guter Laune einen<br />
großen Bogen von der klassischen Dichtung zur <strong>Wiener</strong><br />
Moderne spannt.<br />
Im Akademietheater am 31. Mai, Beginn 20 Uhr<br />
ERSTES WIENER<br />
HEIMORGELORCHESTER<br />
Derzeit stehen sie gemeinsam mit Philip Hochmair und<br />
Bibiana Zeller in der österreichischen Erstaufführung von<br />
Peter Handkes UNTERTAGBLUES auf der Bühne <strong>des</strong> Akademietheaters,<br />
im September spielen sie live im Kasino am<br />
Schwarzenbergplatz. Karten sichern!<br />
Im Kasino am 16. September<br />
AUS BURG UND OPER<br />
DIE HÄUSER AM RING VON IHRER ERÖFFNUNG BIS 1955<br />
Mit der Unterzeichnung <strong>des</strong> Staatsvertrages im Mai 1955<br />
erhielt Österreich wiederum seine Freiheit als eigenständiger<br />
Staat. Nur wenige Monate später wurden den Österreichern<br />
zwei nationale Heiligtümer in neuem Glanz übergeben –<br />
das Burgtheater und die Staatsoper erlebten ihre Wiedereröffnung<br />
nach der Zerstörung 1945 und nach langen<br />
Jahren <strong>des</strong> Wiederaufbaus.<br />
2. Juni bis 6. November 2005, Österreichisches<br />
Theatermuseum, Wien I, Lobkowitzplatz 2<br />
Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr<br />
IDEEN IN UMRISSEN<br />
EINE AUSSTELLUNG ARCHITEKTONISCHER SKIZZEN<br />
21. April bis 3. Juni 2005<br />
Ringturm, <strong>Wiener</strong> Städtische Versicherung, 1010 Wien<br />
Die <strong>Wiener</strong> Städtische Versicherung ist nicht nur<br />
Sponsor der <strong>Burgtheaters</strong>, sondern auch Nachbar<br />
am Ring. Bis 3. Juni werden im Ringturm 300<br />
architektonische Skizzen berühmter Architekten<br />
ausgestellt: von Alfredo Arribas, über Renzo<br />
Piano und Hans Hollein bis Wolf D. Prix uva.<br />
BETREFF: 60 Jahre und kein bisschen…<br />
Datum: 13. Mai 2005<br />
Von: Rotraut Schöberl www.leporello.at<br />
An: Redaktion Vorspiel <br />
Es jubiläumt rund herum und unsere Buchhandlung im<br />
Burgtheater hat auch dazu viel zu bieten wie zum Beispiel -<br />
nein, jetzt erzähle ich nicht von den vielen „Jubiliäumsbüchern“<br />
– sondern von DVDs: AUSTRIA-WOCHENSCHAU<br />
1955 oder ÖSTERREICHS WEG ZUM STAATSVERTRAG<br />
1945-55 und 1945 IN HISTORISCHEN FILMDOKUMENTEN<br />
aus der Sammlung <strong>des</strong> Filmarchivs Austria. Ein gelungenes<br />
Geburtstagsgeschenk (finde ich) sind auch die Jahresvideos,<br />
die eine faszinierende, entdeckungsreiche Zeitreise ins<br />
Geburtsjahr ermöglichen! Eine ebenfalls faszinierende und<br />
unterhaltsame Zeitreise ist die soeben erschienene Autobiographie<br />
von Otto Tausig mit dem treffenden Titel: KASPERL,<br />
KUMMERL, JUD – da fällt mir auch gleich noch eine wichtige<br />
Neuerscheinung ein, nämlich die erweiterte Neuauflage<br />
<strong>des</strong> Buches AUSTROFASCHISMUS. POLITIK – ÖKONOMIE<br />
– KULTUR 1933-1938, herausgegeben von Emmerich Talos<br />
und Wolfgang Neugebauer. Es ist sicherlich die umfassendste<br />
und aktuellste Analyse dieser Zeit!<br />
Einen wunderschönen, entspannenden Sommer wünscht<br />
herzlichst Ihre Rotraut Schöberl<br />
NACHWEISE: BILDER Reinhard Werner (Titel, S.10 „Mareike Sedl“, „<strong>Das</strong> Feuerwerk“, „<strong>Das</strong><br />
goldene Vließ“, „Ulrike Spann“, „Presse“, S.12: „Vor Sonnenuntergang“, Schwarzenbergplatz“,<br />
„Böse Erbsen“, „Mozart Werke Ges.m.b.H.“), Gisela Scheidler (S.5 „Totentanz“),<br />
Georg Soulek (S.10 „Hänsel und Gretel“, „Versuchung“, S.12: „Hamlet“), Bernd Uhlig (S.12:<br />
„Maria Stuart“, „Emilia Galotti“); Foto Strindberg (S. 5) aus Jan Myrdal: „Johan August Strindberg”,<br />
Stockholm, Natur och Kultur, 2000; Abb. S.7: aus „Playboy“ November 1980;<br />
Abb. S.11: „<strong>Das</strong> Stufenalter <strong>des</strong> Mannes“, Chromolithographie, Kunstverlag Ernst May,<br />
Frankfurt/Main 1880/90; TEXTE S.3 Sonderdruck <strong>des</strong> Brenner-Archivs Innsbruck, S. 5 aus<br />
dem Strindberg-Essay „Wetterleuchten“, geschrieben für das Werk-Porträt „August Strindberg<br />
ICH DICHTE NIE“, Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, 1999); S. 10: Hans<br />
Mrak, S. 11: <strong>Das</strong> Gespräch führte Andreas Beck.<br />
und unseren FREUNDEN UND FÖRDERERN: waagner-biro, Palmers AG, Casinos Austria, BankAustria – Creditanstalt, Fernwärme Wien, Österreichische<br />
Nationalbank, Österreichische Elektrizitäts-Wirtschafts AG Verbund, WIEN ENERGIE, DieDrucker Agens&Ketterl, BAWAG, PSK, Wienstrom, Österreichisches Verkehrsbüro,<br />
Schlumberger Wien, <strong>Wiener</strong> Städtische Versicherung, Telekom Austria, Art and Garden, Minolta.