Aktuelle Anwendungsfälle Interkultureller Kommunikation | Current ...
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Inhalt<br />
Vorwort<br />
Klaus P. Hansen<br />
Interkulturelle Tragik:<br />
Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
Alexandra Dehmel/<br />
Yi Li/ Peter F. E. Sloane<br />
Intercultural competence development<br />
in higher education<br />
study abroad programs:<br />
A good practice example<br />
Xun Luo/ Sebastian Kück<br />
Gibt es Lernstile,<br />
die kulturspezifisch sind?<br />
Eine interkulturelle Annäherung<br />
an das Lernstilkonzept anhand einer<br />
vergleichenden Untersuchung am<br />
Beispiel deutsch-chinesischer Studenten<br />
Nurcan Akbulut<br />
Chancengleichheit -<br />
ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
online-Zeitschrift für Interkulturelle Studien<br />
I Jahrgang 10 I Ausgabe 15 I www.interculture-journal.com<br />
[Preface]<br />
ITragic Stereotypes:<br />
Jürgen Klinsmann on America]<br />
[Entwicklung interkultureller<br />
Kompetenz in universitären<br />
Auslandsstudienprogrammen:<br />
Ein Good-Practice-Beispiel]<br />
[Are there culture-specific<br />
learning styles?<br />
An intercultural approach to the learning<br />
style concept based on a<br />
comparative study of<br />
German and Chinese students]<br />
[Equal opportunity – A/an<br />
(ir)realistic claim?]<br />
Herausgeber:<br />
Jürgen Bolten<br />
Stefanie Rathje<br />
unterstützt von: / supported by:<br />
Ak <strong>Aktuelle</strong> Anwen endu dung n sfälle<br />
<strong>Interkultureller</strong> er Kommuni n kation<br />
<strong>Current</strong> applications<br />
of intercultural communication<br />
2011
Herausgeber:<br />
Prof. Dr. Jürgen Bolten (Jena)<br />
Prof. Dr. Stefanie Rathje (Berlin)<br />
Wissenschaftlicher Beirat:<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Rüdiger Ahrens (Würzburg)<br />
Prof. Dr. Manfred Bayer (Danzig)<br />
Prof. Dr. Klaus P. Hansen (Passau)<br />
Prof. Dr. Jürgen Henze (Berlin)<br />
Prof. Dr. Bernd Müller-Jacquier (Bayreuth)<br />
Prof. Dr. Alois Moosmüller (München)<br />
Prof. Dr. Alexander Thomas (Regensburg)<br />
Chefredaktion und Web-Realisierung:<br />
Mario Schulz<br />
Editing:<br />
Diana Krieg<br />
Fachgebiet:<br />
Interkulturelle Wirtschaftskommunikation<br />
Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />
ISSN: 1610-7217<br />
www.interculture-journal.com
1<br />
3<br />
11<br />
37<br />
63<br />
Inhalt / Content<br />
Vorwort der Herausgeber [Preface]<br />
Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
[Tragic Stereotypes: Jürgen Klinsmann on America]<br />
Klaus P. Hansen<br />
Intercultural competence development in higher<br />
education study abroad programs: A good practice example<br />
[Entwicklung interkultureller Kompetenz in universitären<br />
Auslandsstudienprogrammen: Ein Good-Practice-Beispiel]<br />
Alexandra Dehmel / Yi Li / Peter F. E. Sloane<br />
Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind?<br />
Eine interkulturelle Annährung an das Lernstilkonzept<br />
anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel<br />
deutscher und chinesischer Studenten<br />
[Are there culture-specific learning styles?<br />
An intercultural approach to the learning style concept based on a<br />
comparative study of German and Chinese students]<br />
Xun Luo / Sebastian Kück<br />
Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
[Equal opportunity – A/an (ir)realistic claim?]<br />
Nurcan Akbulut
Vorwort<br />
Please insert<br />
der<br />
the the title title of of<br />
Herausgeber<br />
your article here<br />
First First name Surname<br />
Please Please insert insert information information about about<br />
the the author author here here (e.g. (e.g. title, title, posiposition,tion, institution) institution)<br />
Die 15. Ausgabe von Interculture Journal beschäftigt sich mit<br />
ausgewählten <strong>Anwendungsfälle</strong>n interkultureller <strong>Kommunikation</strong>.<br />
Im ersten Beitrag beschreibt Klaus P. Hansen in seinem Essay<br />
"Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika" das<br />
Amerikabild des ehemaligen Bundestrainers der Deutschen<br />
Nationalmannschaft und jetzigen Trainers der USamerikanischen<br />
Fußballnationalmannschaft, das er anlässlich<br />
des 10. Jahrestages der Terroranschläge von 9/11 einem<br />
deutschen Fernsehpublikum in einer Talk-Show offenbarte.<br />
Angesichts der stereotyphaftigen Schilderung eines typischen<br />
Amerikaners aus Sicht eines in Deutschland sozialisierten<br />
Menschen plädiert Hansen für die Einführung des Begriffs<br />
"Interkulturelle Tragik".<br />
Der zweite Beitrag von Alexandra Dehmel, Yi Li und Peter<br />
F. E. Sloane „Intercultural competence development in higher<br />
education study abroad programs: A good practice example"<br />
beschäftigt sich mit der Frage, wie effizient und effektiv universitäre<br />
Auslandsstudienprogramme hinsichtlich der Entwicklung<br />
interkultureller Kompetenz sein können. Als Good-<br />
Practice-Beispiel wird das „Asian Studies in Business and Economics<br />
(ASBE)” Programm der Universität Paderborn vorgestellt.<br />
Der dritte Artikel von Xun Luo und Sebastian Kück "Gibt es<br />
Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annäherung<br />
an das Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden<br />
Untersuchung am Beispiel deutsch-chinesischer Studenten"<br />
geht der Frage nach, inwiefern Lernstile sich aufgrund von<br />
Kulturspezifik darstellen lassen. Die Autoren vertreten dabei<br />
die Auffassung, dass eine Beschreibung der Lernstile – trotz<br />
deren Differenzierungsfunktion – nicht die Beschreibung der<br />
Gemeinsamkeiten im Lernverhalten der Zielgruppe ausschließen<br />
soll, um Synergiepotenziale zur Förderung von Interkulturalität<br />
zu entdecken.<br />
Der letzte Beitrag von Nurcan Akbulut "Chancengleichheit:<br />
ein (ir)realistischer Anspruch?" setzt sich kritisch mit dem<br />
sonderpädagogischen Feststellungsverfahren auseinander<br />
und analysiert die Gründe und Legitimationskriterien für die<br />
Überrepräsentativität von Kindern mit nicht-deutscher Erstsprache<br />
an Förderschulen.<br />
Ergänzt wird die Ausgabe durch zwei Rezensionen. Sara Dirnagl<br />
rezensiert das Buch "Prekäre <strong>Kommunikation</strong>: Die Vernehmung<br />
in der multikulturellen Gesellschaft" von Jan Rommerskirchen.<br />
Alexandra Stang rezensiert das Buch "Kultur<br />
und Kulturwissenschaft" von Klaus P. Hansen, das in diesem<br />
Jahr in der vierten Ausgabe erschienen ist.<br />
1 © Interculture Journal 2011 | 15
Darüber hinaus möchten wir auf einen aktuellen Call-for-<br />
Paper der beiden Gastherausgeber Prof. Dr. Jasmin Mahadevan<br />
und Prof. Dr. Claude-Hélène Mayer hinweisen: "Intercultural<br />
Engineering. Special Issue of Interculture Journal, October<br />
2012." Genauere Informationen finden Sie in der<br />
Rubrik "ausblick" auf interculture-journal.com.<br />
Die Herausgeber bedanken sich an dieser Stelle bei allen Autorinnen<br />
und Autoren und freuen sich auf zahlreiche weitere<br />
Beiträge für zukünftige Ausgaben des Interculture Journal.<br />
Stefanie Rathje (Berlin) und Jürgen Bolten (Jena) im Dezember<br />
2011<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 2
Interkulturelle<br />
Please insert the the<br />
Tragik:<br />
title title of of<br />
Jürgen Klinsmann über<br />
your article here<br />
Amerika<br />
[Tragic Stereotypes: Jürgen<br />
Klinsmann on America]<br />
First First name Surname<br />
Please Please insert insert information information about about<br />
Klaus P. Hansen<br />
the the author author here here (e.g. (e.g. title, title, posiposition, Prof. tion, institution)<br />
Dr. institution) Klaus P. Hansen leitet die<br />
Forschungsstelle „Grundlagen<br />
Kulturwissenschaft“ an der Universität<br />
Passau.<br />
Hansen: Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
Abstract [English]<br />
The famous soccer coach Jürgen Klinsmann emigrated to the<br />
US and settled in California. During a recent talk show on<br />
German TV he judged his new home country in a strange<br />
way.<br />
Abstract [Deutsch]<br />
Jürgen Kliensmann liebt seine neue Heimat, die USA, doch<br />
wenn er sich über sie äußert, benutzt er all die Stereotype,<br />
die er aus Deutschland mitbrachte.<br />
Interkulturelle Tragik<br />
Zum zehnten Jahrestag des Anschlags auf die Türme des<br />
World Trade Center, also am 11. September 2011 sendete<br />
die ARD eine Talkshow mit Günther Jauch. Für interkulturell<br />
Interessierte war ein Gast von besonderem Interesse: Jürgen<br />
Klinsmann. Ihn, der in den USA lebt und zwischen der Alten<br />
und Neuen Welt pendelt, hatte Jauch eingeladen, damit er,<br />
sozusagen als Augenzeuge, über die Reaktionen der Amerikaner<br />
auf das Ereignis selbst und den begangenen Jahrestag<br />
berichtete. Ob die Wahl für die Talkshow gut war – der Bäckergeselle<br />
und Fußballer zwischen intellektuellen Groß- und<br />
Kleinkalibern – sei dahin gestellt, wie überhaupt die Sendung<br />
als ganze hier nicht interessieren soll. Für interkulturelle Detektive<br />
aber, die dem Alltag zwischen den Nationen auf die<br />
Schliche kommen wollen, war die Wahl goldrichtig. Klinsmann<br />
ist ein gescheiter und wohlwollender Mensch, und jeder<br />
spürt, dass er gerne in den USA lebt. Wir können somit<br />
annehmen, dass er, was die Themen Kulturkontakt und Migration<br />
betrifft, die Normalität einer bestimmten deutschen<br />
Generation und sozialen Schicht verkörpert, die weder zur<br />
Xenophobie noch zum Ethnomythos neigt. Die aber auch<br />
nicht, aufgrund einer gewissen Bildungsferne, durch politische<br />
Korrektheit geknebelt wird. Wenn das zutrifft, müsste es<br />
von großem Interesse sein, wie ein so Unvorbelasteter über<br />
eine andere Kultur urteilt, zudem eine, die er zu seiner Heimat<br />
erkor.<br />
Die erste Frage, die ihm Jauch stellte, war: Wie nahmen die<br />
Amerikaner das Ereignis auf? Klinsmann antwortet mit dem<br />
Hinweis auf die schockierende Neuartigkeit der Erfahrung.<br />
Amerika sei gewohnt, mit Schicksalsschlägen umzugehen,<br />
mit Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen,<br />
aber „auf dem eigenen Grund und Boden mit dieser Vehemenz<br />
attackiert zu werden“ war etwas „ganz, ganz Neues“.<br />
Aber noch aus einem anderen Grunde, sei es so schwer ge-<br />
3 © Interculture Journal 2011 | 15
Hansen: Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
wesen, mit dem Ereignis umzugehen. „Amerikaner schauen<br />
immer nach vorne, er möchte nicht gerne nach hinten schauen,<br />
aber dieser Moment hat ihn schwer getroffen, weil er<br />
wusste, jetzt müssen wir mit diesem Tatbestand umgehen,<br />
wir müssen die Zukunft so bilden, basierend auf dieser Vergangenheit.<br />
Da tut er sich heute noch schwer damit“. Der<br />
Schock soll mithin ein doppelter gewesen sein. Zum einen<br />
war das historische Faktum zu verarbeiten, dass die militärisch<br />
mächtigste Nation auf ihrem eigenen Territorium angegriffen<br />
wurde, und zum anderen hatte diese Verarbeitung mit der<br />
nationalen Eigenheit des Nach-Vorne-Schauens zu kämpfen.<br />
Bei Naturkatastrophen genügte der Blick nach vorn, also der<br />
Wiederaufbau, bei diesem Ereignis aber war es damit nicht<br />
getan. Naturkatastrophen, so wird es Klinsmann gemeint haben,<br />
gehorchen dem Zufall, die Zerstörung der Türme aber<br />
war ein geplanter politischer Akt, den man erst einmal, und<br />
zwar aus der Vergangenheit heraus, verstehen musste.<br />
Was Klinsmann da behauptet, ist weder richtig noch schmeichelhaft.<br />
Es ist einseitig und verkürzt, doch wir wollen nicht<br />
darüber zu Gericht sitzen, sondern ergründen, wie es zu solcher<br />
Einseitigkeit kommt. Klinsmann konstatiert eine nationale<br />
Eigenschaft; der Amerikaner – den er mal im Singular, mal<br />
im Plural anspricht – sei stets nach vorne schauender Optimist,<br />
und dieser Optimismus sei mit dem Anschlag an eine<br />
Grenze gestoßen. Die USA mussten sich also, nennen wir es<br />
beim Namen, gegen ihren Nationalcharakter verhalten. Woher<br />
aber weiß Klinsmann, dass Optimismus eine tragende Eigenschaft<br />
ist? Hat er es vor Ort beobachtet oder brachte er<br />
dieses Wissen aus Deutschland mit? Es stammt wohl aus der<br />
alten Heimat, denn wenn wir Deutschen eine Eigenschaft mit<br />
Amerika assoziieren, dann Optimismus. Insofern regte sich in<br />
der Runde, die Klinsmann zuhörte, auch kein Widerspruch.<br />
Der Optimismus des Amerikaners im Singular ist ein wahrscheinlich<br />
nicht nur deutsches, sondern weithin europäisches<br />
Stereotyp. Negativ ist es nicht, aber auch nur scheinbar<br />
freundlich, denn Optimismus wächst auf dem Boden von<br />
Harmlosigkeit und Naivität. Optimismus schmückt nicht den<br />
kritischen Intellektuellen, sondern wird eher beim geistigen<br />
Durchschnitt angetroffen. Es ist die Eigenschaft pauschaler<br />
Gutgläubigkeit, wenn nicht Vertrauensseligkeit, die ihren<br />
Träger nicht herabwürdigt, aber auch nicht erhebt. Herauszufinden,<br />
seit wann dieses Stereotyp existiert und aus welchem<br />
Anlass es entstand – ob es vielleicht aus dem inneramerikanischen<br />
Yankee-Bild herrührt – wäre eine Untersuchung<br />
wert. Im Zusammenhang der hier angestellten Überlegungen<br />
bleibt aber unverständlich, wieso Klinsmann, der<br />
Amerikafreund, das Stereotyp nicht überwindet.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 4
Hansen: Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
Die zweite Frage Jauchs, „Ich habe den Eindruck, sie [die<br />
Amerikaner] können es gar nicht verstehen“, knüpft an<br />
Klinsmanns Ausführungen an, der ja, wie gerade analysiert,<br />
Verständnisschwierigkeiten hervorgehoben hatte. Die Nachfrage<br />
wird aber indirekt beantwortet, indem Klinsmann sie<br />
auf ein dem Verstehen vorausliegendes Thema verschiebt,<br />
das der Informiertheit. Die Amerikaner, so die erstaunliche<br />
These, hätten über die Anschläge und ihre Hintergründe nicht<br />
ausreichend Bescheid gewusst. „Wenn man sich mal den Alltag<br />
anschaut, dass die Eltern Doppelverdiener sind [und] am<br />
Wochenende das Haus reparieren, wo nehme ich meine Informationen<br />
dann auf […]. Sie nehmen sie meistens auf in<br />
der Küche am Fernseher, so im Vorbeigehen, und im Vorbeigehen,<br />
wenn du da die Informationen aufschnappst, sind sie<br />
nie so tiefgehend, werden nicht so erklärt, wie es eigentlich<br />
sein müsste.“ Mit anderen Worten, der Griff zur New York<br />
Times oder Washington Post ist dem Amerikaner aus Zeitgründen<br />
verwehrt, und deshalb, da mangelhaft unterrichtet,<br />
so muss man den Gedanken wohl zu Ende führen, versteht er<br />
all die schrecklichen Dinge nicht. Die Arbeitsüberlastung ist<br />
aber nicht der einzige Grund, sondern auch die Medien haben<br />
ihren Anteil. „Wenn das Informationssystem in Amerika<br />
so funktioniert, alles in der Schnelle mal mitzunehmen, sich<br />
berieseln zu lassen von über 300 Fernsehstationen, da<br />
schnapp ich irgendwas auf.“ Die Konsequenz der schlechten<br />
Informiertheit liegt auf der Hand: „Viele sind deshalb auch<br />
mehr unpolitisch, als wir in europäischen Ländern gewohnt<br />
sind.“<br />
Wie kommt der ehemalige Bundestrainer zu solch waghalsigen<br />
Aussagen? Wohl kaum durch persönliche Beobachtungen<br />
vor Ort, etwa dergestalt, dass ihm irgendwann aufgefallen<br />
wäre, in der elterlichen Backstube in Deutschland hätte<br />
man auf höherem Informationsniveau politisiert als in der kalifornischen<br />
Wahlheimat. Wenn er aber nicht auf bewusst<br />
Erlebtes und selbst Reflektiertes zurückgreift, muss es sich um<br />
Vorauswissen handeln, also um Klischees und Stereotype. Der<br />
Vorwurf der Uninformiertheit ist zwar selbst kein Klischee,<br />
gibt sich aber schnell als Modifikation eines solchen zu erkennen.<br />
Klinsmann variiert die alte Vorstellung vom kulturlosen<br />
Amerikaner. Im 19. Jahrhundert hatte sie ihren Höhepunkt<br />
und wurde von vielen, vor allem englischen Geistesgrößen,<br />
unter ihnen Charles Dickens, verbreitet, und selbst<br />
der amerikanische Schriftsteller Henry James, eine kultivierte<br />
Persönlichkeit, die lieber im kulturgesättigten London lebte<br />
als in der Heimat, stimmte in den Chor der Amerikakritiker<br />
ein. Allerdings lieferten die Kulturlosen selbst die Vorlage. Mit<br />
Rousseau war die Neue Welt stolz darauf „nature’s nation“<br />
zu sein und sich vom gekünstelt dekadenten Europa zu unterscheiden.<br />
Diesen Angriff parierte die Alte Welt mit der an-<br />
5 © Interculture Journal 2011 | 15
Hansen: Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
deren Bedeutung des Begriffs Natur und stellte die amerikanische<br />
Natürlichkeit als ungehobelt, hinterwäldlerisch und provinziell<br />
hin. Welch schönes Beispiel für die Symmetrie von Auto-<br />
und Heterostereotyp! Bei der Modifikation durch Klinsmann<br />
bleibt die Grundidee des Provinziellen erhalten, denn<br />
Uninformiertheit und Verständnislosigkeit sind, egal ob auf<br />
dem Lande oder in der Stadt, Ausdruck geistiger Provinzialität.<br />
Wie übrigens auch Optimismus.<br />
Sobald Klinsmann die Modifikation vollzogen hat, merkt er<br />
aber, dass er sich verheddert. Wenn die aufgeschnappten Informationshappen<br />
kein richtiges Bild ergeben, wie kann der<br />
Amerikaner dann überhaupt angemessen reagieren? Klinsmann<br />
windet sich, wie folgt, aus der Klemme: „Viele Amerikaner<br />
können diese Zusammenhänge auch gar nicht nachempfinden,<br />
Irak, Afghanistan, die Lager, all diese Dinge […]<br />
und ihre Reaktion, von Bush getrieben, nach 9/11, ist natürlich<br />
purer Patriotismus […]“. Womit unser von Jauch ernannter<br />
Amerikafachmann ein weiteres wohlfeiles Stereotyp aus<br />
dem Ärmel zieht, das des Patriotismus. Im Unterschied zu<br />
dem der Kulturlosigkeit mag in ihm zwar ein Körnchen mehr<br />
Wahrheit enthalten sein, zur Erklärung des Irakkriegs aber<br />
reicht es nicht. Bush lässt es zu gut wegkommen und den<br />
Rest Amerikas zu schlecht.<br />
Doch so richtig wohl fühlt sich Klinsmann mit dem, was er<br />
sagte, nicht mehr. Kaum hat er sich aus der Klemme gewunden,<br />
beginnt er, ohne jeden erkennbaren Anlass, sich selbst<br />
Einwände zu machen. „Derjenige natürlich, der mehr liberal<br />
denkt, politisch denkt, der lebt meistens an der Küste oder in<br />
Städten, New York, Miami, Boston oder an der Westküste,<br />
Los Angeles, San Francisco, Seattle.“ Er zerbricht den Singular-Amerikaner<br />
in zwei Gruppen, den Städtern der Ost- und<br />
Westküste, auf die der Vorwurf der Provinzialität nicht zutrifft,<br />
und der im Innern siedelnden Landbevölkerung. Doch<br />
das Aufbrechen der nationalen Einheit geht noch weiter:<br />
„[…] es ist eine Bevölkerung von 300 Millionen, die immer<br />
mehr beeinflusst werden von 50 Millionen hispanics, eine<br />
Kultur, die sich dort bildet aus Mittelamerika, besonders Mexiko,<br />
und dieses Land stetig verändert […]“. Was ist passiert?<br />
Klinsmann, dem Westküstenbewohner wird klar, und indem<br />
er es ausspricht, zeigt er seine Redlichkeit, dass die USA nicht<br />
nur aus uninformierten und unpolitischen Provinzlern bestehen.<br />
Plötzlich dämmert ihm die Pauschalität seiner Behauptungen.<br />
Nachdem diese Befürchtung einmal bewusst oder<br />
halbbewusst wurde, greift sie weiter um sich und schockiert<br />
mit der Einsicht, dass man 300 Millionen Individuen schlecht<br />
über einen Kamm scheren kann. Zu der riesigen Menge an<br />
Bewohnern kommt hinzu, dass sich diese im Einwanderungsland<br />
Amerika aus verschiedenen Ethnien zusammensetzen.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 6
Hansen: Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
Damit steht Klinsmann kurz vor der die üblichen Denkgewohnheiten<br />
sprengenden Erleuchtung, dass eine Nationalkultur<br />
kein homogenes Gebilde ist. Doch sie leuchtet nicht hell<br />
genug, um eine Revision der bisherigen Aussagen über den<br />
Amerikaner anzustoßen. Trotzdem sollten wir, dass diese<br />
Einwände überhaupt aufblitzen, als Aktivposten verbuchen,<br />
auch wenn sie sich aus Stereotypen speisen. Für jeden Europäer<br />
sind die USA das Land der Vielfalt und Multi-Kulturalität,<br />
ebenso wie sich herum gesprochen hat, dass Ost- und Westküste<br />
fortschrittlicher sind als das platte Land des bible belt.<br />
Die dritte und letzte Frage, die Jauch an seinen Gast richtet,<br />
möchte wissen, wie Amerikaner auf die schrecklichen Bilder<br />
aus dem Irakkrieg reagieren, die Tote der Zivilbevölkerung<br />
zeigen. Klinsmann, der wieder zum Singular zurückgefunden<br />
hat, antwortet: „Der Amerikaner nimmt diese Bilder genauso<br />
mit Entsetzen auf und diskutiert es […] und es ist absolut ein<br />
Thema […]. Nur nach zehn Jahren dieses ständigen Themas,<br />
Kriege um den Terror, ist er müde; er möchte nach vorne<br />
schauen, er möchte Lösungsmöglichkeiten sehen, er hat da<br />
Angst vor noch höherer Arbeitslosigkeit, er möchte nicht seinen<br />
Job verlieren. Wenn er seinen Job verliert, ist da nicht<br />
dieses Auffangnetz, das wir hier in Deutschland und in europäischen<br />
Ländern teilweise haben.“ Wieder fährt Klinsmann<br />
eine Entschuldigungsstrategie. Wenn es zuvor hieß, der Amerikaner<br />
ist uninformiert, weil er so viel arbeitet, wird jetzt der<br />
Überdruss am Thema Terror mit Sorgen um den Arbeitsplatz<br />
begründet. Diese Sorgen sind heftig, weil es keinen Sozialstaat<br />
gibt. Das Erstaunliche an dieser Entschuldigungsstrategie<br />
ist die Entfernung zwischen Ursache und Wirkung. Wie<br />
kommt man von Kriegsbildern auf die fehlende Sozialversicherung?<br />
Es ist die Logik der Stereotype. Zu dem, was Europäern<br />
zu Amerika einfällt, gehört an prominenter Stelle – und<br />
das selbst bei FDP Wählern – die angeblich nicht vorhandene<br />
Sozialversicherung. Kaum hat der deutsche Austauschstudent<br />
sein Zimmer im dorm der amerikanischen Universität bezogen,<br />
stellt er seinen Mitbewohner aus Texas zur Rede, warum<br />
die USA keine Krankenversicherung hat. Erst bei der Diskussion<br />
merkt er die eigenen Wissenslücken und vor allem die fehlende<br />
Begeisterung seines Gegenübers. Im Unterschied dazu<br />
macht Klinsmann diesbezüglich aber keine Vorwürfe, sondern<br />
entschuldigt ein Klischee mit einem anderen.<br />
Nur ein Stereotyp fehlt noch: die Oberflächlichkeit. Sie, die<br />
bei interkulturellen Trainings beliebt ist und dort mit Obstmetaphern<br />
umschrieben wird – der Amerikaner ist wie ein Pfirsich,<br />
zuerst eine weiche Schale und dann ein harter Kern –<br />
hört sich bei Klinsmann so an: „Heute ist ein großer Tag in<br />
Amerika; aber sie haben das Bedürfnis, jetzt einfach nach<br />
vorne zu schauen, und natürlich verfolgen sie Afghanistan,<br />
7 © Interculture Journal 2011 | 15
Hansen: Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
Irak, all die Terroranschläge; sie nehmen Teil daran, aber es ist<br />
viel an Themen in den USA, mit denen sie umgehen müssen,<br />
deshalb muss man auch ein bisschen verstehen als Europäer,<br />
dass der Amerikaner hier vielleicht ein bisschen oberflächlich<br />
rüberkommt.“ Wieder versucht Klinsmann zu entschuldigen:<br />
Amerika ist nicht oberflächlich, sondern wirkt nur so. Wobei<br />
diese Entschuldigung genau genommen lauten müsste: Er ist<br />
oberflächlich, das aber aus verständlichen Gründen. Fassen<br />
wir Klinsmanns Urteil über die andere Kultur zusammen: Der<br />
Amerikaner ist patriotisch, optimistisch nach vorne schauend,<br />
uninformiert, fleißig, unpolitisch, kennt kein Sozialsystem, ist<br />
überfordert und erscheint oberflächlich. Alles das wusste der<br />
Emigrant schon, als in Deutschland die Koffer gepackt wurden.<br />
Klinsmann, ein moderner Deutscher der sympathischen Sorte,<br />
nicht akademisch gebildet, aber weithin interessiert, weltoffen<br />
und polyglott, lässt sich in einem fremden Land nieder.<br />
Der dadurch beginnende Kontakt wird einerseits durch bestimmte<br />
Denkgewohnheiten interkultureller Art bedingt, andererseits<br />
durch aus der Heimat mitgebrachte Stereotype gestaltet.<br />
Die erste dieser Denkgewohnheiten besteht darin,<br />
dass wir jede an einem Ausländer entdeckte Eigenschaft seiner<br />
Nationalität zuschreiben. Wenn Klinsmann bei seinem<br />
Nachbarn zur Rechten Uninformiertheit feststellte, nahm er<br />
das sofort in die Liste amerikanischer Merkmale auf. War der<br />
Nachbar zur Linken politisch desinteressiert, wurde die Liste<br />
sofort weiter geführt. Vor lauter Listenbildung merkte er<br />
nicht, dass es diese Eigenschaften auch in Deutschland oder<br />
Frankreich gibt. Wenn er einen uninformierten Deutschen<br />
traf, verbuchte er das als Zufall der Individualität, in Amerika<br />
hingegen rückt es zur nationalen Eigenart auf. Dieser Zuschreibungsautomatismus,<br />
der die Prägekraft des Nationalen<br />
weit überschätzt, gilt nicht nur für Klinsmann, sondern für<br />
fast jeden von uns. Es wäre zu überprüfen, ob manche Theorien<br />
oder Trainingsprogramme der interkulturellen <strong>Kommunikation</strong><br />
diesen Automatismus nicht fördern.<br />
Die zweite Denkgewohnheit ist die Annahme nationalkultureller<br />
Homogenität. D.h. alle 300 Millionen Amerikaner haben<br />
dieselben Eigenheiten. Wenn das so ist, brauche ich nur den<br />
Singular-Amerikaner, so unmodern oder vielleicht sogar politisch<br />
unkorrekt eine solche Formulierung auch ist. „Vom Neger<br />
als solchem“ spricht keiner mehr, aber der Talkmaster<br />
Jauch hatte mit Klinsmanns Singular keine Probleme. Die Annahme<br />
der Homogenität, die einen bereinigten und abstrahierten<br />
Amerikaner konstruiert, spart Denkschmalz und Papier,<br />
denn ich brauche nur eine einzige Liste. Mittendrin<br />
merkte Klinsmann allerdings, dass eine vielleicht zu wenig ist<br />
und begann, Listen für Stadt- und Landbewohner und Listen<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 8
Hansen: Interkulturelle Tragik: Jürgen Klinsmann über Amerika<br />
für hispanics zu eröffnen. Wir sehen daran, wie der im Kulturkontakt<br />
Stehende mit den traditionellen Denkgewohnheiten<br />
hadert, da sie ihm die polykollektive Wirklichkeit nicht<br />
erschließen.<br />
Bei seiner Übersiedlung in die Neue Welt brachte Klinsmann<br />
neben diesen Denkgewohnheiten auch eine Reihe von inhaltlichen<br />
Stereotypen mit. Durch die deutsche Sozialisation betrachtet<br />
er das Neue nicht offen, sondern vorinformiert.<br />
Doch, das müssen wir Klinsmann zugutehalten, er reproduziert<br />
die Stereotype nicht unkritisch, sondern ringt mit ihnen.<br />
Er merkt zwar nicht, wie wenig sie auf die Wirklichkeit passen,<br />
aber irgendwie stören sie ihn, weil sie ehrenrührig sind.<br />
Sie stören seine Zuneigung zu Amerika. Deshalb entschuldigt<br />
er sie. Letztendlich aber schafft er es nicht, sich von den vorgestanzten<br />
Urteilen, die er in Deutschland aufsog, zu befreien.<br />
Das ist ein bisschen tragisch und vielleicht sollte man den<br />
Jargon der Kulturkontakte analysierenden Disziplinen um den<br />
Begriff der interkulturellen Tragik erweitern. Sie zu verhindern,<br />
wäre vielleicht die dringlichste Aufgabe dieser Disziplinen.<br />
9 © Interculture Journal 2011 | 15
© Interculture Journal 2011 | 15 10
Intercultural<br />
Please insert<br />
competence<br />
the the title title of of<br />
development in higher<br />
your article here<br />
education study abroad<br />
programs: A good practice<br />
example<br />
[Entwicklung<br />
First First name Surname interkultureller<br />
Kompetenz in universi-<br />
Please Please insert insert information information about about<br />
tären<br />
the the author author Auslandsstudienpro-<br />
here here (e.g. (e.g. title, title, posiposigrammen:tion,tion, institution) institution) Ein Good-<br />
Practice-Beispiel]<br />
Alexandra Dehmel<br />
Dr., works at the European Centre<br />
for the Development of Vocational<br />
Training (Cedefop); previously<br />
research assistant at the<br />
Department of Business and Human<br />
Resource Education, University<br />
of Paderborn. Research interests:<br />
vocational education and<br />
training, comparative research,<br />
development of intercultural<br />
competence, adult learning. The<br />
views in this article do not reflect<br />
those of Cedefop.<br />
Yi Li<br />
M.A., research assistant and doctoral<br />
student at the Department<br />
of Business and Human Resource<br />
Education, University of Paderborn.<br />
Research interests: intercultural<br />
education and training, development<br />
of intercultural competence,<br />
internationalization of<br />
higher education.<br />
Peter F. E. Sloane<br />
Prof. Dr., professor at the Department<br />
of Business and Human<br />
Resource Education, University of<br />
Paderborn. Research interests:<br />
self-regulated and collaborative<br />
learning, design-based research,<br />
didactic issues in the vocational<br />
education and training sector,<br />
among others.<br />
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
Abstract [English]<br />
International student mobility programs at higher education<br />
level have increasingly been fostered over the past years.<br />
Most of these programs merely send students for a term<br />
abroad, but do not provide comprehensive accompanying<br />
measures before, during and after the stay. There is no doubt<br />
that through a short time of studying in another country, participants<br />
gain intercultural living and learning experience.<br />
However, some crucial questions remain: How effective and<br />
efficient are such programs in promoting intercultural learning<br />
and competence development? How can they be designed<br />
in order to foster the students’ learning processes and<br />
to increase learning outcomes? This article addresses these<br />
questions and provides an example of a comprehensive study<br />
abroad program for graduate students.<br />
The article gives an overview of current research on study<br />
abroad programs and defines the term intercultural competence.<br />
It then presents the „Asian Studies in Business and<br />
Economics (ASBE) program” at the University of Paderborn<br />
(Germany) as a good practice example. The strengths of the<br />
program are: It a) consists of four master-level modules, all<br />
fully integrated into the curriculum of the Master programs;<br />
b) provides continuous and systematic accompanying<br />
measures over a long period of time (preparation, study<br />
abroad and follow-up phases); c) uses an innovative, learnercentered<br />
pedagogical design that combines individual and cooperative<br />
learning and applies – amongst others – experiential<br />
and reflective learning as well as the critical incidents<br />
technique.<br />
Keywords: Intercultural competence, higher education, study<br />
abroad programs, pedagogical design, good practice example<br />
Abstract [Deutsch]<br />
Universitäre Auslandsstudienprogramme wurden in den vergangenen<br />
Jahren verstärkt gefördert. Die meisten dieser Programme<br />
senden ihre Teilnehmer / innen lediglich für eine<br />
gewisse Zeit ins Ausland, bieten aber keine umfassenden Begleitprogramme<br />
vor, während und nach dem Auslandsaufenthalt.<br />
Obwohl kein Zweifel daran besteht, dass Studierende<br />
durch einen solchen Auslandsstudienaufenthalt interkulturelle<br />
Lebens- und Lernerfahrungen sammeln, bleiben dennoch einige<br />
wichtige Fragen offen: Wie effizient und effektiv sind<br />
diese Programme darin, interkulturelles Lernen und die Entwicklung<br />
interkultureller Kompetenz zu fördern? Wie können<br />
sie gestaltet werden, um Lernprozesse optimal zu unterstützen<br />
und Lernergebnisse zu steigern? Der vorliegende Artikel<br />
11 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
widmet sich diesen Fragen und stellt exemplarisch ein umfassendes<br />
Auslandsstudienprogramm für Masterstudierende vor.<br />
In den ersten Kapiteln erfolgt ein Überblick über den aktuellen<br />
Forschungsstand zu Auslandsstudienprogrammen und<br />
eine Präzision des Begriffs interkulturelle Kompetenz. Anschließend<br />
wird das „Asian Studies in Business and Economics<br />
(ASBE)” Programm der Universität Paderborn als good<br />
practice Beispiel vorgestellt. Die Stärken dieses Programms<br />
sind: a) Es besteht aus vier Master-Modulen, die vollständig in<br />
das Curriculum der Masterprogramme integriert sind; b) es<br />
bietet ein kontinuierliches und systematisches Begleitprogramm<br />
vor, während und nach dem Auslandsaufenthalt; c) es<br />
nutzt ein innovatives, Lerner-zentriertes didaktisches Design,<br />
das individuelles und kooperatives Lernen verbindet und –<br />
unter anderem – experimentelles und reflexives Lernen sowie<br />
die critical incidents technique nutzt.<br />
Stichworte: Interkulturelle Kompetenz, Hochschulbildung,<br />
universitäre Auslandsstudienprogramme, pädagogisches Design,<br />
good practice Beispiel<br />
1. Introduction<br />
In recent years, the opportunities for higher education students<br />
to go abroad during their studies have risen enormously.<br />
One of the reasons for this development is that higher education<br />
study abroad programs have increasingly been fostered<br />
at national and super-national level. In 2008-2009<br />
alone, ERASMUS (European Region Action Scheme for the<br />
Mobility of University Students), the European Union student<br />
exchange program, has for example helped almost 200.000<br />
students – more than ever before – to go abroad for studies<br />
and company placements (European Commission 2010:5).<br />
The importance of student movements for the internationalisation<br />
of higher education is frequently pointed out, for instance<br />
by Stone (2006:313) and the European Commission<br />
(2010:5). A main aim of this internationalisation in general<br />
and study abroad programs in particular is to prepare students<br />
for their life in a globalised world.<br />
The variety of student mobility programs ranges from academic<br />
stays to language courses, internships and study trips<br />
to foreign higher education institutions (excursions, summer<br />
courses, research stays, etc.) (Hopkins 1999:38, Gray / Murdock<br />
/ Stebbins 2002:46, Isserstedt / Schnitzer 2005:61). Beyond<br />
transferring study credits [1] from foreign higher education<br />
institutions back to home institutions and acquiring language<br />
skills, study abroad programs provide the participants<br />
with opportunities to immerse in in-depth international expo-<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 12
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
sure. Such an intensive educational experience in another culture<br />
is considered to have greatest impact (Cushner<br />
1994:103). Generally, short-term [2] study abroad programs<br />
claim to generate an increased international awareness and<br />
sensibility to other cultures, to enhance enthusiasm for international<br />
issues and willingness to participate in international<br />
activities (Gray et al. 2002:47). Through compare and contrast<br />
with another culture, even fundamental perceptions and<br />
opinions of oneself and one’s own culture are challenged.<br />
This increases self-awareness and cultural sensibility and contributes<br />
to personal growth. As shown in the following chapter,<br />
such potential outcomes are often a key object of interest<br />
in research on study abroad programs.<br />
2. <strong>Current</strong> research on study abroad programs:<br />
An overview<br />
A great number and wide variety of research focusing on the<br />
experience of people who spend time in cultures other than<br />
their own has been carried out over the past years. Researchers<br />
and trainers have contributed to investigations on topics<br />
such as adjustment, adaptation and acculturation, effective<br />
intercultural interactions, and design and impact of training<br />
models, including pre-departure and re-entry training programs<br />
(Bradford / Allen / Beisser 1998:2, Cushner / Karim<br />
2004:289). Examples of different foci of recent research on<br />
study abroad programs are summarised in table I.<br />
Research foci Scholars and studies<br />
Positive impact of SAP on…<br />
...personal development/growth, selfefficacy.<br />
...social-emotional stability, sociopsychological<br />
adaptation.<br />
...increased intercultural awareness,<br />
self-awareness.<br />
...overall development of intercultural<br />
sensitivity – IDI (Intercultural Development<br />
Inventory).<br />
...higher level of intercultural competence<br />
(openness/ethnorelativism, international<br />
concern, interpersonal communication<br />
skills, self-efficacy) / intercultural<br />
proficiency (global mindedness,<br />
intercultural communication, openness<br />
to diversity, intercultural sensitivity).<br />
...student motivation in participating in<br />
more international activities (global<br />
mindedness).<br />
Gmelch 1997, Hadis 2005,<br />
Milstein 2005.<br />
Tuleja 2008, Leong 2007.<br />
Williams 2005.<br />
Anderson, Lawton, Rexeisen,<br />
Hubbard 2006, Jackson 2008,<br />
Pedersen, 2010.<br />
Yashima 2010, Clarke III, Flaherty,<br />
Wright, McMillen 2009.<br />
Gray et al. 2002, Kitsantas<br />
2004, Hadis 2005.<br />
13 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
...attitudes (perceptions) towards international<br />
understanding, cross-cultural<br />
interest (interest in cultural differences).<br />
...advantage of student mobility for<br />
international jobs/assignments.<br />
Baty, Dold 1977, Carlson, Widaman<br />
1988, Hadis, 2005.<br />
Wiers-Jenssen 2008.<br />
...cross-cultural skills. Kitsantas 2004.<br />
Other foci<br />
Assessment of effectiveness of SAPs. Lewis, Niesenbaum 2005,<br />
Pedersen 2010.<br />
Predictors on participation in SAPs. Goldstein, Kim 2006, Marcotte,<br />
Desroches, Poupart 2007.<br />
The role that students’ motivation and<br />
goals for studying abroad play in intercultural<br />
adaptation.<br />
Chirkov, Vansteenkiste, Tao,<br />
Lynch 2007, Chirkov, Safdar,<br />
Guzman, Playford 2008, Yang,<br />
Webster, Prosser 2011.<br />
Exh. 1: Overview recent studies on study abroad programs (SAPs). Source:<br />
Compiled by the authors.<br />
As illustrated in the table, a majority of the recent studies focuses<br />
on the cognitive and / or affective changes the participants<br />
go through during their time abroad, often by using<br />
measurement before and after the stay abroad. One of the<br />
main findings is for example that short-term study abroad has<br />
positive impact on students’ intercultural sensitivity (e.g.<br />
Cushner / Karim 2004, Anderson et al. 2006, Jackson 2008,<br />
Perdersen 2010) [3].<br />
Looking at study abroad programs, generally speaking „every<br />
program, no matter at what level, format, or focus, continues<br />
to claim that educational cross-cultural contact contributes to<br />
intercultural competence and thus to global citizenship”<br />
(Bennett 2009:2). Although the development of intercultural<br />
competence (as well as intercultural sensitivity / awareness,<br />
etc.) [4] is continuously emphasised and claimed, it is, however,<br />
questionable how these study abroad programs actually<br />
contribute to students’ intercultural competence development,<br />
and how the development of intercultural competence<br />
can be fostered. One of the most recent longitudinal research<br />
studies, conducted by Vande Berg / Connor-Linton / Paige<br />
(2009) has provided significant evidence on the positive effects<br />
of teachers’ / trainers’ pro-active interventions on intercultural<br />
learning. Taking these findings into account, it is consequently<br />
desirable to identify and apply specifically designed<br />
intervention techniques and strategies which facilitate the<br />
development of intercultural competence (Anderson et al.<br />
2006:467).<br />
This paper contributes to this aim by presenting the so-called<br />
„Asian Studies in Business and Economics (ASBE) program”<br />
of the University of Paderborn (Germany) as a best practice<br />
example of a comprehensive program that promotes the de-<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 14
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
velopment of intercultural competence in higher education.<br />
The following parts provide background information and describe<br />
the program’s systematic and integrated design that<br />
builds on the re-conceptualisation and integration of selected<br />
pedagogical approaches.<br />
3. Defining the educational objective – intercultural<br />
competence<br />
The central objective of the ASBE program is to promote the<br />
development of intercultural competence of students, based<br />
on their short-term study abroad experience and on a comprehensive<br />
accompanying program before, during and after<br />
their stay abroad. The question what intercultural competence<br />
is, i.e. how it can be defined, is difficult, but needs to<br />
be addressed as the main starting point. Finding an accurate<br />
definition of intercultural competence as well as approaches<br />
to foster and assess it have always been essential concerns in<br />
the field of research on intercultural education and learning<br />
(Weidemann 2001, Bennett 2009, Bertelsmann Stiftung /<br />
Fondazione Cariplo 2009). For decades, similar worries on the<br />
lack of conceptual consensus have been echoed by researchers<br />
and trainers (for example by Koester / Wiseman / Sanders<br />
1994:3-7, Bradford et al. 1998:2, Lustig / Koester 2006:64).<br />
Due to this complexity, the present chapter only provides a<br />
very brief overview and outlines the definition that is used in<br />
the ASBE program. For a detailed discussion on intercultural<br />
competence and its conceptualisation as a teaching and<br />
learning objective see Li (2009).<br />
Although it is not possible to present a worldwide acknowledged<br />
and commonly agreed definition of intercultural competence<br />
[5], a distinguishing overlap among the various definitions<br />
can be found. From a first literature study on the concept<br />
of intercultural competence, it is derived that:<br />
Intercultural competence<br />
• comprises of affective, cognitive and behavioural aspects<br />
[6] (among others: Gudykunst / Ting-Toomey / Wiseman<br />
1991:276, Lustig / Koester 2006:69-71), which are interconnected<br />
and cannot be fully differentiated from each<br />
other for the purpose of learning and training,<br />
• is multi-dimensional and domain-general; (inter)cultural<br />
knowledge can be both culture-general and culturespecific<br />
(Hesse 2008:48, Lustig / Koester 2006:69),<br />
• consists – from an analytical perspective – of declarative,<br />
procedural and strategic knowledge as well as interactive<br />
and communicative components (Hesse 2008:48), and<br />
15 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
• its development is not linear, but complex and dynamic<br />
(ibid.) because culture is an interactive, ever-changing and<br />
dynamic entity of shared values, norms and ways of life.<br />
In the German discourse, the conceptualisation of intercultural<br />
competence is often placed under the comprehensive concept<br />
of „action competence” (Handlungskompetenz) (Rathje<br />
2007:258, see also Thomas 2003b:142, Bolten 2003:157).<br />
This concept can be tracked back to Heinrich Roth and has<br />
been developed further by Reetz (1984, 1999) and others<br />
(e.g. Sloane / Twardy / Buschfeld 2004). Action competence<br />
unfolds in three dimensions: the subject resp. domain (Fachkompetenz;<br />
this refers to competence related to the particular<br />
subject matter resp. domain), the individual (Personalkompetenz;<br />
this refers to competence related to the individual,<br />
e.g. self-reflection) and the group (Sozialkompetenz; this refers<br />
to competence related to the group, e.g. communicating<br />
with others). Referring to this concept of action competence,<br />
intercultural competence can be considered as not being a<br />
dimension of its own, but as being incorporated into the<br />
three dimensions. In situations that require intercultural competence,<br />
specific competences might be needed that relate to<br />
the subject resp. domain (e.g. to know about ways of making<br />
business in Asia), to the individual (e.g. to reflect upon one’s<br />
own cultural background and its effects on behaviour in certain<br />
situations) and the group (e.g. to work in intercultural<br />
groups).<br />
Taking a further look at other widely-used approaches to<br />
competence, a generic and in Germany commonly accepted<br />
definition by Weinert (2001:27) is: Competences are „cognitive<br />
abilities which are available for or can be learned by individuals<br />
to solve problems as well as the associated motivational,<br />
volitional and social willingness and abilities for taking<br />
successful and conscious advantage of problem solutions in<br />
varying situations.” [7] Weinert approaches the concept of<br />
competence from a cognitive perspective. In line with this<br />
definition, Brislin (1993:65-70) emphasises the importance of<br />
taking both personal and situational variables (factors) into<br />
consideration, because „behavior is a function of the person<br />
and the situation” (Brislin 1993:65). He argues further that,<br />
„to understand behavior, we must have extensive knowledge<br />
about the people, (e.g., their personalities, their attitudes,<br />
their values) and the situations in which they find themselves”<br />
(ibid.).<br />
Building on a critical engagement with these definitions (cf. Li<br />
2009), for the purpose of the ASBE program, intercultural<br />
competence is referred to as a mixture of abilities respectively<br />
the generic dispositions of an individual, who is able to interact<br />
with culturally different others and to behave in an ap-<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 16
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
propriate, sensitive, reflective and effective manner in intercultural<br />
situations. This holistic understanding of intercultural<br />
competence is visualised in figure 2.<br />
Exh. 2: A holistic understanding of intercultural competence. Source:<br />
Adopted from Dilger (2009). [8]<br />
Based on this holistic understanding of intercultural competence,<br />
a specific pedagogical design comprising of a combination<br />
of various pedagogical approaches has been developed<br />
and implemented in the ASBE program in order to cope<br />
with the complexity of this educational objective. The following<br />
parts present the design of the ASBE program and explain<br />
how the specific learner-centered, experience- and reflectionbased<br />
pedagogical approaches have been selected, modified<br />
and implemented.<br />
4. The Asian Studies in Business and Economics (ASBE)<br />
program<br />
4.1 The ASBE program: A brief introduction [9]<br />
Internationalisation is one of the key strategies of the Faculty<br />
of Business Administration and Economics at the University of<br />
Paderborn (Faculty of Business Administration and Economics,<br />
University of Paderborn 2010:29ff.). The Faculty has developed<br />
a clear international profile. It has for example international<br />
partnerships and projects with more than 50 foreign<br />
partner universities and colleges worldwide and equips its<br />
students for the globalised world, e.g. by providing them<br />
with language skills, specialist knowledge on the international<br />
flow of goods and insights into the cultural sensitivities of<br />
foreign countries.<br />
17 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
The Asian Studies in Business and Economics program (ASBE)<br />
has been initiated in the context of the overall internationalisation<br />
strategy and was founded in 2005. It has been established<br />
within the German Academic Exchange Service (DAAD)<br />
program „International Study and Training Partnerships (IS-<br />
AP)” and still runs within this framework [10]. Since its im<br />
plementation, the ASBE program has been continuously de<br />
veloped and further i mproved [11]. The ASBE program is a<br />
selective study program at Master level with particular focus<br />
on Asia – a globally very relevant<br />
business region which still<br />
remains relatively unexplored from a European point of view.<br />
It is not only a study program for students, but does also provide<br />
a framework for research cooperation. The ASBE program<br />
builds on strong partnerships with three Asian Universities:<br />
The Beijing Institute of Technology in China, the EWHA<br />
Womans University in South-Korea (Seoul) and the Oita University<br />
in Japan.<br />
The ASBE study program is fully integrated into the Master of<br />
Science and Master of Arts programs of the Faculty of Business<br />
Administration and Economics, University of Paderborn<br />
[12]. Per academic year, the program offers places for 15<br />
German students and for an equal number of Asian students<br />
from the three partner universities [13]. The participants are<br />
selected in a competitive selection procedure and receive a<br />
generous scholarship from the DAAD. A main objective of the<br />
ASBE program is the promotion and development of intercultural<br />
competence. The participants spend a half-year study<br />
abroad stay at one of the three Asian partner universities and<br />
are – as outlined below – supervised and trained before, during<br />
and after their time in Asia, aiming at a systematic and<br />
progressive development of their intercultural competence.<br />
4.2 The structure and design of the ASBE program<br />
As cited by Graf (2004:209f.), although it is highlighted by<br />
some researchers (e.g. Hammer / Martin 1992, Pruegger /<br />
Rogers 1994) that short-term intercultural trainings are effective<br />
in building up cultural awareness and in changing individual<br />
attitudes towards other cultures, intercultural education<br />
and intercultural competence development has to be<br />
conceived as a long-lasting and continuous learning process<br />
that should ideally be designed over „a prolonged period”<br />
(Graf 2004:210). Therefore, the ASBE program has been designed<br />
as a comparatively long, comprehensive program. It<br />
consists of an intensive preparatory phase, a study abroad<br />
term and a follow-up phase. These three phases span over a<br />
total period of three university terms, expanding the possibility<br />
of fostering the development of intercultural competence<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 18
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
to a greatest extent. The ASBE program structure is visualized<br />
in the figure 3 and is explained in some detail below.<br />
Exh. 3: Structure of the ASBE program. Source: Compiled by the authors.<br />
The program starts with a comprehensive one-term preparation<br />
phase at the University of Paderborn. This phase has several<br />
objectives: The students acquire basic knowledge of the<br />
language, of the culture, and of other characteristics (e.g. as<br />
regards history, politics or economics) of their Asian target<br />
country in particular and of the region Asia as a whole in<br />
general. Their international awareness and sensibility to other<br />
cultures, but also to their own culture, is raised. In order to<br />
reach these objectives, the students participate<br />
• in an exclusive three-week intensive language course at a<br />
special language institute, the renowned Landesspracheninstitut<br />
Bochum (LSI). The language skills can be further<br />
improved in weekly language courses offered by the<br />
Zentrum für Sprachlehre (ZfS, center for language learning)<br />
at the University of Paderborn. Furthermore, the students<br />
are encouraged to form language-tandems with<br />
Asian students.<br />
• in a weekly media und literature forum that builds on innovative<br />
ICT-technology such as weblogs and podcasting.<br />
The students read, review and discuss critically nonscientific<br />
literature on or of Asia (e.g. Japanese Mangas).<br />
The engagement with non-scientific literature allows approaching<br />
the foreign culture(s) from different angles and<br />
19 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
opens new perspectives. In addition to the work with literature,<br />
they produce innovative podcasts on current issues<br />
relevant to Asia. The literature-blog and the podcasts<br />
are accessible online [14].<br />
• in a workshop on intercultural communication and competence.<br />
In this workshop, the participants gain, amongst<br />
others, general awareness and understanding of cultural<br />
diversity in typical intercultural interactions.<br />
• in lectures and seminars which are held by experts on<br />
Asia, for example, by visiting guest lecturers from the<br />
Asian partner universities or by industry representatives.<br />
• in the presentation and discussion of the project work<br />
carried out by the students who participated in the ASBE<br />
program in the previous year.<br />
• in one-day country-specific workshops organised by the<br />
students who participated in the ASBE program in the<br />
previous year.<br />
During the second phase of the ASBE program, the students<br />
stay abroad at one of the three Asian partner universities and<br />
experience real-life in their host countries. During this phase,<br />
the students<br />
• take courses at their host university. They can choose<br />
from a broad range of English-speaking graduate courses<br />
in the fields of business, economics, management, business<br />
computing, human resource education, and other<br />
related areas. They improve their Japanese, Chinese or<br />
Korean language proficiency in language courses and can<br />
also participate in courses on the culture, history, etc. of<br />
the respective country. They have the chance to fully engage<br />
in the life at their host university, and to join for example<br />
sports or arts activities. In order to ease access and<br />
integration into the university life and the Asian society,<br />
each German student gets his / her own „buddy”, i.e. an<br />
Asian student who takes care of him / her.<br />
• carry out individual project work and write a project paper<br />
on a theme related to Asia. The students are free to<br />
select a topic according to their own interests and the<br />
fields of study they specialise in [15]. The work is super<br />
vised by respective professors of the University of Pader-<br />
born, very often in close co-operation<br />
with their colleagues<br />
from the Asian partner universities. Some of these<br />
projects have turned out to be solid foundations of the<br />
master degree paper, and let the participants continue<br />
their research work on Asia for an extended time.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 20
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
• carry out the tasks of the workshop on intercultural competence<br />
and communication (e.g. „cultural photography”,<br />
see below).<br />
• write personal reflective diaries which help them to reflect<br />
and document their own learning and development processes<br />
during their stays abroad. Guidance on writing<br />
these diaries is provided in phase 1.<br />
• can use the opportunity and prolong their stay in Asia for<br />
a certain amount of time to do internships. Internships<br />
have to be organised by the students themselves, but<br />
they do usually get help from the Asian host universities<br />
and their networks, as well as from networks with other<br />
institutions (e.g. the German Chambers of Industry and<br />
Commerce).<br />
During the third phase of the program, the students<br />
• present and discuss the research results of their individual<br />
project work. The presentations are open to staff and<br />
students of the Faculty who have an interest in Asian<br />
economics, business and management.<br />
• reflect on their experience and on their development processes,<br />
amongst others based on their reflective diaries.<br />
• organise one-day country-specific workshops with the<br />
aim of passing on their knowledge and experience to the<br />
next generation of ASBE students. They might join the<br />
ASBE alumni network and serve as tutors for the next<br />
generations.<br />
This brief overview of the three phases shows that the ASBE<br />
program is designed as a comprehensive program, which<br />
aims at fostering the development processes of its participants<br />
systematically and holistically. Parts of the pedagogical<br />
design that is used to foster the particular ASBE objective intercultural<br />
competence development are explained in some<br />
more detail below (part 4.4).<br />
4.3 The modularisation and accreditation system of<br />
the ASBE program<br />
The credit transfer of study outcomes acquired in study<br />
abroad programs has constantly been problematic (e.g. Engle<br />
/ Engle 2003:13, Asaoka / Yano 2009:183). Usually, it causes<br />
lots of work and efforts both for students and higher education<br />
staff, as the process normally requires the comparison of<br />
the contents and workloads of the courses studied by the individual<br />
student at the host university with those courses offered<br />
at the home university, trying to fit both together<br />
somehow. The credit points obtained from host universities<br />
21 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
are often not fully accredited at the home university or are<br />
sometimes even not accredited at all. Especially in certain degree<br />
programs such as business and economics or business<br />
information systems, courses with a linguistic, cultural or societal<br />
orientation can often not be properly acknowledged<br />
and accredited. If the major aim for most study abroad programs<br />
is to enhance awareness, sensibility and understanding<br />
of cultural differences and to promote the development of<br />
intercultural competence, it can, however, be argued that it is<br />
important to recognize and accredit not only pure subject<br />
courses, but also others which might foster this overall aim<br />
(for a similar line of argumentation see Cushner / Karim<br />
2004:297). The same applies to courses that prepare for the<br />
stay abroad and to those in the follow-up phase. They<br />
should, at least to a certain extent, be integrated into the<br />
regular study programs.<br />
A unique feature of the ASBE program is that all elements of<br />
the program are credit-bearing and are fully integrated into<br />
the Master of Science and Master of Arts programs of the<br />
Faculty of Business Administration and Economics, University<br />
of Paderborn. Not only the pure subject-related courses, but<br />
also the other learning activities carried out during the three<br />
phases of the ASBE program are acknowledged and accredited<br />
through four ASBE-modules (ASBE 1-4). Each ASBEmodule<br />
has a workload of 10 ECTS which equals 300 hours.<br />
The modules are shown in figure 3. The ASBE-module 1 includes<br />
all the activities outlined under phase 1 and the country-specific<br />
workshop. Particularly through this module, the<br />
teaching and learning of intercultural competence is supported<br />
directly in the curriculum. The ASBE-module 2 comprises<br />
of the individual project work. The ASBE-modules 3 and 4 are<br />
used to recognise and accredit the subject-related courses<br />
and the other courses (e.g. on culture) that participants have<br />
completed at the Asian partner universities. As the accreditation<br />
is based on a comprehensive learning agreement between<br />
the universities, no individual negotiations are needed.<br />
This design encourages and guarantees the comprehensive<br />
implementation of the ASBE program. It strengthens the<br />
recognition of the program within and outside the university,<br />
reflects the importance and value the Faculty gives to the<br />
program and does also serve as a crucial incentive and motivation<br />
for the participants.<br />
4.4 Developing intercultural competence in the ASBE<br />
program: An innovative pedagogical approach<br />
The promotion of intercultural competence is a challenging<br />
aim that calls for innovative approaches of teaching and<br />
learning. Therefore, an innovative, learner-centered pedagog-<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 22
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
ical design that combines individual and co-operative learning<br />
and applies experiential and reflective learning methods as<br />
well as the critical incidents technique has been developed<br />
and implemented in the ASBE program. These methods have<br />
been chosen based on an intensive engagement with relevant<br />
literature, among them for example Graf (2004), whose research<br />
findings suggest that an experiential orientation supports<br />
the development of intercultural competence. The critical<br />
incidents technique has been widely used to analyse and<br />
explain intercultural interactions and frequently serves as an<br />
important foundation of compiling intercultural training material<br />
(e.g. Hiller 2009).<br />
The pedagogical design of the particular parts of the ASBE<br />
program that are described in the following is based on three<br />
main concepts: the experiential learning circle (Kolb 1984),<br />
reflective and experiential learning (Moon 1999, 2004) and<br />
the critical incident technique (Flanagan 1954). The following<br />
parts provide first a short, general description of these concepts<br />
and then explain how they have been adapted and<br />
combined for the purpose of the ASBE program. The main<br />
features of this design are illustrated in figure 4, which shows<br />
how experiential and reflective learning and the critical incidents<br />
technique are integrated in the ASBE program and how<br />
they are combined. This design spans over all three phases of<br />
the ASBE program and is an important part of the entire program,<br />
which does also consist of other elements that foster<br />
the development of intercultural competence (e.g. the media<br />
and literature forum, see above).<br />
Exh. 4: Sequencing of educational techniques in the ASBE program.<br />
Source: Compiled by the authors.<br />
23 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
4.4.1. Experiential and reflective learning<br />
In comparison with formal learning, the basic characteristics<br />
of experiential learning are: 1) it is considered mostly unstructured;<br />
2) the learning process starts directly with encounters,<br />
interactions and communications (not principles and concepts);<br />
3) it is more personal and individualised; 4) it may be<br />
acquired unconsciously and is usually more permanent (Moon<br />
2004:109). Studying abroad itself can be conceived as a valuable<br />
form of experiential learning (Hopkins 1999). However,<br />
experiential and reflective learning outcomes do not occur<br />
automatically, because having an experience does not equally<br />
mean learning from experience (Moon 2004:105) [16]. Alt-<br />
hough most of the study abroad programs are somehow<br />
based on the concept of experiential learning, students are<br />
often merely thrown into their target country and culture,<br />
without being provided with any adequate accompanying<br />
pedagogical measures that could help them to turn their experience<br />
more systematically into competence.<br />
Following the circle of experiential learning (Kolb 1984, Kolb /<br />
Lewis 1986) and a later version based on the interpretation<br />
and modification by Moon (1999, 2004), a number of phases<br />
that characterise an effective experiential and reflective learning<br />
process can be identified:<br />
• the having of the experience;<br />
• recognition of a need to resolve something;<br />
• clarification of the issue;<br />
• reviewing and recollecting (reflecting);<br />
• reviewing (reflecting) feelings / the emotional state;<br />
• processing of knowledge and ideas;<br />
• eventual resolution, possible transformation and action;<br />
• possible action (Moon 2004:115).<br />
The pedagogical design of the ASBE program builds on these<br />
phases and incorporates them. As described later in some<br />
more detail, the students’ individual experience, gathered in<br />
the form of reflective diaries, as well as concept papers and<br />
reflection reports, are systematically used for the development<br />
of intercultural competence. Students are guided to<br />
document their personal experience in individual reflective<br />
diaries during their stays abroad. After return, they share their<br />
experience and discuss their intercultural interactions, mostly<br />
in the form of critical incidents. Further explanations on the<br />
use of the reflective diaries and the critical incidents are given<br />
below (in 4.4.2 and 4.4.3).<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 24
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
4.4.2. Critical incidents technique<br />
The concept of „critical incidents” was introduced and firstly<br />
applied in the field of cross-cultural psychology by the three<br />
American scholars Fred Fiedler, Terence Mitchell and Harry<br />
Triandis (1971, in Layes 2007:384). They conceived critical<br />
incidents as critical situations which are „conflictful, puzzling”<br />
(for Americans), and which are likely to be „misinterpreted”<br />
but „can be interpreted in a fairly unequivocal manner,<br />
given sufficient knowledge about the culture” (Fiedler et<br />
al. 1971:97 in Layes 2007:384). Later, their concept of critical<br />
incidents has been used as the basis for the so-called „culture<br />
assimilator” approach in intercultural training programs. It<br />
employs the critical incident approach and provides participants<br />
with various cross-cultural interactions and potential<br />
misunderstandings between individuals from different cultures.<br />
The participants are asked to choose from a range of<br />
alternative explanations for each incident. Each explanation<br />
represents a different attribution concerning the causes of<br />
behaviour. The participants are usually asked to explain the<br />
perceived problem from the perspectives of the counter partners’<br />
cultural view (Cushner / Brislin 1996:22ff.). The most<br />
well-known work in this field is „Intercultural interactions: a<br />
practical guide” by Cushner and Brislin (1994, 2000). In their<br />
work, critical incidents are collected, analysed, re-designed<br />
and explained by experts, and compiled in 18 thematic categories.<br />
In Germany, well-received work was done by Alexander<br />
Thomas, who was the first to introduce the concept of<br />
„kritische Interaktionssituationen” (critical situations of interactions,<br />
critical incidents) into the German context (1993, cf.<br />
Layes 2007:384) [17].<br />
In the framework of the ASBE program, the critical incident<br />
technique has been modified and adapted in order to meet<br />
the specific characteristics and aims of this particular program.<br />
As described below, the concept of critical incidents is<br />
used to investigate where and when misunderstandings, irritations,<br />
avoidance, conflicts or other difficulties occurred in<br />
the students’ daily encounters, and to systematically analyse<br />
and reflect upon them.<br />
4.4.3. The combined approach of the ASBE program<br />
In order to promote the development of intercultural competence<br />
in the ASBE program, the critical incidents technique<br />
and the ideas of experiential and reflective learning have<br />
been adapted and combined (see also fig. 4). They are integrated<br />
in the overall ASBE framework.<br />
As an important element of the workshop intercultural communication<br />
and competence in the first phase of the ASBE<br />
25 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
program, the students review selected extracts of reflective<br />
diaries from previous ASBE participants and distract „typical<br />
or problematic intercultural interactions” [18]. They discuss<br />
these realistic examples in groups, analyse the interactions<br />
with basic and extended theories on culture and communica-<br />
tion, and then re-design as well as re-write<br />
the encounters in<br />
the form of critical incidents. The students are guided and<br />
supported to critically analyse, understand and articulate the<br />
processes and problems in intercultural encounters, and to<br />
apply and reflect on previously acquired information regarding<br />
the target culture. In this process, they learn to discover<br />
social, cultural and personal differences and to explore patterns<br />
of culturally different behaviour [19].<br />
Later on, the students perform the critical incidents in the<br />
form of simulation exercises or role-plays in the plenary. The<br />
situations, i.e. the (re-)actions, emotions etc., are analysed<br />
and discussed together in depth. Personal attributes, social<br />
and cultural factors, as well as situational and procedural factors,<br />
are taken into consideration. Finally, the students are<br />
encouraged and supported to take the initiative and to develop<br />
strategies for finding their own solutions to the challenges<br />
posed by the intercultural encounters (Berry<br />
1999:312).<br />
Based on a reflection of the previous activities in the workshop,<br />
the students work again together in their initial, small<br />
groups on their critical incidents. In an encompassing concept<br />
paper, they refine the typical situations and problems, document<br />
and explain them based on culture and communication<br />
theories and develop suitable strategies to deal with the respective<br />
situations and problems. The objective of this cooperative<br />
work is to support students to learn how to understand<br />
and analyse typical intercultural situations critically<br />
based on culture and communication theories, to develop<br />
solutions and to generalise from critical incidents.<br />
Based on the experience in the ASBE program over the recent<br />
years, it could be observed that students are confronted with<br />
similar intercultural encounters or problems when they live<br />
and study in their respective host Asian country. Group work<br />
with Asian students is for example perceived as a very typical,<br />
often critical, situation. The concept papers might therefore<br />
also be used to provide future ASBE students with specific<br />
authentic examples of what to expect in their study abroad<br />
term and show possible solution strategies.<br />
In the second phase of the ASBE program, i.e. during their<br />
stay abroad in Asia, the students write their own personal<br />
reflective diaries. These diaries serve as an important instrument<br />
to help them to reflect upon and to document their<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 26
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
learning and development processes. During their stay<br />
abroad, the students do also produce a group podcast „culture<br />
photography”. With the help of „culture photography”,<br />
students explore their intercultural experience in their study<br />
abroad period in depth and summarise, document and share<br />
their intercultural learning – in addition to their reflective diary<br />
– in an organised and systematic manner. Students are<br />
guided to take careful observations in their cross-cultural immersions<br />
and document their findings in photos and video<br />
pieces. Afterwards, they ought to turn their individual personal<br />
impressions into a collaborative group contribution, i.e.<br />
they produce an e-portfolio of their cultural experience.<br />
Based on the instructions of the Pop Culturosity Photography<br />
Guide [20], students do not only take records of a variety of<br />
objects in the target culture, ranging from buildings, food<br />
and clothing to citizens’ appearance in special events, but<br />
they also track their discovering journey of the target culture<br />
by gathering a full range of audio and visual data.<br />
In the third phase of the ASBE program, the individual reflective<br />
diaries as well as the group podcasts „culture photography”<br />
serve as a basis for further guided reflection.<br />
To sum up, with these assignments (the workshop concept<br />
and reflection papers, the group podcast „culture photography”<br />
and the personal reflective diaries), and with the respective<br />
accompanying measures, the students process and<br />
reflect their study abroad experiences – especially their intercultural<br />
encounters and their own intercultural competence<br />
development – in a continuous and systematic manner.<br />
Through this approach, the participants’ development of intercultural<br />
competence is fostered [21].<br />
4.5 The integrated framework of developing intercultural<br />
competence in the ASBE program<br />
By adopting and implementing the above-mentioned theoretical<br />
concepts and training techniques in the context of an entire<br />
teaching and learning process before, during and after<br />
the study abroad period, and by complementing them with<br />
other elements such as the literature and media forum or the<br />
guest seminars, the ASBE program provides an integrated<br />
framework for the students’ development of intercultural<br />
competence. With the learner-centred, experience-, situation-<br />
and reflection-oriented courses and assignments, the participants<br />
are offered a learning environment that helps them to<br />
process not only theories, but also their own experience. In<br />
the meantime, by bringing this pedagogical design into practice<br />
in the ASBE program, the conceptualisations and training<br />
techniques can be tested, expanded and further improved.<br />
27 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
5. Summary and prospects<br />
Study abroad programs at higher education level have increasingly<br />
been fostered over the last couple of years. A main<br />
reason for their rise is the growing awareness that higher education<br />
needs to prepare students for their live in a globalised<br />
world. Within this context, the development of students’ intercultural<br />
competence plays an important role and is often<br />
taken for granted with the mere implementation of study<br />
abroad programs. Research on intercultural competence development<br />
shows, however, that it is not as simple as that.<br />
Intercultural competence is considered to be best developed<br />
through organised training and counselling approaches on a<br />
holistic basis (Thomas 2003a:49f.). Most study abroad programs<br />
merely send students for a term abroad to partner universities,<br />
but do not provide comprehensive accompanying<br />
measures before, during and after the stay, and do not foster<br />
the development of intercultural competence systematically.<br />
Higher education institutions miss the opportunity to use the<br />
study abroad programs for the development of their students’<br />
intercultural competence. One of the reasons for this is<br />
the lack of adequate systematic and holistic pedagogical designs<br />
at higher education level.<br />
In this article, a best practice example of such a design – the<br />
ASBE program at the University of Paderborn – has been introduced<br />
and discussed. The ASBE program fosters the development<br />
of intercultural competence through a comprehensive,<br />
innovative pedagogical design, comprising of a preparation<br />
phase, the study abroad period and a follow-up phase.<br />
Based on a re-conceptualisation of the learning objective intercultural<br />
competence, the unique features of the ASBE program<br />
have been illustrated. A particular focus has been set on<br />
a specific part of the program that builds on an adoption and<br />
integration of experiential and reflective learning and the critical<br />
incidents technique.<br />
Due to its innovative design, the ASBE program has proven to<br />
be a sought-after and highly esteemed program. In order to<br />
maintain its high standards in the future, the program is subject<br />
to continuous evaluation and further improvement. <strong>Current</strong>ly,<br />
a multi-methodological evaluation design is being implemented<br />
with the objective of gathering more empirical<br />
evidence. Based on this work, we aim to further contribute to<br />
the development of approaches that foster the acquisition of<br />
intercultural competence at higher education level.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 28
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31 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
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© Interculture Journal 2011 | 15 32
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33 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
[1] The Sorbonne Declaration of 1998 and the Bologna Declaration<br />
of 1999 have initiated the introduction of Bachelor’s /<br />
Master’s degrees and the introduction of a joint European<br />
credit transfer system (European Credit Transfer System, for<br />
short ECTS) in the higher education systems of EU Member<br />
States. This has to a large extent advocated the recognition of<br />
academic achievements gained while studying abroad and<br />
has thus promoted individual interest and freedom in participating<br />
in mobility programs (Altbach / Teichler 2001:13).<br />
[2] There is no clear definition of the expressions short-term<br />
and long-term stay abroad. According to the German Academic<br />
Exchange Service (DAAD), short-term usually refers to<br />
a duration of one week up to 3-4 months or one university<br />
term; long-term refers to a period of more than 6 months.<br />
[3] Intercultural sensitivity is usually measured by using the IDI<br />
(Intercultural Development Inventory) development score<br />
(Bennet / Bennet 2004). Intercultural adaptability is measured<br />
by the Cross-cultural Adaptability Inventory (Williams 2005).<br />
[4] The term intercultural competence is often used interchangeably<br />
with other terms such as intercultural communication<br />
competence or cross-cultural competence. Discussions<br />
of these concepts, as well as an extended array of labels, e.g.<br />
intercultural effectiveness, intercultural success, cross-cultural<br />
adjustment, cross-cultural adaptation, and so on can be<br />
found in Koester / Wiseman / Sanders (1994:5).<br />
[5] There are, however, developments to reach certain agreements.<br />
Deardorff presents for example a definition upon<br />
which leading US intercultural experts have reached consensus<br />
(Deardorff 2006, cit. in Bertelsmann Stiftung / Fondazione<br />
Cariplo 2008:3).<br />
[6] Many authors refer these aspects to three areas: motivation<br />
(affective aspect), knowledge (cognitive aspect) and skills (behavioural<br />
aspect) (Spitzberg / Cupach 1984:109ff., Gudykunst<br />
et al. 1991:276, Lustig / Koester 2006:69). Motivation relates<br />
to the affective or psychological status when encountering<br />
with someone from a different cultural background.<br />
Knowledge refers to the knowledge about cultural differences,<br />
for instance in the form of culture dimensions (Hofstede<br />
1980, Hall 1981, Trompenaars 1993) or culture standards<br />
(Thomas 1991). It determines for example whether you<br />
can accurately understand and interpret the meanings of<br />
messages in different cultural contexts or not. Skills are the<br />
abilities to actually perform the appropriate and effective behaviours<br />
in certain situations (Spitzberg / Cupach 1989:7).<br />
The knowledge, skills and attitudes that are necessary for<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 34
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
successful intercultural encounters should be observed, discussed<br />
and practised (Lázár 2003).<br />
[7] English translation is adopted from the translated version in<br />
Weber 2005:49f. For a brief discussion and comparison of<br />
action competence and Weinert’s definition of competence<br />
see Sloane / Twardy / Buschfeld (2004:91ff.).<br />
[8] The figure is adopted from: Dilger (2009). Möglichkeiten<br />
der Diagnose im Unterricht – Alternative Verfahren zur<br />
Erfassung v. Kompetenzen. Arbeitstreffen der Graduiertenkollegs<br />
individuelle Förderung. Paderborn, 13.11.2009.<br />
[9] Detailed information about the ASBE program is available<br />
on: http://pbfb5www.uni-paderborn.de/www/fb5/WiWi-<br />
Web.nsf/id/ASBE_main.<br />
[10] For further information on the ISAP program see<br />
http://www.daad.de/hochschulen/kooperation/partnerschaft/i<br />
sap/05469.de.html. The continuous financial support from<br />
the DAAD – who is well-known for its high standards – is a<br />
proof for the very high quality of the ASBE program.<br />
[11] Key actors in this process were not only the present authors,<br />
but also Dr. Frederik G. Pferdt (previously University of<br />
Paderborn). The ASBE program has also been presented to<br />
and discussed with experts in this field, for example at the<br />
Asia-Europe Conference on Cultural Change and Economic<br />
Development, Beijing Institute of Technology, China (Dehmel<br />
/ Pferdt 2006). Such occasions provided not only valuable<br />
feedback, but did also confirm the high relevance of such a<br />
program.<br />
[12] The Faculty offers a Master of Arts in International Business<br />
Studies and Master of Sciences in Business Administration,<br />
in Business Information Systems, in Vocational Education<br />
and Business Studies and in International Economics.<br />
[13] In the ASBE program, the courses and accompanying<br />
measures that are provided for the German students differ to<br />
certain extents from the ones that are provided for the Asian<br />
exchange students. Due to the scope of this article, it will only<br />
deal with the provisions for the German students.<br />
[14] See: http://groups.uni-paderborn.de/wipaed/ASBE/. An<br />
example of a podcast is Sofilkanitsch, Koormann & Schulz<br />
(2010): The Korean conflict. Online: http://groups.unipaderborn.de/wipaed/ASBE/2010/07/07/podcast-the-koreanconflict/<br />
.<br />
[15] Project work has, for example, be conducted on: „The<br />
Banking System of China in Times of Economic Crisis”<br />
(Brauner 2010) or „Observations about the Yen carry trade<br />
35 © Interculture Journal 2011 | 15
Dehmel / Li / Sloane: Intercultural competence development in higher education study abroad<br />
programs: A good practice example<br />
phenomenon and its effects on the stability of global financial<br />
markets” (Bracke 2008).<br />
[16] A detailed comparison and discussion of „experiential<br />
learning” and „learning from experience” can be found in<br />
Moon (1999:104ff.).<br />
[17] Thomas and his colleagues use problematic experience<br />
and intercultural interactions of business persons, visiting<br />
scholars and students in foreign cultures; they analyse and<br />
document them systematically and use them as a basis for<br />
training (Thomas 1993, 1996; Thomas / Schenk 1996).<br />
[18] Typical and problematic situations have a double meaning<br />
in the didactic context and in the application of the critical<br />
incidents technique. Sloane / Twardy / Buschfeld argue similarly<br />
regarding typical (professional) situations; for further information<br />
see Sloane / Twardy / Buschfeld (2004:116).<br />
[19] In this context, it can be referred to Lucas, who emphasises:<br />
„The model (of experiential learning) is especially useful in<br />
the study abroad context because experience in the host culture<br />
becomes a heuristic for discovering differences and exploring<br />
patterns of culturally different behaviour” (Lucas<br />
2003:305).<br />
[20]<br />
Online available from: http://www.culturosity.com/pdfs/<br />
Photography%20Guide.pdf.<br />
[21] In this context, it can again be referred to Moon who emphasises:<br />
„[…] experience must be processed in order that<br />
knowledge can result from it.” (2004:113).<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 36
Gibt<br />
Please es<br />
insert Lernstile,<br />
the the die<br />
title title of of<br />
kulturspezifisch<br />
your article here sind?<br />
Eine interkulturelle Annährung<br />
an das Lernstilkonzept<br />
anhand einer<br />
vergleichenden Untersu-<br />
First First name Surname<br />
chung am Beispiel deut-<br />
Please scher Please insert insert und information information chinesischer about about<br />
the the author author here here (e.g. (e.g. title, title, posiposi- Studenten<br />
tion,tion, institution) institution)<br />
[Are there culture-specific<br />
learning styles? An intercultural<br />
approach to the learning<br />
style concept based on<br />
a comparative study of<br />
German and Chinese students]<br />
Xun Luo, M.A.<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
Universität Jena, FG Interkulturelle<br />
Wirtschaftskommunikation<br />
Sebastian Kück<br />
Universität Jena, FG Interkulturelle<br />
Wirtschaftskommunikation<br />
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Abstract [English]<br />
Due to the focus on the individual differences of the learning<br />
behavior, the concept of learning styles has not only been<br />
used within conventional educational fields. It has also been<br />
applied in the intercultural learning settings. However, most<br />
of the established approaches, which are shaped by their psychological<br />
views, are developed in a culture-free paradigm.<br />
That is the reason why cultural specificity is insufficiently considered<br />
as an influencing factor concerning the learning behavior.<br />
Therefore, the implementation of classical approaches<br />
of learning styles within the intercultural context is stretched<br />
to its limits. Thus, this study aims to address the question to<br />
what extent learning styles could be conceptualized based on<br />
the cultural specificity. By examining a German and Chinese<br />
study group, it is discussed in what way their learning behavior<br />
differs from each other and if it can be conceptualized in a<br />
culture-specific way.<br />
Keywords: learning styles, cultural specificity, German and<br />
Chinese students<br />
Abstract [Deutsch]<br />
Wegen seiner Beschäftigung mit den individuellen Unterschieden<br />
des Lernverhaltens findet das Lernstilkonzept in der<br />
vergangenen Zeit nicht nur in den herkömmlichen pädagogischen<br />
Bereichen, sondern zunehmend auch im interkulturellen<br />
Lehr-Lern-Kontext Anwendungen. Allerdings sind die<br />
meisten etablierten Ansätze, wohl geprägt durch ihre psychologische<br />
Herkunft, in einem kulturfreien Paradigma entwickelt<br />
worden, in dem Kulturspezifik als Einflussfaktor des Lernverhaltens<br />
selten in Frage kommt. Damit ist die Anwendung<br />
klassischer Lernstilansätze im interkulturellen Kontext an ihre<br />
Grenze gestoßen. In Anknüpfung an diese Diskussion geht<br />
die vorliegende Arbeit der Frage nach, inwiefern Lernstile<br />
aufgrund der Kulturspezifik zu beschreiben sind. Am Beispiel<br />
einer deutschen und einer chinesischen Studentengruppe<br />
wird in dieser Arbeit diskutiert, inwiefern sich ihr Lernverhalten<br />
voneinander unterscheidet und inwiefern ihr Lernverhalten<br />
jeweils kulturspezifisch zu charakterisieren ist.<br />
Stichworte: Lernstile, Kulturspezifik, deutsch-chinesische Studenten<br />
1. Einleitung<br />
Als eines der wichtigsten Konstrukte, die Unterschiede individuellen<br />
Lernverhaltens beschreiben, ist Lernstil, sowohl in der<br />
37 © Interculture Journal 2011 | 15
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
theoretischen Diskussion als auch in der praktischen Anwendung,<br />
in den letzten vier Jahrzehnten vielfältigen Entwicklungen<br />
ausgesetzt gewesen, so dass ein breites Spektrum an Ansätzen,<br />
Modellen und Instrumenten vorliegt, die keineswegs<br />
ein einheitliches Bild vermitteln können (Sternberg / Grigorenko<br />
2001, Coffield et al. 2004). Trotzdem beschränken sich<br />
die Diskussionen, wohl geprägt von den angelsächsischen<br />
Forschungstraditionen – unter anderem in der kognitiven Psychologie<br />
– häufig auf die Suche nach universalen und kulturunabhängigen<br />
Aspekten der Kognition (Bender / Beller<br />
2011:1).<br />
Durch diese Prägung werden Lernstile häufig anhand der<br />
kognitiven Fähigkeiten (Messick 1984, Riding 2001), Persönlichkeitsmerkmale<br />
(Myers / McCaully 1998) der Individuen<br />
bzw. ihrer Zuneigung zu bestimmten Lernstrategien (Marton /<br />
Säljö 1976, Pask 1976, Entwistle / McCune 2004) erfasst. Ziel<br />
dabei ist, die individuellen Unterschiede des Lernverhaltens<br />
nicht als die der persönlichen Kompetenzen, sondern als die<br />
der Art und Weise, welche Individuen bei Lernprozessen aufweisen,<br />
anzuerkennen und durch didaktische Anpassung an<br />
die Lernstile den individuellen Lernerfolg zu fördern (Coffield<br />
et al. 2004).<br />
Mit der zunehmenden Internationalisierung des Lernkontextes,<br />
insbesondere der Bildungsinstitutionen, in denen zunehmend<br />
interkulturelle Begegnungen stattfinden, sind Diskussionen<br />
über die kulturelle Prägung von Lernstilen in den vergangenen<br />
Jahren ins Blickfeld gerückt (Watkins / Biggs 1996,<br />
Barmeyer 2000, Naraghi Zadeh 2004, Joy / Kolb 2009). Das<br />
zentrale Interesse besteht darin, zu ermitteln, inwiefern Kultur<br />
bzw. kulturelle Hintergründe Einfluss auf die Lernstile einzelner<br />
Lerner nehmen. Dies regt weitergehend zum Nachdenken<br />
an, ob es Lernstile gibt, die – statt individueller Lernunterschiede<br />
– kulturspezifische Unterschiede des Lernverhaltens<br />
von Gruppen mit demselben kulturellen Hintergrund beschreiben.<br />
Trotz der Grundüberlegung bei einigen Lernstilkonzepten,<br />
dass die vorangehenden Lernerfahrungen (Biggs 1985, 2001,<br />
Kolb 1984), der Lernkontext (Dunn 1990, 2003) bzw. die didaktische<br />
Sozialisation (Haller 1997) den Lernstilen von Individuen<br />
zugrunde liegen, liegt bisher noch wenige Literatur vor,<br />
die Lernstile eher aufgrund ihrer Kulturspezifik – wie es hier<br />
angestrebt wird – beschreibt und unterscheidet, auch wenn<br />
man sich gern davon überzeugen ließe. In diesem Zusammenhang<br />
versteht sich die vorliegende Arbeit als einen solchen<br />
Versuch, der durch einen Vergleich des Lernverhaltens<br />
bzw. -verständnisses zwischen einer deutschen und einer chinesischen<br />
Studentengruppe ihre Lernstile empirisch erschließen<br />
möchte. Dies ist verbunden mit folgenden zentralen Fra-<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 38
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
gen wie auch mit gewissem explorativen und experimentellen<br />
Charakter:<br />
1. Wie fassen deutsche und chinesische Studenten das<br />
Lernen auf?<br />
2. Wie sieht das Lernverhalten deutscher und chinesischer<br />
Studenten jeweils aus?<br />
3. Inwiefern unterscheidet sich ihr Lernverhalten?<br />
4. Inwiefern ist ihr Lernverhalten jeweils kulturspezifisch<br />
zu charakterisieren?<br />
Diesem Erkenntnisinteresse zufolge wurde im Rahmen des<br />
Seminars zum Thema „Lernstile im interkulturellen Lernen am<br />
Beispiel Deutschland und China“ am Fachgebiet Interkulturelle<br />
Wirtschaftskommunikation der Universität Jena ein Projekt<br />
ins Leben gerufen. Um dieser interkulturellen Fragestellung<br />
gerecht zu werden, setzt sich die Projektgruppe 1 entsprechend<br />
aus deutschen und chinesischen Studenten zusammen,<br />
in denen sowohl Perspektive des Forschers als auch der Erforschten<br />
integriert sind.<br />
2. Methodisches Vorgehen<br />
Da einerseits Lernen als Metakompetenz verstanden werden<br />
kann, deren Erkenntnis ein höheres Maß an Reflexivität der<br />
Handlungssubjekte voraussetzt, andererseits diese explorative<br />
Studie auf die Erschließung möglichst breitgestreuter und relevanter<br />
Information über das Lernverhalten deutscher und<br />
chinesischer Studenten ausgerichtet ist, wendet sich diese<br />
Arbeit den qualitativen Forschungsmethoden zu, die sich<br />
prinzipiell durch ihre Offenheit, Reflexivität und kommunikativen<br />
Charakter auszeichnen (Lamnek 2010:10).<br />
Über die Beschreibung des Lernverhaltens hinaus spielt die<br />
gegenseitige Wahrnehmung des Lernverhaltens beider Gruppen<br />
für unseren Forschungszweck auch eine wichtige Rolle,<br />
vor allem hinsichtlich dessen, wie sie in unterschiedlichen<br />
Kontexten miteinander kommunizieren oder interkulturelle<br />
Zusammenarbeit gestalten, da ihre Lernstile häufig nicht von<br />
sich selbst, sondern von dem Gegenüber konstruiert werden.<br />
Um das kollektive Bild zu erfassen, stützt sich die Erhebungsmethode<br />
dieser Studie demnach auf das episodische Interview<br />
(Flick 1995, Lamnek 2010:331), dem ein Leitfaden zugrunde<br />
liegen soll. Nach Flick verbindet das episodische Interview<br />
die Vorteile des narrativen mit denen der leitfadenorientierten<br />
Interviews, indem nicht nur das narrativ-episodische<br />
Wissen vermittelt, sondern auch reflexives Wissen erfasst wird<br />
(Lamnek 2010:331). Erreicht wird damit die Chance des Vergleichs,<br />
denn bei den Fragestellungen, in denen diese Inter-<br />
39 © Interculture Journal 2011 | 15
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
viewform vornehmlich verwendet wird, geht es um gruppenspezifische<br />
Unterschiedlichkeiten in Bezug auf Erfahrungswissen<br />
(Flick 1995, Lamnek 2010:332). Um die Darstellung des<br />
Erfahrungswissens zu erleichtern, werden die Interviews je<br />
nach der Zielgruppe nur in der Muttersprache durchgeführt.<br />
Auf dieser Basis erfolgt weitergehend die Auswertung des<br />
Materials aufgrund einer Kombination von der qualitativen<br />
Inhaltsanalyse (Mayring 2010) und dem thematischen Kodieren<br />
(Flick 2010). Dieses Verfahren wird von einer Peergruppe<br />
von Muttersprachlern jeweils in Deutsch und Chinesisch<br />
durchgeführt und zugunsten des Gruppenvergleichs schließlich<br />
in Deutsch präsentiert.<br />
2.1 Zielgruppenbestimmung<br />
Nach einer Voruntersuchung, die zur Verbesserung des Interviewleitfadens<br />
durchgeführt wurde, wurden jeweils 15 deutsche<br />
und chinesische Studenten an der Universität Jena in der<br />
Hauptuntersuchung interviewt. Die Auswahl der Probanden<br />
erfolgte unter Berücksichtigung von Aspekten wie Geschlecht,<br />
Alter, Studienfach und Abschluss, die – wie es in<br />
vielen Studien der Lernstilforschung der Fall war – als demographische<br />
Variablen häufig Lernverhalten wie auch Lernverständnis<br />
beeinflussen. Darüber hinaus wurden Auswahlkriterien<br />
wie Herkunft und Auslandserfahrung (über 3 Monate)<br />
einbezogen, um einerseits die maximale Variation als Repräsentativitätsprinzip<br />
zu ermöglichen und andererseits eventuell<br />
Befunde für eine mögliche Änderung des Lernverhaltens über<br />
Kulturen – insbesondere in der chinesischen Gruppe – zu erkunden.<br />
Allen diesen Kriterien zufolge setzt sich die Zielgruppe<br />
wie folgt zusammen:<br />
Abb. 1: Übersicht deutscher Probanden. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 40
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Abb. 2: Übersicht chinesischer Probanden. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Anzumerken ist, dass der Anteil der weiblichen Probanden (7<br />
von 15) in der deutschen Gruppe bei ca. 46,7% liegt, ein<br />
wenig höher als der in der chinesischen Gruppe (40%). Hinsichtlich<br />
des Alters sind die chinesischen Befragten im Durchschnitt<br />
1,5 Jahre älter (24,3 zu 22,8). Dies ist darauf zurückzuführen,<br />
dass sie mindestens 1-2 Jahre in Deutschland,<br />
wenn nicht schon vorher im Heimatland Deutsch gelernt und<br />
studiert haben, noch Sprachkurse besuchen müssen, um<br />
überhaupt in Deutschland studieren zu dürfen. Nicht zuletzt<br />
spiegelt das Studienfach beider Gruppen ein breites Spektrum<br />
wider, auch wenn naturwissenschaftliche Fächer in der deutschen<br />
Gruppe weniger vertreten sind. Beide Gruppen zeichnen<br />
sich durch eine Vielfalt an Abschlüssen und Herkunft aus.<br />
Trotz der unterschiedlichen Auslandserfahrung bei den deutschen<br />
Probanden, die ihr Lernverhalten nicht unbedingt spürbar<br />
geprägt hat, sollten die längeren Aufenthalte chinesischer<br />
Studenten in Deutschland doch schon diese Ausprägung<br />
nachweisen können (vgl. Abb. 12, Abb. 15).<br />
2.2 Datenerhebung<br />
In Anlehnung an das episodische Interview wird ein Interviewleitfaden<br />
für die Datenerhebung entwickelt, der sich auf folgende<br />
sechs Themenbereiche konzentriert: Lernverständnis,<br />
Lernmotivation, Lernumfeld, Lerngewohnheiten, Lerninhalt<br />
sowie gegenseitige Wahrnehmung von Lernverhalten zwischen<br />
deutschen und chinesischen Studenten. Diese Themenbereiche<br />
stellen den Bezugsrahmen für den untersuchten<br />
Gegenstand dar, anhand dessen das Lernverhalten beider<br />
Gruppen verglichen wird. Zwar steht das Lernverhalten im<br />
Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses, soll die Ermittlung des<br />
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Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Lernverständnisses dazu beitragen, das Lernverhalten der<br />
Studenten besser zu verstehen bzw. adäquater zu interpretieren.<br />
Die Befragung der gegenseitigen Wahrnehmung von<br />
Lernverhalten geht von einer interkulturellen Perspektive aus,<br />
mit dem Ziel, das Lernverhalten nicht nur aus Eigenperspektive<br />
sondern auch aus Fremdperspektive – also hier im deutschchinesischen<br />
Kontext – zu manifestieren. Dafür soll die interkulturelle<br />
Annäherung an das Lernstilkonzept für interkulturelle<br />
<strong>Kommunikation</strong> von besonderer Bedeutung sein. Um die<br />
Kulturspezifik des Lernverhaltens besser zu erfassen, wurde<br />
die Befragung von beiden Gruppen in ihrer Muttersprache –<br />
also jeweils in Deutsch oder Chinesisch – durchgeführt. Allerdings<br />
wurde der Leitfaden nicht von einer Sprache in die andere<br />
Sprache eins zu eins übersetzt, sondern in Gruppendiskussionen<br />
von deutschen und chinesischen Mitgliedern der<br />
Forschungsgruppe ausgearbeitet, damit das Forschungsziel in<br />
beiden Versionen miteinander übereinstimmt.<br />
Abb. 3: Interviewleitfaden (Deutsch). Quelle: Eigene Darstellung.<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Abb. 4: Interviewleitfaden (Chinesisch). Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Diese sechs Themenbereiche umfassen sechs damit zusammenhängende<br />
Fragenkomplexe, die durch Zwischenfragen<br />
und situationsgemäß auch Nachfragen ergänzt werden. Es<br />
wurden nicht nur zielgerichtete Fragen nach dem Lernverhalten<br />
gestellt, sondern auch Erzählungsspielräume – hinsichtlich<br />
des Beschreibens und Begründens – eingeräumt, um triangulative<br />
Erkenntnisse aus Narration und Befragung zu gewinnen<br />
(Lamnek 2010:332). Die Reihenfolge der Fragen und ihre<br />
Formulierungen sind auch einem Pre-Test unterzogen, um<br />
diese einerseits möglichst offen zu halten und andererseits<br />
unvoreingenommene und wahrheitsgemäße Antworten zu<br />
ermöglichen. Anzumerken ist, dass sich die Dimension der<br />
Lerngewohnheiten wegen ihres breiten Inhaltsspektrums<br />
noch in weiteren Nachfragen unterteilt hat, die sich auf<br />
Lernmethoden, Dozenten-Studenten-Beziehungen, Problemlösen<br />
beim Lernen, selbstständiges Lernen, Lernen in Gruppen<br />
bzw. Änderung des Lernverhaltens beziehen. Alle 30 Interviews,<br />
die von 10 bis 40 Minuten dauerten, wurden mit<br />
Diktiergeräten aufgezeichnet und in Interviewprotokolle<br />
transkribiert.<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
2.3 Datenauswertung<br />
Die Auswertung orientiert sich nach der Beschreibung des<br />
routinierten Lernverhaltens, der Erfassung vom Lernverständnis<br />
bzw. von der gegenseitigen Wahrnehmung des Lernverhaltens.<br />
Die ausgewählte Auswertungsstrategie stützt sich<br />
auf einer Kombination von der (qualitativ) zusammenfassenden<br />
Inhaltsanalyse (Mayring 2010:67) und dem thematischen<br />
Kodieren (Flick 2010) zugunsten der realitätsnahen Gegenstandsrekonstruktion<br />
wie auch deren Gruppenvergleichs.<br />
In der ersten Phase wurden in einer 2er-Gruppe durch Paraphrasierung<br />
der inhaltstragenden Textstellen – jeweils in<br />
Deutsch und Chinesisch – in einzelnen Interviewprotokollen<br />
Kategorien gebildet, die eher auf einem niedrigen Abstraktionsniveau<br />
stehen mit besonderer Berücksichtigung auf die<br />
Aussagenvielfalt. Anschließend erfolgte eine Reduktion der<br />
Information durch Selektion, Bündelung, Konstruktion und<br />
Integration von Paraphrasen, wo Kategorien aufsteigend abstrahiert<br />
bzw. in Rückkopplungsschleifen überarbeitet und flexibel<br />
an das Material angepasst wurden (Mayring 2010:69).<br />
Als letztes wurden alle Kategorien je nach Ausgangssprache<br />
in einer Übersichtstabelle zusammengestellt und am Ausgangsmaterial<br />
rücküberprüft. Aus der Tatsache, dass die in<br />
beiden Sprachen erstellten Kategoriensysteme – abgesehen<br />
von den Übersetzungsschwierigkeiten – nicht zwangsläufig<br />
vergleichbar sind, resultiert das thematische Kodieren als<br />
zweite Auswertungstechnik, die Flick aufgrund des Verfahrens<br />
von Strauß für vergleichende Studien entwickelt hat, mit<br />
der Begründung: „[...] to develop a theory of such group´s<br />
specific ways of seeing and experiencing, it is necessary to<br />
modify some details of Strauss´s procedure in order to increase<br />
the comparability of the empirical material“ (Flick<br />
2010:318).<br />
Das erhobene Material wurde aufgrund der einzelnen Interviewfragen<br />
bzw. damit zusammenhängenden Themenbereiche<br />
ausgewertet. Trotz ihrer Vorbestimmtheit soll das Verfahren<br />
dem Prinzip der induktiven Kategorienbildung bzw. der<br />
Offenheit nicht widersprechen, da diese Themenbereiche wie<br />
auch die Interviewfragen hinreichenden Spielraum eingeräumt<br />
haben, um die Einstellungen und Handlungen der Befragten<br />
zu rekonstruieren. Gemäß dem thematischen Codieren<br />
wurde innerhalb jedes Themenbereichs quer durch zwei<br />
sprachbedingte Kategoriensysteme die thematische Struktur –<br />
also die Struktur der Kategorien – in einer Peergruppe mit<br />
beiden kulturellen Hintergründen herausgefiltert, indem eine<br />
konsensuelle Lösung für die Konstruktion, Zuordnung und<br />
Übersetzung der Kategorien auf einer vergleichbaren Basis in<br />
ausführlicher Diskussion ausgehandelt wird (Flick et al. 2010,<br />
Mayring 2010). Ziel dabei ist, die Vergleichbarkeit zu schaffen<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
ohne die Kulturspezifik auszublenden. Als Folge, wie es nachstehendend<br />
präsentiert wird, kann die thematische Struktur<br />
der Vergleichsgruppen in einem oder anderen Themenfeld<br />
gegebenenfalls voneinander abweichen.<br />
Im Folgenden werden die Auswertungsergebnisse tabellarisch<br />
und vergleichend dargestellt, die insgesamt sechs Dimensionen<br />
(Lernverständnis, Lernmotivation, Lernumfeld, Lerngewohnheiten,<br />
Lerninhalt, gegenseitige Wahrnehmung von<br />
Lernverhalten) und zehn Interviewfragen umfassen. Dem Verstehen<br />
und Interpretieren zuliebe werden sowohl Kategorien<br />
als auch Indikatoren angegeben, die vor allem auf Kulturspezifik<br />
hinweisen.<br />
In der ersten Dimension handelt es sich um die Ermittlung des<br />
Lernverständnisses durch die Fragen nach der Bedeutung<br />
bzw. den wichtigen Komponenten des Lernens für die einzelnen<br />
Befragten. Auch wenn beide Gruppen dem Lernen große<br />
Bedeutung beigemessen haben, ist allerdings auffällig, dass<br />
deutsche Studenten eher von dem Lernen an sich ausgegangen<br />
sind und es sachlich aufgefasst haben, während sich chinesische<br />
Probanden mehr von den sozialen Funktionen des<br />
Lernens bewusst sind. Für sie bedeutet das Lernen weniger<br />
Wissen, Interesse oder Sozialkompetenz als Gegenstände<br />
desselben, als vielmehr persönliche Entwicklung, berufliche<br />
Qualifikation, Selbstverwirklichung, die als Zweck durch das<br />
Lernen erreicht werden können.<br />
Abb. 5: Dimension 1: Lernverständnis I. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Trotz der Offenheit der Fragen sind hinsichtlich der wichtigen<br />
Komponenten für das Lernen statt Unterschiede eher Gemeinsamkeiten<br />
festzuhalten, die sich unter anderem auf die<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Kategorien wie Lernatmosphäre und -organisation, Motivation,<br />
Art und Weise des Lernens, Lernziel – für die chinesische<br />
Gruppe noch Lerninhalt – beziehen, was in einem sehr ähnlichen<br />
Verhältnis zu den vorbestimmten Themenbereichen<br />
steht. Dies soll darauf hinweisen, dass die theoretische Vorüberlegung<br />
zur Erfassung des Lernverhaltens der Zielgruppe<br />
mit der rekonstruierten Wirklichkeit gut übereinstimmt und<br />
sich dadurch rechtfertigen konnte.<br />
Abb. 6: Dimension 1: Lernverständnis II. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Mit dieser Tabelle soll man einen ersten Überblick gewinnen<br />
können, was themenmäßig zu dem Gegenstand ins Blickfeld<br />
fallen könnte. Bei der chinesischen Gruppe wurde der Daoshi<br />
(Meister/Betreuer/Dozent) – oft zuständig für die Lernorganisation<br />
im chinesischen Lernkontext – besonders hervorgehoben.<br />
Nicht zuletzt sind Lerninhalte wie fachbezogene Theorien<br />
und Methoden sowie ihre Anwendung explizit zur Sprache<br />
gekommen, was für die deutsche Gruppe nicht der Fall<br />
war. Darüber hinaus hat ein chinesischer Student auffallend<br />
den Beitrag zur menschlichen Gesellschaft zu seinem Lernziel<br />
gemacht, was eventuell ideologisch zu interpretieren scheint.<br />
Während Lernmethoden und -techniken bei den deutschen<br />
Befragten als wichtig empfunden wurden, spielte die Lernmoral<br />
wie Fleiß und Engagement bei der chinesischen Gruppe<br />
offenbar eine wichtigere Rolle. Als Antwort auf die erste<br />
Zentralfrage in Bezug auf das Lernverständnis lässt sich festhalten,<br />
dass die chinesischen Studenten wegen der stärkeren<br />
sozialen Orientierung zielbewusster mit dem Lernen umge-<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
hen, auch wenn das mehr Pflicht als Interesse, mehr moralisch<br />
als fachlich bedeuten könnte, während deutsche Studenten<br />
mehr sachlich und individuell das Lernen auffassen.<br />
Abb. 7: Dimension 2: Lernmotivation. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
In der zweiten Dimension hinsichtlich der Lernmotivation sind<br />
Gemeinsamkeiten zwischen deutschen und chinesischen Befragten<br />
genauso evident. Beide Gruppen sehen ihre Lernmotivation<br />
insbesondere in den Bereichen Studienabschluss, berufliche<br />
Qualifikation, persönliche Entwicklung und Selbstverwirklichung.<br />
Trotzdem scheint die chinesische Gruppe vielfältiger<br />
motiviert zu sein, indem „Interesse“ und „Selbstbefriedigung“<br />
weitergehend ergänzt werden. Fraglich ist allerdings<br />
– vor allem gängigen Stereotypen zufolge – ob und inwiefern<br />
chinesische Studenten tatsächlich aus Interesse lernen,<br />
ob das nur den Soll-Stand aber nicht den Ist-Stand zum<br />
Ausdruck gebracht hat. Es besteht jedoch durchaus die Möglichkeit,<br />
dass sie deshalb in Deutschland mehr aus Interesse<br />
lernen – oder zumindest so wahrgenommen – weil deutsche<br />
Hochschulen im Vergleich zu den chinesischen mehr Freiheit<br />
und damit mehr Wahlmöglichkeiten eingeräumt haben. Sollte<br />
dies der Fall sein, wäre es über die Lernmotivation hinaus ein<br />
Befund für die Veränderung des Lernverhaltens über Kulturen<br />
gewesen. Die Kategorie Selbstbefriedigung hingegen demonstriert<br />
eher eine starke soziale und zwischenmenschliche<br />
Orientierung der Lernmotivation chinesischer Probanden – ein<br />
Student lernt zum Beispiel, um das Ansehen der Kommilitonen<br />
und Freunde zu genießen.<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Abb. 8: Dimension 3: Lernumfeld. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Die dritte Dimension hat sich mit dem Lernumfeld der erforschten<br />
Studenten befasst, die anhand ihrer Beschreibung<br />
mit der Lernumgebung hauptsächlich die Lernorte assoziiert<br />
haben. Vertretend dafür sind Bibliothek und Zuhause, während<br />
das Rechenzentrum, die Cafeteria und der Park als Lernort<br />
auch angesprochen werden. Darüber hinaus ist die Auswertung<br />
auch auf die Faktoren der Ortswahl beider Gruppen<br />
eingegangen, wobei es keine wesentlichen Unterschiede zu<br />
verzeichnen sind. Im Vergleich zu den chinesischen Probanden<br />
kam es den deutschen Studenten bei der Ortswahl wichtig<br />
vor, gute Luft zu haben und während der Pausenzeit auch<br />
Freunde treffen zu können. Das letztere mag ein Hinweis für<br />
ein balanciertes Lernen sein, wenn es auf eine Entspannung<br />
abzielt. Anzumerken ist, dass die Lernumgebung für chinesische<br />
Probanden – über den Lernort hinweg – noch Kulturvielfalt,<br />
freie Atmosphäre bzw. positiven Einfluss der Mitstudierenden<br />
bedeutet. Dies ist gut damit zu erklären, dass der Begriff<br />
„Lernumgebung“ in chinesischer Sprache weiter gefasst<br />
ist. Andererseits könnte diese Wahrnehmung durchaus von<br />
der Änderung des Lernumfeldes ausgelöst werden (vgl. Abb.<br />
13).<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Abb. 9: Dimension 4: Lerngewohnheiten I. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Wie angedeutet fokussiert die Analyse der vierten Dimension<br />
Lerngewohnten im Zusammenhang mit den einzelnen Fragen<br />
auf Lernmethoden, Dozenten-Studenten-Beziehungen, Problemlösen<br />
beim Lernen, Änderung des Lernverhaltens. Die einzeln<br />
befragte Lerngewohnheit in Bezug auf selbständiges<br />
Lernen oder Lernen in Gruppen wurde wegen ihrer Verwandtschaft<br />
zu den Lernmethoden in deren Auswertung –<br />
wie oben dargestellt – einbezogen. Die Lernmethoden beider<br />
Gruppen, auch wenn sie in beiden Kulturen unterschiedlich<br />
definiert werden können, sind durch ein hohes Maß an Überlappungen<br />
gekennzeichnet (vgl. Abb. 9). Dabei scheint das<br />
Auswendiglernen sowie Schwerpunktsetzen – trotz gewissen<br />
pragmatischen Charakters – für deutsche Studenten genauso<br />
notwendig zu sein wie für ihre chinesischen Kommilitonen,<br />
wenn es um die Klausuren geht, in denen eine Menge Inhalte<br />
– auch wenn sinngemäß – wiederzugeben sind. Während das<br />
Exzerpieren sehr verbreitet als Lerntechnik von den deutschen<br />
Studenten verwendet wird, machen chinesische Studenten<br />
konventionell gern Übungen zur Vertiefung des Lernstoffs.<br />
Nicht zuletzt wurde das Fragenstellen (an Dozenten) als<br />
Lernmethode vor allem im chinesischen Lernkontext besonders<br />
wertgeschätzt, aus dem Grund, dass die Dozenten einerseits<br />
als Autorität angesehen werden, die über die endgültige<br />
Lösung verfügen sollen, andererseits es als Pflicht empfinden,<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
auf die Studenten einzugehen und ihre Fragen zu beantworten,<br />
auch wenn es regelmäßig – wie es von den Studenten<br />
erwünscht wird – stattfinden soll. Ein balanciertes Lernen –<br />
gekennzeichnet durch den Ausgleich zwischen Lernen und<br />
Freizeit – wird nach wie vor von den deutschen Studenten<br />
großgeschrieben, während das „Blockweise lernen“ – auch<br />
wenn es nicht ausschließlich für sie gilt – kommt den chinesischen<br />
Studenten zur Vorbereitung der Prüfung doch unerlässlich<br />
vor. Im Hinblick auf das selbstständige Lernen oder Lernen<br />
in Gruppen erwies sich die Einstellung, dass die chinesischen<br />
Studenten lieber allein lernen, während deutsche Studenten<br />
das Gruppenlernen favorisieren, als eher weniger<br />
plausibel. Beide Gruppen tendieren einheitlich dazu, zugunsten<br />
der Intensität und Effizienz allein zu lernen. Ausgeschlossen<br />
ist aber nicht, auch zu zweit Verständnis zu vertiefen und<br />
Fragen zu klären. Solange die Diskussion nicht dazu beiträgt,<br />
neue Ideen anzuregen sowie Perspektiven zu erweitern, wird<br />
das Gruppenlernen vermieden. Abgesehen von den Sprachproblemen<br />
auf der chinesischen Seite können die ablenkende<br />
Diskussion, die umständliche Organisation, das unterschiedliche<br />
Lernniveau – auch für deutsche Studenten – generell den<br />
Lernerfolg der Gruppenarbeiten beeinträchtigen.<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Abb. 10: Dimension 4: Lerngewohnheiten II. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Die Auswertung der Dozenten-Studenten-Beziehung erfolgte<br />
anhand zweier Oberkategorien: Erwartungen von den Dozenten<br />
und seine Rolle im Lernprozess der Studenten. Diese Erwartungen<br />
spiegeln sich wiederum in der fachlichen und didaktischen<br />
Kompetenz, dem Engagement sowie der Persönlichkeit<br />
der Dozenten wider. Nach der Vorstellung chinesischer<br />
Befragten soll der Dozent nicht nur ein Fachexperte<br />
sein, sondern auch über ein breites Wissen verfügen, um<br />
möglichst alle Fragen beantworten zu können. Nicht zuletzt<br />
soll seine Fachkompetenz daran gemessen werden, ob er in<br />
der Lage ist, fachbezogene Methoden zu vermitteln, um das<br />
selbständige Vertiefen und Anwenden von Theorien seitens<br />
der Studenten zu ermöglichen. Während deutsche Probanden<br />
hinsichtlich der didaktischen Kompetenz viel Wert auf den<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
<strong>Kommunikation</strong>sstil der Dozenten sowie die Methodenvielfalt<br />
gelegt haben, achten chinesische Studenten eher darauf, ob<br />
der Dozent den Stoff detailliert und verständlich vermittelt<br />
und sie in die Lage gesetzt hat, selbständig zu vertiefen. Ersichtlich<br />
dabei sind noch ihre Prüfungsorientiertheit sowie<br />
eine gewisse Angst vor Klausuren. Über die Erreichbarkeit<br />
und motivierende Haltung hinaus erwarten chinesische Interviewte<br />
noch ein Engagement der Dozenten in ihrem Wohlfühlen<br />
bzw. ihren persönlichen Angelegenheiten, zumindest<br />
solange sie darum gebeten haben, was den deutschen Professoren<br />
sehr befremdlich vorkommen könnte. Bis auf einen<br />
ausdrücklichen Appell an Geduld und Rücksicht auf ausländische<br />
Studenten sind sich beide Gruppen grundsätzlich in der<br />
Persönlichkeitserwartung der Dozenten einig. Weitere Abweichung<br />
betrifft noch die Rolle der Dozenten im Lernprozess.<br />
Im Vergleich zu den deutschen Studenten, die ihre Dozenten<br />
hauptsächlich als Wissensvermittler, Hilfestellung und motivierende<br />
Rolle ansehen, betrachten sie chinesische Studenten<br />
eher als Daoshi, der den Weg führt, als moralisches Vorbild<br />
und Chef, der die Aufgaben delegiert.<br />
Abb. 11: Dimension 4: Lerngewohnheiten III. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Hinsichtlich des Problemlösens beim Lernen stützen sich beide<br />
Gruppen grundsätzlich auf drei Lösungswege: „lesen und<br />
weitere Literatur nachschlagen“, „Kommilitonen fragen“<br />
bzw. „Dozenten nachfragen“. Während deutsche Studenten<br />
auch eine Lösungsmöglichkeit in einer Gruppendiskussion<br />
sehen, vernachlässigen chinesische Studenten öfter Probleme,<br />
falls keine weitere Alternative zur Verfügung steht. So pragmatisch<br />
können deutsche Studenten durchaus auch vorgehen,<br />
vor allem zur Vorbereitung der Klausur. Die Diskussionsscheu<br />
chinesischer Studenten kann in erster Linie an den<br />
Sprachproblemen liegen, die es ihnen erschweren, sich an die<br />
Kommilitonen oder Dozenten zu wenden. Andererseits um<br />
eventuell unnötigen Gesichtsverlust zu vermeiden, sind sie bei<br />
Lernproblemen hauptsächlich auf sich selbst angewiesen.<br />
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Studenten<br />
Abb. 12: Dimension 4: Lerngewohnheiten IV. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Wie man an dieser Frage sieht, handelt es sich hier um eine<br />
Selbstreflexion der Probanden über die Änderung ihres Lernverhaltens.<br />
Als Folge kam es in der Auswertung vor, dass man<br />
zwar eine Änderung als solche negiert, aber trotzdem auf sie<br />
aufmerksam geworden ist. Dies liegt wohl daran, dass der<br />
mehr oder weniger – durch die Änderung des Lernkontexts –<br />
angepasste Vorgang des Lernens mit der Zeit als selbstverständlich<br />
wahrgenommen wurde und somit den Betroffenen<br />
nicht besonders aufgefallen ist. Die Änderungen beziehen<br />
sich, sowohl für deutsche als auch für chinesische Probanden,<br />
vorwiegend auf die erhöhte Selbständigkeit und Strukturiertheit<br />
sowie den Erwerb neuer Lernmethoden. Dabei ist die Integration<br />
chinesischer Studenten in die deutsche Hochschullandschaft<br />
deutlich zu erkennen. In Vergleich zu ihrer Lernerfahrung<br />
in China, die unter anderem von Prüfungsorientiertheit,<br />
Lehrbuchzentriertheit bzw. Selbstlernen geprägt ist, lernen<br />
sie in Deutschland schon praxisorientierter, lese- und diskussionsfreudiger.<br />
Für deutsche Interviewees soll der höhere<br />
Anspruch des Studiums im Vergleich zu den Gymnasien ein<br />
guter Grund für ihre Änderung sein. Als Nachweis für ihre<br />
erhöhte Ehrlichkeit zu sich selbst haben sich die deutschen<br />
Befragten ebenso kritisch mit den negativen Änderungen in<br />
Bezug auf ihr Lernverhalten auseinandergesetzt, mit dem<br />
Hinweis darauf, dass sie angesichts mehr Freiheit während<br />
des Studiums gegebenenfalls auch mehr aufschieben, statt<br />
kontinuierlich mehr blockweise lernen und wegen vermehrter<br />
Selbstverantwortung im Alltagsleben weniger konzentriert<br />
lernen können.<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Abb. 13: Dimension 5: Lerninhalt. Quelle: Eigene Darstellung.<br />
In der fünften Dimension wurde der als wichtig empfundene<br />
Lerninhalt von den deutschen und chinesischen Probanden<br />
verglichen. Als Folge kam es beiden Gruppen wichtig vor,<br />
Fachwissen und -kompetenz, Sozialkompetenz, Alltagswissen<br />
und Hobby zu lernen. Unterschiedlich dabei ist, dass die deutschen<br />
Probanden mit dem Fachwissen und -kompetenz in<br />
erster Linie das Studium assoziieren und es notwendig sehen,<br />
zusätzlich berufliche Qualifikation zu erwerben, wobei chinesische<br />
Studenten es bereits als berufliche Qualifikation gelten<br />
lassen haben. Nicht zuletzt werden Lernmethoden als Inhalt<br />
besonders von der chinesischen Gruppe hervorgehoben –<br />
verbunden mit der Annahme, dass man alles selbständig und<br />
effektiv lernen sowie das Gelernte anwenden kann, solange<br />
die Methoden beherrscht wurden. Als Nachweis ist es auch in<br />
der Erwartung an Dozenten zu finden (vgl. Abb. 10). Darüber<br />
hinaus werden die Lerngewohnheiten bzw. die damit verbundene<br />
Lernmoral wie Fleiß und Ausdauer häufig nach dem<br />
chinesischen Verständnis als Lernmethoden angesehen. Ausgehend<br />
von einer Lernauffassung im Sinne von „Mittel zum<br />
Zweck“ kann das zielrelevante Wissen – weder Fachwissen<br />
noch Hobby – für chinesische Studenten von besonderer Bedeutung<br />
sein.<br />
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Studenten<br />
Abb. 14: Dimension 6: Gegenseitige Wahrnehmung von Lernverhalten.<br />
Quelle: Eigene Darstellung.<br />
Als letztes wurde die gegenseitige Wahrnehmung des Lernverhaltens<br />
von beiden Gruppen untersucht, die sowohl auf<br />
der Selbstreflexion als auch auf der Fremdwahrnehmung basiert.<br />
Da diese Fremdwahrnehmung häufig aufgrund eines<br />
Selbstbildes zustande kommt, erschien das erhobene Material<br />
– wie oben dargestellt – oft als Gegensatzpaare, die die Unterschiede<br />
leicht erkennbar machten. Zu dem auffälligsten<br />
Merkmal der Lernatmosphäre in China zählen nach vielen<br />
deutschen Befragten die harte Konkurrenz und selbstverständlich<br />
der davon ausgelöste Leistungsdruck. Als Folge lernen<br />
deutsche Studenten – aus chinesischer Perspektive – in<br />
einer freien und drucklosen Lernatmosphäre eher aktiver und<br />
selbständiger, ohne unreflektiert nach den Vorgaben der Dozenten<br />
arbeiten zu müssen. Da die schriftlich angelegte Prüfung<br />
im chinesischen Bildungssystem fast das einzige Bewertungskriterium<br />
darstellt, welches die Zukunft jedes Prüflings<br />
entscheidet, zeichnet sich das Lernverhalten chinesischer Studenten<br />
dementsprechend durch Prüfungsorientiertheit aus.<br />
Daraus resultieren die häufig als effektiv angesehenen Lernmethoden<br />
wie Auswendiglernen, Schwerpunkte setzen,<br />
blockweise lernen, Übungen machen usw. Die deutschen<br />
Kommilitonen hingegen legen – nach der chinesischen Auf-<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
fassung – angesichts einer Vielfalt von Prüfungsformen und<br />
Leistungskriterien bzw. von Lernzielen mehr Wert auf das<br />
Verstehen bzw. die Anwendung des Wissens in der Praxis,<br />
wobei sich die Fachkompetenz entwickeln lässt. Darüber hinaus<br />
sehen deutsche Probanden gern ihre Besonderheit im<br />
Vergleich zu ihren chinesischen Kollegen im kritischen Denken,<br />
was aus chinesischer Perspektive als innovativ interpretiert<br />
wurde. Trotzdem soll das Hindernis des kritischen Denkens<br />
– wie viele glauben – nicht im Auswendiglernen liegen<br />
(Gow et al. 1996), welches den deutschen Studenten auch<br />
nicht fremd ist. Während deutsche Probanden sich mehr an<br />
Diskussionen und Gruppenarbeiten gewöhnen, tendieren<br />
chinesische Studenten dazu, allein zu lernen, was weniger<br />
den Teamgeist in Anspruch nimmt. Auch wenn viele aus beiden<br />
Gruppen der Meinung sind, dass chinesische Studenten<br />
fleißiger sind, soll es allerdings nicht bedingungslos verallgemeinert<br />
werden, denn der Fleiß hängt mehr mit dem persönlichen<br />
Lernziel bzw. dem Leistungsdruck als mit Kulturspezifik<br />
zusammen. Ähnliches gilt auch für die angesprochene Stringenz,<br />
über die Aussagen eher auf individueller als auf Gruppenebene<br />
zu treffen sind. Im Vergleich zu der chinesischen<br />
Gruppe sehen die Lernmethoden deutscher Studenten vielfältiger<br />
aus, mit denen ein strukturiertes Lernen gut möglich ist.<br />
Trotzdem scheint – auch aus deutscher Perspektive – der<br />
Frontalunterreicht nicht das chinesische Patent zu sein. Zudem<br />
kam einem deutschen Probanden (Proband 10) die Unterstützung<br />
chinesischer Eltern für ihre Kinder im Lauf des<br />
Lernprozesses sehr positiv vor, aber solange sie – wie viele<br />
chinesische Studenten so wahrnehmen – nicht in eine psychische<br />
Belastung umgewandelt ist.<br />
3. Ergebnisse<br />
Nach einem Überblick über das routinierte Lernverhalten beider<br />
Gruppen aufgrund der Auswertung einzelner Dimensionen,<br />
worauf die zweite Zentralfrage der Untersuchung abzielt,<br />
lässt sich bei der Beantwortung der dritten Zentralfrage<br />
feststellen, dass sich das Lernverhalten deutscher und chinesischer<br />
Studenten nicht radikal voneinander unterscheidet. Im<br />
Gegensatz dazu spielen die Gemeinsamkeiten in den meisten<br />
ausgewerteten Fragen eine dominierende Rolle. Dies lässt sich<br />
einerseits darauf zurückführen, dass das Lernverhalten der<br />
befragten Studenten von demselben Lernkontext als Handlungsrahmen<br />
– also der akademischen Kultur, den Studienordnungen,<br />
den Lernbedingungen usw. – geprägt wurde.<br />
Andererseits kann es durchaus als Resultat der Anpassung<br />
sowie der Integration chinesischer Studenten in die deutsche<br />
Hochschullandschaft gelten. Um die Unterschiede auch nicht<br />
außer Acht zu lassen, eventuell auf dieser Basis die Lernstile<br />
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Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
zu profilieren, wird im Folgenden das Kulturspezifische des<br />
Lernverhaltens beider Gruppen vergleichend zusammengefasst<br />
als Antwort auf die vierte Zentralfrage, wobei versucht<br />
wird, wertungsfreie Formulierungen zu verwenden:<br />
Abb. 15: Lernstile deutscher und chinesischer Studenten. Quelle: Eigene<br />
Darstellung.<br />
Wie es sich herausstellt, zielt diese vergleichende Untersuchung<br />
in erster Linie – statt auf die Suche nach Unterschieden<br />
– eher darauf ab, aufgrund der Anerkennung der Gemeinsamkeiten<br />
die Unterschiede darzulegen. Dies ist umso notwendiger,<br />
da es nicht um einen Vergleich zwei isolierter<br />
Gruppen geht, der anhand der ausgearbeiteten Unterschiede<br />
Anpassungsorientierungen liefert, sondern der Vergleich –<br />
mit der Berücksichtigung auf die Gemeinsamkeiten – soll da-<br />
57 © Interculture Journal 2011 | 15
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
zu beitragen, Synergiepotenzial zu entdecken und die Unterschiede<br />
als Ergänzung und Erweiterung zu nutzen. Insofern<br />
sollen die Lernstile, die hier in den interkulturellen Begegnungen<br />
von deutschen und chinesischen Studenten abgebildet<br />
wurden, auch kontextabhängig aufgefasst werden. Trotzdem<br />
beschränken sich diese interkulturell konstruierten Lernstile<br />
keinesfalls nur auf der Ebene der Nationalkultur. Als Beispiel<br />
wurde eine Einzelanalyse durchgeführt, indem ein Vergleich<br />
des Lernverständnisses bzw. -verhaltens von zwei männlichen,<br />
chinesischen, Naturwissenschaften studierenden Probanden<br />
angestellt wurde, die jeweils 8 Monate (Chinesisch:<br />
Proband 1) und 8 Jahre (Chinesisch: Proband 8) in Deutschland<br />
gewesen sind. Wie die Auswertung illustriert, liegt das<br />
Lernverhalten von Proband 8 dem obengenannten Lernstil<br />
deutscher Studenten erstaunlicherweise nahe, indem es auf<br />
Kompetenz- und Innovationsorientiertheit, Strukturiertheit<br />
beim Lernen, selbstbezogene Lernmotivation, sachliche Erwartungen<br />
an Dozenten verweist, während beim Proband 1<br />
eine starke soziale Orientierung in der Lernmotivation, konventionelle<br />
Lernmethoden wie Selbstlernen, Frage stellen,<br />
blockweise lernen sowie passive Einstellung gegenüber Lernen<br />
festzustellen sind. Nicht zuletzt wird von ihm erwartet,<br />
dass die Dozenten als fachliches und moralisches Vorbild erscheinen.<br />
Damit ist eindeutig, dass die Nationalkultur an dieser<br />
Stelle kein Unterscheidungskriterium für Lernstile darzustellen<br />
vermag.<br />
4. Diskussion und Ausblick<br />
Aufgrund der Repräsentativität der ausgesuchten Zielgruppe<br />
sollen die ausgearbeiteten Lernstile als Erklärungsansatz zur<br />
Optimierung der interkulturellen <strong>Kommunikation</strong> bzw. der<br />
Lehrpraxis über generelle Aussagekraft verfügen, auch wenn<br />
sie an bestimmte Zielgruppe, also deutsche und chinesische<br />
Studenten, unter anderem im Kontext deutscher Hochschulen<br />
gebunden ist. Die induktive Vorgehensweise hilft dabei, die<br />
Vielfalt des Gegenstandes abzubilden und eventuell für weitere<br />
Ergänzungen beispielsweise im Einklang mit dem Wertewandel<br />
oder für quantitative Überprüfung offen zu halten.<br />
Da diese rekonstruierten Lernstile – anstatt kognitive – mehr<br />
oder weniger kulturelle Eigenschaften getragen haben, wäre<br />
interessant zu diskutieren, inwiefern das Konstrukt Lernstil in<br />
diesem Zusammenhang – vor allem für interkulturelle Fragestellungen<br />
– noch tragfähig ist.<br />
Ferner wurden methodologisch die Datenerhebung und -<br />
auswertung der Untersuchung experimentell bilingual – also<br />
jeweils in Deutsch und Chinesisch – durchgeführt, was in der<br />
deutschen Literatur bisher noch selten der Fall ist. Trotz aller<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 58
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Vorteile, die vor allem eine Insider-Perspektive ermöglichen,<br />
hat es auch genügende Schwierigkeiten – vor allem bedingt<br />
durch die immense Verschiedenheit beider Sprachen – in Bezug<br />
auf die Übersetzung wie auch auf die Zuordnung der Kategorien<br />
bereitet. Wegen der häufigen Mehrdeutigkeit chinesischer<br />
Begriffe, Indirektheit der Äußerungen bzw. Kontextabhängigkeit<br />
deren Interpretationen lassen sich Kategorien<br />
oft nicht eindeutig zuordnen, wie qualitative Methoden<br />
es als eines der Grundprinzipien vorgeben. Eine methodologische<br />
Diskussion über die Möglichkeit einer „interkulturellen“<br />
Methodentriangulation in diesem Zusammenhang soll als ein<br />
anderer Schwerpunkt bzw. eine Forschungsrichtung stattfinden.<br />
Des Weiteren lässt sich über die Anwendungsmöglichkeiten<br />
dieser Lernstilkonzepte in der interkulturellen Didaktik<br />
nachdenken.<br />
Literatur<br />
Barmeyer, C. I. (2000): Interkulturelles Management und Lernstile. Studierende<br />
und Führungskräfte in Frankreich, Deutschland und Quebec. Frankfurt<br />
am Main: Campus Verlag.<br />
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the anthropological perspective. Frontiers in Psychology 2(67), S. 1-6.<br />
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of Educational Psychology 55(3), S. 185-212.<br />
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cognitive styles. Mahwah: Lawrence Erlbaum Associates, Inc., Publishers, S.<br />
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Learning and skills research centre.<br />
Dunn, R. (1990): Understanding the Dunn and Dunn learning styles model<br />
and the need for individual diagnosis and prescription. Reading and Writing<br />
Quarterly 6(3), S. 223-247.<br />
Dunn, R. (2003): The Dunn and Dunn learning style model and its theoretical<br />
cornerstone. In: Dunn, R. / Griggs, S. (Hrsg.): Synthesis of the Dunn and<br />
Dunn learning styles model research: who, what, when, where and so what<br />
– the Dunn and Dunn learning styles model and its theoretical cornerstone.<br />
New York: St John’s University, S. 1-6.<br />
Entwistle, N. / McCune, V. (2004): The conceptual basis of study strategy<br />
inventories. Educational Psychology Review 16(4), S. 325-345.<br />
59 © Interculture Journal 2011 | 15
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
Flick, U. (1995): Handbuch qualitative Sozialforschung: Grundlagen, Konzepte,<br />
Methoden und Anwendungen. Weinheim: Beltz.<br />
Flick, U. (2010): An introduction to qualitative research. Los Angeles: SAGE.<br />
Flick, U. / Kardorff, E. v. / Steinke, I. (2010): Qualitative Forschung – Ein<br />
Handbuch. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch-Verlag.<br />
Gow, L. / Balla, J. / Hau, K. T. (1996): The learning approaches of Chinese<br />
people: A function of socialization processes and the context of learning?<br />
In: Bond, M. H. (Hrsg.): The handbook of Chinese Psychology. New York:<br />
Oxford University Press, S. 109-123.<br />
Haller, H-D. (1997): Zur Frage der kulturellen Dimension von Identität in der<br />
Lernstilforschung – Untersuchung über Kultureinstellungen unter didaktischer<br />
Perspektive. In: Hoffmann, D. / Bleiber, H. (Hrsg.): Auf der Suche nach<br />
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Joy, S. / Kolb, D. A. (2009): Are there cultural differences in learning style?<br />
International Journal of intercultural relations 33(1), S. 69-85.<br />
Kolb, D. A. (1984): Experiential Learning – Experience as the source of<br />
learning and development. New Jersey: Prentice-Hall.<br />
Lamnek, S. (2010): Qualitative Sozialforschung. Weinheim: Beltz.<br />
Marton, F. / Säljö, R. (1976): On qualitative differences in learning: 1 – outcome<br />
and process. British Journal of Educational Psychology 46(1), S. 4-11.<br />
Mayring, P. (2010): Qualitative Inhaltsanalyse – Grundlagen und Techniken.<br />
Weinheim: Beltz.<br />
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Myers, I. B. / McCaulley, M. H. (1998): Manual: A guide to the development<br />
and use of the Myers-Briggs Type Indicator. California: Consulting<br />
psychologists press.<br />
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anhand des Lernstilmodells „Experiential learning“ und am Beispiel<br />
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Pask, G. (1976): Styles and Strategies for learning. British Journal of Educational<br />
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R. / Zhang, L. F. (Hrsg.): Perspectives on thinking, learning and cognitive<br />
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Sternberg, J. R. / Grigorenko, E. L. (2001): A capsule history of theory and<br />
research on styles. In: Sternberg, J. R. / Zhang, L. F. (Hrsg.): Perspectives on<br />
thinking, Learning and cognitive styles. Mahwah: Lawrence Erlbaum Associates,<br />
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Watkins, D. A. / Biggs, J. B. (1996): The Chinese learner – cultural, psychological<br />
and contextual influences. Hong Kong: CERC.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 60
Luo / Kück: Gibt es Lernstile, die kulturspezifisch sind? Eine interkulturelle Annährung an das<br />
Lernstilkonzept anhand einer vergleichenden Untersuchung am Beispiel deutscher und chinesischer<br />
Studenten<br />
1 Ein besonderer Dank geht an Frau Mengxi Zhao, welche bei<br />
der Auswertung der Interviews mit chinesischen Probanden<br />
mitgewirkt hat.<br />
61 © Interculture Journal 2011 | 15
© Interculture Journal 2011 | 15 62
Chancengleichheit<br />
Please insert the the title title<br />
– ein<br />
of of<br />
(ir)realistischer An-<br />
your article here<br />
spruch?<br />
[Equal opportunity – A/an<br />
(ir)realistic claim?]<br />
First First name Surname<br />
Please Nurcan insert Akbulut information about<br />
Please insert information about<br />
the the author author here here (e.g. (e.g. title, title, posiposition, Studentin tion, institution) institution) der Erziehungswissenschaft<br />
im Master an der Universität<br />
Bielefeld. Schwerpunkte: Migrationspädagogik<br />
und empirische<br />
Sozialforschung. Mitarbeiterin im<br />
Sonderforschungsbereich (SFB)<br />
882 "Von Heterogenitäten zu<br />
Ungleichheiten" an der Universität<br />
Bielefeld.<br />
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
Abstract [English]<br />
In the context of equal opportunity, this article deals critically<br />
with the procedure of determining special educational needs<br />
and analyses based on theoretical considerations, reasons and<br />
legitimacy criteria for the over-representativeness of children<br />
with non-German native language in special schools<br />
(Förderschulen). The aggregated findings indicate migrationspecific<br />
disparities in the German school system, which are<br />
evoked by institutional selection mechanisms, such as by a<br />
process to determine the special education needs. Against<br />
this backdrop, the ubiquity of equal opportunity is seriously<br />
being questioned. Moreover, it raises issues in this regard,<br />
which provide an outlook for further research possibilities in<br />
this field.<br />
Keywords: equal opportunity, educational inequality, special<br />
school, procedure of determining special educational needs,<br />
migration-specific disparities<br />
Abstract [Deutsch]<br />
Im Kontext der Chancengleichheit setzt sich dieser Beitrag<br />
kritisch mit dem sonderpädagogischen Feststellungsverfahren<br />
auseinander und analysiert auf theoretischen Überlegungen<br />
basierend die Gründe und Legitimationskriterien für die Überrepräsentativität<br />
von Kindern mit nicht-deutscher Erstsprache<br />
an Förderschulen. Die aggregierten Erkenntnisse weisen auf<br />
migrationsspezifische Disparitäten im deutschen Schulsystem<br />
hin, die durch institutionelle Selektionsmechanismen, wie beispielsweise<br />
durch einen Antrag zur Feststellung des sonderpädagogischen<br />
Förderbedarfs, evoziert werden. In Anlehnung<br />
daran wird die Ubiquität der Chancengleichheit in Frage gestellt.<br />
Darüber hinaus werden in diesem Zusammenhang Fragen<br />
aufgeworfen, die Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten<br />
auf diesem Gebiet geben.<br />
Stichworte: Chancengleichheit, Bildungsungleichheit, Förderschule,<br />
Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs,<br />
migrationsspezifische Disparitäten<br />
1. Einleitung<br />
Die Transition von der Grundschule in eine weiterführende<br />
Schule stellt einen wichtigen Schritt in der Schullaufbahn eines<br />
jeden Kindes dar. Denn mit der Entscheidung über die<br />
künftig zu besuchende Schulform werden die ersten Weichen<br />
für die berufliche Zukunft des Kindes gestellt. Somit nimmt<br />
das früh einsetzende Selektionsverfahren einen maßgeblichen<br />
Einfluss auf den zu erreichenden Abschluss und dieser wiede-<br />
63 © Interculture Journal 2011 | 15
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
rum auf die berufliche Zukunftsgestaltung bzw. die späteren<br />
Chancen auf dem Arbeitsmarkt (Fereidooni 2011:24ff.). Konkretisiert<br />
bedeutet dies, dass die Selektion in eine niedrige(re)<br />
Schulform Ungleichheiten hinsichtlich der Bildungsmöglichkeiten<br />
evoziert (ebd.). Deutlich prekärer sieht es für Kinder<br />
aus, die aufgrund von beispielsweise Sprachschwierigkeiten<br />
als lernbehindert etikettiert werden und darauf basierend eine<br />
Empfehlung für eine sonderpädagogische Förderung erhalten<br />
(Gomolla / Radtke 2007:204ff.). Denn die Einschulung<br />
bzw. Relegation von Schülern 1 ohne geistige und körperliche<br />
Behinderung in eine Förderschule für z. B. Lernbehinderte<br />
erlaubt nur eingeschränkte Bildungsmöglichkeiten und führt<br />
letztendlich zu einer selektionsbedingten Bildungsbenachteiligung<br />
(ebd.). Mit einem Blick auf die Schülerzusammensetzung<br />
lässt sich schnell eine ungleichmäßige Verteilung der<br />
Schüler auf die verschiedenen Schulformen feststellen. Förderschulen<br />
besitzen die fragwürdige Eigenart, überwiegend<br />
von Schülern mit nicht-deutscher Erstsprache besucht zu<br />
werden (Fereidooni 2011:25). Vor diesem Hintergrund erhält<br />
die Frage nach den Ursachen für eine überproportionale Repräsentanz<br />
von Kindern mit nicht-deutscher Erstsprache an<br />
Förderschulen eine besondere und wachsende Brisanz. Davon<br />
ausgehend stellen die Frage nach der Übertragung von<br />
Sprachschwierigkeiten in der deutschen Sprache auf generelle<br />
Schwierigkeiten sowie die Eruierung der Gründe und Legitimationskriterien<br />
für die Überrepräsentativität von Schülern<br />
mit Deutsch als Zweitsprache (DAZ) an Förderschulen die<br />
Leitgedanken des vorliegenden Beitrags dar.<br />
2. Die Förderschule<br />
Die Förderschule ist eine Schule für Kinder und Jugendliche,<br />
die aufgrund einer Körper-, Lern- oder geistigen Behinderung<br />
nicht an einer allgemeinen Schule ausreichend gefördert<br />
werden können und daher einer sonderpädagogischen Förderung<br />
bedürfen.<br />
2.1 Allgemeine Aufgaben und Ziele der Förderschule<br />
Aufgrund der Überrepräsentativität von DAZ-Kindern an Förderschulen<br />
mit dem Schwerpunkt Lernen möchte ich mich im<br />
Folgenden auf die allgemeinen Aufgaben und Ziele dieser<br />
Förderschulform beschränken. Die sonderpädagogische Förderung,<br />
die sich weitestgehend an den „Bildungs- und Erziehungszielen<br />
der allgemeinen Schule“ orientiert (KMK<br />
1999:3), richtet sich nach den festgelegten Lernzielen aus<br />
den individuellen Förderplänen und intendiert primär die sukzessive<br />
Hinführung der Schüler mit Beeinträchtigungen im<br />
Lern- und Leistungsverhalten zu einer selbstständigen, auto-<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 64
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
nomen Lebensgestaltung und -führung (KMK 1999:2ff.,<br />
MSW NRW 2006:26). Unter Beachtung der individuellen<br />
Lernbeeinträchtigungen der Schüler sollen strukturierte Lernarrangements<br />
geschaffen werden, die Wechselwirkungsprozesse<br />
zwischen Lerner und Umwelt fördern und somit zur<br />
Vermittlung und Entwicklung von Wissen und Kompetenzen<br />
beitragen. Auf diese Weise sollen persönliche Lernerfahrungen<br />
und -erfolge ermöglicht werden, die zur graduellen Minderung<br />
der Beeinträchtigung bzw. zu einem adäquaten Umgang<br />
mit ihr führen (KMK 1999:2ff.). Die Entwicklung von<br />
Selbsteinschätzungsvermögen in Bezug auf das Erkennen von<br />
eigenen Schwächen und Stärken gepaart mit (Selbst-) Reflexion<br />
des erworbenen Wissens, die im Rahmen der gegebenen<br />
Möglichkeiten zur Entfaltung von individuellen Potenzialen<br />
beitragen sollen, werden als weitere wichtige Erziehungsziele<br />
der Förderschule deklariert. Davon ausgehend gilt es, die Jugendlichen<br />
ebenso zur Partizipation auch im Hinblick auf ihre<br />
berufliche Orientierung in der Gesellschaft zu befähigen<br />
(KMK 1999:4, MSW NRW 2006:26). Weiterhin wird in dem<br />
Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.10.1999 folgende<br />
besondere Empfehlung zum Förderschwerpunkt Lernen<br />
spezifiziert:<br />
„Sonderpädagogische Förderung unterstützt und begleitet die Schülerinnen<br />
und Schüler durch möglichst früh einsetzende Hilfen. Dabei gilt es,<br />
soziokulturell bedingte Benachteiligungen und soziale Randständigkeit zu<br />
berücksichtigen sowie psychosoziale Verletzungen zu beachten.“ (KMK<br />
1999:3)<br />
Darüber hinaus soll die Förderschule sowohl den Schülern als<br />
auch ihren Eltern beraterische Unterstützung in Bezug auf<br />
Alltagsbewältigung und Berufsfindung leisten (ebd.). Ebenso<br />
werden die Schüler dazu befähigt, einen Kooperationsrahmen<br />
zu schaffen, in dem sie durch ständigen sozialen Austausch<br />
eine Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme entwickeln<br />
und unter Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft konfliktbewältigend<br />
miteinander agieren können (ebd.:5ff.).<br />
Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen bietet im Vergleich<br />
zu den anderen Förderschulformen sehr eingeschränkte<br />
Abschlussmöglichkeiten. Die Klasse zehn führt in der Regel<br />
zum Abschluss des Bildungsgangs im Förderschwerpunkt Lernen,<br />
jedoch wird auch den Schülern durch die Teilnahme an<br />
einem besonderen Bildungsgang die Möglichkeit eingeräumt,<br />
einen dem Hauptschulabschluss nach Klasse neun gleichwertigen<br />
Abschluss zu erwerben (MSW NRW 2006:43ff.). Im Anschluss<br />
an die o.g. Abschlüsse können Förderschulabsolventen<br />
an einigen Berufskollegs mit sonderpädagogischer Förderung<br />
auch Abschlüsse im berufsbildenden Bereich erwerben<br />
(ebd.:27).<br />
65 © Interculture Journal 2011 | 15
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
2.2 Schwerpunkte und Orte der sonderpädagogischen<br />
Förderung<br />
Nach § 1 Abs. 1 der AO-SF 2 (2010) lässt sich sonderpädagogische<br />
Förderung grundsätzlich in folgende Schwerpunktbereiche<br />
kategorisieren:<br />
• Lernen,<br />
• Sprache,<br />
• Emotionale und soziale Entwicklung,<br />
• Hören und <strong>Kommunikation</strong>,<br />
• Sehen,<br />
• Geistige Entwicklung,<br />
• Körperliche und motorische Entwicklung.<br />
Die Realisierung sonderpädagogischer Förderung kann sowohl<br />
als Frühförderung vor Beginn der Schulpflicht als auch<br />
in Schulen der Primarstufe, der Sekundarstufe I und II in verschiedenen<br />
Organisationsformen erfolgen, und zwar durch:<br />
• den Besuch einer allgemeinen Schule im gemeinsamen<br />
Unterricht bzw. in integrativen Lerngruppen oder<br />
• durch den Besuch sonderpädagogischer Förderklassen an<br />
allgemeinen Berufskollegs oder<br />
• den Besuch einer Förderschule oder<br />
• den Besuch von Schulen für Kranke (AO-SF 2010 § 1 Abs.<br />
2).<br />
Die Schulaufsichtsbehörde entscheidet auf der Grundlage der<br />
pädagogischen Gutachtenempfehlung über den sonderpädagogischen<br />
Förderbedarf, den Förderschwerpunkt bzw. die<br />
Förderschwerpunkte und über den Förderort. Die Eltern werden<br />
in einem persönlichen Gespräch über die intendierte Entscheidung<br />
und die Gründe hierfür in nachprüfbarer Weise<br />
informiert (AO-SF 2010 § 12 Abs. 5, 6, § 13 Abs. 1).<br />
3. Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen<br />
Förderbedarfs<br />
Zum besseren Nachvollzug der angedeuteten Problematik<br />
bedarf es einiger Hintergrundinformationen über den Ablauf<br />
des sonderpädagogischen Überprüfungsverfahrens, das im<br />
Folgenden näher konkretisiert werden soll.<br />
Ein Antrag auf Eröffnung des Verfahrens zur Feststellung des<br />
sonderpädagogischen Förderbedarfs kann zum einen erfolgen<br />
durch die Eltern und zum anderen durch die allgemeine<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 66
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
Schule nach Rücksprache mit den Eltern und unter Darlegung<br />
der Antragsgründe (AO-SF 2010 § 11 Abs. 1). Im Anschluss<br />
daran beauftragt die Schulaufsichtsbehörde zur Erstellung<br />
eines pädagogischen Gutachtens eine qualifizierte Sonderschullehrkraft<br />
und eine Lehrkraft der allgemeinen Schule (in<br />
der Regel der jeweilige Klassenlehrer) (AO-SF 2010 § 12 Abs.<br />
1). In die Gesamtbewertung fließen zusätzlich auch die Ergebnisse<br />
aus der von der Schulaufsichtsbehörde verordneten<br />
schulärztlichen Untersuchung, die eine „Feststellung des körperlichen<br />
Entwicklungsstandes und die Beurteilung der allgemeinen<br />
gesundheitlich bedingten Leistungsfähigkeit einschließlich<br />
der Sinnesorgane […]“ impliziert, ein (AO-SF 2010<br />
§ 12 Abs. 3:2). Des Weiteren soll in dem Gutachten der gegenwärtige<br />
Leistungsstand des Kindes im Hinblick auf die<br />
Leistungsanforderungen und Fördermöglichkeiten der künftig<br />
zu besuchenden Schulform expliziert und miteinander kontrastiert<br />
werden. Hierbei werden die verfügbaren Ressourcen<br />
wie auch die Einschränkungen, die sich aus der aktuellen<br />
schulischen Problemsituation des Kindes ergeben, unter Angabe<br />
von möglichen Ursachen für die spezifischen Lernschwierigkeiten<br />
beschrieben (MSWF NRW 2002:10). Die<br />
Chancen und Schwierigkeiten der vom Kind bisher in Anspruch<br />
genommenen Fördermaßnahmen sollen ebenfalls in<br />
die gutachterliche Beurteilung eingehen. Anschließend werden<br />
Schlussfolgerungen für den weiteren Schulverlauf getätigt<br />
und Empfehlungen über den geeigneten Förderort begründend<br />
dargelegt. Über den schulischen Kontext hinausgehend<br />
soll in einer Person-Umfeld-Analyse auch das weitere<br />
soziale Umfeld des Kindes in das sonderpädagogische Überprüfungsverfahren<br />
einbezogen werden, d. h. es werden konkrete<br />
Aussagen über „die Interessen, Einstellungen, Fähigkeiten<br />
des Kindes, die Bedingungen seines direkten Umfeldes<br />
und seine Erwartungen an Schule […]“ getroffen (MSWF<br />
NRW 2002:10). Im weiteren Verlauf wird die bisherige Lernentwicklung<br />
sowie der aktuelle Leistungs-, Lern- und Entwicklungsstand<br />
des Kindes unter Einschluss medizinischer und gegebenenfalls<br />
auch psychologischer Diagnostik in den folgenden<br />
Bereichen festgehalten:<br />
• „Erkenntnisse vorschulischer oder außerschulischer Institutionen;<br />
• Schulischer Bildungsweg und aktuelle Lernbedingungen;<br />
• Selbstkonzept;<br />
• Lernentwicklung und Leistungsstand;<br />
• Arbeits- und Sozialverhalten;<br />
• Wahrnehmung;<br />
• Körperliche und motorische Entwicklung;<br />
67 © Interculture Journal 2011 | 15
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
• Geistige Entwicklung;<br />
• <strong>Kommunikation</strong>sfähigkeit;<br />
• Außerschulische Lebensbedingungen“ (MSWF NRW<br />
2002:11).<br />
Infolgedessen legitimieren Störungen bzw. Beeinträchtigungen<br />
in einem oder mehreren der oben aufgeführten Bereiche<br />
einen sonderpädagogischen Förderbedarf und lassen zugleich<br />
den Förderschwerpunkt sowie das Ausmaß der Förderung<br />
erkennen. Daran anknüpfend wird in einem Problem-<br />
Resümee hinsichtlich folgender Punkte Klärung erzielt:<br />
• die bisherigen Fördermaßnahmen,<br />
• das Ausmaß des sonderpädagogischen Förderbedarfs,<br />
• die Kriterien, die einen Förderbedarf erfordern und<br />
• die Rahmenbedingungen zur Realisierung der sonderpädagogischen<br />
Förderung (MSWF NRW 2002:11ff.).<br />
Anschließend werden die erhobenen Daten und die gewonnenen<br />
Erkenntnisse einer Endbetrachtung unterzogen und es<br />
erfolgt eine Bewertung von Seiten der sonderpädagogischen<br />
Lehrkraft unter Berücksichtigung der Stellungnahmen aller<br />
am Überprüfungsverfahren Mitwirkenden (ebd.:13). Auch das<br />
Ergebnis des Gesprächs, das während der Erstellung des Gutachtens<br />
mit den Erziehungsberechtigten geführt wird, soll<br />
Eingang in die Dokumentation finden (AO-SF 2010 § 12 Abs.<br />
2). Abschließend werden dann resümierend Art, Umfang und<br />
Dauer der notwendigen beeinträchtigungsbedingten Förderung<br />
in einem Gutachten festgehalten und zur endgültigen<br />
Entscheidung über den sonderpädagogischen Förderbedarf<br />
der Schulaufsichtsbehörde vorgelegt. Die Gutachtenergebnisse<br />
fungieren als Grundlage für die darauffolgende Erstellung<br />
des individuellen Förderplans (MSWF NRW 2002, AO-SF 2010<br />
§ 12 Abs. 4).<br />
4. Überblick über die schulische Situation von Kindern<br />
mit nicht-deutscher Erstsprache in NRW<br />
Im Folgenden geht es vorrangig darum, eine Übersicht über<br />
die Verteilung von Schülern mit nicht-deutscher Erstsprache<br />
im Vergleich zu Schülern mit Deutsch als Erstsprache auf diverse<br />
Schulformen bezogen auf Nordrhein-Westfalen zu geben.<br />
Die in diesem Zusammenhang verwendeten Daten<br />
stammen aus den Datenbanken und Datensammlungen des<br />
Statistischen Bundesamtes und der jährlichen Schulstatistik,<br />
die im Auftrag des Ministeriums für Schule und Weiterbildung<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegeben wird.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 68
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
Hierbei wurden die Werte, die in absoluten Zahlen angegeben<br />
waren, in Prozentangaben umgerechnet.<br />
Gegenwärtig beläuft sich der Gesamtanteil von nichtdeutschstämmigen<br />
Schülern im Schuljahr 2009/2010 in Nordrhein-Westfalen<br />
auf 11,3 Prozent, was den fünfthöchsten<br />
Anteil im allgemeinbildenden Schulsystem darstellt (StaBa<br />
2011:201). Abbildung 1 exemplifiziert die prozentuale Verteilung<br />
der Schüler auf die verschiedenen Schulformen, differenziert<br />
nach Staatsangehörigkeit.<br />
Abb. 1: Prozentuale Verteilung auf die Schulformen nach Staatsangehörigkeit<br />
im Schuljahr 2010/2011 in NRW. Quelle: MSW NRW<br />
2011:125. *F G/H und F R/GY stehen für: „Förderschulen in den<br />
Bildungsbereichen Grundschule, Hauptschule, Realschule und<br />
Gymnasium“ und bezeichnen die Förderschulen mit den verschiedenen<br />
Hauptförderschwerpunkten.<br />
Die obige Abbildung lässt nach einem kollektiven Start in der<br />
Grundschule einige markante Punkte im weiteren Schulverlauf<br />
der Schüler erkennen. Die Hauptschulen in NRW verzeichnen<br />
für das Schuljahr 2010/2011 mit 18,06 Prozent einen<br />
2,3 Mal höheren Anteil von nicht-deutschen Schülern<br />
gegenüber deutschen Schülern, deren Anteil an dieser Schulform<br />
bei 7,87 Prozent liegt. Dagegen werden die Gymnasien<br />
2,5 Mal häufiger von deutschen Schülern besucht (30,52 Prozent)<br />
als von Schülern mit nicht-deutscher Herkunft (11,94<br />
Prozent). Auffällig ist auch die Förderschulbesuchsquote<br />
nicht-deutscher Schüler, die mit 7,53 Prozent nahezu dem<br />
doppelten Anteil deutscher Förderschulbesucher (4,31 Prozent)<br />
entspricht. Als mögliche Erklärung hierfür wäre eine<br />
häufigere Empfehlung für eine sonderpädagogische Förderung<br />
an einer allgemeinen Schule im gemeinsamen Unterricht<br />
für deutsche Kinder denkbar im Vergleich zu Schülern mit<br />
nicht-deutscher Herkunft, die den statistischen Angaben zufolge<br />
tendenziell häufiger an Förderschulen sonderpädagogisch<br />
gefördert werden. Da bei den integrativ geförderten<br />
Schülern hinsichtlich ihrer Staatsangehörigkeit keine Differen-<br />
69 © Interculture Journal 2011 | 15
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
zierung vorgenommen wurde, lässt sich diese Vermutung anhand<br />
der vorliegenden schulstatistischen Daten nicht genauer<br />
überprüfen.<br />
Bezugnehmend auf den Förderschwerpunkt verdeutlicht Abb.<br />
2, dass 54,59 Prozent der nicht-deutschstämmigen Schüler<br />
eine sonderpädagogische Förderung im Schwerpunkt Lernen<br />
erhalten. Wohingegen lediglich 6,3 Prozent im Bereich Sprache<br />
als förderbedürftig eingestuft werden. Dies liegt insbesondere<br />
darin begründet, dass in der Ausbildungsordnung<br />
sonderpädagogischer Förderung für Schüler aus Zuwandererfamilien<br />
gemäß § 18 Abs. 1 (2010:3) Folgendes verordnet<br />
wird:<br />
„Fehlende Kenntnisse der deutschen Sprache begründen keinen sonderpädagogischen<br />
Förderbedarf. Bei Schülerinnen und Schülern ohne hinreichende<br />
Kenntnisse der deutschen Sprache ist der Antrag einer allgemeinen<br />
Schule auf Eröffnung des Verfahrens (§ 11 Abs. 1) wegen einer Lern- oder<br />
Entwicklungsstörung (§ 5) frühestens nach 20 Schulbesuchswochen möglich."<br />
Abb. 2: Ausländische Schüler nach Förderschwerpunkten im Schuljahr<br />
2009/2010 in NRW (Angabe in Prozent). Quelle: StaBa 2011:189.<br />
5. Fazit<br />
Rekapitulierend weisen die herausgearbeiteten statistischen<br />
Angaben auf eine scheinbar erhöhte Förderbedürftigkeit bei<br />
nicht-deutschen Kindern im Vergleich zu deutschen Kindern<br />
hin. Doch die asymmetrische Verteilung auf die verschiedenen<br />
Schulformen und die damit verbundene Überrepräsentativität<br />
von Kindern mit nicht-deutscher Herkunft an Förderschulen<br />
(siehe Abb. 1) verleihen diesem Faktum einen suspekten<br />
Eindruck und werfen die berechtigte Frage auf, welche<br />
benachteiligenden Faktoren dazu führen, dass überwiegend<br />
DAZ-Kinder eine schulische Förderung in Anspruch nehmen<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 70
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
müssen, um den Anforderungen des deutschen Schulsystems<br />
gerecht zu werden. Hierfür bieten die vorgestellten Aspekte,<br />
die zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs<br />
untersucht werden, möglicherweise einige Erklärungsansätze.<br />
Es wurde aufgeführt, dass in einer Person-Umfeld-Analyse<br />
mitunter auch die außerschulischen Lebensbedingungen der<br />
Kinder in den Untersuchungsfokus geraten. Dies bedeutet,<br />
dass neben der individuellen Entwicklung auch familiäre Voraussetzungen<br />
des Kindes hinsichtlich ihres Einflusses auf das<br />
Lernverhalten analysiert und in der Folge als förderliche bzw.<br />
hinderliche Bedingungen bewertet werden. Dabei schwingt<br />
im Hintergrund die Frage mit, welche Bedeutung dem Migrationsaspekt<br />
sowie dem Bildungs- und Berufsstatus der Eltern<br />
bei der Bewertung der Kriterien für einen sonderpädagogischen<br />
Förderbedarf zugesprochen wird. Ein weiteres Kriterium<br />
zur Feststellung der Förderbedürftigkeit stellt die <strong>Kommunikation</strong>sfähigkeit<br />
des Kindes dar. Hieran schließen sich<br />
sogleich die Fragen an, inwiefern die kommunikativen erstsprachlichen<br />
Kompetenzen bei bilingualen Kindern berücksichtigt<br />
werden und ob bei der Ermittlung des Sprachstandes<br />
das Bewusstsein dafür herrscht, dass beim sukzessiven Bilingualismus<br />
der bilinguale Erwerb mit dem monolingualen Erwerb<br />
vergleichbar ist, dass jedoch der zeitliche Ablauf der<br />
Zweitsprachentwicklung verzögert eintritt (Tracy 2008:<br />
126ff.). In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass<br />
alle 4-jährigen Kinder in NRW einem obligatorischen Sprachstandfeststellungsverfahren<br />
DELFIN 4 unterzogen werden, das<br />
darauf abzielt, Sprachdefizite durch entsprechende Fördermaßnahmen<br />
zu kompensieren. Hierbei bleibt es fraglich, ob<br />
ein Kind, das bereits in der Vorschule als sprachauffällig und<br />
förderbedürftig klassifiziert wurde, ein erhöhtes Risiko für eine<br />
Förderschulempfehlung trägt. Vor dem Hintergrund des<br />
monolingualen Habitus (Gogolin 1994) des deutschen Bildungssystems<br />
verdichten sich die Anzeichen, dass die migrationsbedingte<br />
Bilingualität des Kindes zunehmend als Problemfaktor<br />
fokussiert wird, da als Maßstab der monolinguale<br />
Spracherwerb fungiert. Diese Annahme lässt konkludieren,<br />
dass förderbedürftige Sprachschwierigkeiten in generelle<br />
Schwierigkeiten umdefiniert werden, wodurch wiederum eine<br />
erhöhte Förderbedürftigkeit nicht nur legitimiert, sondern<br />
auch perpetuiert wird (Gomolla / Radtke 2007:204). Die in<br />
Bezug auf den Förderschwerpunkt herausgearbeiteten Aspekte<br />
(siehe Abb. 2) exemplifizieren diese Vermutung und lassen<br />
zugleich die Frage aufkommen, warum DAZ-Kinder aufgrund<br />
ihrer unzureichenden Sprachkenntnisse überwiegend an eine<br />
Förderschule überwiesen werden (siehe Abb. 1), wo doch explizit<br />
darauf hingewiesen wird, dass Schüler ohne hinreichende<br />
Kenntnisse in der deutschen Sprache integrativ im gemeinsamen<br />
Unterricht an einer allgemeinen Schule sonder-<br />
71 © Interculture Journal 2011 | 15
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
pädagogisch gefördert werden sollen (AO-SF 2010 § 18 Abs.<br />
1). Bezugnehmend auf die obigen Ausführungen lässt sich<br />
schlussfolgern, dass Kinder mit nicht-deutscher Herkunft<br />
günstige Voraussetzungen für eine sonderpädagogische Diagnose<br />
mitbringen, wie in etwa ihre migrationsbedingte Bilingualität,<br />
ihr soziales Umfeld oder der Migrationsaspekt<br />
selbst. Diese Faktoren korrespondieren damit, dass aufgrund<br />
von ethnisierenden und kulturalisierenden Zuschreibungen<br />
seitens der Lehrkräfte die Bewältigung von künftigen schulischen<br />
Anforderungen bei Schülern mit nicht-deutscher Erstsprache<br />
per se angezweifelt wird (Gomolla / Radtke<br />
2007:211). Folglich führt dies dazu, dass ihnen weniger ein<br />
Gymnasiums- bzw. Realschulbesuch zugetraut wird. Somit<br />
scheinen Schulformen wie Förder- bzw. Hauptschulen als geeignetere<br />
Lernorte für diese Schüler zu fungieren. Ausgehend<br />
davon führt die Deklassierung in eine niedrige Schulform zu<br />
niedrig qualifizierenden Schulabschlüssen und in der weiteren<br />
Folge zur Minderung der Bildungschancen. Dieses Vorgehen<br />
wird durch die Selektionsmechanismen der (Grund-) Schule,<br />
wie beispielsweise durch einen Antrag zur Feststellung des<br />
sonderpädagogischen Förderbedarfs oder durch die Empfehlungsschreiben<br />
für die weiterführenden Schulen, plausibilisiert<br />
und legitimiert (Gomolla / Radtke 2007:213). Insofern gilt es,<br />
die Ursachen für das Scheitern von nicht-deutschstämmigen<br />
Kindern primär in institutionellen Gegebenheiten zu suchen,<br />
zu identifizieren und kritisch zu hinterfragen. Demzufolge<br />
erfordert dieser Tatbestand einen dringenden Handlungsbedarf,<br />
resolute Maßnahmen zur Aufdeckung und evaluativen<br />
Überprüfung der schulischen Selektions- und Ungleichheitsmechanismen.<br />
Dies wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg<br />
zur Beseitigung von institutioneller Diskriminierung und ethnischer<br />
Marginalisierung. Angesichts der ausgebreiteten Gedanken<br />
lässt sich an dieser Stelle abschließend in berechtigter<br />
und prononcierter Weise die Frage aufwerfen:<br />
Sind es die Schüler mit nicht-deutscher Herkunft, die den Anforderungen<br />
des deutschen Bildungssystems nicht gerecht<br />
werden oder ist es das deutsche Bildungssystem, das den Anforderungen<br />
einer Einwanderungsgesellschaft nicht gerecht<br />
wird?<br />
Literatur<br />
Fereidooni, K. (2011): Schule – Migration – Diskriminierung. Ursachen der<br />
Benachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund im deutschen<br />
Schulwesen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />
Gogolin, I. (1994): Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule.<br />
Münster, New York: Waxmann Verlag.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 72
Akbulut: Chancengleichheit – ein (ir)realistischer Anspruch?<br />
Gomolla, M. / Radtke, F. (2007): Institutionelle Diskriminierung. Die Herstellung<br />
ethnischer Differenz in der Schule. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />
Kultusministerkonferenz – KMK (1999): Empfehlungen zum Förderschwerpunkt<br />
Lernen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.10.1999.<br />
URL: http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUnd<strong>Aktuelle</strong>s/2000/sopale.<br />
pdf [Zugriff am 02.12.2011].<br />
Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen (2006): Sonderpädagogische Förderung in Nordrhein-Westfalen.<br />
Informationen für Eltern von Kindern mit Behinderungen. Bochum: Druckzentrum<br />
Hußmann GmbH.<br />
Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen (2011): Das Schulwesen in Nordrhein-Westfalen aus quantitativer<br />
Sicht 2010/11. URL: http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulsys<br />
tem/Statistik/2010_11/StatUebers373.pdf [Zugriff am 02.12.2011].<br />
Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung (MSWF) des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen (2002): Das pädagogische Gutachten. Sonderpädagogischer<br />
Förderbedarf und schulischer Förderort. Materialien Handreichung.<br />
Frechen: Ritterbach Verlag GmbH.<br />
Schulgesetz NRW – Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung –<br />
AO-SF. Schulministerium NRW (Hrsg.): AO – SF (Stand: 1.7.2010). URL:<br />
http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulrecht/APOen/AO_SF.pdf [Zugriff<br />
am 02.12.2011].<br />
Statistisches Bundesamt – StaBa (2011): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende<br />
Schulen. Schuljahr 2009/2010. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt,<br />
Fachserie 11, Reihe 1, 2009/10.<br />
Tracy, R. (2008): Wie Kinder Sprachen lernen und wie wir sie dabei unterstützen<br />
können. Tübingen: Francke-Verlag.<br />
1 Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur<br />
die maskuline Form Schüler verwendet.<br />
2 AO-SF steht für Ausbildungsordnung sonderpädagogischer<br />
Förderung.<br />
73 © Interculture Journal 2011 | 15
75<br />
79<br />
Rezensionen<br />
Rommerskirchen, Jan (2011): Prekäre <strong>Kommunikation</strong>:<br />
Die Vernehmung in der multikulturellen Gesellschaft<br />
Rezensiert von: Sara Dirnagl<br />
Hansen, Klaus P. (2011): Kultur und Kulturwissenschaft<br />
(4. Auflage)<br />
Rezensiert von: Alexandra Stang
„Prekäre<br />
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Kommunikati-<br />
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on: Die Vernehmung in<br />
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der multikulturellen Gesellschaft“<br />
von Jan<br />
Rommerskirchen<br />
First First name Surname<br />
Sara Dirnagl<br />
Please Please insert insert information information about about<br />
the the author author here here (e.g. (e.g. title, title, posiposi- Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
tion,tion, institution) institution)<br />
am Lehrstuhl für Interkulturelle<br />
<strong>Kommunikation</strong> und Konfliktforschung<br />
an der Universität der<br />
Bundeswehr München<br />
Dirnagl: „Prekäre <strong>Kommunikation</strong>: Die Vernehmung in der multikulturellen Gesellschaft“ von Jan<br />
Rommerskirchen<br />
Rezension<br />
Interkulturelle <strong>Kommunikation</strong> ist, wie jede <strong>Kommunikation</strong>,<br />
auch abhängig von ihrem Kontext und den Intentionen der<br />
Beteiligten. Gehen die Intentionen der Beteiligten nun sehr<br />
weit auseinander und ist die <strong>Kommunikation</strong> von starken<br />
Machtdifferenzen geprägt, kann von einer prekären <strong>Kommunikation</strong><br />
gesprochen werden. Jan Rommerskirchen untersucht<br />
diese Art der <strong>Kommunikation</strong> am Beispiel interkultureller Vernehmungen<br />
in der Polizeiarbeit in Deutschland. Er verbindet<br />
die sprachpragmatische Philosophie mit den <strong>Kommunikation</strong>s-<br />
und Kulturwissenschaften, indem er das Verhältnis zwischen<br />
<strong>Kommunikation</strong>, Kultur und Vernehmungen in der Polizeiarbeit<br />
untersucht. Das Ergebnis ist eine Reihe an <strong>Kommunikation</strong>sstrategien,<br />
die er speziell bei interkulturellen Vernehmungen<br />
ausmacht und auf theoretischer Ebene differenziert.<br />
Interkulturelle Vernehmungen kommen auf Grund der<br />
multikulturell zusammengesetzten Gesellschaft in Deutschland<br />
nicht nur immer häufiger vor, sondern gehen auch oft<br />
ohne ein konkretes Ergebnis aus. Wobei eine erfolgreiche<br />
Vernehmung bewusst aus Sicht der Vernehmenden, also aus<br />
kriminalistischer Perspektive, beobachtet wird. Das heißt, sie<br />
gilt dann als erfolgreich, wenn der Vernommene zu einem<br />
Geständnis oder einer Informationspreisgabe motiviert werden<br />
kann. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die <strong>Kommunikation</strong><br />
nach Ansicht Rommerskirchens entsprechend vom Vernehmenden<br />
geleitet und dirigiert werden, was besonders bei<br />
Gesprächen mit einer kleinen gemeinsamen kulturellen Basis<br />
spezifische Vorgehensweisen erfordert.<br />
Jan Rommerskirchen hat seine Dissertation in der Philosophie<br />
in einer leicht überarbeiteten Version 2011 beim VS Verlag<br />
für Sozialwissenschaften veröffentlicht. Unterteilt in Kapitel<br />
zur <strong>Kommunikation</strong>, zur Kultur, zur Vernehmung und zu<br />
Vernehmungen in der multikulturellen Gesellschaft werden<br />
auf sehr theoretischer Ebene Begriffe und Theorien erklärt<br />
sowie Strategien zur erfolgreichen interkulturellen Vernehmung<br />
entwickelt. Die kommunikationswissenschaftliche Definition<br />
von Vernehmungen von Reichertz und Schröer dient<br />
Rommerskirchen dabei als Grundlage für seine weitere Untersuchung.<br />
Vernehmungen als Beziehungsarbeit und als ein<br />
Aushandeln von Kooperation und Macht können hier nur<br />
durch gezielte <strong>Kommunikation</strong>sstrategien seitens des Vernehmers<br />
in die gewünschte Richtung geführt werden. Besonders<br />
bei interkulturellen Vernehmungen ist es nach Ansicht<br />
Rommerskirchens von großer Bedeutung, dass der Vernehmende<br />
über ein ausgeprägtes Wissen über Kultur und <strong>Kommunikation</strong>sgewohnheiten<br />
des Beschuldigten verfügt, da er<br />
nur so Rückschlüsse auf den möglichen deontischen Status<br />
und die eigene sowie fremde Rollenzuschreibung innerhalb<br />
75 © Interculture Journal 2011 | 15
Dirnagl: „Prekäre <strong>Kommunikation</strong>: Die Vernehmung in der multikulturellen Gesellschaft“ von Jan<br />
Rommerskirchen<br />
des Gesprächs ziehen kann. Der deontische Status entsteht<br />
nur dann, wenn die <strong>Kommunikation</strong>spartner sich jeweils zu<br />
einem normativen Status verpflichten und diese sich in Bezug<br />
auf die gemeinsame Situation in großen Teilen überschneiden.<br />
Die so entstehende Rollenzuschreibung ist essentiell in<br />
der Anerkennung von Macht. In Vernehmungen ist die Macht<br />
des Vernehmenden in erster Linie in seiner institutionellen<br />
Einbettung begründet, die Macht des Vernommenen liegt<br />
wiederum im Wissen über die Tat beziehungsweise über die<br />
eigene Rolle im Tathergang. Hier liegt auch das deutliche<br />
Dominanzgefälle in der Vernehmung begründet, da der Vernommene<br />
jederzeit das Gespräch verweigern und jeden Fortschritt<br />
verhindern kann. Auch die, oft kulturell geprägte<br />
Wahrnehmung des Beschuldigten von der Institution Polizei<br />
an sich beeinflusst die <strong>Kommunikation</strong> grundsätzlich, da sie<br />
in engem Zusammenhang mit der Autorität des Vernehmenden<br />
steht. Nur mit der Macht der Worte hat der Vernehmende<br />
hier dennoch die Möglichkeit eine Kooperation in der Vernehmung<br />
zu bewirken.<br />
Weiter kritisiert der Autor die von Habermas weiterentwickelte<br />
Theorie des Inferentialismus von Brandom. Dieser geht davon<br />
aus, dass in der diskursiven Praxis jeder Begriff immer<br />
auch in Relation zu anderen Begriffen steht. Er erhält nur<br />
durch den Sprecher Bedeutung, indem dieser ihm Bedeutung<br />
zuspricht und in Relation zu anderen Begriffen setzt. Der entsprechende<br />
Wahrheitsgehalt kann dann in der <strong>Kommunikation</strong><br />
verifiziert werden. Habermas hinterfragt die Möglichkeit<br />
dieser Verifikation und unterscheidet stattdessen zwischen<br />
wahren, wahrhaftigen und richtigen Sprechakten. Er weist<br />
zwar auf die Möglichkeit kultureller Differenzen in der Bedeutungszuschreibung<br />
hin, ist, so Rommerskirchen, in seiner<br />
Schlussfolgerung allerdings nicht konsequent. Da alle Sprechakte<br />
im Grunde einen normativen Charakter aufweisen und<br />
nur hinsichtlich der Möglichkeit der Verifikation in der <strong>Kommunikation</strong><br />
zu unterscheiden sind, nimmt Rommerskirchen<br />
lediglich eine Trennung zwischen normativen und deskriptiven<br />
Sprechakten vor.<br />
Weitere theoretische Grundlage ist Bocheńskis Definition von<br />
epistemischer, also auf Wissen beruhender, Autorität und deontischer<br />
Sanktions- sowie Solidaritätsautorität. Besonders die<br />
deontischen Autoritäten, die auf einer voluntativen Anerkennung<br />
beruhen, sieht Rommerskirchen als wichtigen Aspekt<br />
der Polizeiarbeit. Entscheidend für die Anerkennung der Autorität<br />
des Vernehmenden und das Einnehmen einer kooperativen<br />
Haltung, ist die freiwillige Einrichtung eines deontischen<br />
Status im Gespräch.<br />
Für die prekäre Gesprächssituation der Vernehmung stellt<br />
Rommerskirchen schließlich vier Beziehungsformen fest: Die<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 76
Dirnagl: „Prekäre <strong>Kommunikation</strong>: Die Vernehmung in der multikulturellen Gesellschaft“ von Jan<br />
Rommerskirchen<br />
Annahme, die Akzeptanz, die Verweigerung und die Ablehnung.<br />
Zu Beginn einer Vernehmung muss der Vernehmende<br />
den Grad der Beziehungsform feststellen, um entsprechend<br />
mit einer von Rommerskirchen formulierten <strong>Kommunikation</strong>sstrategie<br />
zu reagieren und eine Kooperation zu fördern.<br />
Einvernehmen, Beratung, Verhandlung und Vermittlung stellen<br />
die grundsätzlichen Strategien dar, die ein Verhör mit kultureller<br />
Differenz der Gesprächspartner zum kriminalistischen<br />
Erfolg verhelfen sollen. Sie sind jeweils als direkte Reaktion<br />
auf die zuvor festgestellten Beziehungsformen sowie Veränderungen<br />
im Gespräch zu verstehen und beinhalten insbesondere<br />
Ratschläge zur Nutzung von primär normativen oder<br />
deskriptiven Sprechakten. Da deontische Einstellungen die<br />
Person mit entsprechenden sozialen Gruppen verbindet, können<br />
sie ebenso eine prekäre Situation bezüglich normativer<br />
Rollenzuschreibungen bewirken. Hier kann der Vernehmende<br />
ansetzen und beispielsweise durch in-group Versprechen innerhalb<br />
der Vernehmung möglicherweise ein Geständnis bewirken.<br />
Der Leser erhält mit dem vorliegenden Buch einen umfangreichen<br />
Einblick in verschiedene Forschungsfelder, die Rommerskirchen<br />
als Grundlage für seine Theoriebildung nutzt. In<br />
anschaulicher Schreibweise, mit einigen Beispielen, werden<br />
neben den zentralen Begriffen auch Themen ergründet, die<br />
zunächst keinen direkten Zusammenhang mit der Fragestellung<br />
aufzeigen, dann aber von Rommerskirchen in einen Zusammenhang<br />
gebracht werden. So beispielsweise die Kapitel<br />
über „Wahrheit und Wahrhaftigkeit“, „Ordnung und Identität“,<br />
sowie „Einheit und Vielfalt“, die ein interessantes<br />
Grundlagenwissen vermitteln. Indem er sich mit den Theorien<br />
von Reichertz, Schröer und Brandom intensiv auseinandersetzt<br />
und diese weiterentwickelt, gelingt ihm eine schlüssige<br />
Theoriebildung für interkulturelle Vernehmungen. Ob diese<br />
Theorie bestätigt werden kann, müsste allerdings noch empirisch<br />
nachgewiesen werden. Ebenso ist es fraglich, ob das<br />
Grundkonzept der deontischen Kontenführung ausreicht, um<br />
ein so komplexes Vorgehen wie die menschliche <strong>Kommunikation</strong><br />
zu erfassen. Schließlich wird das Funktionieren der<br />
<strong>Kommunikation</strong> hier lediglich vom Gleichstand deontischer<br />
Konten und Bedeutungszuschreibungen abhängig gemacht.<br />
Im Sinne Kants folgert Rommerskirchen aus der Definition des<br />
Menschen als freies und vernünftiges Wesen, dass sich ein<br />
Mensch freiwillig bestimmten Regeln und Grundsätzen einer<br />
Kultur unterwirft und sich für einen normativen Status entscheidet.<br />
Genau hier ist auch die Notwendigkeit der Selbstreflexion<br />
im interkulturellen Kontakt erkennbar, die vom Autor<br />
noch besser hätte herausgearbeitet werden können. Besonders<br />
interessant ist die Auseinandersetzung mit Brandoms<br />
Inferentialismus, da hier der reziproke Zusammenhang zwi-<br />
77 © Interculture Journal 2011 | 15
Dirnagl: „Prekäre <strong>Kommunikation</strong>: Die Vernehmung in der multikulturellen Gesellschaft“ von Jan<br />
Rommerskirchen<br />
schen Wahrheit und <strong>Kommunikation</strong> deutlich wird. Im Anschluss<br />
hätte der Autor vielleicht noch genauer auf die<br />
dadurch sichtbare Dynamik sowie den Konstruktionscharakter<br />
der normativen Status und der Wirklichkeitswahrnehmung<br />
eingehen können.<br />
In seiner Diskussion zur Rolle des Vernehmenden entschließt<br />
sich der Autor überraschend zu einem Plädoyer, das an dieser<br />
Stelle aus dem Rahmen zu fallen scheint, da es nicht plausibel<br />
in den Argumentationsstrang passt. Ein Aufruf zur Öffnung<br />
der Vernehmungen für die Öffentlichkeit wäre vielleicht im<br />
Schlussteil der Arbeit eher angebracht. In Kapitel 4.4 statuiert<br />
der Autor außerdem, dass es in den gängigsten Vernehmungssituationen<br />
lediglich zwei Beziehungsformen gäbe: kulturelle<br />
Differenz und kulturelle Kongruenz. Hier ist zunächst<br />
der Begriff der kulturellen Kongruenz äußerst schwierig. Die<br />
kulturelle Prägung verschiedener Personen als deckungsgleich<br />
zu bezeichnen ist ein gewagtes Unterfangen, da es der Individualität<br />
und vielfältigen Prägung eines jeden Menschen widerspricht.<br />
Auch die Beschreibung dieser Zustände als zwei<br />
gegensätzliche Pole ist schwierig, weshalb er etwas später die<br />
Aussage reduziert und von einer Achse spricht, auf der sich<br />
die Beziehung einordnen lässt. Eine präzisere Definition der<br />
Begriffe wäre hier hilfreich. Obwohl Rommerskirchen Nationalität<br />
zunächst nicht als Ursache von Kultur bezeichnet, so<br />
erkennt er doch eine größere kulturelle Differenz bei Vernehmungen<br />
zwischen Deutschen und Menschen anderer Nationalität,<br />
als in einem mononationalen Gespräch. So sei beispielsweise<br />
das deontische Konto für einen Polizisten bei<br />
Deutschen gut gefüllt, was eine stark verallgemeinernde Aussage<br />
ist und an dieser Stelle erklärt werden müsste.<br />
Insgesamt handelt es sich um ein sehr lesenswertes Buch mit<br />
interessanten Ansätzen und neuen Ideen, das an einigen Stellen<br />
ausführlicher und genauer, an anderen wiederum kürzer<br />
und mit mehr empirischen Beispielen hätte ausfallen können.<br />
Die interdisziplinäre Verbindung von den <strong>Kommunikation</strong>swissenschaften<br />
mit den Kulturwissenschaften und einer<br />
grundlegenden philosophischen Herangehensweise lässt einen<br />
neuen Ansatz entstehen, der es vermag, selbst prekäre<br />
interkulturelle <strong>Kommunikation</strong> zu erforschen.<br />
Rommerskirchen, Jan (2011): Prekäre <strong>Kommunikation</strong>: Die<br />
Vernehmung in der multikulturellen Gesellschaft. Wiesbaden:<br />
VS Verlag für Sozialwissenschaften. 288 Seiten. Preis 39,95<br />
EUR. ISBN 978-3-531-17929-2.<br />
© Interculture Journal 2011 | 15 78
„Kultur und Kulturwissenschaft“<br />
von Klaus P.<br />
Hansen<br />
Alexandra Stang<br />
Projektmitarbeiterin Publikationen<br />
und Interkulturelle Bildung an der<br />
TU Kaiserslautern<br />
Stang: „Kultur und Kulturwissenschaft“ von Klaus P. Hansen<br />
Rezension<br />
Es scheint außer Frage, dass Kultur und damit auch die Kulturwissenschaften<br />
in all ihren Facetten im 21. Jahrhundert<br />
sowohl in privaten als auch beruflichen Kontexten eine neue<br />
Phase der Hochkonjunktur nach sich ziehen. „Nach 16 Jahren<br />
eine 4. Auflage zu erleben, ist höchstens Einführungen und<br />
Lehrbüchern vergönnt“ (2011:7), dies schreibt der renommierte<br />
und bekannte Passauer Professor und Kulturwissenschaftler<br />
Klaus P. Hansen hierzu in seinem Vorwort zu diesem<br />
Band. Sehr gute Gründe für die vorliegende, in weiten Teilen<br />
vollständig überarbeitete Publikation gibt es viele. Hervorzuheben<br />
sind dabei insbesondere die Komplexität von Globalisierungsprozessen<br />
und damit die Entstehung von transnationalen<br />
Räumen im Rahmen der gesellschaftlichen Veränderungen.<br />
Diese wurden durch Migrationsentwicklungen, Demografie,<br />
Mergers in der Wirtschaft oder auch durch die Entstehung<br />
von Social Networks im Internet während der letzten<br />
Jahre maßgeblich begünstigt.<br />
Die skizzierten Kontexte bleiben somit nicht ohne Folgen für<br />
unser Kulturverständnis, denn damit verbunden ist gleichsam<br />
ein Wandel weg von statischen, homogenisierenden und in<br />
sich abgeschlossenen Kulturmodellen hin zu offenen, dynamischen<br />
netzwerkorientierten Kulturkonzepten (Bolten 2007:<br />
45ff.) Diesen Ausgangsbedingungen trägt Klaus P. Hansen in<br />
seiner Auseinandersetzung mit dem neuen Kulturbegriff und<br />
der zugrundeliegenden Kulturwissenschaft in vollem Umfang<br />
Rechnung und veranschaulicht diese in angemessener Weise.<br />
Dabei bricht er das nationalstaatliche Denken ganz bewusst<br />
auf, ohne jedoch nationalkulturelle Aspekte komplett in Frage<br />
zu stellen. Basierend auf der Kohärenzproblematik (Rathje<br />
2009:83ff.) und der bis heute gängigen Ethnisierung des Kulturbegriffs<br />
setzt sich der Autor kritisch mit den klassischen<br />
Kulturdimensionen-Modellen, Kulturstandardsierungen und<br />
den daraus resultierenden Wertephilosophien auseinander.<br />
Da in komplexen Kollektiven als multikulturelle Konstrukte<br />
keine Einheit im klassischen Sinne des Kohärenzdenkens<br />
möglich ist, stellt Klaus P. Hansen bewusst die Frage nach<br />
dem Kulturträger und der Zusammengehörigkeit von Kulturen<br />
in den Mittelpunkt seiner Argumentation des komplett<br />
überarbeiteten Kollektivteils der vorliegenden Einführung.<br />
Nicht der kulturelle Einheitsgedanke, sondern die ausführlich<br />
beschriebene „Multikollektivität“ und „Polykollektivät“ und<br />
damit verbundene Vielfalt führen letztlich zu einem kohäsiven<br />
Zusammenhalt in einer Kultur (Hansen 2011:139ff.).<br />
„Kultur schwebt nicht über den Wassern, sondern wird konkret<br />
an Gegenständen angetroffen, die man Kulturträger nen-<br />
79 © Interculture Journal 2011 | 15
Stang: „Kultur und Kulturwissenschaft“ von Klaus P. Hansen<br />
nen könnte.“ (Hansen 2009a:7). Das theoretische Gerüst der<br />
vierten Auflage basiert daher auf der skizzierten Annahme,<br />
dass Kollektive als Kulturträger eine Kultur haben. Das kulturtheoretisch<br />
fundierte und nachvollziehbare Konzept der<br />
menschlichen Kollektivität speist sich andererseits aus zahlreichen<br />
Unterkollektiven, wie zum Beispiel den Team- oder Organisationskulturen.<br />
Die aktuelle Publikation lässt sich inhaltlich in sechs große Abschnitte<br />
unterteilen:<br />
Der erste Abschnitt umreißt Kultur als ein Phänomen, das uns<br />
alle betrifft. Es geht hierbei in erster Linie um ein Begriffsverständnis<br />
der Kultur und Kulturwissenschaft. Im zweiten Kapitel<br />
wird das Verhältnis von Kultur und Natur anhand von Beispielen<br />
kritisch diskutiert.<br />
Den dritten Schwerpunkt bilden „Standardisierungen, die in<br />
Kollektiven gelten“ (Hansen 2011:31ff.) Diese umfassen die<br />
Sprache, Aspekte des Denkens, Fühlens und Handelns, die<br />
auf den Grundlagen der Institutionentheorie basieren.<br />
Im Verlauf des vierten Abschnittes stellt der Autor seine neuen<br />
Erkenntnisse der Kollektivforschung vor, die auf der Veröffentlichung<br />
seines vorab erschienenen Buches „Kultur, Kollektiv,<br />
Nation“ (Hansen 2009b) basieren. Damit stellt Klaus P.<br />
Hansen den bis heute gebräuchlichen und teils unreflektierten<br />
Kategorisierungs- und Reduktionsschemata des 20. Jahrhunderts<br />
eine neue zeitgemäße Perspektive gegenüber. Diese<br />
belegt er im Rahmen seiner Argumentation ausführlich und<br />
nachvollziehbar mit anschaulichen Beispielen aus der alltäglichen,<br />
lebensweltlichen Praxis.<br />
Bis auf das bewährte Beispiel aus der Tennisclubszene wurde<br />
der vierte Schwerpunkt zu Individuum und Kollektiv komplett<br />
neu gefasst. Der Leser erhält somit eine fundierte Einführung<br />
in relevante Aspekte der Kollektivitätsforschung. Dazu gehören<br />
inhaltlich Begriffe wie Dachkollektiv, Multikollektivität,<br />
Polykollektivität, Präkollektiviät oder die pankollektive Klammer.<br />
All diese Aspekte sind untereinander vernetzt und machen<br />
Kultur und ihre vielfältigen Facetten in ihrer Komplexität<br />
erst begreifbar.<br />
Der fünfte Bereich diskutiert die Konsequenzen im Rahmen<br />
von Verallgemeinerungen und Pauschalurteilen, die mit der<br />
kollektiven Wahrnehmung verbunden sind.<br />
Den Abschluss der Einführung bilden philosophie- und<br />
sprachgeschichtliche Aspekte zu den Herausforderungen im<br />
Umgang und der Realisierung eines angemessenen Kulturverständnisses<br />
vor dem Hintergrund der Multi-, Inter- und Transkulturalität.<br />
Diese Aspekte leisten darüber hinaus einen Beitrag<br />
für ein entsprechendes Sinn- und Selbstverständnis.<br />
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Stang: „Kultur und Kulturwissenschaft“ von Klaus P. Hansen<br />
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Kollektivität bisher ein zu<br />
wenig beachtetes Forschungs- und Praxisfeld im Rahmen der<br />
interkulturellen Kompetenzforschung ist. Mit seinem vorgelegten<br />
Band wendet sich der Autor an alle Leserinnen und<br />
Leser aus Wissenschaft und Praxis, die sich mit Kultur und<br />
Fragen der Kollektivität beschäftigen.<br />
Die Publikation bietet im Zeitalter der Transnationalsierung<br />
und Hybridisierung eine hervorragend fundierte theoretische<br />
und anwendungsbezogene Grundlage zur praktischen Kultur<br />
bzw. Kollektivbeschreibung. Des Weiteren bietet sie die Möglichkeit,<br />
die Komplexität der beschriebenen Phänomene und<br />
damit verbundene Aspekte wie Zugehörigkeit oder Ausgeschlossenheit<br />
in Gesellschaft und Wirtschaft angemessen analysieren<br />
und abbilden zu können.<br />
Darüber hinaus offeriert das Buch eine solide Basis, um für<br />
die spezifischen Besonderheiten interkulturellen Handelns<br />
und des interkulturellen Kompetenzerwerbs vor dem Hintergrund<br />
eines offenen Kulturbegriffs zu sensibilisieren. Der Autor<br />
versteht diesen Sachverhalt zu thematisieren, ohne die<br />
Komplexität, mit der Kulturverstehen traditionell verbunden<br />
ist, unrechtmäßig zu reduzieren. Die besondere Leserfreundlichkeit<br />
des Bandes und pointierte Darstellungsweise mit Praxisbezug<br />
bleibt in der überarbeiteten Auflage vollständig erhalten.<br />
Hansen, Klaus P. (2011): Kultur und Kulturwissenschaft. Tübingen:<br />
A. Francke Verlag UTB. 304 Seiten. Preis 18,90 EUR.<br />
ISBN 978-3-8252-3549-9.<br />
Literatur<br />
Bolten, J. (2007): Einführung in die interkulturelle Wirtschaftskommunikation.<br />
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.<br />
Hansen, K. P. (2009a): Zulässige und unzulässige Komplexitätsreduktion<br />
beim Kulturträger Nation. Intercultural Journal 8(8), S. 7-18.<br />
Hansen, K. P. (2009b): Kultur, Kollektiv, Nation. Schriften der Forschungsstelle<br />
Grundlagen Kulturwissenschaft. Passau: Karl Stutz Verlag.<br />
Hansen, K. P. (2011): Kultur und Kulturwissenschaft. Tübingen: A. Francke<br />
Verlag UTB.<br />
Rathje, S. (2009): Der Kulturbegriff. Ein anwendungsorientierter Vorschlag<br />
zur Generalüberholung. In: Moosmüller, A. (Hrsg.): Kulturelle Differenz.<br />
Münchner Beiträge zur Interkulturellen <strong>Kommunikation</strong>. Münster: Waxmann<br />
Verlag, S. 83-106.<br />
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