Leuenberger Texte 2
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sollten kritisch aufgenommen und für das gemeinsame evangelische Verständnis des Abendmahls<br />
fruchtbar gemacht werden.<br />
2. In der Praxis des Abendmahls ist es in den Kirchen – in unterschiedlicher Weise – zu einem Wandel<br />
gekommen: zunehmende Häufigkeit der Abendmahlsfeiern und der Teilnahme am Abendmahl, das<br />
Abendmahl im sonntäglichen Gottesdienst, neue Formen der Abendmahlsfeier. Im Verständnis des<br />
Abendmahls haben die Aspekte Abendmahl als sichtbares Zeichen der Gemeinschaft, als Mahl der<br />
eschatologischen Freude und Hoffnung neues Gewicht bekommen. Dies läßt nach dem Verhältnis der<br />
neu wichtig gewordenen zu den traditionell vorherrschenden Aspekten im Verständnis des Abendmahls<br />
(z. B. Abendmahl als Zuspruch der Vergebung der Sünden, Zuordnung von Abendmahl und<br />
Beichte) fragen. Das gleiche gilt für die angemessene Gestalt der Abendmahlsfeier in ihrer möglichen<br />
Vielfalt und notwendigen Einheit.<br />
3. In der ökumenischen Begegnung und im Prozeß der Veränderung und Säkularisierung der Lebenswelt<br />
in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten brechen neue Fragen oder alte Fragen neu auf,<br />
so etwa die des Zugangs zum Abendmahl (Einladung zum Abendmahl an Glieder anderer Kirchen,<br />
Abendmahl mit Kindern, Abendmahl und Taufe). Dies läßt nach dem Zusammenhang von Abendmahl<br />
und Kirchenmitgliedschaft, Abendmahl und Bekenntnis, dem missionarischen Aspekt des<br />
Abendmahls und einer situationsgerechten und evangeliumsgemäßen Praxis fragen.<br />
4. In besonderer Weise ist in der Regionalgruppe – lutherisch-reformierte Unterschiede weit übergreifend<br />
– sichtbar geworden, wie unterschiedliche Prägungen von Kirchen und ihrer Frömmigkeitspraxis<br />
und unterschiedliche Herausforderungen in den verschiedenen Situationen und gesellschaftlichen<br />
Bedingungen die Lehre und Praxis des Abendmahls mitbestimmen. Darum erschien es<br />
gerade in dieser Regionalgruppe wichtig und bereichernd, sich den Fragen der Lehre und Praxis des<br />
Abendmahls zuzuwenden.<br />
Das hier vorliegende Beratungsergebnis kann und will nicht die Fragen der Lehre und Praxis des<br />
Abendmahls umfassend behandeln. Vielmehr ist es seine Absicht, für die gegenwärtige Situation<br />
einige grundlegende Aussagen zum Verständnis des Abendmahls vorzulegen und einen<br />
gemeinsamen Weg für die anstehenden Fragen der Praxis vorzuschlagen. Offen für neue Fragen und<br />
Einsichten, behutsam gegenüber bestehender Frömmigkeitspraxis soll die Vielfalt im Verständnis und<br />
der Gestaltung des Abendmahls aufgezeigt und das Gemeinsame, das uns allen gegeben und<br />
aufgegeben ist, hervorgehoben werden.<br />
Das Beratungsergebnis kam in einem mehrjährigen Prozeß zustande. Die Regionalgruppe Südeuropa<br />
hat sich dreimal zu Lehrgesprächen zum Thema "Der Zusammenhang von Abendmahlslehre,<br />
Abendmahlspraxis und Abendmahlsgemeinschaft" in Budapest (1989) und Gallneukirchen/ Österreich<br />
(1988 und 1990) getroffen. In diesen Lehrgesprächen hat jede der beteiligten Kirchen ihre<br />
Abendmahlspraxis und die aktuellen Entwicklungen und Fragen vorgestellt. Gemeinsamkeiten und<br />
unterschiedliche Akzente in Lehre und Praxis des Abendmahls in den verschiedenen Kirchen und<br />
gesellschaftlichen Situationen wurden diskutiert und in den Zusammenhang der grundlegenden<br />
theologischen Einsichten in Tradition und Gegenwart, insbesondere in den Zusammenhang der<br />
neueren exegetischen Erkenntnisse und der Ergebnisse der bilateralen und multilateralen ökumenischen<br />
Dialoge gestellt. Wichtig, fruchtbar und ermutigend war es, daß die Lehrgespräche eingebunden<br />
waren in die gelebte Abendmahlsgemeinschaft der Teilnehmer.<br />
Zum deutschen Sprachgebrauch: In dem vorliegenden Text wird, wie auch in der <strong>Leuenberger</strong> Konkordie,<br />
das Wort "Abendmahl" verwendet. Dieser Begriff hat sich in den protestantischen Kirchen ein-