Städt. Galerie im Fruchtkasten Kloster Ochsenhausen: Martina Geist ...

Martina Geist
tabula rasa –

einen Tisch machen.

Mit der Holzschneiderin
Martina Geist endet
ein erfolgreiches Ausstellungsjahr
in Ochsenhausen.
Der Holzschneiderin und Holzdruckerin
Martina Geist ist
die letzte Ausstellung des
Jahres im Fruchtkasten in Ochsenhausen
gewidmet. Die Arbeiten der
Stuttgarter Künstlerin, die vom 11. November
bis zum 13. Januar zu sehen sind,
beschließen in der Städtischen Galerie
eine erfolgreiche Kunstsaison. Allein die
Anfang Oktober zu Ende gegangene Große
Sommerausstellung mit dem Zeichner
Horst Janssen hatte fast 5.000 Besucher
angezogen.
Mit der Technik des Holzschnitts und
Holzdrucks bewegt sich Martina Geist in
einer 500-jährigen Tradition. Nach einer
ersten Blüte mit Albrecht Dürer in der
Renaissance und deren Wiederbelebung
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
erlangte diese Drucktechnik erst im 20.
Jahrhundert mit den Expressionisten und
später HAP Grieshaber vorübergehend
neue Bedeutung. Spätestens in den frühen
1980er-Jahren herrschte jedoch der
Eindruck vor, der Holzschnitt sei ausgelotet
und zum Medium der Traditionalisten
geworden, bis im deutschen Südwesten
ein Kreis junger Künstler Aufmerksamkeit
erregte, die dem Holzschnitt ein neues
und zeitgenössisches Gesicht gaben.
Diese um 1960 geborene Generation, zu
der Martina Geist gehört, ließen die gängigen
und nach Grieshaber zum Klischee
erstarrten Vorstellungen zum Holzschnitt
hinter sich. Ihre Arbeiten wurden malerischer
und flächiger. Hinzu kam die
Abkehr vom klassischen Pressen- und
Auflagendruck, der den Holzschnitt zum
Unikat und damit der Malerei ebenbürtig
machte.
Für diese Entwicklung
steht Martina
Geist exemplarisch.
In ihren Arbeiten bedient sie sich immer
wiederkehrender Gegenstände und
Formen, die sie in immer neue Beziehungen
zueinander bringt: Stühle, Becher,
Kannen, Löffel und Früchte, aber auch
geometrisch-architektonisch anmutende
Körper und Flächen. Ihre Bildmotive leben
oft von „reinen“ und leeren Tischen
und Räumen. Damit nimmt die Künstlerin
den Titel der Ausstellung „tabula rasa
– reinen Tisch machen“ – und des zur
Ausstellung erschienenen Katalogbuches
ganz wörtlich. Ergänzt werden die
Holzschnitte durch die farbig gefassten
Druckstöcke, die sich als eigenständige
Kunstwerke präsentieren, und neuerdings
auch durch Fotografien.
Mit ihrer Arbeit hat Martina Geist wesentlichen
Anteil an der Erneuerung des
Holzschnitts in Deutschland. Längst hat
ihr Werk für die Geschichte der Druckgraphik
und der Kunst aus dem deutschen
Südwesten kunsthistorischen Rang erreicht.
Michael Schmid
11.11.2012-13.01.2013
Städtische Galerie im Fruchtkasten des
Klosters Ochsenhausen, Schlossbezirk
D-88416 Ochsenhausen I T07352-9220-
26 I www.ochsenhausen.deI
Di-Fr 10-12 I 14-17, Sa So und Feiertag 10-
17 I 24./25. und 31.12. geschlossen
Abb.: Seite 22/23, Bühne 1, 2012,
Öl auf Holz, 3-teilig je 95 x 200 cm

Treppe zum Frühstück I, 2011, Öl auf Holz,
2-teilig, 70 x 200 cm
Tasse weiß I, 2012, Holzschnitt-Unikat, 81 x 56 cm