PUBLIC PRIVATE CONCEPTS
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FOCUS<br />
GESPRÄCH MIT MARKUS LOOSLI, VORSTEHER ALTERS- UND BEHINDERTENAMT KANTON BERN<br />
«Ich habe die NFA von Anfang an<br />
für eine gute Sache gehalten»<br />
Markus Loosli pflegt sich ebenso pointiert wie fundiert zu äussern. Im Gespräch mit<br />
«Public Private Concepts» äussert er sich zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der<br />
Aufgabenteilung (NFA), zu unternehmerischem Denken im Sozialbereich und zu einheitlichen,<br />
personenbezogenen Regelungen unabhängig vom Alter hilfebedürftiger Menschen.<br />
> Interview: Bernhard Schneider<br />
Herr Loosli, wie wirkt sich die Neue Finanzordnung<br />
NFA auf Institutionen, Verbände und Kantonsverwaltungen<br />
aus? Beginnen wir mit den positiven<br />
Folgen.<br />
Markus Loosli: Ich habe die NFA von Anfang an für<br />
eine gute Sache gehalten. Im Altersbereich beispielsweise<br />
strebt der Kanton Bern schon seit längerem<br />
die Betreuung hochbetagter Menschen<br />
möglichst nahe bei ihren Angehörigen, an ihrem<br />
Vertrauten Wohnort an. Wichtig ist eine klare Rollenteilung.<br />
Der Kanton muss die Rahmenbedingungen<br />
setzen, die Gemeinden müssen einen Konsens<br />
in der Definition von Pflege erreichen. Die<br />
Bedarfsplanung muss vom Kanton vorgegeben<br />
werden, denn in ländlichen Gebieten kann nicht in<br />
jedem Dorf ein Pflegeheim geführt werden. Die<br />
Grundhaltung «näher bei den Leuten» soll auch im<br />
Behinderten-Bereich angewandt werden. Der Bund<br />
ist zu weit von den Menschen entfernt.<br />
«Das Sozialwesen ist grundsätzlich<br />
Sache der Kantone.»<br />
Das Sozialwesen ist grundsätzlich Sache der Kantone.<br />
Der Bund leistet lediglich gewisse Anschubfinanzierungen<br />
im Bereich der Einkommenssicherung.<br />
Ich stehe zum Föderalismus, der viele Vorteile<br />
bietet, wenn die verschiedenen Bereiche der Mitfinanzierung<br />
im Gesundheitsbereich und im Sozialwesen<br />
sinnvoll ineinander greifen. Die Kantone<br />
sind zu unterschiedlich, als dass der Bund das Sozialwesen<br />
einheitlich regeln könnte, ausserdem ist<br />
das auch nicht nötig. Bis Ende 2007 hat der Bund so<br />
viele Vorgaben gemacht, dass man nicht von kantonaler<br />
Steuerung, sondern höchstens von kantonaler<br />
Ausführung sprechen konnte. Heute, unter der<br />
NFA, laufen alle Fäden beim Kanton zusammen,<br />
also Aufsicht, Qualitätsvorgaben, Finanzen und so<br />
weiter. In meinem Amt tragen wir umfassende Verantwortung<br />
gleichsam von der Wiege bis zur Bahre.<br />
Das zwingt uns zu einer Gesamtsicht.<br />
Für grosse Kantone wie Bern, Zürich, Waadt oder<br />
Genf leuchtet das ein, doch wie sehen Sie das bei<br />
kleinen Kantonen?<br />
Eine gewisse Grösse ist für die Wahrnehmung der<br />
Verantwortung unabdingbar, kleinere Kantone<br />
müssen zusammenarbeiten. Die knappe Million<br />
Einwohner des Kantons Bern ergibt eine gute Grösse.<br />
Andere Kantone erkundigen sich bei uns nach<br />
Lösungsstrategien.<br />
Sehen Sie auch negative Auswirkungen der NFA?<br />
Man kann die teilweise unterschiedlichen Regelungen<br />
in verschiedenen Kantonen ins Feld führen.<br />
Gleichzeitig zwingt das aber zu mehr Transparenz,<br />
da man sich gegenseitig die Handhabe erklären<br />
muss. Es kann sein, dass manche Kantone bedeutend<br />
weniger machen als der Bund zuvor getan hat,<br />
dies ist auch die Befürchtung aus Behindertenkreisen.<br />
Wo dies tatsächlich zutrifft, lässt sich jetzt<br />
noch nicht beurteilen. Ich bin der Meinung, wir seien<br />
im Kanton Bern einigermassen auf Kurs. Ein weiterer<br />
Punkt ist, dass der Bund einen sehr kostendynamischen<br />
Bereich an die Kantone abgegeben hat.<br />
Das heisst, Bundeshaushaltssanierungen gehen<br />
oft zu Lasten der Kantone.<br />
Die neue Pflegefinanzierung wird auf den 1. Januar<br />
2011 eingeführt. Was bringt sie Neues?<br />
Im Kanton Bern wird keine radikale Umstellung<br />
stattfinden, wir kennen als einer der wenigen Kan-<br />
4 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Januar 2011