12.06.2015 Aufrufe

Das Urbane

978-3-86859-239-9

978-3-86859-239-9

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wir sagten: das <strong>Urbane</strong> zeigt sich heute durchdrungen vom Konflikt zwischen<br />

Tauschwert und Gebrauchswert. Dieser Konflikt geht mitten durch<br />

uns Subjekte hindurch, berührt uns in unserem Leben und unserer Arbeit,<br />

mehr noch – die Grenzen zwischen Leben und Arbeiten erodieren zunehmend.<br />

Solcher Prozess ist im Tauschwert, in der Warenwertform angelegt.<br />

Die mediale Wertform tendiert dazu, die lebendigen Beziehungen in der<br />

Zirkulation des Geldes zu verschleiern, zu abstrahieren, sich vom menschlichen<br />

Willen abzulösen, kurz: sich zu objektivieren und so eine Realität<br />

der Ökonomie zu schaffen, die sich in den Beziehungen und der Abstraktion<br />

von Ware und Geld vergegenständlicht. Seltsamerweise aber folgen<br />

wir hier keinen fremden Mächten, sondern setzen diesen Prozess immer<br />

wieder selbst in Gang – das ist unser gelebter Fetischismus: <strong>Das</strong> Geheimnisvolle<br />

der Warenform lässt sich nur von der „Nebelregion der religiösen<br />

Welt“ her erklären: „Hier scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes<br />

mit eignem Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis<br />

stehende selbständige Gestalten. So in der Warenwelt die Produkte<br />

der menschlichen Hand.“ 473 Genau solches nennt Marx Fetischismus.<br />

Dieser haftet den Arbeitsprodukten an, „sobald sie als Waren produziert<br />

werden, und der daher von der Warenproduktion unzertrennlich ist.“ 474<br />

Der Fetischcharakter der Warenwelt entspringt „dem eigentümlichen gesellschaftlichen<br />

Charakter der Arbeit, welche Waren produziert.“ 475 Im <strong>Urbane</strong>n<br />

erweist sich derlei Fetischismus nicht nur als Produktionsweise oder<br />

Handlungsform, sondern auch als <strong>Das</strong>einsweise gesellschaftlicher, urbaner<br />

Wirklichkeit oder auch eine wirkliche Weise des Bewusstseins gesellschaftlicher<br />

urbaner Praxis. Je mehr eine Konsumwelt sich über uns stülpt, je<br />

weniger erkennen wir im Markt unser eigenes Werk. Ob sich das Werk von<br />

uns entfremdet hat und sich gegen uns wendet, ist noch nicht entschieden,<br />

eben weil die ökonomische Erscheinungsform der Ware durch das<br />

Ganze praktischer Tätigkeit des Menschen bestimmt wird. Deshalb kann<br />

das Studium der Ökonomie mit Marx nicht als empirisch im eigentlichen<br />

Sinne gelten. Es impliziert vielmehr eine Metakritik der Ökonomie, die<br />

auf der Bestimmung der Kategorien und der darin enthaltenen Momente<br />

unseres Selbstverhältnisses beruht. Es war Nietzsche, der bereits früh<br />

auf die phantasmagorische Seite hochentwickelter Gesellschaften verwies<br />

und damit die Kehrseite von Arbeit in den Blick nahm: das Leben. Anhand<br />

Nietzsches Auslegung der Produktion lässt sich an Strukturen der<br />

Produktion aktueller urbaner Lebensform herankommen und damit auf<br />

172

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!