16.06.2015 Aufrufe

Vortrag von Prof. Dr. Manfred Liebel

Vortrag von Prof. Dr. Manfred Liebel

Vortrag von Prof. Dr. Manfred Liebel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

oder sich durch demonstratives Gewalthandeln Aufmerksamkeit und Anerkennung<br />

zu verschaffen versuchen.<br />

• Eine spezielle Form, die erzieherische und strukturelle Aspekte vereint und auf die<br />

Partizipation der Betroffenen (auch der Kinder) setzt, wird heute vielfach in Ländern<br />

praktiziert, die häufig <strong>von</strong> Naturkatastrophen heimgesucht werden: disaster risk reduction.<br />

Partizipativ verstandener Kinderschutz lässt sich durch folgende Maximen kennzeichnen:<br />

• Betrachtet Kinder nicht nur unter dem Aspekt tatsächlicher und möglicher Gefährdungen,<br />

sondern als Subjekte mit vielfältigen Eigenschaften und in ihrem gesamten<br />

Lebenskontext.<br />

• Zielt nicht vorrangig darauf ab, Gefahren <strong>von</strong> den Kindern abzuwenden, sondern will<br />

Kindern – wo immer möglich – erleichtern und sie ggf. in die Lage versetzen, möglichen<br />

Gefahren selbst aktiv zu begegnen und sich ihnen zu widersetzen.<br />

• Kinder entscheiden nicht nur über die Art und Weise des Schutzes mit, sondern können<br />

auch mitbestimmen, vor welchen Gefahren sie überhaupt geschützt werden wollen,<br />

d.h. Partizipation wird nicht nur instrumentell verstanden werden.<br />

• Kinder werden nicht sich selbst überlassen, sondern zu und mit ihnen wird ein Verhältnis<br />

angestrebt, dass sie mit ihren eigenen Sichtweisen und Kompetenzen respektiert.<br />

Beispiel 1: Arbeitende Kinder in Lateinamerika<br />

Eine Straßenkreuzung mit Verkehrsampeln in einer mittelamerikanischen Stadt, an der Kinder<br />

Süßigkeiten und Zeitungen verkaufen. Mit dem Argument, die Kinder „vor wirtschaftlicher<br />

Ausbeutung zu schützen“ und um zu zeigen, dass sie etwas gegen die Armut unternimmt,<br />

lässt die Regierung diese Tätigkeiten nicht mehr zu und die Polizei vertreibt sie <strong>von</strong><br />

der Straße. Die Kinder sehen sich daran gehindert, weiterhin ihre Familie zu unterstützen,<br />

und bestehen auf ihrem Recht, arbeiten zu können. Statt <strong>von</strong> ihren Arbeitsplätzen vertrieben<br />

zu werden, verlangen sie <strong>von</strong> der Polizei, sie vor aggressiven Autofahrern zu schützen. Außerdem<br />

machen sie der Stadtverwaltung konkrete Vorschläge, wie ihre Situation an der<br />

Straßenkreuzung zu verbessern sei: die Trennlinien zwischen den Fahrspuren sollen verbreitert<br />

werden, um Unfälle zu vermeiden, und am Straßenrand sollen Unterstände errichtet<br />

werden, um sich vor der Sonne schützen und ausruhen können.<br />

Beispiel 2: Grundschule in Deutschland.<br />

Ein Mädchen ist auf der Toilette <strong>von</strong> einem schulfremden Mann sexuell bedroht worden. Auf<br />

einer Elternversammlung wird daraufhin gefordert, nach Unterrichtsbeginn das Schulgebäude<br />

abzuschließen. Von einer Lehrerin darauf angesprochen, machen Kinder dagegen den<br />

Vorschlag, selbst auf schulfremde Personen zu achten und nicht allein auf die Toilette zu<br />

gehen. In allen Klassen wird besprochen, wie die Kinder sich in dieser und vergleichbaren<br />

Situationen am besten selbst schützen und gegenseitig helfen können.<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!