PSP-Rundschau
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<strong>PSP</strong>‐<strong>Rundschau</strong> Nr. 18<br />
Palliativmedizin und Palliative Care<br />
Prof. Dr. med. Stefan Lorenzl<br />
Facharzt für Neurologie, Palliativmedizin, Dipl. Pall. Med. (Univ. Cardiff)<br />
Palliative Care beschäftigt sich mit der Pflege<br />
und Betreuung von Menschen mit einer unheilbaren<br />
und fortschreitenden chronischen Erkrankung.<br />
Darunter verstehen die meisten<br />
Menschen Tumorerkrankungen, wie Brustkrebs<br />
oder Hirntumore. Oft wird Palliative Care<br />
auch missverstanden, wenn es lediglich auf die<br />
letzte Lebensphase eines Menschen beschränkt<br />
wird. Palliative Care umfasst allerdings<br />
viel mehr. Das Wort hat seinen Ursprung<br />
im Lateinischen „palliare“ und bedeutet nichts<br />
anderes als lindern. Teilweise wird auch das<br />
lateinische Wort „pallium“, das Mantel bedeutet,<br />
zur Erklärung von Palliative Care herangezogen.<br />
Wenn man die beiden Begriffe zusammenführt,<br />
so entsteht die Idee vom „Geborgen<br />
sein“, den Mensch im Mittelpunkt sehend und<br />
damit einer Medizin, die sich dazu verschrieben<br />
hat, das Leiden kranker Menschen zu lindern.<br />
Damit ist allerdings Palliative Care nicht<br />
auf die Endphase der Erkrankungen beschränkt.<br />
Vielmehr gehört Palliative Care frühzeitig<br />
in die Behandlung eingebunden. Neuere<br />
Studien haben gezeigt, dass dadurch die Lebensqualität<br />
der betroffenen Patienten und der<br />
Angehörigen verbessert werden kann und sich<br />
die Lebenszeit, die man im guten Zustand verbringt,<br />
sogar noch verlängert.<br />
Palliative Care sieht den Menschen im Mittelpunkt,<br />
allerdings berücksichtigt sie auch das<br />
Umfeld. Der Patient ist immer der Erkrankte,<br />
aber die Angehörigen tragen oft die Last und<br />
die Widrigkeiten, die mit einer chronischen Erkrankung<br />
verbunden sind, mit. Man spricht daher<br />
von der „Unit of Care“ und meint damit,<br />
dass der Patient und die Angehörigen eine Einheit<br />
bilden. Das betont auch, dass sich die Bedürfnisse<br />
der Angehörigen eng an die des Patienten<br />
anlehnen. Auch sie bedürfen häufig einer<br />
Begleitung und einer besonderen Beachtung.<br />
Die oft lange aufopfernde Pflege und der<br />
tägliche Kampf mit Veränderungen lasten nicht<br />
selten schwer auf ihnen.<br />
Im Mittelpunkt von Palliative Care oder Palliativmedizin<br />
steht die Behandlung von belastenden<br />
Symptomen. Dies müssen nicht immer<br />
Schmerzen sein, sondern gerade bei unseren<br />
Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen<br />
kann es sich in einem vermehrten Speichelfluss<br />
aufgrund eines verminderten Schluckens,<br />
vermehrten Stürzen, Depressionen und<br />
Antriebsmangel manifestieren. Dazu kommen<br />
immer wieder die Schwierigkeiten im sozialmedizinischen<br />
Bereich. Das Einordnen der<br />
Pflegebedürftigkeit, das Erlangen einer Parkerleichterung<br />
oder der Wechsel aus einer lange<br />
bekannten Wohnung in eine neue andere<br />
Wohnung. Bei sehr komplexer und schwerer<br />
Symptomkontrolle, ist oft die ambulante Therapie<br />
nicht möglich. In diesen Fällen kann man<br />
beispielsweise auf eine Palliativstation eingewiesen<br />
werden. Dort ist der Personalschlüssel<br />
in der Regel deutlich höher als auf regulären<br />
Krankenhausstationen, sodass sämtliche<br />
Therapeuten für die Pflege und die Ärzte auch<br />
mehr Zeit für die Patienten aufwenden können.<br />
Die Aufnahme auf eine Palliativstation bedeutet<br />
nicht, dass man sterbend sein muss. Lediglich<br />
die Höhe der Symptomlast entscheidet<br />
über die Aufnahme.<br />
Quelle: Fotalia<br />
Seite 20