10SOMMER 15 // <strong>BLATTZEIT</strong> // MENSCHEN UND IDEEN TEXT: Kathrin Gerlof, lebt und arbeitet als Autorin und Journalistin in Berlin und in der Altmark. www.textbuero-gerlof.de FOTOS: Julia Nowak DIE LIEBESERKLÄRUNG EINER POWERFRAU
11 SOMMER 15 // <strong>BLATTZEIT</strong> // MENSCHEN UND IDEEN WIEDER ZURÜCK UND NIE MEHR WEG DER WEG VON BERLIN- LICHTENBERG IN DIE UCKERMARK IST NICHT SO WEIT. ODER DOCH? ES KOMMT AUF DEN BLICKWINKEL AN. Nadine Wunsch ist 1980 in Lichtenberg geboren als Tochter einer Mutter, der andere Leute wahrscheinlich oft die berühmten Hummeln im Hintern bescheinigt haben. Möglicherweise hat Nadine das geerbt – dieses Umtriebige, das eingefahrene Wege meidet und eine Vorliebe für anstrengende Vorhaben hat. Auch wenn sie heute richtig sesshaft geworden ist. In der Uckermark. Weil es dort schön ist, weil man sich in ihr und mit ihr ein Leben erfinden kann, das passt. Auch zu einer so Zappligen, wie Nadine Wunsch, die eigentlich Wunsch-Fischer heißt, aber das ist den meisten Nachbarn irgendwie zu lang. Der kleine Ort Buchenhain in der nordwestlichen Uckermark ist so wie viele kleine und etwas größere Orte im Boitzenburger Land. Ein Flecken, der den Gedanken zulässt: Hier könnte ich mal zur Ruhe kommen. Oder: Wie wäre es eigentlich, wenn ich jetzt einfach alles vergesse, was in meinem Terminkalender steht, und hierbleibe. Ich miete mir irgendwo ein Zimmer und schalte drei Gänge runter. Viele Menschen haben an Buchenhain eine wunderbare Erinnerung. Denn hier steht das Landhaus Arnimshain und in dem haben schon eine Menge Hochzeitsfeiern stattgefunden. Andere Feste auch, aber Hochzeit, das bleibt ja – so hofft man zumindest – auf ewig und ewig eine der schönsten Erinnerungen des Lebens. Nadine Wunsch hat 1996 im Landhaus Arnimshain ihre Ausbildung zur Köchin begonnen. Heute ist sie Besitzerin und Chefin des Anwesens. Das ist eine Entwicklung, die ein bisschen nach Roman oder Montagabendfilm klingt. Köchin zu werden, das war für die damals 16-Jährige nicht unbedingt der Traumberuf. Als Kind hatte sie Großmutter und Eltern mit ihrer Tierliebe vor große Herausforderungen gestellt. Sie brachte Pferde nach Hause, wenn die nicht angebunden waren, und einmal ist sie in Angermünde, wo ihre Großmutter lebte, in einen Teich gestiegen, auf dem eine Schwanenfamilie schwamm. Niemand kriegte das Kind da wieder raus, denn die Schwaneneltern verteidigten die kleine Nadine, als sei sie eines der Kinder. In Marzahn, wo Nadine damals wohnte, stieg sie regelmäßig in den Springbrunnen, in dem es aber keine Schwäne und auch keine Fische gab. 1989 zogen die Eltern nach Gut Falkenhain und gründeten eine Pension, wo auch vom Aussterben bedrohte Haustierrassen gezüchtet werden. Hühner, Schafe, Pferde, Schweine. Nadine konnte sich einfach nicht entscheiden, wie es nach der Schule weitergehen sollte. Jede Festlegung bedeutete ja zugleich, dass man sich gegen all die anderen interessanten Sachen entscheidet – ein Dilemma, dass einer neugierigen und lebenshungrigen Person sehr wohl Kopfzerbrechen bereiten kann. Zumindest aber kristallisierte sich irgendwann heraus, dass der weitere Schulbesuch, um Abitur zu machen, nicht weit oben auf der Wunschliste stand. Obwohl die Zeugnisse es hergegeben hätten. Aber im Landhaus Arnimshain, das 1994 eröffnet worden war, wurden Köche und Restaurantfachleute ausgebildet. Dann werde ich Köchin, entschied Nadine und fing an. 35 Kilo Johannisbeeren rappeln, das war ihr erster Ausbildungstag – wenn sie daran denkt, muss sie noch heute lachen. Kein berauschender Einstieg, aber nach und nach machte die Sache Spaß. Trotzdem kam nach einem dreiviertel Jahr die Krise. „Ich wollte schmeißen und Abitur machen. Aber dann bin ich zu