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aus dem rathaus dal municipio gemeinde

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8<br />

Spuren der Geschichte<br />

Die Kalköfen in Andrian<br />

Verborgene Schätze <strong>aus</strong> der Geschichte<br />

unseres Dorfes – so<br />

könnte man die drei Kalköfen in<br />

und um Andrian bezeichnen. Der<br />

Historiker und Südtirolfreund<br />

Jürgen Fricker hat in dieser Geschichte<br />

geblättert. Nachfolgend<br />

sein Bericht.<br />

„Den letzten seines Standes“ wird<br />

man heutzutage in Andrian vergeblich<br />

suchen: den Kalkbrenner. In<br />

Oberbayern, in Kochel am See, wird<br />

noch Kalk nach einer traditionellen<br />

Methode gebrannt. In Andrian, das<br />

über drei teilweise erhaltene Kalköfen<br />

bzw. einen restaurierten Kalkofen<br />

verfügt – davon liegt einer „versteckt“<br />

in einem Hof in Andrian - ,<br />

die auf das Mittelalter und die frühe<br />

Neuzeit zurückgehen, sind diese<br />

Öfen zugunsten der industriellen<br />

Fertigung schon längst „erkaltet“.<br />

Kalk, Sand und Wasser sind die<br />

Grundkomponenten des mittelalterlichen<br />

Mörtels für Steinbauten; der<br />

Kalk wurde in der Regel unmittelbar<br />

an der B<strong>aus</strong>telle in eigens errichteten<br />

Öfen gebrannt und sofort verarbeitet.<br />

Der Spurensuche, historischen Recherche<br />

und vor allem tatkräftigen<br />

Initiative von Johann Mathà<br />

ist es zu verdanken, dass der größte<br />

noch existierende, wenn auch<br />

bereits überwucherte, als Mülldeponie<br />

missbrauchte und teilweise<br />

verfallene Kalkofen in Andrian<br />

2005/2006 durch die Schützenkompanie<br />

in Eigeninitiative freigelegt<br />

und restauriert wurde. Man erreicht<br />

ihn Richtung Nals auf einem <strong>aus</strong>geschilderten<br />

Waldweg, der hinter<br />

<strong>dem</strong> Sportgelände abzweigt.<br />

Idyllisch liegt er, fernab des Straßenlärms,<br />

versehen mit einer informativen<br />

Schautafel, die das Kalkbrennen<br />

erklärt und einer den<br />

historischen, andrian-spezifischen<br />

Kontext erläuternden Tafel der Initia-<br />

toren.<br />

5/2011<br />

Zeugen der Geschichte sind die Kalköfen, in denen im Mittelalter noch Kalk hergestellt und vorwiegend<br />

nach Bozen geliefert wurde. Fotos: Jürgen Fricker<br />

Bereits Marx Sittich von Wolkenstein<br />

formulierte in seiner „Landesbeschreibung<br />

von Tirol im 16.<br />

Jahrhundert: „In diesen fyrtel Andrian<br />

prent man vil Kalch so man<br />

das meist gen Pozen gefirt wird vnd<br />

gross gelt dar <strong>aus</strong> lassen.“<br />

Das „böse“ oder „schädliche“ Kalkwasser<br />

brachte auch den Kalkstein<br />

vom Gantkofel durch die Gaider-<br />

oder Höllentalschlucht nach Andrian<br />

herab. Zur Befeuerung des Kalkofens<br />

und <strong>dem</strong> in etwa viertägigen<br />

Brennvorgang brauchte man eine<br />

enorme Menge Holz. Doch das<br />

Kalkbrennen lohnte sich für die in<br />

diesem Gewerbe Arbeitenden. Ohne<br />

Bezahlung halfen sie beim Herrichten<br />

der bäuerlichen Rebflächen<br />

und bedingten sich als Lohn die<br />

Kalksteine <strong>aus</strong>, die sie <strong>aus</strong> der Erde<br />

klaubten (Auskunft Johann Mathà).<br />

Der Kalk wurde hauptsächlich nach<br />

Bozen geliefert. Leider kann man<br />

nicht mehr ermitteln, wie viele Bauten<br />

in „Pozen“ mit Hilfe des Andrianer<br />

Kalkes entstanden – aber die Dimension<br />

des restaurierten Kalkofens<br />

beweist, dass große Mengen geliefert<br />

wurden.<br />

Auch auf der Straße von Andrian<br />

nach Unterrain unter der Felsformation<br />

„Hangender Stein“ sieht man<br />

am Wegesrand im Wald Überreste<br />

eines schön gemauerten Kalkofens,<br />

ebenso oberhalb von Andrian auf<br />

<strong>dem</strong> Weg von Gaid nach Perdonig.<br />

Die Kalkherstellung selbst ist seit<br />

T<strong>aus</strong>enden von Jahren bekannt –<br />

<strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Vorderen Orient oder der<br />

der Zeit des „klassischen Altertums“.<br />

Methoden wie Techniken<br />

veränderten sich, je nach<strong>dem</strong>, welche<br />

Brennmaterialien zur Verfügung<br />

standen und welchen Bedarf<br />

man decken wollte: für den mittelalterlichen<br />

Mörtel, der Jahrhunderte<br />

überdauerte, oder zum Weißeln bzw.<br />

als Rohmaterial für den Kirchenmaler,<br />

wie im bayerischen Oberland<br />

noch heutzutage.<br />

Bleibt zu hoffen, dass diese Bauwerke<br />

der Handwerks- und Technikgeschichte<br />

in und um Andrian<br />

nicht nur erhalten, sondern auch<br />

nachhaltig gepflegt werden.<br />

Anm.: Der Text mit Angaben über<br />

Quellen liegt im Gemeindeamt auf.<br />

Jürgen Fricker

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