Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor
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www.molkerei-industrie.de<br />
Offizielles Organ des<br />
1Januar 2012
<strong>Nachhaltigkeit</strong><br />
<strong>als</strong> <strong>Wettbewerbsfaktor</strong><br />
Erfolgsbausteine eines strategischen <strong>Nachhaltigkeit</strong>smanagements<br />
Unsere Autoren<br />
Dr. Christoph Willers (Senior Manager<br />
Rölfs RP Management Consultants,<br />
Branchenteam Agrar & Ernährung), Dr.<br />
Torsten Weber (Manager Rölfs RP Management<br />
Consultants, Branchenteam<br />
Agrar & Ernährung), E-Mail: torsten.weber@roelfspartner.de,<br />
Rölfs RP Management<br />
Consultants GmbH, Grafenberger<br />
Allee 159, 40237 Düsseldorf, www.roelfspartner.de<br />
Das Bekenntnis zur Übernahme<br />
ökologischer und sozialer Verantwortung<br />
ist zu einem strategischen<br />
Differenzierungs- und damit <strong>Wettbewerbsfaktor</strong><br />
für die Agrar- und Ernährungswirtschaft<br />
geworden. Die<br />
branchenspezifische Auseinandersetzung<br />
um die unternehmerische<br />
Verantwortung nimmt dabei stetig<br />
zu. Weiterhin ist zu beobachten, dass<br />
sich die Konsummuster hinsichtlich<br />
„nachhaltig produzierter Lebensmittel“<br />
verändern. Hinzu kommt die<br />
starke mediale Präsenz, welche die<br />
Popularität des Themas weiter vorantreibt.<br />
Die Übersicht über die Vielzahl<br />
unterschiedlicher Definitionen, Herangehensweisen<br />
und Umsetzungen<br />
geht für die Verantwortlichen jedoch<br />
Abbildung 1: Stakeholderansprüche zur <strong>Nachhaltigkeit</strong> in der Milchwirtschaft<br />
mitunter verloren. Die Thematik stellt<br />
daher auch die Milchwirtschaft vor<br />
große Herausforderungen.<br />
Die nachfolgenden Ausführungen<br />
fokussieren die Bedeutung des Themas<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong> <strong>als</strong> Teil des unternehmerischenManagementprozesses.<br />
Die öffentliche Wahrnehmung<br />
und der thematische Umgang müssen<br />
dabei grundlegende Berücksichtigung<br />
finden. Darauf aufbauend ist<br />
die Orientierung an zentralen Erfolgsbausteinen<br />
eines effektiven und<br />
effizienten <strong>Nachhaltigkeit</strong>smanagements<br />
unabdingbar.<br />
„Tue Gutes und<br />
rede darüber!“ – Themen<br />
in der Milchwirtschaft<br />
Speziell in der Milchwirtschaft gelten<br />
Themen wie Methanausstoß, nachhaltige<br />
Energieversorgung, gentechnisch<br />
veränderte Futtermittel oder<br />
ökologische Verpackungen <strong>als</strong> wich-<br />
tiger Diskussionsstoff für die Öffentlichkeit.<br />
Dabei versuchen Unternehmen<br />
aktiv kommunizierend diese<br />
und andere Themen zu nutzen, um<br />
zu zeigen, wie nachhaltig ihre Unternehmensstruktur<br />
und Prozessketten<br />
ausgerichtet sind.<br />
Dabei sollte im ersten Schritt geklärt<br />
werden, welche Anspruchsgruppen<br />
(sog. Stakeholder) <strong>als</strong> „Treiber<br />
des nachhaltigen Gedankens“<br />
– und wiederum auch <strong>als</strong> Adressaten<br />
von Informationen – gelten (Abb.<br />
1). Grundsätzlich stellt die Gruppe<br />
der Verbraucher die wichtigste Anspruchsgruppe<br />
dar, schließlich entscheidet<br />
sie über das Maß der Nachfrage.<br />
Bis heute ist oftm<strong>als</strong> ungewiss,<br />
wie viel genau der Einzelne am Point<br />
of Sale tatsächlich mehr für nachhaltige<br />
Produktionsweisen bezahlen<br />
würde. Aufgrund ihrer öffentlichen<br />
und medialen Wirkung gelten darüber<br />
hinaus die Gruppen der Medien<br />
01/12 � molkerei-industrie.de<br />
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Abbildung 2: Danone-Konfrontation mit Foodwatch-Kampagne (Quelle: www.abgespeist.de)<br />
und NGOs (Non Governmental Organizations)<br />
<strong>als</strong> besonders bedeutsam.<br />
Neben den ökologisch geprägten<br />
Themen, wie bspw. der Reduzierung<br />
des Methan-Ausstoßes oder dem<br />
Rückgriff auf erneuerbare Energien in<br />
der Produktion, spielen derzeit Animal<br />
Welfare oder die neue ISO-Norm<br />
26000 („Norm zur sozialen Verantwortung“)<br />
eine besondere Rolle. Vielfach<br />
werden diese Aspekte von Unternehmen<br />
aufbereitet und entsprechend<br />
kommuniziert. Häufig finden sich<br />
hierzu konkrete Zahlen und Fakten<br />
zur nachhaltigen Wirtschaftsweise<br />
auf der Firmenhomepage oder in speziellen<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong>sberichten.<br />
„Die andere Seite<br />
der Medaille“ – im Fokus<br />
der Öffentlichkeit<br />
Neben der beschriebenen „proaktiven“<br />
Kommunikation müssen sich<br />
Unternehmen hinsichtlich ihres<br />
(nicht-)nachhaltigen Wirtschaftens<br />
immer wieder kontroversen Diskussionen<br />
stellen. In letzter Zeit sah sich<br />
auch die Milchwirtschaft mit dieser<br />
Situation konfrontiert.<br />
So wirft Foodwatch Danone eine<br />
„Werbelüge“ im Zusammenhang<br />
mit einem neuen „nachhaltigeren“<br />
28 01/12 � molkerei-industrie.de<br />
Joghurt-Becher aus Maisstärke vor.<br />
Es wird kritisiert, dass der neue Becher<br />
nicht umweltfreundlicher <strong>als</strong><br />
der alte sei. Zudem werde er auch<br />
nicht recycelt. Dennoch präsentiere<br />
sich das Unternehmen <strong>als</strong> Vorreiter<br />
in Sachen Umweltschutz und <strong>Nachhaltigkeit</strong>.<br />
Foodwatch veröffentlichte<br />
eine Online-Protestaktion gegen dieses<br />
„Greenwashing“ (Abb. 2). Mehr <strong>als</strong><br />
7.000 Verbraucher beschwerten sich<br />
bereits bei Danone. Die Deutsche Umwelthilfe<br />
(DUH) hat das Unternehmen<br />
zudem wegen der irreführenden Werbeaussagen<br />
verklagt und vor Gericht<br />
Recht bekommen. Das Unternehmen<br />
muss seine Werbeaussagen ändern.<br />
Ein Beispiel wie dieses zeigt, dass Unternehmen<br />
vor der Herausforderung<br />
stehen, nachhaltige Aspekte und Kriterien<br />
entlang ihrer kompletten Supply<br />
Chain sorgfältig zu berücksichtigen.<br />
Erfolgsbausteine<br />
des nachhaltigen<br />
Managements<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong> <strong>als</strong> konzeptioneller<br />
Ansatz zur Lösung ökonomischer,<br />
ökologischer und sozialer Herausforderungen<br />
(sog. „Drei-Säulen-Ansatz“)<br />
wird nur dann erfolgreich sein, wenn<br />
sie in das Kerngeschäft integriert und<br />
zum Business Case wird. Isolierte<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong>sprogramme oder -aktivitäten<br />
können zwar Impulse set zen,<br />
führen aber nicht wirklich zu dauerhaften<br />
– und damit nachhaltigen –<br />
Lösungen. Integrierte Vorgehensweisen<br />
ziehen dagegen übergreifende<br />
Optionen mit ein und harmonisieren<br />
unternehmensübergreifend die unterschiedlichen<br />
Maßnahmen zum<br />
nachhaltigen Wirtschaften.<br />
Hierzu gilt es, im Rahmen eines<br />
stufenweisen Vorgehens Antworten<br />
auf zentrale Kernfragen für die jeweiligen<br />
Untersuchungsfelder zu finden.<br />
Dabei reicht es aber nicht aus, allein<br />
Ziele zu definieren. Entscheidend ist,<br />
dass auch festlegt wird, wie, wann<br />
und durch wen sie erreicht werden<br />
können. Eine ganzheitliche Herangehensweise<br />
sollte sich dabei an fünf<br />
zentralen Bausteinen orientieren:<br />
Strategie & Struktur, Organisation &<br />
Prozesse, Finanzen & Controlling, Information<br />
& Kommunikation sowie<br />
Umsetzung & Kontrolle (Abb. 3).<br />
Soll ein <strong>Nachhaltigkeit</strong>smanagement<br />
erfolgreich sein, muss der<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong>sbegriff mit Inhalten<br />
und zugehörigen Maßnahmen gefüllt<br />
werden. Diese sind abhängig<br />
von einem definierten strategischen<br />
Handlungsbedarf. Essentiell ist hierbei,<br />
welche Produkt-Markt-Matrix<br />
für nachhaltiges Wachstum steht<br />
und inwiefern diese mit dem Kerngeschäft<br />
verknüpft ist. Nur so gelingt<br />
es, im Rahmen der Informationsverarbeitung<br />
beim Verbraucher einen<br />
Fit (Übereinstimmung) bzw. inhaltliche<br />
Kongruenz zwischen Handeln<br />
und dem verknüpften Produkt und<br />
der Marke zu erzielen. Andererseits<br />
droht, dass beim Konsumenten Dissonanzen<br />
sowie ein mögliches reaktantes<br />
Verhalten (z.B. Nichtkauf) und<br />
damit eine Ablehnung des „nachhaltigen“<br />
Produktangebotes ausgelöst<br />
werden. Vorwürfe des Greenwashing<br />
sind nicht selten die Folge, wie das<br />
Danone-Beispiel zeigt.<br />
Diese angestellten Zielüberlegungen<br />
stehen dabei in enger Beziehung<br />
zum Aspekt der Corporate Identity.<br />
Es stellt sich die Frage, ob die<br />
in einem Unternehmen gelebte und<br />
verstandene Unternehmenskultur<br />
überhaupt für die avisierten <strong>Nachhaltigkeit</strong>saktivitäten<br />
geeignet ist oder
diese womöglich be- oder verhindert?<br />
Hierbei geht es somit nicht nur um<br />
Fragestellungen der grundsätzlichen<br />
Haltung eines Unternehmens, sondern<br />
ganz speziell um den Umgang<br />
und die Positionierung in einem komplexen<br />
Spannungsfeld wie der <strong>Nachhaltigkeit</strong>.<br />
Die Berücksichtigung von<br />
sozialen und ökologischen Werten<br />
kann dabei durch die Erarbeitung<br />
von Codes of Conduct oder Ethik-Leitlinien<br />
gefestigt werden.<br />
Nach dieser Analyse und Bewertung<br />
einführender Kernfragen zur<br />
strategischen und strukturellen Ausrichtung<br />
befasst sich der Bereich<br />
Organisation & Prozesse in erster<br />
Linie mit Fragestellungen der Integration<br />
von <strong>Nachhaltigkeit</strong> in das<br />
Kerngeschäft und in alle Organisationsbereiche.<br />
Besonders die Berücksichtigung<br />
von sozialökologischen<br />
Kriterien in Beschaffung, Produktion<br />
und Absatz gewinnt in der Milchwirtschaft<br />
weiter an Bedeutung. Entwicklungen<br />
auf den Beschaffungsmärkten<br />
hinsichtlich Haltungsbedingungen<br />
in modernen Ställen oder die grundsätzliche<br />
Forderung nach einheitlichen<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong>slabeln in der<br />
Ernährungs- <strong>als</strong> auch in der ganz<br />
wichtigen Teilbranche „Milch“ zeigen<br />
dies eindrucksvoll.<br />
Bereits die vielfach gestellte Frage,<br />
ob und wie sich das Engagement letztlich<br />
in Ab- und Umsätzen bemerkbar<br />
macht, unterstreicht, dass die Integration<br />
von <strong>Nachhaltigkeit</strong> in die Kernbereiche<br />
Finanzen & Controlling unabdingbar<br />
ist, um auf den Märkten der<br />
Zukunft bestehen zu können. Letztlich<br />
muss nachhaltiges Management ökonomische<br />
Effizienz, im Sinne eines<br />
wachsenden ROI, mit der Wertschöpfung<br />
eines sozialökologischen Handelns<br />
in Einklang bringen.<br />
Im Untersuchungsfeld Information<br />
& Kommunikation steht die notwendige<br />
Transparenz gegenüber den<br />
relevanten Stakeholdern im Mittelpunkt.<br />
Nur wer <strong>Nachhaltigkeit</strong> intern<br />
und extern <strong>als</strong> Dialog versteht, wird<br />
dauerhaft Wettbewerbsvorteile erzielen.<br />
Besonders die Agrar- und Ernährungswirtschaft<br />
steht dabei immer<br />
wieder in der Diskussion zu wenig<br />
oder zu einseitig zu kommunizieren.<br />
Die Orientierung an Standards oder<br />
Normen kann für Unternehmen un-<br />
Abbildung 3: Bausteine des <strong>Nachhaltigkeit</strong>smanagements<br />
terstützend wirken. So soll beispielsweise<br />
die Normenfamilie ISO 26000<br />
<strong>als</strong> nicht zertifizierbare Norm definieren,<br />
was „gesellschaftlich verantwortliches<br />
Handeln“ ausmacht und<br />
Empfehlungen formulieren, wie dieses<br />
in einer Organisation implementiert<br />
werden sollte.<br />
Damit <strong>Nachhaltigkeit</strong> letztendlich<br />
nicht zu einer „theoretischen Übung“<br />
wird, muss sich das Unternehmen<br />
einen klaren Implementierungsplan<br />
auferlegen. Die mittelständisch geprägte<br />
Ernährungswirtschaft steht<br />
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VERPACKUNGSMASCHINEN<br />
SOMIC 424<br />
Endverpackungssysteme<br />
… damit Ihre Produkte besser ankommen.<br />
hierbei oftm<strong>als</strong> vor dem Problem fehlender<br />
personeller Ressourcen, z. B.<br />
zur Berufung eines <strong>Nachhaltigkeit</strong>sbeauftragten.<br />
Dieser Umstand bedingt<br />
umso mehr, dass Prozesse effektiv<br />
und effizient gesteuert werden.<br />
Schlussendlich können nur durch<br />
fortwährende Kontrolle auf allen Ebenen<br />
Fortschritte gemessen und Maßnahmen<br />
ggf. angepasst werden.<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong><br />
ist ein dominierender<br />
Markttreiber<br />
Das Themenfeld der <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />
ist gegenwärtig einer der relevanten<br />
und dominierenden Markttreiber in<br />
der Agrar- und Ernährungswirtschaft.<br />
Umso mehr gilt die Devise, dass sich<br />
Unternehmen frühzeitig proaktiv positionieren<br />
und die Thematik <strong>als</strong> Teil<br />
der Unternehmensstrategie verstehen.<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong> wird dann erfolgreich<br />
sein, wenn das Thema angefangen<br />
von der Motivation und Strategie<br />
bis zur Umsetzung und Kontrolle integrativ<br />
und interdisziplinär gelebt<br />
wird. Dabei müssen Unternehmen der<br />
Milchwirtschaft berücksichtigen, dass<br />
sie mit ihrem Handeln stets in der Öffentlichkeit<br />
agieren. Eine Orientierung<br />
an den aufgeführten Erfolgsbausteinen<br />
des nachhaltigen Wirtschaftens<br />
kann dabei helfen.<br />
01/12 � molkerei-industrie.de<br />
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