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In unserer Gesellschaft ist die Gewalt von Männern an Frauen im ...

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IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

Vorarlberg<br />

H<strong>an</strong>deln gegen <strong>Gewalt</strong> in der<br />

Familie<br />

Wegweisung Betretungsverbot <strong>In</strong>formation Beratung<br />

Begleitung Vermittlung Schutz Sicherheit<br />

Tätigkeitsbericht 2009


„<strong>Gewalt</strong>taten in der Familie sind jedenfalls keine Affekth<strong>an</strong>dlungen, keine<br />

„einmaligen Ausrutscher“, das Opfer <strong>ist</strong> kein zufällig gewähltes. <strong>Gewalt</strong>tätige<br />

Männer schlagen nicht wahllos um sich und prügeln etwa den Chef in der<br />

Firma, wenn sie wütend sind. Ein kritisches Auge der <strong>Gesellschaft</strong> auf das<br />

Machtgefüge innerhalb der heilen Familie hilft deshalb <strong>Gewalt</strong> zu erkennen.<br />

Trotzdem <strong>ist</strong> keine Frau davor gefeit, eine jener <strong>Frauen</strong> zu werden, <strong>die</strong> in ihrem<br />

Leben <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> durch ihren Ehem<strong>an</strong>n oder Lebenspartner betroffen wird.“<br />

aus: Martina Madner „Bevor der Tod uns scheidet“, 2009<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 1


Tätigkeitsbericht IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg<br />

Berichtzeitraum Jänner bis Dezember 2008<br />

1. Vorwort ................................................................................................ 3<br />

2. Org<strong>an</strong>isationsstruktur ........................................................................ 4<br />

2.1. Gesetzliche Grundlagen ....................................................................... 4<br />

2.2. Träger ................................................................................................... 5<br />

2.3. Fin<strong>an</strong>zierung ......................................................................................... 5<br />

2.4. St<strong>an</strong>dort/Namensänderung ................................................................... 5<br />

2.5. Öffnungszeiten...................................................................................... 6<br />

2.6. Team .................................................................................................... 6<br />

3. Ziele und Zielgruppen ......................................................................... 7<br />

4. Beratung und Unterstützung ............................................................. 7<br />

4.1. Angebot und <strong>In</strong>terventionsprozess ........................................................ 7<br />

5. Thematische Schwerpunkte ............................................................. 10<br />

5.1 Projekt S.I.G.N.A.L. II .......................................................................... 10<br />

5.2 Krisenbegleitung und Arbeit mit Traumatisierung in der<br />

frauenspezifischen Beratung ............................................................... 11<br />

5.3 Das Zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz …. .................................................... 12<br />

5.4 Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen .............................................. 14<br />

5.5 Muttersprachliche Beratung, Fallbeispiel............................................. 15<br />

6. Stat<strong>ist</strong>ik.............................................................................................. 16<br />

6.1. <strong>In</strong><strong>an</strong>spruchnahme der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg .................... 16<br />

6.2. Exekutive ............................................................................................ 18<br />

6.3. Die <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> betroffene/gefährdete Person .................................... 20<br />

6.4. Die Gefährder ..................................................................................... 22<br />

6.5. Gericht ................................................................................................ 24<br />

6.6. Tätigkeiten der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle ................................................ 25<br />

7. Kooperation, Vernetzung, Prävention, Öffentlichkeitsarbeit ......... 26<br />

7.1. Tätigkeiten <strong>im</strong> Rahmen der Kooperations-, Vernetzungs- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit ............................................................................ 27<br />

7.2. Fortbildung .......................................................................................... 30<br />

8. Reformvorschläge ............................................................................ 31<br />

Vorwort ............................................................................................... 32<br />

8.1 Sicherheitspolizeigesetz ...................................................................... 33<br />

8.2 Exekutionsordnung ............................................................................. 34<br />

8.3 Strafrecht/Strafprozessrecht/Opferrechte ............................................ 41<br />

8.4 Verbrechensopfergesetz ..................................................................... 54<br />

8.5 Unterbringungsgesetz ......................................................................... 56<br />

8.6 Gerichtsorg<strong>an</strong>isationsgesetz ............................................................... 58<br />

8.7 Versicherungsschutz auch für <strong>Frauen</strong> <strong>von</strong> Strafgef<strong>an</strong>genen ............... 60<br />

8.8 Fremdenrecht ..................................................................................... 61<br />

8.9 Geschlechtsneutrale Formulierung <strong>von</strong> Gesetzen ............................... 63<br />

8.10 Änderungsvorschläge zum Schutz für Betroffene <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>del .. 63<br />

9. Stellungnahmen ................................................................................ 69<br />

9.1 Bundes- Kinder- und Jugendhilfegesetz .............................................. 69<br />

10. Presse ................................................................................................ 77<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 2


1. Vorwort<br />

Jeder Tag ohne <strong>Gewalt</strong> <strong>ist</strong> ein Gewinn<br />

"<strong>Gewalt</strong> <strong>ist</strong> keine Privatsache. Sie <strong>ist</strong> gesellschaftlich zu ächten und entsprechend zu<br />

bestrafen. <strong>Gewalt</strong>freies Mitein<strong>an</strong>der <strong>ist</strong> das Ziel unseres Engagements.<br />

Machtungleichgewicht und patriarchale Strukturen verhindern <strong>die</strong> Gleichstellung <strong>von</strong><br />

M<strong>an</strong>n und Frau <strong>im</strong> privaten und öffentlichen Leben. Wir setzen uns dafür ein, dass<br />

Selbstbest<strong>im</strong>mung, gegenseitige Wertschätzung und Ch<strong>an</strong>cengleichheit<br />

selbstverständlich werden.<br />

Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> Familienkreis und <strong>im</strong> sozialen Nahraum - in großer Mehrzahl sind<br />

es <strong>Frauen</strong> - brauchen mitfühlende und tatkräftige Unterstützung. Wir bieten aktiv<br />

Beratung und Hilfe <strong>an</strong>.“<br />

Diese Leitged<strong>an</strong>ken aus dem Qualitätsh<strong>an</strong>dbuch der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle prägen unsere<br />

Arbeit und stehen <strong>im</strong> Zentrum der Reformvorschläge <strong>an</strong> den Gesetzgeber.<br />

Wesentliche Verbesserungen für Menschen, <strong>die</strong> <strong>von</strong> häuslicher <strong>Gewalt</strong> und <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong><br />

sozialen Nahraum betroffen sind, wurden <strong>im</strong> Zweiten <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz, das mit 1. Juli<br />

2009 in Kraft getreten <strong>ist</strong>, umgesetzt.<br />

Im Jahresbericht 2009 geben wir wieder Einblick in unsere Tätigkeit, fassen stat<strong>ist</strong>ische<br />

Daten zusammen und stellen <strong>die</strong> rechtlichen Änderungen durch das Zweite<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzgesetz vor.<br />

Die IfS <strong>Gewalt</strong>schutzstelle konnte <strong>im</strong> Jahr 2009 auf ihr zehnjähriges Bestehen zurückblicken.<br />

<strong>In</strong> <strong>die</strong>sen 10 Jahren <strong>ist</strong> es uns gelungen insgesamt 4.748 <strong>Gewalt</strong>opfern unser<br />

Beratungs<strong>an</strong>gebot zukommen zu lassen.<br />

Eine wesentliche Voraussetzung für wirksame Maßnahmen gegen familiäre <strong>Gewalt</strong> <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />

Kooperation und <strong>die</strong> Vernetzung aller involvierten Einrichtungen.<br />

<strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Sinn bed<strong>an</strong>ken wir uns bei allen Kooperationspartnern für <strong>die</strong> gute<br />

Zusammenarbeit.<br />

Ulrike Furtenbach<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 3


2. Org<strong>an</strong>isationsstruktur<br />

2.1 Gesetzliche Grundlagen<br />

Am 01.05.1997 trat das Bundesgesetz zum Schutz vor <strong>Gewalt</strong> in der Familie (GeSchG)<br />

in Kraft, mit dem Ziel, Opfern familiärer <strong>Gewalt</strong> umgehend, ausreichend und nachhaltig<br />

Schutz und Sicherheit zu bieten und <strong>Gewalt</strong>täter für ihr H<strong>an</strong>deln zur Ver<strong>an</strong>twortung zu<br />

ziehen.<br />

Das GeSchG <strong>ist</strong> kein in sich geschlossenes neues Gesetz, sondern novelliert in drei Artikeln<br />

das ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch), <strong>die</strong> EO (Exekutionsordnung) und das<br />

SPG (Sicherheitspolizeigesetz). Damit wurden insbesondere drei Problemkreise geregelt, <strong>die</strong><br />

sich der Realisierung des Schutzes der körperlichen Sicherheit <strong>im</strong> häuslichen Bereich<br />

entgegenstellten. Es waren <strong>die</strong>s <strong>die</strong> zu engen Voraussetzungen für <strong>die</strong> Erlassung einer<br />

einstweiligen Verfügung, mit der dem <strong>Gewalt</strong>täter das Verlassen der Wohnung aufgetragen<br />

wird, <strong>die</strong> wenig bewährten Möglichkeiten der Durchsetzung der Verfügung und <strong>die</strong><br />

eingeschränkten Möglichkeiten des öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes bei der Wahrnehmung<br />

der Aufgabenstellung des vorbeugenden Schutzes gegen drohende <strong>Gewalt</strong>taten in der<br />

Familie. Diese Mängel wurden beseitigt, indem das <strong>In</strong>stitut der einstweiligen Verfügung auf<br />

einen größeren Personenkreis ausgeweitet, <strong>die</strong> Voraussetzungen entschärft und<br />

insbesondere auch <strong>die</strong> Durchsetzung erleichtert wurde. Die Kooperation zwischen Gerichten<br />

und Org<strong>an</strong>en des öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes wurde verbessert und den Org<strong>an</strong>en des<br />

öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes wurden zusätzliche Kompetenzen übertragen.<br />

(Bauer/Keplinger/Sadoghi/Schwarz-Schlöglm<strong>an</strong>n/Sorgo <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz 2007)<br />

<strong>In</strong> einer Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes, <strong>die</strong> mit 01.01.2000 in Kraft getreten <strong>ist</strong>,<br />

wurden u.a. auch <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzstellen gesetzlich ver<strong>an</strong>kert. Mit dem<br />

Strafrechtsänderungsgesetz 2006, das am 01.07.2006 in Kraft getreten <strong>ist</strong>, wurden vor allem<br />

der Straftatbest<strong>an</strong>d der beharrlichen Verfolgung (§ 107a) in das Strafgesetzbuch<br />

aufgenommen, eine neue einstweilige Verfügung zum Schutz vor Eingriffen in <strong>die</strong><br />

Privatsphäre (§ 382g) in <strong>die</strong> Exekutionsordnung eingebaut und <strong>die</strong> Möglichkeit zur Beratung<br />

und Unterstützung <strong>von</strong> Opfern beharrlicher Verfolgung durch Opferschutzeinrichtungen<br />

gemäß § 25 Abs. 3 SPG eingeführt, indem <strong>Gewalt</strong>schutzstellen vertraglich auch damit<br />

beauftragt wurden, Opfer beharrlicher Verfolgung zu beraten. Ziel des<br />

Strafrechtsänderungsgesetzes 2006 war es vor allem, dem Recht des/der Einzelnen auf<br />

Schutz seiner/ihrer Privatsphäre und seinem/ihrem Recht auf Selbstbest<strong>im</strong>mung Rechnung<br />

zu tragen. § 25 Abs. 3 SPG lautet: „Der Bundesmin<strong>ist</strong>er für <strong>In</strong>neres <strong>ist</strong> ermächtigt, bewährte<br />

geeignete Opferschutzeinrichtungen vertraglich damit zu beauftragen, Menschen, <strong>die</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> einschließlich beharrlicher Verfolgung (§ 107a StGB) bedroht sind, zum Zwecke ihrer<br />

Beratung und <strong>im</strong>materiellen Unterstützung <strong>an</strong>zusprechen (<strong>Gewalt</strong>schutzstellen).“<br />

Im Jahr 2009 erließ der Gesetzgeber das „Zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz“ (BGBl. I 40/2009) -<br />

wiederum kein in sich geschlossenes Gesetz -, das nicht weniger als 13 Gesetze (darunter<br />

wieder das ABGB, <strong>die</strong> EO und das SPG) novellierte. <strong>In</strong>haltlich ging <strong>die</strong>ses Zweite<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzgesetz über <strong>die</strong> Thematik des ersten Gesetzes hinaus, indem etwa <strong>die</strong><br />

Strafdrohungen für Sexualdelikte erhöht wurden (Bauer/Keplinger/Sadoghi/Schwarz-<br />

Schlöglm<strong>an</strong>n/Sorgo <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz 2009, 15).<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 4


Die IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg - H<strong>an</strong>deln gegen <strong>Gewalt</strong> in der Familie wurde <strong>im</strong><br />

September 1999 eröffnet. Seit dem 01.01.2000 sind <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzstellen gesetzlich<br />

<strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nte Opferschutzeinrichtungen nach § 25 SPG. Sie haben den Auftrag, Opfer<br />

häuslicher <strong>Gewalt</strong> einschließlich beharrlicher Verfolgung <strong>In</strong>formation, rechtliche Beratung<br />

und psychosoziale Unterstützung <strong>an</strong>zubieten und ihnen kurzfr<strong>ist</strong>ig, kostenlos, unbürokratisch<br />

und vertraulich beizustehen sowie eine Drehscheibenfunktion zwischen den beteiligten<br />

Behörden und <strong>In</strong>stitutionen wahrzunehmen. Nur <strong>die</strong> Zusammenarbeit aller beteiligten<br />

<strong>In</strong>stitutionen und Behörden ermöglicht es, <strong>Gewalt</strong> nachhaltig zu beenden und Opfer be<strong>im</strong><br />

Ausstieg aus dem <strong>Gewalt</strong>kreislauf zu unterstützen.<br />

2.2. Träger<br />

Träger der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg <strong>ist</strong> das <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste (IfS), eine<br />

Einrichtung der freien Wohlfahrtspflege. Das <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste <strong>ist</strong> eine gemeinnützige<br />

GmbH, politisch unabhängig, konfessionell ungebunden und in allen Regionen Vorarlbergs<br />

tätig.<br />

Alle vom <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste wahrgenommenen Aufgaben, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Bereich Opferschutz<br />

liegen, sind <strong>im</strong> Fachbereich IfS-Opferschutz (<strong>Frauen</strong>notWohnung, <strong>Gewalt</strong>schutzstelle,<br />

Kinderschutz, Prozessbegleitung) zusammengefasst.<br />

2.3. Fin<strong>an</strong>zierung<br />

Auftraggeberin der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Republik Österreich, vertreten<br />

durch <strong>die</strong> Bundesmin<strong>ist</strong>erin für <strong>In</strong>neres und <strong>die</strong> Bundesmin<strong>ist</strong>erin für <strong>Frauen</strong>, Me<strong>die</strong>n und<br />

öffentlichen Dienst.<br />

Die Fin<strong>an</strong>zierung erfolgt auf Grundlage des Auftragsvertrages durch <strong>die</strong> Bundesmin<strong>ist</strong>erin für<br />

<strong>In</strong>neres und <strong>die</strong> Bundesmin<strong>ist</strong>erin für <strong>Frauen</strong>, Me<strong>die</strong>n und öffentlichen Dienst.<br />

Die psychosoziale und jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung wird aus Mitteln des Bundesmin<strong>ist</strong>eriums<br />

für Justiz fin<strong>an</strong>ziert.<br />

Mit der Umsetzung des <strong>In</strong>terreg IIIa Projekts S.I.G.N.A.L. wurden wir vom <strong>Frauen</strong>referat der<br />

Vorarlberger L<strong>an</strong>desregierung beauftragt.<br />

2.4. St<strong>an</strong>dort/Namensänderung<br />

Als St<strong>an</strong>dort für <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg wurde <strong>die</strong> Stadt Feldkirch gewählt, um<br />

durch <strong>die</strong> zentrale Lage, in der Mitte des L<strong>an</strong>des, <strong>die</strong> Erreichbarkeit für alle Regionen zu<br />

erleichtern. Die IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg <strong>ist</strong> für das gesamte Bundesl<strong>an</strong>d zuständig.<br />

Seit April 2009 befindet sich <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle in der Joh<strong>an</strong>nitergasse 6 in Feldkirch.<br />

Durch <strong>die</strong> Umbenennung der IfS-<strong>In</strong>terventionsstelle mit 1.4.2009 in IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

wurde <strong>die</strong> Vorstellung <strong>von</strong> den Arbeitsfeldern der Einrichtung klarer und prägn<strong>an</strong>ter. Mit der<br />

Namensänderung folgte das IfS einer österreichweiten Entwicklung.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 5


2.5. Öffnungszeiten<br />

Montag bis Freitag 08.00 bis 13.00 Uhr und<br />

Montag und Donnerstag 13.00 bis 16.00 Uhr<br />

Termine werden auch außerhalb der Öffnungszeiten vereinbart.<br />

Unter Berücksichtigung der regionalen Erfordernisse finden <strong>die</strong> Beratungen auch in den<br />

regionalen IfS-Beratungsstellen oder am Wohnort statt.<br />

Die Zuständigkeit für <strong>die</strong> Bezirke <strong>ist</strong> unter den Mitarbeiterinnen aufgeteilt, sodass bei der<br />

Vergabe <strong>von</strong> Außenterminen <strong>die</strong> Faktoren Zeit und Reisekosten in einem <strong>an</strong>gemessenen<br />

Rahmen gehalten werden können.<br />

2.6. Team<br />

Elisabeth Kiesenebner-Bauer , Leiterin bis 30.09.2009<br />

Familien- und Gruppenarbeiterin, Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit l<strong>an</strong>desweit,<br />

Projekt S.I.G.N.A.L.<br />

DSA in Ulrike Furtenbach, Leiterin ab 01.10.2009<br />

Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit l<strong>an</strong>desweit; Beratungsarbeit<br />

Mag. a Xenia Amm<strong>an</strong>n-Hopp, Jur<strong>ist</strong>in<br />

Beratungsarbeit Bezirk Dornbirn, Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit regional<br />

Mag. a Monika Müller-G<strong>an</strong>ahl, Psychologin<br />

Beratungsarbeit Bezirk Bludenz, Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit regional<br />

MMag. a Angelika Wehinger, Jur<strong>ist</strong>in, Pädagogin<br />

Beratungsarbeit Bezirk Bregenz, Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit regional<br />

Mag. a Doris Nasahl, Jur<strong>ist</strong>in, ab 02.11.2009<br />

Beratungsarbeit Bezirk Feldkirch, Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit regional<br />

Sevinc Kapakli, Beraterin<br />

muttersprachliche Beratung und Übersetzungstätigkeit, türkisch<br />

Marlies Amm<strong>an</strong>n-Kritzer, Sekretärin<br />

Allgemeine Büro- und Verwaltungsarbeit<br />

Roswitha Andreatta, Sekretärin, ab 01.12.2009<br />

Allgemeine Büro- und Verwaltungsarbeit<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 6


3. Ziele und Zielgruppen<br />

Pr<strong>im</strong>äres Ziel <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Erhöhung <strong>von</strong> Schutz und Sicherheit für Opfer häuslicher <strong>Gewalt</strong>,<br />

insbesondere <strong>Frauen</strong> und deren Kinder, sowie <strong>die</strong> Verhinderung weiterer <strong>Gewalt</strong>taten.<br />

Umfassende rechtliche und psychosoziale Beratung sowie aktive Unterstützung sollen <strong>die</strong><br />

Betroffenen ermächtigen, ihren individuellen Ausweg aus dem <strong>Gewalt</strong>kreislauf zu finden.<br />

Weitere Ziele liegen in der Abst<strong>im</strong>mung der <strong>In</strong>terventionen mit den Kooperationspartnern aus<br />

Exekutive, Justiz, Behörde, psychosozialen und medizinischen Einrichtungen und der<br />

Forderung nach opferfreundlichen Behördenprozessen. Es bedarf der engen<br />

Zusammenarbeit aller involvierten Behörden und Einrichtungen, um den <strong>Gewalt</strong>kreislauf<br />

wirkungsvoll zu durchbrechen und sekundäre Traumatisierungen zu verhindern. Die<br />

Verbesserung der Opferrechte <strong>ist</strong> ein zentrales Anliegen.<br />

Kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit soll für das Thema familiäre <strong>Gewalt</strong> sensibilisieren, auf<br />

<strong>die</strong> gesellschaftliche Ver<strong>an</strong>twortung hinweisen und <strong>die</strong> durch den Paradigmenwechsel<br />

eingeleitete Entwicklung weiterhin in G<strong>an</strong>g halten.<br />

4. Beratung und Unterstützung<br />

4.1. Angebot und <strong>In</strong>terventionsprozess<br />

Das Beratungs<strong>an</strong>gebot beinhaltet:<br />

� Umgehende telefonische oder schriftliche Kontaktaufnahme mit den Opfern häuslicher<br />

<strong>Gewalt</strong> nach Meldung durch <strong>die</strong> Exekutive (Wegweisung / Betretungsverbot,<br />

Sachverhaltsdarstellungen, Anzeigen).<br />

� Kurzfr<strong>ist</strong>ige Termine für Kriseninterventionen nach Vermittlung durch <strong>an</strong>dere<br />

Kooperationsparter<strong>In</strong>nen (IfS-Beratungsstellen und <strong>an</strong>dere psychosoziale Einrichtungen,<br />

Gerichte, Jugendwohlfahrten, Kr<strong>an</strong>kenhäuser u.a.m.).<br />

� Kurzfr<strong>ist</strong>ige Termine für <strong>von</strong> familiärer <strong>Gewalt</strong> Betroffene, <strong>die</strong> sich direkt <strong>an</strong> <strong>die</strong><br />

<strong>Gewalt</strong>schutzstelle wenden.<br />

� Bei Bedarf besteht <strong>die</strong> Möglichkeit Übersetzungshilfe in der Muttersprache beizuziehen.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 7


Der <strong>In</strong>terventionsprozess beinhaltet:<br />

� Herstellen <strong>von</strong> Schutz und Sicherheit<br />

Erfassung der <strong>Gewalt</strong>geschichte<br />

Einschätzung der Gefährlichkeit<br />

Erstellung eines individuellen Sicherheitspl<strong>an</strong>es<br />

Entwicklung <strong>von</strong> H<strong>an</strong>dlungsstrategien<br />

� Beratung bei Wegweisung / Betretungsverbot, Streitschlichtung, beharrlicher<br />

Verfolgung (Stalking) und Anzeigen <strong>von</strong> Straftaten <strong>im</strong> Kontext häuslicher <strong>Gewalt</strong><br />

Rechtliche <strong>In</strong>formationen zu Wegweisung / Betretungsverbot, zu Stalking und Anzeigen<br />

Beratung zu den zivilrechtlichen Möglichkeiten für Schutz und Sicherheit<br />

Angebot der aktiven Unterstützung bei der Durchsetzung <strong>von</strong> Schutz- und<br />

Sicherheitsmaßnahmen<br />

Ressourcenorientierte psychosoziale Beratung, <strong>die</strong> Entscheidungshilfen <strong>an</strong>bietet<br />

Aufklärung über Formen, Ursachen und Auswirkungen <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong><br />

Aufklärung über Täterstrategien<br />

Unterstützungs<strong>an</strong>gebot bei Problemen mitbetroffener Kinder<br />

Hilfestellung bei Behördenkontakten<br />

Allgemeine Auskunftserteilung zu Fragen bei Trennung, Scheidung, Obsorge,<br />

Besuchsrecht, Unterhalt u.a.m.<br />

� Aktive Unterstützung und Begleitung<br />

Unterstützung bei der Erarbeitung <strong>von</strong> Anträgen (einstweilige Verfügung nach § 382 b ff<br />

bis 382 g EO und <strong>an</strong>dere gerichtliche Anträge als begleitende Schutz- und<br />

Sicherheitsmaßnahmen) und deren Einbringung be<strong>im</strong> zuständigen Bezirksgericht<br />

Begleitung zu zivilgerichtlichen Verfahren als Vertrauensperson<br />

� Psychosoziale und jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung<br />

Rechtliche <strong>In</strong>formationen zu Anzeige und Strafverfahren<br />

Vorbereitung der Anzeige und Begleitung zur Anzeigenerstattung bei der Exekutive<br />

Vorbereitung auf <strong>die</strong> Einvernahme und Begleitung zur Einvernahme <strong>im</strong><br />

Ermittlungsverfahren<br />

Vorbereitung auf <strong>die</strong> Hauptverh<strong>an</strong>dlung und Begleitung zur Verh<strong>an</strong>dlung<br />

Hilfe bei der Durchsetzung der Opferrechte<br />

Vermittlung <strong>von</strong> rechtlicher Beratung durch Anwält<strong>In</strong>nen<br />

Vermittlung <strong>von</strong> jur<strong>ist</strong>ischer Vertretung durch Anwält<strong>In</strong>nen <strong>im</strong> Strafverfahren<br />

� Kooperation und Weitervermittlung<br />

Zusammenarbeit mit Behörden, <strong>In</strong>stitutionen und Fachleuten <strong>an</strong>derer Einrichtungen <strong>im</strong><br />

Einzelfall<br />

� Evaluation<br />

zur Überprüfung der Wirksamkeit der <strong>In</strong>tervention innerhalb <strong>von</strong> 6 Monaten<br />

� Dokumentation und stat<strong>ist</strong>ische Erhebungen<br />

zur Fallgeschichte<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 8


<strong>In</strong>terventionskette der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg nach SPG<br />

zur Unterstützung <strong>von</strong> Opfern häuslicher <strong>Gewalt</strong><br />

BH Abt. Polizei<br />

(innerhalb <strong>von</strong> 48h)<br />

Unterstützung bei<br />

Antragsstellung<br />

Zivilgericht<br />

� Antrag EV nach<br />

§ 382b, e oder g EO<br />

be<strong>im</strong> Familiengericht<br />

<strong>Gewalt</strong>tat<br />

� Androhung und/od.<br />

� Übergriff<br />

Exekutive<br />

� Streitschlichtung<br />

� Wegweisung und Betretungsverbot<br />

(§ 38a SPG)<br />

- Schlüsselabnahme<br />

- Dauer <strong>von</strong> 14 Tagen<br />

- Überprüfung der Einhaltung<br />

� Anzeige (StGB)<br />

Datenübermittlung<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vlbg. (GSt)<br />

(Auftrag nach § 25 Abs 3 SPG)<br />

� Umgehende Kontaktaufnahme<br />

� Pro-aktives Beratungs- und<br />

Unterstützungs<strong>an</strong>gebot<br />

� Herstellen <strong>von</strong> Schutz und Sicherheit<br />

� Rechtliche <strong>In</strong>formation und Beratung<br />

� Psychosoziale <strong>In</strong>formation und Beratung<br />

� Evaluation<br />

� Dokumentation und stat<strong>ist</strong>ische<br />

Erhebungen<br />

� Kooperation (Drehscheibenfunktion)<br />

�<br />

Weitervermittlung <strong>an</strong><br />

Beratungsstelle(n)<br />

� L<strong>an</strong>gfr<strong>ist</strong>ige psycho-<br />

soziale Begleitung<br />

� Scheidungsberatung<br />

� u. v. m.<br />

Rückfragen<br />

BH JWF<br />

(Auftrag:<br />

Abklärung Kindeswohl)<br />

Prozessbegleitung (PB)<br />

Strafgericht<br />

� Psychosoziale PB und<br />

� Vermittlung jur<strong>ist</strong>ischer<br />

PB <strong>im</strong> Strafverfahren<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 9


5. Thematische Schwerpunkte<br />

5.1. Projekt S.I.G.N.A.L. II – Gesundheitliche Versorgung für Betroffene <strong>von</strong><br />

häuslicher <strong>Gewalt</strong><br />

Das Projekt S.I.G.N.A.L. II <strong>ist</strong> eine Weiterführung des <strong>In</strong>terreg-Projektes S.I.G.N.A.L. das<br />

gemeinsam vom <strong>Frauen</strong>referat der Vorarlberger L<strong>an</strong>desregierung und der<br />

<strong>Frauen</strong>beauftragten der Stadt Konst<strong>an</strong>z <strong>von</strong> 2006 bis 2008 durchgeführt wurde. Aus einer<br />

bundesweiten Prävalenzstu<strong>die</strong> <strong>von</strong> 2004 zur Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit <strong>von</strong><br />

<strong>Frauen</strong> in Deutschl<strong>an</strong>d, in Auftrag gegeben vom Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Familie, Senioren,<br />

<strong>Frauen</strong> und Jugend geht hervor, dass eine <strong>von</strong> vier in Europa lebenden <strong>Frauen</strong> <strong>Gewalt</strong> durch<br />

den jetzigen oder ehemaligen Partner erleben. Leider wird <strong>Gewalt</strong> als Ursache <strong>von</strong><br />

Verletzungen und Beschwerden oft nicht erk<strong>an</strong>nt und berücksichtigt, wodurch sich <strong>die</strong><br />

Gefahr einer Unter-, Über- oder Fehlversorgung <strong>im</strong> Gesundheitswesen erhöht. Dieselbe<br />

Stu<strong>die</strong> stellt fest, dass <strong>die</strong> medizinischen Berufsgruppen erste Ansprechpartner<strong>In</strong>nen für<br />

betroffene <strong>Frauen</strong> sind, noch bevor <strong>die</strong>se sich <strong>an</strong> Beratungseinrichtungen oder <strong>an</strong> <strong>die</strong><br />

Polizei wenden.<br />

Im <strong>In</strong>terreg-Projekt wurde ein Leitfaden für Ärzt<strong>In</strong>nen und eine Notfallkarte entwickelt, sowie<br />

<strong>In</strong>formationsver<strong>an</strong>staltungen in allen Kr<strong>an</strong>kenhäusern Vorarlbergs durchgeführt.<br />

Im Nachfolgeprojekt S.I.G.N.A.L. II, das <strong>die</strong>smal gemeinsam mit der Stabsstelle für<br />

Ch<strong>an</strong>cengleichheit der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und dem <strong>Frauen</strong>referat der<br />

Vorarlberger L<strong>an</strong>desregierung ver<strong>an</strong>staltet wird, werden insgesamt acht<br />

<strong>In</strong>formationsver<strong>an</strong>staltungen (zwei in Liechtenstein und sechs in Vorarlberg) für<br />

niedergelassene Ärzt<strong>In</strong>nen und Pflegepersonal, sowie für Pflegeberufsschulen in Vorarlberg,<br />

der Hauskr<strong>an</strong>kenpflege und der Familienhilfe <strong>an</strong>geboten. Der Leitfaden wurde dazu neu<br />

aufgelegt.<br />

Auftakt des Projektes bildete <strong>die</strong> Ausstellung „Hinter der Fassade“, <strong>die</strong> am<br />

L<strong>an</strong>deskr<strong>an</strong>kenhaus Feldkirch vom 25.03. – 01.04.2009 gezeigt und persönlich betreut<br />

wurde und mit rund 700 Besucher<strong>In</strong>nen und 12 Führungen für Schulen sehr gut besucht war.<br />

Das Besondere der Ausstellung war, dass sie in Form einer Wohnung <strong>an</strong>gelegt <strong>ist</strong> und aus<br />

Küche, Schlafz<strong>im</strong>mer, Kinderz<strong>im</strong>mer und Wohnz<strong>im</strong>mer besteht. Schwerpunkt der Räume<br />

bilden jeweils verschiedene Themen wie gesellschaftliche Ursachen häuslicher <strong>Gewalt</strong>,<br />

Formen der <strong>Gewalt</strong>, <strong>Gewalt</strong>dynamik, Gesetzgebung sowie der Prozess der Hilfesuche. <strong>In</strong><br />

Audio- und Videoinstallationen berichten <strong>Frauen</strong> sehr eindrücklich <strong>von</strong> ihren Erlebnissen mit<br />

häuslicher <strong>Gewalt</strong> und wie sie letztlich den Ausstieg aus der <strong>Gewalt</strong>beziehung geschafft<br />

haben.<br />

2009 f<strong>an</strong>den 5 <strong>In</strong>formationsver<strong>an</strong>staltungen statt: in der Psychiatrischen Gesundheits- und<br />

Kr<strong>an</strong>kenpflegeschule in R<strong>an</strong>kweil, der Schule für Sozialberufe – Sozialbetreuung<br />

Familienarbeit, Sozialbetreuung Altenarbeit, in der Gesundheits- und Kr<strong>an</strong>kenpflegeschule<br />

Feldkirch sowie für Leiter<strong>In</strong>nen aller Gesundheits- und Kr<strong>an</strong>kenpflegevereine Vorarlbergs,<br />

mit insgesamt 134 Teilnehmer<strong>In</strong>nen.<br />

Ein einhelliges Resümee nach den bisher abgehaltenen <strong>In</strong>formationsver<strong>an</strong>staltungen war,<br />

dass <strong>die</strong> durch das Projekt vermittelten Kenntnisse und Erfahrungen wichtige Faktoren <strong>im</strong><br />

Umg<strong>an</strong>g mit Betroffenen <strong>von</strong> häuslicher <strong>Gewalt</strong> darstellen. Daraus resultiert der klare<br />

Wunsch nach Weiterführung und Implementierung des Projektes besonders <strong>an</strong><br />

Ausbildungsstellen für Pflegeberufe. Denn nur durch eine regelmäßige Abhaltung <strong>die</strong>ser<br />

<strong>In</strong>formationsver<strong>an</strong>staltungen, k<strong>an</strong>n es zu einer professionellen, effizienten und letztlich<br />

kostensparenden Beh<strong>an</strong>dlung und Betreuung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>betroffenen kommen.<br />

Mag. a Mona Müller-G<strong>an</strong>ahl<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 10


5.2 Krisenbegleitung und Arbeit mit Traumatisierung in der frauenspezifischen<br />

Beratung<br />

Eine Fortbildungsreihe in 4 Modulen<br />

Dauerbelastung, Stress, psychische und körperliche Übergriffe, Leben mit direkter<br />

<strong>Gewalt</strong>erfahrung sind Teil der Lebensrealität <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>. Sie best<strong>im</strong>men oft ihre<br />

H<strong>an</strong>dlungsspielräume mit. Dies sind zentrale Themen in der Arbeit mit <strong>Frauen</strong>, <strong>die</strong> auch<br />

Belastungsrisiken für professionelle Beraterinnen bedeuten können. <strong>In</strong> der Fortbildungsreihe<br />

ging es daher um frauenspezifische Zug<strong>an</strong>gsweisen in der Arbeit mit Krisen und Traumata.<br />

Erkenntnisse aus der <strong>Frauen</strong>- und Geschlechterforschung, der <strong>Frauen</strong>projektarbeit, der<br />

Krisen- und Traumaforschung flossen als Grundlagen für <strong>die</strong> Weiterentwicklung <strong>von</strong><br />

Professionalität in der Beratung und Betreuungsarbeit mit ein. Das Arbeiten mit Krisen und<br />

Traumata wurde spezifisch unter den Aspekten der strukturellen und m<strong>an</strong>ifesten Macht- und<br />

<strong>Gewalt</strong>dynamik <strong>im</strong> Geschlechterverhältnis bearbeitet.<br />

Mit Bezug zu den Arbeitsaufträgen der jeweiligen Einrichtungen und auf dem Hintergrund der<br />

Berufserfahrung der Teilnehmerinnen wurden <strong>die</strong> eigenen professionellen H<strong>an</strong>dlungs- und<br />

Verhaltensmuster in <strong>In</strong>terventionen und Beziehungsgestaltung reflektiert. Diese<br />

Arbeitsweisen wurden auf theoretischer, praktischer und methodischer Ebene in <strong>die</strong><br />

frauenspezifischen Grundprinzipien <strong>von</strong> Krisenintervention und posttraumatischen<br />

Belastungen integriert und erweitert. Dass fünf Mitarbeiterinnen der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

gemeinsam teilnehmen konnten wirkte sich sowohl in fachlicher als auch kollegialer Hinsicht<br />

durchaus gewinnbringend aus.<br />

Die Themen der Fortbildungsreihe:<br />

Den professionellen Umg<strong>an</strong>g mit Konflikt, Krise und Trauma differenzieren und das<br />

persönliche H<strong>an</strong>dlungsrepertoire erweitern – g<strong>an</strong>zheitliche, neue Ansätze und <strong>In</strong>terventionen<br />

zur Stabilisierung<br />

<strong>Gewalt</strong>- und Krisenerfahrungen <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong> und Bewältigungsstrategien<br />

Persönliche Bewältigungsmuster der professionellen Beraterin<br />

Auswirkungen, Symptomatik, Phänomene der Übertragung und Gegenübertragung<br />

Methoden, neue Ansätze, Einsatz kreativer Me<strong>die</strong>n und Bewegung, Arbeit mit Ressourcen<br />

Abschließen <strong>von</strong> Beratungsprozessen, Fallbesprechungen, Gestaltung <strong>von</strong> Prozessen,<br />

Ver<strong>an</strong>kern <strong>von</strong> Ergebnissen<br />

Sowie: Literaturstudium, schriftliche Falldokumentationen<br />

Die Referentinnen:<br />

Dr. Agnes Büchele: Köln-Wien, Klinische- und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin,<br />

Supervisorin, div. Fortbildungen<br />

Arbeitsschwerpunkte: Beratung und berufsbegleitende Fortbildung, Lehraufträge für <strong>Frauen</strong>-<br />

und Geschlechterforschung Universität Wien, Donau-Universität Krems und Universität<br />

Klagenfurt. Mitarbeiterin der <strong>Frauen</strong>beratung Wien (1983-1994). L<strong>an</strong>gjährige Erfahrung in<br />

der Beratung <strong>von</strong> Teams in Projekten und <strong>In</strong>stitutionen. Zentrum für Angew<strong>an</strong>dte<br />

Psychologie und <strong>Frauen</strong>forschung, Köln-Wien<br />

Prof. Dr. Sabine Scheffler: Köln, Professorin für Sozialpsychologie, Fachhochschule Köln,<br />

Leiterin des <strong>In</strong>stituts für Geschlechterstu<strong>die</strong>n und des Stu<strong>die</strong>nschwerpunktes <strong>Frauen</strong>, Dipl.<br />

Psychologin, approb. Psychotherapeutin, Supervisorin, div. Fortbildungen<br />

Trainerin in frauenspezifischer Beratung und Therapie, Gastprofessur für <strong>Frauen</strong>forschung,<br />

<strong>In</strong>stitut für Psychologie der Universität Wien 1991-1995.<br />

Mag. a Xenia Amm<strong>an</strong>n-Hopp<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 11


5.3. Das Zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz<br />

Mit 1. Juni 2009 trat das Zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz in Kraft. Dieses Gesetz bringt – zwölf<br />

Jahre nach dem <strong>In</strong>krafttreten des <strong>Gewalt</strong>schutzgesetzes in Österreich 1997 - wesentliche<br />

Verbesserungen zum Schutz und zur Unterstützung <strong>von</strong> Menschen, <strong>die</strong> <strong>von</strong> häuslicher<br />

<strong>Gewalt</strong> und <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> sozialen Nahraum betroffen sind.<br />

<strong>In</strong> eigens normierten Best<strong>im</strong>mungen wird nun zwischen dem Schutz vor <strong>Gewalt</strong> in<br />

Wohnungen und einem allgemeinen Schutz vor <strong>Gewalt</strong> differenziert. Der Schutz vor <strong>Gewalt</strong><br />

steht nunmehr jeder Person zu, unabhängig da<strong>von</strong>, ob ein familiäres Verhältnis zum<br />

Gefährder besteht. <strong>In</strong> § 382b EO wird der Wohnungsschutz einer gefährden Partei <strong>im</strong> Fall<br />

der Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens mit dem Gefährder geregelt. Die<br />

Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung nach § 382b EO wurde auf sechs Monate<br />

verlängert, wenn kein Rechtfertigungsverfahren eingeleitet wird. Die einstweilige Verfügung<br />

zum allgemeinen Schutz vor <strong>Gewalt</strong> findet sich nun in einer eigenen Best<strong>im</strong>mung (§ 382e<br />

EO). Voraussetzung für <strong>die</strong> Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382e EO <strong>ist</strong><br />

<strong>die</strong> gewaltbedingte Unzumutbarkeit des weiteren Zusammentreffens mit dem Gefährder. Die<br />

Schutzdauer wurde auf ein Jahr verlängert. Eine wesentliche Neuerung besteht auch darin,<br />

dass <strong>die</strong> einstweilige Verfügung nach § 382e EO ohne Rechtfertigungsklage um ein weiteres<br />

Jahr verlängert werden k<strong>an</strong>n, wenn der Antragsgegner zuwiderh<strong>an</strong>delt. Die bisherige<br />

Geltungsdauer der einstweiligen Verfügungen <strong>von</strong> drei Monaten war für das Opfer oftmals zu<br />

kurz, um notwendige Entscheidungen für <strong>die</strong> zukünftige Lebensgestaltung zu treffen.<br />

Die Dauer des Betretungsverbotes wurde auf zwei Wochen verlängert (§ 38a Abs. 7 SPG).<br />

Auch für Opfer beharrlicher Verfolgung wurden <strong>die</strong> rechtlichen Möglichkeiten durch das<br />

Zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz verbessert. Die einstweilige Verfügung gemäß § 382g EO k<strong>an</strong>n<br />

bei einem Verstoß ohne Einleitung des Hauptverfahrens verlängert werden. Das<br />

Aufenthaltsverbot <strong>ist</strong> mit einer Höchstdauer <strong>von</strong> einem Jahr ohne Setzung einer<br />

Rechtfertigungsfr<strong>ist</strong> auszusprechen.<br />

Ebenso wurden Best<strong>im</strong>mungen zum Schutz traumatisierter Opfer <strong>im</strong> Bereich des<br />

Zivilprozessrechts eingeführt. So hat nun ein Opfer Anspruch auf psychosoziale<br />

Prozessbegleitung, wenn ihm <strong>im</strong> Strafverfahren psychosoziale Prozessbegleitung gewährt<br />

wurde und das Zivilverfahren in einem sachlichen Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem Strafverfahren<br />

steht (§ 73b ZPO). Die Prozessbegleitung steht dem Opfer nur d<strong>an</strong>n zu, wenn <strong>die</strong>s zur<br />

Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers unter Bedachtnahme auf seine persönliche<br />

Betroffenheit erforderlich <strong>ist</strong>, was <strong>von</strong> der Opferschutzeinrichtung, welche Prozessbegleitung<br />

<strong>an</strong>bietet, zu beurteilen <strong>ist</strong>. Die ursprünglich vorgesehene jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung <strong>im</strong><br />

Zivilverfahren fiel bedauerlicherweise dem Sparstift zum Opfer, wodurch in der Praxis eine<br />

effiziente Unterstützung des Opfers erschwert wird. Weiters k<strong>an</strong>n gemäß § 75a ZPO <strong>von</strong> der<br />

Angabe der Wohn<strong>an</strong>schrift des Opfers unter gewissen Voraussetzungen abgesehen werden.<br />

Eine weitere Maßnahme zur Reduktion der Belastungen für ein Opfer besteht darin, dass<br />

durch das Zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz <strong>die</strong> Möglichkeit einer abgesonderten Vernehmung<br />

geschaffen wird (§ 289a ZPO). Von der Vernehmung minderjähriger Personen k<strong>an</strong>n gänzlich<br />

oder teilweise abgesehen werden, wenn <strong>die</strong> Vernehmung deren Wohl gefährden würde.<br />

Diese neuen Opferschutzbest<strong>im</strong>mungen finden auch <strong>im</strong> Verfahren außer Streitsachen (etwa<br />

in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren) Anwendung. Die <strong>In</strong>tention des Gesetzgebers <strong>ist</strong><br />

jene, zusätzliche Belastungen eines Opfers durch rechtliche <strong>In</strong>terventionen so weit als<br />

möglich zu verringern und dadurch eine sekundäre Vikt<strong>im</strong>isierung des Opfers möglichst zu<br />

vermeiden.<br />

Das Zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz bringt auch Verbesserungen des strafrechtlichen<br />

<strong>In</strong>strumentariums zum Schutz der Opfer <strong>von</strong> strafbaren H<strong>an</strong>dlungen gegen <strong>die</strong> sexuelle<br />

<strong>In</strong>tegrität und Selbstbest<strong>im</strong>mung. So wurden diverse Maßnahmen der Rückfallsvermeidung<br />

<strong>von</strong> Sexualstraftätern in das Strafrecht eingebaut. Der Straftatbest<strong>an</strong>d der Sklaverei (§ 104<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 12


StGB) wurde weiter gefasst und mit § 107b StGB der Straftatbest<strong>an</strong>d der fortgesetzten<br />

<strong>Gewalt</strong>ausübung eingefügt. Die Verjährungsfr<strong>ist</strong> bei minderjährigen Opfern wurde verlängert<br />

und bei einigen Sexualdelikten wurden Strafuntergrenzen eingefügt sowie bei m<strong>an</strong>chen der<br />

Strafrahmen erweitert. Im Verbrechensopfergesetz findet sich erstmals eine<br />

Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.<br />

<strong>In</strong>sgesamt stellt das zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz einen weiteren Meilenstein in der<br />

Verbesserung der Situation sowie in der Durchsetzung der Rechte <strong>von</strong> Opfer häuslicher<br />

<strong>Gewalt</strong> und <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> sozialen Nahraum dar. Ein Augenmerk <strong>ist</strong> darauf zu richten, dass<br />

m<strong>an</strong>che „Schwachstellen“ des Zweiten <strong>Gewalt</strong>schutzgesetzes – wie etwa <strong>die</strong> fehlende<br />

jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren und <strong>im</strong> Verfahren außer Streitsachen – in<br />

weiteren Schritten beseitigt werden. Denn <strong>im</strong> Beratungsalltag stellt <strong>die</strong> psychosoziale<br />

Prozessbegleitung zur Zeit noch ein zu schwerfälliges <strong>In</strong>strument dar, um Klient<strong>In</strong>nen eine<br />

effiziente und nachhaltige Unterstützung bieten zu können.<br />

MMag.a Angelika Wehinger<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 13


5.4 Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen<br />

Zu den Aufgaben der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs zählt es auch - neben der Anregung<br />

<strong>von</strong> Gesetzesänderungen - zu gepl<strong>an</strong>ten Gesetzesvorhaben <strong>im</strong> Opferschutzbereich Stellung<br />

zu beziehen. Die Stellungnahmen und Anregungen der einzelnen <strong>Gewalt</strong>schutzzentren<br />

werden gesammelt und d<strong>an</strong>n in einer österreichweiten Stellungnahme zusammengeführt.<br />

Von der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg wurden <strong>im</strong> Jahr 2009 zu den beabsichtigten<br />

Änderungen der §§ 3 Abs. 6, 149 Abs. 5 StVG eine Stellungnahme abgegeben. Es war<br />

ursprünglich vorgesehen, dass best<strong>im</strong>mte Opferkategorien vom Straf<strong>an</strong>tritt des Verurteilten<br />

sowie auf Antrag vom ersten unbewachten Verlassen und der bevorstehenden oder erfolgten<br />

Entlassung des Strafgeg<strong>an</strong>genen zu verständigen sind. Die IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle vertrat <strong>die</strong><br />

Auffassung, dass der Kreis jener Personen, <strong>die</strong> verständigt werden sollen, zu eng gefasst <strong>ist</strong>.<br />

Vorgesehen war <strong>im</strong> Gesetzesentwurf nur, dass Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> in Wohnungen (§ 38a<br />

SPG) sowie Opfer gemäß § 65 Z 1 lit a StPO verständigt werden. <strong>In</strong> ihrer Stellungnahme<br />

argumentierte <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle, dass der Kreis der zu verständigenden Personen<br />

zu eng <strong>ist</strong> und jedenfalls auf Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. b StPO sowie auf jene Personen, zu<br />

deren Schutz eine einstweilige Verfügung gemäß den §§ 382 b, e oder g EO erlassen wurde,<br />

erweitert werden sollte. Die Stellungnahme der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle wurde <strong>von</strong> der<br />

Delegierten der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs in justiziellen Bel<strong>an</strong>gen aufgegriffen und in<br />

<strong>die</strong> österreichweite Stellungnahme der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren eingearbeitet.<br />

Das <strong>In</strong>-Kraft-Treten des gepl<strong>an</strong>ten Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2010 (B-KJHG<br />

2010) würde <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren bzw. <strong>Gewalt</strong>schutzstelle in einem beträchtlichen<br />

Ausmaß betreffen. Daher hat <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle <strong>an</strong> der Stellungnahme des <strong>In</strong>stituts<br />

für Sozial<strong>die</strong>nste zum Entwurf eines Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2010 – vor allem<br />

hinsichtlich der für ihre Arbeit relev<strong>an</strong>ten Punkte – mitgearbeitet. Die IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

hat ihren Beitrag auch der Delegierten der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs in justiziellen<br />

Bel<strong>an</strong>gen überlassen.<br />

Siehe dazu <strong>die</strong> Stellungnahme des <strong>In</strong>stituts für Sozial<strong>die</strong>nste zum B-KJHG 2010 unter Punkt<br />

MMag.a Angelika Wehinger<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 14


5.5. Muttersprachliche Beratung: Frau C. – ihr Weg aus der <strong>Gewalt</strong><br />

Kennengelernt habe ich <strong>die</strong> Klientin Frau C. über Vermittlung einer Sozialarbeiterin <strong>im</strong> LKH<br />

R<strong>an</strong>kweil. Frau C. war zum damaligen Zeitpunkt wegen Depressionen in stationärer<br />

Beh<strong>an</strong>dlung. Bei früheren Aufenthalten <strong>im</strong> LKH sprach sie zwar über Probleme in der<br />

Beziehung, Überforderung, Stress etc., ihre <strong>Gewalt</strong>beziehung hatte sie aber erst bei <strong>die</strong>sem<br />

Aufenthalt zum Thema gemacht. Sie hatte be<strong>im</strong> Erstgespräch sehr viel zu erzählen, freute<br />

sich, sich endlich in ihrer Muttersprache den Kummer <strong>von</strong> der Seele reden zu können und<br />

interessierte sich verständlicherweise wenig für gesetzliche Möglichkeiten wie z.B. eine<br />

einstweilige Verfügung. Sie hatte sehr große Angst wieder nach Hause gehen zu müssen,<br />

vermisste aber gleichzeitig ihre drei Söhne. Eigentlich wollte sie sich <strong>von</strong> ihrem M<strong>an</strong>n<br />

trennen, traute sich aber nicht, weil der M<strong>an</strong>n ihr eingeredet hatte, sie würde <strong>die</strong> Kinder<br />

verlieren. Da ihr M<strong>an</strong>n in <strong>die</strong>ser Zeit ein Besuchsverbot <strong>im</strong> LKH hatte, konnte sie jedoch ein<br />

wenig Abst<strong>an</strong>d gewinnen und ihre Ged<strong>an</strong>ken sammeln. Trotzdem versuchte er ihr<br />

telefonisch Angst zu machen, indem er sie bedrohte oder seine Bek<strong>an</strong>nten auf Besuch<br />

schickte, <strong>die</strong> seine Drohungen ausrichteten. Erst nach einigen kürzeren und längeren<br />

Telefonaten konnte ich ihr bei einem Beratungsgespräch auch <strong>die</strong> rechtlichen Möglichkeiten<br />

erklären. Auch <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit dem LKH und der Sozialarbeiterin klappte sehr gut.<br />

Frau C. erwähnte <strong>im</strong>mer wieder, dass sie <strong>die</strong> Unterstützung genieße und sich zum ersten<br />

Mal aufgehoben fühle.<br />

Nach einigen Wochen war sie gesundheitlich so weit das LKH R<strong>an</strong>kweil verlassen zu<br />

können. Wir kümmerten uns um eine Aufnahme in <strong>die</strong> IfS <strong>Frauen</strong>notWohnung oder in eine<br />

der IfS Krisenwohnungen. Frau C. lehnte jedoch <strong>die</strong>se Möglichkeit ab, da sie <strong>die</strong> Kinder nicht<br />

aus ihrem Umfeld nehmen wollte. Alles wäre sehr kompliziert für sie gewesen, <strong>die</strong> Kinder<br />

hätten ihr g<strong>an</strong>zes Leben umstellen müssen. Frau C. fühlte sich schon so weit gestärkt, dass<br />

sie nicht mehr bereit war, wegen ihres M<strong>an</strong>nes derartige Strapazen auf sich zu nehmen.<br />

Deshalb traf sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Entscheidung nur für sich und ihre<br />

Kinder, ihr M<strong>an</strong>n sollte selber für eine Unterkunft sorgen. Immer wieder erzählte sie da<strong>von</strong>,<br />

dass sie <strong>die</strong>s hätte früher machen wollen, ihr hätte aber <strong>im</strong>mer der Mut dazu gefehlt.<br />

Frau C. entschied sich somit für eine einstweilige Verfügung, welche aber be<strong>im</strong> ersten Anlauf<br />

leider abgewiesen wurde. Sie hatte bei der Aufnahme <strong>im</strong> LKH nämlich <strong>an</strong>gegeben, dass ihr<br />

M<strong>an</strong>n ihr gegenüber nicht gewalttätig gewesen sei. Später bei der Anhörung bei Gericht fiel<br />

sie zurück in <strong>die</strong> gewohnte Machtlosigkeit und verdrehte ihre Aussagen. Das<br />

Zusammentreffen mit ihrem M<strong>an</strong>n, der Gerichtssaal, <strong>die</strong> ungewohnte Situation und all <strong>die</strong><br />

Fragen waren ihr einfach zu viel. Herr C. versprach aber, freiwillig auszuziehen und sich eine<br />

eigene Wohnung zu suchen. Frau C. war so weit, dass sie jetzt auch konkret eine Scheidung<br />

pl<strong>an</strong>te. Zur Unterstützung und Beratung in <strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g vermittelte ich sie <strong>an</strong> <strong>die</strong><br />

IfS Beratungsstelle in Bregenz.<br />

<strong>In</strong> der Hoffnung, dass der M<strong>an</strong>n sein Versprechen halten und sie in Ruhe lassen würde,<br />

verließ sie das LKH R<strong>an</strong>kweil und ging wieder nach Hause. Aber nach wenigen Tagen schon<br />

r<strong>an</strong>dalierte er vor der Wohnungstür, weil er doch wieder zurück wollte, er hätte es sich<br />

<strong>an</strong>ders überlegt. Die Situation eskalierte und wir mussten erneut einen Antrag auf<br />

einstweilige Verfügung stellen, der <strong>die</strong>smal für sechs Monate erlassen wurde. <strong>In</strong> <strong>die</strong>ser Zeit<br />

und mit <strong>die</strong>ser Sicherheit konnte sich Frau C. psychisch stabilisieren. Sie stellte einiges in<br />

ihrer Wohnung um, konnte viel ruhiger mit ihren Kindern umgehen und war bereit, auch <strong>die</strong><br />

Scheidung einzureichen.<br />

Be<strong>im</strong> Abschlussgespräch wirkte sie viel selbstsicherer, hatte bereits einige Ziele für sich und<br />

ihre Kinder. Sie brachte öfters ihre D<strong>an</strong>kbarkeit für <strong>die</strong> Unterstützung zum Ausdruck. Sie<br />

hätte nie gedacht, dass sich so viele <strong>In</strong>stitutionen und so viele Sozialarbeiterinnen für sie<br />

einsetzen und auch <strong>die</strong> Geduld aufbringen würden. Sie fühlte sich nicht überrumpelt, konnte<br />

frei entscheiden und ihre Entscheidungen wurden akzeptiert.<br />

Ich wünsche Frau C. viel Glück für <strong>die</strong> Zukunft und hoffe, dass sie ihr wiedergewonnenes<br />

Selbstwertgefühl behält.<br />

Sevinc Kapakli<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 15


6. Stat<strong>ist</strong>ik 2009<br />

6.1. <strong>In</strong><strong>an</strong>spruchnahme der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg<br />

Klient<strong>In</strong>nen 2009<br />

Neu<strong>an</strong>meldungen Klient<strong>In</strong>nen 2009 469 77%<br />

Klient<strong>In</strong>nen aus Vorjahr 142 23%<br />

Gesamt 611 100%<br />

Im Jahr 2009 gab es 469 Neu<strong>an</strong>meldungen.<br />

Aus 2008 wurden 142 Klient<strong>In</strong>nen übernommen.<br />

Daraus ergibt sich <strong>die</strong> Gesamtzahl für den Berichtszeitraum<br />

<strong>von</strong> 611 betreuten Klient<strong>In</strong>nen.<br />

Beratungen <strong>an</strong>dere Einrichtungen/Personen<br />

Behörden 15<br />

sonst.<strong>In</strong>stitutionen 31<br />

IfS-intern 61<br />

Privatpersonen 158<br />

Gesamt 265<br />

<strong>In</strong> 265 Fällen informierten sich Berater<strong>In</strong>nen <strong>von</strong><br />

psychosozialen (IfS-internen und <strong>an</strong>deren)<br />

Beratungseinrichtungen, Behörden und Angehörige über<br />

Unterstützungsmöglichkeiten für Opfer <strong>von</strong> familiärer<br />

<strong>Gewalt</strong>.<br />

Prozessbegleitung 2009<br />

Prozessbegleitung 2009 88<br />

Prozessbegleitung aus Vorjahr 35<br />

Prozessbegleitung Gesamt 123<br />

123 Klientinnen haben Prozessbegleitung in Anspruch genommen.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 16


Die stat<strong>ist</strong>ischen Erhebungen beziehen sich auf <strong>die</strong> Neu<strong>an</strong>meldungen und <strong>die</strong> Klient<strong>In</strong>nen, <strong>die</strong><br />

aus dem Vorjahr übernommen wurden.<br />

Zuweisung<br />

Exekutive 439 72%<br />

Sozialeinr. IfS-intern 55 9%<br />

Sozialeinr. <strong>an</strong>dere 23 4%<br />

Behörden (Gerichte, JWF) 15 2%<br />

pers. Kontaktaufnahme 79 13%<br />

Gesamt 611 100%<br />

Entwicklung der Fallzahlen<br />

Jahr 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003<br />

Neu<strong>an</strong>meldungen 469 420 348 294 221 248 252<br />

aus Vorjahr 142 192 165 138 233 195 142<br />

Klient<strong>In</strong>nen<br />

Gesamt<br />

611 612 513 432 454 443 394<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 17


6.2 Die Exekutive<br />

Die Zahlen beziehen sich auf <strong>die</strong> Wegweisungen/Betretungsverbote 2009.<br />

Wegweisungen/Betretungsverbote, <strong>die</strong> <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg erhalten hat<br />

Bezirk Exekutive<br />

Bregenz 139<br />

Dornbirn 61<br />

Feldkirch 41<br />

Bludenz 45<br />

Gesamt 286<br />

Bei 237 (83%) Wegweisungen/Betretungsverboten <strong>ist</strong> der Kontakt gelungen, bei den restlichen<br />

17% wurde <strong>die</strong> gefährdete Person schriftlich über das Angebot der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

informiert.<br />

Entwicklung der <strong>an</strong> <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg gemeldeten<br />

Wegweisungen/Betretungsverbote pro Bezirk <strong>im</strong> Vergleich mit den Vorjahren<br />

Bezirk 2006 2007 2008 2009<br />

Bregenz 65 127 125 139<br />

Dornbirn 56 65 57 61<br />

Feldkirch 32 35 48 41<br />

Bludenz 26 33 33 45<br />

Gesamt 179 260 263 286<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 18


Sachverhaltsdarstellungen, Anzeigen und Stalking 2009<br />

Von der Exekutive <strong>an</strong> <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle gemeldet<br />

Bezirk<br />

Sachverhaltsdarst.<br />

Stalking Straf<strong>an</strong>zeigen<br />

Bregenz 35 11 5<br />

Dornbirn 2 7 0<br />

Feldkirch 5 2 0<br />

Bludenz 12 7 1<br />

Gesamt 54 27 6<br />

Wegweisungen/Betretungsverbote <strong>im</strong> Verhältnis zu Streitschlichtungen pro Bezirk laut<br />

Stat<strong>ist</strong>ik des L<strong>an</strong>despolizeikomm<strong>an</strong>dos Vorarlberg (LPK)<br />

Bezirk WW/BV lt.<br />

Stat<strong>ist</strong>ik<br />

LPK<br />

Streitschlichtungen<br />

lt. Stat<strong>ist</strong>ik LPK<br />

WW/BV <strong>im</strong><br />

Verhältnis zu<br />

Streitschl.<br />

Bregenz 129 96 1 : 0,7<br />

Dornbirn 65 77 1 : 1,2<br />

Feldkirch 39 54 1 : 1,4<br />

Bludenz 40 17 1 : 0,4<br />

Gesamt 273 244 1 : 0,9<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 19


6.3 Die <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> betroffenen/gefährdeten Personen<br />

Die Zahlen beziehen sich auf alle <strong>im</strong> Jahr 2009 betreuten Klient<strong>In</strong>nen.<br />

Geschlecht<br />

weiblich 555 91%<br />

männlich 56 9%<br />

Gesamt 611 100%<br />

91% der Opfer waren weiblich, 9% männlich.<br />

Alter<br />

0 - 14 Jahre 4 1%<br />

15 - 18 Jahre 23 4%<br />

19 - 30 Jahre 195 32%<br />

31 - 40 Jahre 176 28%<br />

41 - 50 Jahre 134 22%<br />

51 - 60 Jahre 48 8%<br />

60 und mehr 29 5%<br />

unbek<strong>an</strong>nt 2 0%<br />

Gesamt 611 100%<br />

60 % der Klient<strong>In</strong>nen waren zwischen 19 und 40<br />

Jahre alt.<br />

Wohnbezirk<br />

Bregenz 252 42%<br />

Dornbirn 131 21%<br />

Feldkirch 135 22%<br />

Bludenz 93 15%<br />

Gesamt 611 100%<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 20


Nationalität<br />

Österreich 410 67%<br />

EU-L<strong>an</strong>d 30 5%<br />

Türkei 70 12%<br />

Schweiz 2 0%<br />

Serbien 25 4%<br />

Bosnien 13 2%<br />

Kroatien 7 1%<br />

Mazedonien 3 0%<br />

Osteuropa 15 3%<br />

Asien 1 0%<br />

Afrika 4 1%<br />

Lateinamerika 8 1%<br />

unbek<strong>an</strong>nt 23 4%<br />

Gesamt 611 100%<br />

Anzahl der minderjährigen Kinder <strong>im</strong> Haushalt<br />

ein Kind 151 25%<br />

zwei Kinder 124 20%<br />

drei Kinder 36 6%<br />

vier u. mehr Kinder 29 5%<br />

kein Kind 219 36%<br />

unbek<strong>an</strong>nt 52 8%<br />

Gesamt 611 100%<br />

<strong>In</strong> 56% der Haushalte lebten mindestens 623<br />

minderjährige Kinder.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 21


6.4 Die Gefährder<br />

Die Zahlen beziehen sich auf alle betreuten Klient<strong>In</strong>nen.<br />

Geschlecht<br />

weiblich 49 8%<br />

männlich 562 92%<br />

Gesamt 611 100%<br />

Alter<br />

0 - 14 Jahre 2 0%<br />

15 - 18 Jahre 28 4%<br />

19 - 30 Jahre 146 24%<br />

31 - 40 Jahre 158 26%<br />

41 - 50 Jahre 152 25%<br />

51 - 60 Jahre 65 11%<br />

60 und mehr 20 3%<br />

unbek<strong>an</strong>nt 40 7%<br />

Gesamt 611 100%<br />

50 % der Gefährder waren zwischen<br />

19 und 40 Jahre alt.<br />

Nationalität<br />

Österreich 334 55%<br />

EU-L<strong>an</strong>d 40 7%<br />

Schweiz 3 0%<br />

Türkei 96 16%<br />

Serbien 31 5%<br />

Bosnien 15 2%<br />

Kroatien 6 1%<br />

Mazedonien 4 1%<br />

Osteuropa 28 5%<br />

Asien 3 0%<br />

Lateinamerika 7 1%<br />

Afrika 3 0%<br />

unbek<strong>an</strong>nt 41 7%<br />

Gesamt 611 100%<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 22


Beziehungsverhältnis<br />

zur gefährdeten Person<br />

Ehem<strong>an</strong>n 222 36%<br />

Exm<strong>an</strong>n 51 8%<br />

Lebensgefährte/Freund 105 17%<br />

Exlebensgefährte/Exfreund 84 14%<br />

Vater 19 3%<br />

Sohn 23 4%<br />

Ehefrau 9 2%<br />

Lebensgefährtin 4 1%<br />

Exfrau/Exlebensgefährtin 4 1%<br />

Mutter 5 1%<br />

Tochter 8 1%<br />

sonstige Familienmitglieder 27 4%<br />

<strong>an</strong>dere Person 50 8%<br />

Gesamt 611 100%<br />

Waffengebrauch<br />

Drohung mit Waffe 34 5%<br />

Verletzung mit Waffe 17 3%<br />

unbek<strong>an</strong>nt/nicht zutreffend 560 92%<br />

Gesamt 611 100%<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 23


6.5 Gerichte<br />

Anträge auf Einstweilige Verfügung nach §§ 382b, 382e, 382g EO aus 2009.<br />

Einstweilige Verfügungen<br />

nach §§ 382b, 382e, 382g EO<br />

nach BV mit Unterst. IST 71<br />

Stalking mit Unterst. IST 9<br />

ohne BV mit Unterst. IST 39<br />

Gesamt 119<br />

EV nach Betretungsverbot nicht be<strong>an</strong>tragt<br />

nicht erwünscht nach BV 184<br />

rechtlich nicht möglich nach BV 13<br />

nicht erwünscht nach beharrlicher Verfolgung 18<br />

rechtlich nicht möglich nach beharrlicher Verfolgung 6<br />

unbek<strong>an</strong>nt 19<br />

nicht zutreffend 340<br />

Anzahl der Straf<strong>an</strong>zeigen 2009 nach dem StGB<br />

<strong>die</strong> der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle bek<strong>an</strong>nt geworden sind<br />

Körperverletzung (§ 83) 109<br />

Schwere Körperverletzung (§§ 83, 84) 2<br />

Nötigung (§ 105) 8<br />

Schwere Nötigung (§§ 105, 106) 7<br />

Gefährliche Drohung (§ 107) 48<br />

Vergewaltigung (§ 201) 4<br />

Widerst<strong>an</strong>d g. Staatsgewalt (§ 269) 2<br />

beharrliche Verfolgung (§ 107a) 34<br />

Sachbeschädigung (§125) 9<br />

Sonstige 9<br />

Gesamt 232<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 24


6.6 Tätigkeiten der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg<br />

Beratung in der <strong>Gewalt</strong>schutzstelle 692<br />

Beratung außerhalb der <strong>Gewalt</strong>schutzstelle 225<br />

Telefongespräche Klient<strong>In</strong> 1946<br />

Telefongespräche <strong>an</strong>dere <strong>In</strong>stitutionen /<br />

Personen<br />

1697<br />

Gerichtsbegleitung in Zivilsachen 14<br />

Gerichtsbegleitung <strong>im</strong> Strafverfahren 56<br />

Begleitung zu <strong>an</strong>deren <strong>In</strong>stitutionen/Personen 2<br />

Verfassen <strong>von</strong> EV-Anträgen 119<br />

Verfassen <strong>an</strong>dere Anträge 42<br />

Stellungnahmen <strong>an</strong> <strong>In</strong>stitutionen 132<br />

Sonstige Schriftstücke 539<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 – Stat<strong>ist</strong>ik 25


7. Kooperation, Vernetzung, Prävention, Öffentlichkeitsarbeit<br />

Häusliche <strong>Gewalt</strong> <strong>ist</strong> ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich durch alle Schichten<br />

und sozialen Milieus zieht. Der Begriff „Häusliche <strong>Gewalt</strong>“ umfasst alle Formen der<br />

körperlichen, sexuellen, seelischen, sozialen und ökonomischen <strong>Gewalt</strong>, <strong>die</strong> zwischen<br />

erwachsenen Menschen stattfindet, <strong>die</strong> in einer nahen Beziehungen zuein<strong>an</strong>der stehen oder<br />

gest<strong>an</strong>den haben.<br />

Es <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Erfahrung, dass häusliche <strong>Gewalt</strong> gegen <strong>Frauen</strong> durch Einzelmaßnahmen<br />

nicht effektiv bekämpft werden k<strong>an</strong>n, sondern ein kombiniertes und koordiniertes<br />

Zusammenwirken aller Beteiligter erfordert:<br />

Im Sinne der <strong>Gewalt</strong>prävention kommt der Zusammenarbeit mit allen Einrichtungen <strong>die</strong> <strong>im</strong><br />

Feld der häuslichen <strong>Gewalt</strong> tätig sind große Bedeutung zu. Kooperation <strong>die</strong>nt der<br />

<strong>Gewalt</strong>prävention, der Professionalisierung des H<strong>an</strong>dlungsfeldes und der effizienten<br />

Zusammenarbeit <strong>im</strong> Sinne des Opferschutzes. Unter <strong>die</strong>sem Gesichtspunkt haben 2009<br />

zahlreiche Kooperationsgespräche mit den beteiligten <strong>In</strong>stitutionen stattgefunden.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

Vorarlberg<br />

Kooperation bei häuslicher <strong>Gewalt</strong><br />

<strong>In</strong>tervention als interdisziplinäre Aufgabe<br />

Soziale<br />

Einrichtungen<br />

Jugendwohlfahrt<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

Strafgericht<br />

Polizei<br />

Zivilgericht<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg<br />

Rechts<strong>an</strong>wält-<br />

<strong>In</strong>nen<br />

IfS-<strong>Frauen</strong>notwohnung<br />

Ärzte<br />

Ambul<strong>an</strong>zen<br />

Veränderte Vorgehensweisen <strong>im</strong> <strong>In</strong>terventionsablauf werden d<strong>an</strong>n umgesetzt, wenn das<br />

Bewusstsein über <strong>die</strong> Problematik häuslicher <strong>Gewalt</strong> sowie Einsicht in <strong>die</strong> Notwendigkeit<br />

koordinierten Vorgehens besteht. Daher <strong>ist</strong> es das Ziel der Vernetzung <strong>von</strong><br />

Kooperationspartnern, durchgängig das Wissen über <strong>die</strong> Auswirkung <strong>von</strong> häuslicher <strong>Gewalt</strong><br />

in den beteiligten <strong>In</strong>stitutionen zu erweitern. Schulungen und <strong>In</strong>formationsver<strong>an</strong>staltungen,<br />

<strong>die</strong> <strong>von</strong> der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle zu häuslicher <strong>Gewalt</strong> durchgeführt werden sind wichtige<br />

<strong>In</strong>strumente für <strong>die</strong> Ver<strong>an</strong>kerung des Themas und eine veränderte Wahrnehmung des<br />

Problems.<br />

Die IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle <strong>ist</strong> in den Schulungen zum Thema „<strong>Gewalt</strong> in der Familie“ sowohl<br />

in der Grundausbildung der Poliz<strong>ist</strong><strong>In</strong>nen als auch in <strong>die</strong> weitere berufsbegleitende Aus- und<br />

Fortbildung der Sicherheitsexekutive eingebunden.<br />

Das Projekt Signal richtet sich mit seiner Fortbildungsreihe schwerpunktmäßig <strong>an</strong> den<br />

medizinisch, pflegerischen Bereich und konnte in 5 Ver<strong>an</strong>staltungen auch 2009 wieder ein<br />

große Anzahl <strong>an</strong> Teilnehmer<strong>In</strong>nen erreichen.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 26


7.1. Tätigkeiten <strong>im</strong> Rahmen der Kooperations-, Vernetzungs- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Jänner<br />

� Neujahrsempf<strong>an</strong>g IfS-intern, Otten Gravour Hohenems<br />

� Neujahrsempf<strong>an</strong>g <strong>Frauen</strong>referat d. Vbg.L<strong>an</strong>desregierung, Götzis<br />

� Geschäftsführerinnen-Treffen mit <strong>Frauen</strong>min<strong>ist</strong>erin, Wien<br />

� IfS-Fachgruppe Opferschutz – internes Vernetzungstreffen<br />

� Kooperationsgespräch Sachwalterschaft F.Bachmayr-Heyda, Feldkirch<br />

� Vorstellung der IST (Auftrag und Arbeit) <strong>an</strong> der Gesundheits-u. Kr<strong>an</strong>kenpflegeschule<br />

Feldkirch<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> der Eröffnung der neuen Räumlichkeiten <strong>von</strong> Femail, Feldkirch<br />

Februar<br />

� IfS-Kinderschutz – fachlicher Austausch in der IfS-Beratungsstelle Hohenems<br />

� AG-Prozessbegleitung, fachlicher Austausch, IfS- Beratungsstelle Hohenems<br />

� Teilnahme am <strong>In</strong>formationstreffen in der <strong>Gewalt</strong>- und Missbrauchsambul<strong>an</strong>z LKH-Dornbirn<br />

� Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum der GSZ/ISTen, GSZ Salzburg<br />

� <strong>In</strong>formationsgespräch mit Praktik<strong>an</strong>tin der IfS-Beratungsstelle Feldkirch<br />

März<br />

� IfS-Kinderschutz – fachlicher Austausch in der IfS-Beratungsstelle Hohenems<br />

� <strong>In</strong>fo-<strong>Frauen</strong>fest zum internationalen <strong>Frauen</strong>tag Vbg.L<strong>an</strong>desregierung<br />

� <strong>In</strong>formationsgespräch mit IfS-Praktik<strong>an</strong>tinnen<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> Konferenz „Breaking the Taboo – <strong>Gewalt</strong> gegen ältere <strong>Frauen</strong> i.d.Familie“<br />

Wien<br />

� Geschäftsführerinnentreffen der GSZ/ISTen in Wien<br />

� Besprechung mit <strong>In</strong>sp. Belinda Dutczak Fallzahlen 2008, PI Feldkirch<br />

� <strong>In</strong>terview mit Birgit Hackspiel vom ORF Vorarlberg Dornbirn<br />

April<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> der AG Migr<strong>an</strong>tinnen<br />

� Teilnahme am Arbeitstreffen IfS-Strategien 2015<br />

� <strong>In</strong>terview ORF für „Vorarlberg-Heute“ (Namensänderung, Übersiedlung)<br />

� IfS-Kinderschutz – fachlicher Austausch in der IfS-Beratungsstelle Hohenems<br />

� Arbeitstreffen Audit Qualitätsh<strong>an</strong>dbuch GSZ Tirol, <strong>In</strong>nsbruck<br />

� Bezirkspolizeischulung bei PI Bludenz<br />

� <strong>In</strong>formationsgespräch mit Mitarbeiterinnen der IfS-Familienarbeit Feldkirch<br />

� Bezirkspolizeischulung bei PI Bludenz<br />

Mai<br />

� Bezirkspolizeischulung bei PI Bludenz<br />

� IfS-Kinderschutz – fachlicher Austausch in der IfS-Beratungsstelle Hohenems<br />

� Bezirkspolizeischulung bei PI Bludenz<br />

� <strong>In</strong>terview ORF zum Thema „Stalking“ in Vorarlberg Heute<br />

� IfS-internes Kooperationstreffen „Beratung <strong>im</strong> Alter“, Röthis<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 27


Juni<br />

� Jour-fix mit dem Team der IfS-<strong>Frauen</strong>Notwohnung<br />

� 3. <strong>In</strong>tegrationskonferenz des L<strong>an</strong>des Vorarlberg, Festspielhaus Bregenz<br />

� IfS-Kinderschutz – fachlicher Austausch in der IfS-Beratungsstelle Hohenems<br />

� Arbeitstreffen mit Leiter<strong>In</strong>nen der Vbg. Jugendwohlfahrt<br />

� Schulung II. <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz <strong>im</strong> Bildungszentrum SiAK Gisingen<br />

� <strong>In</strong>t. Vernetzungstreffen der <strong>In</strong>terventionsstellen und –projekte (D, CH, Ö, Lux) Basel<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> Tagung der AG „Zw<strong>an</strong>gsheirat“, Wien<br />

� Geschäftsführerinnentreffen der GSZ/ISTen in Linz<br />

� Schulung II. <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz <strong>im</strong> Bildungszentrum SiAK Gisingen<br />

Juli<br />

� Teilnahme am IfS internen Sekretärinnen-Treffen IfS-Beratungsstelle Dornbirn<br />

� <strong>In</strong>formationsgespräch mit Mitarbeiter der IfS-Wohngemeinschaft Oberl<strong>an</strong>d<br />

August<br />

� Besuch der LAbg. Katharina Wiesflecker<br />

� Kooperationsgespräch mit der Leiterin der IfS-<strong>Frauen</strong>Notwohnung<br />

� Besuch der Frau Bundesmin<strong>ist</strong>erin Heinisch-Hosek mit Delegation (Fr<strong>an</strong>z Lutz, Olga Pircher)<br />

September<br />

� IfS-AG Prozessbegleitung – interner Austausch<br />

� Arbeitstreffen mit den Leiter<strong>In</strong>nen der Vbg. Jugendwohlfahrten<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> der AG Migr<strong>an</strong>tinnen<br />

� Arbeitstreffen „Sexueller Missbrauch“ IfS-intern<br />

Oktober<br />

� <strong>In</strong>formationsver<strong>an</strong>staltung des LPK Vorarlberg und LKA Bregenz „Kooperationen bei<br />

Sexualdelikten“ Sicherheitszentrum Bregenz<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> Vorstellung der Stu<strong>die</strong>n zu Familiengewalt und 20 Jahre gesetzliches<br />

<strong>Gewalt</strong>verbot in Ö, BH Bregenz<br />

� Referat be<strong>im</strong> OLG <strong>In</strong>nsbruck „Opferrechte <strong>im</strong> StrafprozessreformGesetz“<br />

� Plattform <strong>Gewalt</strong> in der Familie – Vorstellung der Stu<strong>die</strong> „W<strong>an</strong>n <strong>ist</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>Gewalt</strong>?“<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> <strong>Frauen</strong>ratsitzung<br />

� Vorstellung des „Projekt Missh<strong>an</strong>delt“ L<strong>an</strong>dhaus Bregenz<br />

� <strong>In</strong>formationsgespräch mit neuer Mitarbeiterin der IfS- <strong>Frauen</strong>Notwohnung<br />

� Kooperationsgespräch mit Obstlt. Schlosser, LKA Bregenz<br />

November<br />

� Geschäftsführerinnentreffen der GSZ/Isten mit A. Lasser, BKA <strong>Frauen</strong>, Wien und <strong>In</strong>nsbruck<br />

� Vernetzungstreffen Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum, GSZ Linz<br />

� Sozialausschuss der Stadt Feldkirch besucht <strong>die</strong> GST<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> Vernetzungstreffen „Sexuelle <strong>Gewalt</strong> <strong>an</strong> <strong>Frauen</strong>“<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> Ver<strong>an</strong>staltung „Kinder-u. Jugendkr<strong>im</strong>inalität“ NEUSTART Positionen<br />

� <strong>In</strong>formationsgespräch mit neuer Mitarbeiterin der IfS-Beratungsstelle Dornbirn<br />

� Kooperationsgespräch mit Richter .Dr. Bolter vom LG Feldkirch<br />

� Kooperationsgespräch mit Familienrichtern des Bezirksgerichts Dornbirn<br />

� Teilnahme <strong>an</strong> Auftaktver<strong>an</strong>staltung <strong>Frauen</strong>haus Liechtenstein, Vaduz<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 28


Dezember<br />

� Kooperationsgespräch mit Team <strong>von</strong> NEUSTART<br />

� Teilnahme am Vernetzungsfrühstück – „<strong>Frauen</strong>gesundheit“<br />

� Vortrag in Fachhochschule Dornbirn „Gender in der Sozialarbeit“<br />

� IfS-Kinderschutz – fachlicher Austausch in der IfS-Beratungsstelle Hohenems<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 29


7.2. Fortbildung<br />

Voraussetzung für <strong>die</strong> kompetente Beratungs- und Betreuungsarbeit <strong>ist</strong> <strong>die</strong> berufliche<br />

Qualifikation der Mitarbeiterinnen. Der fachliche Austausch <strong>im</strong> Team, in Klausuren,<br />

Reflexion, Supervision und <strong>die</strong> kontinuierliche berufliche Fortbildung gehören zur Sicherung<br />

des Qualitätsst<strong>an</strong>dards. Mitarbeiterinnen der IfS-<strong>In</strong>terventionsstelle Vorarlberg haben <strong>an</strong><br />

folgenden Ver<strong>an</strong>staltungen teilgenommen.<br />

Jänner<br />

� Familien- und Scheidungsrecht Schloss Hofen, Bregenz<br />

� Sozial Quality Leadership, Salzburg<br />

Februar<br />

� Aufsichtspflicht bei betreuten Kindern Schloss Hofen, Bregenz<br />

� Krisenbegleitung und Arbeit mit Traumatisierung in der frauenspezifischen Beratung, Viktorsberg<br />

März<br />

� Datenschutz – Grundlagen: Praxis, Entscheidungen, Perspektiven, Wien<br />

� Datenverwendung <strong>im</strong> Unternehmen: Vereinbarungen, <strong>In</strong>formationspflichten, Maßnahmen, Wien<br />

� Datenschutz – National / <strong>In</strong>ternational: Erfahrungen, Unterschiede, Entwicklungen, Wien<br />

� Datenschutz und IT-Sicherheit: Anforderungen, Konzepte, Umsetzung, Wien<br />

April<br />

� Datenschutzfragen <strong>im</strong> Betrieb identifizieren und lösen, Wien<br />

� Sozialrecht I und II Schloss Hofen, Bregenz<br />

� Stalking-<strong>Gewalt</strong>vorhersage & Risikom<strong>an</strong>agement (Jens Hoffm<strong>an</strong>n)<br />

� <strong>In</strong>stitut Psychologie & Sicherheit, Fr<strong>an</strong>kfurt<br />

Mai<br />

� Supervisionsseminar für Prozessbegleiter<strong>In</strong>nen, Schloss Hofen Bregenz<br />

� Sozialrecht III und IV Schloss Hofen, Bregenz<br />

� Prozessbegleitung „Begleitung <strong>von</strong> Personen mit Migrationshintergrund“ Graz<br />

� Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren, Weißer Ring, Wien<br />

� 2. <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz mit DDr. Wolfg<strong>an</strong>g Bogensberger, BMI und Dr. Georg Kathrein BMJ,<br />

Salzburg<br />

Juni<br />

� Kongress „D<strong>im</strong>ensionen des Lebens“, Wels<br />

Dezember<br />

� Zw<strong>an</strong>gsheirat – Verein Orient Express IfS-Beratungsstelle Hohenems<br />

� <strong>In</strong>terdisziplinäre Fachtagung „Gender und häusliche <strong>Gewalt</strong>“ Freiburg i.Br.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 30


8. Reformvorschläge der <strong>In</strong>terventionsstellen<br />

und <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs 1<br />

Erarbeitet vom Jur<strong>ist</strong>ischen Fachforum der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs und der<br />

<strong>In</strong>terventionsstelle für Betroffene des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels<br />

Endredaktion:<br />

Dr. in Renate Hojas (<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Salzburg)<br />

Mag. a Maria Schwarz-Schlöglm<strong>an</strong>n (<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Oberösterreich)<br />

Mai 2010<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 31


Vorwort<br />

Gemäß Auftragsvertrag mit der Bundesmin<strong>ist</strong>erin für <strong>In</strong>neres und der Bundesmin<strong>ist</strong>erin für<br />

<strong>Frauen</strong> sind <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren und <strong>In</strong>terventionsstellen Österreichs dazu <strong>an</strong>gehalten,<br />

in ihren jährlichen Tätigkeitsberichten unter <strong>an</strong>derem Anregungen für Verbesserungen <strong>von</strong><br />

<strong>Gewalt</strong>präventions- und Opferschutzmaßnahmen sowie entsprechende Reformvorschläge<br />

für Gesetze zu erstatten. <strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g hat sich seit Bestehen der<br />

<strong>In</strong>terventionsstellen eine Arbeitsgruppe herausgebildet – das Jur<strong>ist</strong>ische Fachforum,<br />

zusammengesetzt aus Jur<strong>ist</strong>innen der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren und <strong>In</strong>terventionsstellen<br />

Österreichs 2 .<br />

2007 wurde vom Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Justiz eine <strong>In</strong>itiative gestartet und in zwei<br />

Arbeitskreisen konkrete Überlegungen für Änderungen und Erweiterungen <strong>von</strong> spezifischen<br />

Gesetzen und sonstigen Best<strong>im</strong>mungen <strong>an</strong>gestellt. <strong>In</strong> <strong>die</strong>sen Arbeitskreisen waren als<br />

Vertreterinnen der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs Dr. in Renate Hojas (Geschäftsführung<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Salzburg) und Mag. a Maria Schwarz-Schlöglm<strong>an</strong>n (Geschäftsführung<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum OÖ) delegiert. Im AK <strong>Gewalt</strong> in der Familie bildeten <strong>die</strong> bisher<br />

ausgearbeiteten Anregungen und Vorschläge der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren eine wesentliche<br />

Arbeitsgrundlage.<br />

Das zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz, BGBL I Nr. 40/2009 <strong>ist</strong> mit 1. Juni 2009 in Kraft getreten.<br />

Erfreulicherweise wurden zahlreiche Anregungen der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren <strong>im</strong> Gesetz<br />

verwirklicht. <strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Sinne erstatten <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren nach wie vor weitere<br />

Vorschläge zur Verbesserung des Opferschutzes sowie der besseren rechtlichen<br />

Absicherung <strong>von</strong> Opfern familiärer <strong>Gewalt</strong> und weisen auf Probleme mit der praktischen<br />

Umsetzung der bestehenden Gesetze hin.<br />

2 Das Jur<strong>ist</strong>ische Fachforum besteht aus folgenden Mitgliedern: Mag. a Aless<strong>an</strong>dra Ebner<br />

(<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Kärnten), MMag. a Angelika Wehinger (<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg), Mag. a<br />

Andrea Heil<strong>im</strong><strong>an</strong>n (<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Burgenl<strong>an</strong>d), Mag. a Barbara Fr<strong>an</strong>k, Mag. a Teresa Esterm<strong>an</strong>n<br />

(<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum NÖ), Mag. a Martina Maurer, Dr. in Belinda Jahn (<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum OÖ),<br />

Mag. a Olivia Weldy (<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Salzburg), Dr. in Barbara Jauk, Mag. a Chr<strong>ist</strong>ine Tödtling-<br />

Macher (<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Steiermark), Mag. a Henriette Tölly (<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum Tirol).<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 32


8.1. Sicherheitspolizeigesetz<br />

8.1.1. Kontaktverbot und Datenübermittlung bei Stalking<br />

Als sofortige Sicherheitsmaßnahme gegen Stalkingh<strong>an</strong>dlungen sollte ein polizeiliches<br />

Kontaktverbot in Anlehnung <strong>an</strong> das Betretungsverbot (§ 38a SPG) eingeführt werden.<br />

Die Dokumentation über ein polizeiliches Kontaktverbot sollte <strong>an</strong> das <strong>Gewalt</strong>schutzzentrum<br />

übermittelt werden. Derzeit <strong>ist</strong> eine Datenübermittlung in „geeigneter Form“ – wobei der<br />

Umf<strong>an</strong>g der Daten nicht geregelt <strong>ist</strong> – bei einer Anzeige wegen „Beharrlicher Verfolgung“<br />

vorgesehen. Für viele Stalkingbetroffene <strong>ist</strong> eine Anzeige das letzte Mittel. Wenn sie keine<br />

Anzeige erstatten, erfahren sie weder vom Unterstützungs<strong>an</strong>gebot durch <strong>die</strong><br />

<strong>Gewalt</strong>schutzzentren noch <strong>von</strong> der zu ihrem Schutz spezifischen einstweiligen Verfügung<br />

und können somit <strong>die</strong> Möglichkeiten nicht ausschöpfen.<br />

Status quo: <strong>In</strong> der Praxis erfolgt <strong>die</strong> Datenübermittlung regional sehr unterschiedlich und<br />

lückenhaft.<br />

8.1.2. Aufnahme des § 382g EO in § 38a Abs. 7 SPG 3<br />

Problembenennung: Die Fr<strong>ist</strong> des § 38a Abs. 7 SPG, um <strong>die</strong> sich ein Betretungsverbot <strong>von</strong><br />

zwei Wochen auf insgesamt max<strong>im</strong>al vier Wochen verlängert, wenn ein Antrag gemäß §<br />

382b bzw. § 382e EO <strong>von</strong> der gefährdeten Person eingebracht wird, gilt derzeit nicht für<br />

Fälle, in denen innerhalb der Geltung des Betretungsverbotes ein Antrag gemäß § 382g EO<br />

wegen Stalking eingebracht wird. Wird also nach Verhängung eines Betretungsverbotes ein<br />

Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382g EO gestellt, erfolgt keine<br />

Verlängerung des Betretungsverbots auf insgesamt max<strong>im</strong>al vier Wochen. Nach Ablauf des<br />

Betretungsverbotes entsteht damit eine Schutzlücke.<br />

Aktuelle Rechtslage: Das Betretungsverbot endet gemäß § 38a Abs. 7 SPG mit Ablauf <strong>von</strong><br />

zwei Wochen nach seiner Anordnung; es endet <strong>im</strong> Falle eines binnen <strong>die</strong>ser Fr<strong>ist</strong><br />

eingebrachten Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §382b EO mit<br />

der Zustellung der Entscheidung des Gerichtes <strong>an</strong> den Antragsgegner 4 , spätestens jedoch<br />

mit Ablauf <strong>von</strong> vier Wochen nach Anordnung des Betretungsverbotes.<br />

Reformvorschlag: Die Aufnahme des § 382g EO in § 38a Abs. 7 SPG <strong>ist</strong> sinnvoll, da damit<br />

ein Antrag auf EV wegen Stalking ebenfalls dazu führt, dass das Betretungsverbot <strong>von</strong> zwei<br />

Wochen auf max<strong>im</strong>al vier Wochen verlängert wird:<br />

§ 38a Abs. 7 SPG<br />

„Die Einhaltung des Betretungsverbotes <strong>ist</strong> zumindest einmal während der ersten drei Tage<br />

seiner Geltung durch Org<strong>an</strong>e des öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes zu überprüfen. Das<br />

Betretungsverbot endet mit Ablauf <strong>von</strong> zwei Wochen nach seiner Anordnung; es endet <strong>im</strong><br />

Falle eines binnen <strong>die</strong>ser Fr<strong>ist</strong> eingebrachten Antrages auf Erlassung einer einstweiligen<br />

Verfügung nach § 382b, § 382e EO oder § 382g EO mit der Zustellung der Entscheidung<br />

des Gerichtes <strong>an</strong> den Antragsgegner, spätestens jedoch mit Ablauf <strong>von</strong> zwei Wochen nach<br />

Anordnung des Betretungsverbotes. Von der Einbringung eines Antrages auf Erlassung<br />

einer einstweiligen Verfügung nach §382 b, § 382e EO oder § 382g EO hat das Gericht <strong>die</strong><br />

Sicherheitsbehörde unverzüglich in Kenntnis zu setzen.“<br />

3<br />

Reformvorschläge des Jur<strong>ist</strong>ischen Fachforums der <strong>In</strong>terventionsstellen und <strong>Gewalt</strong>schutzzentren<br />

Österreichs, Tätigkeitsbericht 2006.<br />

4<br />

Zur einfacheren Lesbarkeit des Textes wird in Übereinst<strong>im</strong>mung mit den Erfahrungen der<br />

<strong>In</strong>terventionsstellen und <strong>Gewalt</strong>schutzzentren, dass deren betreutes Klientel überwiegend aus <strong>Frauen</strong><br />

besteht, <strong>die</strong> in der weitaus überwiegenden Zahl <strong>von</strong> männlichen Tätern bedroht, missh<strong>an</strong>delt oder<br />

missbraucht wurden, in der Folge <strong>von</strong> „Antragstellerin“ und „Antragsgegner“ <strong>die</strong> Rede sein.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 33


8.1.3. <strong>In</strong>formationspflicht des Gefährders durch <strong>die</strong> Exekutive<br />

Wird ein Antrag auf einstweilige Verfügung erst gegen Ende der Zwei-Wochen-Fr<strong>ist</strong> nach<br />

Verhängung eines Betretungsverbotes gestellt, besteht das Risiko, dass der Weggewiesene<br />

<strong>von</strong> der Antragstellung und somit <strong>von</strong> der Verlängerung des Betretungsverbotes keine<br />

Kenntnis erhält. Er erfährt in <strong>die</strong>sem häufig auftretenden Fall <strong>von</strong> der Antragstellung erst,<br />

wenn ihm <strong>die</strong> Polizei den Wohnungsschlüssel nach Ablauf der zwei Wochen gemäß § 38a<br />

Abs. 6 letzter Satz SPG nicht ausfolgt. Er erfährt es dadurch, dass er Kontakt zur<br />

gefährdeten Person aufn<strong>im</strong>mt und <strong>die</strong>se ihm mitteilt, dass er auch nach Ablauf <strong>von</strong> zwei<br />

Wochen <strong>die</strong> Wohnung nicht betreten darf.<br />

Wenn der Gefährder gar nicht weiß, dass das Betretungsverbot verlängert wurde, k<strong>an</strong>n <strong>die</strong>s<br />

ein neuerliches Sicherheitsrisiko für das Opfer bedeuten, da gerade in der Situation, wenn<br />

der Gefährder mit der gefährdeten Person Kontakt aufn<strong>im</strong>mt, mit einer gewalttätigen<br />

Eskalation seitens des Gefährders gerechnet werden muss. Die Konfrontation mit dem<br />

Missh<strong>an</strong>dler und seine Behauptung, ihm sei der Zutritt zur Wohnung wieder zu gestatten,<br />

führen erfahrungsgemäß zur Verunsicherung des Opfers über seine rechtliche Lage. <strong>In</strong><br />

weiterer Folge kommt es mitunter zu tatsächlichem Einlass und neuerlicher Gefährdung. Das<br />

Sicherheitsrisiko könnte durch <strong>die</strong>se <strong>In</strong>formationspflicht der Exekutive für <strong>die</strong> gefährdeten<br />

Personen wesentlich verringert werden.<br />

Reformvorschlag: § 38a Abs. 7 SPG: Sobald <strong>die</strong> Sicherheitsbehörde <strong>von</strong> einem fr<strong>ist</strong>gerecht<br />

eingebrachten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b, § 382e EO<br />

in Kenntnis gesetzt wurde, hat sie den Gefährder durch ein Org<strong>an</strong> des öffentlichen<br />

Sicherheits<strong>die</strong>nstes <strong>von</strong> der Antragstellung zu informieren.<br />

8.1.4. Verlängerung der Dauer des Betretungsverbotes auf zwei Wochen<br />

Die österreichischen <strong>Gewalt</strong>schutzzentren begrüßen <strong>die</strong> Verlängerung der Dauer des<br />

Betretungsverbots <strong>von</strong> zehn Tagen auf vier Wochen, bzw. bei Einbringung eines Antrags auf<br />

einstweilige Verfügung auf vier Wochen. Dies ermöglicht eine umfassendere und<br />

qualitativere Betreuung <strong>unserer</strong> Klienten und Klientinnen, trägt zu einer Entsp<strong>an</strong>nung und<br />

Beruhigung der Situation zwischen Gefährder und Opfer bei, und ermöglicht dem Opfer mehr<br />

Ruhe und Zeit für eine längerfr<strong>ist</strong>ige Entscheidungsfindung.<br />

8.2. Exekutionsordnung<br />

8.2.1. § 382g EO, Stalking-EV 5<br />

8.2.1.1. § 382g Z 2 EO<br />

Das Verbot der Kontaktaufnahme mittels Telefon, Mail, SMS, usw. sollte bei Missachtung<br />

entsprechend den Best<strong>im</strong>mungen der einstweiligen Verfügung zum allgemeinen Schutz vor<br />

<strong>Gewalt</strong> (§ 382e EO) auch <strong>von</strong> der Polizei vollzogen werden können. Die polizeiliche<br />

<strong>In</strong>tervention bietet Gelegenheit, mittels Normverdeutlichungsgespräch auf den Gefährder<br />

einzuwirken. Die Missachtung einer einstweiligen Verfügung als staatliche Maßnahme<br />

bedeutet regelmäßig auch eine erhöhte Gefährdung für <strong>die</strong> Betroffenen. Zusätzlich <strong>ist</strong> zu<br />

erwähnen, dass jede Missachtung der einstweiligen Verfügung durch weitere<br />

Kontaktaufnahmen den Straftatbest<strong>an</strong>d „Beharrliche Verfolgung“ erfüllen k<strong>an</strong>n. Mit Meldung<br />

<strong>an</strong> das Gericht, dass der Täter das bestehende Kontaktverbot bricht, könnte <strong>die</strong><br />

Staats<strong>an</strong>waltschaft z.B. mit Verhängung der Untersuchungshaft reagieren.<br />

5 Einstweilige Verfügung.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 34


Reformvorschlag: Gleichstellung des Vollzugs der Stalking-EV mit der <strong>Gewalt</strong>schutz-EV<br />

durch <strong>die</strong> Exekutive.<br />

8.2.1.2. § 382g Z 3 EO<br />

Es wird begrüßt, dass nach dem zweiten <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz Verbote <strong>im</strong> Rahmen einer<br />

einstweiligen Verfügung gemäß § 382g EO Abs. 1 Z 1 bis 6 losgelöst <strong>von</strong> einer<br />

Unterlassungsklage für <strong>die</strong> Dauer eines Jahres bewilligt werden können und dass eine<br />

Verlängerungsmöglichkeit für den Fall des Zuwiderh<strong>an</strong>delns durch den Antragsgegner<br />

normiert wurde.<br />

Ebenfalls wird gutgeheißen, allen <strong>an</strong>deren Eingriffe in <strong>die</strong> Privatsphäre, <strong>die</strong> nicht <strong>von</strong> den<br />

Ziffern 1 – 6 umfasst sind, mit spezifischen Verboten durch einstweilige Verfügung zu<br />

begegnen, allerdings <strong>ist</strong> in <strong>die</strong>sen Fällen zusätzlich zur einstweiligen Verfügung das<br />

Einbringen einer Unterlassungsklage notwendig. Eine solche hat ein hohes Prozessrisiko.<br />

Reformvorschlag: <strong>In</strong> Anlehnung <strong>an</strong> <strong>die</strong> Reform, <strong>die</strong> Verbote nach Z 1 – 6 losgelöst <strong>von</strong><br />

einer Unterlassungsklage für <strong>die</strong> Dauer <strong>von</strong> einem Jahr zu bewilligen, schlagen wir vor, <strong>die</strong>s<br />

auch für alle <strong>an</strong>deren möglichen Verbote zum Schutz vor Eingriffen in <strong>die</strong> Privatsphäre<br />

einzuführen.<br />

§ 382g Abs. 2 EO könnte lauten:<br />

„Bei einstweiligen Verfügungen nach 382g Abs. 1 <strong>ist</strong> keine Fr<strong>ist</strong> zur Einbringung der Klage<br />

(§ 391 Abs. 2) zu best<strong>im</strong>men, wenn <strong>die</strong> einstweilige Verfügung für längstens ein Jahr<br />

getroffen wird. Gleiches gilt für eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung nach<br />

Zuwiderh<strong>an</strong>deln durch den Antragsgegner.“<br />

8.2.1.3 Örtliche Zuständigkeit für Anträge gemäß § 382g EO<br />

Es wird begrüßt, dass mit dem zweiten <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz das Bezirksgericht, bei dem <strong>die</strong><br />

gefährdete Partei ihren allgemeinen Gerichtsst<strong>an</strong>d in Streitsachen hat, nunmehr für <strong>die</strong><br />

Einbringung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382g EO zuständig gemacht und damit<br />

einer l<strong>an</strong>gjährigen Forderung der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren entsprochen wurde. War vor<br />

<strong>In</strong>krafttreten des zweiten <strong>Gewalt</strong>schutzgesetzes jenes Gericht zuständig, in dem der<br />

Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsst<strong>an</strong>d hatte, <strong>ist</strong> mit der gesetzlichen Änderung<br />

eine wesentliche Erleichterung für <strong>die</strong> gefährdete Person verbunden, vor allem d<strong>an</strong>n, wenn –<br />

wie bei Stalking des Öfteren – Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt <strong>von</strong> Antragstellerin<br />

und Antragsgegner ausein<strong>an</strong>derklaffen.<br />

8.2.1.4 Fehlende Antragslegit<strong>im</strong>ation des Jugendwohlfahrtsträgers für<br />

einstweilige Verfügungen gemäß § 382g EO 6<br />

Problembenennung: Seit <strong>In</strong>krafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes 2006 (Anti-<br />

Stalking-Gesetz) <strong>ist</strong> es Opfern, <strong>die</strong> <strong>von</strong> Stalking betroffen sind, möglich, eine einstweilige<br />

Verfügung gemäß § 382g EO und gleichzeitig deren Exekution gemäß § 382d EO zu<br />

be<strong>an</strong>tragen. <strong>In</strong> der Praxis hat sich gezeigt, dass es in Fällen, in denen Kinder und<br />

Jugendliche betroffen sind, notwendig wäre, dem Jugendwohlfahrtsträger <strong>die</strong> Möglichkeit zu<br />

geben, <strong>die</strong>sen Antrag ebenfalls einbringen zu können.<br />

Aktuelle Rechtslage: Gemäß § 215 Abs. 2 ABGB k<strong>an</strong>n der Jugendwohlfahrtsträger eine<br />

einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO und § 382e EO und deren Vollzug be<strong>an</strong>tragen,<br />

wenn <strong>die</strong> gesetzliche Vertretung der minderjährigen Person einen erforderlichen Antrag nicht<br />

unverzüglich gestellt hat. Der Jugendwohlfahrtsträger hat gemäß § 215 Abs. 1 ABGB<br />

prinzipiell <strong>die</strong> zur Wahrung des Wohles einer minderjährigen Person erforderlichen<br />

gerichtlichen Verfügungen <strong>im</strong> Bereich der Obsorge zu be<strong>an</strong>tragen.<br />

6 Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum, Tätigkeitsbericht 2006.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 35


Reformvorschlag § 215 Abs. 2 ABGB:<br />

„Eine einstweilige Verfügung nach den §§ 382b, e und g EO sowie deren Vollzug k<strong>an</strong>n der<br />

Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des Minderjährigen be<strong>an</strong>tragen, wenn der sonstige<br />

gesetzliche Vertreter einen erforderlichen Antrag nicht unverzüglich gestellt hat; § 212 Abs. 4<br />

gilt hiefür entsprechend.“<br />

8.2.2. Exekution des § 382b EO<br />

Das zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz stellt klar, dass der Vollzug <strong>von</strong> Kontakt- und<br />

Aufenthaltsverboten gemäß § 382e Abs. 1 EO und § 382g Abs. 1 Z 1 und 3 EO durch <strong>die</strong><br />

Sicherheitsbehörden möglich <strong>ist</strong> (§ 382e Abs. 4 bzw. § 382g Abs. 3 EO). Neben oder <strong>an</strong>statt<br />

des polizeilichen Vollzugs bzw. in Hinblick auf <strong>die</strong> übrigen Verbote des § 382g EO k<strong>an</strong>n<br />

Exekution auch nach dem dritten Abschnitt <strong>im</strong> Ersten Teil der EO, d.h. durch <strong>die</strong> Verhängung<br />

<strong>von</strong> Beugestrafen (§§ 354 ff EO), geführt werden. 7 Damit wird für <strong>die</strong> einstweilige Verfügung<br />

zum Allgemeinen Schutz vor <strong>Gewalt</strong> und zum Schutz vor Stalking eine Verhängung <strong>von</strong><br />

Beugestrafen als Exekutionsmöglichkeit explizit festgelegt.<br />

Für <strong>die</strong> in § 382b EO enthaltenen Verbote wurde keine derartige gesetzliche Klarstellung<br />

getroffen. Hier legt das zweite § 382d Abs. 4 EO, unverändert zur früheren Rechtslage, fest,<br />

dass das Gericht auch <strong>die</strong> Sicherheitsbehörden mit dem Vollzug einer einstweiligen<br />

Verfügung durch <strong>die</strong> ihnen zur Verfügung stehenden Org<strong>an</strong>e des öffentlichen<br />

Sicherheits<strong>die</strong>nstes beauftragen k<strong>an</strong>n. Diese sind jeweils auf Ersuchen der Antragstellerin<br />

verpflichtet, den der einstweiligen Verfügung entsprechenden Zust<strong>an</strong>d durch unmittelbare<br />

Befehls- und Zw<strong>an</strong>gsgewalt herzustellen. Die Erläuterungen zum zweiten<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzgesetz gehen allerdings da<strong>von</strong> aus, dass „<strong>die</strong> Sonderregelungen über <strong>die</strong><br />

Vollstreckung einstweiliger Verfügungen in den §§ 382 b ff EO <strong>die</strong> Möglichkeit, eine<br />

Exekution nach den allgemeinen Regeln zu begehren, nicht ausschließen.“ 8<br />

Lösungsvorschlag: Um hier einheitliche Vorgehensweisen bezüglich der Exekution <strong>von</strong><br />

einstweiligen Verfügungen gemäß § 382b, e und g EO zu gar<strong>an</strong>tieren, sollte <strong>die</strong> Möglichkeit<br />

der Exekution einer einstweiligen Verfügung zum Schutz vor <strong>Gewalt</strong> in Wohnungen (§ 382b<br />

EO) nach den §§ 354 ff EO gesetzlich normiert werden.<br />

8.2.3. Einstweilige Verfügungen gemäß § 382b, e und g EO<br />

8.2.3.1. Antragslegit<strong>im</strong>ation gleichgeschlechtlicher Lebensgefährt<strong>In</strong>nen in<br />

Verfahren gemäß §§ 382 b ff EO<br />

Mit dem zweiten <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz fiel <strong>die</strong> <strong>die</strong> Voraussetzung, dass Personen, um<br />

<strong>an</strong>tragslegit<strong>im</strong>iert zu sein, mit dem Antragsgegner in einer familiären oder familienähnlichen<br />

Gemeinschaft gelebt haben mussten. Nunmehr sind alle Personen <strong>an</strong>tragsberechtigt, wenn<br />

für sie das Zusammenleben durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem<br />

solchen oder durch ein <strong>die</strong> psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten<br />

unzumutbar <strong>ist</strong>. Gemäß § 72 StGB in der Fassung des Eingetragene Partnerschaft-<br />

Gesetzes 9 sind eingetragene Partner<strong>In</strong>nen unter dem Angehörigenbegriff subsumiert.<br />

Das zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz weitete den Kreis der früher gemäß § 382 b Abs. 2<br />

<strong>an</strong>tragsberechtigten Personen (nunmehr § 382 e EO) auf alle Personen aus, denen durch<br />

7 106 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP, Bericht des<br />

Justizausschusses, Erläuterungen zu § 382 g, S. 13).<br />

8 106 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP, Bericht des<br />

Justizausschusses, Erläuterungen zu § 382 b, S. 11).<br />

9 BGBl Nr I, 135/2009.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 36


einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder durch ein <strong>die</strong> psychische<br />

Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten des Antragsgegners das<br />

Zusammentreffen mit <strong>die</strong>sem unzumutbar <strong>ist</strong>. Die Einschränkung auf Personen, <strong>die</strong> als<br />

„nahe Angehörige“ des Antragsgegners zu werten sind und als solche mit dem<br />

Antragsgegner in einer familiären oder familienähnlichen Gemeinschaft leben oder gelebt<br />

haben müssen, wurde el<strong>im</strong>iniert. Dies <strong>ist</strong> zu begrüßen, da damit der Kreis der<br />

<strong>an</strong>tragsberechtigten Person maßgeblich erweitert wurde.<br />

8.2.3.2. Fr<strong>ist</strong> zur Beschlussfassung über Anträge gemäß § 382b, e und g EO 10<br />

Problembenennung: Das Bezirksgericht <strong>ist</strong> derzeit nicht verpflichtet, innerhalb der nach §<br />

38a Abs. 7 SPG normierten Vier-Wochen-Fr<strong>ist</strong> nach Anordnung eines Betretungsverbotes<br />

über einen Antrag auf einstweilige Verfügung gemäß § 382b bzw. § 382e EO zu<br />

entscheiden. Bei einem Antrag nach § 382g EO besteht für das Gericht überhaupt keine<br />

Fr<strong>ist</strong>, da ja ein Antrag nach § 382g EO das Betretungsverbot nicht verlängert. Wenn das<br />

Gericht nicht innerhalb <strong>die</strong>ser Fr<strong>ist</strong> entscheidet, k<strong>an</strong>n eine Schutzlücke entstehen, in der das<br />

Betretungsverbot zwar ausgelaufen <strong>ist</strong>, <strong>die</strong> einstweilige Verfügung jedoch noch nicht<br />

erlassen wurde. Als zusätzliches Sicherheitsrisiko für <strong>die</strong> Antragstellerin <strong>ist</strong> der Umst<strong>an</strong>d zu<br />

werten, dass <strong>die</strong> weggewiesene Person zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt aufgrund der gerichtlichen<br />

Zustellung des Antrags auf einstweilige Verfügung in der Regel über deren <strong>In</strong>halt bereits<br />

Bescheid weiß.<br />

Aktuelle Rechtslage: Derzeit <strong>ist</strong> in § 38a Abs. 7 SPG normiert, dass ein Betretungsverbot<br />

<strong>im</strong> Falle eines innerhalb der zweiwöchigen Geltungsdauer eingebrachten Antrags auf<br />

einstweilige Verfügung gemäß § 382b und e EO mit der Zustellung der Entscheidung des<br />

Gerichts <strong>an</strong> den Antragsgegner, spätestens jedoch mit Ablauf <strong>von</strong> vier Wochen nach<br />

Anordnung des Betretungsverbotes, endet. Eine Verpflichtung der Gerichte, innerhalb <strong>die</strong>ses<br />

Zeitraums <strong>von</strong> vier Wochen zu entscheiden, besteht jedoch nicht.<br />

Reformvorschlag: Eine derartige Verpflichtung der Gerichte zur Entscheidung innerhalb der<br />

vierwöchigen Fr<strong>ist</strong> sollte in das Gesetz aufgenommen werden. Diese Entscheidungsfr<strong>ist</strong><br />

würde unter Zugrundelegung der Erörterungen zu Pkt. 1.2 neben Anträgen gemäß § 382b<br />

und e EO auch jene gemäß § 382g EO betreffen.<br />

Vorschlag für § 382c Abs. 5 neu EO:<br />

„Der Beschluss über einen Antrag gemäß § 382b EO, § 382e EO oder § 382g EO <strong>ist</strong> binnen<br />

der in § 38a Abs. 7 SPG vorgesehenen Fr<strong>ist</strong> <strong>von</strong> vier Wochen nach Anordnung des<br />

Betretungsverbotes <strong>an</strong> den Antragsgegner zuzustellen.“<br />

Begründung: Um Schutzlücken zu verhindern und zusätzliche Sicherheitsrisiken für das<br />

Opfer möglichst zu min<strong>im</strong>ieren, sollten Gerichte verpflichtet werden, innerhalb der max<strong>im</strong>alen<br />

Geltungsdauer eines Betretungsverbotes, das sind vier Wochen nach dessen Anordnung,<br />

über einen Antrag auf Verlängerung des Betretungsverbotes gemäß § 382b, e oder g EO zu<br />

entscheiden. Andernfalls können Situationen auftreten, in denen das Opfer zwar den Antrag<br />

auf Verlängerung des Betretungsverbotes fr<strong>ist</strong>gerecht einbrachte, jedoch trotzdem damit<br />

rechnen muss, den Antragsgegner nach Ablauf des Betretungsverbotes in <strong>die</strong> Wohnung<br />

einlassen zu müssen. Da zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt dem Antragsgegner der <strong>In</strong>halt des Antrags<br />

des Opfers in der Regel bek<strong>an</strong>nt sein wird, <strong>ist</strong> allein aus <strong>die</strong>sem Grund ein erhöhtes<br />

Sicherheitsrisiko für das Opfer zu erwarten. Ein derartiges Risiko k<strong>an</strong>n nur ausgeschlossen<br />

werden, wenn das Gericht seinerseits mit der Beschlussfassung und Zustellung <strong>an</strong> <strong>die</strong> Vier-<br />

Wochen-Fr<strong>ist</strong> des § 38a Abs. 7 SPG gebunden <strong>ist</strong>.<br />

Dieser Vorschlag wurde bereits einmal abgelehnt und festgehalten, dass es auch den<br />

Richter<strong>In</strong>nen ein Anliegen sei, fr<strong>ist</strong>gemäß zu entscheiden. Mit dem zweiten<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzgesetz und der Verlängerung der Fr<strong>ist</strong>en des Betretungsverbotes auf max<strong>im</strong>al<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 37


vier Wochen bei Einbringung eines Antrages auf einstweilige Verfügung wurde <strong>die</strong><br />

beschriebene Problematik wesentlich entschärft.<br />

8.2.3.3. Problematik <strong>von</strong> Vergleichen in Verfahren gemäß §§ 382b ff EO<br />

Problembenennung: Die Erfahrung der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren zeigt, dass <strong>von</strong> m<strong>an</strong>chen<br />

Bezirksgerichten, <strong>die</strong> über Anträge gemäß §§ 382b ff EO zu entscheiden haben, auf einen<br />

Vergleich zwischen Antragstellerin und Antragsgegner hingewirkt wird, <strong>an</strong>statt dass ein<br />

Beschluss über den Antrag gefasst würde. Als weiteres Problem <strong>ist</strong> in <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g zu nennen, dass bei einer <strong>die</strong>sfalls nötigen Anhörung beide Parteien zur<br />

gleichen Zeit zu Gericht geladen werden (vgl. hierzu näher Punkt 2.2.6).<br />

Beispiel: Frau N. bringt be<strong>im</strong> zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf Erlassung einer<br />

einstweiligen Verfügung gemäß § 382b EO ein. Wenige Tage später erhält sie eine Ladung<br />

zur Anhörung. Am Tag der Anhörung kommt es bereits vor der Tür des Richterz<strong>im</strong>mers zu<br />

einem Zusammentreffen mit dem Antragsgegner und dessen Rechts<strong>an</strong>walt, der ebenfalls<br />

eine Ladung für den gegenständlichen Zeitpunkt erhalten hat. Im Richterz<strong>im</strong>mer erfolgt eine<br />

Anhörung beider Parteien. Die <strong>In</strong>tention des Richters <strong>ist</strong>, dass sich <strong>die</strong> Parteien<br />

„vergleichen“. Frau N. hat große Angst, dass ihr Ehegatte wieder nach Hause darf und<br />

möchte <strong>die</strong>s auf jeden Fall verhindern. Es wird daher ein Vergleich geschlossen, dass der<br />

Antragsgegner für <strong>die</strong> Dauer <strong>von</strong> drei Monaten darauf verzichtet, <strong>die</strong> Ehewohnung zu<br />

betreten.<br />

Bei einem derartigen Vergleich <strong>ist</strong> dreierlei problematisch:<br />

a. Bei einer gleichzeitigen Anhörung <strong>von</strong> Antragstellerin und Antragsgegner muss <strong>die</strong><br />

Antragstellerin mit dem Antragsgegner zusammentreffen.<br />

b. Eine allenfalls nötige Verlängerung des Vergleichs <strong>ist</strong> nicht möglich<br />

(siehe 6 Ob 11/98 f)<br />

c. Eine Exekution des Vergleichs bei dessen Nichtbeachtung durch den Antragsgegner<br />

durch <strong>die</strong> Polizei <strong>ist</strong> nicht möglich.<br />

Aktuelle Rechtslage: Das <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz sieht <strong>im</strong> Fall der Einbringung eines Antrags<br />

auf einstweiligen Verfügung gemäß §§ 382b ff EO ein Verfahren vor, wie es in § 382c EO<br />

geregelt <strong>ist</strong>. Dennoch <strong>ist</strong> zu konstatieren, dass der <strong>In</strong>halt derartiger Anträge per se<br />

vergleichsfähig <strong>ist</strong>.<br />

Lösungsvorschlag: Es wäre aus der Sicht der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren wünschenswert, dass<br />

sich <strong>die</strong> Gerichte der unter lit. a bis c erwähnten Problemkreise bewusst werden und über<br />

Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung <strong>im</strong> <strong>Gewalt</strong>bereich durchgängig in<br />

Beschlussform entscheiden.<br />

Begründung: Wenn auch der <strong>In</strong>halt derartiger einstweiliger Verfügungen vergleichsfähig <strong>ist</strong>,<br />

erscheint dennoch eine derartige Vorgehensweise bei teleologischer <strong>In</strong>terpretation des<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzgesetzes nicht sinnvoll. Der Schutzcharakter der einstweiligen Verfügung<br />

resultiert vor allem aus deren Exekutierbarkeit durch <strong>die</strong> Polizei bei Nichtbeachtung durch<br />

den Antragsgegner.<br />

8.2.3.4. Verlängerung der Dauer der einstweiligen Verfügung<br />

gemäß §§ 382 ff EO<br />

Es wird begrüßt, dass das zweite <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz eine l<strong>an</strong>gjährige Forderung der<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzzentren aufgenommen und <strong>die</strong> Dauer einer einstweiligen Verfügung gemäß §<br />

382b EO auf ein halbes Jahr (ohne Notwendigkeit der Einbringung einer<br />

Rechtfertigungsklage) erweitert hat. <strong>In</strong> den Fällen der §§ 382e und g EO wurde <strong>die</strong> Dauer<br />

einer einstweiligen Verfügung mit max<strong>im</strong>al einem Jahr (ohne Notwendigkeit der Einbringung<br />

einer Rechtfertigungsklage) festgelegt sowie eine Verlängerungsmöglichkeit für den Fall des<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 38


Zuwiderh<strong>an</strong>delns durch den Antragsgegner normiert. Auch <strong>die</strong>se gesetzliche Besserstellung<br />

<strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>opfern wird seitens der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren begrüßt.<br />

8.2.3.5. Gemeinsame Anhörung in Verfahren zur Erlassung<br />

einer einstweiligen Verfügung 11<br />

Problembenennung: Die Praxis der Gerichte <strong>ist</strong> bezüglich der Anhörung der Beteiligten <strong>im</strong><br />

Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung<br />

unterschiedlich. Wird bei m<strong>an</strong>chen Gerichten <strong>im</strong> Regelfall nur <strong>die</strong> Antragstellerin<br />

vernommen, so kommt es bei <strong>an</strong>deren vor, dass auch der Antragsgegner vernommen wird,<br />

<strong>die</strong>s oft zur selben Zeit wie <strong>die</strong> Antragstellerin. Die hier diskutierte Problemlage ergibt sich<br />

also vor allem aus der Ladung beider Parteien zur gemeinsamen (gleichzeitigen)<br />

Einvernahme. Ist <strong>die</strong>se oft geübte Praxis schon bei einer einstweiligen Verfügung gemäß §§<br />

382b und e EO bedenklich, erscheint sie bei einer einstweiligen Verfügung nach § 382g EO<br />

<strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g mit beharrlicher Verfolgung umso problematischer. Ziel eines<br />

Stalkers/einer Stalkerin <strong>ist</strong> gerade <strong>die</strong> Kontaktaufnahme mit dem Opfer. Dies sollte dem<br />

Täter/der Täterin durch eine gemeinsame Einvernahme vor Gericht nicht noch erleichtert<br />

werden.<br />

Aktuelle Rechtslage: Gemäß § 55 Abs. 1 EO ergehen <strong>die</strong> schriftlichen Entscheidungen und<br />

Verfügungen <strong>im</strong> Exekutionsverfahren ohne vorherige mündliche Verh<strong>an</strong>dlung, soweit in der<br />

EO nicht <strong>an</strong>deres geboten <strong>ist</strong>. <strong>In</strong> Bezug auf das Sicherungsverfahren für einstweilige<br />

Verfügungen nach § 382b und e EO <strong>ist</strong> eine mündliche Verh<strong>an</strong>dlung in der EO nicht<br />

vorgeschrieben. Die mündliche oder schriftliche Einvernahme einer oder beider Parteien<br />

k<strong>an</strong>n jedoch zwecks Feststellung der erheblichen Tatsachen gemäß § 55 Abs. 2 EO<br />

<strong>an</strong>geordnet werden.<br />

Gemäß dem speziell für das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §<br />

382b EO geltenden § 382c EO <strong>ist</strong> <strong>von</strong> der Anhörung des Antragsgegners vor Erlassung<br />

einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382b Abs. 1 EO insbesondere d<strong>an</strong>n abzusehen,<br />

wenn eine weitere Gefährdung durch den Antragsgegner unmittelbar droht. Eine derartige<br />

Bedrohung k<strong>an</strong>n sich vor allem aus einem Bericht der Sicherheitsbehörde ergeben, den das<br />

Gericht <strong>von</strong> Amts wegen beizuschaffen hat. Wenn eine unmittelbare Bedrohung durch den<br />

Antragsgegner zu befürchten <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Antragstellerin, soweit ihre Einvernahme für nötig<br />

erachtet wird, also jedenfalls in Abwesenheit des Antragsgegners einzuvernehmen. Der<br />

Gesetzestext („insbesondere“) lässt dabei darauf schließen, dass auch in <strong>an</strong>deren, nicht<br />

näher beschriebenen Fällen, <strong>von</strong> der Einvernahme des Antragsgegners abzusehen <strong>ist</strong>.<br />

Wenn eine derartige unmittelbare Bedrohung nicht ersichtlich <strong>ist</strong>, k<strong>an</strong>n, wie bereits erwähnt,<br />

gemäß § 55 Abs. 2 EO eine Einvernahme beider Parteien durchgeführt werden. Aus dem<br />

verfassungsrechtlich gewährle<strong>ist</strong>eten Grundsatz des rechtlichen Gehörs folgt darüber<br />

hinaus, dass einer Partei zumindest d<strong>an</strong>n <strong>die</strong> Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben<br />

werden muss, wenn wesentliche Feststellungen zu ihren Lasten getroffen werden. 12<br />

Gemäß § 55 Abs. 1 EO <strong>ist</strong> eine vom Gesetz <strong>an</strong>geordnete Einvernahme der Parteien oder<br />

sonstigen Beteiligten <strong>an</strong> <strong>die</strong> für mündliche Verh<strong>an</strong>dlungen geltenden Vorschriften nicht<br />

gebunden. Sie k<strong>an</strong>n mündlich oder durch das Abfordern schriftlicher Äußerungen und<br />

ersteren Falls ohne gleichzeitige Anwesenheit der übrigen einzuvernehmenden Personen<br />

geschehen. Nach § 55 Abs. 1 EO erfordert <strong>die</strong> Einvernahme auch nicht, dass jeder zu<br />

befragenden Person Gelegenheit gegeben wird, sich über <strong>die</strong> <strong>von</strong> den übrigen Personen<br />

abgegebenen Erklärungen zu äußern. Diese Regelungen für nach der EO gebotene<br />

Einvernahmen werden m<strong>an</strong>gels spezieller Regelung auf Einvernahmen, <strong>die</strong> vom Gericht <strong>im</strong><br />

Einzelfall als nötig erachtet werden, <strong>an</strong>alog <strong>an</strong>zuwenden sein.<br />

Lösungsvorschlag: Für den Fall, dass das Gericht <strong>die</strong> Einvernahme beider Parteien für<br />

notwendig erachtet, sollte <strong>die</strong> Einvernahme der Antragstellerin jedenfalls in Abwesenheit des<br />

11 Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum, Tätigkeitsbericht 2006.<br />

12 Vgl. Angst/Jakusch/P<strong>im</strong>mer, M<strong>an</strong>z Taschenkommentar 14 , Kommentar zu § 55 EO, 156 f.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 39


Antragsgegners erfolgen. Dies dürfte sich durch geeignete zeitliche Staffelung der<br />

Ladungen, so dass sich Antragstellerin und Antragsgegner auch bei deren Kommen oder<br />

Gehen nicht treffen, unproblematisch bewerkstelligen lassen.<br />

Begrüßenswerterweise wurde mit dem zweiten <strong>Gewalt</strong>schutzgesetz in § 289a ZPO (siehe<br />

8.3.2.2.) eine abgesonderte Vernehmung <strong>im</strong> Zivilverfahren ermöglicht, <strong>die</strong> für den Fall, dass<br />

eine gleichzeitige Ladung vom Gericht als unbedingt nötig erachtet wird, zum Tragen<br />

kommen k<strong>an</strong>n (§ 289a Abs. 2 ZPO). Hierbei erscheint jedoch <strong>die</strong> oben vorgeschlagene<br />

Lösung der gestaffelten Ladung als weitaus unkomplizierter und leichter h<strong>an</strong>dhabbar für das<br />

Gericht als <strong>die</strong> Anwendung der schonenden Vernehmung wie sie § 289a ZPO vorsieht.<br />

8.2.4. Einstweilige Verfügung zur Wohnungssicherung für Lebensgefährten<br />

Problembenennung: <strong>In</strong> der Praxis sind <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren <strong>im</strong>mer wieder damit<br />

konfrontiert, dass Klient<strong>In</strong>nen – zume<strong>ist</strong> <strong>Frauen</strong>, welche in einer Lebensgemeinschaft leben<br />

und deren Lebensgefährten gewalttätig wurden – zwar eine einstweilige Verfügung nach §<br />

382b EO be<strong>an</strong>tragen können, aber ihr Verbleiben in der Wohnung trotzdem nicht gesichert<br />

<strong>ist</strong>. Dies obwohl der Antrag nach § 382b EO keine Verfügungsberechtigung über <strong>die</strong><br />

gemeinsam bewohnte Wohnung sondern – neben dem Vorliegen eines körperlichen<br />

Angriffes, einer Drohung mit einem solchen oder ein <strong>die</strong> psychische Gesundheit erheblich<br />

beeinträchtigendes Verhalten des Antragsgegners, <strong>die</strong> das weitere Zusammenleben<br />

unzumutbar machen – lediglich ein dringendes Wohnbedürfnis der Antragsstellerin<br />

voraussetzt. Der Verbleib in <strong>die</strong>ser Wohnung bis zur Klärung der Lebens- und<br />

Vermögensverhältnisse bzw. zumindest für <strong>die</strong> Dauer der einstweiligen Verfügung nach §<br />

382b EO <strong>ist</strong> jedoch in einer Vielzahl der Fälle rechtlich nicht abgesichert bzw. absicherbar.<br />

Aktuelle Rechtslage: Lediglich wenn <strong>die</strong> Lebensgefährten gemeinsam <strong>die</strong> Wohnung<br />

gemietet haben, besteht eine gewisse Absicherung der Antragsstellerin, da sowohl eine<br />

Kündigung nur einer Vertragspartei, als auch eine Räumungsklage gegen einen Mitmieter<br />

nicht möglich <strong>ist</strong>. Hier wäre es zusätzlich auch möglich, mit einer gerichtlichen<br />

Benützungsregelung <strong>im</strong> Außerstreitverfahren oder einer Teilungsklage nach §§ 830, 843<br />

ABGB zu erwirken, dass <strong>die</strong> (gemeinsamen) Mietrechte geregelt werden. <strong>In</strong> der Praxis<br />

jedoch sind beide Lösungen nicht zielführend, da bei einer gerichtliche Benützungsregelung<br />

ein fin<strong>an</strong>zieller Ausgleich für den weichenden Mieter zu le<strong>ist</strong>en sein wird und <strong>die</strong>s in der<br />

Praxis <strong>an</strong> der wirtschaftlichen Situation der Opfer scheitern wird. Bei einer Teilungsklage<br />

wiederum kommt nur eine Naturalteilung in Frage, eine Teilung der gemeinsam bewohnten<br />

Wohnung <strong>ist</strong> <strong>im</strong> Hinblick auf <strong>die</strong> Gefährdung der Opfer jedoch nicht zielführend (vgl.<br />

Gebert/Koller in iFamZ Mai/2008, S 154 ff).<br />

Lebt jedoch <strong>die</strong> Antragsstellerin aufgrund eines <strong>an</strong>deren Rechtstitels (Prekarium, Untermiete)<br />

oder titellos in der Wohnung, k<strong>an</strong>n durch Kündigung bzw. Widerruf des Prekariums und mit<br />

einer Räumungsklage vorgeg<strong>an</strong>gen werden. Ob hier der Kündigungsschutz des MRG<br />

schützt, <strong>ist</strong> fraglich, da der Hauptmieter ein Untermietverhältnis gemäß § 30 Abs. 2 Z 12<br />

MRG aufkündigen k<strong>an</strong>n, wenn ihm <strong>die</strong> Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft nach<br />

den Umständen billigerweise nicht mehr zugemutet werden k<strong>an</strong>n. Einschlägige<br />

Rechtssprechung zu der Problematik, ob eine solche Aufkündigung bei einer <strong>Gewalt</strong>schutz-<br />

EV gegen den Kündigenden wirksam wäre, besteht nicht (vgl. Gebert/Koller in iFamZ<br />

Mai/2008, S 154 ff).<br />

<strong>In</strong> der Praxis sind neben den aufgezeigten rechtlichen Problemen oft auch <strong>die</strong><br />

wirtschaftlichen Abhängigkeiten der <strong>Gewalt</strong>opfer <strong>von</strong> den -tätern gerade <strong>im</strong> Bereich der<br />

Wohnungserhaltung problematisch, da <strong>die</strong> Kosten oft zur Gänze oder großteils vom<br />

<strong>Gewalt</strong>täter getragen werden.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 40


Bei Eheleuten <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Wohnungserhaltung in den §§ 97 ABGB und 382h EO geregelt. Durch<br />

<strong>die</strong> einstweilige Verfügung nach § 382h EO k<strong>an</strong>n der Anspruch eines Ehegatten auf<br />

Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses gesichert werden. Zweck <strong>die</strong>ser beiden<br />

Best<strong>im</strong>mungen <strong>ist</strong> es, den wohnungsbedürftigen Ehegatten vor Willkürakten des<br />

verfügungsbefugten Ehepartner, der das Wohnrecht durch rechtliche Dispositionen oder<br />

tatsächliches Verhalten beeinträchtigen k<strong>an</strong>n, zu schützen (vgl. Schw<strong>im</strong><strong>an</strong>n/Ferrari in<br />

Schw<strong>im</strong><strong>an</strong>n ABGB, Praxiskommentar, § 97, RZ 2ff).<br />

Reformvorschlag: Durch Regelung <strong>im</strong> Rahmen der Exekutionsordnung soll eine neue<br />

einstweilige Verfügung geschaffen werden, mit der für <strong>die</strong> Dauer der einstweiligen Verfügung<br />

nach 382b EO der verfügungsberechtigte Lebenspartner verpflichtet werden k<strong>an</strong>n (also<br />

max<strong>im</strong>al 6 Monate), das dringende Wohnbedürfnis des Lebenspartners durch <strong>die</strong><br />

Sicherungsmittel nach § 382 Abs. 1 Z 4 bis 7 EO zu sichern. Da ein dringendes<br />

Wohnbedürfnis vorliegt, <strong>ist</strong> eine <strong>In</strong>teressensabwägung nicht erforderlich. Eine Verlängerung<br />

bei Einleitung eines Rechtfertigungsverfahrens (z.B. gerichtliche Benutzungsregelung) soll<br />

möglich sein.<br />

Begründung: Im Bereich der Lebensgemeinschaften wäre eine rechtliche Regelung für <strong>von</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> Betroffene deshalb wünschenswert, um dem Umst<strong>an</strong>d entgegenzuwirken, dass der<br />

Weggewiesene aufgrund seiner Verfügungsberechtigung über <strong>die</strong> Wohnung oder seiner<br />

wirtschaftlichen Möglichkeiten das Opfer letztendlich doch aus der Wohnung drängen k<strong>an</strong>n,<br />

obwohl eine materielle Berechtigung des <strong>Gewalt</strong>opfers <strong>an</strong> der Wohnung nicht Voraussetzung<br />

für <strong>die</strong> Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO <strong>ist</strong>.<br />

8.3. Strafrecht/Strafprozessrecht/Opferrechte<br />

8.3.1. StGB 13<br />

8.3.1.1. Begünstigungen für den Täter als Angehörigen <strong>im</strong> StGB<br />

„<strong>In</strong> einigen Strafbest<strong>im</strong>mungen bewirkt <strong>die</strong> Angehörigeneigenschaft des Täters zum Opfer<br />

durch ein geringeres Strafausmaß und/oder durch <strong>die</strong> Ausgestaltung als Privat<strong>an</strong>klage oder<br />

Ermächtigungsdelikte eine direkte oder indirekte Begünstigung des Täters.“ 14 Auffällig <strong>ist</strong>,<br />

dass <strong>die</strong> überwiegende Mehrzahl der Begünstigungen für Straftäter <strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g mit<br />

Delikten <strong>im</strong> Angehörigenverhältnis zu finden sind wie etwa nach § 166 StGB (Begehung <strong>im</strong><br />

Familienkreis), § 88 StGB (Fahrlässige Körperverletzung), § 136 StGB (Unbefugter<br />

Gebrauch <strong>von</strong> Fahrzeugen), § 141 StGB (Entwendung), § 150 StGB (Notbetrug) und § 195<br />

StGB (Kindesentziehung), § 218 Abs. 1 StGB (Sexuelle Belästigung). „Die Minderung des<br />

Strafausmaßes <strong>von</strong> der Angehörigeneigenschaft abhängig zu machen und/oder <strong>die</strong><br />

Ver<strong>an</strong>twortung für <strong>die</strong> Strafverfolgung dem Opfer zuzuschreiben, <strong>ist</strong> ein Signal des<br />

Gesetzgebers, dass eine unter Angehörigen verübte <strong>Gewalt</strong>tat <strong>im</strong> Vergleich zu einer in der<br />

Öffentlichkeit beg<strong>an</strong>genen <strong>Gewalt</strong>tat weniger schweres Unrecht darstelle. Dies widerspricht<br />

Pkt. 3 der „St<strong>an</strong>dards und Empfehlungen der Expert<strong>In</strong>nenkonferenz in Baden: „Gesetzgeber,<br />

Polizei und Justiz sollten alles unterlassen, das so verst<strong>an</strong>den werden könnte, als ob eine in<br />

der Familie verübte <strong>im</strong> Vergleich zu einer in der Öffentlichkeit beg<strong>an</strong>genen <strong>Gewalt</strong>tat weniger<br />

schweres Unrecht darstellte“. 15<br />

Der Gesetzgeber hatte bereits durch <strong>die</strong> Abschaffung des § 203 StGB, wodurch<br />

Vergewaltigung in Ehe und Lebensgemeinschaft nach § 201 StGB (Vergewaltigung) als<br />

uneingeschränktes Offizialdelikt zu verfolgen <strong>ist</strong> und der Abschaffung des § 107 Abs. 4 StGB<br />

13<br />

Hojas, Renate, Reformvorschläge der <strong>In</strong>terventionsstellen/<strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs für das<br />

StGB 2007, www.gewaltschutzzentrum.at/ooe.<br />

14<br />

Jesionek, Udo/Hilf, Mari<strong>an</strong>ne, Die Begleitung des Verbrechensopfers durch den Strafprozess,<br />

Stu<strong>die</strong>nverlag B<strong>an</strong>d 2, <strong>In</strong>nsbruck 2006, 101.<br />

15<br />

Dearing, Albin/Förg, Elisabeth, Konferenzdokumentation „Polizeiarbeit gegen <strong>Gewalt</strong> <strong>an</strong> <strong>Frauen</strong>.“<br />

Jur<strong>ist</strong>ische Schriftenreihe B<strong>an</strong>d 137, Wien 1999, 271.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 41


(Ermächtigung zur Strafverfolgung des Täters als Angehöriger), der Ausgestaltung des §<br />

107a StGB (Beharrliche Verfolgung) als reines Offizialdelikt sowie der Abschaffung der<br />

Ehenötigung in § 193 StGB als Antragsdelikt mit der gleichzeitigen Ergänzung des § 106<br />

Abs. 1 Z 3 StGB (Schwere Nötigung) um <strong>die</strong> Tath<strong>an</strong>dlung der Nötigung zur Eheschließung<br />

Signale gesetzt, <strong>von</strong> der Angehörigeneigenschaft als Begünstigung abzugehen. Wir<br />

begrüßen <strong>die</strong>se Entwicklung sehr und hoffen auf eine vollständige „Entrümpelung“ derartiger<br />

Best<strong>im</strong>mungen.<br />

Ergebnis: Alle Antragsdelikte mit Ausnahme des § 107a Abs. 2 Z 2 StGB (Beharrliche<br />

Verfolgung mittels Telekommunikation) sind in Ermächtigungsdelikte umgew<strong>an</strong>delt worden. §<br />

107a StGB wurde zum uneingeschränkten Offizialdelikt.<br />

8.3.1.2. Einführung der Angehörigeneigenschaft als Erschwerungsgrund<br />

bei der Strafbemessung, § 33 StGB<br />

„Die gesellschaftlichen Wertvorstellungen <strong>von</strong> Familie spiegeln sich in den Bedürfnissen und<br />

Erwartungen der einzelnen Familienmitglieder <strong>an</strong> <strong>die</strong> Familie als Ort der Sicherheit und<br />

Geborgenheit auf der Basis gegenseitigen Vertrauens (<strong>im</strong> Gegensatz zu einer dunklen<br />

Gasse). Delikte unter Angehörigen missachten nicht nur <strong>die</strong>se Werte, sondern <strong>im</strong>plizieren<br />

auch <strong>im</strong>mer einen Vertrauensmissbrauch, der be<strong>im</strong> Opfer <strong>die</strong> psychischen Auswirkungen der<br />

Tat verstärkt. Die Opfer erleben <strong>Gewalt</strong> <strong>von</strong> einem Menschen ‚ihres Vertrauens’. Die<br />

psychischen Auswirkungen reichen <strong>von</strong> der Beeinträchtigung des Selbstvertrauens bis hin<br />

zum Vertrauensverlust in sich, <strong>die</strong> soziale Umgebung und <strong>In</strong>stitutionen wie Polizei und<br />

Gericht, Verlust des Urvertrauens, der Grundwerte, Bedürfnisse und Ressourcen durch<br />

völlige Anpassung <strong>an</strong> den Täter, um <strong>Gewalt</strong> zu vermeiden (Stockholm-Syndrom, s. o.),<br />

führen in <strong>die</strong> Isolation und häufig zu einem Trauma. Die psychischen Folgen der Tat<br />

entsprechen me<strong>ist</strong>ens den in der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 2 Z 3 StGB<br />

<strong>an</strong>geführten ‚besonderen Qualen’. Das Vertrauen des Opfers zum Täter und <strong>an</strong>dere der<br />

Familie zugrunde liegenden Werte wie z. B. gegenseitiges Verständnis, Zusammenzuhalten,<br />

verzeihen zu können, <strong>die</strong> Kinder brauchen beide Elternteile, bereiten einerseits den Boden<br />

für <strong>die</strong> wiederholten Missh<strong>an</strong>dlungen, während <strong>an</strong>dererseits <strong>die</strong> Opfer <strong>an</strong> <strong>die</strong>sen Werten<br />

festhalten und durch <strong>die</strong> Folgen der Tat in der <strong>Gewalt</strong>beziehung verharren. Aus <strong>die</strong>sen<br />

Gründen unterscheiden sich Delikte <strong>im</strong> Familienkreis maßgeblich <strong>im</strong> Ausmaß des Unrechts<br />

<strong>von</strong> Delikten unter Fremden. Daher sollte wie nach portugiesischem, fr<strong>an</strong>zösischem und<br />

sp<strong>an</strong>ischem Recht <strong>die</strong> Verw<strong>an</strong>dtschaft/Angehörigeneigenschaft als Erschwerungsgrund <strong>im</strong><br />

StGB ver<strong>an</strong>kert werden.“ 16<br />

Reformvorschlag: Im österreichischen StGB <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Angehörigeneigenschaft als<br />

Erschwerungsgrund noch nicht ver<strong>an</strong>kert. Die <strong>Gewalt</strong>schutzzentren und <strong>In</strong>terventionsstellen<br />

würden eine Einführung der Angehörigeneigenschaft als Erschwerungsgrund begrüßen.<br />

8.3.1.3. Straftatbest<strong>an</strong>d „Fortgesetzte <strong>Gewalt</strong>ausübung“<br />

Die <strong>Gewalt</strong>schutzzentren und <strong>In</strong>terventionsstellen begrüßen <strong>die</strong> Einführung <strong>die</strong>ses<br />

Straftatbest<strong>an</strong>des mit dem der Schwere der Tat Rechnung getragen werden soll, indem<br />

sämtliche <strong>Gewalt</strong>h<strong>an</strong>dlungen, auch wenn sie nicht zu einer Körperverletzung geführt haben,<br />

berücksichtigt werden. Bisher war etwa eine reine Missh<strong>an</strong>dlung (außer in Form der<br />

Beleidigung gemäß § 115 StGB) <strong>im</strong> österreichischen Recht nicht strafbar. Sie hätte für eine<br />

Subsumierung unter § 83 StGB eine Körperverletzung zumindest zur Folge haben müssen<br />

(§ 83 Abs. 2 StGB). Außerdem wird dadurch ermöglicht, dass bei wiederholten strafbaren<br />

H<strong>an</strong>dlungen über einen längeren Zeitraum das Opfer nicht dazu <strong>an</strong>gehalten werden muss,<br />

jede einzelne <strong>Gewalt</strong>tat zu erinnern und zu schildern. Im bisherigen Strafverfahren wurden<br />

einzelne Delikte abgeh<strong>an</strong>delt und f<strong>an</strong>den lediglich <strong>die</strong>se <strong>im</strong> Urteil ihren Niederschlag. Dies<br />

16 Dearing, Albin/Förg, Elisabeth, Konferenzdokumentation „Polizeiarbeit gegen <strong>Gewalt</strong> <strong>an</strong> <strong>Frauen</strong>.“<br />

Jur<strong>ist</strong>ische Schriftenreihe B<strong>an</strong>d 137, Wien 1999, 43.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 42


entsprach nicht dem, was ein <strong>Gewalt</strong>opfer über Monate und Jahre erlitten hat. Die<br />

Unrechtserfahrung des Opfers soll sich <strong>im</strong> Strafprozess als G<strong>an</strong>zes wieder finden. Die<br />

Pönalisierung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>beziehungen soll über<strong>die</strong>s eine präventive und<br />

bewusstseinsbildende Wirkung entfalten, indem <strong>die</strong> gesellschaftliche Ächtung und<br />

S<strong>an</strong>ktionierung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>beziehungen auch mit Mitteln des Strafrechts zum Ausdruck<br />

kommt.<br />

Ergebnis: Der Straftatbest<strong>an</strong>d des § 107b StGB wurde durch das zweite<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzgesetz 2009 eingefügt und wird dessen Schaffung ausdrücklich begrüßt. <strong>In</strong> der<br />

Praxis der <strong>Gewalt</strong>schutzzentren fällt jedoch auf, dass <strong>von</strong> Behördenseite <strong>die</strong> Subsumierung<br />

darunter eher restriktiv geh<strong>an</strong>dhabt wird.<br />

8.3.1.4. § 195 StGB – Kindesentziehung<br />

Die <strong>In</strong>terventionsstellen sind <strong>im</strong>mer wieder mit schweren Fällen <strong>von</strong> Kindesentziehung<br />

konfrontiert, das heißt, dass <strong>die</strong> Kinder in das Ausl<strong>an</strong>d bzw. oft einen <strong>an</strong>deren Kulturkreis<br />

verbracht werden. Die derzeitige Rechtslage sieht vor, dass nur jene Täter, <strong>die</strong> kein<br />

Erziehungsrecht gegenüber dem Kind haben, verfolgt werden können. Daher <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />

zivilrechtliche Regelung der Obsorge eine Voraussetzung für <strong>die</strong> Anzeige und dem damit<br />

einsetzenden Ermittlungsverfahren. Die Praxis zeigt, dass etwa alle Fälle <strong>von</strong><br />

Kindesentziehungen in Salzburg seit 1998 durch den Kindesvater und zu einem Zeitpunkt<br />

erfolgt sind, als beide Eltern <strong>die</strong> Obsorge noch innehatten. Die Drohung, das Kind ins<br />

Ausl<strong>an</strong>d zu verbringen, <strong>ist</strong> für den OGH kein Grund, einem Antrag auf Übertragung der<br />

vorläufigen Obsorge stattzugeben. Diesbezüglich sei <strong>an</strong>gemerkt, dass auch <strong>die</strong> Übertragung<br />

der vorläufigen Obsorge ein längeres Verfahren <strong>ist</strong>. Problemlos erfolgte bis jetzt <strong>die</strong><br />

Übertragung der vorläufigen Obsorge <strong>an</strong> ein Elternteil, nachdem der <strong>an</strong>dere Elternteil mit<br />

dem Kind „über alle Berge“ war. Erst nach Zustellung des Beschlusses – Bestellung eines<br />

Abwesenheitskurators für den Täter vorausgesetzt – k<strong>an</strong>n Anzeige erstattet werden und das<br />

polizeiliche Ermittlungsverfahren starten. Durch den zeitlichen Vorsprung des Täters dauert<br />

es m<strong>an</strong>chmal Jahre, um wenigstens den Aufenthaltsstaat des Kindes ausfindig zu machen.<br />

Weder der Tatbest<strong>an</strong>d noch der Strafrahmen des § 195 StGB entsprechen dem<br />

Unrechtsgehalt der Tat. Der Straftatbest<strong>an</strong>d sollte vorr<strong>an</strong>gig <strong>die</strong> massive <strong>Gewalt</strong> <strong>an</strong> Kindern<br />

und Jugendlichen widerspiegeln. Daher sollten vor allem <strong>die</strong> Kinder und Jugendlichen als<br />

geschütztes Rechtsgut <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt werden. Weiters sollten Qualifizierungstatbestände wie<br />

etwa das Verbringen in und/oder Belassen der Kinder und Jugendlichen <strong>im</strong> Ausl<strong>an</strong>d<br />

eingeführt werden.<br />

Als Signal des Staates, der körperlichen und seelischen <strong>In</strong>tegrität <strong>von</strong> Kindern und<br />

Jugendlichen einen höheren Stellenwert einzuräumen, sollte der Straftatbest<strong>an</strong>d als<br />

uneingeschränktes Offizialdelikt ausgestaltet werden.<br />

Reformvorschläge: Schaffung eines neuen Straftatbest<strong>an</strong>des etwa in Anlehnung <strong>an</strong> den<br />

deutschen § 235 StGB, der <strong>die</strong> Kindesentziehung auch durch einen obsorgeberechtigten<br />

Elternteil sowie auch das Verbringen des Kindes in das Ausl<strong>an</strong>d bzw. das Vorenthalten <strong>im</strong><br />

Ausl<strong>an</strong>d mit Strafe bedroht. Zumindest sollte eine rasche polizeiliche Ermittlungstätigkeit<br />

möglich sein und Kindesentziehung als uneingeschränktes Offizialdelikt gelten.<br />

Ergebnis: Der Straftatbest<strong>an</strong>d Kindesentziehung § 195 StGB wurde nur insofern verändert,<br />

als er jetzt als Ermächtigungsdelikt ausgestaltet <strong>ist</strong>.<br />

8.3.1.5. Begriffsbest<strong>im</strong>mungen Kinder und Jugendliche<br />

in Anlehnung <strong>an</strong> UN-Kinderrechtekonvention<br />

Die <strong>Gewalt</strong>schutzzentren und <strong>In</strong>terventionsstellen geben nicht auf darauf hinzuweisen, dass<br />

<strong>im</strong> § 74 StGB nach wie vor <strong>die</strong> Unterscheidung in „unmündig“ und „minderjährig“ getroffen<br />

wird Die Kinder- und Jugend<strong>an</strong>waltschaften Österreichs lehnen <strong>die</strong> Begriffe „Unmündige“<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 43


und „Minderjährige“ ab, weil ihnen ein abwertender Charakter innewohnt. <strong>In</strong> Anlehnung <strong>an</strong><br />

<strong>die</strong> UN-Kinderrechtekonvention machen wir den<br />

Reformvorschlag<br />

- statt „unmündig“: „Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr“<br />

- statt „mündig Minderjährige“: „Jugendliche ab dem vollendeten 14. Lebensjahr“<br />

- statt „minderjährig“: „Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18.<br />

Lebensjahr“<br />

- in den jeweiligen Strafbest<strong>im</strong>mungen könnte es heißen: „Kinder“, „Jugendliche“, „Kinder<br />

und Jugendliche“<br />

Ergebnis: Es f<strong>an</strong>d bisher bedauerlicherweise trotz mehrmaligem Hinweis darauf keine<br />

Diskussion darüber statt.<br />

8.3.1.6. Erweiterung des Angehörigenbegriffs<br />

<strong>im</strong> § 72 StGB um ehemalige Lebensgefährt<strong>In</strong>nen.<br />

Rechtslage: Gleichgeschlechtliche Lebensgefährt<strong>In</strong>nen sind lt. Judikatur und nicht zuletzt<br />

durch <strong>die</strong> <strong>In</strong>stitutionalisierung der „eingetragenen Partnerschaft“( durch das Eingetragene<br />

Partnerschaftsgesetz BGBL 135/2009) als Angehörige iS des § 72 StGB erfasst.<br />

Ehemalige Lebensgefährten, <strong>die</strong> möglicherweise jahrel<strong>an</strong>g in einer eheähnlichen Beziehung<br />

gelebt haben, aus deren Verbindung jedoch keine Kinder stammen, sind darunter nicht zu<br />

subsumieren. Heterosexuellen Lebensgefährten <strong>ist</strong> auch das <strong>In</strong>stitut der „eingetragenen<br />

Partnerschaft“ nicht zugänglich.<br />

Reformvorschlag: Aufnahme der ehemaligen Lebensgefährten in § 72 StGB<br />

Ergebnis: Es f<strong>an</strong>d bisher keine Diskussion darüber statt.<br />

8.3.1.7. Einführung eines Straftatbest<strong>an</strong>des,<br />

mit dem <strong>die</strong> Missachtung des Beschlusses der einstweiligen Verfügung nach § 382b, § 382e<br />

EO – strafbar wäre, insbesondere für den Schutz der Betroffenen, wäre äußerst<br />

begrüßenswert. Die Missachtung des Beschlusses der einstweiligen Verfügung könnte<br />

zusätzlich auch als Qualifikationstatbest<strong>an</strong>d des Straftatbest<strong>an</strong>des „<strong>Gewalt</strong>beziehung“<br />

her<strong>an</strong>gezogen werden (siehe Punkt 3.1.3).<br />

Ergebnis: Diesem Vorschlag wurde nicht Rechnung getragen.<br />

8.3.1.8. § 107a StGB, Beharrliche Verfolgung 17<br />

Positiv sei vorab erwähnt, dass § 107a StGB durch BGBl 1 Nr. 93/2007 als<br />

uneingeschränktes Offizialdelikt ausgestaltet wurde.<br />

Reformvorschläge: Absenkung der Unzumutbarkeitsgrenze als Verletzung der<br />

verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte zugunsten der „Beeinträchtigung der<br />

Lebensführung“;<br />

Einführung einer Generalklausel als Auff<strong>an</strong>gtatbest<strong>an</strong>d entsprechend dem deutschen Anti-<br />

Stalking-Gesetz oder zumindest Ergänzung der Tath<strong>an</strong>dlung um „<strong>die</strong> Übermittlung <strong>von</strong><br />

Botschaften“;<br />

Einführung eines Qualifikationstatbest<strong>an</strong>des in Verbindung mit einem Strafausmaß <strong>von</strong> drei<br />

Jahren, um insbesondere auch Opfern zurechnungsunfähiger Täter Schutz zu gewähren;<br />

17 Hojas, Renate, Stellungnahme der <strong>In</strong>terventionsstellen/<strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs zum<br />

Strafprozessreformbegleitgesetz I, www.gewaltschutzzentrum.at/ooe, 8<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 44


Im Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem Verdacht auf „Beharrliche Verfolgung“ soll in jedem Fall eine<br />

Rufdatenrückerfassung möglich sein, d.h., auch wenn der <strong>In</strong>haber der Telefon<strong>an</strong>lage (z.B.<br />

Arbeitgeber des Opfers, …) nicht zust<strong>im</strong>mt;<br />

Explizite Nennung der Stalkingopfer in § 65 Abs. 1 lit. a StPO, um nach § 66 Abs. 2 leg. cit.<br />

zu den Prozessbegleitungsberechtigten zu gehören;<br />

Anspruch auf kontradiktorische Befragung für Stalkingopfer.<br />

Diversionelle Erledigungsformen wie Geldbuße, Gemeinnützige Le<strong>ist</strong>ungen und jedenfalls<br />

der Tatausgleich sollten ausgeschlossen werden. Hingegen sollte <strong>die</strong> am ehesten geeignete<br />

Diversionsform „Probezeit“ („Vorläufiger Rücktritt <strong>von</strong> der Verfolgung unter Best<strong>im</strong>mung einer<br />

Probezeit <strong>von</strong> einem Jahr bis zu zwei Jahren“) vermehrt Anwendung finden.<br />

Ergebnis: Es erfolgte <strong>die</strong> Ausgestaltung des § 107a StGB als uneingeschränktes<br />

Offizialdelikt ab 2008.<br />

8.3.2. StPO<br />

8.3.2.1. Erweiterung der <strong>In</strong>formationspflicht der Polizei<br />

insofern, dass alle Prozessbegleitungsberechtigten <strong>im</strong> Sinne des § 65 Z1 lit. a StPO über<br />

ihren Anspruch auf eine schonende Befragung (§ 250 StPO) in der Hauptverh<strong>an</strong>dlung<br />

aufgeklärt werden und Opfer strafbarer H<strong>an</strong>dlungen <strong>von</strong> Angehörigen <strong>im</strong> Sinne des § 72<br />

StGB über ihren Anspruch auf schonende Vernehmung <strong>im</strong> Ermittlungs- und Hauptverfahren.<br />

8.3.2.2. <strong>In</strong>formation über <strong>die</strong> einzelnen Verfahrenssta<strong>die</strong>n 18<br />

Opfer werden nicht über alle Verfahrenssta<strong>die</strong>n informiert. § 213 Abs. 1 der<br />

Regierungsvorlage zum Strafprozessreformgesetz hat noch <strong>die</strong> Zustellung der Anklageschrift<br />

<strong>an</strong> <strong>die</strong> Privatbeteiligten vorgesehen. Im Strafprozessreformgesetz wurde <strong>die</strong>ses<br />

<strong>In</strong>formationsrecht gestrichen. Durch <strong>die</strong> Zustellung der Anklageschrift könnte sich das Opfer<br />

auf <strong>die</strong> Hauptverh<strong>an</strong>dlung vorbereiten und u. a. allfällige Beweis<strong>an</strong>träge stellen. Viele Opfer<br />

wollen eine <strong>In</strong>formation über den Ausg<strong>an</strong>g des Verfahrens, insbesondere wenn etwa <strong>im</strong><br />

Zuge der Verurteilung eine Weisung, z. B. ein Kontaktverbot zum Opfer, ausgesprochen<br />

wurde. Die Opfer erhalten auch in der neuen Strafprozessordnung kein Recht auf <strong>die</strong>se<br />

<strong>In</strong>formation.<br />

8.3.2.3. Rechtsmittel gegen einen Freispruch zur Durchsetzbarkeit<br />

der Opferrechte 19<br />

(§§ 282 Abs.. 2, 345 Abs.. 4, 465 und 48 StPO Nichtigkeitsbeschwerde der<br />

Privatbeteiligten)<br />

Grundsätzlich begrüßen wir <strong>die</strong> Einführung der Nichtigkeitsbeschwerde.<br />

Allerdings bedauern wir den sehr restriktiven Zug<strong>an</strong>g zu <strong>die</strong>sem wesentlichen Opferrecht.<br />

Das Recht einer Nichtigkeitsbeschwerde erhalten ausschließlich Privatbeteiligte gegen einen<br />

Freispruch, wenn ein abgewiesener Beweis<strong>an</strong>trag einen Nachteil auf den privatrechtlichen<br />

Anspruch gehabt haben könnte.<br />

Das Recht auf fin<strong>an</strong>zielle Entschädigung <strong>ist</strong> ein wesentliches Opferrecht, das unabhängig<br />

<strong>von</strong> und gleichwertig mit den <strong>an</strong>deren Opferrechten beh<strong>an</strong>delt werden sollte. Wir schließen<br />

18 Hojas, Renate in Jesionek, Udo/Hilf, Mari<strong>an</strong>ne, Die Begleitung des Verbrechensopfers durch den<br />

Strafprozess, Stu<strong>die</strong>nverlag B<strong>an</strong>d 2, <strong>In</strong>nsbruck 2006, 107; sowie Hojas, Renate, Stellungnahme der<br />

<strong>In</strong>terventionsstellen/<strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs zum Strafprozessreformbegleitgesetz I,<br />

www.gewaltschutzzentrum.at/ooe, 6<br />

19 Hojas, Renate, Stellungnahme der <strong>In</strong>terventionsstellen/<strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs zum<br />

Strafprozessreformbegleitgesetz I, www.gewaltschutzzentrum.at/ooe, 6<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 45


uns der Sichtweise des Diskussionsentwurfes (Z 17, P 12) <strong>an</strong>, dass <strong>die</strong> „erlebte<br />

Verfahrensgerechtigkeit <strong>im</strong> konkreten einzelnen Fall mitunter sogar wichtiger sein k<strong>an</strong>n als<br />

eine Ergebnisgerechtigkeit“. <strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Sinne schlagen wir vor, dass entscheidende<br />

Mitwirkungsrechte unabhängig vom Begehren einer fin<strong>an</strong>ziellen Entschädigung gewährt<br />

werden sollten, wie z. B. das Beweis<strong>an</strong>tragsrecht. Dadurch wäre <strong>die</strong> Einschränkung hinfällig,<br />

dass eine Nichtigkeitsbeschwerde nur d<strong>an</strong>n möglich wäre, wenn der abgewiesene<br />

Beweis<strong>an</strong>trag einen Nachteil für <strong>die</strong> begehrte Entschädigung haben könnte.<br />

Auf jeden Fall soll der zusätzliche Nichtigkeitsgrund wegen Nichtdurchführung einer<br />

abgesonderten Befragung trotz Be<strong>an</strong>tragung zur Absicherung des Rechtes nach § 250 StPO<br />

eingeführt werden.<br />

Offen bleibt auch noch, ob zusätzliche Nichtigkeitsgründe wegen Verletzung <strong>an</strong>derer<br />

Best<strong>im</strong>mungen u. Opferrechte, wie etwa <strong>die</strong> gerichtliche Ablehnung <strong>von</strong> Prozessbegleitung<br />

oder eine nicht „gehörige Besetzung der Geschworenenb<strong>an</strong>k“, eingeführt werden sollten.<br />

Die Erfahrung aus der Beratungsarbeit mit Opfern einer Straftat beg<strong>an</strong>gen <strong>von</strong> einem<br />

Angehörigen hat gezeigt, dass <strong>die</strong> Opfer weniger <strong>an</strong> einer strengen Bestrafung, sondern<br />

eher <strong>an</strong> einem Schuldausspruch und einer Strafe, <strong>die</strong> den Verurteilten <strong>von</strong> zukünftigen<br />

Übergriffen abhält, interessiert sind. <strong>In</strong>sofern <strong>ist</strong> für <strong>die</strong>se Opfergruppe <strong>die</strong><br />

Nichtigkeitsbeschwerde, <strong>die</strong> sich ausschließlich nur gegen einen Freispruch richtet,<br />

ausreichend.<br />

Die Nichtigkeitsbeschwerde sollte gegen alle Freisprüche der ersten <strong>In</strong>st<strong>an</strong>z möglich sein.<br />

Gesetzlich sollte klar festgelegt werden, dass <strong>die</strong> Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen<br />

Freispruch in einem Verfahren vor dem L<strong>an</strong>desgericht als Einzelrichter auch möglich <strong>ist</strong>, da<br />

in § 489 StPO <strong>die</strong> Nichtigkeitsbeschwerde nach § 282 Abs. 2 StPO nicht aufgezählt wird.<br />

Reformvorschläge:<br />

� Einführung des weiteren Nichtigkeitsgrundes für <strong>die</strong> Nichtigkeitsbeschwerde wegen<br />

Nichtdurchführung einer abgesonderten Befragung trotz Be<strong>an</strong>tragung, gerichtlicher<br />

Ablehnung der Prozessbegleitung, nicht gehöriger Besetzung der Geschworenenb<strong>an</strong>k;<br />

� Die Nichtigkeitsbeschwerde sowie das Beweis<strong>an</strong>tragsrecht sollte jenen Opfern, <strong>die</strong> auch<br />

einen Anspruch auf Prozessbegleitung haben, in den Verfahren der ersten <strong>In</strong>st<strong>an</strong>z<br />

unabhängig <strong>von</strong> der Geltendmachung eines privatrechtlichen Anspruchs zumindest wegen<br />

Abweisung eines Beweis<strong>an</strong>trages zustehen.<br />

8.3.2.4. <strong>In</strong>formations- und Mitwirkungsrechte unabhängig <strong>von</strong> einem<br />

fin<strong>an</strong>ziellen Entschädigungs<strong>an</strong>spruch (Privatbeteiligten<strong>an</strong>schluss) 20<br />

Die StPO knüpft <strong>an</strong> <strong>die</strong> Privatbeteiligung verstärkte Mitwirkungsrechte wie z. B. Beweise<br />

be<strong>an</strong>tragen zu können. <strong>In</strong> der Arbeit mit Opfern häuslicher <strong>Gewalt</strong> hat sich gezeigt, dass <strong>die</strong><br />

me<strong>ist</strong>en Betroffenen nur ein geringfügiges <strong>In</strong>teresse <strong>an</strong> einer fin<strong>an</strong>ziellen Abgeltung des<br />

erlittenen Nachteils durch den Täter haben. Sie argumentieren häufig, dass der Täter<br />

ohnehin einkommens- oder vermögenslos <strong>ist</strong> oder eine fin<strong>an</strong>zielle Entschädigung kein<br />

adäquater Ausgleich für ihre Verletzungen <strong>ist</strong>. Umso mehr sind sie <strong>an</strong> allen <strong>In</strong>formations- und<br />

Mitwirkungsrechten <strong>im</strong> Strafverfahren <strong>im</strong> Sinne einer erlebten Verfahrensgerechtigkeit<br />

interessiert. Dies führt zu der paradoxen und Opfern häuslicher <strong>Gewalt</strong> nicht<br />

nachvollziehbaren Situation, dass <strong>die</strong>se selbst d<strong>an</strong>n, wenn sie keinen<br />

Entschädigungs<strong>an</strong>spruch durchsetzen wollen, einen Anspruch beziffern müssen, um<br />

wesentliche Mitwirkungsrechte wie z. B. das Beweis<strong>an</strong>tragsrecht, zu erhalten.<br />

Reformvorschlag: Den Opfern sollten alle <strong>In</strong>formations- und Mitwirkungsrechte unabhängig<br />

<strong>von</strong> einem fin<strong>an</strong>ziellen Entschädigungs<strong>an</strong>spruch zustehen.<br />

20 Hojas, Renate in Jesionek, Udo/Hilf, Mari<strong>an</strong>ne, Die Begleitung des Verbrechensopfers durch den<br />

Strafprozess, Stu<strong>die</strong>nverlag B<strong>an</strong>d 2, <strong>In</strong>nsbruck 2006, 107; sowie Hojas, Renate, Stellungnahme der<br />

<strong>In</strong>terventionsstellen/<strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs zum Strafprozessreformbegleitgesetz I,<br />

www.gewaltschutzzentrum.at/ooe, 6<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 46


8.3.2.5. Verständigung der Opfer bei (bedingter) Entlassung<br />

aus dem Straf- und Maßnahmenvollzug in Kombination mit<br />

Weisungen bei Aus- und Freig<strong>an</strong>g (zu StGB u. StVG) 21<br />

Problembenennung: nicht ausreichend gesetzliche Ver<strong>an</strong>kerung der Verständigung der<br />

Opfer bei Ausg<strong>an</strong>g, Freig<strong>an</strong>g, Unterbrechung der Unterbringung, bedingter Entlassung und<br />

Entlassung aus einer Freiheitsstrafe oder sonstigen freiheitsentziehenden Maßnahme eines<br />

Verurteilten/Maßnahmeuntergebrachten.<br />

Besonders <strong>von</strong> Beziehungsgewalt Betroffene, aber auch Angehörige <strong>von</strong> getöteten Opfern<br />

oder ehemalige Zeug<strong>In</strong>nen der Tat leben oft jahrel<strong>an</strong>g in ständiger Furcht vor dem Moment,<br />

in dem der Verurteilte wieder in Freiheit <strong>ist</strong>. Sie fürchten Rache, weil sie ihn <strong>an</strong>gezeigt haben<br />

oder wieder einen Partner haben usw. Aus spezialpräventiver Sicht <strong>ist</strong> in jedem Fall eine<br />

Gefährdung gegeben.<br />

Aktuelle Rechtslage: Gemäß § 177 StPO sind Personen, <strong>die</strong> Anspruch auf<br />

Prozessbegleitung haben, sowohl zu ihrer <strong>In</strong>formation als auch zu ihrem Schutz <strong>von</strong> der<br />

Freilassung eines Beschuldigten aus der Untersuchungshaft unverzüglich zu<br />

benachrichtigen. Mit dem BGBl 142/2009 wurde weiters in § 149 Abs. 5 StVO ver<strong>an</strong>kert,<br />

dass Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> in Wohnungen sowie Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. a. StPO, sofern sie<br />

<strong>die</strong>s be<strong>an</strong>tragt haben, vom ersten unbewachten Verlassen und der bevorstehenden oder<br />

erfolgten Entlassung des Strafgef<strong>an</strong>genen zu verständigen sind.<br />

Vor Einführung des § 149 Abs. 5 StVO f<strong>an</strong>d keine zwingende <strong>In</strong>formation der Opfer <strong>von</strong> der<br />

Entlassung beziehungsweise vom ersten unbewachten Verlassen der Justiz<strong>an</strong>stalt statt. Das<br />

Recht <strong>die</strong> Verständigung <strong>von</strong> der Entlassung aus der Untersuchungshaft zu be<strong>an</strong>tragen,<br />

besteht bereits länger. Daher begrüßen <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren ausdrücklich <strong>die</strong><br />

Einführung des Abs. 5 des § 149 StVO, wobei jedoch zu bemerken <strong>ist</strong>, dass einerseits der<br />

Personenkreis zu eng gefasst wurde und <strong>an</strong>dererseits <strong>im</strong> Entwurf des Gesetzes <strong>die</strong><br />

<strong>In</strong>formation über den Straf<strong>an</strong>tritt bzw. <strong>die</strong> Übernahme in <strong>die</strong> Strafhaft noch vorgesehen war,<br />

<strong>die</strong>s ins Gesetz jedoch nicht übernommen wurde. Weiters müssen <strong>die</strong> <strong>an</strong>tragslegit<strong>im</strong>ierten<br />

Personen nicht zwingend vor der Entlassung des Strafgef<strong>an</strong>genen <strong>von</strong> selbiger informiert<br />

werden sondern reicht lt. Gesetz eine Verständigung <strong>von</strong> der erfolgten Entlassung.<br />

Um einerseits Ängsten und Unsicherheiten, <strong>die</strong> sich mit einer Entlassung des Täters für <strong>die</strong><br />

Opfer ergeben, entgegenzuwirken, und um <strong>an</strong>dererseits allfällige Schutz- und<br />

Sicherheitsmaßnahmen rechtzeitig abklären zu können, fordern <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren <strong>die</strong><br />

Verständigung vor der Entlassung des Strafgef<strong>an</strong>genen. Zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt k<strong>an</strong>n das<br />

Opfer Schutzmaßnahmen für eine allfällige Kontaktaufnahme durch den Täter ergreifen (z.B.<br />

Anregung eines Kontaktverbotes als Auflag) bzw. können bei der Entlassung noch<br />

Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt werden.<br />

Ideal <strong>im</strong> Sinne des Opferschutzes wäre auch nicht nur <strong>die</strong> Verständigung des ersten<br />

unbewachten Verlassens sondern <strong>die</strong> <strong>In</strong>formation über jeden weiteren Ausg<strong>an</strong>g.<br />

Wie auch bereits erwähnt, <strong>ist</strong> der Kreis der Begünstigten (Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> in Wohnungen<br />

und Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. a StPO) zu eng gefasst. Auch <strong>an</strong>dere Personen, vor allem<br />

Angehörige <strong>von</strong> getöteten Opfern oder ehemalige Zeug<strong>In</strong>nen der Tat haben berechtigte<br />

Ängste vor der Entlassung bzw. jedem Ausg<strong>an</strong>g des Täters.<br />

Reformvorschlag: auf Antrag rechtzeitige Verständigung aller<br />

Prozessbegleitungsberechtigten <strong>von</strong> der Entlassung bzw. jedem Verlassen der Justiz<strong>an</strong>stalt.<br />

Berücksichtigung der Opfersituation in Form eines Äußerungsrechtes<br />

Ergebnis: Die Verständigungspflicht vom Straf<strong>an</strong>tritt f<strong>an</strong>d in das Gesetz bedauerlicherweise<br />

keinen Einzug, <strong>an</strong>sonsten unbeh<strong>an</strong>deltes Anliegen<br />

21 Stellungnahme der <strong>In</strong>terventionsstellen/<strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs zum Entwurf eines<br />

Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch, <strong>die</strong> Strafprozessnovelle 1975, das<br />

Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz und das Jugendgerichtsgesetz 1988 geändert<br />

werden, sog. „Haftentlastungspaket“, www.gewaltschutzzentrum.at/ooe, 3 f; Stellungnahme Wr. Ring,<br />

Kompetenzzentrum Opferhilfe und <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs vom 9.11.2009<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 47


Weisungen bei Aus- und Freig<strong>an</strong>g<br />

Die Möglichkeit, Weisungen nach § 51 StGB aufzuerlegen, sind in Zusammenh<strong>an</strong>g mit der<br />

Entlassung aus der Untersuchungshaft, einer bedingten Verurteilung oder bedingten<br />

Entlassung gesetzlich vorgesehen. Im Hinblick auf <strong>die</strong> Spezialprävention kommt<br />

insbesondere den Weisungen eines Kontaktverbotes oder des Verbotes, eine best<strong>im</strong>mte<br />

Wohnung aufzusuchen, besonderes Gewicht zu, siehe dazu <strong>die</strong> Ausführungen zu § 51 Abs.<br />

2 StGB. Daher sollten <strong>die</strong>se Weisungen als treffsichere spezialpräventive Maßnahmen bei<br />

jeder Form des Verlassens der Anstalt oder <strong>an</strong>derer Unterbringungseinrichtungen auf Antrag<br />

des Opfers oder der jeweiligen Prozessbegleitungseinrichtung gesetzlich vorgesehen<br />

werden.<br />

Reformvorschlag: Ergänzung <strong>von</strong> §§ 99, 99a, 126 und 147 StVG und eventueller <strong>an</strong>derer<br />

gesetzlicher Best<strong>im</strong>mungen, <strong>die</strong> das Verlassen einer Anstalt oder <strong>an</strong>derer<br />

Unterbringungseinrichtungen ermöglichen, um <strong>die</strong> Weisung des Kontaktverbotes zu<br />

best<strong>im</strong>mten Personen nach deren Antrag oder dem Antrag der jeweiligen<br />

Prozessbegleitungseinrichtung.<br />

8.3.2.6. Recht auf Prozessbegleitung und schonende Einvernahme<br />

für alle traumatisierten Opfer; Absehen <strong>von</strong> der Ladung zur<br />

Hauptverh<strong>an</strong>dlung nach einer kontradiktorischen Vernehmung<br />

Alle Prozessbegleitungsberechtigten sollen ein Recht auf schonende kontradiktorische<br />

Vernehmung <strong>im</strong> Ermittlungsverfahren gemäß § 165 StPO und ein Recht auf abgesonderte<br />

Vernehmung in der Hauptverh<strong>an</strong>dlung gemäß § 250 StPO haben.<br />

Um Opferschonung nicht zu konterkarieren, sollen alle <strong>Gewalt</strong>opfer, <strong>die</strong> in einer<br />

kontradiktorischen Vernehmung gemäß § 165 StPO ausgesagt haben, in einer folgenden<br />

Hauptverh<strong>an</strong>dlung <strong>von</strong> der Aussage befreit sein - daher nicht mehr erscheinen und nicht<br />

mehr aussagen müssen.<br />

Aktuelle Rechtslage: Bisher haben <strong>die</strong>ses Recht lediglich Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. a StPO,<br />

nicht jedoch Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. b StPO.<br />

Praxis: <strong>In</strong> der Praxis haben <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren <strong>die</strong> Erfahrung gemacht, dass bisher<br />

keine abgesonderten Vernehmungen in der Hauptverh<strong>an</strong>dlung durchgeführt wurden. Umso<br />

wichtiger <strong>ist</strong> es deswegen <strong>die</strong>ses Recht mit einer Nichtigkeitsbeschwerde abzusichern.<br />

8.3.2.7. Erweiterung des Kreises der Prozessbegleitungsberechtigten<br />

Gemäß § 65 iVm § 66 StPO erhalten Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>, Gefährlicher Drohung und sexueller<br />

<strong>Gewalt</strong> (Z 1 lit. a), nahe Angehörige <strong>von</strong> getöteten Opfern und <strong>an</strong>dere Angehörige <strong>die</strong><br />

Zeugen <strong>die</strong>ser Tat waren (Z 1 lit. b) Prozessbegleitung.<br />

Angehörige eines Opfers einer <strong>an</strong>deren strafbaren H<strong>an</strong>dlung als ein Tötungsdelikt wird das<br />

Recht auf Prozessbegleitung vorenthalten.<br />

Beispiel: Etwa <strong>die</strong> Eltern eines Kindes, welches durch einen Nachbarn sexuelle <strong>Gewalt</strong><br />

erfahren hat, haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Prozessbegleitung.<br />

Reformvorschlag: Erweiterung des Personenkreises der Anspruchsberechtigten auf<br />

Prozessbegleitung um Angehörige nach § 72 StGB <strong>von</strong> Opfern <strong>im</strong> Sinne des § 65 Z 1 lit. a<br />

StGB.<br />

8.3.2.8. Fortführungs<strong>an</strong>träge gemäß § 195 StPO<br />

Problembenennung: Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 wurden unter <strong>an</strong>derem <strong>die</strong><br />

Best<strong>im</strong>mungen der Strafprozessordnung in Bezug auf Fortführungs<strong>an</strong>träge nach Einstellung<br />

eines Strafverfahrens nach den §§ 190 bis 192 zu Lasten der Opfer geändert.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 48


Aktuelle Rechtslage: Grundsätzlich wurde <strong>die</strong> Möglichkeit der Einbringung eines<br />

Fortführungs<strong>an</strong>trags mit der Verjährung der Strafbarkeit der Tat begrenzt.<br />

Weiters wurde <strong>die</strong> absolute Fr<strong>ist</strong> zur Einbringung eines Fortführungs<strong>an</strong>trages nach<br />

Einstellung, für den Fall dass Opfer nicht informiert wurden, bedauerlicherweise <strong>von</strong> sechs<br />

auf drei Monate gekürzt. Die inhaltlichen Erfordernisse wurden derart gestaltet, dass es für<br />

Opfer schwierig sein wird einen Fortführungs<strong>an</strong>trag ohne rechtliche Vertretung einzubringen.<br />

Reformvorschlag: Die absolute Fr<strong>ist</strong> für <strong>die</strong> Einbringung <strong>von</strong> Fortführungs<strong>an</strong>trägen nach<br />

Einstellung des Strafverfahrens sollte auf <strong>die</strong> vorher geltende Fr<strong>ist</strong> <strong>von</strong> 6 Monaten<br />

ausgedehnt werden. Weiters sollten <strong>die</strong> inhaltlichen Erfordernisse insofern abgeschwächt<br />

werden, dass es Opfern auch möglich <strong>ist</strong>, Fortführungs<strong>an</strong>träge ohne rechtliche Vertretung<br />

einzubringen.<br />

Begründung: Durch <strong>die</strong> Verkürzung der absoluten Fr<strong>ist</strong> <strong>von</strong> 6 auf 3 Monate wird befürchtet,<br />

dass vermehrt Opfer gar nicht oder zu spät <strong>von</strong> der Einstellung des Strafverfahrens erfahren<br />

und Ihnen somit <strong>die</strong> Möglichkeit genommen wird, bei Vorliegen der entsprechende<br />

Voraussetzungen, <strong>die</strong> Fortführung des Strafverfahrens zu be<strong>an</strong>tragen. Aufgrund der<br />

festgesetzten inhaltlichen Voraussetzungen sind Opfer gezwungen, zur Einbringung eines<br />

Fortführungs<strong>an</strong>trages, rechtliche Vertretung in Anspruch zu nehmen.<br />

8.3.3. Opferrechte<br />

8.3.3.1. Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren<br />

Psychosoziale Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren k<strong>an</strong>n einem Opfer d<strong>an</strong>n gewährt werden,<br />

wenn dem Opfer schon <strong>im</strong> (vor<strong>an</strong>geg<strong>an</strong>genen oder parallelen) Strafverfahren<br />

Prozessbegleitung gewährt wurde und der Gegenst<strong>an</strong>d des Zivilverfahrens <strong>im</strong> sachlichen<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem Gegenst<strong>an</strong>d des Strafverfahrens steht und soweit<br />

Prozessbegleitung zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers unter größtmöglicher<br />

Bedachtnahme auf seine persönliche Betroffenheit erforderlich <strong>ist</strong> (§ 73b Abs. 1 ZPO). Die<br />

Voraussetzungen sind <strong>von</strong> der Opferschutzeinrichtung zu beurteilen.<br />

Problembenennung: Im Beratungsalltag stellt <strong>die</strong> psychosoziale Prozessbegleitung <strong>im</strong><br />

Zivilverfahren noch ein schwerfälliges <strong>In</strong>strument dar und k<strong>an</strong>n Klient<strong>In</strong>nen in der derzeitigen<br />

Form keine effiziente und nachhaltige Unterstützung bieten. Dies hat seinen Grund in erster<br />

Linie darin, dass <strong>die</strong> ursprünglich vorgesehene jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung <strong>im</strong><br />

Zivilverfahren dem Sparstift zum Opfer fiel. Dem Opfer bleibt nur, einen Antrag auf<br />

Verfahrenshilfe zu stellen und sich bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch<br />

einen Verfahrenshelfer vertreten zu lassen. Wer als Verfahrenshelfer bestellt wird, richtet<br />

sich nicht d<strong>an</strong>ach, ob der Rechts<strong>an</strong>walt über Erfahrungen <strong>im</strong> Opferschutzbereich verfügt und<br />

sich bewährt hat. Das Opfer muss sich in der Regel auf einen <strong>an</strong>deren Rechts<strong>an</strong>walt als <strong>im</strong><br />

Strafverfahren einstellen, <strong>die</strong>s in einer Situation, in welcher das Opfer psychisch sehr<br />

belastet <strong>ist</strong>. Die Zusammenarbeit zwischen psychosozialer Prozessbegleiterin und<br />

Verfahrenshelfer – so wie das <strong>In</strong>stitut der Prozessbegleitung <strong>die</strong>s <strong>im</strong> Strafverfahren vorsieht<br />

–, muss erst mühselig – wenn der Verfahrenshelfer überhaupt zur Kooperation bereit <strong>ist</strong> –<br />

aufgebaut werden. Der Rechts<strong>an</strong>walt, der als Verfahrenshelfer bestellt wird, muss sich in<br />

den Sachverhalt erst neu einarbeiten, während der jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleiter des<br />

Strafverfahrens mit dem „Fall“ schon vertraut <strong>ist</strong>. Zudem verfügt ein beliebiger Rechts<strong>an</strong>walt,<br />

der als Verfahrenshelfer bestellt wird, unter Umständen nicht über <strong>die</strong> Kenntnisse der<br />

spezifischen Dynamik, in welche Opfer häuslicher <strong>Gewalt</strong> verstrickt sind.<br />

Wenn <strong>die</strong> Voraussetzungen für <strong>die</strong> Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht vorliegen, wird das<br />

Opfer ausschließlich <strong>von</strong> der psychosozialen Prozessbegleiterin <strong>im</strong> Verfahren begleitet.<br />

Nach § 73b Abs. 2 hat <strong>die</strong> psychosoziale Prozessbegleiterin <strong>die</strong> Stellung einer<br />

Vertrauensperson, darf das Opfer auf dessen Wunsch zu allen Vernehmungen begleiten und<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 49


<strong>ist</strong> vom Gericht <strong>von</strong> den Terminen zu verständigen. Die Aufgaben der psychosozialen<br />

Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren sind ident mit jenen der psychosozialen<br />

Prozessbegleiterin <strong>im</strong> Strafverfahren. Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst <strong>die</strong><br />

Vorbereitung der Betroffenen auf das Verfahren und <strong>die</strong> mit ihm verbundenen emotionalen<br />

Belastungen sowie <strong>die</strong> Begleitung zu den Vernehmungen (<strong>an</strong>aloge Anwendung des § 66<br />

Abs. 2 StPO). Die psychosoziale Prozessbegleiterin übern<strong>im</strong>mt keine jur<strong>ist</strong>ische Aufgaben<br />

und darf keine jur<strong>ist</strong>ischen Empfehlungen abgeben. Dies könnte <strong>an</strong>sonsten<br />

haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Die Übernahme <strong>von</strong> jur<strong>ist</strong>ischen Aufgaben<br />

durch <strong>die</strong> psychosoziale Prozessbegleitung würde zudem dem <strong>In</strong>stitut der Prozessbegleitung<br />

widersprechen, welche aus guten Gründen <strong>die</strong> Begleitung durch <strong>die</strong> psychosoziale<br />

Prozessbegleitung und <strong>die</strong> rechtliche Vertretung durch eine jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung<br />

(Rechts<strong>an</strong>walt) vorsieht. Erst <strong>die</strong>se Trennung der Aufgaben ermöglicht es, das Opfer in<br />

seiner emotionalen Betroffenheit aufzuf<strong>an</strong>gen und ihm <strong>die</strong> jur<strong>ist</strong>ische Sichtweise, <strong>die</strong> dem<br />

Opfer oftmals fremd <strong>ist</strong>, verständlich zu machen.<br />

Selbst <strong>die</strong> Formulierung in § 73b Abs. 1 „zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers“<br />

bedeutet einen Widerspruch zur Stellung der psychosozialen Prozessbegleiterin <strong>im</strong><br />

Verfahren als Vertrauensperson nach § 73b Abs. 2. Diese Aufgabe der Wahrung der<br />

prozessualen Rechte des Opfers <strong>im</strong> Verfahren k<strong>an</strong>n nur eine jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung<br />

erfüllen. Die gesetzliche Formulierung we<strong>ist</strong> darauf hin, dass <strong>die</strong> Prozessbegleitung <strong>im</strong><br />

Zivilverfahren in der derzeitigen gesetzlichen Ver<strong>an</strong>kerung wenig durchdacht wurde.<br />

Das Recht auf Prozessbegleitung kommt des Weiteren bei Vorliegen der Voraussetzungen<br />

nur jenen Opfern zu, <strong>die</strong> bereits Prozessbegleitung <strong>im</strong> Strafverfahren in Anspruch<br />

genommen haben. Dies <strong>ist</strong> zwingende Voraussetzung und somit ein Grund, <strong>die</strong><br />

Prozessbegleitung nicht gewähren zu können, sollte <strong>die</strong>se Voraussetzung nicht erfüllt sein.<br />

Wurde das Opfer <strong>im</strong> Strafverfahren etwa nicht über <strong>die</strong> Möglichkeit der Prozessbegleitung<br />

aufgeklärt und hat daher keine Prozessbegleitung in Anspruch genommen, so k<strong>an</strong>n ihm<br />

auch keine Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren gewährt werden.<br />

Vom Personenkreis, der psychosoziale und jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung <strong>im</strong> Strafverfahren<br />

erhält sind <strong>im</strong> Zivilverfahren über<strong>die</strong>s noch Bezugspersonen <strong>von</strong> Opfern ausgenommen, z.B.<br />

<strong>die</strong> Mutter, <strong>die</strong> nach Missbrauch ihres Kindes ein Obsorgeverfahren <strong>an</strong>strengt.<br />

Reformvorschlag: Wie auch ursprünglich vorgesehen, sollte in § 73b Abs. 1 jedenfalls <strong>die</strong><br />

Möglichkeit der <strong>In</strong><strong>an</strong>spruchnahme der jur<strong>ist</strong>ischen Prozessbegleitung ver<strong>an</strong>kert werden.<br />

Weiters <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Beauftragung jenes Rechts<strong>an</strong>waltes/jener Rechts<strong>an</strong>wältin, der/<strong>die</strong> bereits <strong>im</strong><br />

Strafverfahren als jur<strong>ist</strong>ische/r Prozessbegleiter<strong>In</strong> eingeschritten <strong>ist</strong>, sinnvoll. Eine<br />

rechts<strong>an</strong>waltliche Vertretung mit Erfahrungen <strong>im</strong> Opferschutzbereich in Form jur<strong>ist</strong>ischer<br />

Prozessbegleitung trägt zur Verringerung der Revikt<strong>im</strong>isierung des Opfers durch ein weiteres<br />

Verfahren bei.<br />

Ergänzung der Anspruchsberechtigten für <strong>die</strong> Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren um <strong>die</strong><br />

Bezugspersonen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen.<br />

Zudem sollte keine zwingende Voraussetzung sein, dass das Opfer schon <strong>im</strong> Strafverfahren<br />

Prozessbegleitung in Anspruch genommen hat. Bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen<br />

Voraussetzungen sollte das Opfer <strong>die</strong> Möglichkeit haben, <strong>die</strong> Prozessbegleitung auch <strong>im</strong><br />

Zivilverfahren in Anspruch zu nehmen.<br />

Begründung: Die Prozessbegleitung <strong>im</strong> Zivilverfahren sollte zu einem effizienten <strong>In</strong>strument<br />

zur Unterstützung <strong>von</strong> Opfern ausgebaut werden. Die <strong>im</strong> Strafverfahren bewährte Aufteilung<br />

in psychosoziale und jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung ermöglicht eine effiziente und nachhaltige<br />

Unterstützung der Opfer. Die Übernahme der jur<strong>ist</strong>ischen Prozessbegleitung <strong>im</strong><br />

Zivilverfahren durch jenen Rechts<strong>an</strong>walt, welcher schon <strong>im</strong> Strafverfahren <strong>die</strong> jur<strong>ist</strong>ische<br />

Prozessbegleitung übernommen hat, wäre wirtschaftlich effizient und opferschonend.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 50


8.3.3.2. Abgesonderte Vernehmung <strong>im</strong> Zivilverfahren<br />

8.3.3.2.1. § 289a ZPO<br />

Die <strong>Gewalt</strong>schutzzentren und <strong>In</strong>terventionsstellen begrüßen ausdrücklich <strong>die</strong> mit dem 2.<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzgesetz geschaffene Möglichkeit, in einem mit einem Strafverfahren in<br />

sachlichem Zusammenh<strong>an</strong>g stehenden Zivilverfahren Personen, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem<br />

Strafverfahren Opfer iSd § 65 Z 1 lit. a StPO waren, auf deren Antrag abgesondert zu<br />

vernehmen.<br />

8.3.3.2.2. § 289b ZPO, Vernehmung minderjähriger Personen<br />

Ebenso wird grundsätzlich <strong>die</strong> Möglichkeit der abgesonderten Vernehmung minderjährige<br />

Zeugen in einem Zivilprozess, der in sachlichem Zusammenh<strong>an</strong>g mit einem Strafprozess<br />

steht, begrüßt.<br />

Problembenennung: Auch wenn bei Minderjährigen Zeugen eine abgesonderte<br />

Vernehmung be<strong>an</strong>tragt wird, <strong>ist</strong> <strong>die</strong>s durch <strong>die</strong> jetzige Ausformulierung des Gesetzes jedoch<br />

nicht gar<strong>an</strong>tiert.<br />

Aktuelle Rechtslage: gemäß § 289b ZPO k<strong>an</strong>n das Gericht auf Antrag oder <strong>von</strong> Amts<br />

wegen <strong>die</strong> Vernehmung minderjähriger Zeugen in einem Zivilprozess, der in sachlichem<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g mit einem Strafverfahren steht auf <strong>die</strong> in § 289a beschriebene Weise<br />

durchführen. Gegen eine Abweisung des Antrags <strong>ist</strong> jedoch kein Rechtsmittel zulässig.<br />

Reformvorschlag: Da es sich bei der <strong>im</strong> § 289b eingeführten Möglichkeit der<br />

abgesonderten Vernehmung Minderjähriger um eine „K<strong>an</strong>n-Best<strong>im</strong>mung“ h<strong>an</strong>delt, <strong>ist</strong> nicht<br />

sichergestellt, dass <strong>die</strong> abgesonderte Vernehmung auf Antrag auch tatsächlich durchgeführt<br />

wird. Es wird daher <strong>die</strong> Umw<strong>an</strong>dlung in eine „Muss-Best<strong>im</strong>mung“ <strong>an</strong>geregt.<br />

Begründung: für Minderjährige <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Tatsache, dass sie vor Gericht – eventuell sogar<br />

gegen Ihnen nahe stehende Personen – aussagen sollen <strong>an</strong> sich schon Belastung genug.<br />

Es sollte daher für Minderjährige <strong>von</strong> Amts wegen sichergestellt sein, dass sie <strong>im</strong> Falle einer<br />

Aussage <strong>die</strong>se nicht in Anwesenheit der Prozessparteien tätigen müssen.<br />

8.3.3.3. Einrichtung <strong>von</strong> Opferschutzgruppen in Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalten<br />

Problembenennung und aktuelle Rechtslage: Gesundheitseinrichtungen sind für Opfer<br />

häuslicher <strong>Gewalt</strong> oft <strong>die</strong> ersten Anlaufstellen und nehmen daher eine Schlüsselposition ein.<br />

Neben der Versorgung der körperlichen Verletzungen <strong>ist</strong> es unbedingt erforderlich, dem oder<br />

der Betroffenen weiter gehende Hilfe <strong>an</strong>zubieten oder zumindest Hilfsmöglichkeiten<br />

aufzuzeigen. Eher selten sprechen <strong>die</strong> Opfer häuslicher <strong>Gewalt</strong> <strong>die</strong> Ursache ihrer<br />

Verletzungen <strong>von</strong> sich aus <strong>an</strong>. Umso wichtiger <strong>ist</strong> es, aktiv auf <strong>die</strong> Betroffenen zuzugehen. <strong>In</strong><br />

der Praxis passiert das noch viel zu wenig, auch weil viel Unsicherheit seitens des<br />

Gesundheitspersonals besteht, wie in <strong>die</strong>sen Situationen vorzugehen <strong>ist</strong>.<br />

Ein spezieller Teilbereich des Themas häusliche <strong>Gewalt</strong>, nämlich <strong>die</strong> Missh<strong>an</strong>dlung <strong>von</strong><br />

Kindern, wurde bereits <strong>im</strong> Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>staltenrecht aufgegriffen. So sehen § 8e KAKuG (und in<br />

dessen Ausführung: § 18a Oö KAG, § 30a SKAG-2000, § 11g Stmk-KALG, § 12b TirKAG, §<br />

19f Nö KAG 1974, § 24b Bgld KAG 2000, § 30a K-KAO, § 15 d WrKAG-1987, § 39 Vlbg<br />

SpitalG) vor, dass Kinderschutzgruppen einzurichten sind, denen insbesondere folgende<br />

Aufgaben zukommen:<br />

- <strong>die</strong> Früherkennung <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>an</strong> oder Vernachlässigung <strong>von</strong> Kindern<br />

- <strong>die</strong> Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für <strong>Gewalt</strong> <strong>an</strong> Kindern<br />

Positiv <strong>ist</strong> hervorzuheben, dass in § 15d des Wiener Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>staltengesetzes (WrKAG-<br />

1987) nicht nur <strong>die</strong> Schaffung <strong>von</strong> Kinderschutzgruppen normiert <strong>ist</strong>, sondern darüber<br />

hinausgehend Opferschutzgruppen geschaffen werden sollen, deren Aufgabe <strong>die</strong><br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 51


Früherkennung <strong>von</strong> sexueller, körperlicher und psychischer <strong>Gewalt</strong>, insbesondere gegen<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>ist</strong>.<br />

Analog dazu wäre es erforderlich auch in den <strong>an</strong>deren Bundesländern, Opferschutzgruppen<br />

für jene Betroffenen häuslicher <strong>Gewalt</strong> einzurichten, <strong>die</strong> nicht mehr minderjährig sind. Die<br />

Notwendigkeit eines proaktiven Ansatzes <strong>ist</strong> <strong>die</strong>selbe. Nicht nur Kinder können sich in einem<br />

Machtungleichgewicht befinden, das es auszugleichen gilt. Auch innerhalb <strong>an</strong>derer sozialer<br />

Beziehungen, etwa in Ehen oder Lebensgemeinschaften, k<strong>an</strong>n es ein enormes Machtgefälle<br />

geben, das es Betroffenen sehr erschwert oder gar unmöglich macht, sich Hilfe zu holen.<br />

Damit bleiben sie oft über Jahre oder gar Jahrzehnte in einer <strong>Gewalt</strong>beziehung gef<strong>an</strong>gen,<br />

<strong>die</strong> ihre physische und psychische Gesundheit beeinträchtigt oder oft auch zerstört.<br />

Damit <strong>die</strong> Schlüsselposition <strong>von</strong> Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalten aber genutzt werden k<strong>an</strong>n, um Auswege<br />

aufzuzeigen, müssen in den Einrichtungen Vorkehrungen getroffen werden. Es muss <strong>die</strong><br />

Sensibilität aller dort arbeitenden Berufsgruppen gewährle<strong>ist</strong>et sein und sollte dem Personal<br />

eine Gruppe besonders geschulter Mitarbeiter<strong>In</strong>nen zur Seite stehen, <strong>die</strong> sie in konkreten<br />

Fällen zu Rate ziehen können.<br />

Derzeit gibt es in den einzelnen Bundesländern verschiedentlich Modellprojekte, allerdings<br />

k<strong>an</strong>n sicherlich nicht <strong>von</strong> einer durchgängigen Versorgung gesprochen werden. Es hängt<br />

eher vom Glück oder Pech der Betroffenen ab, ob sie professionelle Hilfe erhalten, je<br />

nachdem welche Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalt sie aufsuchen. Dieser Zust<strong>an</strong>d <strong>ist</strong> untragbar.<br />

Reformvorschlag: Das Konzept einer org<strong>an</strong>isationsinternen Einheit, <strong>die</strong> sich um Fälle <strong>von</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> oder Missh<strong>an</strong>dlung kümmert, <strong>ist</strong> dem Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>staltenrecht nicht fremd. <strong>In</strong> Form der<br />

Kinderschutzgruppe wurde <strong>die</strong>s bereits 2004 eingeführt und hat sich seither bestens<br />

bewährt. An <strong>die</strong>se positiven Erfahrungen gilt es nun <strong>an</strong>zuknüpfen.<br />

Wie schon bei der Kinderschutzgruppe mit gutem Grund vorgesehen, wird sich auch <strong>die</strong><br />

Opferschutzgruppe aus Angehörigen verschiedener <strong>im</strong> Kr<strong>an</strong>kenhaus tätiger Berufsgruppen<br />

zusammensetzen müssen. <strong>In</strong>terdisziplinäre Zusammenarbeit <strong>ist</strong> in <strong>die</strong>sem Bereich<br />

unumgänglich und soll sich bereits in <strong>die</strong>ser speziellen Org<strong>an</strong>isationseinheit abbilden.<br />

<strong>In</strong>sbesondere Fachärzt<strong>In</strong>nen aus dem Bereich der Unfallchirurgie wie auch der Gynäkologie<br />

und Geburtshilfe werden besonders häufig mit Fällen häuslicher <strong>Gewalt</strong> konfrontiert sein. Es<br />

<strong>ist</strong> daher erforderlich, dass ärztliches Personal aus <strong>die</strong>sen Abteilungen der<br />

Opferschutzgruppe <strong>an</strong>gehört. Einerseits um <strong>die</strong> Erfahrungen des Beh<strong>an</strong>dlungsalltags darin<br />

einbringen zu können, zum <strong>an</strong>deren damit sie das Spezialwissen, das sie sich durch <strong>die</strong><br />

vertiefte Befassung mit dem Thema <strong>an</strong>eignen, in den jeweiligen Abteilungen einsetzen<br />

können.<br />

Die Grundsatzbest<strong>im</strong>mung könnte etwa als § 8g in das Kr<strong>an</strong>ken- und Kur<strong>an</strong>staltengesetz<br />

integriert werden und entspricht in Form und Aufbau der Regelung der Kinderschutzgruppen<br />

in § 8e KAKuG und lautet wie folgt:<br />

„Opferschutzgruppen<br />

§ 8g (1) Der L<strong>an</strong>desgesetzgeber hat <strong>die</strong> Träger der Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalten zu verpflichten,<br />

Opferschutzgruppen für volljährige Betroffene häuslicher <strong>Gewalt</strong> einzurichten.<br />

(2) Der Opferschutzgruppe haben jedenfalls als Vertreter des ärztlichen Dienstes ein<br />

Facharzt bzw. eine Fachärztin für Unfallchirurgie, ein Facharzt bzw. eine Fachärztin für<br />

Gynäkologie und Geburtshilfe, Angehörige des Pflege<strong>die</strong>nstes und Personen, <strong>die</strong> zur<br />

psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen Versorgung in der Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalt<br />

tätig sind, <strong>an</strong>zugehören. <strong>In</strong> Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalten, <strong>die</strong> über keine unfallchirurgische oder<br />

gynäkologische Abteilung verfügen, haben zwei <strong>an</strong>dere Angehörige des ärztlichen Dienstes<br />

der Opferschutzgruppe <strong>an</strong>zugehören.<br />

(3) Der Opferschutzgruppe obliegt insbesondere <strong>die</strong> Früherkennung <strong>von</strong> häuslicher <strong>Gewalt</strong><br />

und <strong>die</strong> Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für häusliche <strong>Gewalt</strong>.“<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 52


8.3.4. Ergänzung <strong>von</strong> LEFÖ – <strong>In</strong>terventionsstelle für<br />

Betroffene des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels<br />

Personen, <strong>die</strong> Opfer <strong>von</strong> Menschenh<strong>an</strong>del zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft<br />

(oder Org<strong>an</strong>h<strong>an</strong>del) sind, haben nach dem Wortlaut der §§ 65 iVm 66 StPO keinen Anspruch<br />

auf psychosoziale und jur<strong>ist</strong>ische Prozessbegleitung, da der Tatbest<strong>an</strong>d des § 104a Abs. 1<br />

StGB weder <strong>Gewalt</strong>, gefährliche Drohung oder Beeinträchtigung der sexuellen <strong>In</strong>tegrität<br />

voraussetzt (erst <strong>die</strong> qualifizierten Tatbestände <strong>von</strong> Abs. 3 und 4 sprechen <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> und<br />

gefährlicher Drohung). Diese Unterscheidung der betroffenen Personen <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

Opfern des grenzüberschreitenden Prostitutionsh<strong>an</strong>dels <strong>ist</strong> nicht gerechtfertigt bzw. jur<strong>ist</strong>isch<br />

nicht begründbar. Opfer <strong>von</strong> Menschenh<strong>an</strong>del zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft<br />

befinden sich in einer äußerst prekären Situation (ohne fin<strong>an</strong>zielle Mittel, keine/wenig<br />

Sprachkenntnisse, keine sozialen Kontakte uvm) und in einem Abhängigkeits- bzw.<br />

<strong>Gewalt</strong>verhältnis zu den Schleppern und „Arbeitgebern“, <strong>die</strong> eine psychosoziale und<br />

jur<strong>ist</strong>ische Begleitung bei Anzeige und Strafverfahren besonders erforderlich machen.<br />

<strong>In</strong> den erläuternden Bemerkungen zu § 104a StGB wird klargestellt, dass <strong>die</strong> Schaffung<br />

des § 104a StGB ein weiterer Teil der Reform des Sexualstrafrechts darstellt, der auch<br />

zahlreichen internationalen Übereinkommen und EU-Verordnungen zur Bekämpfung <strong>von</strong><br />

Menschenh<strong>an</strong>del (ua) entsprechen soll. Weiters: „Zur Umsetzung des VN-Protokolls zur<br />

Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenh<strong>an</strong>dels (Art. 5 Abs. 1 iVm Art. 3),<br />

des Fakultativprotokolls zum VN-Übereinkommen über <strong>die</strong> Rechte des Kindes betreffend<br />

Kinderh<strong>an</strong>del, Kinderprostitution und Kinderpornographie (Art. 3 Abs. 1 lit. a (i) iVm Art. 2)<br />

sowie des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung des Menschenh<strong>an</strong>dels (ABl. L 203 vom<br />

1.8.2002, S. 1; Art. 1 Abs. 1) sind gewisse Anpassungen <strong>im</strong> StGB erforderlich. Die<br />

erwähnten <strong>In</strong>strumente wenden sich gezielt gegen best<strong>im</strong>mte H<strong>an</strong>dlungen <strong>im</strong> Vorfeld der<br />

eigentlichen Ausbeutung <strong>von</strong> Menschen und zwar unabhängig da<strong>von</strong>, ob es später<br />

tatsächlich zu der <strong>im</strong> Zeitpunkt der H<strong>an</strong>dlung beabsichtigten Ausbeutung durch den Täter<br />

oder einen Dritten gekommen <strong>ist</strong>.“<br />

Reformvorschlag: Erweiterung des Personenkreises der Anspruchsberechtigten auf<br />

Prozessbegleitung um <strong>die</strong> <strong>von</strong> Menschenh<strong>an</strong>del betroffenen Personen des § 104a StGB als<br />

Opfer iSd §§ 65 Z 1 iVm § 66 StPO.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 53


8.4. Verbrechensopfergesetz 22<br />

8.4.1. Exkurs: Schweizer Opferhilfegesetz<br />

Das Bundesgesetz über <strong>die</strong> Hilfe <strong>an</strong> Opfer <strong>von</strong> Straftaten 1991 (OHG) der Schweiz enthält<br />

weit gehende opferfreundliche – und damit vorbildhafte – Best<strong>im</strong>mungen. Eckpfeiler des<br />

Gesetzes <strong>ist</strong> eine weite Auslegung der Anspruchsberechtigten (sogar ohne Erfordernis einer<br />

Anzeige), es orientiert sich nicht am Aufenthaltsstatus, sondern <strong>an</strong> der Straftat bzw. <strong>an</strong> einer<br />

persönlichen Beziehung zur Schweiz etwa einem festen Wohnsitz. Als Voraussetzung für <strong>die</strong><br />

<strong>In</strong><strong>an</strong>spruchnahme genügt eine mögliche Straftat unabhängig vom Verschulden (Vorsatz oder<br />

Fahrlässigkeit) und auch bei Einstellung des Verfahrens oder Freispruch werden Le<strong>ist</strong>ungen<br />

gewährt. Mitverschulden schließt <strong>die</strong> Opferstellung nicht aus.<br />

Reformvorschlag: Das österreichische Verbrechensopfergesetz sollte einer grundlegenden<br />

Revision <strong>an</strong>alog dem Schweizer Opferhilfegesetz unterzogen werden.<br />

Als Überg<strong>an</strong>gslösung werden nachstehende Vorschläge erbracht:<br />

8.4.2. § 1 VOG, Kreis der Anspruchsberechtigten<br />

8.4.2.1. Keinen Anspruch<br />

auf Hilfe haben Menschen, <strong>die</strong> zum Zeitpunkt der Tat keine Aufenthaltsberechtigung für<br />

Österreich haben, auch wenn sie in Österreich Opfer einen strafbaren H<strong>an</strong>dlung wurden.<br />

Reformvorschlag: Entscheidend für einen Anspruch auf Unterstützung sollte – wie be<strong>im</strong><br />

Recht auf Prozessbegleitung – bei Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung der Tatort sein<br />

und nicht der Aufenthaltsstatus.<br />

8.4.2.2. Nach § 8 Abs. 3 sind Personen ausgeschlossen,<br />

… soweit sie auf Grund ausländischer gesetzlicher Vorschriften gleichartige staatliche<br />

Le<strong>ist</strong>ungen erhalten können. Das heißt, dass <strong>die</strong> Betroffenen recherchieren müssen, ob ihr<br />

Herkunftsl<strong>an</strong>d z. B. <strong>die</strong> Therapiekosten übernehmen würde. LEFÖ-IBF musste in einem Fall<br />

sehr zeit- und kostenaufwendig (Übersetzungen) ermitteln, ob <strong>die</strong> Tschechische Republik <strong>die</strong><br />

Therapiekosten übernehmen würde. Obwohl das LEFÖ-IBF eine Bestätigung hatte, dass das<br />

Herkunftsl<strong>an</strong>d derartige Kosten nicht übern<strong>im</strong>mt, erhielt <strong>die</strong> Betroffene keine Le<strong>ist</strong>ung aus<br />

dem VOG, da in <strong>die</strong>sem Einzelfall <strong>die</strong>se Bestätigung seitens der Republik Österreich nicht<br />

<strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt wurde.<br />

Reformvorschlag: Die Unterstützung sollte unabhängig <strong>von</strong> eventuellen Ansprüchen des<br />

Herkunftsl<strong>an</strong>des erfolgen. Österreich könnte sich eventuell <strong>im</strong> Regress be<strong>im</strong> Herkunftsl<strong>an</strong>d<br />

<strong>die</strong> Kosten zurückholen.<br />

8.4.3. § 7a VOG, Vorläufige Verfügungen<br />

Die österreichischen <strong>Gewalt</strong>schutzzentren begrüßen <strong>die</strong> Einführung des<br />

Schmerzengeldvorschusses gemäß § 6a VOG <strong>im</strong> Zuge des neuen <strong>Gewalt</strong>schutzgesetzes<br />

vom 1.6.2009. Kritisch <strong>an</strong>zumerken sei jedoch, dass Vorschussle<strong>ist</strong>ungen nur d<strong>an</strong>n erfolgen,<br />

„wenn wahrscheinlich <strong>ist</strong>, dass der <strong>an</strong>gemeldete Anspruch begründet <strong>ist</strong>“. Begründet <strong>ist</strong> nach<br />

§ 1 VOG, „wenn mit Wahrscheinlichkeit <strong>an</strong>zunehmen <strong>ist</strong>“, dass sie (gemeint österreichische<br />

Staatsbürger<strong>In</strong>nen) durch eine mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte<br />

rechtswidrige und vorsätzliche H<strong>an</strong>dlung eine Körperverletzung oder eine<br />

Gesundheitsschädigung erlitten haben oder …“ Die Gewährung des Vorschusses hängt <strong>von</strong><br />

22 St<strong>an</strong>d November 2007, erarbeitet <strong>von</strong> Dr. in Renate Hojas<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 54


der Wahrscheinlichkeit der Begründetheit des mit Wahrscheinlichkeit <strong>an</strong>zunehmenden<br />

Strafausmaßes/Vorsatzes einer Straftat ab, <strong>die</strong> eine Köperverletzung oder<br />

Gesundheitsschädigung zur Folge hat bzw. deren Kausalzusammenh<strong>an</strong>g zwischen Straftat<br />

und Gesundheitsschädigung wahrscheinlich <strong>ist</strong>. (Anm. der Verf.: Der letzte Satz <strong>ist</strong><br />

verwirrend – genauso verwirrend und unterschiedlich <strong>die</strong> Anwendung in den<br />

Bundesländern!)<br />

Reformvorschlag: Eine Anzeige wegen des Verdachtes einer strafbaren H<strong>an</strong>dlung, <strong>die</strong><br />

vorsätzlich <strong>ist</strong> und das geforderte Strafausmaß hat, sollte <strong>an</strong>stelle der Wahrscheinlichkeit <strong>die</strong><br />

Voraussetzung für eine Vorschussle<strong>ist</strong>ung bilden.<br />

Im Antragsformular zur Übernahme der Therapiekosten müssen <strong>die</strong> Betroffenen das Erlebte<br />

unter der Fragestellung „Welche Straftat liegt dem Ansuchen zugrunde (Ort und Zeit der Tat<br />

und kurze Schilderung des Tatherg<strong>an</strong>ges) schildern. Schwer Betroffene sollten erst durch <strong>die</strong><br />

Therapie <strong>die</strong> Stärkung erfahren, wodurch <strong>die</strong>se den Tatherg<strong>an</strong>g ohne Risiko einer<br />

Revikt<strong>im</strong>isierung und/oder Retraumatisierung schildern können.<br />

Reformvorschlag: Streichung der Frage nach dem Tatherg<strong>an</strong>g <strong>im</strong> Antragsformular<br />

8.4.4. § 12 VOG, Überg<strong>an</strong>g <strong>von</strong> Ersatz<strong>an</strong>sprüchen (Regress)<br />

Die Le<strong>ist</strong>ungen nach dem VOG werden vom Täter zurückgefordert. Opfer, <strong>die</strong> Straftaten <strong>von</strong><br />

Angehörigen erlitten haben, wollen oft nicht, dass <strong>die</strong> Täter <strong>die</strong> Kosten dafür übernehmen<br />

müssen. Z. B. hat eine Frau in Salzburg, deren ehemaliger Lebensgefährte wegen<br />

Körperverletzung, gefährlicher Drohung und Nötigung verurteilt wurde, <strong>die</strong> Therapie<br />

abgebrochen, weil sie nicht wollte, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte <strong>die</strong> Kosten der<br />

Therapie bezahlen muss. Besonders schwierig <strong>ist</strong> es für Kinder und Jugendliche als Opfer z.<br />

B. des Vaters, <strong>die</strong>sen regressieren zu lassen, was schlussendlich auch noch zum<br />

fin<strong>an</strong>ziellen Nachteil des Opfers führt.<br />

Zu <strong>die</strong>sem Punkt gibt es auch eine gegensätzliche Position in den <strong>Gewalt</strong>schutzzentren: Es<br />

wird eine Rückforderung vom Verurteilten <strong>im</strong> Sinne einer „klaren gesellschaftlichen<br />

S<strong>an</strong>ktionierung“ als gerechtfertigt <strong>an</strong>gesehen und um auch einen <strong>an</strong>gehörigen Täter nicht zu<br />

begünstigen. Im Widerspruch dazu stehen <strong>die</strong> unmittelbaren Opferinteressen, deren<br />

Vertretung den Opferschutzeinrichtungen Aufgabe sein sollte.<br />

Reformvorschlag: kein Regress <strong>im</strong> Falle <strong>von</strong> Straftaten beg<strong>an</strong>gen durch einen zum Opfer<br />

Angehörigen, wenn das Opfer deswegen <strong>von</strong> einer Le<strong>ist</strong>ung nach dem VOG Abst<strong>an</strong>d<br />

nehmen würde.<br />

8.4.5. Rechtsmittel<br />

Den Betroffenen stehen zur Absicherung ihrer Rechte Rechtsmittel gegen <strong>die</strong> Bescheide des<br />

Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zu. Derartige Schritte sind für <strong>die</strong><br />

Betroffenen, <strong>die</strong> nicht jur<strong>ist</strong>isch geschult sind, eine zu große Hürde.<br />

Reformvorschlag: Einführung <strong>von</strong> jur<strong>ist</strong>ischer und psychosozialer Prozessbegleitung zur<br />

Durchführung <strong>von</strong> Rechtsmitteln.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 55


8.5. Unterbringungsgesetz<br />

8.5.1. Verständigung <strong>von</strong> Opfern <strong>von</strong> einer Unterbringung wegen<br />

Fremdgefährdung sowie <strong>von</strong> deren Aufhebung 23<br />

Problembenennung und aktuelle Rechtslage: Immer wieder kommt es vor, dass bei<br />

Gefährdung <strong>im</strong> Sinne des § 38a SPG auch eine psychische Erkr<strong>an</strong>kung des Gefährders oder<br />

der Gefährderin vorliegt. <strong>In</strong> <strong>die</strong>sen Fällen ver<strong>an</strong>lasst <strong>die</strong> Polizei in der Regel <strong>die</strong> Verbringung<br />

in <strong>die</strong> Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalt und leitet somit eine Unterbringung in <strong>die</strong> Wege. Für <strong>die</strong> Opfer <strong>ist</strong> es in<br />

<strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g höchst wichtig, zu erfahren, ob es zu einer Unterbringung gemäß<br />

Unterbringungsgesetz (BGBl 155/1990) gekommen <strong>ist</strong>, um zum richtigen Zeitpunkt<br />

Vorkehrungen zu ihrem Schutz zu treffen. Sicherheitsbeamt<strong>In</strong>nen sind gemäß § 56 Abs. 1 Z<br />

3 SPG, soweit <strong>die</strong>s zum Schutz gefährdeter Menschen erforderlich <strong>ist</strong>, berechtigt,<br />

personenbezogene Daten <strong>an</strong> geeignete Opferschutzeinrichtungen (§ 25 Abs. 3 SPG) zu<br />

übermitteln. Im Kontext des UbG <strong>ist</strong> allerdings auch § 39a Abs. 5 UbG zu beachten:<br />

§ 39a Abs. 5 UbG: Für Aufzeichnungen der Org<strong>an</strong>e des öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes, <strong>die</strong><br />

ausschließlich ein das Leben oder <strong>die</strong> Gesundheit eines Dritten gefährdendes Verhalten des<br />

Betroffenen enthalten, sind <strong>die</strong> Best<strong>im</strong>mungen des 4. Teiles des Sicherheitspolizeigesetzes<br />

maßgeblich; Abs. 3 gilt jedoch auch für sie.<br />

Daraus <strong>ist</strong> abzuleiten, dass <strong>die</strong> Sicherheitsbehörden bei Unterbringungsfällen solche<br />

personenbezogenen Daten zu Gefährder<strong>In</strong>nen <strong>an</strong> Opferschutzeinrichtungen weitergeben<br />

dürfen, <strong>die</strong> ihr gefährdendes Verhalten betreffen. Das umfasst nicht <strong>die</strong> <strong>In</strong>formation, ob er<br />

bzw. sie untergebracht worden <strong>ist</strong> oder nicht. Allerdings können <strong>die</strong> Sicherheitsbehörden auch<br />

gar nicht gesichert darüber Auskunft geben, ob <strong>die</strong> Unterbringung letztlich erfolgt <strong>ist</strong> oder<br />

nicht, da <strong>die</strong>s weiter <strong>von</strong> der Beurteilung zweier Ärzt<strong>In</strong>nen <strong>im</strong> Kr<strong>an</strong>kenhaus abhängt.<br />

Die Unterbringung <strong>ist</strong> nach den Best<strong>im</strong>mungen des UbG d<strong>an</strong>n aufzuheben, wenn das<br />

Gericht entsprechend entscheidet (§§ 20 Abs. 2, 26 Abs. 3 UbG) oder wenn der<br />

Abteilungsleiter bzw. <strong>die</strong> Abteilungsleiterin entscheidet, dass <strong>die</strong> Voraussetzungen nicht<br />

mehr vorliegen (§ 32 UbG). Grundsätzlich k<strong>an</strong>n eine Gefährdung bejaht werden, wenn das<br />

Unterbleiben der weiteren Beh<strong>an</strong>dlung <strong>die</strong> Gefahr in sich birgt, dass <strong>im</strong> Zuge der<br />

Fortentwicklung des Kr<strong>an</strong>kheitsverlaufs weitergehende und selbständige Schadensfolgen<br />

eintreten (= etwa <strong>die</strong> Gefahr einer körperlichen Schädigung Dritter oder<br />

Selbstverletzung/massive Verschlechterung des Gesundheitszust<strong>an</strong>des), <strong>die</strong> hinsichtlich<br />

ihrer Schwere und der Wahrscheinlichkeit des Eintretens als „ernstliche und erhebliche“<br />

Schädigung der Gesundheit einzustufen sind. Diese „Wahrscheinlichkeit“ <strong>ist</strong> unklar definiert.<br />

So hat das LG Wien am 30.09.1992, 44 R 666/02, bei jahrzehntel<strong>an</strong>gen Morddrohungen<br />

ohne Anhaltspunkt für eine Realisierung <strong>die</strong> Gefährdung verneint.<br />

Da es mitunter ein Wesenszug psychischer Kr<strong>an</strong>kheiten <strong>ist</strong>, nicht zu wissen, wie <strong>die</strong><br />

betroffenen Personen reagieren, und sie ihre H<strong>an</strong>dlungen infolge ihrer Kr<strong>an</strong>kheit nicht unter<br />

Kontrolle haben, <strong>ist</strong> es umso wichtiger, Vorsichtsmaßnahmen ergreifen zu können.<br />

Erfahrungsgemäß können viele untergebrachte Patient<strong>In</strong>nen – nicht zuletzt auch aufgrund<br />

der medikamentösen Beh<strong>an</strong>dlung – so weit stabilisiert werden, dass sie zum Zeitpunkt der<br />

Entlassung tatsächlich nicht mehr fremdgefährdend sind. Problematisch in <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>ist</strong> allerdings, dass viele Patient<strong>In</strong>nen <strong>die</strong> verordneten Medikamente nach<br />

der Entlassung nicht mehr einnehmen und <strong>die</strong> Fremdgefährdung nach kürzester Zeit bereits<br />

wieder aufleben k<strong>an</strong>n.<br />

Im Moment fehlt eine gesetzliche Regelung darüber, dass Personen, <strong>die</strong> Opfer einer<br />

Fremdgefährdung <strong>im</strong> Sinne des UbG wurden, <strong>von</strong> der Anordnung oder der Aufhebung der<br />

Unterbringung informiert werden. Dementsprechend schwierig <strong>ist</strong> es, Schutzmaßnahmen zu<br />

pl<strong>an</strong>en und zu ergreifen.<br />

23 Der Reformvorschlag basiert auf einer Stellungnahme der <strong>In</strong>terventionsstellen/<strong>Gewalt</strong>schutzzentren<br />

Österreichs zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch, <strong>die</strong><br />

Strafprozessnovelle 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz und das<br />

Jugendgerichtsgesetz 1988 geändert werden, sog. „Haftentlastungspaket“,<br />

www.gewaltschutzzentrum.at/ooe, 3 f. Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum, Tätigkeitsbericht 2006.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 56


Reformvorschlag: Die verbindliche Entscheidung, ob es zu einer Unterbringung kommt, fällt<br />

in <strong>die</strong> Sphäre des Kr<strong>an</strong>kenhauses. Von einer Unterbringung <strong>ist</strong> seitens des Kr<strong>an</strong>kenhauses<br />

unverzüglich das Gericht zu verständigen. Es wird <strong>an</strong>geregt, dass das Kr<strong>an</strong>kenhaus<br />

außerdem noch <strong>die</strong> Polizei informiert und <strong>die</strong>se <strong>die</strong> Opfer in Kenntnis setzt. Immerhin <strong>ist</strong> es<br />

sicherheitspolizeiliche Aufgabe, Gefährdungen abzuwenden und für <strong>die</strong> Sicherheit <strong>von</strong><br />

Personen zu sorgen. Dazu gehört auch, der gefährdeten Person Auskunft darüber zu geben,<br />

ob der Gefährder bzw. <strong>die</strong> Gefährderin untergebracht wurde.<br />

Weitere Beratung k<strong>an</strong>n d<strong>an</strong>n etwa über <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>schutzzentren ver<strong>an</strong>lasst werden. Wenn<br />

ein Betretungsverbot ausgesprochen wurde, sind <strong>die</strong>se in dem konkreten Fall ohnehin bereits<br />

involviert, wenn <strong>die</strong>s nicht der Fall war, müssen Opfer jedenfalls über <strong>die</strong>se Einrichtungen<br />

informiert werden. Die <strong>In</strong>formation über eine erfolgte Unterbringung gleich über <strong>die</strong><br />

<strong>Gewalt</strong>schutzzentren laufen zu lassen, wäre insofern nicht wünschenswert, als <strong>die</strong>se <strong>an</strong> den<br />

Wochenenden oder zu Tagesr<strong>an</strong>dzeiten mitunter nicht besetzt sind und eine schnelle<br />

Weitergabe der <strong>In</strong>formation damit nicht gewährle<strong>ist</strong>et wäre. Gerade in <strong>die</strong>sen Fällen <strong>ist</strong> eine<br />

rasche Verständigung aber sehr wichtig. § 17 UbG sollte wie folgt erweitert werden:<br />

„§ 17. Wird eine Person ohne Verl<strong>an</strong>gen in eine Anstalt aufgenommen (§§ 10 und 11), so hat<br />

der Abteilungsleiter hie<strong>von</strong> unverzüglich das Gericht zu verständigen. Der Verständigung sind<br />

Ausfertigungen der ärztlichen Zeugnisse (§ 10 Abs. 1) <strong>an</strong>zuschließen. Wurde <strong>die</strong> Person<br />

durch Org<strong>an</strong>e des öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes in <strong>die</strong> Anstalt verbracht, sind <strong>die</strong>se vom<br />

Abteilungsleiter darüber zu informieren, ob eine Unterbringung <strong>an</strong>geordnet wurde. Die Org<strong>an</strong>e<br />

des öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes haben unverzüglich <strong>die</strong> Opfer jener Fremdgefährdung,<br />

<strong>die</strong> zur Unterbringung geführt hat, da<strong>von</strong> zu verständigen, ob <strong>die</strong> Unterbringung <strong>an</strong>geordnet<br />

wurde.“<br />

Die Entscheidung über eine Aufhebung der Unterbringung wird entweder vom Abteilungsleiter<br />

bzw. der Abteilungsleiterin <strong>im</strong> Kr<strong>an</strong>kenhaus getroffen oder durch das Gericht. Auch dazu<br />

sollte <strong>die</strong> <strong>In</strong>formation der Opfer wieder über <strong>die</strong> Exekutive erfolgen. Dazu wäre <strong>die</strong> Schaffung<br />

einer Best<strong>im</strong>mung mit folgendem Wortlaut wünschenswert:<br />

„Verständigung der Opfer einer Fremdgefährdung<br />

§ 32a UbG: Wurde der Kr<strong>an</strong>ke durch Org<strong>an</strong>e des öffentlichen Sicherheits<strong>die</strong>nstes aufgrund<br />

einer Fremdgefährdung in <strong>die</strong> Anstalt verbracht, sind <strong>die</strong>se vom Abteilungsleiter unverzüglich<br />

<strong>von</strong> der Aufhebung der Unterbringung in Kenntnis zu setzen. Die Org<strong>an</strong>e des öffentlichen<br />

Sicherheits<strong>die</strong>nstes haben unverzüglich <strong>die</strong> Opfer jener Fremdgefährdung, <strong>die</strong> zur<br />

Unterbringung geführt hat, <strong>von</strong> der Aufhebung zu verständigen“<br />

8.5.2. Exkurs Strafprozessordnung<br />

Verständigung <strong>von</strong> Opfern bei Unterbringung nach § 429 Abs. 4 StPO<br />

(vorläufige Unterbringung in einer Anstalt für ge<strong>ist</strong>ig abnorme Rechtsbrecher)<br />

Problembenennung und aktuelle Rechtslage: Liegt einer der <strong>im</strong> § 173 Abs. 2 und 6 StPO<br />

<strong>an</strong>geführten Haftgründe (für Untersuchungshaft) vor, k<strong>an</strong>n der Betroffene nicht ohne Gefahr<br />

für sich oder <strong>an</strong>dere auf freiem Fuß bleiben oder <strong>ist</strong> seine ärztliche Beobachtung erforderlich,<br />

können Personen vorläufig in einer Anstalt für ge<strong>ist</strong>ig abnorme Rechtsbrecher untergebracht<br />

werden (§ 429 Abs. 4 StPO). Die Einweisung erfolgt entweder in eine Anstalt für ge<strong>ist</strong>ig<br />

abnorme Rechtsbrecher oder in eine öffentliche Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalt für Psychiatrie.<br />

Über <strong>die</strong> Zulässigkeit der vorläufigen Anhaltung <strong>ist</strong> nach § 429 Abs. 5 StPO in sinngemäßer<br />

Anwendung der Regeln für <strong>die</strong> Untersuchungshaft zu entscheiden. Dabei wird auf <strong>die</strong> §§ 172<br />

bis 178 StPO verwiesen. Zwar regelt § 177 Abs. 5 StPO das <strong>In</strong>formationsrecht der Opfer bei<br />

Entlassung aus der Untersuchungshaft, allerdings betrifft <strong>die</strong>s ja nicht <strong>die</strong> „Zulässigkeit der<br />

Anhaltung“. Dem Wortlaut nach sind nur jene Regeln aus den §§ 172 bis 178 StPO auf <strong>die</strong><br />

vorläufige Anhaltung <strong>an</strong>zuwenden, <strong>die</strong> eben <strong>die</strong>se Zulässigkeit der Anhaltung betreffen.<br />

§ 429 Abs. 5 StPO sieht weiters vor, dass <strong>die</strong> Best<strong>im</strong>mungen über den Vollzug der Anhaltung<br />

dem Sinn nach auch auf <strong>die</strong> vorläufige Anhaltung <strong>an</strong>zuwenden sind. Im StVG <strong>ist</strong> <strong>im</strong> dritten<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 57


Abschnitt (Unterbringung in einer Anstalt für ge<strong>ist</strong>ig abnorme Rechtsbrecher) auch der § 167<br />

enthalten:<br />

§ 167 StVG. (1) Soweit <strong>die</strong> §§ 164 bis 166 nichts <strong>an</strong>deres best<strong>im</strong>men, gelten <strong>die</strong> §§ 20 bis<br />

129, 131 bis 135, 146 bis 150 und 152 dem Sinne nach. Eine Anhörung des Untergebrachten<br />

durch das Gericht vor der Entscheidung über <strong>die</strong> bedingte Entlassung (§ 152a) hat<br />

mindestens einmal innerhalb <strong>von</strong> zwei Jahren stattzufinden.<br />

Diesem Verweis entsprechend <strong>ist</strong> auch der § 149 StVG sinngemäß auf den Vollzug der<br />

Anhaltung <strong>an</strong>zuwenden und damit auch auf <strong>die</strong> vorläufige Anhaltung.<br />

§ 149 (5) StVG: Soweit ein Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> in Wohnungen (§ 38a SPG) oder ein Opfer<br />

gemäß § 65 Z 1 lit. a StPO <strong>die</strong>s be<strong>an</strong>tragt hat, <strong>ist</strong> es unverzüglich vom ersten unbewachten<br />

Verlassen und der bevorstehenden oder erfolgten Entlassung des Strafgef<strong>an</strong>genen zu<br />

verständigen. Die Verständigung hat der Anstaltsleiter zu ver<strong>an</strong>lassen.<br />

Schon nach geltender Rechtslage <strong>ist</strong> daher <strong>die</strong> Verständigung des Opfers auf dessen Antrag<br />

vorgesehen. Allerdings <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Verweiskette derart verschachtelt, dass eine klarere Regelung<br />

wünschenswert wäre. Was weder bei der vorläufigen Anhaltung gemäß § 429 StPO noch bei<br />

der Verhängung der Untersuchungshaft vorgesehen <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Verständigung der gefährdeten<br />

Person <strong>von</strong> der Verhängung <strong>die</strong>ser Maßnahme.<br />

Reformvorschlag: Ein Verweis, der das Verständigungsrecht direkt <strong>an</strong>spricht, wäre bei §<br />

429 StPO unterzubringen. Es wird vorgeschlagen, den § 429 StPO um folgenden Satz zu<br />

erweitern:<br />

„Für <strong>die</strong> Verständigung des Opfers <strong>von</strong> der Anordnung der vorläufigen Anhaltung sowie <strong>von</strong><br />

deren Aufhebung gilt § 177 Abs. 5 StPO“<br />

Damit käme m<strong>an</strong> <strong>von</strong> dem derzeit geltenden § 149 Abs. 5 StVG (Verständigung bei<br />

Entlassung aus der Strafhaft) zu dem weiter gehenden § 177 Abs. 5 StPO (Verständigung bei<br />

Entlassung aus der Untersuchungshaft). Letzterer sieht nämlich vor, dass Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> in<br />

Wohnungen und Opfer nach § 65 Z 1 lit. a StPO jedenfalls unverzüglich <strong>von</strong> Amts wegen zu<br />

informieren sind und nicht nur auf Antrag.<br />

8.6. Gerichtsorg<strong>an</strong>isationsgesetz<br />

8.6.1. Einführung <strong>von</strong> Sonderzuständigkeiten bei Strafrichter<strong>In</strong>nen und<br />

Staats<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen für <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> sozialen Nahraum (§ 26 GOG)<br />

Das Gerichtsorg<strong>an</strong>isationsgesetz wurde dahingehend erweitert, dass <strong>an</strong> größeren Gerichten<br />

Sonderzuständigkeiten bei Strafrichter<strong>In</strong>nen und Staats<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen für Strafverfahren bei<br />

Delikten <strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g mit familiärer <strong>Gewalt</strong> unter Angehörigen nach § 72 StGB sowie<br />

ehemaligen Angehörigen eingeführt wurden.<br />

Diese Einführung <strong>von</strong> Sonderzuständigkeiten bei den Gerichten hat sich aus der Sicht<br />

<strong>Gewalt</strong>schutzzentren sehr bewährt.<br />

Es wäre aus <strong>die</strong>sem Grund wünschenswert, <strong>die</strong> Einführung der Sonderzuständigkeiten bei<br />

Strafrichter<strong>In</strong>nen und Staats<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen für Strafverfahren bei Delikten <strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit familiärer <strong>Gewalt</strong> unter Angehörigen nach § 72 StGB sowie ehemaligen Angehörigen auf<br />

alle Gerichte auszudehnen.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 58


8.6.2. Die kontradiktorische Vernehmung der Opfer familiärer und sexueller<br />

<strong>Gewalt</strong> durch speziell geschulte Richter<strong>In</strong>nen und Staats<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen<br />

Die kontradiktorische Vernehmung <strong>von</strong> Opfern familiärer und sexueller <strong>Gewalt</strong> <strong>ist</strong> für <strong>die</strong>se oft<br />

ein extrem belastendes und beängstigendes Ereignis. Oberstes Ziel sollte es sein, <strong>die</strong><br />

Befragung schonend und professionell durchzuführen um negative Folgen für <strong>die</strong> Betroffenen,<br />

wie zum Beispiel eine Retraumatisierung, zu verhindern.<br />

Um <strong>die</strong>s gewährle<strong>ist</strong>en zu können, sollte zumindest ein Basiswissen über psychische und<br />

physische Auswirkungen <strong>von</strong> Traumatisierungen vorh<strong>an</strong>den sein.<br />

Aus <strong>die</strong>sem Grund wäre es wünschenswert, dass Richter<strong>In</strong>nen und Staats<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen <strong>im</strong><br />

Zuge ihrer Ausbildung eine spezielle Schulung in Hinblick auf den Umg<strong>an</strong>g und <strong>die</strong><br />

kontradiktorische Vernehmung <strong>von</strong> Opfern familiärer und sexueller <strong>Gewalt</strong> erhalten. Für<br />

bereits aktive Richter<strong>In</strong>nen und Staats<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen sollte es <strong>die</strong> Möglichkeit einer<br />

Nachschulung geben.<br />

<strong>In</strong> keinem Fall sollte es möglich sein, dass sich in Ausbildung befindliche<br />

Rechtspraktik<strong>an</strong>t<strong>In</strong>nen, <strong>die</strong> kontradiktorische Vernehmung <strong>von</strong> Opfern familiärer und sexueller<br />

<strong>Gewalt</strong> vornehmen.<br />

Positiv zu erwähnen <strong>ist</strong> in <strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g, dass in § 9 Abs. 4 Richter- und<br />

Staats<strong>an</strong>waltschafts<strong>die</strong>nstgesetz festgelegt worden <strong>ist</strong>, dass der Ausbildungs<strong>die</strong>nst für <strong>die</strong><br />

Dauer <strong>von</strong> mindestens zwei Wochen in einer Opferschutz- oder Fürsorgeeinrichtung<br />

absolviert werden k<strong>an</strong>n.<br />

Reformvorschlag: Aus- und Fortbildungen <strong>im</strong> Bereich des Opferschutzes sollen<br />

Voraussetzung für Beförderung <strong>im</strong> Richter<strong>die</strong>nst sein.<br />

8.6.3. Zuständigkeit <strong>von</strong> Familienrichter<strong>In</strong>nen bei § 382g EO<br />

Im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Bearbeitung <strong>von</strong> einstweiligen Verfügungen nach § 382g EO fällt<br />

auf, dass <strong>die</strong> zuständigen Zivilrichter<strong>In</strong>nen der Bezirksgerichte dafür zu wenig kompr<strong>im</strong>iert<br />

zum Einsatz kommen und daher für sie wenig Anlass und Bedarf besteht, sich näher mit den<br />

Hintergründen <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong>dynamik, <strong>Gewalt</strong>prävention und Opferschutz zu befassen. Aufgrund<br />

der ausführlichen Expertise <strong>von</strong> Familienrichter<strong>In</strong>nen <strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem Thema<br />

<strong>Gewalt</strong> in Beziehungen wäre <strong>die</strong> Bearbeitung <strong>von</strong> Anträgen nach § 382g EO viel mehr auch in<br />

deren Zuständigkeit zu verlegen.<br />

Eine <strong>an</strong>dere Lösung könnte <strong>die</strong> Einteilung einer/s sonderzuständigen Richterin/<br />

Richters hierfür sein.<br />

8.6.4. Bildung <strong>von</strong> familienrechtlichen Senaten be<strong>im</strong> OGH 24<br />

<strong>In</strong> § 26 GOG <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Geschäftsverteilung <strong>an</strong> Bezirksgerichten festgelegt. Abs. 3 leg cit legt<br />

fest, dass Rechtssachen nach § 49 Abs. 2 Z 1 bis 2 c und Abs. 3 JN sowie in<br />

Außerstreit<strong>an</strong>gelegenheiten nach §§ 109 bis 114a JN derselben Gerichtsabteilung<br />

zuzuweisen sind. Gemäß Abs. 3a sind <strong>die</strong>sen Gerichtsabteilungen auch <strong>die</strong><br />

Angelegenheiten zum Schutz vor <strong>Gewalt</strong> in der Familie nach § 382b, § 382e EO - Entwurf<br />

zuzuweisen.<br />

Bei den L<strong>an</strong>desgerichten sind gemäß § 32 Abs. 4 GOG <strong>die</strong> <strong>im</strong> § 26 Abs. 3 und 3a GOG<br />

gen<strong>an</strong>nten familienrechtlichen Angelegenheiten demselben Rechtsmittelsenat zuzuweisen.<br />

§ 13 OGHG regelt <strong>die</strong> Geschäftsverteilung am Obersten Gerichtshof. Der Personalsenat des<br />

OGH hat Zivilsenate und Strafsenate, Senate für Dienstgerichts- und Disziplinarsachen,<br />

Begutachtungssenate und – soweit zweckmäßig – Fachsenate zu bilden.<br />

24 Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum, Tätigkeitsbericht 2006<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 59


Im Gegensatz zu den Unterinst<strong>an</strong>zen sind be<strong>im</strong> Obersten Gerichtshof keine<br />

familienrechtlichen Senate eingerichtet.<br />

Der OGH hat in unserem Rechtssprechungssystem eine Leitfunktion, er kontrolliert<br />

Entscheidungen der Berufungsgerichte hinsichtlich der Lösung <strong>von</strong> Rechtsfragen und der<br />

Einhaltung <strong>von</strong> Verfahrensvorschriften. Entscheidungen des OGH <strong>die</strong>nen der Wahrung der<br />

Rechtseinheit, Rechtssicherheit und der Rechtsentwicklung.<br />

Der familienrechtliche Bereich <strong>ist</strong> ein besonders sensibler Bereich, weshalb eine<br />

Spezialisierung auf <strong>die</strong>ses Thema notwendig <strong>ist</strong>. <strong>In</strong>sbesondere <strong>im</strong> Bereich familiärer <strong>Gewalt</strong><br />

<strong>ist</strong> es auch notwendig, dass alle Personen, <strong>die</strong> in Rechtsbereichen arbeiten, <strong>die</strong> mit familiärer<br />

<strong>Gewalt</strong> konfrontiert sind, über Formen, Ursachen und Auswirkungen <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> in der<br />

Familie sowie den gesellschaftlichen Zusammenhängen Bescheid wissen.<br />

Sonderzuständigkeiten für familienrechtliche Angelegenheiten haben sich bei den Bezirks-<br />

und L<strong>an</strong>desgerichten in der Praxis bewährt und sollten daher auch be<strong>im</strong> OGH – vor allem<br />

aber <strong>im</strong> Hinblick auf seine Leitfunktion – eingeführt werden.<br />

8.6.5. Einrichtung <strong>von</strong> Zeug<strong>In</strong>nenz<strong>im</strong>mern in jedem Gerichtsgebäude 25<br />

Entsprechend dem EU-Rahmenbeschluss Art. 8 Abs. 3 haben <strong>die</strong> Mitgliedstaaten sicher zu<br />

stellen, dass eine Begegnung zwischen Opfern und Tätern <strong>an</strong> den Gerichtsorten vermieden<br />

wird und haben zu <strong>die</strong>sem Zweck sicherzustellen, dass <strong>an</strong> Gerichtsorten separate<br />

Warteräume für Opfer vorh<strong>an</strong>den sind.<br />

Reformvorschlag: <strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Sinne sollten in jedem Gerichtsgebäude<br />

Zeugen/Zeuginnenz<strong>im</strong>mer eingerichtet werden, um ein Zusammentreffen mit den<br />

Beschuldigten vor dem Verh<strong>an</strong>dlungssaal zu verhindern.<br />

Ergebnis: Diesem Bedarf wird nach Möglichkeit bei strukturellen und baulichen Maßnahmen<br />

<strong>an</strong> den L<strong>an</strong>desgerichten Rechnung getragen. An den Bezirksgerichten wird <strong>die</strong> Umsetzung<br />

als schwierig eingeschätzt, wobei Verlegung <strong>von</strong> Verh<strong>an</strong>dlungen <strong>an</strong> <strong>die</strong> entsprechend<br />

ausgestatteten L<strong>an</strong>desgerichte eine Lösung darstellen würde.<br />

8.7. Versicherungsschutz auch für <strong>Frauen</strong><br />

<strong>von</strong> Strafgef<strong>an</strong>genen 26<br />

Wird ein Täter inhaftiert, können dessen Sozialversicherungskosten vom Bund übernommen<br />

werden. Für eine mitversicherte Ehefrau, <strong>die</strong> auf Grund ihrer Verletzungen z. B. eine<br />

Operation benötigt, erlischt jedoch der Sozialversicherungsschutz, das heißt, dass das Opfer<br />

für <strong>die</strong> Folgen erlittener <strong>Gewalt</strong> auch noch zahlen muss. Im Falle der Übernahme der Kosten<br />

der Heilbeh<strong>an</strong>dlung usw. auf Grund des VOG wäre zwar das Risiko für das Opfer aus der<br />

Welt geschafft, aber nicht für dessen Angehörige.<br />

Reformvorschlag: Es <strong>ist</strong> sicherzustellen, dass für Opfer familiärer <strong>Gewalt</strong> keine<br />

zusätzlichen Kosten für <strong>die</strong> Sozialversicherung entstehen.<br />

25 Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum, Tätigkeitsbericht 2006<br />

26 ebd.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 60


8.8. Fremdenrecht (§ 27 NAG)<br />

Problembenennung: Im Beratungsalltag zeigt sich, dass der § 27 NAG <strong>von</strong> den<br />

Bezirkshauptm<strong>an</strong>nschaften als zuständige erstinst<strong>an</strong>zliche Behörde sehr unterschiedlich und<br />

vor allem restriktiv geh<strong>an</strong>dhabt wird. Dies führt bei Opfern me<strong>ist</strong> zu großen Unsicherheiten in<br />

Bezug auf ihren aufenthaltsrechtlichen Status.<br />

Aktuelle Rechtslage: Gemäß § 27 Abs. 2 <strong>ist</strong> dem Familien<strong>an</strong>gehörigen trotz Vorliegens<br />

eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 bis 6 sowie trotz Erm<strong>an</strong>gelung einer<br />

Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 eine Niederlassungsbewilligung auszustellen, deren<br />

Aufenthaltszweck jedenfalls dem bisherigen Aufenthalt entspricht,<br />

1. bei Tod des Ehegatten, eingetragenen Partner oder des Elternteils;<br />

2. bei Scheidung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft wegen<br />

überwiegenden Verschuldens des <strong>an</strong>deren Ehegatten oder eingetragenen Partners oder<br />

3. aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen.<br />

Nach Abs. 3 liegen besonders berücksichtigungswürdige Gründe insbesondere vor, wenn<br />

1. der Familien<strong>an</strong>gehörige Opfer einer Zw<strong>an</strong>gsehe oder Zw<strong>an</strong>gspartnerschaft (§ 30a) <strong>ist</strong><br />

2. der Familien<strong>an</strong>gehörige Opfer <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> wurde und gegen den Zusammenführenden<br />

eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder<br />

3. der Verlust der Niederlassungsbewilligung des Zusammenführenden <strong>die</strong> Folge einer<br />

fremdenpolizeilichen Maßnahme war, <strong>die</strong> auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung des<br />

Zusammenführenden wegen einer vorsätzlich beg<strong>an</strong>genen gerichtlich strafbaren<br />

H<strong>an</strong>dlung gesetzt wurde.<br />

Dem Gesetzeswortlaut <strong>ist</strong> zu entnehmen, dass es sich bei § 27 Abs. 3 um eine<br />

demonstrative Aufzählung h<strong>an</strong>delt. Nach Schumacher/Peyrl (Fremdenrecht 2007, 141) k<strong>an</strong>n<br />

auch eine Wegweisung bzw. ein Betretungsverbot gemäß § 38a SPG einen<br />

berücksichtigungswürdigen Grund darstellen. Ebenso stellt nach den Ausführungen <strong>von</strong><br />

Schumacher/Peyrl (Fremdenrecht 2007, 248) ein berücksichtigungswürdiger Grund dar,<br />

wenn eine Sicherheitsbehörde Anzeige erstattet hat oder ein gerichtlicher Beschluss auf<br />

gesonderte Wohnungsnahme gemäß § 92 Abs. 3 erwirkt wurde, <strong>die</strong> Ehe geschieden oder<br />

der Familien<strong>an</strong>gehörige einen Arzt, eine Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>stalt, eine<br />

<strong>In</strong>terventionsstelle/<strong>Gewalt</strong>schutzzentrum, ein <strong>Frauen</strong>haus, das Jugendamt bzw. <strong>die</strong><br />

Jugendwohlfahrtstelle oder ein Kinderschutzzentrum aufgesucht und <strong>die</strong>se das Vorliegen<br />

eines solchen Verdachts gemeldet oder bestätigt haben. Das Vorliegen solcher<br />

berücksichtigungswürdiger Gründe <strong>ist</strong> der Behörde unverzüglich bek<strong>an</strong>nt zu geben. Das<br />

Aufenthaltsrecht des ehemaligen Familien<strong>an</strong>gehörigen wird auch d<strong>an</strong>n verlängert, wenn<br />

<strong>die</strong>se <strong>die</strong> erforderlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht aus eigenem erfüllen können<br />

(Schumacher/Peyrl, Fremdenrecht 2007, 141). Offen lässt das Gesetz, wie vorzugehen <strong>ist</strong>,<br />

wenn auch bei späteren Verlängerungs<strong>an</strong>trägen <strong>die</strong> Erteilungsvoraussetzungen nicht<br />

nachgewiesen werden können. Schumacher/Peyrl (Fremdenrecht 2007, 141) gehen da<strong>von</strong><br />

aus, dass <strong>die</strong> hum<strong>an</strong>itären Umstände auch d<strong>an</strong>n zu berücksichtigen sind.<br />

Wenn der Familien<strong>an</strong>gehörige einen Verlängerungs<strong>an</strong>trag für den Aufenthaltstitel stellen<br />

muss, wird <strong>von</strong> ihm in der Regel auch gefordert – entgegen der oben <strong>an</strong>geführten<br />

Rechtsmeinung <strong>von</strong> Schumacher/Peyrl –, <strong>die</strong> Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 2<br />

zu erfüllen. Nach § 11 Abs. 2 Z 2 muss der Familien<strong>an</strong>gehörige einen Rechts<strong>an</strong>spruch auf<br />

eine Unterkunft nachweisen, <strong>die</strong> für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich<br />

<strong>an</strong>gesehen wird. Einen Rechts<strong>an</strong>spruch zu haben bedeutet, dass <strong>die</strong>ser <strong>im</strong> Streitfall auch bei<br />

Gericht eingeklagt werden könnte. Dies k<strong>an</strong>n ein Mietvertrag oder einen Untermietvertrag für<br />

eine Wohnung sein. Bei Familien<strong>an</strong>gehörigen besteht das Wohnrecht in der Regel aufgrund<br />

familienrechtlicher Ansprüche. Auch eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung <strong>ist</strong> möglich,<br />

bei welcher der jeweilige Berechtigte erklärt, dass der Antragsteller für eine best<strong>im</strong>mte Zeit<br />

bei ihm wohnen k<strong>an</strong>n. Wichtig dabei <strong>ist</strong>, dass als Ausdruck der Verbindlichkeit<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 61


Kündigungseinschränkungen vereinbart werden, <strong>die</strong> entgeltlichen Mietverträge entsprechen.<br />

Der Fremde muss feste und regelmäßige Einkünfte haben, <strong>die</strong> ihm eine Lebensführung ohne<br />

<strong>In</strong><strong>an</strong>spruchnahme <strong>von</strong> Sozialhilfele<strong>ist</strong>ungen ermöglichen und <strong>die</strong>se müssen mindestens der<br />

Höhe der Ausgleichszulagenrichtsätze entsprechen (§ 11 Abs. 2 Z 4). Als Einkünfte gelten<br />

das Nettoerwerbseinkommen, Le<strong>ist</strong>ungen aus der Arbeitslosenversicherung oder ein<br />

Pensionsbezug. Auch ein Einkommen aus einem Unterhalts<strong>an</strong>spruch <strong>ist</strong> eine eigene<br />

Einkunft. Wichtig <strong>ist</strong>, dass es sich um einen tatsächlichen Unterhalts<strong>an</strong>spruch h<strong>an</strong>delt und<br />

nicht bloß um eine freiwillige Zuwendung. Dieser Anspruch muss nicht notwendigerweise<br />

<strong>von</strong> einem Gericht festgestellt worden sein, aber er muss sich aus einer Verpflichtung<br />

ableiten, <strong>die</strong> auch vor Gericht geltend gemacht werden könnte. Das pfändungsfreie<br />

Einkommen des Verpflichteten <strong>ist</strong> bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Auch<br />

Zuwendungen <strong>von</strong> Dritten, <strong>die</strong> außerhalb <strong>von</strong> gesetzlichen Unterhaltspflichten gele<strong>ist</strong>et<br />

werden – etwa <strong>im</strong> Rahmen privater Unterhaltsverträgen – können für den Nachweis des<br />

Unterhalts her<strong>an</strong>gezogen werden. Soziale Tr<strong>an</strong>sferle<strong>ist</strong>ungen, <strong>die</strong> nicht als<br />

Sozialhilfele<strong>ist</strong>ungen zu werten sind, können in <strong>die</strong> Unterhaltsmittel in voller Höhe<br />

eingerechnet werden. Die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld können als<br />

Le<strong>ist</strong>ungen berücksichtigt werden, wenn sie tatsächlich ausbezahlt werden und nicht, wenn<br />

ein Anspruch erst in Zukunft besteht. Bei best<strong>im</strong>mten Aufenthaltstiteln muss eine<br />

Haftungserklärung vorliegen. Andererseits <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Möglichkeit, <strong>die</strong> Erteilungsvoraussetzungen<br />

durch Haftungserklärung nachzuweisen nur d<strong>an</strong>n gegeben, wenn <strong>die</strong>se ausdrücklich be<strong>im</strong><br />

Aufenthaltszweck <strong>an</strong>geführt <strong>ist</strong>. Dies bedeutet, dass es me<strong>ist</strong> dem Parteiwillen entzogen <strong>ist</strong>,<br />

eine Haftungserklärung vorzulegen oder <strong>die</strong> Voraussetzungen <strong>an</strong>ders nachzuweisen. Jeder<br />

Aufenthaltstitel k<strong>an</strong>n nur erteilt werden, wenn der Angehörige über eine „alle Risiken<br />

abdeckende Kr<strong>an</strong>kenversicherung" gemäß § 11 Abs. 2 Z 3 verfügt.<br />

Positiv <strong>ist</strong>, dass durch eine Novelle des NAG 2009 (geändert durch BGBl. I 135/2009) in § 27<br />

Abs. 3 Z 1 aufgenommen wurde, dass ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund<br />

vorliegt, wenn der Familien<strong>an</strong>gehörige Opfer einer Zw<strong>an</strong>gsehe oder Zw<strong>an</strong>gspartnerschaft (§<br />

30a) wurde.<br />

Reformvorschlag: § 27 Abs. 3 sollte um weitere berücksichtigungswürdige Gründe erweitert<br />

werden. Solche könnten etwa sein:<br />

- Anordnung einer Wegweisung bzw. Betretungsverbot nach § 38a SPG durch <strong>die</strong><br />

Sicherheitsbehörden<br />

- Anzeigenerstattung gegen den Zusammenführenden wegen eines Delikts gegen Leib und<br />

Leben, gegen <strong>die</strong> Freiheit bzw. eines Sexualdelikts<br />

- Gerichtlicher Beschluss auf gesonderte Wohnungsnahme (§ 92 Abs. 3 ABGB)<br />

- Bericht der Jugendwohlfahrt, einer <strong>Frauen</strong>beratungseinrichtung oder eines<br />

Kinderschutzzentrums über <strong>die</strong> prekäre Situation eines <strong>Gewalt</strong>opfers<br />

- Gegen den Zusammenführenden hätte eine einstweilige Verfügung gemäß den §§ 382b<br />

oder 382e erlassen werden können (nach dem Vorbild des § 69a Abs. 1 Z 3)<br />

Ein Erlass sollte <strong>die</strong> Anwendungsfälle des § 27 Abs. 3 und <strong>die</strong> Möglichkeiten der Erfüllung<br />

der Erteilungsvoraussetzungen klarstellen, um einer restriktiven Auslegung und H<strong>an</strong>dhabung<br />

entgegenzuwirken und damit kalkulierbarer wird, ob das Aufenthaltsrecht eines Opfers<br />

tatsächlich gefährdet <strong>ist</strong>. So würde auch <strong>die</strong> Vorg<strong>an</strong>gsweise der Bezirkshauptm<strong>an</strong>nschaften<br />

vereinheitlicht werden.<br />

Bei einem Verlängerungs<strong>an</strong>trag sollte eine gesetzliche Klarstellung insofern erfolgen, dass<br />

der Familien<strong>an</strong>gehörige <strong>die</strong> Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllen muss und der Meinung<br />

<strong>von</strong> Schumacher/Peyrl gefolgt werden, dass <strong>die</strong> hum<strong>an</strong>itären Umstände auch in <strong>die</strong>sem Fall<br />

zu berücksichtigen sind.<br />

Ebenso sollten <strong>die</strong> Möglichkeiten der Übernahme einer Haftungserklärung sollten erweitert<br />

werden.<br />

Begründung: Die Beratung <strong>von</strong> Opfer mit problematischem Aufenthaltstitel stellt sich in der<br />

Praxis als sehr schwierig dar, weil me<strong>ist</strong> sehr unsicher <strong>ist</strong>, ob der Aufenthalt des Opfers in<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 62


Österreich gesichert <strong>ist</strong>. Entgegen der Ausführungen <strong>von</strong> Schumacher/Peyrl <strong>ist</strong> keinesfalls<br />

sicher, ob <strong>von</strong> den Bezirkshauptm<strong>an</strong>nschaften <strong>die</strong> oben <strong>an</strong>geführten Punkte als besonders<br />

berücksichtigungswürdiger Grund <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt werden bzw. <strong>ist</strong> <strong>die</strong> H<strong>an</strong>dhabung <strong>von</strong> den<br />

einzelnen Bezirkshauptm<strong>an</strong>nschaften sehr unterschiedlich.<br />

Im Beratungsalltag zeigt sich oftmals, dass <strong>die</strong> erstinst<strong>an</strong>zlichen Behörden <strong>die</strong> Erfüllung der<br />

Erteilungsvoraussetzungen sehr eng auslegen. So wird etwa eine unentgeltliche<br />

Gebrauchsüberlassung oftmals nicht <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt. Ebenso werden <strong>die</strong> Familienbeihilfe und das<br />

Kinderbetreuungsgeld vielfach nicht als Unterhaltsmittel <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt.<br />

8.9. Geschlechtsneutrale Formulierung <strong>von</strong> Gesetzen 27<br />

Die <strong>Gewalt</strong>schutzzentren Österreichs sprechen sich für eine geschlechtsneutrale<br />

Formulierung jedes neu zu erarbeitenden Gesetzestextes aus.<br />

8.10. ANHANG: Änderungsvorschläge LEFÖ – <strong>In</strong>terventionsstelle<br />

für Betroffene des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels 28<br />

F. Änderungsvorschläge zum Schutz für Betroffene <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>del<br />

Die folgenden Änderungsvorschläge wurden <strong>von</strong> LEFÖ – <strong>In</strong>terventionsstelle für Betroffene<br />

des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels erarbeitet:<br />

Aufenthalt für Opfer nach § 69a (1)<br />

§ 69a. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaats<strong>an</strong>gehörigen <strong>ist</strong> trotz Vorliegens eines<br />

Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 bis 6 sowie trotz Erm<strong>an</strong>gelung einer<br />

Vorraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 <strong>von</strong> Amts wegen oder auf begründeten Antrag der bei<br />

der örtlich zuständigen Behörde <strong>im</strong> <strong>In</strong>l<strong>an</strong>d einzubringen <strong>ist</strong>, eine Aufenthaltsbewilligung für<br />

besonderen Schutz zu erteilen:<br />

1. (…)<br />

2. zur Gewährle<strong>ist</strong>ung der Strafverfolgung <strong>von</strong> gerichtlich strafbaren H<strong>an</strong>dlungen oder zur<br />

Geltendmachung und Durchsetzung <strong>von</strong> zivilrechtlichen Ansprüchen <strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g mit<br />

solchen strafbaren H<strong>an</strong>dlungen, insbesondere <strong>an</strong> Zeugen oder Opfer <strong>von</strong> Menschenh<strong>an</strong>del<br />

oder grenzüberschreitendem Prostitutionsh<strong>an</strong>del;<br />

3. (…)<br />

(2) …<br />

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 <strong>ist</strong> als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren<br />

nicht begonnen wurde oder zivilrechtlichen Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Eine<br />

Aufenthaltsbewilligung gemäß Abs. 1 Z 2 <strong>ist</strong> mindestens für sechs Monate zu erteilen; <strong>die</strong><br />

Behörde hat binnen sechs Wochen zu entscheiden.<br />

Dem § 44 werden folgende Abs. 3 und 4 <strong>an</strong>gefügt:<br />

„(3) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaats<strong>an</strong>gehörigen <strong>ist</strong> <strong>von</strong> Amts wegen (§ 44a) oder auf<br />

begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde <strong>im</strong> <strong>In</strong>l<strong>an</strong>d einzubringen<br />

<strong>ist</strong>, eine quotenfreie „Niederlassungsbewilligung – beschränkt“ zu erteilen, wenn <strong>die</strong>s gemäß<br />

27 Jur<strong>ist</strong>isches Fachforum, Tätigkeitsbericht 2006<br />

28 <strong>von</strong> LEFÖ – <strong>In</strong>terventionsstelle für Betroffene des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels erarbeitet<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 63


§ 11 Abs. 3 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens <strong>im</strong> Sinne des Art. 8 EMRK<br />

geboten <strong>ist</strong>.<br />

Problembenennung: Zu begrüßen <strong>ist</strong>, dass <strong>die</strong> l<strong>an</strong>gjährige Empfehlung <strong>von</strong> LEFÖ – IBF<br />

nach einem Antragsrecht umgesetzt wurde.<br />

Der Best<strong>im</strong>mung § 69a „Besonderer Schutz“ muss vorausgeschickt werden, dass <strong>die</strong> Basis,<br />

dass Menschen ein Aufenthaltsrecht in Anspruch nehmen können, <strong>ist</strong>, dass sie <strong>von</strong> den<br />

zuständigen Behörden als solche erk<strong>an</strong>nt werden. Diese Identifizierung geh<strong>an</strong>delter<br />

Personen setzt eine entsprechende Schulung der zuständigen Personen und Behörden in<br />

einer gender- und kultursensitiven Weise voraus.<br />

Positiv <strong>ist</strong> auch zu sehen, dass in einem teil der Verfahren, <strong>die</strong> vorgeschriebenen 6 Wochen<br />

eingehalten werden.<br />

Der neue Aufenthalt <strong>ist</strong> weiterhin <strong>an</strong> <strong>die</strong> Bereitschaft oder Fähigkeit des Opfers gebunden, <strong>im</strong><br />

Strafverfahren als Zeug<strong>In</strong>nen gegen den/<strong>die</strong> Menschenhändler auszusagen.<br />

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass <strong>die</strong> konditionale Verbindung <strong>von</strong> „Aussage“ und<br />

„Aufenthalt“ in Strafverfahren als Argument verwendet wird, um <strong>die</strong> Glaubwürdigkeit der<br />

Zeuginnen zu untergraben.<br />

Der Aufenthalt stellt eine Verbesserung zur vorherigen Rechtslage dar, dass nach der<br />

bloßen Möglichkeit zu einem Aufenthalt aus hum<strong>an</strong>itären Gründen nun <strong>die</strong> zuständigen<br />

Behörden zur Erteilung verpflichtet sind, dennoch ändert sich nichts dar<strong>an</strong>, dass <strong>die</strong><br />

Möglichkeit eines Aufenthaltstitels auf <strong>die</strong> Gewährle<strong>ist</strong>ung <strong>von</strong> Strafverfolgung oder <strong>die</strong><br />

Durchsetzung <strong>von</strong> zivilrechtlichen Ansprüchen reduziert wird.<br />

Weiters besteht keine aufschiebende Wirkung: <strong>die</strong>s führt in der Realität dazu, dass<br />

betroffene <strong>Frauen</strong> einen Antrag stellen, d<strong>an</strong>n aber in Schubhaft genommen werden. Dies<br />

trägt extrem zur Verhinderung der Stabilisierung bei.<br />

<strong>In</strong> den §§ 43 und 44 NAG sind <strong>die</strong> Voraussetzungen für <strong>die</strong> Erteilung einer<br />

„Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ und „Niederlassungsbewilligung – beschränkt“<br />

geregelt. § 43 ermöglicht betroffenen <strong>Frauen</strong> um zu steigen, wenn sie über einen Aufenthalt<br />

nach § 69a über 3 Jahre verfügt haben.<br />

Das Umsteigen nach einem Jahr <strong>ist</strong> nur d<strong>an</strong>n möglich, wenn <strong>die</strong> Vorraussetzungen für § 69a<br />

noch zutreffen – laufendes Verfahren – und <strong>die</strong> <strong>In</strong>tegrationsvereinbarung erfüllt wird.<br />

Die Sicherheitsgefährdung <strong>von</strong> Betroffenen <strong>ist</strong> aber mit der Haft <strong>von</strong> einzelnen Täter<strong>In</strong>nen<br />

nicht gewährle<strong>ist</strong>et, daher <strong>ist</strong> <strong>im</strong> Besonderen bei der Aussage gegen Täter<strong>In</strong>nen über das<br />

Verfahren hinaus Sicherheit zu gewährle<strong>ist</strong>en. Traumatisierte können kaum <strong>im</strong> Laufe eines<br />

Jahres <strong>die</strong> Hürden des Arbeitsmarktes bewältigen.<br />

Reformvorschlag: Das <strong>von</strong> Österreich ratifizierte Übereinkommen des Europarats zur<br />

Bekämpfung <strong>von</strong> Menschenh<strong>an</strong>del legt <strong>im</strong> Artikel 14 über Aufenthaltstitel fest, dass <strong>die</strong><br />

Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus hum<strong>an</strong>itären Gründen nicht nur d<strong>an</strong>n möglich sein<br />

soll, „wenn das Opfer mit den Behörden kooperiert oder zivilrechtliche Ansprüche gegen<br />

den/<strong>die</strong> Händler geltend macht, sondern auch un<strong>an</strong>hängig da<strong>von</strong>, ob individuelle Gründe<br />

geltend gemacht werden, wobei hier der Schutzbedürftigkeit des Opfers eine große<br />

Bedeutung zukommt.“ 29<br />

Weiters wurde <strong>im</strong> Österreichischen Bericht zur Bekämpfung des Menschenh<strong>an</strong>dels des<br />

Jahres 2008 festgehalten:<br />

„Wenn festgestellt wurde, dass es sich um Opfer des Menschenh<strong>an</strong>dels h<strong>an</strong>delt, können für<br />

<strong>die</strong>se Personen (und unter Umständen auch für Kinder <strong>die</strong>ser Personen)<br />

Aufenthaltsbewilligungen aus hum<strong>an</strong>itären Gründen <strong>von</strong> mindestens 6 Monaten<br />

Gültigkeitsdauer gewährt werden, wenn es <strong>die</strong> persönliche Situation des Opfers erforderlich<br />

macht, auch unabhängig da<strong>von</strong> ob <strong>die</strong> Bereitschaft besteht, mit den Behörden<br />

zusammenzuarbeiten.“<br />

29 Österreichische Erläuterungen zum Übereinkommen des Europarats, para. 180ff.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 64


Ebenfalls wird <strong>im</strong> Bericht der EU-Expert<strong>In</strong>nengruppe <strong>von</strong> 2004 30 empfohlen, dass der<br />

Aufenthalt unabhängig <strong>von</strong> der Beteiligung <strong>an</strong> der Strafverfolgung ausgesprochen werden<br />

soll, da nur <strong>die</strong>s den Schutz der Opfer gar<strong>an</strong>tiert.<br />

Auch um für Opfer eine Rechtssicherheit zu schaffen, empfehlen wir den vorliegenden Text<br />

insofern zu ergänzen, dass ein Aufenthaltstitel auch zum Schutz und zur Sicherheit für Opfer<br />

erteilt werden k<strong>an</strong>n und dazu <strong>die</strong> Expertise einer Opferschutzeinrichtung zugezogen wird und<br />

auf jeden Fall eine aufschiebende Wirkung zuerk<strong>an</strong>nt werden muss.<br />

Erholungs- und Bedenkzeit<br />

Aktuelle Rechtslage: Im Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des<br />

Menschenh<strong>an</strong>dels vom Mai 2005 wird <strong>im</strong> Artikel 13 <strong>die</strong> Einräumung einer Erholungs- und<br />

Bedenkzeit <strong>von</strong> mindestens 30 Tagen <strong>im</strong> internen Recht der Vertragsparteien empfohlen,<br />

wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass es sich bei einer Person um ein Opfer <strong>von</strong><br />

Menschenh<strong>an</strong>del h<strong>an</strong>delt.<br />

Eine interne Weisung der fremdenpolizeilichen Behörden regelt, dass bei Betroffenen des<br />

<strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels/Menschenh<strong>an</strong>dels 30 Tage l<strong>an</strong>g keine Aufenthaltsbeendende Maßnahme<br />

vollstreckt werden darf.<br />

Problembenennung: Wir möchten auch darauf hinweisen, dass <strong>die</strong> Regelung <strong>im</strong><br />

Übereinkommen des Europarates eine Empfehlung eines Mindestrahmens benennt.<br />

Österreich hat sich hingegen bisl<strong>an</strong>g bemüht, über das Mindestmaß hinauszugehen, was <strong>im</strong><br />

Sinne einer effektiven Bekämpfung des Menschenh<strong>an</strong>dels auch als äußerst sinnvoll erachtet<br />

wird. Problematisch <strong>ist</strong> einerseits der geringe zeitliche Rahmen für <strong>die</strong> Erholung und für <strong>die</strong><br />

einzelne Betroffene weitgehende Entscheidung über <strong>die</strong> Kooperation mit der Behörde, <strong>die</strong><br />

<strong>an</strong>gesichts der Traumatisierung der <strong>von</strong> uns betreuten <strong>Frauen</strong> nicht als ausreichend erachtet<br />

werden k<strong>an</strong>n. Andererseits schützt <strong>die</strong> Best<strong>im</strong>mung auch nicht vor der Erlassung einer<br />

Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes, sondern ausschließlich vor deren<br />

Vollstreckung. Der Zweck der Regelung wird da<strong>von</strong> ebenfalls torpe<strong>die</strong>rt.<br />

Reformvorschlag Eine Erholungs- und Bedenkzeit für Betroffene des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels soll <strong>im</strong><br />

Wege einer gesetzlichen Regelung getroffen werden. Die Regelung soll eine Fr<strong>ist</strong> <strong>von</strong> 6<br />

Monaten Erholungs- und Bedenkzeit einräumen, mindestens jedoch – <strong>im</strong> Falle eines Antrags<br />

zum besonderen Schutz – eine Fr<strong>ist</strong> bis zur Entscheidung über eine Gewährung des<br />

Aufenthaltstitels. Während der Erholungs- und Bedenkzeit darf auch keine Ausweisung und<br />

kein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Mit einer solchen Erholungs- und Bedenkzeit, <strong>an</strong> <strong>die</strong><br />

auch das Recht auf Betreuung und Beratung durch <strong>die</strong> spezifische Opferschutzeinrichtung<br />

geknüpft <strong>ist</strong>, könnte tatsächlich der Zweck der <strong>im</strong> Übereinkommen des Europarats gen<strong>an</strong>nt<br />

wird, erreicht werden.<br />

Empfohlen wird weiterhin, dass bis zur Entscheidung über den Aufenthalt ein faktischer<br />

Abschiebeschutz besteht. Deshalb wird empfohlen, <strong>die</strong> Erholungs- und Bedenkzeit, dessen<br />

Erteilung derzeit <strong>im</strong> Wege eines Erlasses 31 festgelegt <strong>ist</strong> durch eine zusätzliche<br />

Best<strong>im</strong>mung aufzunehmen. Diese Stabilisierungszeit muss bis zur Ausstellung des<br />

Aufenthaltes verlängerbar sein.<br />

Schadenersatz<br />

Aktuelle Rechtslage: Über <strong>die</strong> Privatbeteiligung einer Betroffenen <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>del am<br />

Strafverfahren besteht <strong>die</strong> Möglichkeit bereits <strong>im</strong> Strafverfahren Schadenersatz<br />

zugesprochen zu bekommen. Die Betroffene k<strong>an</strong>n mit ihrem Anspruch vom Richter auch<br />

g<strong>an</strong>z oder teilweise auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden.<br />

30 EU-Expert<strong>In</strong>nengruppe, Bericht vom 22.12.2004, Kapitel 4, para. 94.<br />

31 BMI-FW1700/0090-III/4/05.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 65


Problembenennung: Im günstigeren Fall spricht ein Richter <strong>im</strong> Strafverfahren bereits einen<br />

gewissen Betrag <strong>an</strong> Schadenersatz zu. Leider hat sich in der Praxis herausgestellt, dass <strong>die</strong><br />

betroffenen Opfer <strong>die</strong>sen Schadenersatz vom Täter kaum jemals real erhalten. Dies liegt<br />

dar<strong>an</strong>, dass <strong>die</strong>ser zugesprochene Schadenersatz, so gering er auch <strong>im</strong> Vergleich zum<br />

erlittenen Trauma sein mag, kaum vom Täter freiwillig bezahlt wird und me<strong>ist</strong> uneinbringlich<br />

<strong>ist</strong> (Haft des Täters, Ausweisung d<strong>an</strong>ach, keine geregelte Berufstätigkeit des Täters,...).<br />

Abgesehen da<strong>von</strong>, dauert in etlichen Fällen das Strafverfahren jahrel<strong>an</strong>g, so dass das <strong>von</strong><br />

der Betroffenen oft dringend benötigte Geld viel zu spät zugesprochen würde. Auch <strong>ist</strong> es für<br />

<strong>die</strong> Glaubwürdigkeit der Opfer/Zeuginnen <strong>im</strong> Strafverfahren nicht <strong>im</strong>mer günstig, den<br />

eigentlich real entst<strong>an</strong>denen Schaden einzufordern, da <strong>die</strong> gegnerischen Anwälte solche<br />

Forderungen fast <strong>im</strong>mer nützen, um <strong>die</strong> Aussagen der Opfer als Versuch der Erl<strong>an</strong>gung<br />

eines fin<strong>an</strong>ziellen Gewinns zu deuten und somit zu entkräften, was aufgrund der oft<br />

schwierigen Beweislage – Aussage gegen Aussage – für <strong>die</strong> Betroffene durchaus risk<strong>an</strong>t <strong>ist</strong>.<br />

Verwe<strong>ist</strong> der Richter das Opfer mit seinen Ansprüchen überhaupt auf den Zivilrechtsweg, hat<br />

<strong>die</strong>ses auch noch das teilweise beträchtliche Prozesskostenrisiko zu tragen, was aufgrund<br />

der fin<strong>an</strong>ziellen Notlage nahezu aller Betroffenen <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>del nicht ratsam <strong>ist</strong>.<br />

Reformvorschlag: Wir schlagen <strong>die</strong> Schaffung eines Fonds für <strong>die</strong> Entschädigung <strong>von</strong><br />

Opfern, deren Täter nicht zahlungsfähig sind, vor. Analog zum Unterhaltsvorschussgesetz<br />

(Vorstreckung des Unterhaltes für Kinder durch Beschluss des Oberl<strong>an</strong>desgerichtes, wenn<br />

Ehegatte Unterhalt verweigert) oder <strong>an</strong>alog zu Artikel 15 Absatz 4 des Übereinkommens des<br />

Europarats zur Bekämpfung <strong>von</strong> Menschenh<strong>an</strong>del könnte <strong>die</strong>ser Fonds aus konfisziertem<br />

Vermögen <strong>von</strong> Tätern gespe<strong>ist</strong> werden und regresspflichtig sein. Weitere Reformvorschläge<br />

oder erwarten wir uns aus der Stu<strong>die</strong>, <strong>die</strong> <strong>von</strong> Com.pact durchgeführt wird und hoffen sie<br />

aufnehmen zu können.<br />

Versicherung<br />

Aktuelle Rechtslage: Betroffene des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels, <strong>die</strong> Nicht EU-Bürgerinnen sind, haben<br />

in aller Regel bis zur Gewährung eines Aufenthaltstitels und der Möglichkeit der Gewährung<br />

<strong>von</strong> Grundversorgung keine Kr<strong>an</strong>kenversicherung. Sie sind in ihrer medizinischen<br />

Versorgung <strong>von</strong> Ärzt<strong>In</strong>nen abhängig, <strong>die</strong> bereit sind, kostenlos ihre Le<strong>ist</strong>ungen bis zu einem<br />

gewissen Grad zur Verfügung zu stellen.<br />

EU Bürgerinnen, <strong>die</strong> sich rechtmäßig <strong>im</strong> L<strong>an</strong>de aufhalten können, sind seit 1.1.2006 für <strong>die</strong><br />

Ausstellung einer Anmeldebescheinigung dazu verpflichtet, bei einem über den Zeitraum <strong>von</strong><br />

drei Monaten hinausgehenden Aufenthalt eine Kr<strong>an</strong>kenversicherung (neben der Unterkunft<br />

und Verpflegung) nachzuweisen. Wie auch schon für den Aufenthalt aus hum<strong>an</strong>itären<br />

Gründen muss ebenso Verpflegung und Unterkunft durch <strong>die</strong> Betreuung <strong>von</strong> LEFÖ-IBF<br />

gesichert sein.<br />

Problembenennung: Die Abhängigkeit der Betroffenen <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>del <strong>von</strong> der<br />

Sicherstellung einer medizinischen Versorgung durch LEFÖ-IBF <strong>ist</strong> insofern problematisch,<br />

als hier keine freie Arztwahl möglich <strong>ist</strong>, was insbesondere für traumatisierte Personen<br />

wichtig wäre. Ohnehin haben Betroffene des <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>dels durch das <strong>an</strong> ihnen beg<strong>an</strong>gene<br />

Verbrechen eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte erlitten – eine Abhängigkeit <strong>von</strong> einer<br />

Versorgung muss unter <strong>die</strong>sem Aspekt besonders kritisch gesehen werden, vor allem auch<br />

in einem Bereich, der das Recht auf körperliche Selbstbest<strong>im</strong>mung berührt.<br />

Für LEFÖ-IBF bedeutet <strong>die</strong> Aufrechterhaltung und Pflege des Ärzt<strong>In</strong>nennetzwerkes, auch in<br />

Kooperation mit der Org<strong>an</strong>isation AMBER einen beträchtlichen und ressourcenintensiven<br />

Aufw<strong>an</strong>d. Es entstehen auch <strong>im</strong>mer wieder Probleme aus der Tatsache, dass kostenlos <strong>von</strong><br />

Ärzt<strong>In</strong>nen zugest<strong>an</strong>dene Le<strong>ist</strong>ungen nicht <strong>im</strong>mer denselben Umf<strong>an</strong>g haben, wie bezahlte.<br />

Reformvorschlag: Betroffene <strong>Frauen</strong> sollen unabhängig <strong>von</strong> Aufenthaltstitel oder<br />

Anmeldebescheinigung einen Zug<strong>an</strong>g zur Grundversorgung, oder bei EU-Bürgerinnen<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 66


Sozialhilfe und damit auch zur Kr<strong>an</strong>kenversicherung erhalten. Dieser Zug<strong>an</strong>g könnte <strong>an</strong> das<br />

<strong>von</strong> uns vorgeschlagene Modell einer Erholungs- und Bedenkzeit geknüpft werden.<br />

Verbrechensopfergesetz<br />

Aktuelle Rechtslage: Ansprüche nach dem VOG können nur d<strong>an</strong>n gestellt werden, wenn<br />

das Opfer zum Zeitpunkt der Tat legal <strong>im</strong> L<strong>an</strong>de aufhältig war. Ist das Opfer eine EU-<br />

Bürgerin, so wird dem Opfer zuerst aufgetragen, zu eruieren und bestätigen zu lassen, ob<br />

gemäß der rechtlichen Lage <strong>im</strong> Herkunftsl<strong>an</strong>d ein Anspruch besteht und Ansprüche<br />

abgedeckt werden können oder nicht. Nur wenn <strong>die</strong>s nicht der Fall <strong>ist</strong>, werden in Österreich<br />

Le<strong>ist</strong>ungen gewährt. Die Erfahrung zeigt, dass <strong>die</strong> jeweiligen Best<strong>im</strong>mungen in den<br />

Herkunftsländern sehr unterschiedlich sind – und zum Beispiel in Bulgarien das<br />

rechtskräftige Urteil abgewartet werden muss, bis der Antrag gestellt werden k<strong>an</strong>n.<br />

Problembenennung: Betroffene <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>del, <strong>die</strong> zum Zeitpunkt der Tat nicht legal in<br />

Österreich aufhältig waren, sind da<strong>von</strong> ausgenommen. Dies bedeutet, dass nicht der<br />

Opferstatus <strong>im</strong> Zentrum des Gesetzes steht, sondern der Aufenthaltsstatus. Neue EU-<br />

Bürgerinnen, <strong>die</strong> nach dem 1.5.2004 zum Opfer einer Straftat wurden, sind grundsätzlich zu<br />

Le<strong>ist</strong>ungen nach dem VOG berechtigt, doch wird in der Praxis auf das jeweilige<br />

Herkunftsl<strong>an</strong>d verwiesen, um dortige Ansprüche geltend zu machen. Wenn zum Beispiel mit<br />

einer Therapie nicht gewartet werden k<strong>an</strong>n, bis <strong>die</strong>se Ansprüche geklärt sind, muss <strong>die</strong>se<br />

vorfin<strong>an</strong>ziert werden.<br />

Reformvorschlag: Das Verbrechensopfergesetz soll nicht <strong>an</strong> den Aufenthaltsstatus eines<br />

Opfers gebunden sein, sondern <strong>an</strong> den Tatort. Im Falle <strong>von</strong> EU-Bürgerinnen sollen<br />

Le<strong>ist</strong>ungen aus dem Verbrechensopfergesetz ebenfalls vorerst gewährt werden. Eventuell<br />

k<strong>an</strong>n d<strong>an</strong>n <strong>von</strong> der Behörde der Versuch unternommen werden, <strong>die</strong> Kosten vom<br />

Herkunftsstaat des Opfers zurückerstattet zu bekommen. Das Opfer selbst soll mit<br />

<strong>die</strong>sbezüglichen zusätzlichen Amtswegen nicht belastet werden.<br />

Beschäftigungsbewilligung<br />

Aktuelle Rechtslage: Das Ausländerbeschäftigungsgesetz schreibt vor, dass Ausländer, <strong>die</strong><br />

über einen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit prinzipiell berechtigenden Aufenthaltstitel<br />

verfügen, bei Einstieg in den Arbeitsmarkt in Österreich nur <strong>an</strong>gestellt werden dürfen, wenn<br />

der Arbeitgeber eine Beschäftigungsbewilligung erl<strong>an</strong>gt. Der potentielle Arbeitgeber muss<br />

also einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung stellen und sich dabei auch einem<br />

Ersatzkräfteverfahren unterwerfen. Das AMS entscheidet d<strong>an</strong>n, ob <strong>die</strong> Bewilligung erteilt<br />

werden k<strong>an</strong>n und entscheidet vorr<strong>an</strong>gig nach der L<strong>an</strong>desquote in der jeweiligen Brache. Bei<br />

Ablehnung gibt es <strong>die</strong> Möglichkeit einer Berufung.<br />

Von LEFÖ-IBF betreute <strong>Frauen</strong>, <strong>die</strong> (zumindest vorerst) in Österreich bleiben und <strong>die</strong> über<br />

einen Aufenthaltstitel verfügen, oder EU-Bürgerinnen aus „neuen“ EU-Staaten mit<br />

beschränktem Arbeitsmarktzug<strong>an</strong>g fallen fast ausnahmslos unter <strong>die</strong>se Regelung, da es sich<br />

bei der Aufnahme der Beschäftigung – bisher in allen Fällen – um eine Erstbeschäftigung<br />

h<strong>an</strong>delt.<br />

Problembenennung: Das Prozedere bis zur Erl<strong>an</strong>gung einer Beschäftigungsbewilligung<br />

wird <strong>von</strong> den potentiellen Arbeitgebern großteils als l<strong>an</strong>gwierige und bürokratische Hürde<br />

verst<strong>an</strong>den. Selten sind Arbeitgeber überhaupt bereit, einen Antrag zu stellen, geschweige<br />

denn zu berufen. Sie benötigen für das Ausfüllen des Antragsformulars auch in der Regel <strong>die</strong><br />

Unterstützung <strong>von</strong> LEFÖ-IBF, <strong>die</strong> gerne gewährt wird, aber <strong>die</strong> Arbeitgeber zu Fragen nach<br />

der Geschichte der jeweiligen Arbeitnehmerin führt, was für <strong>die</strong>se einen Eingriff in ihre<br />

<strong>In</strong>t<strong>im</strong>sphäre darstellt. Viele Arbeitgeber lehnen einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung<br />

mit der Begründung ab, dass <strong>die</strong>ser ohnehin ch<strong>an</strong>cenlos sei. Andere wieder scheuen ein<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 67


Ersatzkräfteverfahren, <strong>im</strong> Zuge dessen auch <strong>an</strong>dere arbeitslose Menschen vom AMS zur<br />

Bewerbung um <strong>die</strong> freie Stelle verpflichtet werden können. Den me<strong>ist</strong>en <strong>ist</strong> der Aufw<strong>an</strong>d zu<br />

groß und <strong>die</strong> Dauer bis zu einer Gewissheit über <strong>die</strong> Anstellungsmöglichkeit zu l<strong>an</strong>ge. Es <strong>ist</strong><br />

daher <strong>im</strong>mens schwierig, einen willigen Arbeitgeber zu finden, der bereit <strong>ist</strong>, <strong>die</strong><br />

Antragstellung auf sich zu nehmen. Zur Übererfüllung der Quoten <strong>ist</strong> noch hinzuzufügen,<br />

dass <strong>die</strong>s natürlich vor allem Berufe betrifft, <strong>die</strong> ohne besondere Qualifikationen ergriffen<br />

werden können. Nun sind <strong>von</strong> LEFÖ-IBF betreute <strong>Frauen</strong> zwar nicht <strong>im</strong>mer ohne<br />

Qualifikation, können <strong>die</strong>se jedoch in den ersten Jahren aufgrund m<strong>an</strong>gelnder<br />

Deutschkenntnisse bzw. l<strong>an</strong>gwieriger Nostrifikationsprozeduren nicht umsetzen. Es <strong>ist</strong> für<br />

keine der betreuten <strong>Frauen</strong> denkbar, zuerst einige Jahre in Bildungsmaßnahmen zu<br />

investieren, bevor sie in den Arbeitsmarkt einsteigt. Oftmals sind zuhause verbliebene Kinder<br />

zu versorgen und dergleichen. Daher wird sobald als möglich eine Berufstätigkeit <strong>an</strong>gestrebt,<br />

<strong>die</strong> ja auch <strong>im</strong> Sinne der psychosozialen Stabilisierung <strong>von</strong> großer Bedeutung <strong>ist</strong>.<br />

Reformvorschlag: Als ersten Schritt zur Verbesserung <strong>die</strong>ser Lage, schlagen wir vor, dass<br />

<strong>von</strong> <strong>Frauen</strong>h<strong>an</strong>del Betroffene ausdrücklich als besonders zu berücksichtigende<br />

Personengruppe in <strong>die</strong> Bundeshöchstzahlenüberziehungs-Verordnung (BHZÜV)<br />

aufgenommen werden. Für <strong>die</strong> Feststellung, ob eine Frau <strong>die</strong>ser Personengruppe <strong>an</strong>gehört,<br />

<strong>ist</strong> der Aufenthalt Besonderer Schutz <strong>die</strong>se Zielgruppe oder (bei EU-Bürgerinnen oder<br />

Asylwerberinnen) <strong>die</strong> Bestätigung der Betreuung durch LEFÖ-IBF maßgeblich.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 68


9. Stellungnahmen<br />

9.1 Entwurf eines Bundesgesetzes über <strong>die</strong> Grundsätze für Hilfen für Familien und<br />

Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Bundes- Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />

2010 – B-KJHG)<br />

BMWFJ -421600/0009-II/2/2009<br />

Das <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste <strong>ist</strong> bek<strong>an</strong>ntermaßen eine Sozialeinrichtung in Vorarlberg,<br />

welche Menschen in psychischen und/oder sozialen Notsituationen Hilfe <strong>an</strong>bietet. Sie <strong>ist</strong><br />

eine Einrichtung der freien Wohlfahrtspflege, in der fachlich qualifizierte Sozialarbeiter<strong>In</strong>nen,<br />

Eheberater<strong>In</strong>nen, Berater<strong>In</strong>nen für Menschen mit Behinderung, Erzieher<strong>In</strong>nen, Ärzt<strong>In</strong>nen,<br />

Psychotherapeut<strong>In</strong>nen, Psycholog<strong>In</strong>nen, Jur<strong>ist</strong><strong>In</strong>nen und Dolmetscher<strong>In</strong>nen zusammen<br />

arbeiten. Das Angebot umfasst unter <strong>an</strong>derem <strong>die</strong> allgemeine Beratung <strong>von</strong> Kindern,<br />

Jugendlichen und Familien, Psychotherapie, <strong>die</strong> Unterstützung <strong>von</strong> Menschen mit<br />

Behinderung sowie <strong>die</strong> Arbeit mit Jugendlichen (inkl. Sozialpädagogische<br />

Wohngemeinschaften), den Opferschutz unter Angebot der Prozessbegleitung und<br />

Kinderschutz sowie - <strong>im</strong> Auftrag der Jugendwohlfahrt - <strong>die</strong> aktive Unterstützung bei der<br />

Erziehungsarbeit. Ebenso <strong>im</strong> <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste <strong>ist</strong> <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

Vorarlberg integriert, welche iSd § 25 Abs 3 SPG vom Bundesmin<strong>ist</strong>erium für <strong>In</strong>neres<br />

vertraglich damit beauftragt <strong>ist</strong>, Menschen, <strong>die</strong> <strong>von</strong> <strong>Gewalt</strong> einschließlich beharrlicher<br />

Verfolgung bedroht sind, zum Zwecke ihrer Beratung und <strong>im</strong>materiellen Unterstützung<br />

<strong>an</strong>zusprechen.<br />

Das <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste befürwortet <strong>die</strong> mit dem neuen Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />

inten<strong>die</strong>rten Ziele. Mit Bedauern wird jedoch festgestellt, dass der nun vorliegende Entwurf<br />

zu dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2010 gegenüber dem vorhergehenden<br />

Entwurf (B-KJHG 2009) einen Rückschritt darstellt.<br />

Kinderschutz braucht Ressourcen<br />

<strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g wird auf <strong>die</strong> Stellungnahme der Kinder- und<br />

Jugend<strong>an</strong>waltschaften Österreichs verwiesen. Wenn bei der Überarbeitung des Entwurfes<br />

fin<strong>an</strong>zielle Überlegungen vor das Wohl der betroffenen Kinder und Jugendliche gestellt<br />

werden, so <strong>ist</strong> das eine bedenkliche Entwicklung. Eine frühzeitige Unterstützung für Familien<br />

in schwierigen Lebenslagen <strong>ist</strong> notwendig, sodass es unverständlich <strong>ist</strong>, dass in<br />

wesentlichen Punkten der Einsparungsged<strong>an</strong>ke vorr<strong>an</strong>gig <strong>ist</strong>.<br />

Die Einschränkung des Anspruches auf Hilfen für junge Erwachsene, <strong>die</strong> Rücknahme des<br />

durchgängigen 4-Augen-Prinzips und <strong>die</strong> Abschwächung der unverzüglichen<br />

Gefährdungsabklärung bedeuten gegenüber dem Entwurf des B-KJHG 2009 weitere<br />

Qualitätseinbußen <strong>im</strong> System der Jugendwohlfahrt.<br />

Wer <strong>die</strong> Rechte <strong>von</strong> Kindern ernst n<strong>im</strong>mt, muss für sie Geld und Ressourcen zur Verfügung<br />

stellen. Die derzeitige fin<strong>an</strong>zielle und personelle Ausstattung der Jugendwohlfahrt <strong>ist</strong> nicht<br />

ausreichend: oft können nur mehr absolute Krisenfälle betreut werden, Präventions<strong>an</strong>gebote<br />

und <strong>die</strong> notwendige Vernetzungsarbeit bleiben infolgedessen vielfach auf der Strecke.<br />

Unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 16.10.2009 32 wird seitens des <strong>In</strong>stituts für<br />

Sozial<strong>die</strong>nste zu dem nunmehr vorliegenden Entwurf des Kinder- und Jugendhilfegesetzes<br />

2010 wie folgt<br />

32 welches <strong>an</strong> das <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste bedauerlicherweise nicht vers<strong>an</strong>dt wurde, obwohl letzteres<br />

bereits zum ersten Entwurf des B-KJHG Stellung genommen hat<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 69


ezogen:<br />

S t e l l u n g<br />

§ 1 Recht auf Erziehung<br />

Die Grundsatzbest<strong>im</strong>mung des § 1 Abs 1 B-KJHG, wonach Kinder und Jugendliche ein<br />

Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung haben wird ebenso begrüßt, wie<br />

<strong>die</strong> Normierung des Gebotes der ult<strong>im</strong>a ratio <strong>von</strong> Maßnahmen, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Rechte und<br />

Pflichten der Eltern eingreifen (§ 1 Abs 5 B-KJHG).<br />

Es <strong>ist</strong> allerdings der Stellungnahme der Kinder- und Jugend<strong>an</strong>waltschaften Österreichs<br />

zuzust<strong>im</strong>men, dass in <strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g nicht nur ein Rechts<strong>an</strong>spruch normiert,<br />

sondern auch dessen Durchsetzung gesetzlich ver<strong>an</strong>kert werden soll.<br />

§ 7 Auskunftsrechte / § 9 Dokumentation<br />

Das neu formulierte Auskunftsrecht erfordert aus <strong>unserer</strong> Sicht eine nach fachlichen<br />

St<strong>an</strong>dards ausgerichtete Dokumentation. Diese St<strong>an</strong>dards sind zu normieren, um<br />

weitestgehende Einheitlichkeit wie auch Vergleichbarkeit (insb. <strong>im</strong> Falle eines Wechsels in<br />

der Zuständigkeit) gewährle<strong>ist</strong>en zu können.<br />

Das Auskunftsrecht beinhaltet <strong>die</strong> Möglichkeit, tr<strong>an</strong>sparent in Vorgänge der Jugendwohlfahrt<br />

und der beauftragten privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung Einsicht zu nehmen, was<br />

aus <strong>unserer</strong> Sicht als positiv gewertet wird. Letzteres nicht zuletzt auch deshalb, weil<br />

aufgrund der mit § 9 normierten Verpflichtung zur Dokumentation <strong>die</strong> Möglichkeit eröffnet<br />

wird, Vorgänge nachträglich zu <strong>an</strong>alysieren und bei Versäumnissen entsprechend h<strong>an</strong>deln<br />

zu können (auch <strong>im</strong> Sinne einer Prävention). <strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>ist</strong> es aber<br />

unumgänglich, <strong>die</strong> Best<strong>im</strong>mung hinsichtlich der Rechtsdurchsetzung zu konkretisieren sowie<br />

S<strong>an</strong>ktionen für <strong>die</strong> Verletzung der Dokumentationspflicht vorzusehen.<br />

§ 16 Soziale Dienste<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle wird auf <strong>die</strong> unseres Erachtens zutreffende Stellungnahme der Kinder- und<br />

Jugend<strong>an</strong>waltschaften Österreichs zu <strong>die</strong>sem Punkt verwiesen, wonach der Ged<strong>an</strong>ke der<br />

Prävention mit keinem Wort erwähnt wird. Den Kinder- und Jugend<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen <strong>ist</strong><br />

beizupflichten, als es Bedingungen zu schaffen gilt, <strong>die</strong> Eltern einerseits in <strong>die</strong> Lage<br />

versetzen, ihren vielfältigen Erziehungs- und Betreuungsaufgaben in ver<strong>an</strong>twortungsvoller<br />

Weise nachzukommen, und <strong>an</strong>dererseits Kinder, deren Eltern <strong>die</strong>ser<br />

Erziehungsver<strong>an</strong>twortung nicht gerecht werden (können), in einem effektiven vernetzten<br />

Schutz- und Unterstützungssystem aufzuf<strong>an</strong>gen.<br />

<strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Sinne sollten - in Entsprechung des geltenden § 12 Abs 1 Z 3<br />

Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 - vorbeugende und therapeutische Hilfen für Minderjährige<br />

und deren Familien ausdrücklich als Angebot vorgesehen werden.<br />

<strong>In</strong> § 16 Abs 4 wird normiert, dass für <strong>die</strong> <strong>In</strong><strong>an</strong>spruchnahme Sozialer Dienste Entgelte<br />

eingehoben werden können. Die Normierung <strong>im</strong>pliziert, dass es sich hier um keine<br />

Verpflichtung h<strong>an</strong>delt. Es wird offen gelassen, nach welchen Kriterien <strong>von</strong> <strong>die</strong>ser<br />

K<strong>an</strong>nbest<strong>im</strong>mung Gebrauch gemacht werden soll. Um <strong>die</strong> bundesweite Einheitlichkeit zu<br />

gewährle<strong>ist</strong>en, <strong>ist</strong> unseres Erachtens eine demonstrative Aufzählung der Kriterien<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 70


(Berücksichtigung des Aufw<strong>an</strong>des, soziale Situation der Familie etc.) <strong>im</strong> Gesetzestext<br />

sinnvoll, um den vom Gesetzgeber gewünschten Effekt tatsächlich zu erzielen.<br />

§ 22 Gefährdungsabklärung<br />

Unseres Erachtens <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Formulierung des § 22 Abs 4, wonach Personen und<br />

Einrichtungen, <strong>die</strong> eine Mitteilungspflicht trifft, <strong>im</strong> Rahmen der Gefährdungsabklärung<br />

verpflichtet sind, <strong>die</strong> erforderlichen Auskünfte über <strong>die</strong> betroffenen Kinder- und Jugendliche<br />

zu erteilen sowie notwendige Dokumente vorzulegen, zu weitreichend.<br />

Zum einen wird auch in den Erläuterungen zum Entwurf nicht geklärt, was „erforderliche<br />

Auskünfte“ oder notwendige Dokumente sind (etwa „nur“ <strong>die</strong> Tatsache einer<br />

Kindesmissh<strong>an</strong>dlung oder auch <strong>In</strong>formationen zum Familiensystem bzw. frühere Vorfälle?).<br />

Es <strong>ist</strong> jedenfalls da<strong>von</strong> auszugehen, dass <strong>die</strong>se <strong>In</strong>formationen über den <strong>In</strong>halt einer<br />

schriftlichen Mitteilung hinausgehen. Beratungseinrichtungen, welche nunmehr ebenfalls zu<br />

dem Kreis der Mitteilungsverpflichteten gehören (vgl. § 37 Abs 1 Z 3), sind darauf<br />

<strong>an</strong>gewiesen, dass sie ihren Klient<strong>In</strong>nen einen vertrauensvollen Umg<strong>an</strong>g mit <strong>In</strong>formationen<br />

zusichern können, da Klientinnen sich nur d<strong>an</strong>n hilfesuchend <strong>an</strong> <strong>die</strong> Einrichtung wenden,<br />

wenn sie auch auf <strong>die</strong> Schweigepflicht vertrauen können. Nur der Vollständigkeit halber sei<br />

<strong>an</strong> <strong>die</strong>ser Stelle erwähnt, dass das <strong>In</strong>stitut für Sozial<strong>die</strong>nste gegen eine Erweiterung des<br />

Kreises der Mitteilungspflichtigen auf Einrichtungen zur psychosozialen Beratung <strong>ist</strong>, wobei<br />

<strong>die</strong> Hintergründe dafür <strong>an</strong> geeigneter Stelle näher erläutert werden.<br />

Es liegt auf der H<strong>an</strong>d, dass sich <strong>die</strong> Ansicht, was unter erforderlicher Auskunft bzw.<br />

notwendiger Dokumente zu verstehen <strong>ist</strong>, je nach Berufsgruppe unterscheidet. Die Klärung<br />

<strong>die</strong>ses Begriffes <strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem iVm § 36 Abs 1 Z 1 möglichen<br />

Verwaltungsstrafverfahren, scheint jedenfalls nicht der geeignete Weg zu sein, <strong>die</strong><br />

Kooperation zu intensivieren. Um Unsicherheiten und Konfliktpotentiale zu vermeiden,<br />

braucht es unseres Erachtens dringend Vorgaben, was unter einer „erforderlichen Auskunft“<br />

oder „notwendigen Dokumenten“ zu verstehen <strong>ist</strong>.<br />

Unter Berücksichtigung der bek<strong>an</strong>ntermaßen <strong>an</strong>gesp<strong>an</strong>nten personellen Lage der<br />

Jugendwohlfahrtsträger sehen wir <strong>die</strong> ernsthafte Gefahr, dass aufgrund fehlender<br />

Zeitressourcen Gefährdungsabklärungen vermehrt über <strong>die</strong>ses <strong>In</strong>strument vorgenommen<br />

werden, <strong>an</strong>stelle persönliche Gespräche mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen zu<br />

führen bzw. sich <strong>die</strong> Situation vor Ort <strong>an</strong>zusehen. Es <strong>ist</strong> in <strong>die</strong>sem Zusammenh<strong>an</strong>g der<br />

Stellungnahme der Kinder- und Jugend<strong>an</strong>wält<strong>In</strong>nen beizupflichten, wonach der Kontakt mit<br />

dem betroffenen Kind nicht nur als mögliche Erkenntnisquelle formuliert sein soll, sondern<br />

als eine Muss-Best<strong>im</strong>mung vorzusehen <strong>ist</strong>.<br />

§ 37 Mitteilungen bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung<br />

Positive Bewertung<br />

Die <strong>In</strong>tention des Gesetzgebers, <strong>die</strong> Ver<strong>an</strong>twortung und auch <strong>die</strong> Kontrollfunktion bei<br />

Kindeswohlgefährdungen be<strong>im</strong> öffentlichen Jugendwohlfahrtsträger zu konzentrieren, wird<br />

begrüßt. Auch <strong>die</strong> Aufnahme der unverzüglichen Meldung <strong>ist</strong> grundsätzlich zu begrüßen,<br />

soweit sie in der praktischen H<strong>an</strong>dhabung – entsprechend den Erläuterungen – ein H<strong>an</strong>deln<br />

ohne schuldhafte Verzögerung normiert, das <strong>im</strong> Einzelfall auch den Spielraum für<br />

notwendige Untersuchungen, Erhebungen und Beratungen zur Einschätzung der Gefahr<br />

einräumt. Ebenfalls als positiv bewertet wird <strong>die</strong> <strong>im</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g mit der<br />

Kindeswohlgefährdung und möglichen <strong>In</strong>terventionsmaßnahmen getroffene Normierung,<br />

dass Entscheidungen tunlichst <strong>im</strong> Zusammenwirken mehrerer Fachpersonen getroffen<br />

werden sollen.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 71


Konkrete erhebliche Gefährdung<br />

<strong>In</strong> den Erläuterungen selbst wird <strong>die</strong> Mitteilungspflicht, soweit <strong>die</strong>se konkrete erhebliche<br />

Gefährdung eines best<strong>im</strong>mten Kindes oder Jugendlichen nicht <strong>an</strong>ders verhindert werden<br />

k<strong>an</strong>n, nicht näher konkretisiert. Es bleibt offen, was unter derselben verst<strong>an</strong>den wird. Die<br />

Normierung <strong>von</strong> Kriterien <strong>ist</strong> unseres Erachtens daher unumgänglich.<br />

Definition einer Einrichtung zur psychosozialen Beratung<br />

Auch der <strong>im</strong> vorliegenden Entwurf aufgenommene Begriff einer Einrichtung zur<br />

psychosozialen Beratung in den Kreis der Mitteilungspflichtigen bringt Abgrenzungsfragen<br />

mit sich.<br />

Das bereits in der Stellungnahme zum vorhergehenden Entwurf des B-KJHG 2009<br />

aufgezeigte Problem besteht weiterhin:<br />

Im Bereich der Familienberatungsstellen wird insb. in Angelegenheiten des Kinderschutzes<br />

auf <strong>die</strong> mitunter bestehende Mitteilungspflicht <strong>an</strong> <strong>die</strong> Jugendwohlfahrt hingewiesen, sollte ein<br />

Kind aktuell <strong>Gewalt</strong> etc. ausgesetzt sein und nach Einschätzung der Einrichtung nicht davor<br />

geschützt werden können. Es sei <strong>an</strong> <strong>die</strong>ser Stelle aber auf <strong>die</strong> alltägliche Problematik<br />

hingewiesen, wonach sich Gefährder<strong>In</strong>nen hilfesuchend <strong>an</strong> <strong>die</strong> Beratungsstelle wenden und<br />

erst <strong>im</strong> weiteren Verlauf psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, sodass streng<br />

genommen in der ersten Phase grundsätzlich <strong>die</strong> Mitteilungspflicht bejaht werden müsste,<br />

sofern <strong>die</strong> Gefährdung nicht <strong>an</strong>ders verhindert werden k<strong>an</strong>n. Für <strong>die</strong> soziale Arbeit bzw.<br />

Therapie <strong>ist</strong> das Vertrauen, das der/<strong>die</strong> Beratung oder Hilfe suchende Klient<strong>In</strong> demjenigen<br />

entgegen bringt, dem er/sie sich <strong>an</strong>vertraut, <strong>von</strong> zentraler Bedeutung und Grundlage <strong>unserer</strong><br />

Arbeit. <strong>In</strong> vielen Fällen wenden sich psychisch belastete, hilfsbedürftige oder in einem<br />

Konflikt stehende Personen nur unter der Voraussetzung <strong>an</strong> eine Beratungs- oder<br />

Betreuungsstelle, dass ihre Angaben diskret beh<strong>an</strong>delt werden. Die Verpflichtung zur<br />

Verschwiegenheit <strong>die</strong>nt somit dem Schutz der persönlichen Gehe<strong>im</strong>nissphäre der<br />

betroffenen Klient<strong>In</strong>nen. Diese/r soll nicht in <strong>die</strong> Zw<strong>an</strong>gslage versetzt werden, Hilfe und Rat<br />

deshalb nicht in Anspruch nehmen zu können, weil <strong>an</strong>sonsten <strong>die</strong> Gefahr bestünde, dass ein<br />

ihr/ihm bedeutsames Gehe<strong>im</strong>nis verraten würde. 33<br />

Der Umst<strong>an</strong>d, dass in den Erläuterungen (<strong>im</strong> Unterschied etwa zum vorliegenden Entwurf<br />

und den bezughabenden Erläuterungen) unter Z 3 auch Suchtberatungsstellen zu<br />

subsumieren sind, lässt befürchten, dass der Kreis der Mitteilungspflichtigen sehr weit<br />

gefasst <strong>ist</strong>.<br />

<strong>In</strong> den Erläuterungen wird erwähnt, dass durch den vorliegenden Entwurf der Kreis der<br />

Meldepflichtigen nicht ausgeweitet werde. Dies entspricht nicht den Tatsachen: <strong>In</strong> der<br />

aktuellen Fassung des § 37 Jugendwohlfahrtsgesetz wird eine Mitteilungspflicht für<br />

- Behörden, Org<strong>an</strong>e der öffentlichen Aufsicht sowie Einrichtungen zur Betreuung oder<br />

zum Unterricht <strong>von</strong> Minderjährigen über alle bek<strong>an</strong>nt gewordenen Tatsachen, <strong>die</strong> zur<br />

Vermeidung oder Abwehr einer konkreten Gefährdung eines best<strong>im</strong>mten Kindes<br />

erforderlich sind und<br />

- in der Begutachtung, Betreuung und Beh<strong>an</strong>dlung Minderjähriger tätige Angehörige<br />

eines medizinischen Gesundheitsberufes sowie für in der Jugendwohlfahrt tätige oder<br />

beauftragte Personen über den Verdacht der Missh<strong>an</strong>dlung, des Quälens, der<br />

Vernachlässigung und des sexuellen Missbrauches, sofern <strong>die</strong>s zur Verhinderung<br />

einer weiteren erheblichen Gefährdung des Kindeswohles erforderlich <strong>ist</strong>.<br />

vorgesehen.<br />

33 Vgl. Jesionek, Anzeige- und Aussageverhalten bei Kindesmißbrauch. <strong>In</strong> Fuchs/Br<strong>an</strong>dstetter (Hg.):<br />

Festschrift für Winfried Platzgummer: zum 65. Geburtstag am 16. Oktober 1995 (369 ff), 371 - 372<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 72


Mitarbeiter<strong>In</strong>nen einer Einrichtung zur psychosozialen Beratung unterlagen <strong>die</strong>ser<br />

Mitteilungspflicht bis dato nur d<strong>an</strong>n, wenn sie <strong>von</strong> der Jugendwohlfahrt beauftragt wurden.<br />

Die Schlussfolgerung, wonach der Kreis der Mitteilungspflichtigen durch den vorliegenden<br />

Entwurf nicht ausgeweitet würde, <strong>ist</strong> demzufolge verfehlt.<br />

Eine Erweiterung <strong>die</strong>ses Kreises über <strong>die</strong> bereits <strong>von</strong> der mitteilungspflicht des geltenden §<br />

37 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 erfassten Berufsgruppen wird seitens des <strong>In</strong>stituts für<br />

Sozial<strong>die</strong>nste abgelehnt. Es wäre allerdings sinnvoll, für Einrichtungen zur psychosozialen<br />

Beratung <strong>an</strong>stelle der Mitteilungspflicht eine <strong>an</strong> <strong>die</strong> bereits geltende Best<strong>im</strong>mung des § 37<br />

Abs 3 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 <strong>an</strong>gelehnte Mitteilungsberechtigung vorzusehen.<br />

Die <strong>In</strong>terventionsstellen als mitteilungspflichtige Einrichtungen<br />

Entgegen den Erläuterungen, wonach der Kreis der Mitteilungspflichtigen durch den Entwurf<br />

nicht ausgeweitet wird, sondern mit der Neuformulierung „Klarheit“ geschaffen werden soll,<br />

bringt <strong>die</strong> ausdrückliche Erwähnung der <strong>In</strong>terventionsstellen unseres Erachtens ebenfalls<br />

eine Erweiterung mit sich. Diese Ausweitung <strong>ist</strong> <strong>unserer</strong> Ansicht nach nicht tragbar.<br />

Es sei <strong>an</strong> <strong>die</strong>ser Stelle festgehalten, dass <strong>die</strong> zuständige Abteilung der Jugendwohlfahrt –<br />

parallel zur IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle – <strong>von</strong> jedem Betretungsverbot verständigt wird und <strong>im</strong><br />

Sinne einer Zentralisierung der Hilfemaßnahmen für Kinder und Jugendliche eigenständig<br />

abzuklären hat, welche Maßnahmen zum Schutz der Kinder ergriffen werden (müssen).<br />

Diese klare Abgrenzung <strong>von</strong> Aufgaben entspricht zweifelsohne auch den <strong>In</strong>tentionen des<br />

Gesetzgebers. Würde <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle zum Kreis der Mitteilungspflichtigen<br />

gehören, müsste bei jeder Beratung zwingend darauf hingewiesen werden, dass <strong>die</strong><br />

Beraterin der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle zwar der Verschwiegenheit unterliegt, es jedoch möglich<br />

sein könnte, dass sich <strong>die</strong> Jugendwohlfahrt <strong>an</strong> <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle wendet, Auskünfte<br />

über den Beratungsinhalt verl<strong>an</strong>gt und <strong>die</strong> IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle solche auch weiterzugeben<br />

hätte (spätestens bei Verweigerung unter Berufung auf <strong>die</strong> Verschwiegenheitspflicht <strong>im</strong><br />

Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens). Das würde eine gravierende Einschränkung der<br />

Verschwiegenheit und Vertraulichkeit bedeuten, was den Aufbau eines<br />

Vertrauensverhältnisses – welches für eine „erfolgreiche“ Beratung unabdingbar <strong>ist</strong> – massiv<br />

erschweren, wenn nicht sogar verunmöglichen würde.<br />

Beraterinnen <strong>von</strong> Opfern in l<strong>an</strong>gjährigen <strong>Gewalt</strong>beziehungen sind in ihrem Beratungskontext<br />

oftmals mit vielfachen Problemkonstellationen konfrontiert: Soziale, wirtschaftliche als auch<br />

persönliche Isolierung der Klientin, Ambivalenz gegenüber dem <strong>Gewalt</strong>täter, <strong>von</strong> dem es<br />

nicht nur <strong>Gewalt</strong>, sondern auch Zuwendung, Anerkennung oder <strong>an</strong>dere positiv erlebte<br />

Verhaltensweisen erfahren hat, Erziehungsprobleme, Alkoholmissbrauch etc. Diese<br />

Problemfelder können bei strenger Auslegung allesamt eine Mitteilungspflicht nach dem<br />

vorliegenden Entwurf begründen, <strong>die</strong> wiederum <strong>die</strong> Vertrauensbasis gefährden k<strong>an</strong>n. Nicht<br />

zuletzt aus <strong>die</strong>sem Grund wurde etwa eine parallele Verständigung des<br />

Jugendwohlfahrtsträgers <strong>von</strong> einem Betretungsverbot vorgesehen. Das Wunschziel einer<br />

<strong>In</strong>tervention deckt sich sowohl mit dem Arbeitsauftrag der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle als auch<br />

jenem der Jugendwohlfahrt: Ziel <strong>ist</strong> es, <strong>die</strong> Familie aus dem <strong>Gewalt</strong>kontext zu lösen. Dies<br />

lässt sich aber nur d<strong>an</strong>n verwirklichen, wenn <strong>die</strong> Klientin <strong>die</strong> notwendigen Schritte mitträgt.<br />

Ist <strong>die</strong> Klientin – aus welchen Gründen <strong>im</strong>mer – dazu nicht in der Lage, so scheiden sich idR<br />

<strong>die</strong> Arbeitsaufträge der IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle (deren Arbeit auf dem Prinzip der Freiwilligkeit<br />

beruht) und der Jugendwohlfahrt (<strong>die</strong> Maßnahmen unabhängig vom Willen des / der Klient<strong>In</strong><br />

zu ergreifen hat). Würde eine Mitteilungspflicht bestehen – <strong>von</strong> der wohl auch der Abbruch<br />

der Beratungsbeziehung in gewissen Konstellationen umfasst wäre – würde aufs Spiel<br />

gesetzt werden, dass der / <strong>die</strong> Klient/in jemals wieder Unterstützungs<strong>an</strong>gebote für sich in<br />

Anspruch n<strong>im</strong>mt / nehmen k<strong>an</strong>n. Gerade in <strong>die</strong>sen Fällen <strong>ist</strong> aus <strong>die</strong>sem Grund eine<br />

„Zweiteilung“ der Ver<strong>an</strong>twortung umso wichtiger, da sie auch Klarheit gegenüber dem / der<br />

Klient<strong>In</strong> schafft.<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 73


Mitteilungspflicht, soweit <strong>die</strong>se zur Vermeidung / Abwehr einer konkreten erheblichen<br />

Gefährdung erforderlich <strong>ist</strong><br />

Im vorliegenden Entwurf <strong>ist</strong> vorgesehen, dass eine Mitteilungspflicht nur d<strong>an</strong>n besteht, wenn<br />

<strong>die</strong> konkrete erhebliche Gefährdung eines best<strong>im</strong>mten Kindes oder Jugendlichen <strong>an</strong>ders<br />

nicht verhindert werden k<strong>an</strong>n. Prämisse der Mitarbeiter<strong>In</strong>nen des <strong>In</strong>stituts für Sozial<strong>die</strong>nste<br />

<strong>ist</strong> es, <strong>die</strong> bestmögliche Lösung zum Schutz des Opfers, insb. in Fällen, in denen sich der<br />

begründete Verdacht ergibt, dass Kinder und Jugendliche missh<strong>an</strong>delt, gequält,<br />

vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden sind, sicherzustellen. Dies trifft aber<br />

natürlich auch auf Fälle zu, in denen das Wohl in <strong>an</strong>derer Weise erheblich gefährdet <strong>ist</strong>.<br />

<strong>In</strong>folge der bereits nach der geltenden Gesetzeslage normierten Mitteilungspflicht besteht<br />

gegenüber potentiellen Gefährder<strong>In</strong>nen bzw. Eltern, deren Kinder gefährdet sind, <strong>die</strong> sich<br />

aber hilfesuchend <strong>an</strong> Beratungsstellen wenden, ein Druckmittel, entsprechende<br />

Unterstützung weiterhin in Anspruch zu nehmen und Auflagen (bspw. <strong>an</strong>dere Wohnung, kein<br />

Kontakt ohne Aufsicht etc.) zu erteilen. <strong>In</strong>sofern wird – nach sorgfältiger Einschätzung <strong>im</strong><br />

Einzelfall unter Prämisse des größtmöglichen Schutzes für das Kind – ein „stufenmäßiges“<br />

Vorgehen ermöglicht. <strong>In</strong> <strong>die</strong> Entscheidung, welche Maßnahmen letztlich ergriffen werden, <strong>ist</strong><br />

<strong>im</strong>mer mit einzubeziehen, dass Kinder trotz einer Meldung oftmals nicht dauerhaft in<br />

Sicherheit gebracht werden können, wenn sie innerhalb des Familiensystems 34 nicht gestützt<br />

werden können. Die Erfahrung hat gezeigt, dass <strong>die</strong> Meldung bzw. Anzeige <strong>im</strong><br />

Beratungskontext nicht <strong>im</strong>mer jene Strategie <strong>ist</strong>, <strong>die</strong> den größtmöglichen Schutz für <strong>die</strong><br />

Kinder bietet. Eine vorschnelle Meldung – unter gleichzeitigem „Bruch der Verschwiegenheit“<br />

gegenüber Klient<strong>In</strong>nen und damit einhergehend mit dem Verlust des Vertrauens – zieht<br />

oftmals einen Abbruch der Beratungsbeziehung nach sich, welche regelmäßig nur <strong>die</strong><br />

Alternative der vollen Erziehung offen lässt (deren gerichtliche „Genehmigung“ nicht in jedem<br />

Fall gesichert <strong>ist</strong>).<br />

Die Beibehaltung <strong>die</strong>ses abgestuften Systems <strong>ist</strong> unbedingt erforderlich, um <strong>an</strong>gemessen<br />

auf eine Kindeswohlgefährdung reagieren zu können. Dies beinhaltet aber auch, dass<br />

gewisse Berufsgruppen ohne „Angst“, dass sie einer Mitteilungspflicht unterliegen,<br />

konsultiert werden können. Gerade Beratungseinrichtungen bieten hervorragende<br />

Möglichkeiten, auf <strong>im</strong> Einverständnis der Klient<strong>In</strong>nen auf „mehreren Ebenen“ <strong>an</strong>zusetzen.<br />

Dies setzt aber zunächst <strong>die</strong> <strong>In</strong><strong>an</strong>spruchnahme einer vertrauensvollen Hilfe voraus. Soweit<br />

<strong>die</strong> Gefährdung nicht dadurch hint<strong>an</strong> gehalten werden k<strong>an</strong>n, muss und soll auch <strong>im</strong> Einzelfall<br />

eine Mitteilung <strong>an</strong> <strong>die</strong> Jugendwohlfahrt erstattet werden (Stichwort: Rechtfertigender<br />

Notst<strong>an</strong>d).<br />

Die in § 22 Abs 4 normierte Auskunftspflicht sowie Pflicht zur Vorlage notwendiger<br />

Dokumente <strong>im</strong> Rahmen einer Gefährdungsabklärung in Kombination mit der<br />

Strafbest<strong>im</strong>mung iSd § 36 Abs 1 Z 1 unterläuft <strong>die</strong>ses, bereits jahrel<strong>an</strong>g bewährte System.<br />

Die <strong>im</strong> vorigen Entwurf vorgesehene, der L<strong>an</strong>desgesetzgebung überlassene Normierung<br />

<strong>von</strong> Verwaltungsstrafbest<strong>im</strong>mungen für <strong>die</strong> Nichteinhaltung der Mitteilungspflicht bei<br />

Verdacht der Kindeswohlgefährdung wird in eine für <strong>die</strong> Behinderung der<br />

Gefährdungsabklärung geändert, was inhaltlich eine Erweiterung der<br />

S<strong>an</strong>ktionierungsmöglichkeit bedeutet. Wenn nun etwa eine dritte Person oder eine <strong>an</strong>dere<br />

Einrichtung nach § 37 Abs 1 eine Mitteilung über den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung<br />

erstattet, <strong>ist</strong> seitens des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers eine<br />

Gefährdungsabklärung vorzunehmen. Dazu k<strong>an</strong>n sich <strong>die</strong> Jugendwohlfahrt – um eine<br />

möglichst umfassende Kenntnis der relev<strong>an</strong>ten Umstände zu bekommen – auch <strong>an</strong><br />

Personen wenden, <strong>die</strong> eine Mitteilungspflicht nach § 37 trifft und <strong>die</strong> erforderlichen Auskünfte<br />

verl<strong>an</strong>gen. Also k<strong>an</strong>n auch in einem Fall, in welchem <strong>die</strong> Einrichtung <strong>im</strong> Sinne <strong>die</strong>ses<br />

stufenmäßigen Vorgehens <strong>die</strong> Entscheidung getroffen hat, dass zur Vermeidung einer<br />

konkreten, erheblichen Gefährdung <strong>die</strong> Mitteilung <strong>an</strong> <strong>die</strong> Jugendwohlfahrt nicht notwendig<br />

34 wenn z.B. <strong>die</strong> Eltern gegen eine Anzeigenerstattung oder Meldung sind<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 74


<strong>ist</strong> 35 - <strong>von</strong> der Jugendwohlfahrt nach § 22 Abs 4 dazu verpflichtet werden, <strong>die</strong> erforderlichen<br />

Auskünfte über <strong>die</strong> betroffenen Kinder und Jugendliche zu erteilen sowie <strong>die</strong> notwendigen<br />

Dokumente vorzulegen. Die Berufung auf <strong>die</strong> Verschwiegenheit hätte vermutlich <strong>die</strong><br />

Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge, in welchem <strong>die</strong> Einrichtung erst <strong>die</strong><br />

Entscheidung, warum keine Mitteilungspflicht, begründen müsste, um nicht<br />

verwaltungsstrafrechtlich zur Ver<strong>an</strong>twortung gezogen zu werden (wobei <strong>im</strong>plizit eine<br />

Offenlegung erfolgt, wenn nicht <strong>die</strong> Gefahr einer S<strong>an</strong>ktion in Kauf genommen wird). Dies<br />

stellt ein Problem dar, das es unseres Erachtens vor <strong>In</strong>krafttreten des Entwurfes zu lösen<br />

gilt.<br />

<strong>In</strong>haltliche Erweiterung der Mitteilungspflicht<br />

Durch den vorliegenden Gesetzesentwurf wird nicht nur der Personenkreis der<br />

Mitteilungspflichtigen erweitert, sondern findet für <strong>die</strong> in der Begutachtung, Betreuung und<br />

Beh<strong>an</strong>dlung Minderjähriger tätigen Angehörigen eines medizinischen Gesundheitsberufes<br />

sowie für in der Jugendwohlfahrt tätige oder beauftragte Personen eine inhaltliche<br />

Erweiterung der Mitteilungspflicht statt.<br />

Diese haben demnach nicht mehr „nur“ be<strong>im</strong> Verdacht der Missh<strong>an</strong>dlung, des Quälens, der<br />

Vernachlässigung oder des sexuellen Missbrauches eine Mitteilung <strong>an</strong> den örtlich<br />

zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger zu erstatten, sondern <strong>die</strong>se nunmehr auch zu<br />

informieren, wenn das Wohl auf <strong>an</strong>dere Weise erheblich gefährdet <strong>ist</strong>.<br />

Die gewählte Formulierung <strong>ist</strong> mit Auslegungsschwierigkeiten verbunden, <strong>die</strong> in der Praxis<br />

fatale Auswirkungen haben können:<br />

- Überforderung der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen aufgrund der weiten und<br />

unklaren Neuregelung der Mitteilungspflicht<br />

- Aushöhlung der Verschwiegenheitsverpflichtung <strong>von</strong> Berufsgruppen, <strong>die</strong> auf das<br />

Vertrauen und <strong>die</strong> Freiwilligkeit ihrer Klient<strong>In</strong>nen <strong>an</strong>gewiesen sind<br />

Diese inhaltliche Erweiterung der Mitteilungspflicht wird abgelehnt. Unseres Erachtens sollte<br />

<strong>die</strong> mit § 37 Abs 3 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 vorgesehene<br />

Mitteilungsberechtigung beibehalten werden.<br />

<strong>In</strong> <strong>die</strong>sem Sinne <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Überarbeitung und Ausdifferenzierung des 3. Abschnittes<br />

„Gefährdungsabklärung und Hilfepl<strong>an</strong>ung“ sowie des 2. Teiles „Mitteilungen bei Verdacht der<br />

Kindeswohlgefährdung“ dringend geboten.<br />

§ 36 Strafbest<strong>im</strong>mungen<br />

Die Einführung einer Verwaltungsstrafe als S<strong>an</strong>ktion für <strong>die</strong> Behinderung der<br />

Gefährdungsabklärung <strong>ist</strong> in ihrer Wirkung grundsätzlich zu begrüßen, da sie ein bewusstes<br />

H<strong>an</strong>deln / nicht H<strong>an</strong>deln verstärkt. Sie begründet aber unseres Erachtens <strong>die</strong> Gefahr, dass<br />

insb. Personen, <strong>die</strong> in selbständiger Berufsausübung tätig sind, bei einer wirtschaftlich<br />

empfindlichen Verwaltungsstrafbest<strong>im</strong>mung eher dazu zu neigen, <strong>im</strong> Zweifelsfall ohne<br />

genaueres Hinterfragen eine Mitteilung zu erstatten bzw. Auskunft zu erteilen, um einer<br />

möglichen S<strong>an</strong>ktion zu entgehen. Dies vielfach unter dem hohen wirtschaftlichen Druck,<br />

ohne Rücksicht auf den Einzelfall und der Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung<br />

sämtlicher Umstände <strong>im</strong> Sinne des Kindeswohles.<br />

Die Verwaltungsstrafbest<strong>im</strong>mung sollte daher nicht dazu <strong>die</strong>nen, so viel Druck auf <strong>die</strong><br />

Einrichtung bzw. <strong>die</strong> agierenden Personen auszuüben, dass ein ver<strong>an</strong>twortungsvoller<br />

35 <strong>die</strong> Familie <strong>ist</strong> kooperationsbereit und veränderungswillig und hat sich bereits – unabhängig <strong>von</strong><br />

einem „Zw<strong>an</strong>gskontext“ – um Unterstützung bemüht<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 75


Umg<strong>an</strong>g mit der Verschwiegenheitspflicht nicht mehr möglich <strong>ist</strong>. Aus <strong>die</strong>sen Gründen sollte<br />

insb. <strong>die</strong> Höhe bzw. Form der Verwaltungsstrafen (nicht zuletzt auch <strong>im</strong> Sinne einer<br />

einheitlichen bundesweiten H<strong>an</strong>dhabung) genauer beleuchtet und diskutiert werden.<br />

Mit dem höflichen, aber dringenden Ersuchen, <strong>die</strong> gen<strong>an</strong>nten Anregungen und Forderungen<br />

<strong>im</strong> Entwurf des Bundes- Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2010 zu berücksichtigen, verbleibe<br />

ich <strong>im</strong> Namen des <strong>In</strong>stituts für Sozial<strong>die</strong>nste<br />

Dr. S<strong>an</strong>dra Wehinger<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 76


10. Pressemitteilungen<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg / Tätigkeitsbericht 2009 77


IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle<br />

Vorarlberg<br />

Wegweisung Betretungsverbot <strong>In</strong>formation Beratung<br />

Begleitung Vermittlung Schutz Sicherheit<br />

IfS-<strong>Gewalt</strong>schutzstelle Vorarlberg<br />

Joh<strong>an</strong>nitergasse 6<br />

6800 Feldkirch<br />

Telefon: 05522/82440<br />

Fax: 05522/82440-20<br />

gewaltschutzstelle@ifs.at<br />

www.ifs.at

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