4 die novum Hochschule und Wissenschaft 19. Januar 2011 Für die meisten Menschen sind Warteschlangen ein notwendiges Übel, um in eine Konzerthalle eingelassen zu werden oder die Sicherheitskontrolle am Flughafen zu passieren und in den langersehnten Urlaub abzuheben. Nur Wenige sehen in den Menschenlinien etwas ganz anderes: Ein mathematisches Problem. Der kurios klingende Begriff Warteschlangentheorie offenbart nicht sofort die Komplexität des Themas. Seit der dänische Mathematiker Agner Erlang Anfang des 20. Jahrhunderts die Warteschlangentheorie begründete, wurden ihr unzählige wissenschaftliche Arbeiten gewidmet. „Trotzdem konnten viele Probleme bis heute nicht zufriedenstellend gelöst werden“, erklärt der Mathematiker Thomas Hanschke. Der Präsident der TU Clausthal ist unter anderem Experte für Warteschlangen und weiß, dass sich diese Wissenschaft eher selten mit einfachen Supermarktschlangen beschäftigt. „Mathematisch besonders schwierig zu behandeln sind Netzwerke von Warteschlangen, wie sie bei Produktions- und Computersystemen auftreten“, so Hanschke. Genau das begeistert ihn jedoch an dem Fachgebiet: „Die Warteschlangentheorie führt viele mathematische Disziplinen wie die Wahrscheinlichkeitstheorie, stochastische Prozesse, Statistik und Theorie der Differentialund Integralgleichungen zusammen und erweist sich somit als sehr vielschichtig und anspruchsvoll.“ Olaf Schubert am Mikrofon für die Hochschule Mittweida: Der vielfach ausgezeichnete Kabarettist konnte von Studenten im Rahmen eines crossmedialen Projektes als Sprecher für eine humorvolle Neusynchronisation des Filmes „Der Name der Rose“ gewonnen werden. Leitwort in den Studiengängen Medienmanagement und -technik ist für alle Fünftsemester momentan „Crossmedia“. Das steht für die Verbindung mehrerer Medienkanäle wie Video, Radio, Print sowie der Online-Medien. Seit diesem Wintersemester wird dies <strong>zum</strong> ersten Mal von Dr. Tamara Huhle aus Stuttgart unterrichtet. Statt Theorie setzt die Geschäftsführerin eines Medienunternehmens getreu dem „Mittweidaer Modell“ auf praxisorientiertes Arbeiten. Medienstudenten bekommen die Möglichkeit, das Gelernte bei der Kooperation mit realen „Pulsierende Dynamik“ Warteschlangentheoretiker helfen Flughäfen beim Kerosinsparen und wissen, warum der Kunde an der kürzesten Supermarktschlange nicht immer am schnellsten bedient wird Auch Mathematiker Christian Hesse schätzt die „vielen interessanten und modernen Erkenntnisse“, die auf dem Gebiet gewonnen werden. Der Professor für mathematische Stochastik studierte in Gießen und an der Harvard Universität, lehrt an der Universität Stuttgart und interessiert sich neben vielen anderen mathematischen Gebieten eben auch für den Zufallsvorgang Warteschlange. Zeit und Geld sparen Die Theorie des Anstehens erweist sich auch in der Praxis als hilfreich, wie Hesse erklärt: „Zum Beispiel kann man beweisen, dass der sogenannte amerikanische Schlangentyp viel effektiver ist, als der in Supermärkten verwendete Schlangentyp.“ Bei der amerika- nischen Version stehen alle Kunden in einer Schlange und verteilen sich dann auf die freiwerdenden Schalter. In Deutschland wird das bei Postfilialen oder Check-in-Schaltern an Flughäfen schon praktiziert. Die praktische Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist jedoch nicht immer leicht. „Das Problem ist, dass viele Firmen nicht wissen, dass Warteschlangen ein mathematisches Thema sind und an wen sie sich wenden sollen“, sagt Prof. Thomas Hanschke. „Allerdings gibt es in Deutschland – anders als in den USA – auch nur ganz wenige mathematische Institute, die sich mit Warteschlangenproblemen befassen.“ Dabei lassen sich damit nicht nur Wartezeiten sondern auch Ausgaben verringern. 70.000 gesparte Tonnen Kerosin pro Jahr verdankt der Frankfurter Flughafen den Wissenschaftlern der TU Clausthal. Nach deren Erkenntnissen wurde 2004 die Flugplanstruktur optimiert und somit Warteschleifen wesentlich verkürzt. Letztendlich kann die Theorie nur einen Mittelwert bilden, aber keine Aussage über die Wartezeiten von Einzelpersonen treffen. Gerade im Supermarkt hat man oft das Gefühl, sich an der falschen Kasse angestellt zu haben. „Die meisten Menschen neigen dazu, sich einfach an der kürzeren Schlange anzustellen. Das bedeutet aber noch nicht, dass man dort tatsächlich früher bedient wird“, verdeutlicht Prof. Hesse. „Warteschlangen haben ihre Crossmediales Mittweida In Mittweida erstellen Medienstudenten – genau wie reale Werbeagenturen auch – Imagekampagnen Unternehmen und Projekten wie dem Onlineportal <strong>medienMITTWEIDA</strong> oder dem Swan Lake Award sofort umzusetzen. „Der Projektablauf bei den studentischen Agenturen ist in aller Regel gleich den Auftragsbearbeitungen in einer Agentur „draußen“. Es gibt auch hier denselben Arbeitsablauf, dieselben Verantwortlichkeiten und Planvorgaben“, erklärt Tamara Huhle. „Was in der Praxis jedoch wesentlich strenger gehandhabt wird, ist die Prüfung der Machbarkeit.“ So entwickelten Mittweidaer Studierende Konzepte für das Mentoring Netzwerk Sachsen, welches überdurchschnittlich engagierten und promovierenden Studenten die Möglichkeit gibt, von einer berufserfahrenen Person gefördert und beraten zu werden. Das Team erstellt eine Imagekampagne, die das Ansehen des Projektes und die Aufmerksamkeit der Unternehmen Ivo Kljuce erhöhen soll. Die Stadt Mittweida und ihre Freizeit- und Weiterbildungsangebote bekommen aus studentischer Hand ein neues Erscheinungsbild verpasst: Dafür wird eine neue Internetseite für Mittweida entwickelt und passend dazu gestaltet die Gruppe ein Prospekt, welches durch ein frisches farbenfrohes Aussehen ins Auge sticht und bald an der Hochschule und an den öffentlichen Einrichtungen in Mittweida ausliegen wird. Um bei all den Projektgruppen nicht den Überblick zu verlieren, wurde eine Agentur beauftragt, die verschiedenen Teams zu überwachen und zu unterstützen. „Unsere Monitoring-Agentur „crossover“ begleitet die einzelnen Teams bei ihrer Arbeit“, berichtet Leiterin Monique Grosser. „Auf Twitter, Facebook und unserem Blog www. comonitoring.bplaced.net/wordpress dokumentieren wir die Ergebnisse. So Prof. Dr. Thomas Hanschke (oben) und Prof. Dr. Christian Hesse (unten) betrachten Warteschlangen aus mathematischer Sicht. eigene pulsierende Dynamik, die stark von Unregelmäßigkeiten geprägt ist.“ Nicht nur die Anzahl der anstehenden Menschen spielt eine Rolle. Die Geschwindigkeit der Kassierer, die Warenmenge oder ob mit Bargeld oder EC-Karte bezahlt wird, wirken sich ebenfalls auf die Wartezeit aus. „Stellen Sie sich in einer sich schnell bewegenden Schlange mit nur wenigen hoch aufgefüllten Einkaufswagen an, selbst wenn diese nicht die kürzeste Schlange ist“, empfiehlt Hesse. Trotz allem wissenschaftlichen Bewusstsein: Um das Anstellen selbst kommen auch die Warteschlangentheoretiker nicht herum. Annegret Hintze können Gruppen ihre eigene Arbeit und die der Konkurrenz mitverfolgen.“ So wurde beispielsweise über die Teamleiter sowie die Umsetzungsweise der einzelnen Projekte berichtet. Diese Woche werden alle Agenturen ihre Arbeit Studenten, Professoren und der Modulleiterin vorstellen. „Die Gruppen haben sehr zuverlässig, kreativ und selbstständig gearbeitet und die eine oder andere Wissenslücke mit Engagement ausgebügelt“, so Tamara Huhle. „Sehr gut fand ich auch, dass manchmal doch recht harte Kritik produktiv aufgenommen wurde.“ In Zukunft soll die Idee, die hinter „crossover“ steht, für andere Projekte der Hochschule aufgegriffen werden. „Wichtig ist dabei auch, Vernetzungen mit anderen Fakultäten anzustreben“, wünschen sich Tamara Huhle und „crossover“. Julia Langefeld Alexander Herzog
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