AM 10.9.
AM 10.9.
AM 10.9.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2 MAGAZIN DIABOLO WOCHENZEITUNG | Ausgabe 36/11<br />
Wortmächtig!<br />
Feridun Zaimoglu liest aus seinem neuen Buch „Ruß“<br />
TEXT | HORST E. WEGENER<br />
Im Gespräch bringt er Thesen gern auf den<br />
Punkt, überspitzt seine Meinung knallhart:<br />
Feridun Zaimoglu, 46-jähriger Geschichtenerzähler<br />
mit türkischen Wurzeln, wird als<br />
einer der Hoffnungsträger der deutschen<br />
Literaturszene gehandelt. Wenn man ihn<br />
liest, besser noch hört und weiß, dass er<br />
seit 1995 summa summarum 16 Bücher veröffentlicht<br />
hat, könnte einem die Verwunderung<br />
über manche Aussage des wortmächtigen<br />
Verbalakrobaten glatt ins Gesicht<br />
eingemeißelt bleiben: Schreiben,<br />
bekräftigt Zaimoglu bei Lesungen gern, sei<br />
für ihn „sehr hart“. Eigentlich wäre er gern<br />
Maler geworden.<br />
Fürs literarische Formulieren brauche es<br />
Vorbereitung, Recherche und fortwährende<br />
Konzentration. Dass es dennoch schief<br />
gehen kann, weiß der in Kiel beheimatete<br />
TEXT UND FOTO I HANNAH WOLF<br />
Ausgerechnet ein Video seiner eigenen<br />
Musikband zur Fußballeuropmeisterschaft<br />
vor sechs Jahren sollte für Sven Morschek<br />
Auftakt werden, aus seiner Leidenschaft<br />
zu Hörspielen und Gruselgeschichten<br />
mehr werden zu lassen, als ein Zeitvertreib.<br />
Dieser erste Umgang mit Kamera und<br />
Mikrofon beflügelte den Immobilienmakler,<br />
so dass er bald darauf zu Hause mit<br />
Freunden und Verwandten kurze Filme<br />
zu drehen und Hörspiele aufzunehmen,<br />
um diese auf Youtube zu veröffentlichen.<br />
„Ich bin seit meiner Kindheit Fan von<br />
Hörspielen, insbesondere von Gruselstorys,<br />
egal welcher Art und hatte Lust, mich<br />
auch selber daran zu versuchen“, so der<br />
Amateurfilmer. Seit nunmehr fünf Jahren<br />
schreibt der 37-Jährige Drehbücher<br />
Geschichtenerzähler seit seinem 2002er<br />
Werk „German Amok“. Dafür erntete der<br />
Jungliterat vernichtende Kritiken, schlimmer<br />
noch: Die Leser ignorierten das Buch.<br />
Also besann sich der Sohn eines BASF-Arbeiters,<br />
der als Baby zusammen mit seiner<br />
Mutter aus dem türkischen Bolu nach<br />
Deutschland herüber gekommen war, seiner<br />
Stärken: Über eigene Erlebnis und Lebenserfahrungen<br />
zu schreiben; sich gegen<br />
falsch verstandenes Multikulti auszusprechen.<br />
Allerspätestens mit „Leyla“, 2006 veröffentlicht,<br />
war die Scharte ausgewetzt, feierten<br />
ihn die Großkritiker des deutschsprachigen<br />
Kulturbetriebs unisono, verschlang<br />
das Bildungsbürgerpublikum seine Bücher,<br />
Artikel, beklatschte Zaimoglus Theater- und<br />
Filmarbeiten.<br />
Zum Schreiben hat das Gastarbeiterkind<br />
Mitte der neunziger Jahre die schiere Wut<br />
gebracht. Nach abgebrochenem Medizinstudium,<br />
das Feridun den Eltern zuliebe begonnen<br />
hatte, und einem erfolglosen Versuch,<br />
als Künstler Karriere zu machen, trieb<br />
er sich viel auf den Straßen der Großstadt<br />
herum, guckte und fraß, wie Zaimoglu das<br />
in seiner derben Sprache wohl auf den<br />
Punkt bringen würde. Eines Nachts wurde<br />
der Deutschtürke Zeuge, wie sich ein befreundeter<br />
Rapper zu einer Wutpredigt hinreißen<br />
ließ – eine Tirade über das Gefühl,<br />
nirgendwo richtig dazuzugehören. Feridun<br />
Zaimoglu besorgte sich eine Schreibmaschine<br />
und trotzte dem Song eine Geschichte<br />
ab. Daraus wurde das literarische Debüt<br />
„Kanak Sprak“, mit dem das Gastarbeiterkind<br />
seinen deutschtürkischen Kumpels ab<br />
´95 eine Stimme gab. Der Romanbestseller<br />
machte Feridun zum „Malcolm X der<br />
Türken“; heutzutage legt der 46-Jährige<br />
mehr Wert aufs Geschichtenerzählen.<br />
„Klang und Rhythmus und Sinn und Ge-<br />
und Hörspielskripte und produziert diese<br />
selbst. Dabei heraus kamen bisher zwei<br />
Hörspiele und drei Kurzfilme mit gruseligem<br />
Inhalt, die es auf der Website des<br />
Filmemachers zu hören und zu sehen gibt.<br />
„Das Ganze soll nicht kommerziell werden,<br />
es handelt sich bei meinem Hobby<br />
um eine Herzensangelegenheit, der ich in<br />
meiner Freizeit gerne nachgehe“, sagt<br />
Morschek, der jedes seiner Projekte<br />
selbst finanziert. Allein die übergroße<br />
DVD- und Hörspielsammlung in Morscheks<br />
Wohnzimmer zeigt, dass diese Art<br />
der Unterhaltung einen besonderen Stellenwert<br />
für ihn hat. Durch ein life aufgeführtes<br />
Hörspiel in Hamburg, bei dem<br />
der Gruselbegeisterte als Fan dabei war,<br />
entstand die Idee zu seinem aktuellen Projekt.<br />
Über ein Jahr hat Morschek daran<br />
gearbeitet und seit Juni ist seine Homa-<br />
stalt im Deutschen, in der deutschen<br />
Sprache, das ist meins!“, bekräftigt er beim<br />
Vorstellen seines aktuellen Romans „Ruß“.<br />
Man kann es ihm anhören, wie sehr er<br />
Deutschland liebt und sich hier zugehörig<br />
fühlt. Darauf angesprochen, erwidert Zaimoglu:„Wenn<br />
ich sage, Deutschland ist<br />
mein Land, und ich bin Deutscher mit türkischen<br />
Eltern, sagen viele: Unmöglich, mit<br />
deinem Gesicht, mit deinem Namen. Nur:<br />
Ich habe mir das ja nicht ausgedacht, sondern<br />
es sagt mir das Herz.“ Insofern ist´s<br />
wenig verwunderlich, dass in Feridun Zaimoglus<br />
16. Buch, der Ruhrpott-Saga<br />
„Ruß“ kein Türke vorkommt. Der Autor<br />
lässt seinen Helden, den Deutschen Ex-Mediziner<br />
und Kiosk-Betreiber Renz von<br />
Duisburg aus gen Warschau durchstarten<br />
und in Salzburg durchhängen; ganz so als<br />
wollte „Ruß“ einem sagen, dass es der Verfasser<br />
endgültig leid ist, dauerhaft auf bestimmte<br />
Problemthemen festgelegt zu werden.<br />
Der Kieler möchte nichts anderes sein<br />
als all die Kollegen, die hierzulande schreiben:<br />
ein deutscher Schriftsteller. Schon<br />
recht.<br />
Gruselgeschichten aus Oldenburg<br />
Amateurfilmer Sven Morschek erweckt Hörspiele zum Leben<br />
WEITERE INFOS<br />
Feridun Zaimoglu, der vor 16 Jahren mit<br />
„Kanak Sprak“ in unser literarisches Leben<br />
trat, hat jetzt mit „Ruß“ sein 16.<br />
Buch vorgelegt, das kürzlich bei Kiepenheuer<br />
& Witsch erschienen ist. Daraus<br />
wird der in Kiel lebende Geschichtenerzähler<br />
am Di 20.9., ab 20 Uhr vorlesen;<br />
die Moderation der Lesung im Wilhelm<br />
13 übernimmt Dr. Silke Behl, Radio<br />
Bremen.<br />
ge an den Hörspielhelden Dorian Hunter<br />
fertig. Herausgekommen ist eine halbstündige<br />
Hörspielverfilmung, die nicht<br />
nur durch die Beteiligung von bekannten<br />
Schauspielern und Synchronsprechern<br />
wie Santiago Ziesmer, besser bekannt als<br />
Spongebob´s Stimme, Freunde von gruseliger<br />
Satire begeistert. Der Film wurde<br />
bereits vom Lokalsender O1 ausgestrahlt<br />
und ist weiterhin, neben allen weiteren<br />
Projekten des Filmemachers, auf dessen<br />
Website zu sehen. Sven Morschek ist derzeit<br />
viel unterwegs. Zuletzt gelang es ihm,<br />
auf der Berliner Hörspielveranstaltung<br />
„ORKANUS“ Kontakte zu Schauspielern<br />
und Synchronsprecher zu knüpfen und<br />
diese auch für seinen neusten Coup zu<br />
gewinnen. Ein „Grusikel“, wie Morschek<br />
es selbst nennt, soll bis Mitte des nächsten<br />
Jahres entstehen. Eine Mischung aus<br />
LIEBE LESERIN,<br />
LIEBER LESER!<br />
Der Wahlabend am Sonntag verspricht<br />
spannend zu werden:<br />
Schließlich gilt es, 50 Ratssitze neu<br />
zu verteilen. Dieser Tag wird die<br />
städtische Politik in den kommenden<br />
fünf Jahren maßgeblich beeinflussen,<br />
denn die Mehrheitsverhältnisse<br />
im Rat können sich verschieben.<br />
Damit bestimmen die OldenburgerInnen<br />
den zukünftigen Umgang<br />
der Stadt mit vielen wichtigen<br />
Themen, wie zum Beispiel Stadtentwicklung,<br />
Energiewende, Kinderbetreuung<br />
und Bildung. Jeder Wähler<br />
und jede Wählerin kann nach eigenem<br />
Wunsch drei Stimmen auf die<br />
Kandidaten oder die neun Parteien<br />
und Wählergemeinschaften verteilen.<br />
Sie können die Stimmen entweder<br />
auf mehrere Parteien und BerwerberInnen<br />
aufteilen oder aber<br />
auch einer Partei oder einem Kandidaten<br />
geben. Doch Vorsicht, bei<br />
mehr als drei Stimmen verliert der<br />
Stimmzettel automatisch seine Gültigkeit.<br />
Die Stadtverwaltung richtet<br />
im Kulturzentrum PFL das Wahlzentrum<br />
ein, in dem ab 18 Uhr Politiker,<br />
die Presse und alle Interessierten die<br />
aktuell einlaufenden Ergebnisse<br />
verfolgen können. Die Gelegenheit,<br />
mit dem ein oder anderen Kandidaten<br />
ins Gespräch zu kommen und zu<br />
sehen, wen man gewählt hat. Findet<br />
sich dort keine Gelegenheit, so<br />
dann sicher auf einer der Wahlpartys,<br />
die die einzelnen Parteien geben<br />
und zu denen alle Bürgerinnen und<br />
Bürger eingeladen sind.<br />
Die Redaktion<br />
Musical und Hörspiel, soll als DVD Mitschnitt<br />
veröffentlicht werden; für dieses<br />
produziert der Amateuerfilmer gerade in<br />
Zusammenarbeit mit zwei Komponisten<br />
eigene Musikstücke. Ebenfalls sollen<br />
professionelle Schauspieler gecastet werden.<br />
„Es war leichter als gedacht, Kontakte<br />
zu wirklich bedeutenden Personen<br />
in der Hörspielbranche zu knüpfen und<br />
ich würde mir natürlich wünschen, dass<br />
mein Hobby irgendwann einmal zum Beruf<br />
wird. Aber bis dahin macht es einfach<br />
Spaß, die Ideen in meinem Kopf zu Papier<br />
zu bringen und zu sehen, wie sie zum<br />
Leben erweckt werden”, erzählt er. Alle<br />
Hörspielbegeisterten dürfen also gespannt<br />
sein, welche Charaktere und Geschichten<br />
es demnächst auf Bühne, Tonband<br />
oder DVD schaffen..