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Die Tragödie des älteren Sohnes - Lk 15,11-32 Liebe ... - Oberstenfeld

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- 2 -je aufsässiger der kleine Bruder wird, um so angepasster lebt erselber.Wie so oft, dass zwei Kinder sich ganz unterschiedlich entwickeln.Der ältere ganz nach dem Geschmack der Eltern, - und der Jüngere,ach, wenn der sich einmal ein Beispiel an seinem großen Brudernehmen würde... Der eine in Richtung Sonnenschein der Familie,dem anderen bleibt eher die Rolle als schwarzes Schaf.II. Es überrascht ihn nicht, als der kleine Bruder eines Tages seinSach packt und geht. "Das musste ja so kommen", heißt es im Dorf.Er war zum Vater marschiert und hatte sein Erbteil verlangt - sofort.Und der Vater hat geteilt: dem Älteren zwei Drittel, wie es sichgehört; dem Jüngeren ein Drittel. Der große bekam Haus und Hof,der Kleine wurde ausbezahlt.Nein, das hat er schon lange kommen sehen. Und außerdem hattesein kleiner Bruder sowieso keine Zukunft auf dem Hof. Irgendwannmusste er ja gehen. Und nun hat er den Vater für sich allein. Undkann zeigen, was in ihm steckt. Und als sein Vater zu ihm sagt:"Schön, dass du bei mir bleibst!", da ist für ihn alles in Butter.Was für ein Schock aber, nur ein paar Monate später. Nichtsahnendkommt er gerade vom Acker zurück, als er Musik aus dem Haushört, und die Leute lachen und tanzen. Es duftet nach gebratenemOchsen. Was mag das sein? An so ein Fest kann er sich nichterinnern, dass es das je gegeben hätteDer alte Knecht <strong>des</strong> Vaters, der schon seit 25 Jahren auf dem Hoflebt, erzählt ihm, was passiert ist: "Dein Bruder ist zurückgekommen,<strong>Lk</strong> <strong>15</strong>,<strong>11</strong>-31 <strong>Die</strong> <strong>Tragödie</strong> <strong>des</strong> <strong>älteren</strong> <strong>Sohnes</strong>.doc; 04/07/<strong>11</strong>


- 3 -völlig abgebrannt und runtergekommen. Er hat nach Schweinestallgestunken. Stell dir vor, dein Vater ist ihm sogar entgegengerannt;nicht nur gelaufen, richtig gerannt; und hat ihn ganz stürmisch in dieArme geschlossen und ihn mit einem Kuss begrüßt.Ich musste ihm dann gleich ein neues Gewand bringen und neueSchuhe. Und dein Vater hat ihm auch wieder den Ring an den Fingergesteckt. Dein Bruder ist zurückgekommen; komm, feier mit uns."III. Da bricht für ihn eine Welt zusammen. Der Störenfried, derTaugenichts, hat sein Erbteil verprasst und will jetzt zuhause wiederdie Füße unter den Tisch strecken. Und der Vater - nimmt ihn wiederauf, als wäre nichts gewesen. Gibt ihm Kleid und Schuhe, gibt ihmneues Ansehen, dass er nicht mehr barfuß wie ein Sklave rumläuft;gibt ihm einen Kuss, mit dem alles wieder gut wird; gibt ihm denRing, mit dem sein Bruder wieder volles Familienmitglied mit allenRechten wird. Sein Ärger schwillt an zur Wut.Zornig dreht er sich um und geht weg. Da will er nicht dabei sein. Dakann er nicht dabei sein. Was fällt seinem Vater eigentlich ein? SeinBruder hatte die Beziehung aufgekündigt.Ich frage mich: Hat er nicht Recht? Gibt's das, dass einer seinemVater das Schlimmste antut, was er ihm tun kann: sich wegdrehenund gehen? Gibt's das, dass einer sein gesamtes elterliches Erbe aufden Kopf schlägt, auch noch im Rotlichmilieu? Gibt's das, dass eineres dann auch noch wagt, seinem alten Vater unter die Augen zutreten und um weitere Unterstützung bittet?Ja, das mag's geben. Aber dass der Vater ihm dann noch<strong>Lk</strong> <strong>15</strong>,<strong>11</strong>-31 <strong>Die</strong> <strong>Tragödie</strong> <strong>des</strong> <strong>älteren</strong> <strong>Sohnes</strong>.doc; 04/07/<strong>11</strong>


- 4 -entgegenläuft, statt zu warten, bis er vor ihm auf den Knien liegt...Dass er ihn küsst, statt ihm eine ordentliche Standpauke zu halten, -das gibt's nirgends. Das gibt's nur bei Gott.Gibt's das, dass einer sagt: "Ich habe gesündigt. Aber kann ich bitteals Hilfsarbeiter bei dir schaffen?" dass der Vater dann sagt: "Nein,du bist und bleibst doch mein Sohn."?Aber so ist Gott. Wir gewöhnen uns so leicht daran, dass Gott wiedieser Vater ist. Eigentlich ist das unglaublich. Menschlichunvorstellbar. Aber so jammert es Gott, wenn wir uns von ihmabwenden. So kommt er uns entgegen, streckt er die Arme nach unsaus, um uns um den Hals zu fallen. So freut sich Gott, wenn wirwieder zu ihm kommen.IV. Dem <strong>älteren</strong> Sohn ist das zuviel <strong>des</strong> Guten. Ich kann'snachempfinden. Jetzt auch noch feiern, da kann er nicht mit. SeinVater kommt ihm nachgelaufen. "Du, er ist doch dein Bruder; komm,freu dich mit mir, dass er wieder lebt.""Der war mein Bruder." sagt er. "Er hat seinen Teil bekommen. Erhat seine Freiheit gehabt. Er hat es so gewollt. Der hat hier nichtsmehr verloren. -Hab ich mich jemals auf die faule Haut gelegt? Hab ich dich jemalsenttäuscht, wenn du mir eine Arbeit gegeben hast? Ich habe immergemacht, was du verlangt hast. Ich habe jetzt viele Jahre für dichgeschafft, oft bis zum Umfallen. Und noch nie hast du mir auch nureinen Hammel gegeben, dass ich mit meinen Freunden mal ordentlichgrillen konnte."<strong>Lk</strong> <strong>15</strong>,<strong>11</strong>-31 <strong>Die</strong> <strong>Tragödie</strong> <strong>des</strong> <strong>älteren</strong> <strong>Sohnes</strong>.doc; 04/07/<strong>11</strong>


- 5 -Als ob sich's schon lang aufgestaut hat, so bricht's aus ihm heraus,wie ein Vulkan. Was er sich nie zu sagen erlaubt hat, das kommt nunzu Tage.Und es zeigt sich: Äußerlich ist er der brave, der treue Sohn;innerlich ist er unzufrieden, innerlich arbeitet er für Lohn. Nachaußen ist es sein Vater; in Wahrheit ist er für ihn so etwas wie einChef, ein Arbeitgeber. Er gehorcht ihm, und wird dafür bewundert.Aber er wartet auf Lohn. Er meint, er muss sich die Zuwendungseines Vaters verdienen. Und weil sein Bruder sich diese Zuwendungnicht verdient hat, <strong>des</strong>halb will er sie ihm auch nicht gönnen. Darumbeschwert er sich beim Vater:"Und jetzt kommt der zurück; dein Geld, das du mit deinen Händenerarbeitet hast, das hat er mit beiden Händen zum Fensterrausgeschmissen. Und du schlachtest gleich unser Mastkalb, umseine Heimkehr zu feiern. Du wür<strong>des</strong>t ihn besser gleich wiederrausschmeißen.""Sieh doch," sagt da der Vater, "du bist doch immer hier gewesen.Und was hier steht, ist doch längst alles deins. Ich finde, du solltestdich mitfreuen. Dein Bruder war verloren, für mich als ob er totwäre. Und jetzt habe ich ihn wieder gefunden, und er lebt. Kommmit, mit dir wird unser Fest erst schön."V. <strong>Liebe</strong> Gemeinde, er war Sohn, aber er war sich <strong>des</strong>sen nichtwirklich bewusst; er hat als Knecht gelebt. Das war die <strong>Tragödie</strong> <strong>des</strong>zweiten <strong>Sohnes</strong>. Der erste, der jüngere, wollte Knecht beim Vaterwerden, und ist Sohn geworden. Der zweite, der ältere, war Sohn,und hat sich als Knecht gefühlt. Sein Vater hat ihn geliebt, - einfach<strong>Lk</strong> <strong>15</strong>,<strong>11</strong>-31 <strong>Die</strong> <strong>Tragödie</strong> <strong>des</strong> <strong>älteren</strong> <strong>Sohnes</strong>.doc; 04/07/<strong>11</strong>


- 6 -weil er sein Sohn war; aber er hat gemeint, er muss sich diese <strong>Liebe</strong>erst verdienen. Alles hat ihm gehört, aber er hatte das Gefühl, zu kurzgekommen zu sein. Er war der Erbe. Aber er hat seinem Vater nichtvertraut, dass ihm alles gehört, alles zur Verfügung steht.Das ist für mich die <strong>Tragödie</strong> in diesem 2. Akt. Und die Frage stelltsich: Trauen wir Gott zu, dass er uns ohne Bedingung liebt? Wennwir Kinder Gottes sind, leben wir dann auch so? Durch die Taufe hatGott uns als seine Kinder angenommen. Ohne Bedingung. Könnenwir das in unserem Leben gelten lassen?Man kann Gott den Rücken zudrehen und gehen; wie er jüngereSohn. Man kann sich von ihm abwenden, ihn links liegen lassen.Und das tun viele.Man kann aber auch bei Gott bleiben, ihm gehorchen, in derGemeinde ganz viel für ihn tun, - und trotzdem leben wie ein Knecht.Wie einer, der sich die Zuneigung Gottes verdienen will. Ich höremanchmal heraus, wie einer denkt: 'Jetzt hab ich mir doch sicheretwas Besonderes verdient.' Oder ein anderer: 'Hoffentlich reicht'smal am Ende, wenn ich vor Gott stehe.'Aber Gott gibt uns nicht Lohn für Leistung, er gibt uns alles. Wirsind Erben. Er gibt uns seine ganze <strong>Liebe</strong>, seine volle Gnade, seineBarmherzigkeit, seine Vergebung. Der ältere Sohn wollte sich die<strong>Liebe</strong> <strong>des</strong> Vaters verdienen. Darum hat er auch seinen Bruder nichtdie Hand reichen können. Das hätte der nicht verdient.Ich fürchte, das hängt zusammen. <strong>Die</strong> Knechtsmentalität und dieUnversöhnlichkeit. Oder anders herum: Wer sich die Vergebung von<strong>Lk</strong> <strong>15</strong>,<strong>11</strong>-31 <strong>Die</strong> <strong>Tragödie</strong> <strong>des</strong> <strong>älteren</strong> <strong>Sohnes</strong>.doc; 04/07/<strong>11</strong>


- 9 -beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring anseine Hand und Schuhe an seine Füße 23 und bringt das gemästeteKalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein! 24 Denndieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er warverloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zusein.25 Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zumHause kam, hörte er Singen und Tanzen 26 und rief zu sich einen derKnechte und fragte, was das wäre. 27 Der aber sagte ihm: DeinBruder ist gekommen und dein Vater hat das gemästete Kalbgeschlachtet, weil er ihn gesund wiederhat.28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging seinVater heraus und bat ihn. 29 Er antwortete aber und sprach zuseinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe deinGebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben,dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. 30 Nun aber,da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Hurenverprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.31 Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir undalles, was mein ist, das ist dein. <strong>32</strong> Du solltest aber fröhlich undguten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wiederlebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.<strong>Lk</strong> <strong>15</strong>,<strong>11</strong>-31 <strong>Die</strong> <strong>Tragödie</strong> <strong>des</strong> <strong>älteren</strong> <strong>Sohnes</strong>.doc; 04/07/<strong>11</strong>

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