oscar - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen
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Symposium des Filmbüro NW<br />
Das Ende der Fiktion?<br />
In China gibt es derzeit viele Spielfilme, die sich<br />
hart mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit auseinandersetzen.<br />
Nach Meinung der Münchener<br />
Filmjournalistin Susan Vahabzadeh liegt eine<br />
der Gründe hierfür in der Unmöglichkeit, in<br />
China Dokumentarfilme zu drehen. Wichtig sei<br />
den Machern allerdings, „eine wahrhaftige Geschichte“<br />
zu erzählen, die die tatsächlichen Verhältnisse<br />
reflektiert. Nicht nur im Reich der Mitte<br />
und jenseits staatlicher Zensurbemühungen<br />
wird derzeit versucht, sich der Wirklichkeit mit<br />
Mitteln des Fiktionalen anzunähern.<br />
Dabei verschwimmen die Genre-Grenzen.<br />
Inszenierte Passagen sind fester Bestandteil des<br />
dokumentarischen Arbeitens, andererseits werden<br />
Sachbücher wie „Gomorrha“ als Thriller verfilmt.<br />
Bei historischen Stoffen beruft sich die<br />
Traumfabrik auf die Ergebnisse wissenschaftlicher<br />
Forschung, alles soll authentisch sein wie<br />
das Leben selbst, egal ob es um Elisabeth I., oder<br />
neuerdings um die Buddenbrooks und Stauffenberg<br />
geht. Kurz, das ursprünglich mit dem Dokumentarischen<br />
verknüpfte Diktum von Wahrheit<br />
und Realismus soll nun auch für Spielfilme<br />
gelten. Endet damit die Fiktion? Niemand, auch<br />
nicht die Veranstalter vom Filmbüro NW,<br />
mochte das ernsthaft in Erwägung ziehen. Vahabzadeh<br />
gab auf dem Symposium „zum Verhältnis<br />
von Realismus und Inszenierung im aktuellen<br />
deutschen und europäischen Spielfilm“ zum<br />
Auftakt und mit Verweis auf den postmodernen<br />
12<br />
Philosophen Gilles Deleuze gleich die Richtung<br />
vor: Das Problem sei nicht die Vermischung<br />
von Realität und Fiktion, sondern unsere Unfähigkeit,<br />
zwischen beidem zu unterscheiden. Die<br />
Kunstgeschichte lehre, dass es nie gereicht habe,<br />
„Wirklichkeit einfach abzubilden“. Man<br />
könnte auch formulieren, Wirklichkeit ist eine<br />
Fiktion, denn sie wird nur im Vergleich und in<br />
der Verdichtung sichtbar. Phantastische Filme<br />
können so unter Umständen mehr Realismus<br />
transportieren als Werke, die im beifälligen dokumentarischen<br />
Look daher kommen. In den<br />
Debatten war denn auch weniger von „Realität“<br />
als von der „Verdichtung von Geschichten<br />
zu einer erfahrbaren Geschichte“ die Rede, so<br />
Filmemacher Jan Bonny. Eher davon, dass Filme<br />
„realistisch erscheinen“, so Produzentin Janine<br />
Jackowski. Weniger von „Authentizität“<br />
denn von „Authentizitätsgefühlen“ – so Filmemacher<br />
Athanasios Karanikolas. Eher<br />
davon, die „Poesie hinter dem Realistischen zu<br />
suchen“, so Filmemacher Timo Müller. Produzentin<br />
Sabine Holtgreve (Wüste Film<br />
Ost) erschienen Begriffe wie Glaubwürdigkeit<br />
und Wahrhaftigkeit allemal angemessener als<br />
„Realität“. Und der belgische Regisseur Christophe<br />
van Rompaey, der gerade mit seiner<br />
Sozialkomödie „Neulich in Belgien“ nicht nur<br />
daheim Erfolge feiert, befand, eine Story müsse<br />
universell verstanden werden, aber „shooting<br />
is easier in a well known place“.<br />
newsletter 1/2009 – Meldungen<br />
ANZEIGE<br />
IFFF: Freiheit in<br />
Dortmund<br />
Das Internationale Frauenfilmfestival findet,<br />
nach der Kölner Ausgabe 2008, in diesem<br />
Jahr vom 21. bis 26. April wieder in Dortmund<br />
statt und hat sich als Schwerpunkt gleich eines<br />
der ganz großen Themen angenommen: Freiheit.<br />
In Filmreihen und Werkstattgesprächen<br />
setzt sich das Programm mit verschiedenen<br />
Aspekten von Freiheit auseinander und wird<br />
dem Wettbewerb des Festivals damit einen<br />
spannenden Rahmen geben. Neu im Wettbewerb<br />
ist der vom Online-Portal DerWesten.de<br />
gestiftete Dortmunder Preis für Bildgestalterinnen<br />
in der Kategorie Dokumentarfilm. Mit 2.500<br />
Euro dotiert erweitert diese Auszeichnung das<br />
Engagement der Festivalmacherinnen für die Arbeit<br />
von Kamerafrauen, indem der bisherige Kamerapreis<br />
nun nicht mehr fiktionale und nonfiktionale<br />
Arbeiten gemeinsam bedenken muss.<br />
Weitere Preise werden im Internationalen Wettbewerb<br />
wie gewohnt jeweils von Jury und Publikum<br />
vergeben. Fachspezifische Foren und ein<br />
Schulfilmprogramm runden das Programm ab,<br />
das ab Ende März detailliert unter www.frauenfilmfestival.eu<br />
bekannt gegeben wird.<br />
IFFF Dortmund|Köln,<br />
Tel. (0231) 5025162;<br />
info@frauenfilmfestival.eu<br />
Hanna Schygulla in „Auf der anderen Seite“,<br />
Foto: Kerstin Stelter/ corazón international<br />
Preise für geförderte Filme<br />
Starke Frauenrollen<br />
Gleich zwei Golden Globes konnte Kate<br />
Winslet in Los Angeles in Empfang nehmen: Die<br />
Auszeichnung als beste Nebendarstellerin erhielt<br />
sie für ihre Rolle in der von der <strong>Filmstiftung</strong><br />
NRW geförderten Produktion „Der Vorleser“,<br />
die zu großen Teilen in Köln gedreht wurde und<br />
nun auch für fünf Oscars nominiert wurde. Diesmal<br />
kann sich Kate Winslet Hoffnungen in der<br />
Kategorie Beste Hauptdarstellerin machen. Von<br />
der amerikanischen Broadcast Film Critics<br />
Association war die britische Schauspielerin<br />
bereits zuvor mit dem Critics Choice Award<br />
ausgezeichnet worden – hier wieder für die beste<br />
Nebenrolle.<br />
Für die amerikanische National Society<br />
of Film Critics war dagegen Hanna Schygulla<br />
in ihrer Rolle als trauernde Mutter in der<br />
ebenfalls geförderten Produktion „Auf der anderen<br />
Seite“ die beste Nebendarstellerin 2008.<br />
Festival-Treffpunkt:<br />
Das Egyptian<br />
Theatre auf der<br />
Main Street von<br />
Park City.<br />
Das Team von<br />
„Helen“: Lauren Lee<br />
Smith, Alexia Fast,<br />
Ashley Judd,<br />
Regisseurin Sandra<br />
Nettelbeck und<br />
Goran Visnjic.<br />
Sundance Filmfestival<br />
A Warm Welcome<br />
im kalten Utah<br />
VON ANNA KOSKODA<br />
„Ich bin überwältigt, mir fehlen die Worte“: Sandra<br />
Nettelbeck freute sich über den warmherzigen<br />
Applaus für ihren Film „Helen“, der auf dem<br />
von Robert Redford gegründeten Sundance Film<br />
Festival in Park City seine Weltpremiere feierte. Es<br />
ist die erste internationale Koproduktion der Regisseurin,<br />
die mit „Bella Martha“ einen Überraschungserfolg<br />
auch in den USA landete. Nun drehte<br />
sie mit Starbesetzung „Helen“, einen hochemotionalen<br />
Film über eine Musikprofessorin, die an<br />
Depressionen leidet, die fast ihr Leben zerstören.<br />
Zum Ensemble gehören neben Ashley Judd, die<br />
die Titelrolle spielt, Goran Visnjic und Lauren Lee<br />
Smith.<br />
Der Cast und Produzentin Judy Tossell von<br />
Egoli Tossell Film stellten sich im Anschluss an die<br />
Vorführung im Skiort Park City auf 2.100 Metern<br />
Höhe den interessierten Fragen des Publikums.<br />
Ashley Judd, die selbst schon mit Depressionen zu<br />
kämpfen hatte, sagte, am Skript von Sandra Nettelbeck<br />
habe sie überzeugt, dass die Regisseurin<br />
genau wüsste, worüber sie schreibt. Nettelbeck<br />
hat, angeregt durch den Freitod einer Freundin,<br />
zehn Jahre an dem Drehbuch recherchiert und geschrieben.<br />
Herausgekommen ist eine intensive Psychostudie,<br />
der man sich kaum entziehen kann. Dass<br />
der Film nun in Sundance seine Weltpremiere feierte,<br />
ist für die 41-jährige Regisseurin etwas ganz<br />
Besonderes: „Sundance ist für einen Filmemacher<br />
immer noch ein Meilenstein.“ Der Film kommt am<br />
9. April in die deutschen Kinos.<br />
Gleich mit drei geförderten Produktionen dreier<br />
deutscher Regisseure konnte sich die <strong>Filmstiftung</strong><br />
NRW beim 25. Filmfestival von Sundance<br />
vom 15. bis 25. Januar präsentieren und zeigen,