Peter Simonischek
Peter Simonischek
Peter Simonischek
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<strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong><br />
Der neue<br />
Jedermann<br />
Zwanzig Jahre Berlin haben den Steirer<br />
<strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong> auch kulinarisch geprägt.<br />
Es fällt ihm aber nicht schwer, sich hier zu<br />
Lande genussvoll zurecht zu finden.<br />
Modern soll sie sein, die neue „Jedermann“-Inszenierung,<br />
die am 28. Juli am Salzburger Domplatz ihre Premiere erleben wird. <strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong> hat<br />
sich für die anstrengende Titelrolle schon Monate davor mit Jogging und anderen Fitnessaktivitäten<br />
vorbereitet. „Besonders wenn es heiß ist, verlangt einem die Freiluft-Location<br />
alles ab. Der Stein am Domplatz gibt die gespeicherte Hitze ab, da hast du 50 Grad im Schatten.<br />
Dazu kommt auch noch das permanente laute Sprechen. Da kannst du keine überflüssigen<br />
Pfunde brauchen.“ Interviewtermine samt Mittagessen, wie im Burgtheater-Restaurant<br />
„Vestibül“, sind da für den erklärten Genussmenschen willkommene Anlässe, die frugale<br />
Vorbereitungsphase ein wenig zu durchbrechen.<br />
Regisseur der Neuinszenierung ist Christian Stückl, der seinerzeit in seiner Vaterstadt<br />
Oberammergau mit einer „Reform-Passion“ ohne frömmelnde Untertöne gefeiert wurde.<br />
Die Besetzungsliste ist prominent wie selten zuvor: Veronica Ferres als Buhlschaft, Tobias<br />
Moretti als Guter Gesell und Teufel, Sunnyi Melles als Glaube. „Die Karten“, lacht <strong>Simonischek</strong>,<br />
„sind weggegangen wie die Tickets bei einem hochkarätigen Boxkampf.“ Wohlweislich<br />
hat sich der gebürtige Steirer ein kleines Kartenkontingent gesichert, um wenigstens die<br />
Familie am alljährlichen Salzburger Festspiel-Highlight teilhaben zu lassen. Denn die „Jedermann“-Rolle<br />
ist Kult. „Schwer zu sagen, warum. Die Rolle ist extrem protagonistisch und<br />
sicher spielt auch die Tradition und die Tatsache, wer das alles schon gespielt hat, eine Rolle.“<br />
Mit dem „Jedermann“ ist auch ein gehöriger Popularitätsschub verbunden: „Man kommt in<br />
einen Publikums-Fokus rein: Zu dem Phänomen gehört ja auch, dass es wurscht ist, ob’s gut<br />
ist“, meint <strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong>, der schon in den letzten vier Jahren im Hofmannsthal-Klassiker<br />
den Tod gespielt hat. „Wenn einer nicht so toll ist, dann wird das maximal hinter vorge-<br />
Text: Christian Grünwald<br />
Fotos: Manfred Klimek<br />
haltener Hand gesagt, aber offiziell wird ein<br />
,Jedermann‘ nicht verrissen. Man sagt dann<br />
eher: Für mich war dieser und jener der Beste.<br />
Rare Momente einer frugalen<br />
„Jedermann“-Vorbereitungsphase:<br />
Genussmensch<br />
<strong>Simonischek</strong> im „Vestibül“.<br />
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<strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong> „Früher haben wir aus jedem Dorf eine Salami mit nach<br />
Hause gebracht. So wie andere daheim Urlaubsfotos<br />
angeschaut haben, haben wir dann eine Salami-Session<br />
gemacht und dabei Erinnerungen ausgetauscht.“<br />
Und dann kommt meistens der Curd Jürgens. Der war halt auch<br />
im Privaten der Lebemann. Und für manche war’s auch der Attila<br />
Hörbiger, weil er so ein gestandenes Mannsbild war und den Platz<br />
vor der Bühne mühelos ausgefüllt hat. Der hatte einen unglaublichen<br />
Tenor: schneidend und hell.“<br />
In der Neuzeit ist die Stimme nicht mehr so entscheidend. „In der<br />
Zeit von Curd Jürgens wurden die Mikros eingeführt. Der hatte ja so<br />
eine heisere Stimme, die trug offenbar nicht so. Mittlerweile ist die<br />
Technik derart perfekt, dass das alles kein Problem mehr ist. Trotzdem<br />
darf man nicht den Fehler begehen, das Ganze wie ein Kammerspiel<br />
zu behandeln.“ Denn je leiser jemand spricht, weil er sich auf die Verstärkeranlage<br />
verlässt, umso mehr verändert sich auch die Körpersprache.<br />
„Dann haben im schlechtesten Fall 3.000 Zuschauer<br />
das Gefühl, einem Hörspiel zuzusehen.<br />
„Der ,Jedermann‘ hat eine tolle, wirkungsvolle<br />
Dramaturgie, so wie im Kasperltheater<br />
oder bei Schillers ,Kabale und Liebe‘.“<br />
Bei Schlechtwetter wird die Freiluftinszenierung<br />
ins Festspielhaus verlegt<br />
und dort das Notprogramm gespielt:<br />
„Furchtbar! Nicht nur für die Besucher,<br />
weil ein Teil der Karten die Gültigkeit<br />
verliert, sondern auch für das<br />
ganze Stück. Der ,Jedermann‘ gehört<br />
einfach auf den Domplatz, unter den<br />
freien Himmel. Und wenn das nicht<br />
der Fall ist, stellt sich die Frage, warum<br />
macht man das überhaupt.“ Max<br />
Reinhardts ursprüngliches „Jedermann“-Konzept<br />
hat sich über die Jahrzehnte<br />
ohnehin dramatisch verändert.<br />
„Damals kam am Schluss des Stückes<br />
die Dämmerung. Das ist heute mit der<br />
Sommerzeit und wegen des Festspielkalenders<br />
ganz anders. Wir müssen<br />
viel früher, um 17.30 Uhr, also in der<br />
größten Hitze, anfangen, damit dann<br />
danach, zum typischen Abendtermin,<br />
im Großen Festspielhaus noch ein<br />
Konzert beginnen kann.“ Länger als<br />
90 Minuten sollte der „Jedermann“<br />
aber ohnehin nicht dauern: „Das muss<br />
ein melodramatischer Rausch sein,<br />
mit Furcht, Schrecken und Mitleid. Da darfst du die<br />
Leute nicht auslassen. Das Stück hat eine tolle, wirkungsvolle<br />
Dramaturgie, so wie im Kasperltheater<br />
oder auch bei Schillers ,Kabale und Liebe‘.“<br />
<strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong> übersiedelt anlässlich der Festspielzeit<br />
gleich für zwei Monate mit Ehefrau Brigitte<br />
Karner (ebenfalls Schauspielerin) und den Söhnen<br />
Benedikt und Kaspar nach Salzburg. Die einschlägigen<br />
kulinarischen Topadressen à la „Pfefferschiff“ und<br />
Co. sind ihm wohl bekannt, am liebsten frequentiert<br />
<strong>Simonischek</strong> aber den „Krimplstätter“. „Wegen dem<br />
schönen Gastgarten.“ Nach wie vor herrscht im Revier<br />
des resoluten Wirtes strenges Handyverbot: „Der<br />
Krimplstätter meint, er geht ja auch nicht zu uns<br />
ins Büro und verspeist dort sein<br />
Mittagessen.“<br />
Hier zu Lande ist dem Österreicher<br />
<strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong> auf eine seltsame<br />
Art nicht alles so vertraut. Kein Wunder,<br />
25 Jahre seiner Schauspielkarriere<br />
verbrachte der 56-Jährige in Deutschland,<br />
davon 20 Jahre in Berlin. Seit<br />
der Spielsaison 1999/2000 ist er Ensemblemitglied des<br />
Wiener Burgtheaters. „Hin und wieder braucht man<br />
neue Impulse, und zwei Jahrzehnte<br />
an einem Theater sind ohnehin mehr<br />
als ungewöhnlich.“ Es war aber offenbar<br />
auch eine bemerkenswert interessante<br />
wie intensive Arbeit: „An der<br />
Berliner Schaubühne ging man schon<br />
ganz anders und viel aufwändiger an<br />
Stücke heran. Für Jean Genets „Die<br />
Neger“ sind zur Vorbereitung erst<br />
einmal 20 Ensemblemitglieder ein<br />
Monat lang nach Afrika gereist. Und dann hat man eben in akribischer<br />
Arbeit versucht, mit reichlich Sekundärinformation dem Stück<br />
auf den Grund zu gehen.“<br />
Berlin stellt auch den Anfang von <strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong>s kulinarischer<br />
Karriere dar. Der leidenschaftliche Austernesser nimmt auch heute<br />
noch fallweise eine ganze Kiste Austern im Flieger aus Berlin nach<br />
Wien mit. Handwerkliche Hindernisse kennt <strong>Simonischek</strong> dabei<br />
nicht. „Die öffne ich selbst, klar doch. 50, 60 Stück sind kein Problem<br />
für mich. Dazu ein schöner Weißwein, herrlich. – Austern satt halt.“<br />
Im geteilten Berlin konnte man auch den Kaviar noch so richtig<br />
mit dem Löffel essen: „Auf dem so genannten Polenmarkt haben die<br />
Händler den Kofferraumdeckel aufgemacht und die Ein-Kilo-Dosen<br />
Kaviar hervorgeholt. Und die hast du für 100 Mark bekommen. Heute<br />
leider ein fast unleistbares Vergnügen. Ich hatte damals stets eine<br />
feine Reserve im Kühlschrank, und an manchen Tagen hat man zum<br />
Frühstück eben überlegt, ob es lieber ein weiches Ei oder ein wenig<br />
Kaviar sein darf.“ In der Küche selbst Hand anzulegen, ist für <strong>Peter</strong><br />
<strong>Simonischek</strong> kein Problem. „Das tue ich gerne, allerdings habe ich das<br />
Glück, dass meine Frau sehr gut kocht. Täglich zu vollster Zufriedenheit,<br />
gelegentlich sogar zur Begeisterung.“<br />
Im Hause <strong>Simonischek</strong>-Karner dominiert hauptsächlich die italienische<br />
Küche: „Lasagne, Pizza, auch wegen der Kinder natürlich.“<br />
Italienische Restaurants à la „La Ninfea“ dominieren dann auch bei<br />
den gastronomischen Ausflügen in Wien. Es darf aber auch asiatisch<br />
sein: „Die Söhne lieben Sushi, ich hab’s derzeit gerne kreolisch, so mit<br />
Kokos und Knoblauch, wie etwa im ,Eat‘ am Getreidemarkt. Auch ins<br />
,Wok‘ gehen wir gerne.“ Die favorisierten Wirtshäuser? „Am liebsten<br />
zum ,Grünauer‘ oder zum ,Ubl‘, aber offen gestanden stehe ich in<br />
Wien noch vor vielen möglichen Entdeckungen, weil ich ja so lange<br />
weg war.“<br />
Zurück an den privaten Herd: „Wild gibt’s bei uns daheim auch<br />
reichlich, weil ich ein Jäger bin. Aber wir essen nicht das, was ich<br />
schieße, denn davon könnte man nicht leben. Mein Vater hat eine<br />
Jagd und ich habe die Jagdprüfung, gehe im Herbst gelegentlich mit<br />
ihm mit. Da sind auch die Schulfreunde von früher dabei, die heute<br />
Bauern sind. Das genieße ich: eine völlig andere Welt. Back to the<br />
roots eben.“ Das Bekenntnis zur Jagd ist mitunter problematisch:<br />
„Einige sind entsetzt, halten das für unkorrekt und entpuppen sich<br />
als beinahe militante Gegner.“<br />
Fast unnötig zu erwähnen, dass der Steirer <strong>Simonischek</strong> auch den<br />
steirischen Topgastronomen<br />
regelmäßige Besuche abstattet:<br />
„Den großen Genuss<br />
im ,Steirereck‘ oder ,Korso‘<br />
leistet man sich schon hin<br />
und wieder gerne.“ Wobei im „Korso“ nicht nur<br />
der Steirer Reinhard Gerer auf <strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong><br />
wartet, sondern vor allem auch Chef de Range Bruno<br />
Mayerhuber: „Wir stammen aus dem gleichen Ort,<br />
Hartmannsdorf, in der Nähe von Graz.“<br />
Für ausgedehnte kulinarische Reisen bleibt neben<br />
dem Beruf nur noch wenig Zeit. „Und wenn, dann nur<br />
in Gegenden, wo auf den Bühnen Deutsch gesprochen<br />
wird.“<br />
Kein Vergleich zu den früheren Expeditionen nach<br />
Sardinien, Korsika oder Elba. „Mein Hobby war damals,<br />
aus möglichst jedem Dorf eine Salami nach<br />
Hause zu bringen. So wie andere daheim die Urlaubsfotos<br />
angeschaut haben, haben wir dann halt eine<br />
Salami-Session gemacht und dabei die Erinnerungen<br />
ausgetauscht. Später dann habe ich die Salami-Berge<br />
im Berliner KaDeWe gesehen und keine Freude daran<br />
finden können. Im Überfluss fehlt mir die persönliche<br />
Geschichte. Genießen hat für mich eben auch etwas<br />
mit Verzicht und Bescheidung zu tun.“ Letzteres steht<br />
<strong>Peter</strong> <strong>Simonischek</strong> vielleicht diesen Sommer bevor:<br />
„Nach dem ,Jedermann‘ gehen sich vielleicht noch<br />
einige Wochen Urlaub in Griechenland aus. – Dort ist<br />
man aber leider im kulinarischen Niemandsland.“<br />
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