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100 Jahre Nationalparks in Europa - EUROPARC Deutschland eV

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4 VorwortGuido Puhlmann<strong>Nationalparks</strong> –e<strong>in</strong>e europäische Perspektive7 Entwicklung der <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Carol Ritchie11 <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Mag. Mart<strong>in</strong> Šolar16 40 <strong>Jahre</strong> <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> –Stand und PerspektivenHubert We<strong>in</strong>zierlInhaltNationale Strategien zum Erhaltder biologischen Vielfalt23 Die Nationalen Naturlandschaften im Zeichenvon Klimawandel und BiodiversitätGertrud Sahler30 <strong>Nationalparks</strong> als Eckpfeiler bayerischer NaturschutzpolitikStaatsm<strong>in</strong>ister Dr. Markus Söder32 <strong>Nationalparks</strong> – e<strong>in</strong>e kulturelle HerausforderungDr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde3Vielfalt und NationaleNaturlandschaften – e<strong>in</strong>eGrundlage der Gesellschaft39 Die Rolle der Nationalen Natur landschaften fürden Erhalt der BiodiversitätDr. Uwe Riecken & Dr. Volker Scherfose44 TEEB und die ökonomischen Wertevon SchutzgebietenProf. Dr. Bernd Hansjürgens48 Wertschöpfung durch <strong>Nationalparks</strong>Univ.-Prof. Dr. Hubert Job51 Biodiversität als Herausforderung für dieF<strong>in</strong>anzwirtschaftHe<strong>in</strong>er Herkenhoff56 Wildes <strong>Deutschland</strong> – e<strong>in</strong>e Utopie wird wahr !Guido Puhlmann60 Verzeichnis der Autor<strong>in</strong>nen und Autoren61 Impressum


Vorwort


Im Jahr 2009 erklärte die UNESCO denGroßteil des Wattenmeeres zum Weltnaturerbe.Damit stellte die <strong>in</strong>ternationale Organisation diee<strong>in</strong>zigartige Landschaft auf e<strong>in</strong>e Stufe mit Naturwundernwie der Serengeti <strong>in</strong> Tansania oder demGrand Canyon <strong>in</strong> den USA.Nationalpark Schleswig-Holste<strong>in</strong>isches Wattenmeer– von Wasserbedeckte AußensändeSie würdigte mit der Auszeichnung zugleich denunermüdlichen E<strong>in</strong>satz all derer, die zum Schutzund Erhalt des Wattenmeeres beigetragen haben.Auch <strong>in</strong> anderen Nationalen Naturland schaften<strong>Deutschland</strong>s wurde die Naturschutz arbeit durche<strong>in</strong>en Welterbestatus bestätigt und auf besondereWeise wertgeschätzt. In vier Bundesländern wurdenim Juni 2011 die „Alten Buchenwälder <strong>Deutschland</strong>s“ebenfalls als Weltnaturerbe anerkannt.Die öffentliche Aufmerksamkeit, die das Weltnaturerbeauf sich zieht, belegt das große gesellschaftlicheInteresse an <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>und die geme<strong>in</strong>same Verantwortung, unsereschönsten und wertvollsten Landschaften langfristigzu erhalten. Die Bevölkerung im Umfeld derNationalen Naturlandschaften, aber auch die Besuchersollen begeistert und für deren Schutz sensibilisiertwerden.Für die meisten Verwaltungen der derzeit14 <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ist diese Aufgabee<strong>in</strong> Spagat zwischen wachsenden Aufgaben undBesucher<strong>in</strong>teresse sowie den knapper werdendenHaushaltsmitteln. Wildnis ist e<strong>in</strong> erklärtes Zielder <strong>Nationalparks</strong>. Bis 2020 – so steht es <strong>in</strong> derNationalen Strategie zur biologischen Vielfalt derBundesregierung – sollen immerh<strong>in</strong> zwei Prozentder terrestrischen Landesfläche als <strong>Nationalparks</strong>und damit Wildnis- bzw. Wildnisentwicklungsgebieteausgewiesen se<strong>in</strong> – weit mehr als doppeltsoviel wie heute.Natur Natur se<strong>in</strong> lassen ist eigentlich e<strong>in</strong>fachund preiswert. Doch es ist leichter gesagt als getanund erfordert Ausdauer und Überzeugungsarbeit.Menschen, die sich gegen Veränderung desGewohnten aussprechen und wirtschaftliche Interessenbee<strong>in</strong>trächtigt sehen, s<strong>in</strong>d mancherorts Gegnerdieser natürlichen Entwicklung <strong>in</strong> den<strong>Nationalparks</strong>.Dennoch lohnt es sich, der Natur Raum zu geben,<strong>in</strong> dem sie sich ungestört entfalten kann. Dieszeigt die Entwicklung des <strong>Nationalparks</strong> BayerischerWald. Die Aufgabe der Waldnutzung sowiedie Sorge um Arbeitsplätze und E<strong>in</strong>kommen wichseit 1970 e<strong>in</strong>er neuen Wertschöpfung : dem naturorientiertenTourismus, der bis heute zielgerichtetausgebaut wird. Die Chance, Urlaub im eigenenLand zu machen, komb<strong>in</strong>iert mit Erholung undUmweltbildung, wird zunehmend erkannt, umgesetztund trägt zugleich zum Klimaschutz bei.Die weitsichtige Entscheidung, den Nationalparkzu erweitern und grenzüberschreitend mitdem tschechischen Nachbarpark das „wilde Herz<strong>Europa</strong>s“ entstehen zu lassen, mobilisierte zwarnoch e<strong>in</strong>mal alte Gegner. Doch die klare Haltungdes Landes wird heute durch wachsende Zustimmungund zunehmende regionale Identifikationenmit den Schutzzielen bestätigt.Der Schutz großer Flächen stärkt die biologisch<strong>eV</strong>ielfalt und durch Naturtourismus auch dieZukunft e<strong>in</strong>er ganzen Region. Die Vermittlungvon Wildnis, wie sie auch <strong>in</strong> den Managementzielender <strong>in</strong>ternationalen NaturschutzorganisationIUCN (International Union for Conservationof Nature) fest verankert ist, erfordert e<strong>in</strong>e qualifizierteBetreuung der Gebiete, e<strong>in</strong> Feld, <strong>in</strong> demmancher Park erhebliche Defizite aufweist.<strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> setzt sich für e<strong>in</strong>effektives Gebietsmanagement e<strong>in</strong>, gefördert vomBundesamt für Naturschutz mit Mitteln desBundes m<strong>in</strong>isteriums für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit. 2008 wurden Qualitätskriterienund Standards für <strong>Nationalparks</strong>entwickelt.Derzeit werden unter Koord<strong>in</strong>ation von<strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> alle <strong>Nationalparks</strong> vone<strong>in</strong>em von der LANA (Bund / Länder-Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaftNaturschutz, Landschaftspflege undErholung) berufenen bundesweiten Komiteeevaluiert. Zertifizierte Nationalpark-Partner ergänzendarüber h<strong>in</strong>aus das Besucherprogramm derParks, engagieren sich <strong>in</strong> der Umweltbildung oders<strong>in</strong>d im Naturschutz aktiv.Unsere Aufgabe ist es, geme<strong>in</strong>sam mit denLändern und vielen Partnern die Menschen an dieNatur und speziell die Nationalen Naturlandschaftenheranzuführen – sie besser kennenzu lernen,zu verstehen und wertzuschätzen. In der Komb<strong>in</strong>ationvon <strong>Nationalparks</strong>, Naturparks und Biosphärenreservatenliegt e<strong>in</strong>e Stärke der Na tionalenNaturlandschaften. Helfen Sie mit, dieses Systemund Netz der großen Landschaften <strong>Deutschland</strong>sweiter zu optimieren.Guido PuhlmannVorsitzender <strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> e. V.5


<strong>Nationalparks</strong> –e<strong>in</strong>e europäischePerspektive


Entwicklung der<strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Wo stehen die deutschen Parksim europäischen Vergleich ?Zur Entstehungsgeschichteder SchutzgebieteFederwolke am Strandvon Spiekeroog (NationalparkNiedersächsischesWattenmeer)Am 24. Mai 2009 feierte <strong>Europa</strong> das hundertjährigeBestehen se<strong>in</strong>er <strong>Nationalparks</strong>. Die ersten neunParks wurden 1909 <strong>in</strong> Schweden e<strong>in</strong>gerichtet.Die Föderation <strong>EUROPARC</strong> ist die Dachorganisationeuropäischer Schutzgebiete undNaturschützer. Sie vertritt rund 450 Schutzgebiete,Regierungsabteilungen, Nichtregierungsorganisationenund Unternehmen <strong>in</strong> 39 Ländern,die sich für den Erhalt von Naturlandschaften,Seen, Bergen, Wäldern, Flüssen und europäischemKulturerbe e<strong>in</strong>setzen.Als bedeutendste Vertreter<strong>in</strong> der europäischenSchutzgebiete organisierte <strong>EUROPARC</strong> e<strong>in</strong>eReihe von Veranstaltungen zur Würdigung dieseswichtigen <strong>Jahre</strong>stags <strong>in</strong> der Geschichte des Naturschutzes.So stand der von den Schutzgebieten <strong>in</strong>ganz <strong>Europa</strong> gefeierte „Tag der Parke“ unter demMotto: „Junge Menschen – die Zukunft unsererParke“. Das Thema der <strong>EUROPARC</strong>-<strong>Jahre</strong>skonferenz2009 lautete : „<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> Nationalparke<strong>in</strong> <strong>Europa</strong>. E<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Erbe. E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameZukunft“. Im Rahmen des Projekts „<strong>100</strong><strong>Jahre</strong> Nationalparke <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>“ wurde das Buch„Lebende Parke : <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> Nationalparke <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>“veröffentlicht und e<strong>in</strong>e Ausstellung gleichenNamens konzipiert.Die Feierlichkeiten zum hundertjährigen Bestehender <strong>Nationalparks</strong> boten e<strong>in</strong>e hervorragendeGelegenheit, e<strong>in</strong>en Überblick über die Geschichtedes Naturschutzes <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> zu geben und überdie Zukunft der Schutzgebiete und des Schutzgebietsmanagementsnachzudenken.Der Schutz bestimmter Gebiete und Landschaftenhat e<strong>in</strong>e lange Tradition, die bis <strong>in</strong>s späte 17. Jahrhundertzurückreicht. Bereits <strong>in</strong> der Romantik warman der Überzeugung, dass der Schutz von Landschaftenund Natur von besonderem Wert sei. Ursprünglichhandelte es sich dabei vor allem umJagdgebiete und als heilig erachtete Orte. Im Zugeder Industriellen Revolution veränderte sich auchdas Verhältnis des Menschen zur Natur : Hatte ersie bislang häufig als bedrohlich empfunden, so betrachteteman nun die Natur selbst zunehmend alsbedroht.Immer mehr Menschen schlossen sich im18. und 19. Jahrhundert dieser Überzeugung an.Die E<strong>in</strong>richtung des weltweit ersten <strong>Nationalparks</strong>,des Yellowstone National Park <strong>in</strong> den USAim Jahr 1872, galt als Meilenste<strong>in</strong> dieser Bewegung.Überall <strong>in</strong> den außereuropäischen Kolonien entstandenim späten 19. Jahrhundert weitere Parks,die nach dem Vorbild des Yellowstone Parks als geschützteEr holungsgebiete konzipiert waren. Imfrühen 20. Jahrhundert schließlich entstanden dieersten <strong>Nationalparks</strong> auf europäischem Boden.Für ihre E<strong>in</strong>richtung hatten auch patriotische Erwägungene<strong>in</strong>e Rolle gespielt. Die geschützten Flächenwurden von der Öffentlichkeit genutzt, dientenaber auch zu Forschungszwecken.In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegenwurden <strong>in</strong> weiteren europäischen Ländern Parkse<strong>in</strong>gerichtet. Trotz der Unterschiede zum USamerikanischenKonzept des <strong>Nationalparks</strong> hieltsich die Bezeichnung auch <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> aufgrundihrer E<strong>in</strong>fachheit und E<strong>in</strong>gängigkeit. Die erstenParks wurden aufgrund ihrer wertvollen Naturausstattunge<strong>in</strong>gerichtet. Für ihre Abgrenzung und ihrAusmaß spielten opportunistische Überlegungenoft e<strong>in</strong>e größere Rolle als ihre natürlichen Gegebenheiten.Die für die Parks gültige Gesetzgebungund das Schutzkonzept gestalteten sich entsprechendder Regierung und der jeweiligen wirtschaftlichenSituation <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Ländern sehrunterschiedlich.Weitere Parks entstanden im Verlauf des20. Jahrhunderts, so dass seit der Jahrtausendwende<strong>in</strong> fast jedem europäischen Land m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>Nationalpark existiert. Während die Sorge um dieschw<strong>in</strong>denden natürlichen Ressourcen unseresPlaneten zunehmend größer wurde, entwickeltensich die geschützten Gebiete zu nationalen und<strong>in</strong>ter nationalen Systemen, zu denen auch die<strong>Nationalparks</strong> gehören.7


8Schutzgebiete heuteDer Landschaftsschutz ist <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnenLändern unterschiedlich organisiert. Viele Gebietes<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Schutz gebietskategorien der IUCN(International Union for Conservation of Nature)sowie im Natura-2000-Netzwerk der EU zusammengefasst.Das Netzwerk vertritt Landschaftenund Flächen, die unseren Schutz verdienen :Wald-, Wasser- und Küstenlandschaften, FloraDerzeit gilt <strong>in</strong> ganz <strong>Europa</strong> e<strong>in</strong>e Fläche von<strong>in</strong>s gesamt etwa 90 Millionen Hektar als geschütztesGebiet, das entspricht 18 Prozent derGesamt fläche, verteilt auf 40 Länder.und Fauna, unterschiedliche Lebensräume undÖkosysteme. Wichtigste Funktionen dieser Flächens<strong>in</strong>d nach wie vor der Schutz und der Erhaltunserer natürlichen Umgebung. Andere Aspektewie Erholung, Tourismus, nachhaltige Entwicklung,E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Kommunen, Umwelterziehungund Gesundheit gew<strong>in</strong>nen jedoch immermehr an Bedeutung. In unterschiedlichen Sektorens<strong>in</strong>d zahlreiche Menschen direkt oder <strong>in</strong>direkt fürdie Schutzgebiete tätig und setzen sich dafür e<strong>in</strong>,dass diese angemessen verwaltet werden und ihrekulturelle und natürliche Vielfalt beibehalten.Die Werte und der Nutzen der Schutzgebietes<strong>in</strong>d immens. Für den Erhalt der natürlichen Vielfaltunseres Kont<strong>in</strong>ents sowie für das Fortbestehense<strong>in</strong>er Wildgebiete und Naturlandschaften spielendie europäischen Schutzgebiete e<strong>in</strong>e wichtigeRolle. Neben Landschaften, die aus der jahrhundertelangenInteraktion von Mensch und Naturentstanden s<strong>in</strong>d, f<strong>in</strong>den sich hier auch noch weitgehendunberührte Orte. Schutzgebiete gebenvielen verschiedenen Tierarten e<strong>in</strong>en Lebensraumund erhalten zahlreiche Ökosysteme. Indem sie di<strong>eV</strong>ielfalt der europäischen Natur bewahren, ermöglichensie es uns allen, uns an ihrer Schönheit zuerfreuen.Immer mehr Menschen gelangen zu der Erkenntnis,dass gesunde und <strong>in</strong>takte Ökosysteme für dasmenschliche Leben sehr wichtig s<strong>in</strong>d. Damit gew<strong>in</strong>ntauch der Aspekt der so genannten „Ökodienstleistungen“zunehmend an Bedeutung. Dieserimmer häufiger verwendete Begriff umfasst di<strong>eV</strong>orzüge der Schutzgebiete, die lange Zeit nurwenig beachtet, heute dafür umso mehr geschätztwerden. Zu den Ökodienstleistungen zählenKohlen stoffspeicherung, Frischwasserreservoirs,Boden- und Artenschutz, saubere Luft, gesundeLebensmittel, natürliche Schädl<strong>in</strong>gsbekämpfung,Fotosynthese, Bodenentwicklung und Recycl<strong>in</strong>g.Trotzdem haben die Schutzgebiete auch heutemit zahlreichen Problemen zu kämpfen, die die Arbeitoft erheblich erschweren und teilweise sogarihren Fortbestand gefährden. E<strong>in</strong> wesentlichesProblem besteht dar<strong>in</strong>, dass ihre Vorzüge oft ke<strong>in</strong>eangemessene Wertschätzung erhalten. In unsererzunehmend urbanisierten Gesellschaft e<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong>für die Werte und den Nutzen unsererNatur zu bewahren, ist ke<strong>in</strong>e leichte Aufgabe.Auch <strong>in</strong>frastrukturelle Entwicklungen und derMangel an f<strong>in</strong>anzieller, politischer oder ideellerUnterstützung können die Arbeit der Schutzgebieteerschweren. Daneben müssen Interessenvertreternoft die langfristigen Vorteile nachhaltigerLösungen anstelle kurzfristiger positiverEffekte vermittelt werden.


NationalparkJasmund – Blick aufdie Wissower Kl<strong>in</strong>kenund die Ernst-Moritz-Arndt-SichtDie Zukunft des SchutzgebietsmanagementsUnsere Gesellschaft ist vor wirtschaftlichen undökologischen Krisen nicht gefeit. Damit ist auchdie Zukunft unserer Schutzgebiete nicht gesichert.Doch sollte nicht übersehen werden, dass auchzahlreiche positive Entwicklungen stattf<strong>in</strong>den, dieden Schutzgebieten zugute kommen.Dazu zählen Initiativen wie das InternationaleJahr der biologischen Vielfalt 2010 sowie verschiedenevielbeachtete Studien und Forschungsarbeiten,darunter der Bericht „The Economics of Ecosystemsand Biodiversity“ („Zur Wirtschaftlichkeitvon Ökosystemen und biologischer Vielfalt“, TEEBsiehe auch S. 44).Diese Initiativen können als Kommunikationsplattformdienen und helfen, die Werte und denNutzen unseres natürlichen und kulturellen Erbeszu kommunizieren. Das Konzept der Ökodienstleistungenkann ebenfalls e<strong>in</strong>e solche Plattformdarstellen. Neben der allgeme<strong>in</strong>en Öffentlichkeitund der Politik sollen zahlreiche verschiedeneZielgruppen angesprochen und die vielfältige Bedeutungdieser geschützten Flächen für unsere Gesellschaftvermittelt werden.Die im TEEB-Report detailliert beschriebenePreiskalkulation für die von der Natur erbrachtenLeistungen ist e<strong>in</strong>e Methode, diese Bedeutung zuveranschaulichen.E<strong>in</strong>e ganze Reihe von Themen wird <strong>in</strong> dennächsten <strong>Jahre</strong>n für die Schutzgebiete zunehmendwichtig se<strong>in</strong> : Das Thema Klimawandel, derzeit <strong>in</strong>aller Munde, betrifft auch <strong>Nationalparks</strong> und geschützteFlächen <strong>in</strong> erheblichem Maße. Bei der Anpassungan den Klimawandel, der Abschwächungse<strong>in</strong>er Auswirkungen und nicht zuletzt bei derErforschung des Problems spielen Schutzgebieteund <strong>Nationalparks</strong> e<strong>in</strong>e besondere Rolle.


10Während der Naturschutz im täglichen Leben zunehmend<strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund tritt, stellt sich dieFrage, wie das Interesse junger Leute, die für denFortbestand der Schutzgebiete e<strong>in</strong>e große Rollespielen, gefördert werden kann.E<strong>in</strong> weiteres <strong>in</strong>teressantes Thema ist der Zusammenhangzwischen Natur und Gesundheit.Der positive E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>takten Natur auf diemenschliche Gesundheit wurde bereits <strong>in</strong> verschiedenenStudien nachgewiesen. Auch im Naturschutztätige Fachkräfte haben diesen Zusammenhangund se<strong>in</strong> Potential für die Schutz gebieteerkannt.Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von Interessenvertretern verschiedenerSektoren <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb derParks <strong>in</strong> die Schutzgebietsarbeit ist e<strong>in</strong> wesentlicherAspekt e<strong>in</strong>es effektiven Managementkonzepts.Insbesondere <strong>in</strong> touristisch stark frequentiertenRegionen kann die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung dieserZielgruppen e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklungsichern.Der Schutz unseres natürlichen Erbes solltenicht als isoliertes Problem behandelt werden.Euro päische Schutzgebiete müssen mite<strong>in</strong>anderkooperieren, um geme<strong>in</strong>same HerausforderungenFür die <strong>in</strong>ternationale Zu sammenarbeits<strong>in</strong>d europaweite und globale Netz werkstrukturenvonnöten.zu erkennen und ihre Vision der Zukunft unseresNaturerbes umzusetzen. LänderübergreifendeKooperation zur Bewältigung ähnlicher Probleme<strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Schutzgebieten, der Aufbau vonNetzwerkstrukturen zum Austausch von Erfahrungen<strong>in</strong> verschiedenen Bereichen und die geme<strong>in</strong>sameEntwicklung <strong>in</strong>novativer In strumentes<strong>in</strong>d geeignete Methoden, um die Ent wicklung desSchutzgebietsmanagements voranzubr<strong>in</strong>gen.Das <strong>EUROPARC</strong>-NetzwerkDie Föderation <strong>EUROPARC</strong> wurde <strong>in</strong>s Lebengerufen, um das natürliche und kulturelle Erbe<strong>Europa</strong>s zu schützen und zu stärken.Das <strong>EUROPARC</strong>-Netzwerk verb<strong>in</strong>det die <strong>in</strong>den Schutzgebieten tätigen Fachkräfte und fördertPartnerschaften und Zusammenarbeit mit demZiel, das Schutzgebietsmanagement europaweitmit <strong>in</strong>novativen Ideen zu bereichern. Es gehörtzu den Aufgaben der Föderation, zahlreichenverschiedenen Zielgruppen die Werte und denNutzen der Schutzgebiete zu vermitteln.Um die Arbeit des Schutzgebietsmanagementsauch künftig zu sichern, haben die Föderation undihr Netzwerk zahlreiche Tools und Projekte entwickelt,die die formulierten Ziele verfolgen.Das Junior-Ranger-Programm der Föderation<strong>EUROPARC</strong> tritt derzeit <strong>in</strong> 30 Schutzgebieten <strong>in</strong>15 verschiedenen europäischen Ländern mit Angebotenauf, die von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichenzwischen 7 und 18 <strong>Jahre</strong>n genutzt werden.Unsere Europäische Charta für nachhaltigenTourismus ist e<strong>in</strong> Instrument zum schrittweisenAusbau e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung desTourismussektors <strong>in</strong> Schutzgebieten. Die Chartawurde bereits <strong>in</strong> 75 Schutzgebieten <strong>in</strong> achtLändern umgesetzt. Im Rahmen der zweiten Phaseder Charta wurden bisher 155 Unternehmenzerti fiziert. 17 grenzüberschreitende Parks, dieüber Ländergrenzen h<strong>in</strong>weg eng zusammenarbeiten,erhielten die Zertifizierung nach unseremTransboundary-Programm.Derzeit entwirft <strong>EUROPARC</strong> für die EuropäischeUnion e<strong>in</strong>e Lobby<strong>in</strong>g-Strategie, die di<strong>eV</strong>orteile der Schutzgebiete deutlicher herausstellensowie das Natura-2000-Netzwerk unterstützenund stärken soll. Dazu steht die Entwicklung wirksamerInstrumente zur Verbesserung der Netzwerkarbeitund zum Austausch von Erfahrungenund Ideen auf dem Programm.Die Arbeit der Föderation <strong>EUROPARC</strong> basiertauf der Überzeugung, dass Schutzgebiete fürdas Fortbestehen der europäischen Gesellschaftunerlässlich s<strong>in</strong>d. Zusammen mit ihren Mitgliedernsetzt sie sich dafür e<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameZukunft für das Naturerbe <strong>Europa</strong>s zu schaffen.Carol Ritchie<strong>EUROPARC</strong> Federation


<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Dieser Beitrag beschreibt die Geschichte desNaturschutzes und der Entwicklung der<strong>Nationalparks</strong> weltweit und besonders <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>,die Managementziele <strong>in</strong> Schutzgebieten und dasneue Konzept der Wildnis <strong>in</strong> den europäischenParks.Nationalpark Vorp.Boddenlandschaft –die Bodden mitihren strukturiertenUferbereichenGeschichtlicher H<strong>in</strong>tergrundIn prähistorischer Zeit hatten die Menschen fürdie Schönheit der Natur wenig übrig. Sie hattenAngst und nahmen sich <strong>in</strong> Acht vor der Natur, besondersvor der Wildnis, und deuteten viele natürlichePhänomene als Handlungen der Götter.In der neuen Zeit hat besonders der Humanismuse<strong>in</strong> bisher nicht dagewesenes Interesse imMenschen geweckt, die Natur besser kennen zulernen.An der Schwelle zum 18. Jahrhundert wurdewährend der Aufklärung und später der RomantikNatur und Landschaft mehr und mehr Aufmerksamkeitgeschenkt. Die Natur wurde zur Herausforderungfür Wissenschaftler, Entdecker undsogar Künstler. Naturstudien wurden extrem wichtigfür Forschungsarbeiten im naturwissenschaftlichenBereich. Die Idee, bestimmte Arten oderGebiete zu schützen, wurde e<strong>in</strong>erseits motiviertdurch die Bedrohung der Naturschätze, auf der anderenSeite durch deren außergewöhnlichen Wertoder ihre Seltenheit.11


Größere Gebiete e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigartigen Landschaft,dicht besät mit Naturschätzen, hoher biologischerVielfalt und damit verbundenen Kulturlandschaftwerden nicht selten als <strong>Nationalparks</strong> geschützt.In Form der <strong>Nationalparks</strong> wurde die Idee desNaturschutzes auf e<strong>in</strong>e unmittelbare und alle ansprechendeWeise der Öffentlichkeit näher gebracht.Die <strong>Nationalparks</strong> garantieren den Schutze<strong>in</strong>es Lebensraums, zugleich kommen sie aberauch den Menschen und deren Lebensqualitätzugute.12Außerordentliche Schönheit oder Bedrohung,auch beides gleichzeitig – für gewöhnlich s<strong>in</strong>d dasdie wichtigsten Gründe für den Naturschutz.Die ersten <strong>Nationalparks</strong> überhaupt wurden <strong>in</strong>Nordamerika eröffnet, danach folgte auch <strong>Europa</strong>diesem Vorbild. Vor <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n, am 24. Mai 1909,wurden <strong>in</strong> Schweden neun <strong>Nationalparks</strong> gegründet,die heute alle noch existieren. Bezüglich Größeund Inhalt unterscheiden sich diese Parks sehrvone<strong>in</strong>ander. Die meisten bef<strong>in</strong>den sich im hohenNorden des Landes, die bekanntesten unter ihnens<strong>in</strong>d der kle<strong>in</strong>e Nationalpark Abisko und die zweisehr großen Parks Sarek und Stora Sjötfallet.Am 24. Mai – dem Geburtsdatum der ersteneuropäischen <strong>Nationalparks</strong> – wird der europäische„Tag der Parke“ gefeiert. Dieser wurde 1998von der Föderation <strong>EUROPARC</strong> mit der Absicht<strong>in</strong>s Leben gerufen, durch verschiedene Veranstaltungendie Öffentlichkeit auf die Rolle und Bedeutungder Schutzgebiete aufmerksam zu machen,vor allem der National-, Natur-, Regional- undLandschaftsparks.Geschichtlicher Überblick über die Entwicklungder <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>1914 Schweizerischer Nationalpark Schweiz( Alpen )1918 Covadonga Nationalpark Spanien1921 Bialowieza Nationalpark Polen1922 Gran Paradiso Italien( Alpen )1924 Triglav Nationalparkzunächst als „Alp<strong>in</strong>er Schutzpark“,ab 1961 als NationalparkSlowenien( Alpen )1930 Veluwezoom Nationalpark Niederlande1934 Vitosha Nationalpark Bulgarien1935 Retezat Nationalpark Rumänien1938 Pallas – Yllästunturi NationalparkF<strong>in</strong>nland1938 Olympus Nationalpark Griechenland1949 Plitvice Nationalparkgefolgt von vielen Nationaparksim ehemaligen JugoslawienKroatien1949 Tatra Nationalpark Slowakei1951 Peak Nationalparkgefolgt von weiteren <strong>Nationalparks</strong>auch <strong>in</strong> WalesGroßbritannien1963 Krkonoše Nationalpark Tschechien1963 Vanoise Nationalpark Frankreich( Alpen )1970 NationalparkBayerischer Wald1971 Guaya Nationalparkgefolgt von anderen <strong>Nationalparks</strong><strong>in</strong> den Balten staaten( ehem. Baltische Republikenwährend der Sowjetrepublik )<strong>Deutschland</strong>Lettland1978 Nationalpark Berchtesgaden <strong>Deutschland</strong>( Alpen )1981 Nationalpark Hohe Tauern Österreich( Alpen )1991 Šumava Tschechien


Nationalpark Eifel –W<strong>in</strong>terpanoramaRurseeManagementziele <strong>in</strong> den <strong>Nationalparks</strong>Schutzgebiete spielen e<strong>in</strong>e entscheidende Rollebeim Schutz von Natur, Biodiversität und Kulturlandschaft.Es gibt viele unterschiedliche Ansätzeim H<strong>in</strong>blick auf das Management von <strong>Nationalparks</strong>.Zunächst : Was ist e<strong>in</strong> Nationalpark ? Wass<strong>in</strong>d die Ziele von <strong>Nationalparks</strong> ? Dann : Gibt ese<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Nenner für die allgeme<strong>in</strong>enZiele, die verfolgt werden ? Wie wird e<strong>in</strong> Nationalparkgeführt ?Schutzgebiete werden weltweit fast überall vonstaatlichen oder regionalen Behörden verwaltet.Und jedes staatliche Gesetz für Schutzgebiete hatse<strong>in</strong>e eigene Prägung, aber gleichzeitig gibt es auchÄhnlichkeiten rund um den Globus.Die Managementziele <strong>in</strong> den <strong>Nationalparks</strong>s<strong>in</strong>d also spezifisch bed<strong>in</strong>gt durch unterschiedlichephysisch-geographische und biotische Gegebenheiten,durch Besitzansprüche und Interessen. Esmuss jedoch unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Hauptnenner geben.Die IUCN-Managementkategorien für Schutzgebietekönnen mit ihren Def<strong>in</strong>itionen e<strong>in</strong> Maßstabfür die Parkverwaltungen se<strong>in</strong>, der zur Verwirklichungder Ziele des Naturschutzes im Park beiträgt,bis zu e<strong>in</strong>em bestimmten Maß aber auchdie Vergleichbarkeit unter den Schutzgebietenermöglicht.Die IUCN ist die wichtigste Naturschutzorganisation weltweit. Die WCPA (World Commissionon Pro tected Areas) hat e<strong>in</strong> System fürManagementkategorien für Schutzgebiete entwickelt.Naturschutz- und Managementziele <strong>in</strong>Schutzgebieten mögen unterschiedlich se<strong>in</strong>, dochmüssen geme<strong>in</strong>same Standards und Kriterien befolgtwerden. Das IUCN-System der Managementkategorienbietet e<strong>in</strong> effektives Instrument fürdas Management und den Vergleich von Schutzgebietenan.Nationale und europäische Gesetzgebungen, <strong>in</strong>ternationaleKonventionen und Standards lassenke<strong>in</strong>e Zweifel h<strong>in</strong>sichtlich der Hauptziele <strong>in</strong><strong>Nationalparks</strong>. Das Hauptziel e<strong>in</strong>es <strong>Nationalparks</strong>ist der Schutz und Erhalt von außerordentlichenNaturphänomenen, Schutz der Biodiversität, vonÖkosystemen und anderen Naturschätzen. <strong>Nationalparks</strong>s<strong>in</strong>d Schutzgebiete, <strong>in</strong> denen <strong>in</strong> zentralenBereichen die Ziele und Interessen des Naturschutzesabsoluten Vorrang haben . Diese Bereichesollten die größte Fläche e<strong>in</strong>es Parks ausmachen.Die Haupt-Managementziele im Kerngebiet(Nicht-Interventionszone) s<strong>in</strong>d unabhängig vonder Größe des Gebiets :––Naturschutz––Schutz des Ökosystems und der Biodiversität––Natürliche Prozesse––Umweltverträgliche ErholungZiel e<strong>in</strong>es <strong>Nationalparks</strong> ist es auch, Möglichkeitenzu bieten, die Natur, Kultur und geistigenWerte des Schutzgebiets zu erforschen. Danebenist das Ziel e<strong>in</strong>es Schutzgebiets, die nachhaltigeEntwicklung sicherzustellen <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmungmit den vorrangigen Naturschutzzielen.


14NationalparkHamburgischesWattenmeer –blühende Salzwiesenauf NeuwerkWildnis <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Was stellt man sich unter dem Begriff „Wildnis“vor ? Ist der Begriff für den Menschen anziehendoder eher abschreckend ? Aus der Sicht des Naturschutzeswird der Begriff »Wildnis« mit der Verwaltungderjenigen Gebiete gleichgesetzt, die e<strong>in</strong>ernatürlichen Entwicklung ohne menschliche E<strong>in</strong>griffeüberlassen werden müssen. Im Bereich derSchutzgebiete wird der Begriff „Wildnis / Wilderness“eng mit der Managementkategorie 1b derIUCN – Wildnisbereich (Wilderness area) – verbunden.Die Grundidee und der Begriff dieserKategorie stellen Schutz und Management größererNatur- und Naturschutzgebiete <strong>in</strong> den Vordergrund,die deren Gegenwartszustand ohnemenschlichen E<strong>in</strong>griff zu erhalten versuchen.Gibt es <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> überhaupt noch solche natürlicherhaltene und e<strong>in</strong>er ungestörten natürlichen Entwicklungüberlassene Gebiete ? Stellt man sich dieWildnis eng begrenzt als tatsächlich unberührteNaturgebiete vor, dann kann man <strong>in</strong>nerhalb <strong>Europa</strong>s,mit der Ausnahme Skand<strong>in</strong>aviens und desHochgebirges <strong>in</strong> den Alpen, kaum noch welche f<strong>in</strong>den.Da aber die Wildnisgebiete heute immer öfterauch mit Schutzgebieten gleichgesetzt werden, <strong>in</strong>denen es ke<strong>in</strong>e menschlichen E<strong>in</strong>griffe gibt und wodie Natur den ungestörten natürlichen Prozessenüberlassen wird, kann behauptet werden, dass wirdie Wildnis auch <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> haben. Das Managementdieser Schutzgebiete ist e<strong>in</strong>e Herausforderungfür Fachkräfte und Politik am Anfang desdritten Jahrtausends. Sehen wir uns an, warum.


In den letzten zehn <strong>Jahre</strong>n wurde <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> vermehrtfestgestellt, dass die existierenden Schutzgebiete(Parks) und die Natura-2000-Gebiete e<strong>in</strong>außerordentliches ökologisches Netzwerk darstellen,dass aber für die Erhaltung des gegenwärtigenZustands hohe Investitionen nötig s<strong>in</strong>d. Andererseitszeigen die Verhältnisse im neuen <strong>Europa</strong>, <strong>in</strong>dem immer mehr Staaten mit e<strong>in</strong>ander verbundenwerden, dass es hier Natur gebiete gibt, die ohnemenschliches Zutun außerordentlich gut erhaltens<strong>in</strong>d. Die Erhaltung solcher Zustände bedürfenke<strong>in</strong>er Investitionen <strong>in</strong> Form menschlicher E<strong>in</strong>griffe,sondern nur e<strong>in</strong>er bewussten Entscheidung,Das neue Verständnis von Wildnis unddas Management ohne menschliche E<strong>in</strong>griffebr<strong>in</strong>gen zwei klare Ziele mit sich : Schutz undErhaltung der ganzheitlichen Ökosysteme undSicherstellung der natürlichen Prozesse dar<strong>in</strong>.dass diese Naturgebiete e<strong>in</strong>er ungestörten natürlichenEntwicklung überlassen werden müssen. Dadurchkann aus Sicht des Naturschutzes auch <strong>in</strong><strong>Europa</strong> e<strong>in</strong> Mehrwert gewonnen werden, nämlichdie Wildniszonen.Die natürlichen Ökosysteme können abgeschlosseneE<strong>in</strong>heiten se<strong>in</strong>, die ohne menschlicheE<strong>in</strong>griffe funktionieren. Fragen, ob es <strong>in</strong>nerhalb<strong>Europa</strong>s überhaupt solche Wildnisgebiete gibt unddie Prüfung der Managementgerechtigkeit, zielennicht auf die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er neuen Kategorievon Schutzgebieten. Es muss aber e<strong>in</strong> Kriterienrahmenfestgesetzt werden, <strong>in</strong>nerhalb dessen dieWildniszonen bestimmt werden können. Wennwir das europäische Verständnis der Wildnis mitden IUCN-Managementkategorien verb<strong>in</strong>den,stellen wir fest, dass die Wildnis e<strong>in</strong> Naturgebiet <strong>in</strong>der Regel ohne menschliche E<strong>in</strong>griffe ist, wo dieManagementziele der IUCN-Kategorien Ib und IIzusammenstoßen.Vision, Herausforderungen –Realität<strong>Europa</strong> hat e<strong>in</strong>e klare Vision, e<strong>in</strong> Netzwerk derWildnis-Schutzgebiete (Parks und Natura 2000)zu entwickeln und auf die Wichtigkeit des Schutzesund der Erhaltung der Wildniszonen aufmerksamzu machen, die im S<strong>in</strong>ne des Naturschutzes zuden wichtigsten europäischen Kronjuwelender Natur gehören. Es ist e<strong>in</strong>e fachliche Herausforderungzu überprüfen, wie das Modell „ohneInterventionen“, bzw. wie e<strong>in</strong> Wildnismodell dieNaturschutzpr<strong>in</strong>zipien von Natura 2000 bee<strong>in</strong>flusst.Wir wissen bereits, dass e<strong>in</strong>ige Gebiete <strong>in</strong>nerhalbNatura 2000 Wildnischarakter haben,mehrere Gebiete benötigen aber aktiven Schutzund Maßnahmen des Menschen für die Entwicklunge<strong>in</strong>es als gut zu bezeichnenden Zustands. DieHerausforderung der Inkraftsetzung des Wildniskonzeptesist besonders bei Verb<strong>in</strong>dungen undbeim Management grenzüberschreitender Schutzgebietevorhanden.In der letzten Zeit wurden e<strong>in</strong>ige Tagungenzum Thema Wildnis, bzw. „ohne Interventionen“,und Management der Schutzgebiete organisiert. Eswurde festgestellt, dass wir uns bei der E<strong>in</strong> führungdes neuen Wildniskonzepts <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> nicht erstam Anfang des Prozesses bef<strong>in</strong>den, sondern bereitsmitten dr<strong>in</strong>. Quer über <strong>Europa</strong> – von der Pyrenäenhalb<strong>in</strong>selbis nach Skand<strong>in</strong>avien, vom entwickeltenNordeuropa über die Alpen und Karpaten biszum Balkan – können Beispiele guter Praxis undguten Managements der Schutzgebiete ohnemenschliche E<strong>in</strong>griffe gefunden werden. Das Wildniskonzeptkann zwar widersprüchlich mit demaktiven Management der Gebiete unter Natura2000 se<strong>in</strong>, zugleich aber auch diesem entsprechen –abhängig von den Habitattypen und dem Zustand,die eigentlich den Grund zur Bestimmung e<strong>in</strong>esNatura-2000-Gebiets darstellten.Wildnis <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> ist also Realität. Die europäische„Wildnis-Initiative“ wird von allen wichtigenNatur schutzorganisationen, wie z. B. IUCN,WWF, <strong>EUROPARC</strong>, Eurosite, PAN Parks undauch von zahlreichen Verwaltern der Schutzgebieteunterstützt. Die EU und die EuropäischeKommission fordern die Mitgliedstaaten auf, sofortaktiv zu werden und Maß nahmen für denSchutz der letzten großen europäischen Naturgebieteoder -habitate zu realisieren, <strong>in</strong> denen dasneue euro päische Konzept der Wildnis ohnemenschliche E<strong>in</strong>griffe durchgesetzt werden kann.In der Geschichte gab es immer außergewöhnlicheIdeen, die Realität wurden. Diese waren oftGrundste<strong>in</strong> für die gesellschaftliche Entwicklung.Die Wildnis<strong>in</strong>itiative kann zu e<strong>in</strong>em Meilenste<strong>in</strong><strong>in</strong> der Naturschutzbewegung, -politik und -arbeitwerden und das Fortbestehen unserer Erde fürkünftige Generationen sichern.Mag. Mart<strong>in</strong> ŠolarNationalpark Triglav, Slowenien15


1640 <strong>Jahre</strong> <strong>Nationalparks</strong><strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> –Stand und PerspektivenDie Geschichte der deutschen <strong>Nationalparks</strong> ist<strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte im Naturschutz,wenngleich mit vielen gesellschafts politischenHürden und Stolperste<strong>in</strong>en sowie zahlreichenKompromissen behaftet.Insbesondere die Vorstellung des ungestörten Ablaufsder Naturvorgänge, also der Prozessschutz,das „Natur Natur se<strong>in</strong> lassen“ war – und ist – demdeutschen Wesen zutiefst zuwider.Dennoch schwappte die Idee des <strong>Nationalparks</strong>nach der Ausweisung des Yellowstone <strong>Nationalparks</strong>1872 und mit der üblichen atlantischen Verzögerungvon e<strong>in</strong>er Generation im Jahr 1909 nach<strong>Europa</strong>, als <strong>in</strong> Schweden das erste Nationalparkgesetzerlassen und neue <strong>Nationalparks</strong> geschaffenwurden. Seither tobten auch <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> jahrzehntelangeAuse<strong>in</strong>andersetzungen über das Fürund Wider von <strong>Nationalparks</strong>.Ich beschränke mich hier überwiegend auf dieGeschichte der beiden bayerischen <strong>Nationalparks</strong>,welche die ersten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> waren und derenWerdegänge ich zeitweise „hautnah“ <strong>in</strong> verschiedenenfachlichen oder verbandlichen Positionen miterlebthabe.Schon 1911 stellte die zuständige Naturschutzstellefest, dass es „Pflicht und Notwendigkeit sei, e<strong>in</strong>großes Naturschutzreservat im Bayerischen Waldzu errichten“.1935 berichtet die Regierung von Niederbayernder Reichsstelle für Naturschutz, Herrn ProfessorLutz Heck <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, von e<strong>in</strong>er ersten Grenzvorstellungdes <strong>Nationalparks</strong> im Böhmerwald,die 1937 durch e<strong>in</strong>en endgültigen Kartenentwurfergänzt wurde und gut <strong>100</strong> 000 Hektar Flächeumfasste.1939 erläuterte das Reichsforstamt den Landräten,Kreisjägermeistern, Forstmeistern, Naturschutzbeauftragtenund Bürgermeistern die Ideedes <strong>Nationalparks</strong> und trat nachdrücklich den aufgetauchtenBefürchtungen entgegen, der Nationalparkkönne e<strong>in</strong>e Bee<strong>in</strong>trächtigung des Gebietsbewirken.Professor Lutz Heck bezeichnete die Idee des<strong>Nationalparks</strong> als die Krönung des Naturschutzgedankens;diese große Planung des Naturschutzessei gegenüber der Gefahr für die Natur seitens derTechnik notwendig. Es herrschte bei allen TeilnehmernE<strong>in</strong>igkeit, dass die Erklärung zum Nationalparkauch e<strong>in</strong>e Hebung des Fremdenverkehrszur Folge haben würde.Am 23. Februar 1942 erklärt der Reichsforstmeister:„Wenn auch die Errichtung von <strong>Nationalparks</strong>unter den heutigen Verhältnissen zunächstzurückgestellt werden muss, bitte ich doch die Vorarbeitenweiterzuführen, damit nach Kriegsendedie Errichtung des <strong>Nationalparks</strong> ohne weiter<strong>eV</strong>erzögerung erfolgen kann.“1950 schlägt die Regierungsnaturschutzstelledie Wiederaufnahme des Verfahrens vor undschreibt: „Damals, 1939, e<strong>in</strong>igte man sich auf denNamen ‚Nationalpark Böhmerwald‘. Der AusdruckNationalpark ist heute vielleicht nicht opportun,obwohl doch e<strong>in</strong>e Reihe von Ländern solche <strong>Nationalparks</strong>geschaffen haben; wir würden uns also<strong>in</strong> guter Gesellschaft bef<strong>in</strong>den.“ Dennoch dauert eswieder e<strong>in</strong> Jahrzehnt, bis die Nationalparkpläne <strong>in</strong>Bayern erneut aufgegriffen wurden.In den 60er <strong>Jahre</strong>n des vergangenen Jahrhundertsgab es e<strong>in</strong>en heftigen Streit zwischen Naturschützernund der Tourismus<strong>in</strong>dustrie über die zukünftigeNutzung des Rachel-Lusengebiets imBayerischen Wald. Neue Skiabfahrten und Liftesollten der bis dah<strong>in</strong> unberührten Waldregionmehr Gäste und sichere E<strong>in</strong>nahmen bescheren.Ich war zu jener Zeit ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragterder Regierung von Niederbayern <strong>in</strong>Landshut und musste mir wegen me<strong>in</strong>es klarenNe<strong>in</strong>s zu den W<strong>in</strong>tersportplänen vom damaligenRegierungspräsidenten Johann Riederer sagenlassen : „Wenn Sie dort oben am Rachel und Lusenke<strong>in</strong>en Skizirkus wollen, dann müssen Sie miretwas anderes offerieren, was im Jahr 200 000 Touristenbr<strong>in</strong>gt.“Das Gegenangebot war die Schaffung e<strong>in</strong>es<strong>Nationalparks</strong>, jene uralte Idee, die schon <strong>in</strong> denAnfang des 20. Jahrhunderts zurückreicht. Heuteist wissenschaftlich belegt, dass der Nationalparknicht nur e<strong>in</strong> Naturschutzereignis ist, sondern dass


Müritz-Nationalpark –der Mühlenseeer sich auch für die Menschen und für den Tourismusrechnet.1965 kam es zu dem <strong>in</strong>zwischen legendären„Gipfeltreffen“ tschechischer, österreichischerund deutscher Naturschützer auf dem Dreisessel –die bis heute laufende Diskussion um e<strong>in</strong>en großenWald-Nationalpark im Herzen <strong>Europa</strong>s hattebegonnen.Auf e<strong>in</strong>er Reise durch Ostafrika setzte ich michwenig später mit Professor Bernhard Grzimek <strong>in</strong>tensivüber e<strong>in</strong>e Passage se<strong>in</strong>es Buches „WildesTier, weißer Mann“ ause<strong>in</strong>ander. Er bezweifeltdar<strong>in</strong>, dass es <strong>in</strong> Mitteleuropa möglich sei, e<strong>in</strong>enechten Nationalpark zu schaffen. Im Frühjahr1966 durchstreiften wir geme<strong>in</strong>sam den <strong>in</strong>nerenBayerischen Wald – und der große, <strong>in</strong>ternationalerfahrene Nationalparkexperte revidierte se<strong>in</strong>eskeptische Haltung. Das für unsere Pläne am bestengeeignete Gebiet, so fanden wir, schien um denFalkenste<strong>in</strong> herum gegeben zu se<strong>in</strong>. Schließlich <strong>in</strong>formiertenwir den bayerischen M<strong>in</strong>isterpräsidentenAlfons Goppel über das Vorhaben,und e<strong>in</strong>e lange, lebhafte politische Debatte war eröffnet.Nach vier weiteren <strong>Jahre</strong>n kam es 1970zur Gründung des <strong>Nationalparks</strong> BayerischerWald, des ersten Schutzgebiets dieses Rangs <strong>in</strong><strong>Deutschland</strong>.Die Errichtung und weitere Ausgestaltung des<strong>Nationalparks</strong> wurde letztlich durch e<strong>in</strong>e Bürgerbewegungdurchgesetzt, die e<strong>in</strong>erseits von den amTourismus <strong>in</strong>teressierten Landkreisen und Kommunen,andererseits durch Umweltverbände unterFederführung des Bundes Naturschutz <strong>in</strong> Bayernangeführt wurde und die fachliche Grundlage imsogenannten Haber-Gutachten fand.Entscheidend für den Durchbruch der Nationalparkideewar, das ist unbestritten, der Weitblickdes 1970 neu <strong>in</strong>s Amt gekommenen Landwirtschaftsm<strong>in</strong>istersDr. Hans Eisenmann. Er hieltüber se<strong>in</strong>en Waldnationalpark bis zum Tode dieschützende Hand und verfügte sogar so unpopuläreNaturschutzmaßnahmen wie das Liegenlassenvon großflächigen W<strong>in</strong>dwürfen, damit sich dieNatur „zurückentwickeln“ kann.Die erfolgreichen Anstrengungen wurden 1991noch durch die Schaffung des tschechischen Pendants,des <strong>Nationalparks</strong> Šumava im Böhmerwaldgekrönt. Und schließlich gelang es im Jahr 1997,den Nationalpark im Bayerischen Wald auf diedoppelte Fläche von nunmehr 23 000 Hektar zuerweitern.Dass die Entscheidung für den ersten deutschenNationalpark richtig war, ist heute unstrittig.Bundespräsident Roman Herzog drückte dies am7. Oktober 1995 beim 25. Jubiläum des <strong>Nationalparks</strong>knapp und präzise aus, als er sagte : „Wirmüssen wieder lernen, dass man die Natur nichtnur nutzen, nicht nur ausnutzen kann, sonderndass man die Natur auch e<strong>in</strong>fach liegen lassenkann, entgegen allen verme<strong>in</strong>tlichen Erkenntnissender deutschen Forstwirtschaft.“17


18Zugegeben, als studierter Forstmann habe ichVerständnis für die Identitätskrise manches Kollegen,wenn er erkennen muss, dass der Waldauch ohne uns – und oftmals sogar viel besserund natürlicher – wächst und dass der liebe Gottse<strong>in</strong>e Schöpfung auch ohne uns Forstleutefortent wickeln lässt.Der große Wald im Herzen <strong>Europa</strong>s, derherzynische Wald der Römer, war von Naturaus e<strong>in</strong> <strong>in</strong> sich geschlossener Lebensraum.Der demokratische Aufbruch <strong>in</strong> Osteuropa, dieBeseitigung des Grenzzauns zwischen Bayern, derTschechischen Republik und Österreich ließen dengroßen Wald <strong>in</strong> der Mitte <strong>Europa</strong>s nach der langenTeilung durch den Eisernen Vorhang wieder zurE<strong>in</strong>heit werden.Jetzt ist die Zeit gekommen, um die Vision desgrenzüberschreitenden <strong>Nationalparks</strong>, wie siebereits im Prager Frühl<strong>in</strong>g entwickelt wurde, alsnaturschützende und völkerverb<strong>in</strong>dende Idee zuverwirklichen. Denn es steht nicht weniger auf demSpiel als die letzte Chance, das größte zu sammenhängendeWaldgebiet <strong>in</strong> Mitteleuropa und damite<strong>in</strong> Stück abendländischer Kultur der Nachwelt zuerhalten.Hier schlägt das grüne Herz <strong>Europa</strong>s, hier entspr<strong>in</strong>genQuellen der abendländischen Kultur, dieauch e<strong>in</strong>e Waldkultur ist.Die Nationalparkideewächst weiterDie Entstehung des weltberühmten Naturschutzgebietsam Königssee bei Berchtesgaden ist engverbunden mit der Geschichte des Bundes Naturschutz<strong>in</strong> Bayern.Als im Herbst 1916 e<strong>in</strong> Projekt auftauchte, <strong>in</strong>e<strong>in</strong>e der schönsten Steilwände des malerischenSees zur Kriegser<strong>in</strong>nerung e<strong>in</strong>en riesigen assyrischenLöwen e<strong>in</strong>zumeißeln, trat der damalige erst<strong>eV</strong>orsitzende des Bundes Naturschutz, UniversitätsprofessorDr. Karl Freiherr von Tubeuf, an dieÖffentlichkeit. In se<strong>in</strong>er viel beachteten Denkschriftvon 1921 überzeugte er Politik, Staat undGesellschaft, von diesem uns<strong>in</strong>nigen Vorhaben abzulassen.Stattdessen legte er e<strong>in</strong>en wissenschaftlichfundierten Plan für e<strong>in</strong> Naturschutzgebiet amKönigssee vor. Tubeuf begründete die Vision e<strong>in</strong>esNaturschutzgebietes um den Königssee, den heutigenAlpennationalpark Berchtesgaden, so : „Diesese<strong>in</strong>zigartige Gebiet soll vor dem Menschen geschütztwerden für den Menschen, nicht nur denheutigen, sondern auch den künftigen, es soll erhaltenbleiben <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ursprünglichkeit und Kraft,<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Unberührtheit und majestätischenSchönheit auch für spätere Geschlechter.“Damals hat der Bund Naturschutz erreicht,dass aus dem schon seit 1910 bestehenden Pflanzenschonbezirkmit 8 000 Hektar Fläche e<strong>in</strong> vollwertigesNaturschutzgebiet wurde, die Keimzellefür den Nationalpark. Tubeuf vermerkte se<strong>in</strong>erzeit,dass die preußische Staatsstelle für Naturschutz <strong>in</strong>Berl<strong>in</strong> freudig auf diese Aktivitäten reagiert habe –<strong>in</strong> der Hoffnung, dass dort e<strong>in</strong> Reservat und e<strong>in</strong>deutscher Naturschutzpark entstehe.1953 erregte e<strong>in</strong>e zweite Denkschrift Aufsehen :Der erste Präsident des Deutschen Naturschutzr<strong>in</strong>gs,Dr. Hans Krieg, forderte dar<strong>in</strong> die Schaffunge<strong>in</strong>es Alpennationalparks um den Königssee mitdem Ziel, „dass recht viele an se<strong>in</strong>er Schönheit teilhaben,E<strong>in</strong>heimische und Fremde, und dass jeder,der h<strong>in</strong>kommt, sich als verantwortlicher Treuhänderdieser großartigen Natur fühlt“. Wieder e<strong>in</strong>malbedurfte es des langen Atems, der Naturschützerauszeichnet, bis diese Idee aus ihrer Keimruhe erwecktwurde: 1971 entfachten Wolfgang Engelhardtvom Deutschen Naturschutzr<strong>in</strong>g, Alfred Toepfervom Vere<strong>in</strong> Naturparks, Graf Lennart Bernadottevom Deutschen Rat für Landespflege und der Vorsitzendedes Bundes Naturschutz aufs Neue dieDiskussion, e<strong>in</strong>en bayerischen Alpen nationalparke<strong>in</strong>zurichten. So beauftragte man den Bund Naturschutzmit der Erstellung e<strong>in</strong>es Gutachtens zumAlpennationalpark im Berchtesgadener Land, dasdurch e<strong>in</strong>e Expertise der Gruppe Ökologie umKonrad Lorenz ergänzt wurde. Beides lieferte dieGrundlage dafür, dass nach e<strong>in</strong>igen weiteren <strong>Jahre</strong>nparlamentarischen Tauziehens im <strong>Jahre</strong> 1978 di<strong>eV</strong>erordnung über den Alpennationalpark Berchtesgaden<strong>in</strong> Kraft treten konnte.


19Nationalpark Harz –Sonnenaufgang amHirtensteigWeitere <strong>Nationalparks</strong> und Wildnisgebiete folgen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>Die beiden bayerischen <strong>Nationalparks</strong> warenSchrittmacher für die Nationalparkidee <strong>in</strong> ganz<strong>Deutschland</strong>. Danach folgten <strong>in</strong> Schleswig-Holste<strong>in</strong>, Niedersachsen und Hamburg die Wattenmeer-<strong>Nationalparks</strong>und der Harz. Aber erstmit der Wende erlebte sie ihren Durchbruch.Schrittmacher war Michael Succow mit se<strong>in</strong>enMitstreitern, die <strong>in</strong> der Stunde der politischenWendezeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em genialen Wurf diese Entscheidungendurchgesetzt haben. Die handstreichartigeHerbeiführung des M<strong>in</strong>isterratsbeschlusses durchMichael Succow <strong>in</strong> der letzten Sitzung des DDR-Kab<strong>in</strong>etts 1990 ist e<strong>in</strong> Markste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der deutschenNaturschutzgeschichte.Namen wie Jasmund, Harz, SächsischeSchweiz, Müritz, Unteres Oder tal, Bodden landschaft,Ha<strong>in</strong>ich haben das deutsche Heimatgefühlerweitert und stehen für e<strong>in</strong>e Großtat des Naturschutzesund die schönste Morgengabe derWieder vere<strong>in</strong>igung. Mit Eifel und Kellerwald s<strong>in</strong>dbis heute vom Wattenmeer bis zu den Alpen14 <strong>Nationalparks</strong> ausgewiesen.Noch fehlt e<strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>od <strong>in</strong> dieser Perlenkette,nämlich der Buchen-Nationalpark im Steigerwald,e<strong>in</strong> Jubiläumswunsch der deutschen Naturschützer,und im S<strong>in</strong>ne der deutsch / französischenFreundschaft e<strong>in</strong> bilateraler Nationalpark imPfälzerwald. Darüber h<strong>in</strong>aus stehen e<strong>in</strong> paarweitere Gebiete für potentielle <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong><strong>Deutschland</strong> auf der Wunschliste der Fachleute.Aber man sollte sich auf wenige Vorbildlandschaftenbeschränken, mehr als 20 <strong>Nationalparks</strong>


20sollten es am Ende <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> nicht se<strong>in</strong>.Und vor allem muss die Qualität und der Seltenheitswertgewährleistet se<strong>in</strong>: Wo Nationalparkdrauf steht, muss Nationalpark dr<strong>in</strong> se<strong>in</strong>. Und dieGröße sollte stimmen, nämlich wenigstens 10 000Hektar sollte e<strong>in</strong> künftiger Nationalpark an Flächeumfassen.H<strong>in</strong>zu kommt noch e<strong>in</strong> „Nationales Naturerbe“im Umfang von etwa 125 000 Hektar, wie es dieKoalitionsvere<strong>in</strong>barung von 2005 vorsieht. Die ausden Liegenschaften ehemaliger Truppenübungsplätzestammenden Flächen werden zum großenTeil von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt(DBU), von Umweltverbänden und Stiftungenübernommen. Gibt es e<strong>in</strong>e beglückendere Konversionals die Schaffung von Wildnisgebieten ausfrüheren militärischen Flächen?Längst ist auch unstrittig, dass sich derNaturschutz auf diese Weise sehr gut mit e<strong>in</strong>emsanften Tourismus vere<strong>in</strong>baren lässt. Ökologie,Ökonomie und Soziales verb<strong>in</strong>den sich hier <strong>in</strong> optimalerWeise : E<strong>in</strong>erseits werden großräumigeNatur landschaften erhalten, andererseits Arbeitsplätzegeschaffen und E<strong>in</strong>kommen im Tourismusermöglicht.Durch geschickte Besucherlenkung ist dasNebene<strong>in</strong>ander von Mensch und Natur ohne großeReibungsverluste möglich. Je weiter sich dieMenschen von der Natur entfernen, desto mehrwächst gleichzeitig ihre „Sehnsucht nach Wildnis“und damit auch die Chance für den Tourismus,neue Bereiche zu erschließen. Voraussetzung dafürist allerd<strong>in</strong>gs, dass die Vorgaben des Naturschutzesim S<strong>in</strong>ne der <strong>in</strong>ternationalen Richtl<strong>in</strong>ien ehrlichBeachtung f<strong>in</strong>den, damit der Nationalparkbegriffnicht zum Etikettenschw<strong>in</strong>del wird. Gerade imH<strong>in</strong>blick auf die Glaubwürdigkeit des Naturschutzesist dies von grundsätzlicher Bedeutung.NationalparkBayerischer Wald –hier bleibt die Natursich selbst überlassen


Licht- und Schattenseiten imNationalparkVor diesem H<strong>in</strong>tergrund und im H<strong>in</strong>blick auf den„Genius loci“ ist es angebracht, bei diesem Jubiläumauch e<strong>in</strong>e Beurteilung unseres „Liebl<strong>in</strong>gsk<strong>in</strong>des“Nationalpark Bayerischer Wald zu versuchen.Wir Alten, die vor 40 <strong>Jahre</strong>n die Schaffung des<strong>Nationalparks</strong> betrieben haben, sahen es als diegrößte Aufgabe an, die Flächen zu sichern – derenAusgestaltung sollten die folgenden Generationenübernehmen. Das hat im Altpark bestens funktioniertund die Formel „Natur Natur se<strong>in</strong> lassen“ vonHans Bibelriether hat Geschichte geschrieben. Siehat sich auch dann bewährt, als Waldsterben undBorkenkäfer den Fichtenwald aus den Hochlagenverdrängt haben und als e<strong>in</strong>e wundervolle vielfältigeWaldnatur nachkam, und zwar viel schnellerals wir allesamt dachten. Wer sich e<strong>in</strong>mal vom derzeitigenLeiter des <strong>Nationalparks</strong>, Karl FriedrichS<strong>in</strong>ner, durch diese Fülle von Biodiversität führenund begeistern lässt, wird die Dynamik und Stärkedes neuen Waldes spüren. Das ist zwar nicht mehrder „Hochwald“ des Adalbert Stifter, aber das neueund ewig wandelnde Waldwesen ist nicht wenigergeheimnisvoll.Anstatt herkömmlicher Forstwirtschaft braucht es<strong>in</strong> solchen Vorranggebieten e<strong>in</strong>e neue Ges<strong>in</strong>nung.Es braucht die Achtung vor dem Waldwesen, esbraucht ke<strong>in</strong>e Pläne, ke<strong>in</strong>e Wissenschaftler, auchke<strong>in</strong>e Naturschützer. Es braucht demütige Menschen,die zuschauen und warten können. <strong>Nationalparks</strong>s<strong>in</strong>d mehr als Naturschutzgebiete, sie s<strong>in</strong>ddie Heiligtümer unserer Heimat, sie s<strong>in</strong>d Seelenschutzgebiete,s<strong>in</strong>d Er<strong>in</strong>nerungen an das Paradies,s<strong>in</strong>d die Landschaften, aus denen unsere Hoffnungenund Träume erwachsen. Haben wir also „Ehrfurchtvor dem Lebendigen“ (Albert Schweitzer),haben wir „Respekt vor der Schöpfung“ und vorallem mehr Mut zur Wildnis.Wildnis hat ja offensichtlich über alle Schrankenh<strong>in</strong>weg Konjunktur. Sie ist e<strong>in</strong> Marktfaktor geworden.Naturromantik, Outdoor-Drang und dasWaldwesen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> unser neuzeitliches Vokabularzurückgekehrt. Der Wald ist wieder als mystischerOrt im Gespräch, und es hat den Ansche<strong>in</strong>, dasssich mancher Internet-Surfer sehr gerne <strong>in</strong> die grünenLabyr<strong>in</strong>the der Wirklichkeit und <strong>in</strong> die Tiefender Seele zurücksehnt.Lange hat es gedauert, bis die Wildnis-Debattedie atlantische Verzögerung, den Sprung über denOzean, geschafft hat. Denn dort ist die Diskussionschon vor über e<strong>in</strong>em halben Jahrhundert gelaufen.Aldo Leopold (1887 – 1948) hat diese Philosophieauf den noch immer gültigen Nenner gebracht :„Wildnis ist e<strong>in</strong>e Absage an die Arroganz desMenschen.“ In diesem S<strong>in</strong>ne plädiere ich für mehrMut zur Wildnis. Lassen wir e<strong>in</strong> paar Wäldernund Fluren ihre Freiheit, haben wir den Mut zumNichtstun und br<strong>in</strong>gen wir als Forstleute oderLandschaftsplaner die Kraft zur E<strong>in</strong>sicht auf, dassuns die Natur überhaupt nicht braucht. Zum<strong>in</strong>destnicht <strong>in</strong> unseren <strong>Nationalparks</strong>.Und auch daran werden wir uns gewöhnenmüssen, dass der „Hochwald“ Adalbert Stifters alse<strong>in</strong> Stück Hochkultur deutscher Sprache zwar <strong>in</strong>allen Bibliotheken stehen wird, aber nicht mehr amDreisessel und über der Moldau : „(…) westlichblauet Forst an Forst <strong>in</strong> angenehmer Färbung (…)Es wohnet unsäglich viel Liebes und Wehmütiges<strong>in</strong> diesem Anblicke“, hat Stifter geschwärmt.Doch auch unsere Sehnsüchte und unsereTräume unterliegen dem Wandel der Zeiten unddem Wandel des Klimas. Ke<strong>in</strong>er kann den Hochwaldheute so beschreiben wie ihn Adalbert Stiftererlebt hat.Fragen über Fragen tun sich auf, alte Welten,liebgewordene Gewohnheiten, herkömmlichesDenken stehen zur Disposition. Neue Welten, unbekanntePerspektiven, e<strong>in</strong>e offene Zukunft liegenvor uns. Wie können wir sie bewältigen, auf welcheKrisen müssen wir uns noch e<strong>in</strong>stellen, welcheChancen bieten die offenen Fenster der Zeit : Eswird e<strong>in</strong>e spannende Zeit !Hubert We<strong>in</strong>zierlDeutscher Naturschutzr<strong>in</strong>g (DNR)21


Nationale Strategienzum Erhalt derbiologischen Vielfalt


Die Nationalen Naturlandschaftenim Zeichenvon Klimawandel undBiodiversitätAls vor <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n der erste Nationalpark <strong>in</strong><strong>Europa</strong> ausgewiesen wurde, ja selbst als derBayerische Wald vor 40 <strong>Jahre</strong>n als ersterdeutscher folgte, standen die Begrenzung desKlimawandels und der Verlust der biologischenVielfalt noch nicht auf der politischen Agenda.Spr<strong>in</strong>gsp<strong>in</strong>neHeute s<strong>in</strong>d es die zentralen, umweltpolitischenHerausforderungen unserer Zeit. Der Schutz derbiologischen Vielfalt erfährt bisher aber nicht diegleiche mediale Aufmerksamkeit, die das ThemaKlimawandel bereits hat. Aber Aufmerksamkeit istdie Bed<strong>in</strong>gung für politisches Handeln. Die Botschaft,die wir immer wieder verkünden müssen,heißt : Wir tragen die Verantwortung für die Bewahrungder natürlichen Lebensgrundlagen. Esgeht ganz konkret darum, die Bed<strong>in</strong>gungen für unserÜberleben zu gewährleisten.Der Klimawandel hat bei uns <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>heute schon ernsthafte Folgen – auch wenn wirnicht so drastisch betroffen s<strong>in</strong>d und es hoffentlichauch <strong>in</strong> Zukunft nicht se<strong>in</strong> werden – wie andereRegionen <strong>in</strong> der Welt, etwa die kle<strong>in</strong>en Inselstaatenim Pazifik, die flachen Küstenregionen von Bangladeshoder die Hochgebirgsregionen des Himalaja.Aber höhere Temperaturen, häufigere Unwetteroder Stürme, ausbleibende oder starke Niederschlägewerden auch hierzulande die Natur unddas Lebensumfeld der Menschen verändern.Schon heute s<strong>in</strong>d Verluste an biologischer Vielfaltdurch die Klimaerwärmung <strong>in</strong> den verschie denenLebensraumtypen vom Meer bis zum Hochgebirgezu verzeichnen. Davon s<strong>in</strong>d natürlich auch dieNationalen Naturlandschaften betroffen. Deshalbliegt die spannende Frage dieser Veranstaltungweniger im historischen Rückblick auf <strong>100</strong> <strong>Jahre</strong><strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>. Spannend ist aus me<strong>in</strong>erSicht vor allem die Frage, wie es gel<strong>in</strong>gen kann,jetzt die Weichen zu stellen, dass es auch <strong>in</strong><strong>100</strong> <strong>Jahre</strong>n diese e<strong>in</strong>maligen Landschaften mit ihrerVielfalt an Arten und Lebensräumen noch gibt.Klimaschutz und Erhalt derBiodiversität – zwei Seitene<strong>in</strong>er MedailleE<strong>in</strong>e Antwort auf diese Frage zu f<strong>in</strong>den, bedarfnach me<strong>in</strong>er Auffassung e<strong>in</strong>er grundlegenden Erkenntnis:Klimaschutz und Erhalt der biologischenVielfalt s<strong>in</strong>d zwei Seiten e<strong>in</strong>er Medaille. Deshalbist es die richtige Strategie, beides als gleichrangige,wichtige Aufgaben zu verstehen, wie es die Bundesregierungtut.Fakt ist, dass die vom Menschen verursachteKlimaerwärmung bereits heute e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen„F<strong>in</strong>gerabdruck“ <strong>in</strong> der Natur h<strong>in</strong>terlassen hat.Um e<strong>in</strong>ige konkrete Beispiele zu nennen : Esmag zunächst wenig spektakulär kl<strong>in</strong>gen, wenn dieApfelblüte <strong>in</strong> Baden-Württemberg gegenwärtigmehr als zehn Tage früher als vor 50 <strong>Jahre</strong>n beg<strong>in</strong>ntoder sich die Vegetationsperiode wichtiger Laubbäumezwischen 1950 und 2000 alle zehn <strong>Jahre</strong> um2,3 Tage verlängert hat. Es macht aber die Veränderungdeutlich. Problematischer ist schon,dass zahlreiche bei uns überw<strong>in</strong>ternde Vogelarten,wie Kleiber und Meise, aufgrund der häufigerenmilden W<strong>in</strong>ter immer früher mit dem Nestbauund dem Brüten beg<strong>in</strong>nen, sodass Langstreckenzieherwie z.B. die Nachtigall oder auch der Kuckuckbei ihrer Rückkehr um geeignete Brutplätzehart konkurrieren müssen oder schlicht „zu spät“kommen.Das Auftreten neuer Arten ist, neben der E<strong>in</strong>schleppungdurch den Menschen, auch dem Klimawandelgeschuldet. Es kl<strong>in</strong>gt zwar erfreulich,wenn verschiedene Libellenarten wie die Feuerlibelleihr Vorkommen schrittweise bis nach Nordhessenund Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen ausgedehnt habenoder der farbenfrohe Bienenfresser <strong>in</strong>zwischenselbst <strong>in</strong> Hamburg brütet. Der Zuwachs an Arten,die sonst nur <strong>in</strong> wärmeren Gefilden wie dem Mittelmeerraumzu Hause s<strong>in</strong>d, hat aber auch e<strong>in</strong>eKehrseite: die der Verlierer des Klimawandels. Sos<strong>in</strong>d alle die Arten bedroht, die es kühler mögenoder Schnee und Eis brauchen wie zum Beispieldie Ostsee-R<strong>in</strong>gelrobbe. Es ist zu erwarten, dassvon den bisher vier Aufzuchtgebieten <strong>in</strong> der Ostseemit jeweils eigenen Populationen absehbar nur e<strong>in</strong>esübrig bleiben wird, wenn es nicht gel<strong>in</strong>gt, die23


24Auswirkungen des Treibhauseffektes zu begrenzen.Darüber h<strong>in</strong>aus können bislang heimischeArten durch die „E<strong>in</strong>gewanderten“ aus ihren angestammtenLebensräumen verdrängt werden.Wissenschaftliche Prognosen gehen davon aus,dass <strong>in</strong> den kommenden Jahrzehnten rund 5 bis 30Prozent der derzeit <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> beheimatetenTier- und Pflanzenarten durch die Klimaänderungenaussterben könnten. Es werden sich aber auchunsere Landschaftsbilder verändern, <strong>in</strong>sbesonderebeim Wald. Und das nicht alle<strong>in</strong> durch den Anstiegder Schneefallgrenze im Gebirge. Auch die Abnahmeder Sommerniederschläge wird die ohneh<strong>in</strong>durch menschliche E<strong>in</strong>griffe belasteten Feuchtgebietenoch stärker gefährden als bisher. Nachjetzigem Kenntnisstand werden sich solche Folgender Klimaveränderung besonders <strong>in</strong> den Alpen,verstärkt aber auch im nordostdeutschen Tieflandund am Oberrhe<strong>in</strong>graben zeigen.Das bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungenauf die Menschen und ihr Lebensumfeld. Sokönnte beispielsweise <strong>in</strong> den sandigen und vergleichsweiseniederschlagsarmen Regionen vor allemOstdeutschlands mit Ernteausfällen von bis zu30 Prozent <strong>in</strong> den kommenden Jahrzehnten zurechnen se<strong>in</strong>, während andernorts Starkregen vermehrtzu Überflutungen führen wird, wie jüngstbei unseren Nachbarn <strong>in</strong> Polen. W<strong>in</strong>tersport wirdes voraussichtlich nur noch <strong>in</strong> den Hochgebirgengeben können. Diese Entwicklungen gehen auch anden Schutzgebieten nicht spurlos vorüber.Natur Natur se<strong>in</strong> lassen ist das Leitbild der<strong>Nationalparks</strong>. Aber auch <strong>in</strong> anderen Gebieten,z. B. den Biosphärenreservaten, gibt es Kernzonen,die dem Prozessschutz vorbehalten s<strong>in</strong>d.Es wird oft darüber gestritten, ob nicht e<strong>in</strong>e nachhaltigeWaldwirtschaft e<strong>in</strong>er natürlichen Waldentwicklunggerade auch unter Klimaschutzgesichtspunktenvorzuziehen ist. Ich glaube, dasswir beides brauchen : die nachhaltige Bewirtschaftungwie auch Referenzflächen, auf denen wir beobachtenkönnen, wie sich die Natur den Klimaänderungenanpasst. Auch hierbei können wir vonder Natur lernen.H<strong>in</strong>zu kommt, dass das Ziel <strong>in</strong>sbesondere der <strong>Nationalparks</strong>,<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fast vollständig kulturellüberformten Land wie <strong>Deutschland</strong> auch wiederWildnis zuzulassen, e<strong>in</strong>e spannende Vision ist. Ankaum e<strong>in</strong>em anderen Ort lässt sich das so klar belegen,wie hier im Nationalpark Bayerischer Wald.Wie nach dem Sterben des Waldes neues Lebenentsteht, fasz<strong>in</strong>iert die Menschen. Vor allem aberverfügt der neue Wald über e<strong>in</strong>e deutlich größereArtenvielfalt, gegen die der Borkenkäfer ke<strong>in</strong>eChance hat.Das Beispiel zeigt, wie wichtig der Erhalt derbiologischen Vielfalt ist. Die Bundesregierung hatdeshalb mit der Nationalen Strategie zur biologischenVielfalt die Basis für e<strong>in</strong>e langfristig angelegtePolitik beschlossen, um dem anhaltendenBiodiversitätsverlust entgegenzusteuern. Ihre konsequenteUmsetzung wird auch e<strong>in</strong>en Beitrag zumKlimaschutz leisten. Bis zum Jahr 2020 sollen rund330 Ziele erreicht werden, viele davon schon eher.Dazu werden konkrete Maßnahmen benannt. Damithaben wir e<strong>in</strong> sehr anspruchsvolles Handlungsprogramm,das erstens e<strong>in</strong>en langen Atem zurUmsetzung und zweitens die Mitwirkung allerstaatlichen und nicht-staatlichen Akteure benötigt,nicht zuletzt Ihre Mitwirkung <strong>in</strong> den NationalenNaturlandschaften.Ich freue mich, dass aufbauend auf der NationalenStrategie auch viele Bundesländer, darunterauch der Freistaat Bayern, eigene Biodiversitätsstrategienund -aktionspläne verabschiedet habenoder daran arbeiten. Das zeigt: Hier ist etwas <strong>in</strong>Bewegung geraten. Das ist deswegen so wichtig,weil die Länder die Hauptverantwortung für denNaturschutz <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> tragen. Ich wünschemir deshalb, dass alle Bundesländer den schon bestehendenBeispielen folgen.


Wo stehen wir jetzt bei der Umsetzung der Nationalen Strategiezur biologischen Vielfalt ?Täubl<strong>in</strong>gE<strong>in</strong>e Vielzahl von E<strong>in</strong>zelmaßnahmen und -zielenfür 2010 s<strong>in</strong>d erreicht oder auf e<strong>in</strong>em guten Weg.E<strong>in</strong> Beispiel ist die bundesweite Erfassung des ökologischenZustands von Flussauen. Was die NationalenNaturlandschaften angeht, so gab es <strong>in</strong> denvergangenen <strong>Jahre</strong>n erfreulichen Zuwachs – etwadie <strong>Nationalparks</strong> Eifel und Kellerwald-Edersee,die beiden 2009 von der UNESCO an erkanntenBiosphärenreservate Bliesgau und SchwäbischeAlb sowie jüngst die Zustimmung der UNESCOzur Erweiterung des Biosphären reservats BerchtesgadenerLand. Auch die Zahl der Naturparks ist<strong>in</strong>zwischen auf über <strong>100</strong> angewachsen. Das ist geradefür die deutsche CBD-Präsidentschaft (Conventionon Biological Diversity) im InternationalenJahr der biologischen Vielfalt e<strong>in</strong>e sehr guteBilanz.Im Herbst dieses <strong>Jahre</strong>s werden wir den <strong>in</strong> derStrategie vorgesehenen Indikatorenbericht vorlegen,der e<strong>in</strong>e umfassendere E<strong>in</strong>schätzung derTrends bei der Zielerreichung erlaubt. Anfang 2011können klarere Aussagen darüber getroffen werden,wie die 55 bis 2010 zu erreichenden Zieleumgesetzt wurden. E<strong>in</strong> umfassender Rechenschaftsberichtan das Parlament über den Standder Umsetzung der Strategie soll 2012 folgen.Klar ist aber – und da hilft ke<strong>in</strong> Drumherumreden–, dass wir nicht nur weltweit, sondern auch<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> das Ziel verfehlt haben, bis 2010den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppenoder zum<strong>in</strong>dest signifikant zu verlangsamen. Unddies, obwohl es an Bemühungen der Politik, derVerbände und Verwaltungen sowie der vielen engagiertenBürger nicht gefehlt hat. Wir dürfen aberjetzt nicht resignieren, sondern wir müssen neueAnstöße für den Erhalt der biologischen Vielfaltgeben und auch neue Wege suchen.Die Bundesregierung hat sich deshalb konkrete zusätzlicheMaßnahmen vorgenommen.E<strong>in</strong> Schwer punkt ist die Vernetzung ökologischbesonders wertvoller Gebiete. Es wird derzeit e<strong>in</strong>„Bundesprogramm Wiedervernetzung“ für denBau von Querungshilfen entwickelt. Geme<strong>in</strong>sammit dem Bundesverkehrsm<strong>in</strong>isterium wird <strong>in</strong>tensivdaran gearbeitet, Flüsse für wandernde Fischedurchgängig zu machen. Zur Sicherung des NationalenNaturerbes werden die noch ausstehenden25 000 Hektar national wertvoller Naturflächenübertragen.Auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene müssen von der10. Vertragsstaatenkonferenz der CBD im Oktober2010 <strong>in</strong> Japan entscheidende Signale ausgehen.E<strong>in</strong> wichtiger Auftrag bleibt der Schutz derWälder. Wir werden die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Mechanismuszur Reduzierung von Emissionen aus Entwaldungund Walddegradierung unterstützen.Und schließlich wird e<strong>in</strong> Schwerpunkt beimSchutz der biologischen Vielfalt der Meere liegen.<strong>Deutschland</strong> hat bereits etwa 10 000 Quadratkilometerals Natura-2000-Gebiete ausgewiesen, dieTeil e<strong>in</strong>es weltweiten Netzes von Meeresschutzgebietense<strong>in</strong> werden.25


26HeuschreckeBundesprogramm „Biologische Vielfalt“Die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischenVielfalt braucht neben dem Engagementaller gesellschaftlichen Gruppen auch f<strong>in</strong>anzielleMittel. Und damit komme ich jetzt zum Bundesprogramm„Biologische Vielfalt“: Denn der Bundgeht hier mit gutem Beispiel voran. Im Koalitionsvertragfür die 17. Legislaturperiode heißt es dazu :„Im Rahmen der Umsetzung der nationalen Strategiefür biologische Vielfalt werden wir e<strong>in</strong>Bundesprogramm erarbeiten, das mit Ländernund Kommunen, mit Waldbesitzern, Landnutzernund Naturschutzverbänden abgestimmt wird.“Dies eröffnet e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Chance, die Umsetzungder Nationalen Strategie zur biologischenVielfalt <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichenGruppen beispielhaft voranzutreiben. Wir –und damit me<strong>in</strong>e ich sowohl die Naturschützer alsauch die Naturnutzer – sollten uns mit aller Kraftgeme<strong>in</strong>sam dafür e<strong>in</strong>setzen, dass das Bundesprogramme<strong>in</strong> Motor und Impulsgeber für denSchutz und den nachhaltigen Umgang mit der biologischenVielfalt <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> wird und aufbreiter Front auch zur Bewusstse<strong>in</strong>sbildung für diebiologische Vielfalt beiträgt.


Wir wollen das Bundesprogramm, wie <strong>in</strong> der Koalitionsvere<strong>in</strong>barungvorgesehen, nicht im stillenKämmerchen entwerfen und dann verkünden, sondernwir beziehen die relevanten Akteure <strong>in</strong> dieEntwicklung und Umsetzung e<strong>in</strong>. Und ich fordereSie <strong>in</strong> den Nationalen Naturlandschaften auf, sichhieran zu beteiligen.E<strong>in</strong> Bundesprogramm ist e<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzielles Förderprogrammaus Mitteln des Bundes. Wir wollenmit dem Bundesprogramm unserer Verantwortungfür die Bewahrung der Schöpfung und die Sicherungunserer wirtschaftlichen Zukunft gerechtwerden. Und wir wollen die Ernsthaftigkeit derNaturschutzpolitik gerade <strong>in</strong> ökonomisch schwierigenZeiten beweisen.Die Haushaltsverhandlungen für 2011 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>vollem Gange. Wir wollen das Bundesprogrammmit 15 Mio. Euro ausstatten. Es wäre nicht ehrlich,wenn ich Ihnen sagen würde, dass alles schon „<strong>in</strong>trockenen Tüchern“ ist. Aber soviel istsicher: Wir s<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>em guten Wege, e<strong>in</strong>ensubstanziellen Beitrag zur Umsetzung der NationalenBiodiversitätsstrategie zu erreichen, dersicher auch den Nationalen Naturlandschaften zugutekommt.Arten <strong>in</strong> besonderer Verantwortung<strong>Deutschland</strong>sDie biologische Vielfalt <strong>Deutschland</strong>s umfasstetwa 28 000 Tier-, rund 9 500 Pflanzen- und ca.14 400 Pilzarten, die als heimisch gelten. Unter globalenAspekten ergibt sich e<strong>in</strong>e besondere Verantwortung<strong>Deutschland</strong>s für solche Arten, die nurhier vorkommen oder die hier e<strong>in</strong>en hohen Anteilder Weltpopulation haben. Die Nationale Strategiezur biologischen Vielfalt hat hierfür als konkretesZiel formuliert : „Bis 2020 erreichen Arten, für die<strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>e besondere Erhaltungsverantwortungträgt, überlebensfähige Populationen“. Derzeitgehen wir davon aus, dass es <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>igehundert Arten s<strong>in</strong>d, für die wir e<strong>in</strong>e besonder<strong>eV</strong>erantwortung haben.Der Erhalt überlebensfähiger Populationenwird allerd<strong>in</strong>gs nur gel<strong>in</strong>gen, wenn auch dieLebensräume dieser Arten geschützt werden. Hierkommt dem Netz an Schutzgebieten <strong>in</strong> unseremLand e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung zu.27Investitionen <strong>in</strong> das Naturkapitals<strong>in</strong>d Zukunfts<strong>in</strong>vestitionenWir haben deshalb drei Vorschläge für möglicheSchwerpunkte des Förderprogramms e<strong>in</strong>gebracht.Es geht um :1. Arten <strong>in</strong> besonderer Verantwortung<strong>Deutschland</strong>s,2. Hotspots der biologischen Vielfalt <strong>in</strong><strong>Deutschland</strong> und3. die Bewahrung von Ökosystemdienstleistungen.Sicherung der Hotspots derbiologischen VielfaltE<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt des Bundesprogrammskönnte se<strong>in</strong>, Regionen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> zu fördern,die sich durch e<strong>in</strong>en besonders hohen Reichtum anverschiedenen Arten und Lebensraumtypen auszeichnen.Die Auswahl der Hotspots <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>sollte nach naturschutzfachlichen Kriterienerfolgen. Es kommen nicht nur natürliche undnaturnahe, sondern auch unterschiedliche Kulturlebensräumeals Grundlage für die Auswahl <strong>in</strong>Frage, denn der <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> vorkommendeNaturreichtum ist zu e<strong>in</strong>em guten Teil auf dasWirken des Menschen zurückzuführen. In ihrerGesamtheit könnten die Hotspots wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emBrennglas sowohl das Typische als auch das Besondereder biologischen Vielfalt <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>repräsentativ widerspiegeln.Sicherung von ÖkosystemdienstleistungenDie Natur liefert darüber h<strong>in</strong>aus Leistungen, diewir lange Zeit als selbstverständlich h<strong>in</strong>genommenund zu wenig beachtet haben und die nun durche<strong>in</strong>en weiteren Förderschwerpunkt unterstütztwerden sollen : Etwa die natürliche Bodenfruchtbarkeit,die Selbstre<strong>in</strong>igungskräfte der Böden undGewässer, die Re<strong>in</strong>igung der Luft und die B<strong>in</strong>dungvon Kohlenstoff, aber auch Eigenart und Schönheitvon Landschaften s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Beispielehierfür. Diese Ökosystemdienstleistungen s<strong>in</strong>d erst<strong>in</strong> letzter Zeit <strong>in</strong> den Fokus der Naturschutzpolitikgerückt. Maßgeblich hierzu beigetragen hat diedurch <strong>Deutschland</strong> und die Europäische Kommission<strong>in</strong>itiierte TEEB-Studie (The Economics ofEcosystem and Biodiversity, s. auch S. 44).


Die Nationalen Naturlandschaften als Modellregionen28Die globale Klimakrise und der anhaltende Verlustan biologischer Vielfalt haben im Kern dieselbeUrsache : den Raubbau an Ressourcen durch denMenschen. Wir brauchen Lernorte, <strong>in</strong> denen wirdie vorhandenen Strategien für e<strong>in</strong>en nachhaltigenSchutz und e<strong>in</strong>e entsprechende Nutzung natürlicherRessourcen umsetzen und wichtige Erfahrungensammeln. Dafür s<strong>in</strong>d aus me<strong>in</strong>er Sicht die rundWir leben <strong>in</strong> vielerlei H<strong>in</strong>sicht über unser<strong>eV</strong>erhältnisse und s<strong>in</strong>d – auch wenn es Fortschrittegibt – von e<strong>in</strong>er nachhaltigen Wirtschafts- undLebensweise noch weit entfernt.130 Nationalen Naturlandschaften, also <strong>Nationalparks</strong>,Biosphärenreservate und Naturparks, diewir auf rund 25 Prozent unserer Landesflächehaben, bestens geeignet. Sie zu Modellregionen füre<strong>in</strong> modernes, nachhaltiges Leben und Wirtschaftenzu machen, ist die vor uns liegende Aufgabe.Denn es geht bei der Entwicklung dieserSchutzgebiete beileibe nicht nur um die Steuerungökologischer, sondern vor allem auch um sozialeProzesse. Wie Moore erfolgreich wiedervernässtwerden können, ist weitgehend bekannt. Wie aberschaffe ich Akzeptanz für e<strong>in</strong>en anderen Lebensstil,für e<strong>in</strong>e andere Art der Landnutzung, ohne dieMenschen ihrer Entwicklungschancen zu berauben,sondern ihnen neue zu geben ? Wie kann ichdie Entvölkerung im ländlichen Raum stoppen, damitzum Beispiel alte Kulturlandschaft undihre Vielfalt erhalten bleiben ? Wie schaffe ich dorte<strong>in</strong>e angepasste, effektive und bezahlbare Infrastrukturvom ÖPNV bis h<strong>in</strong> zur mediz<strong>in</strong>ischenVersorgung ?Hier Beispiele zu entwickeln, die auch im übrigenländlichen Raum, d. h. <strong>in</strong> der Fläche unseresLandes Anwendung f<strong>in</strong>den können, s<strong>in</strong>d von nöten.Nicht alles davon können Schutzgebiets verwaltungenerreichen, schon gar nicht alle<strong>in</strong>. Hiermüssen Bund, Länder und Kommunen geme<strong>in</strong>sammit an diesem Strang ziehen.Dabei s<strong>in</strong>d die unterschiedlichen Zielsetzungender Schutzgebiete aus me<strong>in</strong>er Sicht hilfreich, Lösungsvariantenfür unterschiedliche Ziele und Problemezu f<strong>in</strong>den : Unsere <strong>Nationalparks</strong>, die ganzüberwiegend „Natur Natur se<strong>in</strong> lassen“ wollen,s<strong>in</strong>d zum Beispiel prädest<strong>in</strong>iert, e<strong>in</strong>en besonderenBeitrag zur Wildnisentwicklung <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> zuleisten. Biosphärenreservate und Naturparks, beidenen „Schutz durch Nutzung“ im Vordergrundsteht, können jeweils auf ihre Weise nachhaltigeNutzungsformen von Landschaft entwickeln, dieauf die übrigen Landesflächen übertragen werdenkönnen.Stärker als bisher muss dabei die Rolle derSchutzgebiete für die Wertschöpfung <strong>in</strong> den Regionenherausgestellt werden. Am Beispiel desTourismus hat Professor Job aus Würzburg diesfür die <strong>Nationalparks</strong> ermitteln können : Die rund50 Millionen Besucher der deutschen <strong>Nationalparks</strong>sorgen für e<strong>in</strong>en Bruttoumsatz von rund2,1 Milliarden Euro pro Jahr. Dies entspricht rund70 000 Arbeitsplätzen, die der Tourismus <strong>in</strong> diesenGebieten schafft oder sichert. E<strong>in</strong>e der Schlussfolgerungenaus diesem Vorhaben ist, dass Schutzgebietewie <strong>Nationalparks</strong> für die Menschen <strong>in</strong> derRegion e<strong>in</strong>en enormen Kapitalstock darstellen, derihnen Perspektive und Wohlstand br<strong>in</strong>gt. Zum anderengehört es als e<strong>in</strong> Stück Gerechtigkeit dazu,dass die Gebiete, sprich auch die Schutzgebietsverwaltungen,die quasi den Kapitalstockpflegen, angemessen an dieser Wertschöpfung beteiligtund entsprechend ausgestattet werden.Schon heute s<strong>in</strong>d die Nationalen Naturlandschaften,verglichen mit den übrigen Flächen, dieLokomotiven <strong>in</strong> punkto Begrenzung des Klimawandelsund Erhalt der biologischen Vielfalt –dank auch des großen Engagements <strong>in</strong> den Verwaltungen,Kommunen und Verbänden.Das Bundesumweltm<strong>in</strong>isterium unterstütztmit e<strong>in</strong>er Reihe von Vorhaben diese Aktivitäten,darunter <strong>in</strong> Biosphärenreservaten etwa die Entwicklungals Modellregionen für Klimaschutz undKlimaanpassung. Hier werden Klimaschutzpotenziale– darunter <strong>in</strong> der Wasserwirtschaft und <strong>in</strong>der Landnutzung – aufgezeigt, Anpassungsstrategienerarbeitet, Umsetzungsmaßnahmen vorbereitetsowie die Bevölkerung breit <strong>in</strong>formiert. Ine<strong>in</strong>em weiteren Vorhaben ebenfalls <strong>in</strong> und mit Biosphärenreservatenwerden Empfehlungen erarbeitet,wie die Gebiete ihre Modellfunktion im S<strong>in</strong>nevon Nachhaltigkeit, Erhalt der biologischen Vielfaltund Klimaschutz besser erfüllen können. Darüberh<strong>in</strong>aus wurde nach e<strong>in</strong>er Qualitäts offensivefür Naturparks mit BMU-Unterstützung begonnen,Qualitätskriterien und -standards auch für<strong>Nationalparks</strong> zu entwickeln und anzuwenden.


29Die Junior Rangerentdecken dieNatur für sich.Aber auch für <strong>Nationalparks</strong>, Biosphären re servateund Naturparks gilt : Klappern gehört zum Handwerk.Sonst bleiben Modelle Inseln.Deshalb hat das Bundesumweltm<strong>in</strong>isteriumgeme<strong>in</strong>sam mit der Deutschen BundesstiftungUmwelt von Anfang an die Entwicklung der Dachmarke„Nationale Naturlandschaften“ mit bisher<strong>in</strong>sgesamt rund 450 000 Euro unterstützt.Die Entwicklung dieser Dachmarke halte ichfür e<strong>in</strong> Erfolgsmodell e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Vermarktungund Kommunikation der schönstenNatur- und Kulturlandschaften <strong>Deutschland</strong>s. Sieleistet e<strong>in</strong>en großen Beitrag für die Steigerung desBekanntheitsgrades <strong>in</strong> breiten Bevölkerungskreisen,stärkt die Regionalentwicklung und denInlandstourismus und br<strong>in</strong>gt den Schutz der biologischenVielfalt <strong>in</strong> unserem Land voran. Künftigwird es darauf ankommen, dass die NationalenNaturlandschaften noch stärker den wirtschaftlichenVorteil der Dachmarke spüren.Erste Ideen gibt es bereits dazu. Das wird die Ausstrahlungweiter erhöhen und e<strong>in</strong>en Beitrag füre<strong>in</strong>e solide wirtschaftliche Grundlage zur Fortentwicklungder Schutzgebiete leisten. Zugleich erwarteich von der Dachmarke, dass sie auch fürweiteren „Zuwachs“ wirbt. An potenziell geeignetenGebieten mangelt es nicht. Jedoch häufig genugs<strong>in</strong>d vor Ort Vorbehalte zu überw<strong>in</strong>den und nochzu wenig die wirtschaftlichen Chancen im Blick.Hier e<strong>in</strong> Umdenken zu befördern, ist e<strong>in</strong>e wesentlicheAufgabe für die Zukunft, damit wir <strong>in</strong><strong>Deutschland</strong> unseren Beitrag zum Erhalt der Biodiversitätleisten können.Gertrud SahlerBundesm<strong>in</strong>isteriumfür Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit (BMU)


30<strong>Nationalparks</strong> alsEckpfeiler bayerischerNaturschutzpolitikMit der Errichtung von <strong>Nationalparks</strong> sollen möglichstursprüngliche Landschaftsteile dauerhaft alsnationales Naturerbe für kommende Generationenerhalten werden. Diese Naturschutzidee wurde1872 mit der Gründung des Yellowstone <strong>Nationalparks</strong><strong>in</strong> Nordamerika geboren. In <strong>Europa</strong> wurdeder erste Nationalpark 1909 <strong>in</strong> Schweden errichtet.Inzwischen gibt es europaweit 300 <strong>Nationalparks</strong>,weltweit mehr als 2 200. In <strong>Deutschland</strong> s<strong>in</strong>dderzeit 14 <strong>Nationalparks</strong> ausgewiesen, zwei davon<strong>in</strong> Bayern. Sie s<strong>in</strong>d bedeutender <strong>in</strong>tegraler Bestandteilund Eckpfeiler unserer umfassendenNaturschutzpolitik.Naturschutzpolitik ist ke<strong>in</strong> Selbstzweck. Siesichert die Lebensgrundlagen der Menschen überallauf der Welt. Dies ist heute notwendiger als jemalszuvor. Die westliche Welt hat <strong>in</strong> den vergangenen150 <strong>Jahre</strong>n e<strong>in</strong>en unglaublichen Raubbau anRessourcen betrieben. Noch bis <strong>in</strong> die 1960er und70er <strong>Jahre</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> war <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> der Glaube an dieune<strong>in</strong>geschränkte Nutzbarkeit der natürlichenRessourcen ungebrochen. Folgen, wie die dramatischeZunahme der Luft- und Wasserverschmutzung,waren bald nicht mehr zu übersehen.Bayern hat die Bedeutung von Umwelt- undNaturschutz frühzeitig erkannt und bereits im Jahr1970 als erstes Bundesland e<strong>in</strong> Umweltm<strong>in</strong>isteriumgeschaffen. Im gleichen Jahr wurde mit dem NationalparkBayerischer Wald der erste Nationalpark<strong>Deutschland</strong>s errichtet. 1978 folgte der NationalparkBerchtesgaden. Die Entscheidung zur Ausweisungder <strong>Nationalparks</strong> war zukunftsweisendund beispielgebend.In den <strong>Nationalparks</strong> steht der Schutz der gesamtenNatur an erster Stelle. Dies bedeutet zum e<strong>in</strong>en,dass alle Tiere, Pflanzen und Lebensräume imNationalpark geschützt s<strong>in</strong>d, zum anderen, dassdie Natur <strong>in</strong> weiten Bereichen des <strong>Nationalparks</strong>sich selbst überlassen wird. Der Mensch verzichtethier bewusst auf E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die natürliche Dynamik.Die Philosophie „Natur Natur se<strong>in</strong> lassen“ ermöglichtes, die Zielsetzungen des <strong>Nationalparks</strong>,Schutz der gesamten Natur, Forschung, Erholungund Umweltbildung zu erreichen.Durch diese natürliche Dynamik <strong>in</strong> Lebensgeme<strong>in</strong>schaftenauf möglichst großen zusammenhängendenFlächen, s<strong>in</strong>d bedeutende Rückzugsräumeentstanden. Heute gibt es im Nationalpark Berchtesgadenz. B. ca. <strong>100</strong> Brutvogel- und 40 Gastvogelarten,dazu rund 4 000 verschiedene Pflanzenarten.Im Nationalpark Bayerischer Wald s<strong>in</strong>d es ca.2 500 Tier- und 800 höhere Pflanzenarten, darunterauch zahlreiche vom Aussterben bedrohte, wieAuerhuhn, Luchs und Wanderfalke oder selteneFarn- und Bärlapparten. Die vitale Natur <strong>in</strong> den<strong>Nationalparks</strong> ist das „Fort Knox“ Bayerns undentscheidend im Kampf gegen den weltweitenArtenschwund.Mit ihrer Urtümlichkeit und dem bedeutendenArtenreichtum s<strong>in</strong>d bayerische <strong>Nationalparks</strong> auchwichtige Bildungse<strong>in</strong>richtungen sowie Objekte fürWissenschaft und Forschung. Die Natur zeigt unsauf ihre ganz eigene Art, wie Naturkatastrophen,beispielsweise Sturmschäden, begegnet werdenkann. Die Walderneuerung auf großer Fläche speziellim Nationalpark Bayerischer Wald ist e<strong>in</strong>zigartig.Der Fortschritt hat selbst Optimistenüberrascht.Als „Lernort Natur“ eröffnen <strong>Nationalparks</strong>auch enorme Möglichkeiten <strong>in</strong> der allgeme<strong>in</strong>enUmweltbildung. Sie ist e<strong>in</strong> zentraler Bestandteilder bayerischen Biodiversitätsstrategie. In den bayerischen<strong>Nationalparks</strong> haben wir dafür verschiedensteE<strong>in</strong>richtungen geschaffen. KompetenteFührungen und Informationse<strong>in</strong>richtungen sorgenfür hervorragende Bildungsangebote.<strong>Nationalparks</strong> s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e isolierten E<strong>in</strong>heiten,sondern stets Bestandteil der jeweiligen Region.Mit e<strong>in</strong>maliger Natur, modernen Informationse<strong>in</strong>richtungenund <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>er guten Wege<strong>in</strong>frastrukturbieten sie ideale Voraussetzungen fürsanften, naturverträglichen Tourismus. Beide baye-


ischen <strong>Nationalparks</strong> s<strong>in</strong>d wahre Besuchermagneten.Jedes Jahr kommen <strong>in</strong> den Nationalpark BayerischerWald ca. 760 000 Besucher, <strong>in</strong> denNationalpark Berchtesgaden rund 1,3 Millionen.Die damit verbundene Wertschöpfung, <strong>in</strong> Berchtesgadenüber 8 Mio. Euro, im Bayerischen Waldfast 28 Mio. Euro, bleibt <strong>in</strong> der Region. Mit den zusätzlichentstandenen Arbeitsplätzen ist dies gerade<strong>in</strong> strukturschwachen Regionen wie dem BayerischenWald von besonderer Bedeutung.Die Bayerische Staatsregierung weiß um dieLeistungen und Bedeutung ihrer <strong>Nationalparks</strong>.Wir haben von Anfang an die Gründung und Entwicklungunterstützt und f<strong>in</strong>anziell gefördert. Fürden laufenden Betrieb des <strong>Nationalparks</strong> BayerischerWald wurden <strong>in</strong> den 40 <strong>Jahre</strong>n se<strong>in</strong>es Bestehens<strong>in</strong>sgesamt rund 245 Mio. Euro aufgewendet,<strong>in</strong> den Betrieb des acht <strong>Jahre</strong> jüngeren <strong>Nationalparks</strong>Berchtesgaden s<strong>in</strong>d bisher <strong>in</strong>sgesamt rund90 Mio. Euro an staatlichen Mitteln geflossen.Unsere Investitionen haben sich gelohnt. Beide<strong>Nationalparks</strong> besitzen die <strong>in</strong>ternationale Anerkennungdurch die IUCN und das <strong>Europa</strong>diplomder Kategorie A durch den <strong>Europa</strong>rat. Diese Auszeichnungens<strong>in</strong>d für uns Ehre und Verpflichtungzugleich.Me<strong>in</strong> Dank gilt allen, die mit ihrem E<strong>in</strong>satzzum Erfolg der bayerischen <strong>Nationalparks</strong> unddamit zu e<strong>in</strong>er modernen und zielorientierten Naturschutzpolitikbeigetragen haben und <strong>in</strong> Zukunftbeitragen.Ihr Engagement ist unverzichtbar für denErhalt unserer Natur und kulturellen Identität <strong>in</strong>Bayern.Dr. Markus SöderBayerischer Staatsm<strong>in</strong>ister für Umweltund GesundheitNationalparkBerchtesgaden –Blick auf denKönigssee undden Watzmann


32<strong>Nationalparks</strong>– e<strong>in</strong>e kulturelleHerausforderungAufgewachsen b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> den Wäldern desWiehen gebirges und des Teutoburger Waldes.Wir wohnten direkt am Waldrand desNaturparks.Me<strong>in</strong>e Freizeit verbrachte ich <strong>in</strong> den hohen Baumkronender mächtigen alten Buchen oder auf demSattel des Fahrrads bei der Erkundung der Natur.Die Zeltlager unserer kirchlichen Jugendgruppeerschlossen uns die Schönheit unserer Landschaften.Das über 1 200-jährige Osnabrück liegt mittenim Naturpark zwischen Wiehengebirge und TeutoburgerWald. He<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>e beschreibt dasOsnabrücker Land <strong>in</strong> „<strong>Deutschland</strong>. E<strong>in</strong> W<strong>in</strong>termärchen“wenig freundlich :„Das ist der Teutoburger Wald,Den Tacitus beschrieben,Das ist der klassische Morast,Wo Varus stecken geblieben.Hier schlug ihn der Cheruskerfürst,Der Hermann, der edle Recke;Die deutsche Nationalität,Sie siegte <strong>in</strong> diesem Drecke.“Das führt uns dazu, dass es neben der michprägenden und glücklich machenden Natur auchhistorische Ereignisse gab, die zur Identität beitrugen: die größte Schlacht (Varusschlacht 9n. Chr.) und der größte Friedensschluß (WestfälischerFriede zu Münster und Osnabrück 1648)<strong>in</strong> der deutschen Geschichte. H<strong>in</strong>zu kamen auchkulturelle Beiträge wie „Im Westen nichts Neues“des Osnabrücker Schriftstellers Erich-MariaRemarque.Es ist me<strong>in</strong>e feste Überzeugung : Zu unsererIdentität als Deutsche gehören––unsere Dichter wie Friedrich Schiller mitse<strong>in</strong>em Freiheitspathos, Goethe mit dem„Faust“ und Less<strong>in</strong>gs „Nathan“ mit der Botschaftder religiösen Toleranz. Viele unserergroßen Poeten haben im Übrigen die Natur <strong>in</strong>ihrer Schönheit beschrieben : von Schiller bisEichendorff, von Theodor von Fontane bisHe<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>e.––Persönlichkeiten unserer Geschichtevon Mart<strong>in</strong> Luther bis Immanuel Kant,von Alexander von Humboldt bisKonrad Adenauer.––die Schöpfer unserer musikalischen Highlights: Mozart, das größte Geschenk, das diedeutsche Kultur der Welt gemacht hat nebenBach, Beethoven und Brahms. Ke<strong>in</strong> anderesVolk hat so viele musikalische Genies hervorgebrachtwie das Deutsche.––das großzügigste, pluralste und flächendeckendsteSystem von Stadttheatern, Opernund Orchestern sowie Museen.––unsere Nationaldenkmäler wie das BrandenburgerTor, die Wartburg, das HambacherSchloß, die Paulskirche, der Kölner Dom, diewiedererstandene Frauenkirche zu Dresden.––unsere Welterbestätten wie die Altstädte vonBamberg, Regensburg oder Goslar, die Domevon Aachen oder Speyer, das Bauhaus, dasNationalparkSächsische Schweiz –Gamrig bei Rathen


klassische Weimar oder die Parks von Wörlitzoder Bad Muskau.––unsere wunderbaren und weltbekannten Malervon Casper David Friedrich bis Franz Marc.––<strong>in</strong> diesen Tagen natürlich der Fußball, derentscheidend zur deutschen Identität beiträgtund––unsere Nationalen Naturlandschaften,unser Nationales Naturerbe, an der Spitze alsAvantgarde der deutschen Naturschönheitenunsere <strong>Nationalparks</strong>; der NationalparkBayerischer Wald, der erste <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>,<strong>in</strong> dem wir hier tagen, sozusagen als „neunteSymphonie“ der NationalenNaturlandschaften.Wir brauchen e<strong>in</strong>e Kampagne, um unserenMitbürgern, vor allem der Jugend, die Schönheitunserer Natur wieder näher zu br<strong>in</strong>gen. K<strong>in</strong>derärztebenennen heute als Risikofaktoren falscheErnährung, Übergewicht, Bewegungsmangel undübermäßigen Fernsehkonsum sowie Computerspiele.Die psychosozialen Aspekte der Umwelts<strong>in</strong>d für die Gesundheit der K<strong>in</strong>der m<strong>in</strong>destens sowichtig wie physikalische und chemische. Es gilt,der nächsten Generation e<strong>in</strong>en „Begriff von Schönheitweiterzureichen und sie vor den Verstrahlungene<strong>in</strong>er vulgarisierten Gesellschaft zu schützen“(Matussek). Schönheit kann die Seele gesundenlassen, die Schönheit der Natur zudem auch denKörper.Natürlich ist es wichtig, der Jugend die biologischeFunktion z. B. des Waldes oder der Moore zuerklären, um sie von der Bedeutung des Naturschutzeszu überzeugen :––Senken für Treibhausgase und Schadstoffe––Produzent von Sauerstoff––Wasserspeicher und -re<strong>in</strong>iger––Erhalter der Artenvielfalt und des Lebens33


34RaufußkauzGenauso wichtig – oder sogar wichtiger – ist es,Jugendliche emotional zu erreichen : Die Schönheitder Natur muss auch als seelische Senke verstandenwerden und hat <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>en eigenenWert. Sie besitzt Fasz<strong>in</strong>ation, kann den hektischenAlltag kompensieren, ist Ort für Bewegung, aberauch für Stille, Kontemplation und Meditation.Tausende von Orchideenarten lassen sich nichtökonomisch bewerten, aber sie sprechen unser Innerstesan.Über die These, dass die demokratische Gelassenheitder Briten sehr stark mit ihrer Liebe zuGärten und Landschaftsparks zu tun habe, solltenwir nachdenken (Bar<strong>in</strong>g).In dem von Florian Langenscheidt herausgegebenenBuch „250 Gründe <strong>Deutschland</strong> zu lieben“f<strong>in</strong>den sich ganze sechs Gründe, die mit der Naturzu tun haben. Das von e<strong>in</strong>er fünfzehnköpfigenhochkarätigen Jury ausgewählte Themenfeld gibtan :––Der Baum (Eiche)––Der Berg (Zugspitze)––Der Fluß (Rhe<strong>in</strong>)––Der Kreidefelsen (Rügen)––Das Naturschutzgebiet (Wattenmeer)––Die Seen (von der Ost- bis zum Bodensee).Dies erwähne ich als Beispiel dafür, dass es nochsehr viel für uns zu tun gibt, gerade auch bei denMultiplikatoren. Wir müssen unseren Landsleutenihr eigenes Land neu erklären, ihnen e<strong>in</strong>zigartigeLandschaften <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> wieder nahe br<strong>in</strong>gen.Wir müssen nämlich nicht weit fliegen, um <strong>in</strong> denGenuss ungestörter Natur, spektakulärer Aussichtenund sagenhafter Landschaften zu kommen.Es muss uns gel<strong>in</strong>gen, möglichst viele K<strong>in</strong>derund Jugendliche aus der Entfremdung ihrer virtuellenSche<strong>in</strong>welten zu befreien und wieder an dasauthentische Naturerleben als das eigentliche heranzuführen.Es ist möglich, e<strong>in</strong>e ganze Wocheohne Handy, ohne Internet, ohne Computerspielund ohne Fernseher zu verbr<strong>in</strong>gen. Das soll es angeblichschon bei Schulklassen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em deutschenNationalpark gegeben haben. So kann man zurRuhe kommen, Freude am unmittelbaren Erlebnisentwickeln, unbekannte Tiere und Pflanzen entdeckenund bei e<strong>in</strong>er Nachtwanderung e<strong>in</strong>en sternenklarenHimmel ohne Lichtverschmutzung undLärm erleben. So wie unsere Dichter und Musiker,unsere Denkmäler und historischen Ereignissemüssen auch unsere <strong>Nationalparks</strong> und andereherausragende Landschaften <strong>Deutschland</strong>s zumBildungskanon e<strong>in</strong>es jeden Schülers gehören. JedeSchulklasse sollte m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Klassenfahrt <strong>in</strong>e<strong>in</strong> deutsches Großschutzgebiet gemacht haben.Warum haben wir gerade <strong>in</strong> Bayern die höchsteMitgliederzahl bei den Umweltverbänden, den erstenund zweiten Nationalpark <strong>Deutschland</strong>s und


das erste Umweltm<strong>in</strong>isterium <strong>Europa</strong>s ? Me<strong>in</strong>eAntwort darauf lautet : Natur und Landschaft,Heimat und Region gehören zur bewussten undunbewußten Identität der Mehrheit unserer bayerischenLandsleute. Bayern kann deshalb Vorbildfür viele andere Teile <strong>Deutschland</strong>s se<strong>in</strong>.<strong>Deutschland</strong> verfügt nun über e<strong>in</strong>en neuen undden mit Abstand jüngsten Bundespräsidenten se<strong>in</strong>erGeschichte, der e<strong>in</strong>e noch jüngere Ehefrau unddrei K<strong>in</strong>der zwischen zwei und sechzehn <strong>Jahre</strong>nhat. Wir sollten dem Bundespräsidenten e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameAktion vorschlagen. Wir : das me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>nationales Netzwerk für die Natur aus Großschutzgebieten,Umweltverbänden und Stiftungen.Thematisch sollte es um Naturschutz, Biodiversitätund Klimaschutz, die Heranführung der Jugendan das Nationale Naturerbe, die Anerkennungehrenamtlichen Engagements imNaturschutz und die Initiierung neuer Stiftungenfür Umwelt und Natur gehen. Der Bundespräsidentsollte m<strong>in</strong>destens alle <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erAmtszeit besuchen. Vielleicht wäre es ihm garnicht unsympathisch, so viele Großschutzgebietezu besuchen, dass er dafür e<strong>in</strong>e zweite Amtszeit benötigt? Solche Besuche des Bundespräsidentendürfen ke<strong>in</strong>e Honoratiorentreffen werden, wie ichsie schon <strong>in</strong> früherer Zeit beobachten konnte.Wichtig wäre die Priorität zu setzen auf Begegnungenmit Jugendlichen <strong>in</strong> der Natur, auf erlebnispädagogischeAktivitäten mit Schülern allerSchulformen. Unterstützt werden könnte e<strong>in</strong>e solcheKampagne durch entsprechende Medien- undSchulpartnerschaften.Bereits <strong>in</strong> der ersten Kuratoriumssitzung derDBU im April 1991 haben wir e<strong>in</strong>e halbe Mio. EuroSoforthilfe für Umweltbildung <strong>in</strong> den <strong>Nationalparks</strong>Mecklenburg-Vorpommerns zur Verfügunggestellt. Damals standen der Schutz und die Bewahrungdes Nationalen Naturerbes noch nicht alsvorrangiges Ziel <strong>in</strong> der Satzung der DBU so wieheute. Deshalb haben wir uns vor allem <strong>in</strong> der Förderungvon Zentren der Umweltbildung <strong>in</strong> den<strong>Nationalparks</strong> engagiert :Die Förderung der DBU <strong>in</strong> den <strong>Nationalparks</strong>macht deutlich, welchen Stellenwert die großenSchutzgebiete <strong>in</strong> der Förderphilosophie derStiftung besitzen.––19922,5 Mio. Euro für das Gutshaus Crieven, dasZentrum im Nationalpark Unteres Odertal––19952,5 Mio. Euro für das NationalparkzentrumVorpommersche Boddenlandschaft <strong>in</strong> Wieck––19961,4 Mio. Euro für die Jugendherberge amMüritzsee <strong>in</strong> Mirow im Müritz-Nationalpark––1996 und 20002,8 Mio. Euro für das Wattenmeerzentrum<strong>in</strong> Tönn<strong>in</strong>g im Nationalpark Schleswig-Holste<strong>in</strong>isches Wattenmeer––19982,5 Mio. Euro für das Nationalparkhaus derSächsischen Schweiz <strong>in</strong> Bad Schandau––19991 Mio. Euro für das Jugendcamp Aldo Leopoldim Nationalpark Bayerischer Wald––2000e<strong>in</strong>e halbe Mio. Euro für das Brockenhaus undzwei weitere Umweltbildungse<strong>in</strong>richtungenim Nationalpark Harz––20031 Mio. Euro für die Umweltzentren auf Spiekeroogund <strong>in</strong> Norden / Norddeich im NationalparkNiedersächsisches Wattenmeer––20061 Mio. Euro für das Informationszentrum imNationalpark Kellerwald-Edersee,––2009fast 1 Mio. Euro für die Ausstellung Wildnisträumeim Zentrum des <strong>Nationalparks</strong> Eifelund demnächst wird e<strong>in</strong>e ähnliche Summe fürdas Nationalparkzentrum Berchtesgadenfolgen.Immer wichtig wird für uns bleiben, die nächsteGeneration heranzuführen an unsere Naturschätze<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Deshalb haben wir dasThema Wildniserfahrung im Jugendcamp des BayerischenWaldes unterstützt. Aus diesem Grundehaben wir Mittel für den Baumkronenlehrpfad imNationalpark Ha<strong>in</strong>ich bewilligt wie auch für dasUrwald-Life-Camp. Und auch e<strong>in</strong> Projekt wie„Waldscout und Waldranger – Umweltbildung fürK<strong>in</strong>der und Jugendliche auf Wildnis-Erlebnis<strong>in</strong>seln“im Nationalpark Kellerwald-Edersee wurdevon uns unterstützt, e<strong>in</strong> Projekt, das <strong>in</strong> Kooperationmit der Jugend des NaturschutzbundesHessen durchgeführt wird.2004 haben wir für den Aufbau geme<strong>in</strong>samer<strong>in</strong>novativer Kommunikationsstrategien für dieGroß schutzgebiete mit dem Ziel der Akzeptanzsteigerungsowie der Eröffnung neuer F<strong>in</strong>anzierungswege<strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> erheblicheMittel bewilligt. Es entstand die Dachmarke„Nationale Naturlandschaften“. Für die Implementierungund Stärkung der Dachmarke wurden fürdie <strong>Jahre</strong> 2007 bis 2010 weitere Mittel zur Verfügunggestellt, so dass die DBU sich mit <strong>in</strong>sgesamt925 000 Euro an diesem Kommunikationsprojektbeteiligt hat. Auch das Bundesamt für Naturschutzmit Mitteln des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Umwelt,35


36NationalparkUnteres OdertalNaturschutz und Reaktorsicherheit hat sich f<strong>in</strong>anziellstark engagiert. Zielsetzung des Projekts istder Aufbau e<strong>in</strong>es Themenmanagements und diesystematische Weiterentwicklung sowie f<strong>in</strong>anzielleAbsicherung der Marke „Nationale Naturlandschaften“.Der Bekanntheitsgrad der Dachmarkesoll gesteigert, die Dachmarke von den wichtigstenGroßschutzgebieten lizenziert und das CorporateDesign umgesetzt werden. Es soll e<strong>in</strong>e größereZahl von Naturschutzprojekten <strong>in</strong> den NationalenNaturlandschaften entwickelt werden, deren F<strong>in</strong>anzierungzusätzlich gesichert werden soll. Zudemsoll e<strong>in</strong> aktiver Partner- und Sponsorenkreisaufgebaut werden, der <strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong><strong>in</strong> die Lage versetzt, die Dachmarke ab 2011 möglichstohne nennenswerte öffentliche Zuwendungweiter auszubauen.Partner der Marke „Nationale Naturlandschaften“s<strong>in</strong>d auch Prom<strong>in</strong>ente wie Jens Weißflog, Skiweltmeisterund Olympiasieger. Er hat die Philosophiedes von uns unterstützten Projekts sehr schönauf den Punkt gebracht : „Wo ich auch war, immertat es gut, <strong>in</strong>s Erzgebirge zurückzukommen. Dieherrliche Natur und die Menschen me<strong>in</strong>er Heimathaben mir die Kraft für neue Herausforderungengegeben. Es ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Landschaft mitvielen seltenen Tieren und Pflanzen. E<strong>in</strong> W<strong>in</strong>tersportparadiesund e<strong>in</strong> ideales Wandergebiet. Deshalb(…) unterstütze ich gerne die NationalenNaturlandschaften.“Die DBU nimmt e<strong>in</strong>e besondere Rolle bei derSicherung des Nationalen Naturerbes e<strong>in</strong>. Wennvon den <strong>100</strong> 000 Hektar der ersten Tranche fastdie Hälfte von der DBU übernommen wurde, zeigtdas, dass wir Verantwortung übernommen haben,um bei diesem Projekt den Durchbruch zu erzielen.46 000 Hektar wertvollster Naturerbeflächengehen jetzt <strong>in</strong> das Eigentum der DBU über. Aufgrundder Beschlüsse des Haushaltsausschussesdes Deutschen Bundestags haben wir uns verpflichtet,das Personal auf diesen Flächen zu f<strong>in</strong>anzieren.Die Flächen wurden uns geschenkt, Millionenfür die Gehälter von 90 Mitarbeitern müssenaber durch uns bezahlt werden. Früher habe ichmich gewundert, dass die Engländer für das schönedeutsche Wort Geschenk e<strong>in</strong>e so hässliche Übersetzungwie „gift“ bereit halten. Seitdem die DBUdieses Geschenk des Bundes im Interesse desNaturschutzes übernommen hat, ist mir die tiefeBedeutung dieses englischen Begriffs klar geworden.Nun aber schauen wir voller Freude nach vorne.Die DBU ist nicht mehr nur fördernder, sondernauch operativer Partner! Ich hoffe, dassLänder, Stiftungen und Umweltverbände die weiterenFlächen übernehmen. Wenn es um die zweiteTranche, weitere 25 000 Hektar geht, ist dieDBU bereit, zusätzliche Liegenschaften zu übernehmen,wenn andere dazu f<strong>in</strong>anziell nicht <strong>in</strong> derLage s<strong>in</strong>d. Letzten Endes geht es darum, bedeutendeNaturschutzflächen im Bundeseigentum nachMöglichkeit nicht zu veräußern, sondern auf ihnenden bestmöglichen Schutz der Natur voranzutreiben.Das Nationale Naturerbe zu bewahren, wollenwir <strong>in</strong> Partnerschaft mit anderen öffentlichenund geme<strong>in</strong>nützigen Flächenbesitzern erreichen :In e<strong>in</strong>em Nationalen Netzwerk Natur sollten sichdie Großschutzgebiete und geme<strong>in</strong>nützige Stiftungenals gleichberechtigte Partner treffen, um Synergieeffektezu erzeugen. E<strong>in</strong> solches Netzwerkkönnte die dezentrale und föderale deutsche Formdes National Trust werden. E<strong>in</strong> solches NationalesNetzwerk Natur, das die Nationalen Landschaftenund das Nationale Naturerbe zusammenführt,könnte zu e<strong>in</strong>em Faktor werden, der <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>etwas bewegt. Partner hierbei sollten z. B. derWWF, die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe,die BUND-Stiftung, die He<strong>in</strong>z Sielmann Stiftung,die Deutsche Wildtier Stiftung, die ZoologischeGesellschaft sowie Landesstiftungen wie z. B. dieSächsische Landesstiftung Natur und Umwelt,die Naturschutzstiftung Schleswig-Holste<strong>in</strong>, dieStiftung Naturlandschaften und die StiftungNaturschutzfonds Brandenburg se<strong>in</strong> sowie regionaleStiftungen <strong>in</strong> den Landkreisen.


Die DBU wird 33 national bedeutsame Flächenmit über 46 000 Hektar <strong>in</strong> neun Bundesländernlangfristig für den Naturschutz sichern. Dies ist e<strong>in</strong>langer Weg : von der Koalitionsvere<strong>in</strong>barung 2006zum Vertrag zwischen Bundesregierung und DBU2008 bis h<strong>in</strong> zur Übernahme der e<strong>in</strong>zelnen Flächen,die ebenfalls mehrere <strong>Jahre</strong> dauern wird.Seit 2009 ist die geme<strong>in</strong>nützige Tochter derDBU, die DBU-Naturerbe GmbH, für die Naturschutzmaßnahmenvor Ort verantwortlich. Wirmöchten auf unseren Flächen die Strukturvielfaltund den Reich tum an heimischen Tier- undPflanzenarten erhalten und fördern. Dies gilt fürOffen land flächen ebenso wie für Wälder undFeuchtgebiete.Durch den jahrzehntelangen militärischenÜbungs betrieb konnten sich auf den weitgehendunzerschnittenen, störungsarmen Flächen wertvolleOffenlandflächen für bedrohte Arten entwickeln.E<strong>in</strong> wichtiges Anliegen für uns ist es auch, aufunseren Flächen die Menschen für die Natur zubegeistern, um die Schönheit und die Vielfalt derNatur erlebbar zu machen.Um ihre Lebensräume zu erhalten, ist e<strong>in</strong>e regelmäßigeund aufwändige Pflege über Beweidung,Mahd oder Brand notwendig.Naturnahe Laubmischwälder werden als neueWildnisgebiete ihrer natürlichen ungestörten Entwicklungüberlassen. Dort, wo jedoch noch naturferneund monotone Kiefernforsten bestehen, werdenwir die Wälder im Laufe e<strong>in</strong>er Generationdurch die Entnahme von standortfremden Baumartenund die Förderung e<strong>in</strong>er heimischenNaturverjüngung schrittweise <strong>in</strong> sich naturnahentwickelnde Wälder überführen.Kle<strong>in</strong>gewässerstrukturen und Feuchtbiotopewerden wir bewahren und optimieren, um die ökologischenBedürfnisse zahlreicher gefährdeter Artenzu erfüllen. Dies geschieht beispielsweise durche<strong>in</strong>e Wiederherstellung e<strong>in</strong>es natürlichen Wasserhaushalts<strong>in</strong> Moorniederungen.Deswegen wird es auch Informationsangeboteund Zentren auf e<strong>in</strong>zelnen Flächen geben.Mit der Übernahme der Flächen des NationalenNaturerbes <strong>in</strong> das Eigentum der DBU s<strong>in</strong>d großeChancen für den Naturschutz <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>verbunden, um stark gefährdete oder vom Aussterbenbedrohte Tier- und Pflanzenarten dauerhaftzu retten. Lassen sie mich das an e<strong>in</strong>igen Beispielendeutlich machen :Charakteristisch für das Nationale NaturerbePrösa (Brandenburg, 3 300 Hektar) ist e<strong>in</strong> großräumigunzerschnittenes Waldgebiet mit beerenundkrautreichen Traubeneichenwäldern sowieKiefern-Eichen-Mischbeständen hohen Alters mitseltenen Arten. Andererseits ist die Liegenschaftvon Sandtrockenheiden, Silbergrasfluren sowiesandigen Offenflächen mit dem typischen Arten<strong>in</strong>ventargeprägt. Alle<strong>in</strong> 239 verschiedene Schmetterl<strong>in</strong>gsartenwurden erfasst.Die Nationale Naturerbefläche Prora aufRügen (1 889 Hektar) am Kle<strong>in</strong>en JasmunderBodden ist zu drei Vierteln waldbestockt. Die altenLaubwälder auf den Halb<strong>in</strong>seln Pulitz, Thiessowund Buhlitz s<strong>in</strong>d als besonders wertvoll e<strong>in</strong>zustufen.Auch die berühmten Feuerste<strong>in</strong>felder gehörenzu diesem Gebiet.Ebenfalls <strong>in</strong> Mecklenburg-Vorpommern gelegenist die Ückermünder Heide, das größte Gebietdes Nationalen Naturerbes. Mit 7 670 Hektar ist esTeil e<strong>in</strong>es der größten geschlossenen WaldgebieteMitteleuropas, das sowohl auf deutscher als auchauf polnischer Seite e<strong>in</strong>e Vielzahl an ökologischwertvollen Flächen be<strong>in</strong>haltet. Erleben wir hier <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er Generation die Realisierung der Vision e<strong>in</strong>esdeutsch-polnischen <strong>Nationalparks</strong>?Oder nehmen Sie die Wahner Heide (2 200Hektar) im Ballungsraum Köln gelegen mit e<strong>in</strong>erhohen Standortvielfalt, und e<strong>in</strong>em sehr hohenArtenreichtum (z. B. über <strong>100</strong> Rote-Liste-Arten).Sie bietet große Chancen dafür, Menschen derGroßstadt an die Schönheit, Vielfalt und Schutzbedürftigkeitder Natur heranzuführen.Lassen sie es mich bei diesen Beispielen belassenund mit He<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>e enden, so wie ich mitihm begonnen habe. In den „Nachtgedanken“ heißtes :„Denk’ ich an <strong>Deutschland</strong> <strong>in</strong> der Nacht,Dann b<strong>in</strong> ich um den Schlaf gebracht,Ich kann nicht mehr die Augen schließen,Und me<strong>in</strong>e heißen Tränen fließen.“Der Trost aber kommt <strong>in</strong> der sechsten Strophe, dieihnen allen Mut machen soll für ihre wertvolle Arbeitim Dienste der <strong>Nationalparks</strong>, der Artenvielfaltund des Naturschutzes :„<strong>Deutschland</strong> hat ewigen BestandEs ist e<strong>in</strong> kerngesundes Land!Mit se<strong>in</strong>en Eichen, se<strong>in</strong>en L<strong>in</strong>den,Werd’ ich es immer wieder f<strong>in</strong>den.“Dr. - Ing. E. h. Fritz BrickweddeDeutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)37


Vielfalt und NationaleNaturlandschaften –e<strong>in</strong>e Grundlage derGesellschaft


Die Rolle der NationalenNatur landschaften für denErhalt der BiodiversitätDie besondere Bedeutung der NationalenNaturlandschaften ergibt sich bereits aus ihrerräumlichen Dimension : 14 <strong>Nationalparks</strong> (NLP)nehmen e<strong>in</strong>e Fläche von 0,55 Prozent der terrestrischen Bundesfläche e<strong>in</strong> (unter Bezug derFlächen von Nord- und Ostsee ca. 3,7 Prozent),die 16 Biosphärenreservate (BR) decken e<strong>in</strong>eFläche von 3,7 Prozent ab und die 103 Naturparks(NRP) nehmen e<strong>in</strong>e Fläche von rund27 Prozent der Bundesfläche e<strong>in</strong>.Demnach s<strong>in</strong>d rund 30 Prozent der Bundesflächedurch Nationale Natur landschaften „geschützt“.Erhalt gefährdeter ArtenEs gibt e<strong>in</strong>e Reihe von gefährdeten bzw. extremseltenen Wirbeltierarten, deren Gesamtpopulationquasi ausschließlich bzw. weitestgehenddurch Großschutzgebiete geschützt ist. Hierzuzählen u. a. Luchs (NLP Harz, Bayerischer Wald,BR Pfälzer wald) und Ste<strong>in</strong>bock (NLP Berchtesgaden)bei den Säugern sowie Auerhuhn (NLPHarz, Bayerischer Wald), Birkhuhn (NRP LüneburgerHeide, BR Rhön, NLP Berchtesgaden),Zwerg-, Küsten-, Fluß-, Brand-Seeschwalben(NLPs Wattenmeer, NLP VorpommerscheBoddenlandschaft), Kampfläufer (NLPs Wattenmeer)und Schreiadler (NRP Feldberger Seen,NRP Uckermärkische Seen) bei den Vögeln. Beiden Reptilien wäre <strong>in</strong> diesem Zusammenhang dieEuropäische Sumpfschildkröte (NRP UckermärkischeSeen) zu nennen. Ähnliches gilt fürdie endemischen Fischarten Schaalsee-Maräne(BR Schaalsee), Luz<strong>in</strong>-Tiefenmaräne (NRP FeldbergerSeen) und Stechl<strong>in</strong>-Maräne (NRP Stechl<strong>in</strong>-Rupp<strong>in</strong>er Land). Diese Liste ließe sich für die Wirbellosenstark erweitern.Für die Flora können z. B. folgende Arten genanntwerden, für die <strong>Deutschland</strong> zudem e<strong>in</strong>e besonder<strong>eV</strong>erantwortung hat: Stengelloser Tragant,Pf<strong>in</strong>gstnelke, Lanzettblättrige Glockenblume undIsslers Flachbärlapp.39TeichfroschSchutz gefährdeter Biotope,Lebensraumtypen undLandschaftenEs gibt zudem e<strong>in</strong>zelne hochgradig nach der RotenListe (RIECKEN et al. 2006) gefährdete Biotoptypen,die quasi nur <strong>in</strong>nerhalb von Großschutzgebietenerhalten / geschützt werden. Hierzu zählenFlachwasserzonenbiotope der Nordsee (z. B. Miesmuschelbänke,Austernbänke, Seegraswiesen),Wattbiotope und ungenutzes Salzgrünland derNordsee (Wattenmeer-<strong>Nationalparks</strong>), Kreide-Felsküste (NLP Jasmund) und Brenndolden-Auenwiesen (BR Flusslandschaft Elbe, NLPUnteres Odertal).Hohe bis sehr hohe Anteile ihrer Vorkommen<strong>in</strong> Großschutzgebieten haben u.a. Küstendünen<strong>in</strong>kl. Krähenbeerheiden und Gebüsch-Gesellschaften(Wattenmeer-<strong>Nationalparks</strong>, NLP VorpommerscheBoddenlandschaft, NRP Insel Usedom),Atlantische Sandheiden (u. a. NRP Lüneburger


40Kernzone im NationalparkBayerischer Wald.Nach dem die Fichtenbeständedurch Borkenkäferweitgehend zumAbsterben gebrachtworden s<strong>in</strong>d, entwickeltsich nun e<strong>in</strong> vom Menschenunbee<strong>in</strong>flussterMischwald, die Wildnisvon morgen.Heide), Berg-Mähwiesen (u. a. BR Rhön, NRPThür<strong>in</strong>ger Wald, Schwarzwald, Erzgebirge, Vogelsberg,Eichsfeld-Ha<strong>in</strong>ich-Werratal), Silikatfelsen<strong>in</strong>kl. Felsspaltenvegetation (NRP Schwarzwald,Thür<strong>in</strong>ger Wald, Harz) und subalp<strong>in</strong>e hercynischeFichtenwälder (NLP Bayer. Wald, Harz, NRPSchwarzwald, Thür<strong>in</strong>ger Wald, Erzgebirge).Ähnliches gilt für die von diesen Biotoptypengeprägten naturnahen Landschaften und Kulturlandschaften<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Hierzu e<strong>in</strong>ige Beispiele: Wattenmeer (NLPs Wattenmeer), Kalk-Magerrasen-Landschaften (BR Thür<strong>in</strong>ger Rhön,Bliesgau, Schwäbische Alb, NRP Altmühltal,Fränkische Schweiz), Gipskarst-Landschaften(BR Karstlandschaft Südharz, NRP Kyffhäuser),Teichlandschaften (BR Oberlausitzer Heide- undTeichlandschaft), Seenreiche Kulturlandschaften(BR Schaalsee, BR Schorfheide-Chor<strong>in</strong>, NRPHolste<strong>in</strong>ische Schweiz, Feldberger Seenlandschaft,Uckermärkische Seen), Landschaften mit hohenAnteilen montanen Grünlandes (BR Rhön, NRPVogelsberg, Südschwarzwald, Erzgebirge, Harz,Thür<strong>in</strong>ger Wald), Heide- und Sandtrockenrasen-Landschaften (NRP Lüneburger Heide, UckermärkischeSeen teilweise, Nuthe-Nieplitz), auengrünlandreicheLandschaften (BR FlusslandschaftElbe), streuobstreiche Landschaften (BR Bliesgau,BR Schwäbische Alb, NRP Stromberg-Heuchelberg,Frankenhöhe), Feuchtgrünland-Landschaften(NRP Dröml<strong>in</strong>g, Dümmer teilweise), heckenreicheLandschaften (NRP Hüttener Berge,Holste<strong>in</strong>ische Schweiz, Obere Donau usw.) undBergbau-Folgelandschaften (NRP NiederlausitzerLandrücken, Niederlausitzer Heidelandschaft).WildnisgebieteGroßschutzgebiete, und hier vor allem dieNational parks, s<strong>in</strong>d prädest<strong>in</strong>iert dafür, den Anteilan Wildnisgebieten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> zu erhöhen.Dabei verfügen fünf <strong>Nationalparks</strong> noch nichtüber die gemäß Bundesnaturschutzgesetz(BNatSchG) geforderten m<strong>in</strong>destens 50-pro zentigenFlächen anteile an Prozessschutzgebieten(= Kernzonen); nach dem IUCN-Kategoriensystem(EURO PARC DEUTSCHLAND 2010 /IUCN 2008) wären hier sogar 75 Prozent erforderlich.Für Biosphärenreservate wird vomdeutschen MAB-Nationalkomitee (Man and theBiosphere – der Mensch und die Biosphäre) e<strong>in</strong>m<strong>in</strong>destens dreiprozentiger Flächenanteil an Kernzonenfür Prozessschutz gefordert; diese Vorgabenwerden derzeit von fünf Gebieten noch nicht erfüllt(siehe Tabelle 1).Tabelle 1 :Großschutzgebiete, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e Erweiterungder Kernzonen erforderlich ist<strong>Nationalparks</strong>( Wildnisanteile bisher< 50 % )Eifel ( 40 % )Vorpommersche Boddenlandschaft( 38 % )Sächsische Schweiz ( 37 % )Schleswig-Holste<strong>in</strong>ischesWattenmeer ( ca. 36 % )Unteres Odertal ( 22 % )Biosphärenreservate( Wildnisanteile bisher< 3 % )Pfälzerwald-Nordvogesen( 2,2 % )Spreewald ( 2,1 % )Rhön ( 1,5 % )Südost-Rügen ( 1,5 % )Flusslandschaft Elbe( 0,7 % )


Rolle der Nationalen Naturlandschaftenbei der Umsetzungder NationalenBiodiversitätsstrategieAm 7. November 2007 hat das Bundeskab<strong>in</strong>ette<strong>in</strong>e mit allen Bundesressorts abgestimmte NationaleStrategie zur biologischen Vielfalt (NBS) verabschiedet.Sie umfasst 28 konkrete Visionen, diemit 330 meist quantifizierten Qualitäts- undHandlungszielen untersetzt s<strong>in</strong>d (BMU 2007). Beider Umsetzung können die Nationalen Naturlandschaftene<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielen.Tabelle 2 gibt hierzu e<strong>in</strong>e erste E<strong>in</strong>schätzung,die allerd<strong>in</strong>gs nicht auf e<strong>in</strong>er konkreten, datenbasiertenErhebung o. ä. fußt.Tabelle 2 :Aktuelle und künftige Bedeutung der NationalenNaturlandschaften bei der Umsetzung der NationalenStrategie zur biologischen Vielfalt ( NBS, BMU 2007 ),differenziert nach den Schutzgebietstypen (Stand 2011)Vision der NationalenBiodiversitätsstrategieNLP BR NRPB 1.1.1 Biodiversität <strong>in</strong>sgesamt ++ ++ +B 1.1.2 Artenvielfalt ++ ++ + / oB 1.1.3 Vielfalt der Lebensräume + ++ ++B 1.1.4 Genetische Vielfaltvon wildlebenden unddomestizierten Arten+ ++ +B 1.2.1 Wälder ++ + ++ / oB 1.2.2 Küsten und Meere ++ + oB 1.2.3 Seen, Weiher, Teicheund Tümpel+ + ++B 1.2.4 Flüsse und Auen + ++ +B 1.2.5 Moore o o + / oB 1.2.6 Gebirge + + +41B 1.2.7 Grundwasserökosysteme+ + +B 1.3.1 Wildnisgebiete ++ o oB 1.3.2 Kulturlandschaften ++ ++ / oB 1.3.3 Urbane LandschaftenB 2.1B 2.2B 2.3NaturverträglichesWirtschaftenVorbildfunktiondes StaatesAuswirkungen deutscherAktivitäten auf die biologisch<strong>eV</strong>ielfalt weltweit++ ++ / o + / oB 2.4 Landwirtschaft + oB 2.5 Bodennutzung +B 2.6B 2.7B 2.8B 2.9B 3.1Rohstoffabbau undEnergiegew<strong>in</strong>nungFlächen<strong>in</strong>anspruchnahmefür Siedlung und VerkehrMobilitätNaturnahe Erholungund TourismusFlächendeckendediffuse Stoffe<strong>in</strong>träge+o++ ++ / o ++ / oB 3.2 Klimawandel + + / o + / oB 4.1B 4.2B 5Zugang zu genetischenRessourcen und gerechterVorteilsausgleichErhaltung und nachhaltigeNutzung genetischerRessourcen(<strong>in</strong> situ, ex situ, on farm)GesellschaftlichesBewusstse<strong>in</strong>++ / 0 + / 0++ ++ / 0 + / 0Es bedeuten : ++ sehr wichtig, + wichtig, 0 optimierbar


HandlungsbedarfObwohl den Nationalen Naturlandschaften sowohlaktuell als auch künftig e<strong>in</strong>e besondere Bedeutungzur Sicherung und Entwicklung der biologischenVielfalt <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> zukommt, gibt ese<strong>in</strong>e ganze Reihe von Themenfeldern, bei denenteils erheblicher Handlungsbedarf gesehen wird.Ähnlich ist die Situation bei den Biosphärenreservaten.Hier werden vor allem bei Heiden,Mooren, Niedermoor-Feuchtgrünland, Magerrasen-Waldkomplexenund Seen-Landschaftennoch Defizite und somit e<strong>in</strong> Ergänzungsbedarf gesehen(vgl. auch Tabelle 3).42Vervollständigung derGroßschutzgebietskulisseDa bereits 103 Gebiete als Naturparks mit e<strong>in</strong>erFläche von rd. 27 Prozent der Bundesfläche ausgewiesens<strong>in</strong>d, werden hier kaum noch Defizite gesehen.Naturräumlich schwach ausgeprägt s<strong>in</strong>dNaturparks lediglich im küstennahen Bereich derNordsee sowie im Alpenvorland bzw. <strong>in</strong> den Alpen.Im Alpenvorland bzw. <strong>in</strong> den Alpen existieren aberdiverse große Naturschutzgebiete mit hoherWertigkeit, so dass hier weitere Naturparkausweisungenaus Naturschutzsicht nicht vordr<strong>in</strong>glichersche<strong>in</strong>en.Bei den <strong>Nationalparks</strong> besteht e<strong>in</strong> deutlich erkennbaresDefizit im terrestrischen Bereich, z. B.bei den Mooren und verschiedenen Waldtypen,aber auch <strong>in</strong> den Gebirgsregionen. Ziel sollte eshier se<strong>in</strong>, dass alle relevanten Naturräume und fürden Schutz relevanten naturnahen Ökosysteme repräsentativvertreten s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e Liste mit Gebietsvorschlägenf<strong>in</strong>det sich z. B. bei STEER et al.(2008); vgl. auch Tabelle 3. Grundsätzlich sollte esdabei zunächst ke<strong>in</strong>e Vorgaben für e<strong>in</strong>e maximaleAnzahl geben, sondern e<strong>in</strong>e Orientierung an dennaturschutzfachlichen Notwendigkeiten erfolgen.Tabelle 3 :Mögliche weitere <strong>Nationalparks</strong> und Biosphärenreservate<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ( verändert nach STEER et al. 2008 )Vorschläge und Initiativenfür weitere <strong>Nationalparks</strong>Lieberoser Heide ( BB ) *Teutoburger Wald /Senne ( NRW )Re<strong>in</strong>hardswald ( HE )Pfälzerwald ( RP )Soonwald ( RP )Thür<strong>in</strong>ger Wald /Vessertal ( TH ) *Nordschwarzwald ( BW ) *Steigerwald ( BY ) *Spessart ( BY )Ammergebirge ( BY )Nordsee ( Bund / <strong>in</strong>ternat.)Denkbare weitere BiosphärenreservateLüneburger Heide ( NI )Diepholzer Moorniederung( NI )Dröml<strong>in</strong>g ( NI und ST )Uckermärkische undFelberger Seenlandschaft( MV / BB )Südschwarzwald ( BW )Murnauer Moos undUmgebung ( BY )Qualitative Optimierung bestehenderGroßschutzgebieteBei den Biosphärenreservaten s<strong>in</strong>d noch weitereAnstrengungen zum Schutz und zum Managementder Biodiversität und zur Umsetzung desländerübergreifenden Biotopverbunds (§§ 20 / 21BNatSchG) notwendig. Auch s<strong>in</strong>d noch Defizitebei der konsequenten Umsetzung e<strong>in</strong>er nachhaltigenund Natur schonenden Nutzung (i. S. § 25 (1)BNatSchG) erkennbar. Wichtig s<strong>in</strong>d aus unsererSicht auch e<strong>in</strong>e Stärkung der Adm<strong>in</strong>istrationenund die Sicherstellung e<strong>in</strong>er angemessenen f<strong>in</strong>anziellenund personellen Ausstattung. Dort, wo diesbislang noch nicht vorhanden ist, wird auch dieE<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es hauptamtlichen Rangersystemsals s<strong>in</strong>nvoll erachtet.Bei verschiedenen <strong>Nationalparks</strong> und Biosphärenreservatenbesteht zudem noch Handlungsbedarfim H<strong>in</strong>blick auf das Erreichen des Anteilsungenutzter Kernzonen (siehe Tabelle 1).Auch bei den Naturparks s<strong>in</strong>d weitere Aktivitätenzum Schutz und zur Entwicklung der biologischenVielfalt e<strong>in</strong>schließlich der E<strong>in</strong>richtungvon Wildnisgebieten notwendig. Auf Grund ihresgroßen Flächenanteils haben die Naturparks zudeme<strong>in</strong>e hohe Verantwortung bei der Etablierungdes länderübergreifenden Biotopverbunds nach§§ 20 / 21 BNatSchG sowie bei der Erhöhungder regionalen M<strong>in</strong>destdichten von Landschaftselementen<strong>in</strong> der Agrarlandschaft. Weiterh<strong>in</strong> giltes, die nachhaltige Nutzung (i. S. § 27 BNatSchG)<strong>in</strong> Naturparks konsequent voran zu br<strong>in</strong>gen.Naturparks sollten dabei auch adm<strong>in</strong>istrativ gestärktwerden, u. a. durch die konsequente Erarbeitungund Umsetzung von Naturparkplänen, e<strong>in</strong>erechtskräftige Ausweisung, ihre Anerkennung alsTräger öffentlicher Belange, die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>esNaturwacht-/Rangersystems und die Sicherstellunge<strong>in</strong>er adäquaten f<strong>in</strong>anziellen und personellenAusstattung.In allen Großschutzgebieten sollten der jeweiligenAufgabe und Zielstellung entsprechend dieBildungsangebote noch weiter ausgebaut werden.Hier gibt es <strong>in</strong> allen Schutzgebietstypen bereitsheute sehr beispielhafte und erfolgreiche Ansätze,die hierbei als Vorbilder dienen können.* ansche<strong>in</strong>end derzeit zurückgestellt


43Überflutete Aue imDeichvorland desBiosphärenreservatsNiedersächsischeElbtalaueFazit/AusblickDie Nationalen Naturlandschaften s<strong>in</strong>d zweifellose<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte, denn sie spielen bereitsheute und auch <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>e herausragendeRolle beim Schutz der Biodiversität <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>.Großschutzgebiete können zudem Motorene<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung se<strong>in</strong> (Land- undForstwirtschaft, Fischerei, Tourismus usw.) undhaben auch e<strong>in</strong>e außerordentliche Bedeutung fürden wissenschaftlichen Erkenntnisgew<strong>in</strong>n, s<strong>in</strong>dvon zentraler Bedeutung für Naturerleben undEr holung und erfüllen e<strong>in</strong>en umfangreichenBildungsauftrag.Auf der anderen Seite ist es erforderlich, das bestehendeNetz um weitere Gebiete zu ergänzenund die naturschutzfachliche Qualität der bestehendenGebiete kont<strong>in</strong>uierlich zu verbessern. Invielen Fällen bedarf es dazu e<strong>in</strong>er Verbesserung ihrerf<strong>in</strong>anziellen und personellen Grundlagen unde<strong>in</strong>er Stärkung ihrer Position im Wechselspiel derunterschiedlichen gesellschaftlichen Akteure undInteressen. Ziel muss es se<strong>in</strong>, dass die NationalenNaturlandschaften e<strong>in</strong>en genauso hohen gesellschaftlichenStellenwert erhalten wie das nationaleKulturerbe.Dr. Uwe Riecken undDr. Volker ScherfoseBundesamt für Naturschutz (BfN)QuellenBMU – Bundesm<strong>in</strong>isterium für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit ( 2007 ) :Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt.Bonn, 178 S.<strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> ( 2010 ) :Richtl<strong>in</strong>ien für die Anwendung der IUCN-Managementkategorien von Schutzgebieten.Berl<strong>in</strong>, 88 S.Deutsche Übersetzung von Dudley, N. (ed.) ( 2008 ):Guidel<strong>in</strong>es for Apply<strong>in</strong>g Protected AreaManagement Categories.IUCN, Gland, 86 S.Riecken, U.; F<strong>in</strong>ck, P.; Raths, U.; Schröder, E. &Ssymank, A. ( 2006 ) :Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen <strong>Deutschland</strong>s.Zweite fortgeschriebene Fassung 2006.Natursch. Biol. Vielf. 34, 318 S.Scherfose, V.; Riecken, U. (2011):Der Beitrag der Nationalen Naturlandschaften zurUmsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie.In: Jahrbuch für Naturschutz und Landschaftspflege 58 (2),34-44.Steer, U.; Scherfose, V. & Balzer, S. ( 2008 ) :Ausgewählte Aspekte des deutschenSchutzgebietssystems.In : Natur und Landschaft 83 ( 3 ), S. 93 – <strong>100</strong>


44TEEB und dieökonomischen Wertevon SchutzgebietenTEEB – „The Economics of Ecosystem andBiodiversity“ ist e<strong>in</strong>e Initiative, die von derEuropäischen Union und der Bundesrepublik<strong>Deutschland</strong> nach e<strong>in</strong>em Beschluss des Treffensder G8 + 5 Umweltm<strong>in</strong>ister <strong>in</strong> Potsdam imJahr 2007 auf den Weg gebracht wurde.In der Zwischenzeit haben sich die Vere<strong>in</strong>tenNationen als durchführende Organisation undweitere Staaten als Förderer angeschlossen.Die Ökonomie von Ökosystemenund Biodiversität :Anspruch, Ziele und ProdukteTEEB will den ökonomischen Wert des andauerndenVerlustes von Biodiversität und Ökosystemleistungenaufzeigen. Damit knüpft TEEB an dasMillennium Ecosystem Assessment aus dem <strong>Jahre</strong>2005 an, <strong>in</strong> dem der Zustand und die Entwicklungder Ökosysteme sowie ihre Funktionen und Leistungenfür den Menschen umfassend erfasst wurden.TEEB baut hierauf auf und geht e<strong>in</strong>en Schrittweiter, <strong>in</strong>dem der Versuch unternommen wird, dieseÖkosystemfunktionen und -leistungen <strong>in</strong> Wertzu setzen, wo immer dies geht und s<strong>in</strong>nvoll ist.Die Zielsetzung der TEEB-Studie kann ähnlichder des „Stern-Reports“ <strong>in</strong> der Klimapolitikgesehen werden, der die ökonomischen Kostenund Nutzen des Klimaschutzes zum Gegenstandhat. Mit Hilfe der TEEB-Studie soll verdeutlichtwerden, dass die Nichtberücksichtigung der Natur<strong>in</strong> ökonomischen Entscheidungen, das „Nichtsehen“des Wertes der Natur, nicht die e<strong>in</strong>zige, aberdoch e<strong>in</strong>e wichtige Ursache für den Verlust von genetischenRessourcen, Arten und Ökosystemen ist.Es sollen die Kosten dieser Nichtberücksichtigungdeutlich gemacht werden; es soll gezeigt werden,was den Menschen verloren geht, wenn Biodiversitätund Ökosystemdienstleistungen schw<strong>in</strong>denund dass es vielfältige Möglichkeiten und Instrumentegibt, dem drohenden weiteren Verlust entgegenzutretenund e<strong>in</strong>en stärkeren Schutz von Biodiversitätund Ökosystemen zu erreichen. DurchTEEB soll somit das Unsichtbare sichtbar gemachtund <strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong> gerückt werden. In den Wortendes Studienleiters Pavan Sukhdev : „Die Gesellschaftmuss dr<strong>in</strong>gend ihren mangelhaften ökonomischenKompass ersetzen, damit sie nicht dasmenschliche Wohlergeben und die Gesundheit desPlaneten durch die Unterbewertung und den dauerhaftenVerlust von Ökosystemen und Biodiversitätaufs Spiel setzt.“In TEEB geht es vorrangig um die Synthesebisheriger Studien zur Inwertsetzung von Biodiversitätund Ökosystemleistungen sowie vonHandlungsoptionen und Instrumenten. Beteiligtan den E<strong>in</strong>zelberichten s<strong>in</strong>d etwa 500 Expert<strong>in</strong>nenund Experten weltweit, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternational vielfältige„Community“ von Ökonomen, Ökologen undPraktikern, die vorliegende Berichte zusammentragen,auswerten, die Ergebnisse niederschreiben,oder die Entwürfe als Gutachter bewerten.TEEB ist vom Ansatz her ke<strong>in</strong>esfalls auf denAspekt der Monetarisierung beschränkt. Vielmehrsollen alle Arten von Werten erfasst werden, alsodirekte Nutzungswerte (z. B. der Nutzen für dieBesucher von <strong>Nationalparks</strong>), <strong>in</strong>direkte Werte(z. B. Wirkungen e<strong>in</strong>es Schutzgebietes auf denWasserkreislauf ), Optionswerte (z. B. Wert genetischerRessourcen <strong>in</strong> Schutzgebieten), Existenzwerte(z. B. Werte, die alle<strong>in</strong> aus der Existenz vonArten resultieren), Vermächtniswerte (z. B. Nutzenaus der Weitergabe e<strong>in</strong>er vielfältigen Natur an dienachfolgende Generation) und kulturelle Werte(z. B. Vermittlung von Heimatgefühl). E<strong>in</strong>e besondereBetonung liegt auf der Bedeutung der Naturfür die arme Bevölkerung, die sich oft nicht <strong>in</strong> ökonomischenZahlen wie dem Bruttosozialproduktniederschlägt.


45SchwanenblumeDie Adressaten der Studie s<strong>in</strong>d nicht nur die imUmwelt-, Biodiversitäts- oder Naturschutz Beschäftigten,sondern vor allem all jene Personen <strong>in</strong>Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die weitreichendeEntscheidungen treffen, ohne deren Effekteauf die Natur ausreichend zu berücksichtigen. DieErgebnisse von TEEB werden adressatenbezogenaufbereitet, die Produkte s<strong>in</strong>d vier spezielle Studienjeweils für e<strong>in</strong> spezielles Publikum :––TEEB für <strong>in</strong>ternationale und nationaleEntscheidungsträger (TEEB 2009),––TEEB für lokale und regionaleEntscheidungsträger (TEEB 2010 c),––TEEB für Unternehmen (TEEB 2010 b),––TEEB für Bürger und Konsumenten(Inter netangebot, onl<strong>in</strong>e Herbst 2010).Dazu gibt es e<strong>in</strong>e Grundlagenstudie, die den wissenschaftlichenStand der ökonomischen Bewertungvon Ökosystemleistungen und Biodi versitätwiedergibt (TEEB 2010 a). Die Ergebnisseersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Buchform im Herbst 2010 und Frühjahr2011. Alle relevanten Informationen und dieBerichte selbst können unter www.teebweb.orgabgerufen werden.


46ZauneidechseDie ökonomische Bedeutungvon <strong>Nationalparks</strong> undSchutzgebietenDie TEEB-Studie weist auf den wichtigen Beitragvon Schutzgebieten für den Erhalt von Ökosystemenund Biodiversität sowie deren Leistungen fürden Menschen h<strong>in</strong>. Viele Schutzgebiete s<strong>in</strong>d wichtigeAnbieter von Ökosystemleistungen, wie Wasserregulierung,genetische Ressourcen für dieLandwirtschaft oder die Mediz<strong>in</strong>, die Kohlenstoffspeicherungund e<strong>in</strong>e Bandbreite von ästhetischenWerten für die Erholung, die Gesundheit und dassich Wohlfühlen (STOLTON & DUDLEY, 2010).Diese Ökosystemleistungen bieten unmittelbare(jedoch oft unerkannte) Vorteile für die lokalenGeme<strong>in</strong>schaften, aber auch die regionale, nationaleund bisweilen sogar globale Ebene.Kapitel zu Schutzgebieten f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Studiefür <strong>in</strong>ternationale und nationale Entscheidungsträger(TEEB 2009, Kapitel 8) sowie <strong>in</strong> derfür lokale und regionale Politik (TEEB 2010 c,Kapitel 7). In den Studien werden zahlreicheBeispiele für die zentrale Bedeutung von Schutzgebietenfür Ökosystemleistungen angeführt. Fernerwerden praktische H<strong>in</strong>weise für Schutzgebietsmanagementgegeben. Im Folgenden sollen e<strong>in</strong>igekonkrete (vor allem <strong>in</strong>ternationale) Beispiele gegebenwerden, die zeigen, <strong>in</strong> welcher Form Inwertsetzungenvon Schutzgebieten erfolgt s<strong>in</strong>d und <strong>in</strong>wieweitökonomische Werte e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss aufpolitische Entscheidungen auf der nationalen undlokalen Ebene hatten. Alle Beispiele s<strong>in</strong>d denTEEB-Berichten entnommen.Es gibt mehr als 110 000 Schutzgebiete weltweit.Über 11 Prozent der Landoberfläche und wenigerals e<strong>in</strong> Prozent der Ozeane können <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>erForm als Schutzgebiete e<strong>in</strong>geordnet werden(UNEP-WCMC, 2010). Es gibt fortwährende Anstrengungen,weitere Gebiete an Land und <strong>in</strong>sbesondere<strong>in</strong> den Ozeanen zu gew<strong>in</strong>nen. Trotzdembleibt das System an Schutzgebieten <strong>in</strong> der Weltbisher unvollständig; im S<strong>in</strong>ne der e<strong>in</strong>bezogenenArten, der Vielfalt der betrachteten Ökosystemeund mit Blick auf die Rolle der natürlichen Ökosystemefür die Vermeidung und Anpassung anden Klimawandel.


Erste Anhaltspunkte zum globalen ökonomischenWert von Schutzgebieten erhält man, wenn managgregierte Zahlen zu den jährlichen Ausgabendem F<strong>in</strong>anzbedarf sowie dem Nutzen der Schutzgebietegegenüberstellt. Danach werden die jährlichenAusgaben für Schutzgebiete mit rund 6 Mrd.USD weltweit veranschlagt. Dem steht e<strong>in</strong> geschätzterjährlicher Bedarf für e<strong>in</strong> effektivesSchutzgebietsmanagement von etwa 45 Mrd. USDgegenüber. Aus dieser e<strong>in</strong>fachen Gegenüberstellungergibt sich e<strong>in</strong>e jährliche F<strong>in</strong>anzierungslückevon 39 Mrd. USD. Interessant werden diese Betrachtungennun, wenn man zusätzlich versucht,den jährlichen Nutzen von Schutzgebieten zuerfassen und gegenüberzustellen. Dieser ist zwarmethodisch mit Unsicherheiten verbunden, aberder ermittelte Wert liegt schätzungsweise zwischen4 500 Mrd. und 5 200 Mrd. USD (alle Angabennach BALMFORD et al. 2002). Damit zeigt sichEs gibt mehr als 110 000 Schutzgebiete weltweit.Über 11 Prozent der Landoberfläche und wenigerals e<strong>in</strong> Prozent der Ozeane können <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>erForm als Schutzgebiete e<strong>in</strong>geordnet werden.<strong>in</strong>sgesamt, dass Schutzgebiete e<strong>in</strong>en „Investitionsertrag“(return of <strong>in</strong>vestment) von 1 : <strong>100</strong> aufweisen.E<strong>in</strong> Euro <strong>in</strong>vestierte Geldsumme für e<strong>in</strong> effektivesSchutzgebietsmanagement würde <strong>100</strong> Euro an Erträgenabwerfen.Die Summe von 45 Mrd. USD für e<strong>in</strong> effektivesSchutzgebietsmanagement ersche<strong>in</strong>t zwar hoch.Aber wenn man zum Vergleich berücksichtigt, dassfür die jährlichen Subventionen <strong>in</strong> die konventionelleLandwirtschaft alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> den OECD-Staaten rund 260 Mrd. USD jährlich ausgegebenwerden (OECD 2009) – e<strong>in</strong>e fünffache Summe –,erkennt man, dass e<strong>in</strong>e ausreichende F<strong>in</strong>anzierungvon Schutzgebieten sehr wohl möglich ist und e<strong>in</strong>e„F<strong>in</strong>anzierungslücke“ vermieden werden kann,wenn die politischen Prioritäten anders gesetztwürden.Diese überschlägigen Abschätzungen geben ersteH<strong>in</strong>weise auf den globalen ökonomischen Wertvon Schutzgebieten, wie <strong>Nationalparks</strong>, Naturparksoder Biosphärenreservaten. Man kann sie <strong>in</strong>verschiedener H<strong>in</strong>sicht ergänzen. E<strong>in</strong>ige Beispielemögen dies verdeutlichen :1. Alle<strong>in</strong> der Nutzen, den Schutzgebiete durchdie Wasserregulierung bieten, ist immens :etwa 1/3 der <strong>100</strong> größten Städte weltweit beziehene<strong>in</strong>en großen Anteil ihres Tr<strong>in</strong>k wassersaus Schutzgebieten (STOLTON & DUDLEY,2003). Schutzgebiete tragen also zur Wasserversorgungvieler Menschen bei. Besondersbekannt ist das Beispiel der Stadt New York.Als vor <strong>Jahre</strong>n die Entscheidung anstand, dieWasserversorgung durch zusätz liche technischeMaßnahmen der Wasser behandlung sicherzustellenoder alternative die Filterung undRe<strong>in</strong>igung des Wassers durch Schutzgebieteund e<strong>in</strong>e nachhaltigere Bewirtschaftung derCatskill Mounta<strong>in</strong>s vor zunehmen und damitdie natürliche Filterwirkung wieder herzustellen,wurde schnell klar, dass die „natürliche“Variante weitaus kostengünstiger ist.Die e<strong>in</strong>gesparten Mittel wurden auf 6 Mio.USD jährlich geschätzt (siehe TEEB 2009 a).Das zeigt, dass häufig der Erhalt der Naturkostengünstiger ist als technischer Umweltschutz(zu zahlreichen Beispielen siehe auchTEEB 2009 a).2. E<strong>in</strong> anderer Bereich, <strong>in</strong> dem die Vorteile vonSchutzgebieten auf e<strong>in</strong>er globalen Ebenebe sonders gut sichtbar werden, ist der Klimaschutz.Schutzgebiete tragen dazu bei, dassweniger CO2 <strong>in</strong> die Atmosphäre entlassenwird. Das CO2 wird gebunden. Es wird dahergeschätzt, dass etwa 15 Prozent des globalenterrestrischen CO2-Bestands <strong>in</strong> Schutzgebietengebunden ist (TEEB 2009 b). E<strong>in</strong> weitereswichtiges Feld <strong>in</strong> der Klimaregulierung betrifftdie Vermeidung von klimabed<strong>in</strong>gten Risiken.E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>takte Umwelt, die durch Schutzgebietegeleistet wird, trägt dazu bei, dass der Mensche<strong>in</strong>en besseren Schutz vor Extremereignissenhat – er ist den Gefahren der Natur wenigerausgesetzt als wenn es diese Gebiete nicht gäbe.Schutzgebiete schützen also – sie könnendurch Klimawandel ausgelöste Risiken vonHangrutschen, Überflutungen und Stürmenvermeiden, <strong>in</strong>dem sie z. B. Böden stabilisieren,Raum für Hochwasser bieten usw. (TEEB2009 b).47


Wenn von ökonomischer Bewertung gesprochen wird,dann wird dies <strong>in</strong> den Vorstellungen vieler Menschen oftmit e<strong>in</strong>er Kosten-Nutzen-Analyse und <strong>in</strong>sbesonderee<strong>in</strong>er Monetarisierung gleichgesetzt.483. Während der vergangenen 150 <strong>Jahre</strong> wurdenTeile des Schweizer Waldes bewirt schaftet, umErdrutsche, Ste<strong>in</strong>schläge und Law<strong>in</strong>enabgänge<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den steilen alp<strong>in</strong>en Regionenzu vermeiden oder die Wirkungen von Naturkatastrophenabzu mildern (Brändli &Gerold, 2001). Diese Maßnahmen beruhen aufder Erkenntnis, dass die Abholzungen <strong>in</strong> derVergangenheit die Hangrutsche hat an steigenlassen. Das Management von Natur gefahrenumfasst : Gefahrenabschätzung, Bestimmungdes erforderlichen Schutzniveaus, Planung vonSchutz- und Anpassungsmaß nahmen sowiefür Katastrophen (Latelt<strong>in</strong> et al. 2005). Etwa 17Prozent der Schweizer Wälder werden für denSchutz vor Naturgefahren gemanagt, üblicherweiseauf der regionalen Ebene. DerartigeMaßnahmen und die Identi fikation spezifischerStandorte erfahren e<strong>in</strong>e Unterstützungdurch Kalkulationen, dass diese Schutzwäldergeschätzte Leistungen <strong>in</strong> Höhe von 2 bis 3,5Mrd. USD pro Jahr erbr<strong>in</strong>gen. (ISDR, 2004).TEEB –nicht nur MonetarisierungWenn von ökonomischer Bewertung gesprochenwird, dann wird dies <strong>in</strong> den Vorstellungen vielerMenschen oft mit e<strong>in</strong>er Kosten-Nutzen-Analyseund <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>er Monetarisierung gleichgesetzt.„Was ist die Welt wert“, ist die oft zu hörendeFrage. Doch bei TEEB geht es nicht darum, e<strong>in</strong>eneue, magische Zahl zu f<strong>in</strong>den. TEEB stellt an sichnicht e<strong>in</strong>e neue Methode oder e<strong>in</strong> neues Instrumentzur Verfügung (wenngleich <strong>in</strong> den vier TEEB-Berichten durchaus auch neue Elemente enthaltens<strong>in</strong>d). Die Autoren und Vertreter der Idee derTEEB-Studie verfolgen vielmehr das Ziel, e<strong>in</strong>eneue Perspektive zu entwickeln. Die Perspektiveliegt auf den Werten der Natur, dem Sichtbarmachenihrer Bedeutung <strong>in</strong> Kategorien, die von vielenMenschen verstanden und <strong>in</strong> ihren täglichen Entscheidungenberücksichtigt werden.Es kommt bei TEEB <strong>in</strong>sbesondere darauf an, diejenigenzu erreichen, die nicht im Umwelt-, Natur-,Biodiversitäts- oder Artenschutz tätig s<strong>in</strong>d. Nichtdie Überzeugten müssen erreicht werden, sonderndiejenigen, die Biodiversität und Ökosystemleistungendurch ihr Handeln bee<strong>in</strong>flussen, es aber oftnicht merken. „Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g“, den Gedanken derInwertsetzung und der ökologischen Werte zu e<strong>in</strong>erallgeme<strong>in</strong>en Erkenntnis machen, ist die eigentlicheHerausforderung. So gesehen ist TEEB sehrbreit angelegt. Es soll wie e<strong>in</strong>e „Alphabetisierung“derjenigen wirken, die der ökologischen und eigenwertorientiertenArgumentation („die Natur hate<strong>in</strong>en ‚Eigenwert‘ “) alle<strong>in</strong> kritisch gegenüber stehen,weil dies nicht ihre „Sprache“ ist. Mit der Ökonomieals „Sprache“, die viele kennen und alltäglichbenutzen, sollen sie besser erreicht werden. DieWerte von Biodiversität und Öko systemleistungensollen daher für e<strong>in</strong>e breitere Zuhörerschaft „übersetzt“werden.Diese Überlegungen machen zugleich klar, dassInwertsetzung nicht ausschließlich auf ökonomischeMärkte und Instrumente abzielt, um hierdurchbestimmte Werte zu erfassen („Captur<strong>in</strong>gvalues“), denn hier liegt auch die große Gefahr, dieökonomische Logik im klassischen S<strong>in</strong>n über dieökologischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu stellen. Sieumfasst vielmehr zum e<strong>in</strong>en auch das Erkennenvon Werten („Recognis<strong>in</strong>g values“), etwa alle<strong>in</strong>durch die Wertschätzung e<strong>in</strong>er besonderen Eigenartoder E<strong>in</strong>maligkeit e<strong>in</strong>er Landschaft. Zum anderenkann schon alle<strong>in</strong> das Sichtbarmachen vonWerten („Demonstrat<strong>in</strong>g values“), etwa durch ökonomischeDaten wie die Besuchsfrequenz <strong>in</strong>Schutzgebieten, zu e<strong>in</strong>er Wertschätzung führen.Für die Verantwortlichen von Schutzgebieten stellensie damit e<strong>in</strong>e Argumentationshilfe dar, <strong>in</strong>demauf die verschiedenartigen und vielfältigen Leistungenvon Schutzgebieten h<strong>in</strong>gewiesen wird. Dieökonomische Perspektive sollte allerd<strong>in</strong>gs nichtdazu verwendet werden, um Schutzgebiete nur aufBasis e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>seitigen „überzogenen“ Kosten-Nutzen-Analyse zu rechtfertigen. „Recogniz<strong>in</strong>gValues“ kann ja auch bedeuten, dass die Gesellschaftden hohen Wert von Schutzgebieten bereitserkannt hat.Bernd HansjürgensHelmholtz-Zentrum fürUmweltforschung – UFZ


49ZitronenfalterQuellenBalmford, A.; Bruner, A.; Cooper, P. et al. ( 2002 ) :Economic reasons for conserv<strong>in</strong>g wild nature.In : Science 297, S. 950 – 953Brändli, U. & Herold, A. ( 2001 ) :Protection aga<strong>in</strong>st Natural Hazards.In : Swiss National Forest Inventory /Methods and Models of the Second Assessment, S. 23Dudley, N. & Stolton, S. ( 2003 ):Runn<strong>in</strong>g Pure : the importance of forest protectedareas to dr<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g water.WWF, IUCN Gland Switzerland andThe World Bank Wash<strong>in</strong>gton DCISDR – International Strategy for Disaster Reduction ( 2004 ) :Liv<strong>in</strong>g with Risk –A global review of disaster reduction <strong>in</strong>itiatives.Latelt<strong>in</strong>, O.; Haemmig, C.; Raetzo, H. & Bonnard, C. ( 2005 ) :Landslide risk management <strong>in</strong> Switzerland.In : Landslides 2 / 4, S. 313 – 320.OECD – Organisation for Economic Co-operationand Development ( 2009 ) :Agricultural Policies <strong>in</strong> OECD Countries.Monitor<strong>in</strong>g and Evaluation.ParisStolton, S. & Dudley, N. ( 2010 ) :Arguments for Protected Areas :Multiple Benefits for Conservation and Use.Earthscan London, UKTEEB ( 2009 a ) :The Economics of Ecosystems and Biodiversityfor National and International Policy Makers.TEEB ( 2009 b ) :The Economics of Ecosystems and Biodiversity –Climate Issues Update.TEEB ( 2010 a ) :The Economics of Ecosystems and Biodiversity :Ecological and Economic Foundations.Edited by Pushpam KumarEarthscan, LondonTEEB ( 2010 b ) :The Economics of Ecosystems and Biodiversity Reportfor Bus<strong>in</strong>ess.TEEB ( 2010 c ) :The Economics of Ecosystems and Biodiversityfor Local and Regional Policy Makers .UNEP-WCMC – United Nations Environment Programme‘sWorld Conservation Monitor<strong>in</strong>g Centre ( 2010 ) :The World Database on Protected Areas (WDPA).Cambridge, UKAlle TEEB-Berichte s<strong>in</strong>d onl<strong>in</strong>e unter www.teebweb.orgverfügbar.


Wertschöpfungdurch <strong>Nationalparks</strong><strong>Nationalparks</strong> stellen die weltweit älteste undbekannteste Flächenschutzkategorie dar. Siehaben e<strong>in</strong>e dichotome Aufgabenstellung. ImVordergrund steht der für die FachplanungNaturschutz relativ junge Prozessschutz.Daneben dienen sie dem Naturtourismus.Wie sonst soll die „Wildnis-Idee“ den Menschennahe gebracht werden?<strong>Nationalparks</strong> stellen für periphere, strukturschwacheund dünn besiedelte ländliche Räumepotenzielle Motoren e<strong>in</strong>er endogenen Regionalentwicklungdar.Diese basiert vor allem auf dem wirtschaftlichkomplex vernetzten Naturtourismus; <strong>in</strong> Zukunftmehr noch als heute, denn der demographischeWandel wird dort zu erheblichen Bevölkerungsverlustenführen.50


Bei der Diskussion um e<strong>in</strong>en Nationalpark, dessenFläche verme<strong>in</strong>tlich jeglicher Nutzung durch Dritteentzogen wird, spielen die damit verbundenenpotenziellen Kosten sowie der sich aus der Unterschutzstellungergebende Nutzen e<strong>in</strong>e entscheidendeRolle.KostenseiteAuf der Kostenseite lassen sich allgeme<strong>in</strong> drei Kategorienunterscheiden : die direkten Kosten (fürE<strong>in</strong>richtung, Management und Unterhalt e<strong>in</strong>esSchutzgebietes), die <strong>in</strong>direkten Kosten (z. B. durchSchäden, die von im Schutzgebiet lebendem Wildjenseits der Nationalparkgrenzen verursacht werden)und die Opportunitätskosten. Dazu rechnenjene, welche sich aus entgangenen anderweitigenNutzungsmöglichkeiten ergeben. Zu unterscheidens<strong>in</strong>d zwei Arten von Opportunitätskosten : e<strong>in</strong>erseitskonsumtive Nutzungen, die durch die Unterschutzstellungaufgegeben oder e<strong>in</strong>geschränktwerden müssen (etwa die reguläre Forst- und nachgelagerteHolzwirtschaft). Andererseits gehörendazu Nutzenoptionen, die durch den Schutzstatusgenerell untersagt s<strong>in</strong>d (beispielsweise e<strong>in</strong>e hydroelektrischeInanspruchnahme). Opportunitätskostenberühren <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die lokale, am Randeauch die regionale bzw. nationale Ebene. Gerade <strong>in</strong>Debatten um die Ausweisung oder Erweiterungvon <strong>Nationalparks</strong>, aber auch was Managementfragen<strong>in</strong>nerhalb der Reservate – wie beispielsweisedas Sammeln von Pilzen und Beeren – anbelangt,sorgen diese für gehörigen Diskussionsstoff undAkzeptanzdefizite <strong>in</strong>sbesondere bei den Park anra<strong>in</strong>ern;aktuell z. B. wegen der nach den jüngstenSturmereignissen Kyrill und Emma ablaufendenBorkenkäferkalamitäten im Nationalpark BayerischerWald.Wert der Natur, die anerkannt wird um ihrer selbstWillen. Bei den Gebrauchswerten wird zwischendirekten und <strong>in</strong>direkten differenziert. Die zuletztgenannten umfassen wesentliche humanökologischeFunktionen, wie beispielsweise denLaw<strong>in</strong>enschutz im Hochgebirge des <strong>Nationalparks</strong>Berchtesgaden. Für die regionale Ökonomie vonbesonderem Interesse s<strong>in</strong>d die direkten Gebrauchswerte.Unter anderem geht es dabei um folgendeFunktionen: Land- und Forstwirtschaft, Jagd undFischerei sowie Tourismus. Darunter stellt derTourismus die e<strong>in</strong>zig nicht-konsumtive Landnutzungdar.ManagementaspekteIm Umgang mit <strong>Nationalparks</strong> hat <strong>in</strong> den letztenJahrzehnten global wie national e<strong>in</strong> Paradigmenwechselstattgefunden. Spätestens seit dem Rio-Gipfel von 1990 wird die Aufgabenstellung von<strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong>ternational auch im räumlichenund sozialen Kontext gesehen und es wird auf verschiedenenWegen versucht, die lokale Bevölkerung<strong>in</strong>s Management zu <strong>in</strong>tegrieren und sie nichtlänger aus den <strong>Nationalparks</strong> komplett auszuschließen.Der neue Fokus, die „people first“-Perspektive, versucht die Parkanra<strong>in</strong>er nicht nur zu<strong>in</strong>formieren, sondern ihnen gezielte Kooperationsangeboteund nachhaltige Nutzungsoptionen imSchutzgebiet und se<strong>in</strong>em Umfeld aufzuzeigen.Partizipation und Konfliktlösung s<strong>in</strong>d dabei orig<strong>in</strong>äreElemente e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>tegrativen bzw. kollaborativenManagementkonzepts.Wertschöpfung durchNaturtourismus51NationalparkSächsische Schweiz –die BasteibrückeNutzenseiteDer Nutzen e<strong>in</strong>es <strong>Nationalparks</strong> resultiert aus se<strong>in</strong>enmit der Naturnähe bzw. Wildnis gekoppeltenFunktionen, das heißt aus Gütern und Dienstleistungen,welche durch das Schutzgebiet zurVerfügung gestellt und die von bzw. durch denMenschen genutzt werden können.Diesbezüglich wird häufig von Ökosystemdienstleistungengesprochen. Allerd<strong>in</strong>gs bestehenverschiedene wirtschaftliche Wertkomponentenvon <strong>Nationalparks</strong>. Sie lassen sich <strong>in</strong> Gebrauchswerteund Nicht-Gebrauchswerte unterteilen.Letztere s<strong>in</strong>d eng verknüpft mit dem <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sischenKönnen regionalwirtschaftliche Argumente, transportiertüber den Naturtourismus, die Debatte umdas Für und Wider von <strong>Nationalparks</strong> befruchten?Diese Überlegung soll nachfolgend <strong>in</strong> Formbundesweit hochgerechneter Wertschöpfungsstudien,basierend auf der E<strong>in</strong>zelfall-Analyse vonNationalparkregionen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, angestelltwerden. 1) In deren Fokus steht e<strong>in</strong>e Abschätzungder regionalökonomischen Effekte des deutschenNationalparktourismus.1) Zu den direkten Wertkomponenten zählt auch dieemotionale B<strong>in</strong>dung der lokalen Bevölkerung an dasSchutzgebiet (Identifikationswert), die allerd<strong>in</strong>gs monetärschwer bezifferbar ist, ebenso wie die vom <strong>Nationalparks</strong>tatusausgehende Imagewirkung für e<strong>in</strong>e Region.


52Abb. 1: Besuchstage,Anzahl der Besucher mithoher Nationalparkaff<strong>in</strong>itätund Besucherdichteausgewählter<strong>Nationalparks</strong>Werden zunächst alle deutschen Nationalparktouristenbetrachtet, kommt man auf etwa 50,9 MillionenBesuchstage pro Jahr, mit fallweise sehrunterschiedlichen Besucherdichten je Nationalparkgebiet(vgl. Abb. 1). Diese Naturtouristen generierene<strong>in</strong>en Bruttoumsatz von rund 2,1 Mrd.Euro, was e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommensäquivalent von etwasmehr als 69 000 Personen entspricht.Bei den Kennzahlen ist besonders auf diedom<strong>in</strong>ierende Stellung der großen Wattenmeer-<strong>Nationalparks</strong> h<strong>in</strong>zuweisen, die zusammen füre<strong>in</strong>en Anteil von ca. 80 Prozent an den zuvorgenann ten Zahlen verantwortlich zeichnen. Ohnediese auch <strong>in</strong> ihrer Flächenausdehnung von den übrigenUntersuchungsgebieten deutlich abzu grenzenden,großen Nationalparkregionen mit ihrerbis <strong>in</strong>s 18. Jahrhundert währenden touristischenTradition, beläuft sich das Gästeaufkommen aufrund 11,2 Millionen Besuchstage. Hieraus errechnetsich e<strong>in</strong> Bruttoumsatz von rund 390 Mio. Euro, respektivee<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommensäquivalent von 13 000 Personenfür die verbleibenden elf <strong>Nationalparks</strong>.Richtet sich der Fokus ausschließlich auf dienach ihrer Reisemotivation herausgefilterten sogenanntenNationalparktouristen im engeren S<strong>in</strong>n,die wegen dem Schutzgebietsstatus <strong>in</strong> die Regiongekommen s<strong>in</strong>d, relativiert sich das zuvor genannteGesamtergebnis : Denn über alle Schutzgebietegemittelt stellt sich e<strong>in</strong> Anteil an Nationalparktouristenim engeren S<strong>in</strong>n von 20,6 Prozent e<strong>in</strong>,wobei von Fall zu Fall gehörige Unterschiede bestehen(vgl. Abb. 1). Das entspricht rund 10,5 MillionenBesuchstagen. Diese Gruppe generiert e<strong>in</strong>enNationalpark Kellerwald-EderseeBruttoumsatz von 431 Mio. €, woraus sich e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommensäquivalentvon knapp 14 000 Personenergibt, die letztlich auf den <strong>Nationalparks</strong>tatus zurückzuführens<strong>in</strong>d. Entsprechend sehen die Zahlenfür die übrigen Gäste aus. Es s<strong>in</strong>d die sonstigenNationalparktouristen, welche nicht wegen e<strong>in</strong>esvorhandenen <strong>Nationalparks</strong> anreisen, auch wennsie sich als Besucher dar<strong>in</strong> aufhalten. Diese verbleibenden40,4 Millionen Gäste erzeugen e<strong>in</strong>en Bruttoumsatzvon be<strong>in</strong>ahe 1,7 Mrd. Euro, was wiederume<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommensäquivalent von 55 000Personen gleichkommt.Die Gegenüberstellung dieser beider Besuchersegmenteverdeutlicht, welches Potenzial e<strong>in</strong> aufNationalpark bezogener Naturtourismus durchTouristen mit hoher Nationalparkaff<strong>in</strong>ität birgt.Bislang wird lediglich rund e<strong>in</strong> Fünftel der ökonomischenEffekte <strong>in</strong> deutschen <strong>Nationalparks</strong> durchsolche Gäste hervorgerufen, deren Hauptmotiv imBesuch des Schutzgebiets liegt. Im Vergleich mitden sonstigen Nationalparktouristen sorgen sieaber im Durchschnitt für höhere Umsätze, weil aufdie Gruppe der Nationalparktouristen im engerenS<strong>in</strong>n <strong>in</strong> der Regel mehr Übernachtungsgäste entfallen,die höhere Tagesausgaben tätigen. Will manden Wertschöpfungsbeitrag des Tourismus <strong>in</strong>Nationalparkregionen erhöhen, gilt es, genau dieseZielgruppe vermehrt anzusprechen. Zudem solltenicht übersehen werden, dass gerade e<strong>in</strong> auf <strong>Nationalparks</strong>bezogener Naturtourismus zum Ausgleichsaisonaler Spitzen und zur Saisonverlängerungdienen kann. Deshalb gilt es, vermehrtentsprechende qualitativ hochwertige Produkte mitNationalparkbezug zu konfigurieren und damitnicht nur die Wertschöpfung <strong>in</strong>nerhalb der Regionzu erhöhen, sondern zugleich e<strong>in</strong> gezieltes, nichtzuletzt aus naturschutzfachlichen Gründen notwendigesBesuchermanagement zu betreiben (z.B.die „R<strong>in</strong>gelgans-„ und „Zugvogeltage“ <strong>in</strong> den beidengroßen Wattenmeer-<strong>Nationalparks</strong>). Denn nichtdie schiere Quantität an Gästen, sondern derenstrukturelle Qualitäten zählen und zahlen sich aus.Univ.-Prof. Dr. Hubert JobJulius-Maximilians-UniversitätWürzburgDiese Ausführungen basieren auf dem Artikel :Welche <strong>Nationalparks</strong> braucht <strong>Deutschland</strong> ?In : Raumforschung und Raumordnung,Jg. 68, H. 2 2010, S. 75 – 89


53Biodiversität alsHerausforderung für dieF<strong>in</strong>anzwirtschaftAm 18. Juni 2010 hat die <strong>in</strong>ternationale Geme<strong>in</strong>schaftmit der E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es neuen<strong>in</strong>ternationalen Wissenschaftlergremiums fürBiodiversität e<strong>in</strong>en weiteren entscheidendenSchritt zur Bekämpfung des anhaltendenBiodiversitätsverlustes getan.Die Aufgabe des neu gegründeten GremiumsIPBES (Intergovernmental Science-Policy Platformon Biodiversity and Ecosystem Services) ist es,entsprechend der Forschungsarbeit des Weltklimaratsbreites politisches und gesellschaftliches Verständniszu schaffen und reale Lösungswege gegenden Verlust der Artenvielfalt aufzuzeigen.Biodiversität und KerngeschäftIm Jahr der Biodiversität s<strong>in</strong>d Industrie undWirtschaft gleichermaßen zum Handeln aufgerufen.Denn nicht alle<strong>in</strong> Energie- und Fertigungskonzernebee<strong>in</strong>flussen die biologische Vielfaltdurch ihre Geschäftstätigkeit. Auch Banken stehen<strong>in</strong> ihrer Rolle als F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>termediäre <strong>in</strong> der Verantwortung.Durch ihre F<strong>in</strong>anzierungstätigkeitüben sie e<strong>in</strong>e wichtige „Hebelfunktion“ für Investitionen<strong>in</strong> nachhaltige Projekte und klimaschonendeTechnologien aus.Die Commerzbank hat daraufh<strong>in</strong> vier Nachhaltigkeitshandlungsfelderidentifiziert : Ökonomie,Ökologie, Mitarbeiter und Gesellschaft. Dabei istes von zentraler Bedeutung, dass das Thema Biodiversität<strong>in</strong> die unternehmerischen Entscheidungen,also <strong>in</strong>s Kerngeschäft, E<strong>in</strong>zug hält. Die Commerzbankhat daher Biodiversitätskriterien <strong>in</strong> denKreditvergabeprozess <strong>in</strong>tegriert. E<strong>in</strong> Beispiel : DieHolz- und Papierwirtschaft ist e<strong>in</strong> klassischer


54Bereich, der durch den wirtschaftlichen E<strong>in</strong>griff<strong>in</strong> das Ökosystem Wald weltweit E<strong>in</strong>fluss auf dieBiodiversität hat. Kreditvorlagen aus diesemWirtschaftsbereich werden daher auf Nachhaltigkeits-und Biodiversitätskriterien geprüft. Mite<strong>in</strong>em qualitativen Ansatz klopft die AbteilungReputations- und Nachhaltigkeitsmanagementgrund sätzlich Geschäfte und Geschäftsbeziehungenab, bei denen Nachhaltigkeitsaspekte e<strong>in</strong>ewesentliche Rolle spielen und versieht diese mite<strong>in</strong>er differenzierten Bewertung, die bis zur Ablehnungdes entsprechenden Geschäfts beziehungsweisebis zur Beendigung der Geschäftsbeziehungführen kann.In der Rolle des F<strong>in</strong>anziers von Unternehmen,konkreten Anbau-Projekten oder Lieferungen vonWaren und Dienstleistungen können Banken positivenE<strong>in</strong>fluss auf Biodiversitätsaspekte nehmen.Dies wird am Beispiel Palmöl deutlich. Der BoomNachhaltigkeit beschreibt den Grad des Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong>se<strong>in</strong>es Unternehmens,wo immer se<strong>in</strong>e Geschäftstätigkeit Auswirkungenauf die Gesellschaft, die Mitarbeiter, die Umweltund das wirtschaftliche Umfeld hat.der Biokraftstoff<strong>in</strong>dustrie sowie die steigendeNachfrage <strong>in</strong> der Ernährungs- und Kosmetik<strong>in</strong>dustrieführten <strong>in</strong> den vergangenen <strong>Jahre</strong>n weltweitzu e<strong>in</strong>er fortschreitenden Bedrohung der letztenUrwälder. Die bisherige Produktion von Palmöl <strong>in</strong>den Hauptanbaugebieten Indonesien und Malaysiagefährdete die Biodiversität durch Raubbau an denRegenwäldern und der damit e<strong>in</strong>hergehendenZerstörung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigartigen Lebensraums fürunzählige Arten. Jährlich wurden hier große Regenwaldflächengerodet, um immer neue Palmöl-Plantagen anzulegen. Dieser Umstand und die monokulturellePlantagenwirtschaft stellt Palmöl<strong>in</strong>ternational <strong>in</strong> die berechtigte Kritik von Umweltverbänden.Die Commerzbank reagiert darauf, <strong>in</strong>demsie sich, zusätzlich zur Überprüfung e<strong>in</strong>zelnerGeschäftsbeziehungen, geme<strong>in</strong>sam mit ihrer Repräsentanz<strong>in</strong> S<strong>in</strong>gapur und dem WWF für dienachhaltige Produktion von Palmöl e<strong>in</strong>setzt.Neben den direkten Auswirkungen bestimmterWirtschaftszweige wird der zunehmende Biodiversitätsverlustzudem auch <strong>in</strong>direkt durch denKlimawandel befördert. Schon seit geraumer Zeitengagiert sich die Commerzbank daher <strong>in</strong> unterschiedlichenHandlungsfeldern für den Klimaschutz.Der Vorstand der Commerzbank verabschiedete2009 e<strong>in</strong>e konzernweite Klimastrategie,die u. a. zum Ziel hat, das Kerngeschäft noch stärkernachhaltig auszurichten und weitere <strong>in</strong>nova tiveklimarelevante Produkte und Dienstleistungen zuentwickeln. Bereits heute gehört die Commerzbankmit zu den führenden Instituten beim Emissionsrechtehandelund ist e<strong>in</strong>er der Topf<strong>in</strong>anziererErneuerbarer Energien <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>.VielfältigesBiodiversitätsengagementDie Commerzbank übernimmt unternehmerisch<strong>eV</strong>erantwortung im H<strong>in</strong>blick auf die Biodiversitätsproblematikaber auch, <strong>in</strong>dem sie ihre eigenenUmweltauswirkungen angeht. Im Bereich der Betriebsökologieversucht die Bank entsprechend derKlimastrategie, ihre konzernweiten CO2-Emissionenbis 2011 um 30 Prozent gegenüber dem Basisjahr2007 zu reduzieren. Die übrigen Treibhausgasemissionen,die nicht weiter reduziert werdenkönnen, sollen schrittweise klimaneutral gestelltwerden. Für die Kompensation dieser nicht vermeidbarenCO2-Emissionen sucht die Commerzbankgezielt auch nach Klimaschutzprojekten, dieBiodiversitätskriterien berücksichtigen.Die Commerzbank und ihreWanderfalken – Biodiversitäton Top !Dass die Commerzbank den Schutz der biologischenVielfalt aktiv betreibt, zeigt sie auch mitder Fürsorge für die vom Aussterben bedrohtenWanderfalken. Bereits seit 2007 nistet jährlich e<strong>in</strong>Wanderfalkenpaar auf der 300 Meter hohenCommerzbank-Zentrale <strong>in</strong> Frankfurt. Die Plateausdes höchsten Bürogebäudes <strong>Deutschland</strong>sdienen den Wanderfalken als städtischer Ersatz fürFelsvorsprünge <strong>in</strong> den Bergen. Die FrankfurterMitarbeiter freuen sich jedes Jahr auf den Raubvogelnachwuchs,für dessen Wohlergehen Zugängegesperrt, Höhenrettungsübungen der Feuerwehrabgesagt, Fassadenre<strong>in</strong>igungen ausgesetzt und Antennenwartungenverschoben werden.Selbst der Logotausch zum neuen Markenauftrittder Commerzbank wurde für die Wanderfalkenverschoben.


Leuchtturmprojekt „Praktikum für die Umwelt“Das „Praktikum fürdie Umwelt“ ermöglichtStudenten e<strong>in</strong>Open-Air-Semester.Nachhaltigkeit hat bei der Commerzbank e<strong>in</strong>elange Tradition. Die Bank will e<strong>in</strong>en Beitrag dazuleisten, die Vielfalt unserer natürlichen Umweltdauerhaft zu schützen. Das zeigt vor allem das1990 <strong>in</strong>s Leben gerufene „Praktikum für die Umwelt“.Bereits seit 20 <strong>Jahre</strong>n ist die CommerzbankPartner der deutschen Großschutzgebiete undf<strong>in</strong>anziert das vom Dachverband deutscher <strong>Nationalparks</strong>,Naturparks und Biosphärenreservate –<strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> – organisierte Projekt.Dabei wird es jährlich rund 50 Studierenden ermöglicht,Praxiserfahrungen <strong>in</strong> der Umweltbildungs-und Öffentlichkeitsarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ausgewähltenSchutzgebiet zu sammeln. Ziel dieseslangjährigen Sponsor<strong>in</strong>gprojekts ist es, das gesellschaftlicheBewusstse<strong>in</strong> für ökologische Themenund Zusammenhänge zu erhöhen.Insgesamt mehr als 1 300 Studenten haben <strong>in</strong>den letzten 20 <strong>Jahre</strong>n e<strong>in</strong> Praktikum für die Umweltabsolviert und dabei zahlreiche <strong>in</strong>novativeUmweltbildungskonzepte erarbeitet, die von den<strong>Nationalparks</strong>, Naturparks und Biosphärenreservatenerfolgreich umgesetzt wurden. Der Naturerlebnistagbasiert beispielsweise auf e<strong>in</strong>em solchenKonzept und ist nunmehr seit zehn <strong>Jahre</strong>n Teildes Veranstaltungskalenders im NationalparkBayerischer Wald. Alles <strong>in</strong> allem haben die Praktikantenschon mehr als 2,8 Millionen Besucher fürdie Themen Natur und Biodiversität begeistert.Im Jahr 2007 wurde das „Praktikum für dieUmwelt“ im Rahmen der von den Vere<strong>in</strong>ten Nationenausgerufenen „Weltdekade der Bildung fürnachhaltige Entwicklung“ als Dekade-Projekt ausgezeichnetund erfährt seither noch mehr Zuspruchseitens <strong>in</strong>teressierter Studierender. Überdieswurden die Ausbildungsstandards 2009dah<strong>in</strong>gehend vere<strong>in</strong>heitlicht, dass zukünftig jederJahrgang e<strong>in</strong> aktuelles Ökologiethema bearbeitet,um so Ergebnisse aus unterschiedlichen Perspektivenzu erhalten. Dieses Jahr entspricht es ganz dem<strong>Jahre</strong>smotto der UN-Dekade „Bildung für nachhaltigeEntwicklung : Geld“ und lautet „Natur istviel Wert“.Die Unterstützung der Wanderausstellung„Weltnaturerbe Buchenwälder“ des hessischen <strong>Nationalparks</strong>Kellerwald-Edersee im Frühjahr 2010verdeutlicht e<strong>in</strong>mal mehr die Bedeutung, die dieCommerzbank dem Thema Biodiversität beimisst.Buchenwälder gehören zur ursprünglichen Naturlandschaft<strong>Europa</strong>s und s<strong>in</strong>d heute auf wenige Gebietezurückgedrängt. Sie repräsentieren e<strong>in</strong>en bedeutendenTeil der biologischen Vielfalt <strong>Europa</strong>s.Im Januar 2010 hat die Bundes regierung die Aufnahmeherausragender alter Buchenwälder, darunterWälder im Nationalpark Kellerwald-Edersee,<strong>in</strong> die prestigeträchtige Welterbeliste derUNESCO beantragt.55


56Nationalpark Ha<strong>in</strong>ich– Frühl<strong>in</strong>gsblüherbilden e<strong>in</strong>en farbigenTeppichInitiativen und MitgliedschaftenIm Rahmen diverser Mitgliedschaften und Initiativensetzt sich die Commerzbank u.a. mit demThema Biodiversität ause<strong>in</strong>ander :Deutsches Global Compact Netzwerk (DGCN)Im Jahr 2006 verpflichtete sich die Commerzbankmit der Unterzeichnung des Global Compact derVere<strong>in</strong>ten Nationen, sich für Menschenrechte, gerechteArbeitsbed<strong>in</strong>gungen, Umweltschutz undKorruptionsbekämpfung e<strong>in</strong>zusetzen. Um e<strong>in</strong>ever tiefte Diskussion zu e<strong>in</strong>zelnen Themen zu ermöglichen,identifiziert der Lenkungskreis desDeutschen Global Compact Netzwerks (DGCN)jährliche Schwerpunktthemen. Die Schwerpunktsetzungerlaubt es dem Netzwerk, <strong>in</strong>tensiv undkont<strong>in</strong>uierlich an spezifischen Herausforderungenund den Instrumenten zu ihrer Lösung zu arbeiten.Dies geschieht <strong>in</strong> Form verschiedener Veranstaltungsformate,wie Workshops im Rahmen derArbeitstreffen, Vortragsabende und Coach<strong>in</strong>gs.E<strong>in</strong>es der zwei DGCN-Schwerpunktthemenim Jahr 2010 ist Biodiversität. Zu den Aspekten,mit denen sich die Unternehmen ause<strong>in</strong>andersetzen,gehören u. a. die Relevanz von Biodiversitätfür Unternehmen und Biodiversität als zentralesThema <strong>in</strong> der Debatte um den Klimawandel. Sowurde auf e<strong>in</strong>em Arbeitstreffen die TEEB-Studie(„The Economics of Ecosystems and Biodiversity“)und der Sonderreport für Unternehmen vorgestelltund diskutiert. Die TEEB-Studie ist das lang erwarteteÄquivalent zum Stern-Report („Stern Reviewon the Economics of Climate Change“) fürden Bereich Biodiversität. Die Studie bewertet denökonomischen Nutzen von Ökosystemdienstleistungenund die Kosten deren Erhalts. Der Stern-Report hatte 2006 weltweite Aufmerksamkeit aufsich gezogen, da er erstmals Berechnungen für diewirtschaftlichen Folgen und Kosten des Klimawandelsvorlegte.BioFrankfurt – Das Netzwerk für BiodiversitätAuf lokaler Ebene tauscht sich die Commerzbankzudem mit BioFrankfurt, dem Netzwerk für Biodiversität,aus. Mit BioFrankfurt setzen sich namhafteInstitutionen, wie die Zoologische GesellschaftFrankfurt, das Forschungs<strong>in</strong>stitut / NaturmuseumSenckenberg, der Palmengarten, dieDeutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit(GTZ) und die Universität Frankfurt, fürErforschung, den Schutz und die Erhaltung derglobalen biologischen Vielfalt e<strong>in</strong>.Die erste Dialog-Veranstaltung fand unter demMotto „The Bus<strong>in</strong>ess Case for Biodiversity“ statt.


Vere<strong>in</strong> für Umweltmanagement <strong>in</strong> Banken,Sparkassen und Versicherungen (VfU)Da F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stitutionen e<strong>in</strong>e verantwortungsvolleFunktion auch im H<strong>in</strong>blick auf den Erhalt der biologischenVielfalt e<strong>in</strong>nehmen, führt die Commerzbankzudem e<strong>in</strong>en branchen<strong>in</strong>ternen Austauschüber wissenschaftliche Erkenntnisse und möglicheHandlungsoptionen. Der VfU bietet F<strong>in</strong>anzdienstleistern,die Verantwortung für e<strong>in</strong>e nachhaltigeEntwicklung übernehmen, e<strong>in</strong> Forum für den fachbezogenenMe<strong>in</strong>ungs- und Infor mationsaustauschsowie zur Entwicklung neuer Strategien undInstrumente.Im letzten Jahr g<strong>in</strong>g beispielsweise aus e<strong>in</strong>erVeranstaltung zur öko nomischen Bedeutung derArtenvielfalt e<strong>in</strong>e operative Arbeitsgruppe zumThema „Biodiversität“ hervor. Die anregende Diskussionmachte deutlich, dass F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stitute, diedem Thema Bio diversität nicht vorbeugend undstrategisch Rechnung tragen, neben Reputationsverlusten,Haftungs schäden oder Vertrauensverlustenbeim Kunden auch verpasste Marktchancenriskieren.NRO-Bankendialogforum mit urgewaldFür ebenso wichtig hält die Commerzbank denregelmäßigen Austausch mit Nichtregierungsorganisationen(NRO) über mögliche Auswirkungenihrer Geschäftstätigkeit auf Mensch und Umwelt.In Zusammenarbeit mit urgewald hat dieCommerzbank bereits zwei von vier NRO-Bankendialogforen abgehalten, die das ThemaBiodiversität tangieren : Banken und Zellstoff /Wald ( Juni 2007) sowie Biokraftstoff ( Juni 2009).Die Commerzbank engagiert sich für e<strong>in</strong>enachhaltige Entwicklung schon sehr lange undauf vielfältige Art und Weise. Nachhaltigkeit und<strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch Biodiversitätreichen dabei bis <strong>in</strong>s Kerngeschäft.Ins Kerngeschäft der Commerzbank, hier vorallem beim Kreditgeschäft und der Exportf<strong>in</strong>anzierungvon Unternehmen, haben Nachhaltigkeitsundauch Biodiversitätskriterien bereits ver b<strong>in</strong>dlichenE<strong>in</strong>zug gehalten. Die Commerzbank folgtdamit e<strong>in</strong>em verantwortungsvollen Nachhaltigkeitsbestreben,das sich <strong>in</strong> langjährigem Engagementund Pionierarbeit – beispielsweise 1992durch die Berufung des ersten Umweltbeauftragtene<strong>in</strong>er deutschen Großbank – widerspiegelt. Leuchtturmprojekte– wie das „Praktikum für die Umwelt“– dienen der Sensibilisierung und be legenseit nunmehr 20 <strong>Jahre</strong>n unser ernsthaftes Engagementfür Umwelt und Natur.Um das Thema Biodiversität <strong>in</strong> der F<strong>in</strong>anzwirtschaftweiter voranzutreiben, bedarf es nebenregelmäßigem Austausch mit Wissenschaft,NRO und Wirtschaft zusätzlich klarer politischerRahmenbed<strong>in</strong>gungen.Beispielsweise könnten <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>heitlicheund zuverlässige Siegel bzw. Nachhaltigkeitszertifizierungensowie Klimaschutz-Projekte für denfreiwilligen und verpflichtenden CO2-Markt, dieBiodiversität berücksichtigen (z. B. REDD), ersteunterstützende Maßnahmen zum Erhalt der biologischenVielfalt seitens der Politik darstellen.Biodiversität sichert e<strong>in</strong>e lebenswerte Zukunftfür kommende Generationen, <strong>in</strong>dem zum BeispielErnährungs- und Energiesicherheit, der Zugang zusauberem Wasser und Rohstoffen, auch noch fürunsere K<strong>in</strong>der erhalten bleiben. Die Commerzbanksieht sich deshalb auch zukünftig <strong>in</strong> derVerantwortung, an Lösungen für gesamtgesellschaftlicheHerausforderungen wie dem Klimawandelund dem Verlust der biologischen Vielfaltmitzuwirken.He<strong>in</strong>er HerkenhoffCommerzbank AG57


Wildes <strong>Deutschland</strong>– e<strong>in</strong>e Utopie wird wahr !58<strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> hat mit der Arbeitsgruppe<strong>Nationalparks</strong> aus Anlass des Jubiläums„<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>“ e<strong>in</strong>ePositionsbestimmung der <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong><strong>Deutschland</strong> erarbeitet.NationalparkBayerischer Wald – derBaumwipfelpfadIn vier zentralen Punkten wurden der gegenwärtigeIst-Zustand und die bis 2020 zu erreichendenZiele beschrieben.In 40 <strong>Jahre</strong>n, seit Gründung des ersten <strong>Nationalparks</strong><strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, hat sich die Arbeit derNationalparkverwaltungen und ihrer Partner fortlaufendverändert. Der erste deutsche Nationalparkim Bayerischen Wald sollte anfangs nur e<strong>in</strong>erstrukturschwachen Region Aufschwung verschaffen.Heute steht <strong>in</strong> allen Parks der Erhalt natürlicherLebensräume und der <strong>in</strong> ihnen ablaufendenProzesse – und damit Wildnis – im Vordergrund.Auch die Umweltbildung und die Öffentlichkeitsarbeits<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen wesentlicher Bestandteil derNationalparkarbeit.Im Dialog mit Behörden und der Bevölkerung,aber auch im Vergleich mit <strong>Nationalparks</strong> weltweit,rücken vier Themengebiete <strong>in</strong> den Vordergrund,die künftig stärker berücksichtigt werden :––die Biodiversität,––die <strong>in</strong>ternationale Bedeutung,––die Wertschöpfung und Regionalentwicklungund––die Umweltbildung und das Naturerlebnis.


Biodiversität<strong>Nationalparks</strong> s<strong>in</strong>d – geme<strong>in</strong>sam mit den Kernzonender Biosphärenreservate – weltweit dieSäulen für den Erhalt der biologischen Vielfalt.Ihre Wildnis- und Wildnisentwicklungsgebiete beherbergendie Reste der natürlichen Grundausstattungder Erde. Für Wissenschaftler, die dienatürlichen Vorgänge auf der Erde untersuchenund verstehen wollen, wie unterschiedliche Systemesich gegenseitig bee<strong>in</strong>flussen, ist Wildnis damite<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges Feldlabor. Evolutionsbiologens<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Wildnis der Entstehung des Lebens aufder Spur, Bodenökologen ergründen den E<strong>in</strong>flussvon Mikroorganismen und Umweltfaktoren aufdie Entwicklung des Baumbestandes und Hydrogeologenuntersuchen den Wasserhaushalt <strong>in</strong>takterNaturflächen. Das „Labor Wildnis“ gibt den Wissenschaftlerne<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die tatsächlichenVorgänge der Natur – ohne dass der Mensch se<strong>in</strong>eF<strong>in</strong>ger im Spiel hatte.Für die Klimafolgenforschung und die Biodiversitätsforschungist dieses Wissen um die natürlichenProzesse von besonderer Bedeutung. DieWildnisentwicklungsgebiete helfen Forschern zuverstehen, wie Ökosysteme auf veränderte klimatischeBed<strong>in</strong>gungen und Extremwetterereignissereagieren. Gleichzeitig s<strong>in</strong>d sie e<strong>in</strong> wichtiges Rückzugsgebietfür Arten, die sich dort ungestört vonmenschlichen E<strong>in</strong>flüssen entwickeln und entfaltenkönnen. Wildnisflächen dienen Naturschutzbiologenweltweit als Referenzflächen für <strong>in</strong>takteÖkosysteme.In e<strong>in</strong>em Nationalpark f<strong>in</strong>det die Evolutionungesteuert von Menschen statt. Für den Erhaltder biologischen Vielfalt s<strong>in</strong>d sie deshalb vonunschätzbarem Wert. Um noch mehr Natur nochbesser bewahren zu können, haben sich die <strong>Nationalparks</strong>ehrgeizige Ziele gesetzt :Um alle national bedeutsamen Naturlandschaftenzu schützen, werden die <strong>Nationalparks</strong> bis2020 auf 20 Parks ergänzt. Neue Nationalparkflächenkönnten zum Beispiel <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz,Baden-Württemberg und Bayern entstehen. Diese20 <strong>Nationalparks</strong> entsprechen den Standards derdeutschen <strong>Nationalparks</strong> vollkommen.Monitor<strong>in</strong>g, Dokumentation und Auswertungder natürlichen Prozesse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Nationalparkwerden bis 2020 <strong>in</strong> allen Parks e<strong>in</strong>geführt bzw.<strong>in</strong>tensiviert. Die Ergebnisse dienen vor allem Forschungenzur Biodiversität, zum Prozessschutzund zum Klimawandel.Internationale BedeutungAuch die deutschen <strong>Nationalparks</strong> s<strong>in</strong>d für denErhalt des nationalen und <strong>in</strong>ternationalen Naturerbesvon hoher, zum Teil auch globaler Bedeutung.Sie stellen e<strong>in</strong>e weltweit anerkannte Schutzgebietsformdar und werden als eigene Kategorieder IUCN (International Union for Conservationof Nature) geführt.Die bestehenden und geplanten Weltnaturerbegebiete<strong>in</strong> deutschen <strong>Nationalparks</strong> repräsentieren<strong>Deutschland</strong> <strong>in</strong> der Welt und dokumentieren, dassdie <strong>Nationalparks</strong> E<strong>in</strong>zigartigkeit, Unversehrtheit,gutes Management und Integrität repräsentieren.Dennoch ist das von der IUCN verlangte Ziel, 75Prozent e<strong>in</strong>es <strong>Nationalparks</strong> dem Prozessschutzzu überantworten, <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> noch langenicht erreicht.Bund und Länder müssen sicherstellen, dassbis 2020 die Standards der Qualitätskriterien <strong>in</strong>den deutschen <strong>Nationalparks</strong> dauerhaft erfülltwerden. Die für die deutschen <strong>Nationalparks</strong> entwickeltenQualitätskriterien entsprechen dem <strong>in</strong>ternationalenStand der Diskussion über Managementeffizienzund Zielsetzung von <strong>Nationalparks</strong>weltweit.Die <strong>in</strong> den Parks enthaltenen Lebensräume s<strong>in</strong>dvon <strong>in</strong>ternationaler und nationaler Bedeutung. DieMaßnahmen, die im H<strong>in</strong>blick auf den notwendigenRaum für natürliche Abläufe zu ergreifen s<strong>in</strong>d,müssen von Bund und Ländern <strong>in</strong> besonderemMaße unterstützt werden, um die Verpflichtungenaus <strong>in</strong>ternationalen Abkommen zum Schutz derBiodiversität zu erfüllen.Wertschöpfung undRegionalentwicklung<strong>Nationalparks</strong> haben sich <strong>in</strong> den sechs bis 40 <strong>Jahre</strong>nihres Bestehens zu Leuchttürmen ihrerRegion entwickelt und haben e<strong>in</strong>e immensewirtschaftliche Bedeutung : Jeder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Nationalpark<strong>in</strong>vestierte Euro wird durch die Wertschöpfungverdoppelt.Tatsächlich s<strong>in</strong>d <strong>Nationalparks</strong> dank ihrerwilden, naturbelassenen Landschaft zu wahren Besuchermagnetenavanciert. Jedes Jahr zieht es vieleMillionen Deutsche <strong>in</strong> oder <strong>in</strong> die Nähe e<strong>in</strong>es<strong>Nationalparks</strong> und damit <strong>in</strong> die Nähe wildnisnaherGebiete. Für die Region ist der Tourismus e<strong>in</strong>eChance. Für die <strong>Nationalparks</strong> ist er e<strong>in</strong>e vonvielen Aufgaben, die mit dem Schutz der Natur<strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang gebracht werden müssen. Denn füre<strong>in</strong>e nachhaltige Regionalentwicklung müssen dieDienst leistungen vor Ort e<strong>in</strong>en Bezug zum nahenNationalpark bzw. zur Natur aufweisen. Nur sokann der Verzicht auf die Nutzung schützenswerterFlächen auf der e<strong>in</strong>en Seite, zur Förderungder regionalen Wirtschaft auf der anderen Seitebeitragen. Es ist das Ziel von <strong>EUROPARC</strong><strong>Deutschland</strong>, dass bis spätestens 2020 die Dienstleistungsfunktionund -qualität der <strong>Nationalparks</strong>und ihrer Regionen durch Bund und Länder dauerhaftgesichert werden. Dies erfordert e<strong>in</strong>e beständigeverlässliche Ausstattung mit Personal undGeld.59


Umweltbildung undNaturerlebnisNationalpark Kellerwald-Edersee – Hangwald ander Wooghöhe60Wildnis zieht den Menschen magisch an – sie wirdals schön und fasz<strong>in</strong>ierend, manchmal aber auchals bedrohend und fremd empfunden. Die Bedeutungvon Wildnis zu vermitteln ist damit e<strong>in</strong>ewichtige Aufgabe von <strong>Nationalparks</strong> und <strong>in</strong> denManagementzielen der IUCN fest verankert.Wildnispädagogik ist Teil der Wildniskonzeptionen<strong>in</strong> den Nationalen Naturlandschaften unterdem Dach von <strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong>. Mitgeeigneten Kommunikations- und Market<strong>in</strong>gmaßnahmen– vom K<strong>in</strong>der-Wildniscamp, überden Baumkronenpfad bis zur multimedialen Zeitreise<strong>in</strong> die Wildnis des 22. Jahrhunderts – soll dasgesellschaftliche Interesse an Wildnis (und damitdie Bereitschaft, sie zu schützen) gestärkt werden.<strong>Nationalparks</strong> bieten auf großer Fläche dasErlebnis und die Erfahrungen von unberührterNatur. Diese Wildnis bietet e<strong>in</strong>en emotionalen, gesundheitlichenund ethischen Mehrwert für Menschen.Ihre Vermittlung ist e<strong>in</strong>e kulturelle Aufgabe,die <strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> für besonderswichtig hält. K<strong>in</strong>der und Jugendliche sollen Naturerleben und schätzen lernen. Denn nur wer weiß,wie wichtig die Vielfalt der Organismen und dernatürlichen Prozesse für die Erde ist, wird sie auchschützen. Die Wildnispädagogik und Umweltbildung<strong>in</strong> den <strong>Nationalparks</strong> trägt dazu bei, dass ausDie Heranführung von K<strong>in</strong>dern undJugendlichen an unseren Naturreichtum wird siefür die Fragilität der Ökosysteme sensibilisierenund, so die Hoffnung, ihr Handeln und Denkenim Erwachsenenalter bee<strong>in</strong>flussen.den jungen Menschen e<strong>in</strong>mal verantwortungsvolleErwachsene werdenAuch für dieses zentrale Aufgabenfeld der <strong>Nationalparks</strong>haben wir zwei Ziele formuliert:––Jedes Schulk<strong>in</strong>d sollte m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Nationalpark gewesen se<strong>in</strong>.––Bund und Länder nehmen bis 2020 das ThemaWildnis <strong>in</strong> den Bildungskanon auf.Der Bund hat zum Erhalt der biologischenVielfalt und zur Förderung der UmweltbildungRahmenrichtl<strong>in</strong>ien erarbeitet, die beider Wichtigkeitunterstreichen.Da weder der Klimawandel noch Flora und Faunaan den Landesgrenzen Halt machen, ist es wichtig,die Arbeit der deutschen <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>embundesweiten und schließlich <strong>in</strong>ternationalen Kontextzu sehen. Hierfür brauchen wir vergleichbareEvaluationen und e<strong>in</strong> Management, das uns bei derkünftigen Arbeit weiterhilft.Den Entschluss der Bundesregierung zu e<strong>in</strong>erlangfristig angelegten Umweltpolitik unterstützenwir <strong>in</strong> den Nationalen Naturlandschaften mit allenKräften. Der Prozess könnte beschleunigt werden,wenn die föderalen Strukturen mit größeremSelbstverständnis <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander griffen und derMehrwert im Vordergrund stünde, der aus dieserZusammenarbeit für alle Beteiligten erzielt werdenkann.<strong>Deutschland</strong> hat 40 <strong>Jahre</strong> gebraucht, um 0,54Prozent der Landesfläche <strong>in</strong> 14 <strong>Nationalparks</strong> alsWildnisentwicklungsgebiete auszuweisen. Das iste<strong>in</strong>e lange Zeit. Sie war notwendig, um den S<strong>in</strong>neswandelherbeizuführen, der heute dazu beiträgt,dass Naturschutz für viele Menschen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>wichtig, ja selbstverständlich ist. Dennochbleibt viel zu tun. Wir s<strong>in</strong>d aber zuversichtlich, unsereoben genannten Forderungen und Ziele nun<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weitaus kürzeren Zeitraum durchzusetzen,mithilfe unserer Partner aus der Politik, derForschung und den betroffenen Regionen.Guido Puhlmann<strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> e.V.


Verzeichnis derAutor<strong>in</strong>nen und Autoren62Dr.-Ing. E. h. Fritz BrickweddeGeneralsekretärDeutsche Bundesstiftung Umwelt ( DBU )An der Bornau 249090 OsnabrückE-Mail : a.janke @ dbu.deProf. Dr. Bernd HansjürgensLeiter des Departments ÖkonomieHelmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZPermoserstraße 1504318 LeipzigE-Mail : bernd.hansjuergens @ ufz.deHe<strong>in</strong>er HerkenhoffBeauftragter des VorstandsLeiter Public AffairsCommerzbank AGPariser Platz 110117 Berl<strong>in</strong>E-Mail : he<strong>in</strong>er.herkenhoff @ commerzbank.comUniv.-Prof. Dr. Hubert JobLehrstuhl für Geographie und RegionalforschungJulius-Maximilians-Universität WürzburgAm Hubland97074 WürzburgE-Mail : hubert.job @ uni-wuerzburg.deGuido PuhlmannLeiter des UNESCO-Biosphärenreservats Mittelelbeund Vorsitzender <strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> e.V.Landesverwaltungsamt Sachsen-AnhaltKapenmühle06813 Dessau – RoßlauE-Mail : guido.puhlmann @ lvwa.Sachsen-Anhalt.deDr. Uwe RieckenAbteilungsleiter Biotopschutz und LandschaftsökologieBundesamt für NaturschutzKonstant<strong>in</strong>straße 11053179 BonnE-Mail : uwe.riecken @ BfN.deGertrud SahlerAbteilungsleiter<strong>in</strong> Naturschutz undnachhaltige NaturnutzungBundesm<strong>in</strong>isterium für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit ( BMU )Stresemannstraße 128 – 13010117 Berl<strong>in</strong>E-Mail : gertrud.sahler @ bmu.bund.deDr. Markus SöderUmweltm<strong>in</strong>ister des Freistaates BayernBayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Umwelt und GesundheitRosenkavalierplatz 281925 MünchenE-Mail : poststelle @ stmug.bayern.deDr. Volker ScherfoseBundesamt für NaturschutzFachgebietsleiter Gebietsschutz / GroßschutzgebieteKonstant<strong>in</strong>str. 11053179 BonnE-Mail : volker.scherfose @ BfN.deMart<strong>in</strong> ŠolarDirektor Triglav Nationalpark, SlowenienTriglavski Narodni Park / Triglav National ParkLjubljanska cesta 27SI - 4260 BledSLOVENIJAE-Mail : mart<strong>in</strong>.solar @ tnp.gov.siHubert We<strong>in</strong>zierlPräsidentDeutscher Naturschutzr<strong>in</strong>g ( DNR )Umweltzentrum Schloss WiesenfeldenStraub<strong>in</strong>ger Straße 594344 WiesenfeldenE-Mail : hubert.we<strong>in</strong>zierl @ dnr.deFür den Inhalt der Beiträge s<strong>in</strong>d die jeweiligenAutor<strong>in</strong>nen und Autoren verantwortlich.


ImpressumAnlass:Am 5. / 6. Juli 2010 fand im Haus zur Wildnis, Nationalpark Bayerischer Wald, e<strong>in</strong>e Tagung stattzum Thema „<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Nationalparks</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> – wo stehen wir <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ?“.In dieser Broschüre s<strong>in</strong>d alle Vorträge enthalten, die an diesen beiden Tagen gehaltenworden s<strong>in</strong>d.63Herausgeber : <strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong> e. V.Friedrichstraße 60, 10117 Berl<strong>in</strong>Tel. 0 30 - 2 88 78 82-0Fax 0 30 - 2 88 78 82-16<strong>in</strong>fo @ europarc-deutschland.dewww.europarc-deutschland.dewww.nationale-naturlandschaften.deFörderer :Die Erstellung der Tagungsdokumentation wurde gefördert durch das Bundesamt für Naturschutzmit Mitteln des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.Partner :Redaktion :Fotos :Konzept und Gestaltung :Vivian Sophie Kreft ( verantwortlich ), Andrea Hoffmann, Stephanie SchubertTitelbild: Nationalpark Harz – Blick zum Brocken – Christian Wiesel, S. 4 – Mart<strong>in</strong> Stock/LKN-SH,S. 6 – Mart<strong>in</strong> Stock, S. 9 – Michael Weigelt, S. 11 – A. Nehr<strong>in</strong>g, S. 13 – S. Wilden, S. 14 – Klaus Janke,S. 17 – Ulrich Meßner, S. 19 – Wilfried Störmer, S. 20 – Ra<strong>in</strong>er Simonis, www.nationalparkbayerischer-wald.de,S. 21 – Patrick Weigelt, Blankenförde, S. 25 – Nora Künkler, S. 26 – UlrichMeßner, S. 29 – A. Morascher/junior-ranger.de/<strong>EUROPARC</strong> + WWF, S. 31 – NationalparkverwaltungBerchtesgaden, S. 33 – Jörg Weber, Archiv Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz,S. 34 – Nationalparkverwaltung Eifel, S. 36 + 38 – Nationalparkverwaltung Unteres Odertal,S. 40 – U. Riecken, S. 43 – V. Scherfose, S. 45, 46, 49 – Nationalparkverwaltung Unteres Odertal,S. 50 – Frank Richter, Archiv Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz, S. 53 – NationalparkKellerwald-Edersee, S. 55 – <strong>EUROPARC</strong> <strong>Deutschland</strong>, S. 56 – Nationalparkverwaltung Ha<strong>in</strong>ich,S. 58 – Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, S. 61 – cognitioOswald und Mart<strong>in</strong> Werbeagentur, Berl<strong>in</strong>Redaktionsschluss : 10 / 2010, ergänzt 10 / 2011Druck :Brandenburgische Universitätsdruckerei, PotsdamAuflage : 1.890Gedruckt auf revive 50:50 FSC Mix

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